heute treffen sich die Finanzminister der EU in Budapest. Oder genauer: Es treffen sich einige wenige Finanzminister und eine Menge Staatssekretäre und hohe Beamte in Ungarns Hauptstadt. Viele Minister bleiben dem informellen Treffen des Finanzministerrats aus Protest gegen die ungarische Ratspräsidentschaft fern.
Am Rande des Treffens werden sich die Minister und Beamten unter anderem über die finanzielle Hilfe für die Ukraine unterhalten. Denn obwohl sich die EU und die G7 eigentlich dazu entschlossen haben, die Gewinne aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten als Garantie für einen Kredit zu verwenden, mit dem man die Ukraine mit 50 Milliarden Dollar unterstützen will, ist die technische Umsetzung noch nicht klar.
Die USA verlangen nämlich eine Garantie, dass die russischen Vermögenswerte eingefroren bleiben. Das kann die EU aber nicht garantieren. Denn die Sanktionen müssen immer wieder erneuert werden, damit sie nicht auslaufen. Die Garantie benötigen die USA jedoch, damit das Weiße Haus den Kredit eigenmächtig zusagen kann. Bei einem zu hohen Kreditrisiko müsste der republikanisch dominierte Kongress darüber abstimmen – mit ungewissem Ausgang.
Die Zeit drängt. Nicht nur, weil in den USA die Präsidentschaftswahlen anstehen, sondern auch, weil die EU selbst unter Druck steht. Ende des Jahres läuft eine Bestimmung der MFR-Regulierung aus. Diese erlaubt es der EU, ihren Teil der 50-Milliarden-Dollar-Makrofinanzhilfe für die Ukraine ohne erneutes Einverständnis Ungarns zu gewähren.
Um das immer drängendere Problem zu besprechen, hat von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert heute Morgen die EU-Botschafter zum Frühstück eingeladen.
Einen erfolgreichen Tag wünscht Ihnen,
Ungestrafte Korruption auf hoher Ebene, gleichgeschaltete Gerichte, diskriminierende LGBTQ-Gesetze: Die EU-Kommission ist gegen viele Missstände in Ungarn energisch vorgegangen. Sie hat Milliardengelder eingefroren und Budapest vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt. Auffällig zögerlich reagiert die Brüsseler Behörde hingegen, wenn die Regierung von Premier Viktor Orbán Unternehmen aus anderen EU-Staaten mit rüden Methoden aus dem Land drängt. Dabei berührt das Vorgehen einen Kernbereich des europäischen Projekts: den Binnenmarkt.
Orbán macht seit Jahren keinen Hehl daraus, dass er strategische Bereiche der ungarischen Wirtschaft “magyarisieren” will. In einer Rede vor der ungarischen Handelskammer zählte er 2022 auf, in welchen Branchen er mehr einheimische Eigentümer sehen wolle: Telekommunikation, Baustoffe, Versicherungen, Einzelhandel. In diesen Sektoren übernehmen ungarische Investoren Schritt für Schritt Geschäftsanteile von ausländischen Konkurrenten, oft mit staatlicher Hilfe. Auch vor großen Namen wie Vodafone oder Spar schreckt die Regierung nicht zurück.
Die Kommission hat dagegen bislang wenig unternommen. Im jüngsten Rechtsstaatlichkeitsbericht streift die Behörde die Missstände lediglich am Ende des 37-seitigen Dokuments. Ein Sprecher verweist auf 13 laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn im Bereich des Binnenmarkts. Diese zielen aber überwiegend auf nur einen Sektor: Baustoffe.
In der Wirtschaft wächst der Unmut. “Das Vorgehen der ungarischen Regierung stellt einen groben Verstoß gegen die Regeln des Binnenmarktes dar”, sagt Philipp Haußmann, stellvertretender Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. “Es ist höchste Zeit, dass die EU-Kommission dagegen vorgeht und den Binnenmarkt schützt.”
Auch die Bundesregierung macht inzwischen Druck: Sie forderte die Kommission im August per Brief auf, gegen das aus ihrer Sicht europarechtswidrige Verfahren Ungarns vorzugehen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), kündigte am Donnerstag im Europaausschuss des Bundestages an, sich auch bei der neuen Kommission dafür einzusetzen.
Dabei hatten Vertreter des Ostausschusses und der Wirtschaftskammer Österreich im Februar in Brüssel vorgesprochen. Sie trugen unter anderem Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und Justizkommissar Didier Reynders ihre Sorgen vor. In der Bundesregierung hat sich vor allem Brantner des Themas angenommen. Allerdings ohne bislang viel zu bewirken.
Deutsche und europäische Unternehmen würden von den ungarischen Behörden in den genannten Sektoren weiterhin “systematisch diskriminiert”, kritisiert Haußmann. Die Behörden belegten die Firmen mit Sondersteuern, verweigerten Genehmigungen oder traktierten sie mit willkürlichen Kontrollen. “Die betroffenen Unternehmen schreiben dadurch rote Zahlen und werden dann gedrängt zu verkaufen, häufig an Geschäftsleute mit engen Verbindungen zur Regierung.“
Einige Beispiele:
Im Sommer kündigte Orbáns Stabschef Gergely Gulyas zudem eine “Verteidigungssteuer” an, die übermäßige Gewinne etwa von Banken, Energieunternehmen und multinationalen Unternehmen abschöpfen soll. Die konkrete Ausgestaltung ist unklar, schürt aber Befürchtungen bei den europäischen Unternehmen vor Ort.
Die betroffenen Firmen selbst reden selten öffentlich über die Schikanen – “aus Sorge vor weiteren Repressalien”, sagt Haußmann. Lediglich Spar-Chef Hans Reisch entschied sich für die Flucht nach vorne: Er legte im Frühjahr bei der EU-Kommission Beschwerde ein und sagt in Interviews, Orbán habe durchblicken lassen, dass die Geschäfte leichter liefen, wenn der Staat einen Anteil an dem Unternehmen erhalte. Spar klagte auch vor dem Gericht in Szeged gegen eine Strafe wegen Verstoßes gegen die Preis- und Mengenvorgaben – und erhielt gestern Recht vor dem Europäischen Gerichtshof.
Andere Firmen scheuen aber den Weg der Klage wegen langer Verfahrensdauern vor nationalen oder europäischen Gerichten, schreibt York Albrecht vom Institut für Europäische Politik in einer neuen Studie. In Ungarn zu beobachten sei ein “systematischer Abbau von fairem wirtschaftlichem Wettbewerb, der die Grundlage des europäischen Binnenmarktes bildet”. Gegen die illiberalen Methoden versage das bisherige EU-Instrumentarium. Daher “besteht im Binnenmarkt de facto eine Schutzlücke für die Sicherheit von Investitionen”, so die Studie.
Die EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier (CSU), Mitglied im Haushaltskontrollausschuss, kritisiert die Kommission: “Ich bedauere sehr, dass unter Frau Vestager und Herrn Breton die wettbewerbsrechtlichen Fragen mit den Preiskappungen und Sondersteuern nie richtig beleuchtet wurden”. Zudem gehörten die Themen in die jährlichen Rechtsstaatsberichte: “Wenn ein Land die grundlegenden Regeln des Binnenmarktes bricht und sich europäische Unternehmen nicht mehr frei ansiedeln können beziehungsweise systematisch schikaniert werden, müsste dies doch ein Kernbereich sein”.
Ursula von der Leyen habe in den politischen Leitlinien angekündigt, die Binnenmarktdimension in den Rechtsstaatsbericht aufzunehmen, heißt es bei der Kommission. Dies insbesondere mit Blick auf KMUs, die grenzüberschreitend tätig seien.
