heute startet in Baku die UN-Klimakonferenz COP29. Selten in den vergangenen Jahren waren die Vorzeichen für eine Klimakonferenz so schlecht und die Aufgaben so groß. Das wichtigste Thema dieser COP: die künftige internationale Klimafinanzierung. Die Staaten müssen sich zum einen auf ein neues Finanzziel einigen, das die bisherige Marke von 100 Milliarden US-Dollar jährlich möglichst übertrifft.
Zum anderen stellt sich die Frage, welche Länder für die internationale Klimafinanzierung aufkommen. Europa zahlt bereits seinen Fair-Share und drängt darauf, dass andere Industriestaaten das auch tun. Mit Donald Trump im Weißen Haus fällt der wichtigste Partner im Kampf gegen den Klimawandel aber weg. Jegliche Finanzierungszusagen aus den USA werden unwahrscheinlich. Die EU drängt überdies auch jene Entwicklungsländer, die in der Lage sind, einen Beitrag zu leisten. Hauptadressaten für diese Forderung sind Peking, Riad und Neu-Delhi.
Europa fährt jedoch deutlich geschwächt nach Baku. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird nicht nach Aserbaidschan reisen, sie ist in Brüssel mit der Neuformierung ihrer Kommission beschäftigt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Reise wegen der Regierungskrise in Berlin abgesagt, auch Emmanuel Macron wird durch Abwesenheit glänzen. Die wichtigste europäische Stimme kommt aus Budapest: Viktor Orbán soll in Baku sprechen.
Ab heute ist ein dreiköpfiges Team von Table.Briefings in Baku und berichtet täglich im Climate.Table über die Verhandlungen. Unsere Berichterstattung zur COP29 finden Sie hier.
Vor den Anhörungen der sechs Kandidaten für die Exekutiv-Vizepräsidentenposten in der neuen EU-Kommission am Dienstag nehmen die Spannungen zwischen EVP, Renew und S&D zu. Es gibt Hinweise, dass die Koordinatoren von Liberalen und Sozialisten sowohl den italienischen Kandidaten Raffaele Fitto als auch den Ungarn Olivér Várhelyi nicht unterstützen. Beide wurden von rechten Regierungen vorgeschlagen. In diesem Szenario könnte die Sozialistin Teresa Ribera, spanische Kandidatin für das Transformationsportfolio, im Gegenzug nicht die Unterstützung der EVP bekommen.
Várhelyi hatte am Mittwoch eine souveräne Figur bei seiner Anhörung abgegeben, mit Fachkenntnis geglänzt und war in vielen Punkten auf die Abgeordneten zugegangen. Dennoch muss er bis Montagmittag weitere Fragen sowohl vom Umwelt- als auch vom Agrarausschuss beantworten. Formulierungen in den Fragen und die Bewertung seines Auftritts dürften von Várhelyi als unfreundlich aufgenommen werden.
Es gibt auch Überlegungen der Koordinatoren der Ausschüsse ENVI und AGRI, von der Leyen aufzufordern, das Portfolio Várhelyis zu beschneiden. So könnte ihm etwa der Bereich Tierwohl weggenommen und Agrarkommissar Christophe Hansen zugeschlagen werden. Wenn von der Leyen sich darauf einließe, müsste sich Hansen erneut einer Anhörung unterziehen.
Denkbar ist zudem, dass Ministerpräsident Viktor Orbán eine Beschneidung des ohnehin nicht üppigen Portfolios des ungarischen Kommissars nicht hinnehmen und Várhelyi zurückziehen würde. Damit würde der Amtsantritt der Von-der-Leyen-Kommission-II verzögert und das Verfahren in Orbáns Hände gegeben. Die Koordinatoren von AGRI und ENVI tagen am Montag ab 15 Uhr.
Fitto wird am Dienstag ab 9 Uhr im REGI-Ausschuss angehört. Vor der Anhörung überlegen Renew und S&D zu verlangen, dass der designierte Kohäsionskommissar nicht die herausragende Position als Exekutiv-Vizepräsident bekommt.
Sollte es keine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Koordinatoren geben für die Nominierung, schriftliche Nachfragen oder eine zweite Anhörung, wird auf Ausschuss-Ebene abgestimmt. Hierbei genügt die Mehrheit für die Nominierung. Sowohl bei Várhelyi als auch bei Fitto würde es für eine Nominierung reichen, wenn EVP, EKR und Patrioten zustimmen würden. Die EVP müsste sich aber von Liberalen und Sozialisten vorwerfen lassen, gegen den Cordon sanitaire zu verstoßen.
Die Anhörung von Teresa Ribera beginnt Dienstag um 18.30 Uhr. Schon jetzt steht fest, dass die spanischen EVP-Abgeordneten Ribera hart befragen werden. Sie ist eine Vertraute des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez, das politische Klima in Spanien ist vergiftet. Die Flutkatastrophe in Valencia liefert den spanischen Christdemokraten Munition: Ribera hat bis heute nicht ihr Amt als Umweltministerin in der spanischen Regierung niedergelegt, obwohl sie schon seit Monaten für die Kommission nominiert ist.
Das Festhalten am Ministerposten macht sie nun angreifbar: Ribera wird politische Mitverantwortung für die Unwetterkatastrophe von Valencia unterstellt. So hat das Umweltministerium die Zuständigkeit für die meteorologischen Dienste, die offenbar nicht ausreichend vor den Regenmassen gewarnt haben. Außerdem ist Ribera zuständig für die Behörden, die für die Überwachung der Infrastruktur der Wasserwege verantwortlich sind. Ob die Christdemokraten Ribera die Zustimmung tatsächlich verweigern, hängt davon ab, wie zuvor die Entscheidungen zu Fitto und Várhelyi laufen.
In der vergangenen Woche hatte die rechtskonservative EKR auch die Kandidaten von Renew und S&D unterstützt, obwohl die Fraktion nicht Teil der Von-der-Leyen-Koalition ist. Nach den Anhörungen haben die Koordinatoren zu jedem Kommissar einen Brief geschrieben, in dem sie ihre Zustimmung sowie die Zusagen ans Parlament festhalten. Diese Briefe gehen zunächst an die Konferenz der Ausschussvorsitzenden (CCC) und werden dann von den Fraktionschefs (COP) freigegeben.
Herr Wuttke, Donald Trump ist vergangene Woche zum nächsten Präsidenten der USA gewählt worden. Was bedeutet das für China – und für deutsche Unternehmen, die dort tätig sind?