Der grüne EU-Abgeordnete Daniel Freund sieht ein Problem im Silodenken der Kommission. Justizkommissar Reynders kümmere sich um die Unabhängigkeit der Gerichte, andere Kommissare schauten auf die korrekte Verwendung der Gelder aus den Strukturfonds, der ARF-Mittel oder auf Wettbewerbsfragen. Dabei fehle der Überblick, wie strategisch Viktor Orbán vorgehe, gerade bei Binnenmarktfragen. “Keiner schaut hin, wie Orbáns Spiel genau läuft und was man dem entgegensetzen könnte”, so Freund.
In Berlin und Brüssel wird vermutet, dass von der Leyen und Scholz bislang den offenen Konflikt mit Orbán scheuen, um Ungarns Premier nicht noch weiter in die Arme von Russland und China zu treiben. Budapest bemüht sich um chinesische Investoren, speziell in der Elektromobilität. Der Ministerpräsident kann zudem wichtige EU-Entscheidungen blockieren, etwa bei Sanktionen gegen Moskau.
Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses, hält solche Rücksichtnahmen für falsch. “Dass Orbán derzeit deutsche Unternehmen aus Ungarn verdrängt und stattdessen chinesischen Investoren den roten Teppich ausrollt, schadet ganz Europa”. Die Kommission müsse reagieren “und die Rechtsbrüche zügig sanktionieren”, fordert der Grünen-Politiker. Die EU solle zudem über strengere Regeln für derartige Investitionen auf der grünen Wiese sprechen.
Es hätte ein Auftritt werden können, bei dem Kamala Harris klar Farbe bekennt. Doch gerade einmal eine Minute und 44 Sekunden hat die US-Präsidentschaftskandidatin der Demokraten im TV-Duell beim Sender “ABC” mit ihrem republikanischen Kontrahenten Donald Trump über das Klima gesprochen. Und nur ein einziges Mal nannte die Vizepräsidentin den Inflation Reduction Act (IRA), das wohl wichtigste klimapolitische Gesetz der amtierenden US-Regierung. “Als Vizepräsidentin bin ich stolz darauf, dass wir in den vergangenen vier Jahren eine Billion Dollar in eine saubere Energiewirtschaft investiert haben”, sagte sie.
Mit klaren Forderungen zur Klimapolitik hält sich Harris bislang zurück. Auch beim TV-Duell blieb sie ihrem Publikum einen Ausblick darauf schuldig. Beobachter können deshalb nur mutmaßen, was ihre mögliche Präsidentschaft für eine nachhaltige Wirtschaft bedeutet. Ihren Fokus legt die 59-Jährige bislang auf andere Themen, etwa die hohen Lebenshaltungskosten und die Wohnungsnot in den USA. Schließlich treibt das die Amerikaner gegenwärtig am meisten um.
Selbst erfahrene Polit-Beobachter wagen sich derzeit kaum an Prognosen heran. “Harris hält sich da bewusst bedeckt”, sagte Johannes Thimm, leitender Amerika-Analyst bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), zu Table.Briefings. Über Details wolle er deshalb nicht spekulieren.
In der TV-Debatte nutzte Harris ihre Zeit vor allem, um sich gegen die Angriffe von Trump zu wehren. Sie betonte, dass im Rahmen des IRA auch neue Flächen fürs Fracking ausgewiesen worden seien. “Wir haben außerdem die heimische Gasproduktion auf ein Rekordniveau gebracht”, entgegnete sie auf Trumps Vorwurf, die fossilen Industrien zu zerstören. Experten in den USA vermuten, Harris’ Zurückhaltung könnte politisches Kalkül sein. Sie wolle ihrem Kontrahenten keine inhaltlichen Angriffspunkte geben, so die Lesart.
Das offizielle Wahlprogramm steht zumindest für klimapolitische Kontinuität. In den Ausführungen, die die Demokraten bei ihrem Parteitag in Chicago im vergangenen Monat verabschiedet hatten, war noch mehrmals von “Bidens zweiter Amtszeit” die Rede. Bob Inglis, Gründer der konservativen Klima-Initiative RepublicEn, sieht die Anreize aus dem IRA im Falle einer Wahl Harris’ auch deshalb als sicher an. “Klimamaßnahmen werden in einer Harris-Regierung mit Sicherheit ganz oben auf der Regierungsagenda stehen”, sagte der Republikaner und Trump-Gegner zu Table.Briefings.
Das wichtigste Klimagesetz der vergangenen Jahre ist schließlich überaus erfolgreich. Unter der Biden-Regierung haben private Unternehmen bislang rund 910 Milliarden US-Dollar an privaten Investitionen in Zukunftsindustrien angekündigt, wie das Weiße Haus vor wenigen Tagen mitteilte. Davon profitieren vor allem jene Branchen, die für die massiven Steuererleichterungen aus dem IRA infrage kommen. Fast die Hälfte der Mittel soll in die Halbleiter- und Elektronikproduktion fließen, weitere 177 Milliarden Dollar in die Elektroauto- und Batterieherstellung.
Matt Piotrowski geht davon aus, dass die bisherige Vizepräsidentin den Kampf gegen den Klimawandel noch verstärken dürfte. “Harris’ bisherige Haltung zum Klimawandel lässt darauf schließen, dass sie wahrscheinlich progressiver sein wird als Präsident Biden“, schreibt der leitende Direktor für Politik und Forschung beim Washingtoner Beratungsunternehmen Climate Advisers in einem Beitrag. Sie könnte strenger gegenüber der fossilen Brennstoffindustrie sein als ihr Vorgänger.
Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien habe Harris mehrfach rechtliche Schritte gegen große Ölgesellschaften eingeleitet und damit ihre entschlossene Haltung unter Beweis gestellt, schreibt Piotrowski. Und nicht zuletzt forderte sie während ihrer Präsidentschaftsbewerbung vor vier Jahren eine CO₂ -Steuer und zehn Billionen Dollar an Klimaausgaben. Ihr Ziel war eine klimaneutrale Wirtschaft bis zum Jahr 2045.
Daneben sprechen ihre jüngsten Entscheidungen für sich: Mit Tim Walz, dem Gouverneur von Minnesota, hat sich Harris einen besonders klimafreundlichen Vizekandidaten ins Team geholt. Bis zum Jahr 2040 will sein Bundesstaat vollständig auf kohlenstofffreien Strom umstellen. Im vergangenen Jahr hatte Walz ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet.
Diese Haltung könnte sich auch noch nachträglich im IRA niederschlagen. “Eine abermalige demokratische Administration wird noch in beträchtlichem Umfang Maßnahmen nachlegen müssen, um das aktuelle Klimaziel für 2030 zu erreichen”, schreibt SWP-Analystin Sonja Thielges in einer aktuellen Analyse. Einige Regulierungen dafür seien schon in Arbeit, so etwa Leitlinien für IRA-Steuererleichterungen für sauberen Strom und Wasserstoff. Thielges erwartet, dass diese Arbeit unter Harris fortgeführt werde. Daneben sind auch andere Vorgaben schon in Planung, auf die Harris dann Einfluss nehmen könnte – so etwa die Festsetzung von Emissionsgrenzen für bereits bestehende Gaskraftwerke.
Eine Abkehr vom IRA erscheint ohnehin schwer, wie Thielges in ihrer Analyse aufzeigt. “Um ein Gesetz zu streichen, braucht es ein neues Gesetzesverfahren und in aller Regel eine Mehrheit von 60 Stimmen im US-Senat”, schreibt sie. Nicht einmal eine republikanische Mehrheit könnte also den IRA gefährden. Denn laut den aktuellen Prognosen würde das Ergebnis knapp ausfallen, betont Thielges. Hinzu kommt: “Der Großteil der Gelder aus dem Gesetz fließt an republikanische Staaten, auch wenn diese allesamt gegen den IRA gestimmt haben.” Die Staaten, so die Expertin, könnten daher für eine gewisse Stabilität bei der US-Klimapolitik sorgen. Schließlich findet das Subventionsprogramm parteiübergreifend Anhänger.