Das hängt ganz davon ab, inwieweit Trump das umsetzt, was er im Wahlkampf angekündigt hat. Die Grundregel in Washington ist: Obwohl alles furchtbar klingt, was er sagt, wird er es vermutlich umsetzen. Das ist er seinen Wählern auch schuldig. Zölle von 60 Prozent auf chinesische Produkte werden also wahrscheinlich kommen. Die Frage ist nur: Kommen sie mit einem Big Bang auf einmal, oder in Schritten? Also ein Viertel 2025, ein Viertel 2026, und ein Viertel wird von den Zöllen ausgenommen, weil diese Bereiche zu preissensitiv sind für die Unterschicht. Ich schätze, dass die Maßnahmen über zwei bis drei Jahre hinweg kommen.
In welchen Bereichen werden Probleme entstehen?
Insbesondere im Bereich der Lieferketten. Bis Mitte Januar sind wir nun in der sogenannten Lame-Duck-Periode und in Washington werden in dieser Phase mehr als 70 Gesetzesvorhaben besprochen. Viele im Bereich Künstliche Intelligenz, viele im Bereich China, unter anderem der Biosecure Act. Im Bereich Biotechnologie wird es dadurch für amerikanische Firmen sehr schwierig werden, mit chinesischen Firmen zusammenzuarbeiten. Das andere wird der Countering CCP Drones Act sein, der sich gegen DJI in Shenzhen richtet. Da sind auch viele deutsche Firmen als Lieferanten unterwegs. Die USA werden voraussichtlich eine Legislative herausgeben, die es DJI unmöglich macht, auf amerikanischen Kommunikationskanälen zu fliegen.
Das andere Thema wird ein Investment Screening Act für amerikanische Firmen sein. Das betrifft deutsche Firmen nicht direkt, aber es wird sicherlich so sein, dass Trump mit all diesen Gedanken, die er jetzt umsetzt – mit Zöllen und Investment Screening – nächstes Jahr vielleicht auch in Berlin oder Brüssel aufschlagen wird. Und dann vielleicht sagen wird: Wenn ihr wollt, dass ich euch in der Ukraine unterstütze, müsst ihr mich gegen China unterstützen. Ich nehme an, dass der Druck extrem hoch sein wird, ob wir es wollen, oder nicht.
Müssen wir eine sich vertiefende Spaltung der Märkte befürchten?
Decoupling wird sicherlich weiterhin verstärkt betrieben werden. Die Chinesen haben damit angefangen, die Amerikaner haben es auf den Punkt gebracht, die Europäer haben versucht, mit Derisking dagegenzuhalten. Das Handelsvolumen zwischen Amerika und China wird dadurch zurückgehen. Und das wird dazu führen, dass China mit seinen Überkapazitäten auf die anderen Weltmärkte streben wird, auch auf den europäischen Markt. Das wird ein großes Problem für uns alle werden. Wir müssen abwarten, wie die Chinesen reagieren. Werden sie Strafzölle auf amerikanische Produkte erheben, oder werden sie auf die Zölle antworten, indem sie den Renminbi etwas absenken? Das würde dazu führen, dass chinesische Produkte auch in Europa noch mal eine Idee billiger werden und damit noch konkurrenzfähiger.
Wie können deutsche Firmen ihr Risiko minimieren?
Die Strategie “in China für China” ist sicherlich ein Weg, damit umzugehen. China ist ein großer Markt. Das Problem, was wir in China haben, ist allerdings: Der Marktzugang ist weiterhin sehr schwierig und die Wirtschaftsaussichten sind lange nicht so positiv wie in den USA. Ein Thema wird also auch sein: Wie wird sich die amerikanische Wirtschaft entwickeln? Meine Einschätzung war bisher, dass die Deutschen in den USA extrem gut unterwegs sind, während sie in China vor lauter Handelshürden immer größere Positionspapiere herausbringen.
In den USA haben deutsche Firmen allerdings das Problem, dass sie nicht genug Arbeitskräfte finden, gerade im Niedriglohn-Segment. Da muss man sehen, wie sich das entwickelt und die wie Unternehmen reagieren. Gibt es eher eine Hinwendung zu Amerika und eine Abwendung von China, weil die Lieferketten schwierig werden und Chinas Wirtschaft weiterhin vor sich hindümpeln wird?
Ich glaube jedenfalls nicht, dass man sich von Amerika abwenden kann. Die USA sind als Handelspartner zu groß, ebenso die Investitionen. “In Amerika, für Amerika” kann auch eine Strategie sein. Die deutschen Arbeitnehmer stehen in der Mitte und werden sich womöglich ansehen müssen, wie Investitionen nach Amerika abwandern, weil dort die Wirtschaft brummt. Der Dollar ist stark. Und Trump wird so wie Biden Investitionen im produzierenden Gewerbe fördern. Nicht zuletzt muss man auch sehen, in welchen Bereichen sich die Handelsverwerfungen auf Drittmärkte auswirken.
Sie sprechen über Drittmärkte. Kann es auch sein, dass diese zum Beispiel Überkapazitäten aus China abfangen?
Momentan exportiert China etwa fünf Millionen Autos, nur eine halbe Million gehen nach Europa, größtenteils EVs. In die anderen Märkte exportieren sie vor allem Verbrenner. Und da werden sie für uns zu einer Konkurrenz, die wir nicht haben wollen. Südamerika, Afrika und Ozeanien sind keine typischen EV-Märkte. Dort wird bei den Verbrennern sicher ein Verdrängungswettbewerb stattfinden. Man muss sehen, inwieweit die Chinesen dort auch als Investoren auftreten werden, zum Beispiel in Thailand, in der Türkei, in Brasilien. Russland ist bereits ein Monopolmarkt für China geworden.
Was bedeutet das Ende der Ampel-Koalition?