Bob Inglis von RepublicEn sieht deshalb gerade im IRA eine Chance für Harris. Sie werde mit ihrer Klimapolitik dann Erfolg haben, wenn sie die Polarisierung beim Thema Klima durchbrechen könne, sagte er. Das könne ihr gelingen, indem sie echte Konservative bei der Suche nach Lösungen willkommen heißt. Ein erstes Zugeständnis scheint Harris den Republikanern vor wenigen Wochen bereits gemacht zu haben. Als Präsidentschaftsbewerberin vor vier Jahren hatte die Demokratin noch versprochen, im Falle einer Wahl das Fracking landesweit zu verbieten. In einem Interview mit dem US-Sender CNN hatte Harris ihre Meinung geändert. Sie habe erkannt, dass “wir wachsen und eine saubere Energiewirtschaft aufbauen können, ohne Fracking zu verbieten”. Laurin Meyer
16.09.-17.09.2024
Informelle Ministertagung Forschung
Themen: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Forschung und Innovation, Überwindung der Fragmentierung des EFR. Infos
16.09.2024 – 19.09.2024
Plenarsitzung des EU-Parlaments
Themen:
– Montag: Wiederaufnahme der Sitzungsperiode und Arbeitsplan.
– Dienstag: Aussprache über außenpolitische Fragen
– Mittwoch: Aussprache zur Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des ungarischen Ratsvorsitzes, Aussprache zum EU-Haushalt 2025, Aussprachen zu den Fällen von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
– Donnerstag: Große Anfragen
Vorläufige Tagesordnung
16.09.2024 – 19:00-21:00 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Dialog über Aufbau und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen) und mit Paolo Gentiloni (Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
17.09.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Überarbeitung der Empfehlung des Rates über rauchfreie Zonen. Vorläufige Tagesordnung
19.09.-20.09.2024
Informelle Ministertagung Verkehr
Themen: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des EU-Verkehrssektors, Künftige Finanzierungsmöglichkeiten im Verkehrsbereich, Maßnahmen und Strategien zum Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes, Verbesserung der Verbindungen zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Infos
Im Mai hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir an die EU-Kommission appelliert, die europäische Anti-Entwaldungsverordnung (EUDR) anzupassen, bevor diese Ende Dezember greifen soll. Passiert ist seither wenig. Mit einem Schreiben im Namen der Bundesregierung an den exekutiven Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und kommissarischen Umweltkommissar, Maroš Šefčovič, hat Özdemir seiner Forderung nach Aufschub der EUDR-Umsetzung deshalb nun Nachdruck verliehen.
Özdemir fordert in dem Schreiben, das Table.Briefings vorliegt, den Anwendungsstart der EUDR “dringend” um ein halbes Jahr zu verschieben – vom 30. Dezember 2024 auf den 1. Juli 2025. Vier Monate vor dem planmäßigen Start fehlten wichtige Umsetzungselemente wie die Einstufung Deutschlands als Land mit geringem Entwaldungsrisiko, schreibt Özdemir.
“Die EU-Kommission muss endlich aus der Sommerpause kommen und Klarheit schaffen”, so der Grünen-Politiker weiter. Die Voraussetzungen für eine angemessene Vorbereitung der Wirtschaft und eine effiziente nationale Anwendung müssten unverzüglich geschaffen werden. Die Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft bräuchten ausreichend Zeit, um sich vorzubereiten. “Sonst drohen Lieferketten zum Ende des Jahres zu reißen – zum Schaden der deutschen und europäischen Wirtschaft, der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Drittstaaten sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher”, mahnt Özdemir.
Das Ziel der EUDR, den notwendigen globalen Waldschutz zu stärken, stehe zwar außer Frage, die Umsetzung müsse aber praktikabel, bürokratiearm und reibungslos funktionieren, fordert der Bundeslandwirtschaftsminister. “Die EU-Kommission kann hier alle Voraussetzungen im Alleingang schaffen, ohne die EUDR neu zu verhandeln.”
Deutschland ist derweil nicht das einzige Land, dessen Regierung sich mit Blick auf den baldigen Anwendungsstart der EUDR an die EU-Kommission richtet. Erst am Dienstag hatten Mitglieder der brasilianischen Regierung Vertreter der EU-Kommission in einem Brief dazu aufgefordert, die Bestimmungen der EUDR nicht wie geplant Ende des Jahres umzusetzen, sondern zu überarbeiten, um brasilianische Exporte nicht zu gefährden.
Gemäß der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, so der volle Titel, sollen Unternehmen die Vorschriften eigentlich ab dem 30. Dezember 2024 anwenden, kleinere Unternehmen ab Ende Juni 2025. Dann dürfen sie Einfuhren bestimmter Produkte – unter anderem Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz – nur in der EU verkaufen, wenn die Lieferanten eine Sorgfaltserklärung eingereicht haben. Diese bestätigt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt, und dass bei seiner Herstellung die lokale Gesetzgebung eingehalten wurde.
Kritik, der zufolge die Kommission wichtige Grundlagen für die Umsetzung der EUDR noch nicht vorgelegt habe – etwa bestimmte Leitlinien und das Länder-Benchmarking – war zuletzt von vielen Seiten zu vernehmen. Mit dem Länder-Benchmarking will die Kommission jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweisen.
Auf dieser Basis gelten dann bestimmte Kontrollquoten für die einzelnen Produktgruppen: Die nationalen Behörden müssen pro Produktgruppe jeweils ein Prozent der Marktteilnehmer kontrollieren, die aus Ländern mit niedrigem Risiko importieren, drei Prozent bei Ländern mit Standardrisiko und neun Prozent bei Ländern mit hohem Risiko. heu
Showdown bei den E-Auto-Zusatzzöllen: Chinas Handelsminister Wang Wentao wird in der kommenden Woche Brüssel besuchen. Wang werde am kommenden Donnerstag EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis treffen, um über die Zölle zu sprechen, teilte das chinesische Handelsministerium am Donnerstag mit.
Ob die Zusatzzölle auf chinesische E-Autos ab November für fünf Jahre gelten sollen, wird in den kommenden Wochen entschieden – indes wird die Kluft zwischen den EU-Staaten deutlicher. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sprach sich bei seinem Besuch in Peking diese Woche gegen die Zölle aus. Bundeskanzler Olaf Scholz ließ verlauten, dass er sich ebenfalls in diese Richtung bewegen möchte.
Bei der bevorstehenden verbindlichen Abstimmung im EU-Rat müssten 15 der 27 Mitgliedsregierungen, die 65 Prozent der Bevölkerung ausmachen, gegen die Zölle stimmen, damit sie nicht wie vorgesehen für fünf Jahre in Kraft treten. In einer vorläufigen Abstimmung im Juli hatte Spanien noch für die Zölle gestimmt – die spätere Androhung Pekings, Anti-Dumping-Zölle auf Schweinefleisch zu erheben, konnte bei Spanien, dem größten Produzenten der EU, aber offenbar Wirkung zeigen.
Deutschland enthielt sich, ebenso wie mehrere andere Mitgliedstaaten. Ob Spanien tatsächlich gegen die Zölle stimmt, muss man abwarten. Sollte dies aber der Fall sein, sei es immer noch ein weiter Weg, bis die Zölle gestoppt werden, lautet die Einschätzung im Rat. Mehrere bevölkerungsreiche Mitgliedstaaten müssten dafür in das Lager der Gegner von den Zöllen wechseln. ari/mgr
Beim Treffen der Digitalminister der G20 in Brasilien, haben sich die Minister vorgenommen, digitale Ungleichheiten zu verringern und die Integrität von Informationen zu schützen. Eine entsprechende Erklärung, die Table.Breifings vorab vorlag, wollen sie am heutigen Freitag in Maceió unterzeichnen. Für die EU-Kommission nimmt Renate Nikolay an dem Ministertreffen teil, stellvertretende Generaldirektorin für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (DG Connect).
Bundesdigitalminister Volker Wissing fordert einen wertebasierten Ansatz zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) und der Internet-Governance. “Unser Ziel ist ein freies, offenes und sicheres Internet ohne Zensur. Künstliche Intelligenz darf nicht zur Manipulation von Menschen und Meinungen genutzt werden“, erklärte Wissing.