Das Ampel-Aus sorgt dafür, dass es weiter eine große Verunsicherung gibt und Verunsicherung führt immer dazu, dass man Investitionen zurückhält. Planungssicherheit ist nicht gegeben, das war wegen des Hin und Her der Ampel schon lange ein Problem. Wir haben momentan zudem das politisch schwächste Europa, das wir je hatten. Man muss sehen, was sich bis März abspielt, aber wir haben eine extreme Lame-Duck-Periode vor uns. Dabei ist die deutsche Wirtschaft sowieso schon emotional am Boden. Das ist nicht gut. Wir brauchen einen Schuss Optimismus und müssen sehen, ob eine neue Regierung dazu in der Lage ist, diesen zu verbreiten. Wird China weiterhin auf Deutschland gucken? Garantiert. Die Größe des Marktes und die Wichtigkeit der deutschen Politik in Europa wird nicht drastisch abnehmen. Man wird sehen, wer der Nachfolger in Berlin ist und inwiefern sich Deutschland eher mit Amerika einreiht. Zwischen dem 20. Januar und Ende März kann noch viel passieren.
Jörg Wuttke ist seit einigen Monaten Partner bei der Dentons Global Advisors-Albright Stonebridge Group in Washington. Zuvor war er Geschäftsführer und Generalbevollmächtigter der BASF China und Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking. Wuttke lebte mehr als 25 Jahre in China.
Ungarns Oppositionsführer Péter Magyar hat die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán beschuldigt, ihn sowie Mitarbeiter und Büros seiner Tisza-Partei systematisch zu bespitzeln. “Geheimdienstleute, die ihrer Heimat dienen und nicht einer Mafia-Regierung, haben mir anvertraut, dass meine Wohnung, unsere Büros und unsere Fahrzeuge schon seit Monaten mit Abhörtechnik versehen sind”, sagte er auf einer Pressekonferenz in Budapest.
Magyar forderte Innenminister Sandor Pinter auf, Fachleute zu schicken, um die Abhöreinrichtungen zu entfernen und um zu klären, wer die illegalen Bespitzelungen veranlasst und genehmigt habe. Als gewählter Europaabgeordneter genieße er Immunität, was die mutmaßlichen geheimdienstlichen Maßnahmen gegen ihn noch fragwürdiger mache. Magyar sprach von einem “ungarischen Watergate”. dpa
Nach dem Aus der Ampelkoalition steht die Umsetzung der KI-Verordnung in Deutschland vor erheblichen Herausforderungen. Die politische Instabilität könnte zu Verzögerungen bei der Verabschiedung des notwendigen Durchführungsgesetzes zum AI Act führen. Das gefährdet die rechtzeitige Implementierung der Verordnung.
Damit “würde sich die ohnehin schon vorhandene Planungs- und Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen weiter verschärfen”, warnt Janis Hecker, Referent Künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitkom. Zudem sehe die KI-Verordnung die Einrichtung der zuständigen notifizierenden Behörde und Marktüberwachungsbehörden bis zum 1. August 2025 vor. Deutschland drohe “ein Vertragsverletzungsverfahren, sollte das Durchführungsgesetz zu spät verabschiedet werden“, erläutert Hecker.
Die Bundesnetzagentur, die als zentrale Marktüberwachungsbehörde für KI-Systeme vorgesehen ist, benötigt klare gesetzliche Grundlagen und ausreichende Ressourcen. Ohne das Durchführungsgesetz fehlen jedoch die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen, was die Arbeit der Behörde erheblich beeinträchtigen könnte. Es fehlen ihr auch die Haushaltsmittel, um die nötigen Stellen zu schaffen.
Der Bitkom befürchtet, dass eine zu späte Klärung der Zuständigkeiten ganz konkret zu Engpässen bei der Benennung von Konformitätsbewertungsstellen führen könnte. Das sei bereits bei der Einführung der Medizinprodukte-Verordnung in der Vergangenheit in ähnlicher Form passiert. “Dadurch könnte sich im schlimmsten Fall die Marktzulassung neuer, innovativer KI-gestützter Produkte und KI-Systeme erheblich verzögern und damit die KI-Innovation in Deutschland massiv ausbremsen”, sagt Hecker.
Zu den Maßnahmen, die Mitgliedstaaten zur Umsetzung des AI Acts ergreifen müssen, gehören:
Deutschland brauche eine rasche Klärung der Zuständigkeiten für die Notifizierung und Marktüberwachung von KI-Systemen, damit sich die Behörden auf diese anspruchsvollen Aufgaben vorbereiten können, meint Hecker. “Dazu gehört auch die Bereitstellung entsprechender Mittel.”
Zum anderen sei die zeitnahe Einrichtung von KI-Reallaboren und deren Ausstattung wichtig. Diese Reallabore sollen innovativen Unternehmen auf der Grundlage eines mit den Behörden abgestimmten Testplans vorübergehend Ausnahmen von regulatorischen Anforderungen gewähren, um unter realen Bedingungen neue Produkte und Systeme zu testen. “Damit Deutschland bei Künstlicher Intelligenz international wettbewerbsfähig bleiben kann, muss es unser Ziel sein, einer signifikanten Anzahl von Unternehmen schnelle und effiziente Erprobungsmöglichkeiten für ihre KI-Innovationen zu bieten, fordert Hecker.” vis
Die EU-Kommission und das Netzwerk für Verbraucherschutz (CPC-Netzwerk) drängen den Online-Marktplatz Temu, seine Plattformpraktiken an die Verbraucherschutzgesetze der EU anzupassen. Eine Untersuchung zeigt, dass Temu mit einer Reihe von Praktiken gegen geltendes Verbraucherrecht verstößt. Die Behörden von Belgien, Deutschland und Irland, unterstützt von der EU-Kommission, leiten das Verfahren und fordern von dem chinesischen Anbieter umfassende Informationen sowie konkrete Verbesserungen.
Das CPC-Netzwerk bemängelt mehrere Praktiken, die Verbraucher täuschen oder ihre Kaufentscheidungen unzulässig beeinflussen könnten:
Zusätzlich fordert das CPC-Netzwerk Informationen darüber, ob Temu klar angibt, ob Verkäufer gewerbliche Anbieter sind, ob Preisnachlässe korrekt angezeigt werden und ob umweltbezogene Angaben belegbar sind.
Vergangene Woche leitete die EU-Kommission bereits ein Verfahren gegen Temu nach dem Digital Services Act (DSA) ein. Diese Maßnahmen und die Schritte des CPC-Netzwerks ergänzen sich und sollen eine sichere Online-Umgebung gewährleisten. Am 13. Dezember tritt zusätzlich die Produktsicherheitsverordnung (GPSR) in Kraft. Diese verlangt, dass ein EU-ansässiger Wirtschaftsakteur die Produktsicherheit für Online-Käufer sicherstellt. Behörden können unsichere Produkte direkt von der Plattform entfernen lassen, wenn Gefahren bestehen.
Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová betont: “Unternehmen müssen unsere Verbraucherschutzstandards einhalten – ohne Kompromisse.” Temu hat einen Monat Zeit, um auf die Beanstandungen des CPC-Netzwerks zu reagieren. Innerhalb dieses Zeitraums muss das Unternehmen darlegen, wie es die identifizierten Verstöße gegen das EU-Verbraucherschutzrecht beheben will. vis
Acht Mitgliedstaaten drängen auf höhere Zölle auf Einfuhren aus Russland. Am Freitag sandten die Handels- und Außenminister von Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen und Irland einen Brief an den aktuellen Handelskommissar Valdis Dombrovskis und seinen deisgnierten Nachfolger Maroš Šefčovič. Darin drücken die Minister ihren “starken Willen” aus, dass die Kommission einen “umfassenden Vorschlag” für die Erhöhung der Zölle auf möglichst viele Produkte präsentiert, die von Russland in die EU importiert werden.
“Wir müssen auf den Handel abzielen, der Russland weiterhin signifikantes Einkommen bringt”, schreiben die Minister. Sie begründen die Forderung mit der Solidarität für die Ukraine zudem mit dem Ziel, die EU noch unabhängiger von Russland zu machen.
2023 importierte die EU Güter im Wert von 50,7 Milliarden Euro aus Russland. Einen Großteil dieser Importe – 29,4 Milliarden Euro – machten russische Mineralölprodukte aus. jaa
Paula Pinho wird neue Chefsprecherin der EU-Kommission. Präsidentin Ursula von der Leyen nominierte die Portugiesin für ihre zweite Amtszeit als Nachfolgerin von Eric Mamer. Pinho arbeitete zuletzt als Direktorin in der Generaldirektion Energie. Sie ist seit 2000 in der Kommission und war unter anderem im Kabinett des deutschen Kommissars Günther Oettinger.
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Vor fast genau einem Jahr sollte Gubad Ibadoghlu eine neue Stelle an der TU Dresden antreten. Doch dazu kam es nie. Im Juli 2023 wurde der gebürtige Aserbaidschaner zusammen mit seiner Frau auf offener Straße in Baku verhaftet. Seine Frau wurde noch am selben Tag wieder freigelassen und berichtete anschließend von Misshandlungen und sogar Folter. Ibadoghlu ist bis heute noch nicht frei und wird des Terrorismus beschuldigt. Er soll der Gülen-Bewegung angehören. Echte Beweise gibt es nicht.
Nach 274 Tagen in Haft und weiteren Berichten von Folter wurde er am 22. April dieses Jahres in den Hausarrest überstellt, wo Ibadoghlu bis heute ist. Er kann das Land nicht verlassen, leidet jedoch an erheblichen gesundheitlichen Problemen. Aufgrund von Typ-2-Diabetes, erhöhtem Blutdruck und einer geweiteten Aorta ordnete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine adäquate medizinische Behandlung an, die ihm jedoch laut seiner Familie verwehrt bleibt. “Sein Zustand verschlechtert sich stetig, aber das Regime in Aserbaidschan ignoriert das”, sagt Zahla Bayramova, die Tochter des inhaftierten Regime-Kritikers. Ohne medizinische Behandlung droht ein Schlaganfall oder lebensbedrohliche Herzkrankheiten.
In den Fokus der aserbaidschanischen Regierung geriet der 53-Jährige zunächst durch seine Arbeit am Economic Research Center, einem in Baku ansässigen Thinktank, der sich für eine transparente Staatsführung und Good Governance einsetzt. Später forschte er unter anderem in Warschau, Chapel Hill, Princeton und zuletzt an der London School of Economics. Der nächste Karriereschritt wäre die Professur an der TU Dresden gewesen, zu der es nie kam.
Seine Forschung legte Korruption und Misswirtschaft im Staatsapparat Aserbaidschans offen, insbesondere in Bezug auf fossile Energien. Dabei kritisierte er stets die schlechte Menschenrechtslage und die Verwaltung der Öleinnahmen in seinem Geburtsland. Auch der Gas-Deal zwischen der Europäischen Union und Aserbaidschan beschäftigte den Wirtschaftswissenschaftler. Er forderte, dass die EU den Deal nutzt, um Verbesserungen der Menschenrechtslage und der Demokratie in Aserbaidschan zu erreichen.
Dem Regime in Baku gefielen diese Forschungen und die Aufmerksamkeit für Ibadoghlu nicht. Laut Amnesty International ist die “unbegründete Strafverfolgung von Gubad Ibadoghlu” Teil des anhaltenden Vorgehens der aserbaidschanischen Behörden gegen Menschenrechtsaktivisten, Regierungskritiker und unabhängige Medien. Dieses “bekannte Muster” sei auch im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Baku (COP29) zu beobachten, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Doch die COP ist nun just dort, wo Ibadoghlu gefangen gehalten wird. Das könnte auch Druck auf das aserbaidschanische Regime aufbauen. Diplomaten und Aktivisten aus aller Welt strömen ab kommendem Montag nach Baku. Auch die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock weiß um das Schicksal Ibadoghlus und dürfte seine Freilassung in ihren Gesprächen mit den aserbaidschanischen Amtskollegen bei ihrem Aufenthalt in Baku in der zweiten COP-Woche thematisieren.
Abgeordnete des EU-Parlaments werden ebenfalls nach Baku reisen und auf die Freilassung des Fossil-Kritikers pochen. Sie hatten Ibadoghlu kürzlich für den Sacharow-Preis nominiert und sich bereits in Resolutionen mit breiter Mehrheit gegen Repressionen gegen Ibadoghlu ausgesprochen. Als Nominierter für den Sacharow-Preis ist er zudem zur Preisverleihung im Dezember in Straßburg eingeladen, weshalb Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die Regierung Aserbaidschans aufrief, den Hausarrest aufzuheben.
Ibadoghlu steht längst als Symbol für den Widerstand gegen Korruption und Unterdrückung in Aserbaidschan. Dinge, die das Regime während der COP lieber nicht allzu breit öffentlich diskutieren will. Die Chancen für seine Freilassung stehen aktuell also nicht schlecht. Sollten die Bemühungen jedoch bis zum Ende der COP erfolglos bleiben und Baku wieder aus dem Lichte der Öffentlichkeit verschwinden, wird es umso schwieriger für Ibadoghlu. Lukas Knigge
heute startet in Baku die UN-Klimakonferenz COP29. Selten in den vergangenen Jahren waren die Vorzeichen für eine Klimakonferenz so schlecht und die Aufgaben so groß. Das wichtigste Thema dieser COP: die künftige internationale Klimafinanzierung. Die Staaten müssen sich zum einen auf ein neues Finanzziel einigen, das die bisherige Marke von 100 Milliarden US-Dollar jährlich möglichst übertrifft.