Die Minister betonten, dass eine gerechte und inklusive digitale Transformation entscheidend ist, um weltweite Ungleichheiten zu reduzieren. Sie einigten sich darauf, innovative Finanzierungsmechanismen und kreative Strategien zu entwickeln, um die digitale Infrastruktur zu stärken. Dabei sollen die spezifischen Bedürfnisse der unverbundenen und unterversorgten Bevölkerungsgruppen besonders berücksichtigt werden. “Wir unterstützen den brasilianischen Vorstoß, den Einsatz von KI gezielt in Ländern des globalen Südens zu fördern, um Herausforderungen wie Gesundheitsversorgung, Ernährung und Bildung zu verbessern”, sagte Wissing weiter.
Weitere Beschlüsse der Minister:
Die Beschlüsse sollen dazu beitragen, dass die digitale Transformation weltweit fairer gestaltet wird und mehr Menschen von den Möglichkeiten der Digitalisierung profitieren. vis
GAP-Direktzahlungen vorrangig an die sozio-ökonomisch bedürftigsten Betriebe zu vergeben, wie es der Strategiedialog Landwirtschaft vorschlägt, hält der Co-Direktor von Agora Agrar, Harald Grethe, nicht für sinnvoll. In einer neuen Studie zur Rolle der Landwirtschaft in einer klimaneutralen EU spricht sich der Thinktank stattdessen dafür aus, die Agrarsubventionen vollständig an Gemeinwohlleistungen zu binden.
“Direktzahlungen sind nicht geeignet, um bedürftige Haushalte sozialpolitisch aufzufangen“, meint Grethe dazu bei der Studienvorstellung. Hierzu gebe es sozialpolitische Instrumente in den einzelnen Mitgliedstaaten. “Wir haben auch die Daten nicht, um zu messen, wer bedürftig ist“, gibt er zu bedenken. So gebe die Größe eines Betriebs nicht automatisch Aufschluss über dessen wirtschaftliche Situation.
Aber auch in einer auf Gemeinwohlleistungen ausgerichteten GAP, wie sie sich Agora Agrar vorstellt, könne in manchen Fällen der Erhalt kleiner Betriebe subventioniert werden. In manchen EU-Ländern mit besonders vielen sehr kleinen Betrieben böten diese eine große Zahl von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum, die andere Sektoren nicht sofort auffangen könnten, erläutert der Agrarwissenschaftler. Hier sei es eine Gemeinwohlleistung, den Strukturwandel abzufangen.
Dabei gehe es aber nicht, wie im Vorschlag des Strategiedialogs, um die individuelle Bedürftigkeit der Betriebe. Eine solche Situation gebe es zudem nicht hierzulande, sondern zum Beispiel in Rumänien. “In Deutschland gibt es keinen Grund, per se kleine Betriebe zu fördern“, so Grethe.
Die Studie geht derweil davon aus, dass in der Landwirtschaft eine deutliche Emissionsminderung möglich ist: 60 Prozent bis Mitte des Jahrhunderts. Bisher stagniert der Treibhausgasausstoß des Sektors seit Jahrzehnten. Eine Option sei, die Landwirtschaft in den europäischen Emissionshandel einzubeziehen, erklärt Co-Direktorin Christine Chemnitz.
“Einnahmen aus dem Emissionshandel könnten dann genutzt werden, um CO₂-Entnahmen zu entlohnen“, schlägt sie vor. Davor, negative Emissionen, zum Beispiel durch die Gehölze auf landwirtschaftlichen Flächen, wie Hecken oder schnell wachsende Baumarten, direkt in den Emissionshandel einzubeziehen, warnt die Agrarökonomin dagegen. Denn sonst könnten Unternehmen den Ausstoß von Treibhausgasen durch Negativemissionen ausgleichen, die als naturbasierte Lösungen oft nicht dauerhaft wirksam seien. jd
Der scheidende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg soll neuer Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) werden. Das berichteten am Donnerstag zunächst das Nachrichtenportal Politico und das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND); auch Table.Briefings gegenüber wurde die Personalie bestätigt. Demnach soll der amtierende MSC-Vorsitzende Christoph Heusgen die Konferenz kommenden Februar zum letzten Mal leiten.
Auf X schrieb die MSC am Donnerstagabend: “Bezüglich der aktuellen Medienberichterstattung über die Position des MSC-Vorsitzenden möchten wir Sie darauf hinweisen, dass die Münchner Sicherheitskonferenz Entscheidungen über Personal- und Vorstandsangelegenheiten erst dann öffentlich kommentiert, wenn wir etwas zu verkünden haben. Bitte bleiben Sie auf dem Laufenden.”
Christoph Heusgen, früherer Spitzendiplomat und langjähriger Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), hat den Posten an der Spitze der MSC erst 2022 von Wolfgang Ischinger übernommen. Mit dem Norweger Stoltenberg hätte erstmals kein Deutscher den Vorsitz der wichtigsten sicherheitspolitischen Konferenz in Europa inne, die 1963 als Internationale Wehrkunde-Begegnung gegründet und bis 1993 als Münchner Wehrkunde-Tagung fortgeführt worden war. “Fehlendes Charisma”, um die Konferenz nach Außen zu vertreten, sollen mit dem Machtkampf an der Spitze der MSC Vertraute als entscheidenden Grund für die bevorstehende Ablösung Heusgens genannt haben.
Freiwillig will Heusgen seinen Posten allerdings nicht räumen, wie Table.Briefings aus MSC-Kreisen erfuhr. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll der Stiftungsrat nun in einer Sitzung am 25. September über den MSC-Chefposten entscheiden, nachdem Heusgen Widerspruch gegen eine von Ischinger bereits am Samstag geplante Abstimmung eingelegt hatte. Im Umlaufverfahren hatte sich bereits eine Mehrheit des achtköpfigen Sitzungsrats für Stoltenberg ausgesprochen.
Der ehemalige Merkel-Berater sei unter anderem mit Interviews “angeeckt” und “einigen Leuten auf die Nerven gegangen”, heißt es. So hatte Heusgen das israelische Vorgehen im Gazastreifen kritisiert und sich in einem ZDF-Interview hinter UN-Generalsekretär António Guterres gestellt, der Israel eine “erdrückende Besatzung” vorgeworfen und gesagt hatte, die blutigen Angriffe der Terrormiliz Hamas auf Israel am 7. Oktober hätten “nicht im luftleeren Raum” stattgefunden.
Israels Regierung zeigte sich daraufhin empört. Intern sollen führende Vertreter der israelischen Regierung die Ablösung Heusgens gefordert haben. Die Bundesregierung unterstützt die Konferenz mit jährlich mehr als einer Million Euro. Im Stiftungsrat, in dem die Bundesregierung durch Kanzleramts-Chef Wolfgang Schmidt vertreten wird, wuchs der Widerstand. Präsident des Gremiums ist der langjährige Vorsitzende Ischinger. Auch die Bundesregierung wurde von Heusgen wegen ihrer angeblich zu geringen Verteidigungsausgaben immer wieder öffentlich kritisiert. Gegenüber Mitgliedern des Gremiums soll der scheidende Nato-Chef Stoltenberg im Sommer am Rande des Nato-Gipfels angedeutet haben, dass er sich ein Engagement bei der MSC vorstellen könne. Diese Chance, einen früheren Regierungschef und Nato-Generalsekretär zu holen, dürfe man sich nicht entgehen lassen, hieß es.