Zum anderen stellt sich die Frage, welche Länder für die internationale Klimafinanzierung aufkommen. Europa zahlt bereits seinen Fair-Share und drängt darauf, dass andere Industriestaaten das auch tun. Mit Donald Trump im Weißen Haus fällt der wichtigste Partner im Kampf gegen den Klimawandel aber weg. Jegliche Finanzierungszusagen aus den USA werden unwahrscheinlich. Die EU drängt überdies auch jene Entwicklungsländer, die in der Lage sind, einen Beitrag zu leisten. Hauptadressaten für diese Forderung sind Peking, Riad und Neu-Delhi.
Europa fährt jedoch deutlich geschwächt nach Baku. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird nicht nach Aserbaidschan reisen, sie ist in Brüssel mit der Neuformierung ihrer Kommission beschäftigt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Reise wegen der Regierungskrise in Berlin abgesagt, auch Emmanuel Macron wird durch Abwesenheit glänzen. Die wichtigste europäische Stimme kommt aus Budapest: Viktor Orbán soll in Baku sprechen.
Ab heute ist ein dreiköpfiges Team von Table.Briefings in Baku und berichtet täglich im Climate.Table über die Verhandlungen. Unsere Berichterstattung zur COP29 finden Sie hier.
Vor den Anhörungen der sechs Kandidaten für die Exekutiv-Vizepräsidentenposten in der neuen EU-Kommission am Dienstag nehmen die Spannungen zwischen EVP, Renew und S&D zu. Es gibt Hinweise, dass die Koordinatoren von Liberalen und Sozialisten sowohl den italienischen Kandidaten Raffaele Fitto als auch den Ungarn Olivér Várhelyi nicht unterstützen. Beide wurden von rechten Regierungen vorgeschlagen. In diesem Szenario könnte die Sozialistin Teresa Ribera, spanische Kandidatin für das Transformationsportfolio, im Gegenzug nicht die Unterstützung der EVP bekommen.
Várhelyi hatte am Mittwoch eine souveräne Figur bei seiner Anhörung abgegeben, mit Fachkenntnis geglänzt und war in vielen Punkten auf die Abgeordneten zugegangen. Dennoch muss er bis Montagmittag weitere Fragen sowohl vom Umwelt- als auch vom Agrarausschuss beantworten. Formulierungen in den Fragen und die Bewertung seines Auftritts dürften von Várhelyi als unfreundlich aufgenommen werden.
Es gibt auch Überlegungen der Koordinatoren der Ausschüsse ENVI und AGRI, von der Leyen aufzufordern, das Portfolio Várhelyis zu beschneiden. So könnte ihm etwa der Bereich Tierwohl weggenommen und Agrarkommissar Christophe Hansen zugeschlagen werden. Wenn von der Leyen sich darauf einließe, müsste sich Hansen erneut einer Anhörung unterziehen.
Denkbar ist zudem, dass Ministerpräsident Viktor Orbán eine Beschneidung des ohnehin nicht üppigen Portfolios des ungarischen Kommissars nicht hinnehmen und Várhelyi zurückziehen würde. Damit würde der Amtsantritt der Von-der-Leyen-Kommission-II verzögert und das Verfahren in Orbáns Hände gegeben. Die Koordinatoren von AGRI und ENVI tagen am Montag ab 15 Uhr.
Fitto wird am Dienstag ab 9 Uhr im REGI-Ausschuss angehört. Vor der Anhörung überlegen Renew und S&D zu verlangen, dass der designierte Kohäsionskommissar nicht die herausragende Position als Exekutiv-Vizepräsident bekommt.
Sollte es keine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den Koordinatoren geben für die Nominierung, schriftliche Nachfragen oder eine zweite Anhörung, wird auf Ausschuss-Ebene abgestimmt. Hierbei genügt die Mehrheit für die Nominierung. Sowohl bei Várhelyi als auch bei Fitto würde es für eine Nominierung reichen, wenn EVP, EKR und Patrioten zustimmen würden. Die EVP müsste sich aber von Liberalen und Sozialisten vorwerfen lassen, gegen den Cordon sanitaire zu verstoßen.
Die Anhörung von Teresa Ribera beginnt Dienstag um 18.30 Uhr. Schon jetzt steht fest, dass die spanischen EVP-Abgeordneten Ribera hart befragen werden. Sie ist eine Vertraute des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez, das politische Klima in Spanien ist vergiftet. Die Flutkatastrophe in Valencia liefert den spanischen Christdemokraten Munition: Ribera hat bis heute nicht ihr Amt als Umweltministerin in der spanischen Regierung niedergelegt, obwohl sie schon seit Monaten für die Kommission nominiert ist.
Das Festhalten am Ministerposten macht sie nun angreifbar: Ribera wird politische Mitverantwortung für die Unwetterkatastrophe von Valencia unterstellt. So hat das Umweltministerium die Zuständigkeit für die meteorologischen Dienste, die offenbar nicht ausreichend vor den Regenmassen gewarnt haben. Außerdem ist Ribera zuständig für die Behörden, die für die Überwachung der Infrastruktur der Wasserwege verantwortlich sind. Ob die Christdemokraten Ribera die Zustimmung tatsächlich verweigern, hängt davon ab, wie zuvor die Entscheidungen zu Fitto und Várhelyi laufen.
In der vergangenen Woche hatte die rechtskonservative EKR auch die Kandidaten von Renew und S&D unterstützt, obwohl die Fraktion nicht Teil der Von-der-Leyen-Koalition ist. Nach den Anhörungen haben die Koordinatoren zu jedem Kommissar einen Brief geschrieben, in dem sie ihre Zustimmung sowie die Zusagen ans Parlament festhalten. Diese Briefe gehen zunächst an die Konferenz der Ausschussvorsitzenden (CCC) und werden dann von den Fraktionschefs (COP) freigegeben.
Herr Wuttke, Donald Trump ist vergangene Woche zum nächsten Präsidenten der USA gewählt worden. Was bedeutet das für China – und für deutsche Unternehmen, die dort tätig sind?