Nur Helga Maria Schmid soll sich im achtköpfigen Stiftungsrat nach Table.Briefings-Informationen enthalten haben, als es um den Personalwechsel ging; die Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gilt als Vertraute Heusgens. Das Angebot Ischingers, in den prominent besetzten Beraterkreis der MSC, das Advisory Council, zu wechseln, soll Heusgen abgelehnt haben.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz, zu dem der Merkel-Mann Heusgen nicht gerade das beste Verhältnis hat, soll in den Personalwechsel eingebunden gewesen sein. Heusgen hatte bei der vergangenen Konferenz den globalen Süden in den Fokus gerückt, aber auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris geholt. Mit Stoltenberg dürfte der transatlantische Fokus der Konferenz noch stärker werden. Heusgen und Ischinger wollten keinen Kommentar abgeben.
Der 69 Jahre alte Heusgen pochte im Krieg Russlands gegen die Ukraine früh darauf, Verhandlungen zu führen und zu einer Lösung nach dem Vorbild des Minsker Abkommens zu kommen. Vor allem in US-amerikanischen Kreisen galt Heusgen unter anderem aufgrund dieser Herangehensweise nicht als ideale Besetzung. Mit Stoltenberg, so die Hoffnung, bekäme die Münchner Sicherheitskonferenz jemanden, der die Dringlichkeit und das Verständnis für den Konflikt mitbrächte, und die MSC zu einem Forum ausbauen könnte, auf dem verbindliche Abkommen geschlossen werden könnten. Bislang dient die MSC als Dialogplattform für informelle Gespräche von hochrangigen Politikern und Experten.
Stoltenberg übergibt sein Amt als Nato-Generalsekretär am 1. Oktober an den früheren niederländischen Regierungschef Mark Rutte. Der Norweger steht seit zehn Jahren an der Spitze des westlichen Verteidigungsbündnisses; von 2000 bis 2001 sowie von 2005 bis 2013 war norwegischer Ministerpräsident. Dabei hatte er sein Land 2011 auch durch die schwierige Zeit nach den Anschlägen im Osloer Regierungsviertel und auf der Insel Utøya geführt, bei denen der Rechtsterrorist Anders Behring Breivik insgesamt 77 Menschen tötete. brö/tw
Wenn sich Wirtschaftsbosse über die Ampel-Regierung äußern, schwankte die Tonlage zuletzt meist zwischen kritisch und empört. Umso überraschter dürfte Olaf Scholz am Donnerstag nach seinem Auftritt beim “Chemie und Pharma Summit” in Berlin gewesen sein. Er erhielt nicht nur viel Applaus aus der Branche, sondern auch uneingeschränktes Lob von Markus Steilemann, dem Präsidenten des ausrichtenden Chemieverbands VCI.
Sonst sei er zwar dafür bekannt, ein kritisches Wort zu pflegen, sagte Steilemann. Aber: “Heute ist einfach mal der Tag zu sagen: Vielen Dank”. Scholz sei “mit so vielen guten Botschaften im Gepäck” gekommen, dass er an den Kanzler “nicht weitere Forderungen stellen” wolle. Auch über den Standort äußerte sich der VCI-Chef überraschend positiv. In der Chemiebranche sei Deutschland “nach wie vor in der Weltspitze”, sagte Steilemann; die “Innovationskraft” sei “gigantisch hoch”.
Tatsächlich hat Scholz viele Wünsche der Branche erfüllt. Wie von Table.Briefings vorab berichtet, kündigte er in seiner Rede an, dass sich die Bundesregierung in der EU gegen ein “undifferenziertes Totalverbot” der Chemikaliengruppe PFAS einsetzen werde. “Dort, wo es noch keine Alternativen gibt und wo der Nutzen überwiegt, muss ihr Einsatz möglich bleiben”, sagte der Kanzler.
Auch bei der Chemikalienrichtlinie REACH plädierte er “für eine praktikable und ausgewogene Regulierung”; sonstige EU-Richtlinien sollen künftig nur noch “eins zu eins umgesetzt” und neue Freihandelsabkommen in Angriff genommen werden. Bei den Netzentgelten stellte sich Scholz gegen einen aktuellen Vorschlag der Bundesnetzagentur, der höhere Kosten für Unternehmen mit unflexiblem Stromverbrauch bedeuten würde. mkr
Die Kommission untersucht mutmaßliche wettbewerbswidrige Staatshilfen für die Rennstrecke Nürburgring. Damit reagiert die Kommission auf eine Gerichtsentscheidung von 2021. Der Europäische Gerichtshof hatte damals entschieden, dass die Kommission neu prüfen muss, ob der 2014 erfolgte Verkauf des Nürburgrings mit der Gewährung einer staatlichen Beihilfe verbunden war. Die Kommission hatte nach Ansicht des höchsten EU-Gerichts nicht ausreichend untersucht, ob die einst staatliche Anlage zu Unrecht günstiger als möglich verkauft wurde.
Der Autozulieferer Capricorn hatte 2014 für rund 77 Millionen Euro den Zuschlag für die legendäre Rennstrecke in der Eifel erhalten, in deren Ausbau mitsamt einem neuen Freizeitpark das Land Rheinland-Pfalz fast eine halbe Milliarde Euro gesteckt hatte. Nach Auffassung des EuGH hat es aber “Anlass zu Bedenken” gegeben, die die EU-Kommission hätten veranlassen müssen, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten.
Das will die Kommission jetzt nochmals genau untersuchen. Es geht um die Frage, ob etwa Capricorn durch das Ausschreibungsverfahren einen Vorteil hatte. Alle Beteiligten können sich zu dem Verfahren äußern. Die Kommission betont, dass die Prüfung ergebnisoffen geführt werde. dpa
Die Haushaltsnöte der Berliner Ampel haben Folgen für die Deutsche Schule in Brüssel. Die Auslandsschule mit Exzellenzstatus wird von vielen Kindern von EU-Diplomaten und Abgeordneten besucht. Am Mittwoch lief eine Mail in den Postfächern der Eltern ein, die so beginnt: “Der Haushalt der deutschen Bundesregierung beschäftigt seit Wochen Politik, Medien und direkt Betroffene in Deutschland.” Die beschlossenen Kürzungen beträfen auch das Auswärtige Amt, das für die Auslandsschulen zuständig ist. “Vor diesem Hintergrund wurde uns von den deutschen Behörden mitgeteilt, dass der geplante Neubau nicht stattfinden wird.”
Stattdessen werde eine Renovierung des bestehenden Baus aus den 70er Jahren angestrebt. “Zur Klärung der Machbarkeit und Kostenstruktur dieser Neuorientierung wird das Auswärtige Amt als ersten Schritt eine Studie lancieren.” Manche Schüler dürften erleichtert sein. Im Falle eines Neubaus hätten sie vermutlich den Rest ihrer Schulzeit in Provisorien lernen müssen. Klar ist aber auch: Die Entscheidung aus Berlin vernichtet viel Geld. Architekten wurden beauftragt, den Neubau zu planen. Alle warteten nur noch auf den Baustart. Der Schaden dürfte einen sechs- bis siebenstelligen Euro-Betrag ausmachen. mgr
heute treffen sich die Finanzminister der EU in Budapest. Oder genauer: Es treffen sich einige wenige Finanzminister und eine Menge Staatssekretäre und hohe Beamte in Ungarns Hauptstadt. Viele Minister bleiben dem informellen Treffen des Finanzministerrats aus Protest gegen die ungarische Ratspräsidentschaft fern.
Am Rande des Treffens werden sich die Minister und Beamten unter anderem über die finanzielle Hilfe für die Ukraine unterhalten. Denn obwohl sich die EU und die G7 eigentlich dazu entschlossen haben, die Gewinne aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten als Garantie für einen Kredit zu verwenden, mit dem man die Ukraine mit 50 Milliarden Dollar unterstützen will, ist die technische Umsetzung noch nicht klar.
Die USA verlangen nämlich eine Garantie, dass die russischen Vermögenswerte eingefroren bleiben. Das kann die EU aber nicht garantieren. Denn die Sanktionen müssen immer wieder erneuert werden, damit sie nicht auslaufen. Die Garantie benötigen die USA jedoch, damit das Weiße Haus den Kredit eigenmächtig zusagen kann. Bei einem zu hohen Kreditrisiko müsste der republikanisch dominierte Kongress darüber abstimmen – mit ungewissem Ausgang.