Das hängt ganz davon ab, inwieweit Trump das umsetzt, was er im Wahlkampf angekündigt hat. Die Grundregel in Washington ist: Obwohl alles furchtbar klingt, was er sagt, wird er es vermutlich umsetzen. Das ist er seinen Wählern auch schuldig. Zölle von 60 Prozent auf chinesische Produkte werden also wahrscheinlich kommen. Die Frage ist nur: Kommen sie mit einem Big Bang auf einmal, oder in Schritten? Also ein Viertel 2025, ein Viertel 2026, und ein Viertel wird von den Zöllen ausgenommen, weil diese Bereiche zu preissensitiv sind für die Unterschicht. Ich schätze, dass die Maßnahmen über zwei bis drei Jahre hinweg kommen.
In welchen Bereichen werden Probleme entstehen?
Insbesondere im Bereich der Lieferketten. Bis Mitte Januar sind wir nun in der sogenannten Lame-Duck-Periode und in Washington werden in dieser Phase mehr als 70 Gesetzesvorhaben besprochen. Viele im Bereich Künstliche Intelligenz, viele im Bereich China, unter anderem der Biosecure Act. Im Bereich Biotechnologie wird es dadurch für amerikanische Firmen sehr schwierig werden, mit chinesischen Firmen zusammenzuarbeiten. Das andere wird der Countering CCP Drones Act sein, der sich gegen DJI in Shenzhen richtet. Da sind auch viele deutsche Firmen als Lieferanten unterwegs. Die USA werden voraussichtlich eine Legislative herausgeben, die es DJI unmöglich macht, auf amerikanischen Kommunikationskanälen zu fliegen.
Das andere Thema wird ein Investment Screening Act für amerikanische Firmen sein. Das betrifft deutsche Firmen nicht direkt, aber es wird sicherlich so sein, dass Trump mit all diesen Gedanken, die er jetzt umsetzt – mit Zöllen und Investment Screening – nächstes Jahr vielleicht auch in Berlin oder Brüssel aufschlagen wird. Und dann vielleicht sagen wird: Wenn ihr wollt, dass ich euch in der Ukraine unterstütze, müsst ihr mich gegen China unterstützen. Ich nehme an, dass der Druck extrem hoch sein wird, ob wir es wollen, oder nicht.
Müssen wir eine sich vertiefende Spaltung der Märkte befürchten?
Decoupling wird sicherlich weiterhin verstärkt betrieben werden. Die Chinesen haben damit angefangen, die Amerikaner haben es auf den Punkt gebracht, die Europäer haben versucht, mit Derisking dagegenzuhalten. Das Handelsvolumen zwischen Amerika und China wird dadurch zurückgehen. Und das wird dazu führen, dass China mit seinen Überkapazitäten auf die anderen Weltmärkte streben wird, auch auf den europäischen Markt. Das wird ein großes Problem für uns alle werden. Wir müssen abwarten, wie die Chinesen reagieren. Werden sie Strafzölle auf amerikanische Produkte erheben, oder werden sie auf die Zölle antworten, indem sie den Renminbi etwas absenken? Das würde dazu führen, dass chinesische Produkte auch in Europa noch mal eine Idee billiger werden und damit noch konkurrenzfähiger.
Wie können deutsche Firmen ihr Risiko minimieren?
Die Strategie “in China für China” ist sicherlich ein Weg, damit umzugehen. China ist ein großer Markt. Das Problem, was wir in China haben, ist allerdings: Der Marktzugang ist weiterhin sehr schwierig und die Wirtschaftsaussichten sind lange nicht so positiv wie in den USA. Ein Thema wird also auch sein: Wie wird sich die amerikanische Wirtschaft entwickeln? Meine Einschätzung war bisher, dass die Deutschen in den USA extrem gut unterwegs sind, während sie in China vor lauter Handelshürden immer größere Positionspapiere herausbringen.
In den USA haben deutsche Firmen allerdings das Problem, dass sie nicht genug Arbeitskräfte finden, gerade im Niedriglohn-Segment. Da muss man sehen, wie sich das entwickelt und die wie Unternehmen reagieren. Gibt es eher eine Hinwendung zu Amerika und eine Abwendung von China, weil die Lieferketten schwierig werden und Chinas Wirtschaft weiterhin vor sich hindümpeln wird?
Ich glaube jedenfalls nicht, dass man sich von Amerika abwenden kann. Die USA sind als Handelspartner zu groß, ebenso die Investitionen. “In Amerika, für Amerika” kann auch eine Strategie sein. Die deutschen Arbeitnehmer stehen in der Mitte und werden sich womöglich ansehen müssen, wie Investitionen nach Amerika abwandern, weil dort die Wirtschaft brummt. Der Dollar ist stark. Und Trump wird so wie Biden Investitionen im produzierenden Gewerbe fördern. Nicht zuletzt muss man auch sehen, in welchen Bereichen sich die Handelsverwerfungen auf Drittmärkte auswirken.
Sie sprechen über Drittmärkte. Kann es auch sein, dass diese zum Beispiel Überkapazitäten aus China abfangen?
Momentan exportiert China etwa fünf Millionen Autos, nur eine halbe Million gehen nach Europa, größtenteils EVs. In die anderen Märkte exportieren sie vor allem Verbrenner. Und da werden sie für uns zu einer Konkurrenz, die wir nicht haben wollen. Südamerika, Afrika und Ozeanien sind keine typischen EV-Märkte. Dort wird bei den Verbrennern sicher ein Verdrängungswettbewerb stattfinden. Man muss sehen, inwieweit die Chinesen dort auch als Investoren auftreten werden, zum Beispiel in Thailand, in der Türkei, in Brasilien. Russland ist bereits ein Monopolmarkt für China geworden.
Was bedeutet das Ende der Ampel-Koalition?
Das Ampel-Aus sorgt dafür, dass es weiter eine große Verunsicherung gibt und Verunsicherung führt immer dazu, dass man Investitionen zurückhält. Planungssicherheit ist nicht gegeben, das war wegen des Hin und Her der Ampel schon lange ein Problem. Wir haben momentan zudem das politisch schwächste Europa, das wir je hatten. Man muss sehen, was sich bis März abspielt, aber wir haben eine extreme Lame-Duck-Periode vor uns. Dabei ist die deutsche Wirtschaft sowieso schon emotional am Boden. Das ist nicht gut. Wir brauchen einen Schuss Optimismus und müssen sehen, ob eine neue Regierung dazu in der Lage ist, diesen zu verbreiten. Wird China weiterhin auf Deutschland gucken? Garantiert. Die Größe des Marktes und die Wichtigkeit der deutschen Politik in Europa wird nicht drastisch abnehmen. Man wird sehen, wer der Nachfolger in Berlin ist und inwiefern sich Deutschland eher mit Amerika einreiht. Zwischen dem 20. Januar und Ende März kann noch viel passieren.