Die Zeit drängt. Nicht nur, weil in den USA die Präsidentschaftswahlen anstehen, sondern auch, weil die EU selbst unter Druck steht. Ende des Jahres läuft eine Bestimmung der MFR-Regulierung aus. Diese erlaubt es der EU, ihren Teil der 50-Milliarden-Dollar-Makrofinanzhilfe für die Ukraine ohne erneutes Einverständnis Ungarns zu gewähren.
Um das immer drängendere Problem zu besprechen, hat von der Leyens Kabinettschef Björn Seibert heute Morgen die EU-Botschafter zum Frühstück eingeladen.
Einen erfolgreichen Tag wünscht Ihnen,
Ungestrafte Korruption auf hoher Ebene, gleichgeschaltete Gerichte, diskriminierende LGBTQ-Gesetze: Die EU-Kommission ist gegen viele Missstände in Ungarn energisch vorgegangen. Sie hat Milliardengelder eingefroren und Budapest vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt. Auffällig zögerlich reagiert die Brüsseler Behörde hingegen, wenn die Regierung von Premier Viktor Orbán Unternehmen aus anderen EU-Staaten mit rüden Methoden aus dem Land drängt. Dabei berührt das Vorgehen einen Kernbereich des europäischen Projekts: den Binnenmarkt.
Orbán macht seit Jahren keinen Hehl daraus, dass er strategische Bereiche der ungarischen Wirtschaft “magyarisieren” will. In einer Rede vor der ungarischen Handelskammer zählte er 2022 auf, in welchen Branchen er mehr einheimische Eigentümer sehen wolle: Telekommunikation, Baustoffe, Versicherungen, Einzelhandel. In diesen Sektoren übernehmen ungarische Investoren Schritt für Schritt Geschäftsanteile von ausländischen Konkurrenten, oft mit staatlicher Hilfe. Auch vor großen Namen wie Vodafone oder Spar schreckt die Regierung nicht zurück.
Die Kommission hat dagegen bislang wenig unternommen. Im jüngsten Rechtsstaatlichkeitsbericht streift die Behörde die Missstände lediglich am Ende des 37-seitigen Dokuments. Ein Sprecher verweist auf 13 laufende Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn im Bereich des Binnenmarkts. Diese zielen aber überwiegend auf nur einen Sektor: Baustoffe.
In der Wirtschaft wächst der Unmut. “Das Vorgehen der ungarischen Regierung stellt einen groben Verstoß gegen die Regeln des Binnenmarktes dar”, sagt Philipp Haußmann, stellvertretender Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. “Es ist höchste Zeit, dass die EU-Kommission dagegen vorgeht und den Binnenmarkt schützt.”
Auch die Bundesregierung macht inzwischen Druck: Sie forderte die Kommission im August per Brief auf, gegen das aus ihrer Sicht europarechtswidrige Verfahren Ungarns vorzugehen. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), kündigte am Donnerstag im Europaausschuss des Bundestages an, sich auch bei der neuen Kommission dafür einzusetzen.
Dabei hatten Vertreter des Ostausschusses und der Wirtschaftskammer Österreich im Februar in Brüssel vorgesprochen. Sie trugen unter anderem Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager und Justizkommissar Didier Reynders ihre Sorgen vor. In der Bundesregierung hat sich vor allem Brantner des Themas angenommen. Allerdings ohne bislang viel zu bewirken.
Deutsche und europäische Unternehmen würden von den ungarischen Behörden in den genannten Sektoren weiterhin “systematisch diskriminiert”, kritisiert Haußmann. Die Behörden belegten die Firmen mit Sondersteuern, verweigerten Genehmigungen oder traktierten sie mit willkürlichen Kontrollen. “Die betroffenen Unternehmen schreiben dadurch rote Zahlen und werden dann gedrängt zu verkaufen, häufig an Geschäftsleute mit engen Verbindungen zur Regierung.“
Einige Beispiele:
Im Sommer kündigte Orbáns Stabschef Gergely Gulyas zudem eine “Verteidigungssteuer” an, die übermäßige Gewinne etwa von Banken, Energieunternehmen und multinationalen Unternehmen abschöpfen soll. Die konkrete Ausgestaltung ist unklar, schürt aber Befürchtungen bei den europäischen Unternehmen vor Ort.
Die betroffenen Firmen selbst reden selten öffentlich über die Schikanen – “aus Sorge vor weiteren Repressalien”, sagt Haußmann. Lediglich Spar-Chef Hans Reisch entschied sich für die Flucht nach vorne: Er legte im Frühjahr bei der EU-Kommission Beschwerde ein und sagt in Interviews, Orbán habe durchblicken lassen, dass die Geschäfte leichter liefen, wenn der Staat einen Anteil an dem Unternehmen erhalte. Spar klagte auch vor dem Gericht in Szeged gegen eine Strafe wegen Verstoßes gegen die Preis- und Mengenvorgaben – und erhielt gestern Recht vor dem Europäischen Gerichtshof.
Andere Firmen scheuen aber den Weg der Klage wegen langer Verfahrensdauern vor nationalen oder europäischen Gerichten, schreibt York Albrecht vom Institut für Europäische Politik in einer neuen Studie. In Ungarn zu beobachten sei ein “systematischer Abbau von fairem wirtschaftlichem Wettbewerb, der die Grundlage des europäischen Binnenmarktes bildet”. Gegen die illiberalen Methoden versage das bisherige EU-Instrumentarium. Daher “besteht im Binnenmarkt de facto eine Schutzlücke für die Sicherheit von Investitionen”, so die Studie.
Die EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier (CSU), Mitglied im Haushaltskontrollausschuss, kritisiert die Kommission: “Ich bedauere sehr, dass unter Frau Vestager und Herrn Breton die wettbewerbsrechtlichen Fragen mit den Preiskappungen und Sondersteuern nie richtig beleuchtet wurden”. Zudem gehörten die Themen in die jährlichen Rechtsstaatsberichte: “Wenn ein Land die grundlegenden Regeln des Binnenmarktes bricht und sich europäische Unternehmen nicht mehr frei ansiedeln können beziehungsweise systematisch schikaniert werden, müsste dies doch ein Kernbereich sein”.
Ursula von der Leyen habe in den politischen Leitlinien angekündigt, die Binnenmarktdimension in den Rechtsstaatsbericht aufzunehmen, heißt es bei der Kommission. Dies insbesondere mit Blick auf KMUs, die grenzüberschreitend tätig seien.
Der grüne EU-Abgeordnete Daniel Freund sieht ein Problem im Silodenken der Kommission. Justizkommissar Reynders kümmere sich um die Unabhängigkeit der Gerichte, andere Kommissare schauten auf die korrekte Verwendung der Gelder aus den Strukturfonds, der ARF-Mittel oder auf Wettbewerbsfragen. Dabei fehle der Überblick, wie strategisch Viktor Orbán vorgehe, gerade bei Binnenmarktfragen. “Keiner schaut hin, wie Orbáns Spiel genau läuft und was man dem entgegensetzen könnte”, so Freund.
In Berlin und Brüssel wird vermutet, dass von der Leyen und Scholz bislang den offenen Konflikt mit Orbán scheuen, um Ungarns Premier nicht noch weiter in die Arme von Russland und China zu treiben. Budapest bemüht sich um chinesische Investoren, speziell in der Elektromobilität. Der Ministerpräsident kann zudem wichtige EU-Entscheidungen blockieren, etwa bei Sanktionen gegen Moskau.
Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses, hält solche Rücksichtnahmen für falsch. “Dass Orbán derzeit deutsche Unternehmen aus Ungarn verdrängt und stattdessen chinesischen Investoren den roten Teppich ausrollt, schadet ganz Europa”. Die Kommission müsse reagieren “und die Rechtsbrüche zügig sanktionieren”, fordert der Grünen-Politiker. Die EU solle zudem über strengere Regeln für derartige Investitionen auf der grünen Wiese sprechen.