Jörg Wuttke ist seit einigen Monaten Partner bei der Dentons Global Advisors-Albright Stonebridge Group in Washington. Zuvor war er Geschäftsführer und Generalbevollmächtigter der BASF China und Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking. Wuttke lebte mehr als 25 Jahre in China.
Ungarns Oppositionsführer Péter Magyar hat die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán beschuldigt, ihn sowie Mitarbeiter und Büros seiner Tisza-Partei systematisch zu bespitzeln. “Geheimdienstleute, die ihrer Heimat dienen und nicht einer Mafia-Regierung, haben mir anvertraut, dass meine Wohnung, unsere Büros und unsere Fahrzeuge schon seit Monaten mit Abhörtechnik versehen sind”, sagte er auf einer Pressekonferenz in Budapest.
Magyar forderte Innenminister Sandor Pinter auf, Fachleute zu schicken, um die Abhöreinrichtungen zu entfernen und um zu klären, wer die illegalen Bespitzelungen veranlasst und genehmigt habe. Als gewählter Europaabgeordneter genieße er Immunität, was die mutmaßlichen geheimdienstlichen Maßnahmen gegen ihn noch fragwürdiger mache. Magyar sprach von einem “ungarischen Watergate”. dpa
Nach dem Aus der Ampelkoalition steht die Umsetzung der KI-Verordnung in Deutschland vor erheblichen Herausforderungen. Die politische Instabilität könnte zu Verzögerungen bei der Verabschiedung des notwendigen Durchführungsgesetzes zum AI Act führen. Das gefährdet die rechtzeitige Implementierung der Verordnung.
Damit “würde sich die ohnehin schon vorhandene Planungs- und Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen weiter verschärfen”, warnt Janis Hecker, Referent Künstliche Intelligenz beim Digitalverband Bitkom. Zudem sehe die KI-Verordnung die Einrichtung der zuständigen notifizierenden Behörde und Marktüberwachungsbehörden bis zum 1. August 2025 vor. Deutschland drohe “ein Vertragsverletzungsverfahren, sollte das Durchführungsgesetz zu spät verabschiedet werden“, erläutert Hecker.
Die Bundesnetzagentur, die als zentrale Marktüberwachungsbehörde für KI-Systeme vorgesehen ist, benötigt klare gesetzliche Grundlagen und ausreichende Ressourcen. Ohne das Durchführungsgesetz fehlen jedoch die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen, was die Arbeit der Behörde erheblich beeinträchtigen könnte. Es fehlen ihr auch die Haushaltsmittel, um die nötigen Stellen zu schaffen.
Der Bitkom befürchtet, dass eine zu späte Klärung der Zuständigkeiten ganz konkret zu Engpässen bei der Benennung von Konformitätsbewertungsstellen führen könnte. Das sei bereits bei der Einführung der Medizinprodukte-Verordnung in der Vergangenheit in ähnlicher Form passiert. “Dadurch könnte sich im schlimmsten Fall die Marktzulassung neuer, innovativer KI-gestützter Produkte und KI-Systeme erheblich verzögern und damit die KI-Innovation in Deutschland massiv ausbremsen”, sagt Hecker.
Zu den Maßnahmen, die Mitgliedstaaten zur Umsetzung des AI Acts ergreifen müssen, gehören:
Deutschland brauche eine rasche Klärung der Zuständigkeiten für die Notifizierung und Marktüberwachung von KI-Systemen, damit sich die Behörden auf diese anspruchsvollen Aufgaben vorbereiten können, meint Hecker. “Dazu gehört auch die Bereitstellung entsprechender Mittel.”
Zum anderen sei die zeitnahe Einrichtung von KI-Reallaboren und deren Ausstattung wichtig. Diese Reallabore sollen innovativen Unternehmen auf der Grundlage eines mit den Behörden abgestimmten Testplans vorübergehend Ausnahmen von regulatorischen Anforderungen gewähren, um unter realen Bedingungen neue Produkte und Systeme zu testen. “Damit Deutschland bei Künstlicher Intelligenz international wettbewerbsfähig bleiben kann, muss es unser Ziel sein, einer signifikanten Anzahl von Unternehmen schnelle und effiziente Erprobungsmöglichkeiten für ihre KI-Innovationen zu bieten, fordert Hecker.” vis
Die EU-Kommission und das Netzwerk für Verbraucherschutz (CPC-Netzwerk) drängen den Online-Marktplatz Temu, seine Plattformpraktiken an die Verbraucherschutzgesetze der EU anzupassen. Eine Untersuchung zeigt, dass Temu mit einer Reihe von Praktiken gegen geltendes Verbraucherrecht verstößt. Die Behörden von Belgien, Deutschland und Irland, unterstützt von der EU-Kommission, leiten das Verfahren und fordern von dem chinesischen Anbieter umfassende Informationen sowie konkrete Verbesserungen.
Das CPC-Netzwerk bemängelt mehrere Praktiken, die Verbraucher täuschen oder ihre Kaufentscheidungen unzulässig beeinflussen könnten:
Zusätzlich fordert das CPC-Netzwerk Informationen darüber, ob Temu klar angibt, ob Verkäufer gewerbliche Anbieter sind, ob Preisnachlässe korrekt angezeigt werden und ob umweltbezogene Angaben belegbar sind.
Vergangene Woche leitete die EU-Kommission bereits ein Verfahren gegen Temu nach dem Digital Services Act (DSA) ein. Diese Maßnahmen und die Schritte des CPC-Netzwerks ergänzen sich und sollen eine sichere Online-Umgebung gewährleisten. Am 13. Dezember tritt zusätzlich die Produktsicherheitsverordnung (GPSR) in Kraft. Diese verlangt, dass ein EU-ansässiger Wirtschaftsakteur die Produktsicherheit für Online-Käufer sicherstellt. Behörden können unsichere Produkte direkt von der Plattform entfernen lassen, wenn Gefahren bestehen.
Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová betont: “Unternehmen müssen unsere Verbraucherschutzstandards einhalten – ohne Kompromisse.” Temu hat einen Monat Zeit, um auf die Beanstandungen des CPC-Netzwerks zu reagieren. Innerhalb dieses Zeitraums muss das Unternehmen darlegen, wie es die identifizierten Verstöße gegen das EU-Verbraucherschutzrecht beheben will. vis
Acht Mitgliedstaaten drängen auf höhere Zölle auf Einfuhren aus Russland. Am Freitag sandten die Handels- und Außenminister von Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen und Irland einen Brief an den aktuellen Handelskommissar Valdis Dombrovskis und seinen deisgnierten Nachfolger Maroš Šefčovič. Darin drücken die Minister ihren “starken Willen” aus, dass die Kommission einen “umfassenden Vorschlag” für die Erhöhung der Zölle auf möglichst viele Produkte präsentiert, die von Russland in die EU importiert werden.
“Wir müssen auf den Handel abzielen, der Russland weiterhin signifikantes Einkommen bringt”, schreiben die Minister. Sie begründen die Forderung mit der Solidarität für die Ukraine zudem mit dem Ziel, die EU noch unabhängiger von Russland zu machen.
2023 importierte die EU Güter im Wert von 50,7 Milliarden Euro aus Russland. Einen Großteil dieser Importe – 29,4 Milliarden Euro – machten russische Mineralölprodukte aus. jaa
Paula Pinho wird neue Chefsprecherin der EU-Kommission. Präsidentin Ursula von der Leyen nominierte die Portugiesin für ihre zweite Amtszeit als Nachfolgerin von Eric Mamer. Pinho arbeitete zuletzt als Direktorin in der Generaldirektion Energie. Sie ist seit 2000 in der Kommission und war unter anderem im Kabinett des deutschen Kommissars Günther Oettinger.
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Vor fast genau einem Jahr sollte Gubad Ibadoghlu eine neue Stelle an der TU Dresden antreten. Doch dazu kam es nie. Im Juli 2023 wurde der gebürtige Aserbaidschaner zusammen mit seiner Frau auf offener Straße in Baku verhaftet. Seine Frau wurde noch am selben Tag wieder freigelassen und berichtete anschließend von Misshandlungen und sogar Folter. Ibadoghlu ist bis heute noch nicht frei und wird des Terrorismus beschuldigt. Er soll der Gülen-Bewegung angehören. Echte Beweise gibt es nicht.
Nach 274 Tagen in Haft und weiteren Berichten von Folter wurde er am 22. April dieses Jahres in den Hausarrest überstellt, wo Ibadoghlu bis heute ist. Er kann das Land nicht verlassen, leidet jedoch an erheblichen gesundheitlichen Problemen. Aufgrund von Typ-2-Diabetes, erhöhtem Blutdruck und einer geweiteten Aorta ordnete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine adäquate medizinische Behandlung an, die ihm jedoch laut seiner Familie verwehrt bleibt. “Sein Zustand verschlechtert sich stetig, aber das Regime in Aserbaidschan ignoriert das”, sagt Zahla Bayramova, die Tochter des inhaftierten Regime-Kritikers. Ohne medizinische Behandlung droht ein Schlaganfall oder lebensbedrohliche Herzkrankheiten.
In den Fokus der aserbaidschanischen Regierung geriet der 53-Jährige zunächst durch seine Arbeit am Economic Research Center, einem in Baku ansässigen Thinktank, der sich für eine transparente Staatsführung und Good Governance einsetzt. Später forschte er unter anderem in Warschau, Chapel Hill, Princeton und zuletzt an der London School of Economics. Der nächste Karriereschritt wäre die Professur an der TU Dresden gewesen, zu der es nie kam.
Seine Forschung legte Korruption und Misswirtschaft im Staatsapparat Aserbaidschans offen, insbesondere in Bezug auf fossile Energien. Dabei kritisierte er stets die schlechte Menschenrechtslage und die Verwaltung der Öleinnahmen in seinem Geburtsland. Auch der Gas-Deal zwischen der Europäischen Union und Aserbaidschan beschäftigte den Wirtschaftswissenschaftler. Er forderte, dass die EU den Deal nutzt, um Verbesserungen der Menschenrechtslage und der Demokratie in Aserbaidschan zu erreichen.
Dem Regime in Baku gefielen diese Forschungen und die Aufmerksamkeit für Ibadoghlu nicht. Laut Amnesty International ist die “unbegründete Strafverfolgung von Gubad Ibadoghlu” Teil des anhaltenden Vorgehens der aserbaidschanischen Behörden gegen Menschenrechtsaktivisten, Regierungskritiker und unabhängige Medien. Dieses “bekannte Muster” sei auch im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Baku (COP29) zu beobachten, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen.
Doch die COP ist nun just dort, wo Ibadoghlu gefangen gehalten wird. Das könnte auch Druck auf das aserbaidschanische Regime aufbauen. Diplomaten und Aktivisten aus aller Welt strömen ab kommendem Montag nach Baku. Auch die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock weiß um das Schicksal Ibadoghlus und dürfte seine Freilassung in ihren Gesprächen mit den aserbaidschanischen Amtskollegen bei ihrem Aufenthalt in Baku in der zweiten COP-Woche thematisieren.
Abgeordnete des EU-Parlaments werden ebenfalls nach Baku reisen und auf die Freilassung des Fossil-Kritikers pochen. Sie hatten Ibadoghlu kürzlich für den Sacharow-Preis nominiert und sich bereits in Resolutionen mit breiter Mehrheit gegen Repressionen gegen Ibadoghlu ausgesprochen. Als Nominierter für den Sacharow-Preis ist er zudem zur Preisverleihung im Dezember in Straßburg eingeladen, weshalb Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die Regierung Aserbaidschans aufrief, den Hausarrest aufzuheben.
Ibadoghlu steht längst als Symbol für den Widerstand gegen Korruption und Unterdrückung in Aserbaidschan. Dinge, die das Regime während der COP lieber nicht allzu breit öffentlich diskutieren will. Die Chancen für seine Freilassung stehen aktuell also nicht schlecht. Sollten die Bemühungen jedoch bis zum Ende der COP erfolglos bleiben und Baku wieder aus dem Lichte der Öffentlichkeit verschwinden, wird es umso schwieriger für Ibadoghlu. Lukas Knigge