Es hätte ein Auftritt werden können, bei dem Kamala Harris klar Farbe bekennt. Doch gerade einmal eine Minute und 44 Sekunden hat die US-Präsidentschaftskandidatin der Demokraten im TV-Duell beim Sender “ABC” mit ihrem republikanischen Kontrahenten Donald Trump über das Klima gesprochen. Und nur ein einziges Mal nannte die Vizepräsidentin den Inflation Reduction Act (IRA), das wohl wichtigste klimapolitische Gesetz der amtierenden US-Regierung. “Als Vizepräsidentin bin ich stolz darauf, dass wir in den vergangenen vier Jahren eine Billion Dollar in eine saubere Energiewirtschaft investiert haben”, sagte sie.
Mit klaren Forderungen zur Klimapolitik hält sich Harris bislang zurück. Auch beim TV-Duell blieb sie ihrem Publikum einen Ausblick darauf schuldig. Beobachter können deshalb nur mutmaßen, was ihre mögliche Präsidentschaft für eine nachhaltige Wirtschaft bedeutet. Ihren Fokus legt die 59-Jährige bislang auf andere Themen, etwa die hohen Lebenshaltungskosten und die Wohnungsnot in den USA. Schließlich treibt das die Amerikaner gegenwärtig am meisten um.
Selbst erfahrene Polit-Beobachter wagen sich derzeit kaum an Prognosen heran. “Harris hält sich da bewusst bedeckt”, sagte Johannes Thimm, leitender Amerika-Analyst bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), zu Table.Briefings. Über Details wolle er deshalb nicht spekulieren.
In der TV-Debatte nutzte Harris ihre Zeit vor allem, um sich gegen die Angriffe von Trump zu wehren. Sie betonte, dass im Rahmen des IRA auch neue Flächen fürs Fracking ausgewiesen worden seien. “Wir haben außerdem die heimische Gasproduktion auf ein Rekordniveau gebracht”, entgegnete sie auf Trumps Vorwurf, die fossilen Industrien zu zerstören. Experten in den USA vermuten, Harris’ Zurückhaltung könnte politisches Kalkül sein. Sie wolle ihrem Kontrahenten keine inhaltlichen Angriffspunkte geben, so die Lesart.
Das offizielle Wahlprogramm steht zumindest für klimapolitische Kontinuität. In den Ausführungen, die die Demokraten bei ihrem Parteitag in Chicago im vergangenen Monat verabschiedet hatten, war noch mehrmals von “Bidens zweiter Amtszeit” die Rede. Bob Inglis, Gründer der konservativen Klima-Initiative RepublicEn, sieht die Anreize aus dem IRA im Falle einer Wahl Harris’ auch deshalb als sicher an. “Klimamaßnahmen werden in einer Harris-Regierung mit Sicherheit ganz oben auf der Regierungsagenda stehen”, sagte der Republikaner und Trump-Gegner zu Table.Briefings.
Das wichtigste Klimagesetz der vergangenen Jahre ist schließlich überaus erfolgreich. Unter der Biden-Regierung haben private Unternehmen bislang rund 910 Milliarden US-Dollar an privaten Investitionen in Zukunftsindustrien angekündigt, wie das Weiße Haus vor wenigen Tagen mitteilte. Davon profitieren vor allem jene Branchen, die für die massiven Steuererleichterungen aus dem IRA infrage kommen. Fast die Hälfte der Mittel soll in die Halbleiter- und Elektronikproduktion fließen, weitere 177 Milliarden Dollar in die Elektroauto- und Batterieherstellung.
Matt Piotrowski geht davon aus, dass die bisherige Vizepräsidentin den Kampf gegen den Klimawandel noch verstärken dürfte. “Harris’ bisherige Haltung zum Klimawandel lässt darauf schließen, dass sie wahrscheinlich progressiver sein wird als Präsident Biden“, schreibt der leitende Direktor für Politik und Forschung beim Washingtoner Beratungsunternehmen Climate Advisers in einem Beitrag. Sie könnte strenger gegenüber der fossilen Brennstoffindustrie sein als ihr Vorgänger.
Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien habe Harris mehrfach rechtliche Schritte gegen große Ölgesellschaften eingeleitet und damit ihre entschlossene Haltung unter Beweis gestellt, schreibt Piotrowski. Und nicht zuletzt forderte sie während ihrer Präsidentschaftsbewerbung vor vier Jahren eine CO₂ -Steuer und zehn Billionen Dollar an Klimaausgaben. Ihr Ziel war eine klimaneutrale Wirtschaft bis zum Jahr 2045.
Daneben sprechen ihre jüngsten Entscheidungen für sich: Mit Tim Walz, dem Gouverneur von Minnesota, hat sich Harris einen besonders klimafreundlichen Vizekandidaten ins Team geholt. Bis zum Jahr 2040 will sein Bundesstaat vollständig auf kohlenstofffreien Strom umstellen. Im vergangenen Jahr hatte Walz ein entsprechendes Gesetz unterzeichnet.
Diese Haltung könnte sich auch noch nachträglich im IRA niederschlagen. “Eine abermalige demokratische Administration wird noch in beträchtlichem Umfang Maßnahmen nachlegen müssen, um das aktuelle Klimaziel für 2030 zu erreichen”, schreibt SWP-Analystin Sonja Thielges in einer aktuellen Analyse. Einige Regulierungen dafür seien schon in Arbeit, so etwa Leitlinien für IRA-Steuererleichterungen für sauberen Strom und Wasserstoff. Thielges erwartet, dass diese Arbeit unter Harris fortgeführt werde. Daneben sind auch andere Vorgaben schon in Planung, auf die Harris dann Einfluss nehmen könnte – so etwa die Festsetzung von Emissionsgrenzen für bereits bestehende Gaskraftwerke.
Eine Abkehr vom IRA erscheint ohnehin schwer, wie Thielges in ihrer Analyse aufzeigt. “Um ein Gesetz zu streichen, braucht es ein neues Gesetzesverfahren und in aller Regel eine Mehrheit von 60 Stimmen im US-Senat”, schreibt sie. Nicht einmal eine republikanische Mehrheit könnte also den IRA gefährden. Denn laut den aktuellen Prognosen würde das Ergebnis knapp ausfallen, betont Thielges. Hinzu kommt: “Der Großteil der Gelder aus dem Gesetz fließt an republikanische Staaten, auch wenn diese allesamt gegen den IRA gestimmt haben.” Die Staaten, so die Expertin, könnten daher für eine gewisse Stabilität bei der US-Klimapolitik sorgen. Schließlich findet das Subventionsprogramm parteiübergreifend Anhänger.
Bob Inglis von RepublicEn sieht deshalb gerade im IRA eine Chance für Harris. Sie werde mit ihrer Klimapolitik dann Erfolg haben, wenn sie die Polarisierung beim Thema Klima durchbrechen könne, sagte er. Das könne ihr gelingen, indem sie echte Konservative bei der Suche nach Lösungen willkommen heißt. Ein erstes Zugeständnis scheint Harris den Republikanern vor wenigen Wochen bereits gemacht zu haben. Als Präsidentschaftsbewerberin vor vier Jahren hatte die Demokratin noch versprochen, im Falle einer Wahl das Fracking landesweit zu verbieten. In einem Interview mit dem US-Sender CNN hatte Harris ihre Meinung geändert. Sie habe erkannt, dass “wir wachsen und eine saubere Energiewirtschaft aufbauen können, ohne Fracking zu verbieten”. Laurin Meyer
16.09.-17.09.2024
Informelle Ministertagung Forschung
Themen: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Forschung und Innovation, Überwindung der Fragmentierung des EFR. Infos
16.09.2024 – 19.09.2024
Plenarsitzung des EU-Parlaments
Themen:
– Montag: Wiederaufnahme der Sitzungsperiode und Arbeitsplan.
– Dienstag: Aussprache über außenpolitische Fragen
– Mittwoch: Aussprache zur Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des ungarischen Ratsvorsitzes, Aussprache zum EU-Haushalt 2025, Aussprachen zu den Fällen von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
– Donnerstag: Große Anfragen
Vorläufige Tagesordnung
16.09.2024 – 19:00-21:00 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Dialog über Aufbau und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen) und mit Paolo Gentiloni (Mitglied der Kommission mit Zuständigkeit für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
17.09.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Überarbeitung der Empfehlung des Rates über rauchfreie Zonen. Vorläufige Tagesordnung
19.09.-20.09.2024
Informelle Ministertagung Verkehr
Themen: Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des EU-Verkehrssektors, Künftige Finanzierungsmöglichkeiten im Verkehrsbereich, Maßnahmen und Strategien zum Aufbau eines Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes, Verbesserung der Verbindungen zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Infos
Im Mai hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir an die EU-Kommission appelliert, die europäische Anti-Entwaldungsverordnung (EUDR) anzupassen, bevor diese Ende Dezember greifen soll. Passiert ist seither wenig. Mit einem Schreiben im Namen der Bundesregierung an den exekutiven Vizepräsidenten der Europäischen Kommission und kommissarischen Umweltkommissar, Maroš Šefčovič, hat Özdemir seiner Forderung nach Aufschub der EUDR-Umsetzung deshalb nun Nachdruck verliehen.
Özdemir fordert in dem Schreiben, das Table.Briefings vorliegt, den Anwendungsstart der EUDR “dringend” um ein halbes Jahr zu verschieben – vom 30. Dezember 2024 auf den 1. Juli 2025. Vier Monate vor dem planmäßigen Start fehlten wichtige Umsetzungselemente wie die Einstufung Deutschlands als Land mit geringem Entwaldungsrisiko, schreibt Özdemir.
“Die EU-Kommission muss endlich aus der Sommerpause kommen und Klarheit schaffen”, so der Grünen-Politiker weiter. Die Voraussetzungen für eine angemessene Vorbereitung der Wirtschaft und eine effiziente nationale Anwendung müssten unverzüglich geschaffen werden. Die Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft bräuchten ausreichend Zeit, um sich vorzubereiten. “Sonst drohen Lieferketten zum Ende des Jahres zu reißen – zum Schaden der deutschen und europäischen Wirtschaft, der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Drittstaaten sowie der Verbraucherinnen und Verbraucher”, mahnt Özdemir.
Das Ziel der EUDR, den notwendigen globalen Waldschutz zu stärken, stehe zwar außer Frage, die Umsetzung müsse aber praktikabel, bürokratiearm und reibungslos funktionieren, fordert der Bundeslandwirtschaftsminister. “Die EU-Kommission kann hier alle Voraussetzungen im Alleingang schaffen, ohne die EUDR neu zu verhandeln.”
Deutschland ist derweil nicht das einzige Land, dessen Regierung sich mit Blick auf den baldigen Anwendungsstart der EUDR an die EU-Kommission richtet. Erst am Dienstag hatten Mitglieder der brasilianischen Regierung Vertreter der EU-Kommission in einem Brief dazu aufgefordert, die Bestimmungen der EUDR nicht wie geplant Ende des Jahres umzusetzen, sondern zu überarbeiten, um brasilianische Exporte nicht zu gefährden.
Gemäß der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, so der volle Titel, sollen Unternehmen die Vorschriften eigentlich ab dem 30. Dezember 2024 anwenden, kleinere Unternehmen ab Ende Juni 2025. Dann dürfen sie Einfuhren bestimmter Produkte – unter anderem Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz – nur in der EU verkaufen, wenn die Lieferanten eine Sorgfaltserklärung eingereicht haben. Diese bestätigt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt, und dass bei seiner Herstellung die lokale Gesetzgebung eingehalten wurde.
Kritik, der zufolge die Kommission wichtige Grundlagen für die Umsetzung der EUDR noch nicht vorgelegt habe – etwa bestimmte Leitlinien und das Länder-Benchmarking – war zuletzt von vielen Seiten zu vernehmen. Mit dem Länder-Benchmarking will die Kommission jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweisen.
Auf dieser Basis gelten dann bestimmte Kontrollquoten für die einzelnen Produktgruppen: Die nationalen Behörden müssen pro Produktgruppe jeweils ein Prozent der Marktteilnehmer kontrollieren, die aus Ländern mit niedrigem Risiko importieren, drei Prozent bei Ländern mit Standardrisiko und neun Prozent bei Ländern mit hohem Risiko. heu
Showdown bei den E-Auto-Zusatzzöllen: Chinas Handelsminister Wang Wentao wird in der kommenden Woche Brüssel besuchen. Wang werde am kommenden Donnerstag EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis treffen, um über die Zölle zu sprechen, teilte das chinesische Handelsministerium am Donnerstag mit.
Ob die Zusatzzölle auf chinesische E-Autos ab November für fünf Jahre gelten sollen, wird in den kommenden Wochen entschieden – indes wird die Kluft zwischen den EU-Staaten deutlicher. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sprach sich bei seinem Besuch in Peking diese Woche gegen die Zölle aus. Bundeskanzler Olaf Scholz ließ verlauten, dass er sich ebenfalls in diese Richtung bewegen möchte.
Bei der bevorstehenden verbindlichen Abstimmung im EU-Rat müssten 15 der 27 Mitgliedsregierungen, die 65 Prozent der Bevölkerung ausmachen, gegen die Zölle stimmen, damit sie nicht wie vorgesehen für fünf Jahre in Kraft treten. In einer vorläufigen Abstimmung im Juli hatte Spanien noch für die Zölle gestimmt – die spätere Androhung Pekings, Anti-Dumping-Zölle auf Schweinefleisch zu erheben, konnte bei Spanien, dem größten Produzenten der EU, aber offenbar Wirkung zeigen.
Deutschland enthielt sich, ebenso wie mehrere andere Mitgliedstaaten. Ob Spanien tatsächlich gegen die Zölle stimmt, muss man abwarten. Sollte dies aber der Fall sein, sei es immer noch ein weiter Weg, bis die Zölle gestoppt werden, lautet die Einschätzung im Rat. Mehrere bevölkerungsreiche Mitgliedstaaten müssten dafür in das Lager der Gegner von den Zöllen wechseln. ari/mgr
Beim Treffen der Digitalminister der G20 in Brasilien, haben sich die Minister vorgenommen, digitale Ungleichheiten zu verringern und die Integrität von Informationen zu schützen. Eine entsprechende Erklärung, die Table.Breifings vorab vorlag, wollen sie am heutigen Freitag in Maceió unterzeichnen. Für die EU-Kommission nimmt Renate Nikolay an dem Ministertreffen teil, stellvertretende Generaldirektorin für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien (DG Connect).
Bundesdigitalminister Volker Wissing fordert einen wertebasierten Ansatz zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) und der Internet-Governance. “Unser Ziel ist ein freies, offenes und sicheres Internet ohne Zensur. Künstliche Intelligenz darf nicht zur Manipulation von Menschen und Meinungen genutzt werden“, erklärte Wissing.
Die Minister betonten, dass eine gerechte und inklusive digitale Transformation entscheidend ist, um weltweite Ungleichheiten zu reduzieren. Sie einigten sich darauf, innovative Finanzierungsmechanismen und kreative Strategien zu entwickeln, um die digitale Infrastruktur zu stärken. Dabei sollen die spezifischen Bedürfnisse der unverbundenen und unterversorgten Bevölkerungsgruppen besonders berücksichtigt werden. “Wir unterstützen den brasilianischen Vorstoß, den Einsatz von KI gezielt in Ländern des globalen Südens zu fördern, um Herausforderungen wie Gesundheitsversorgung, Ernährung und Bildung zu verbessern”, sagte Wissing weiter.
Weitere Beschlüsse der Minister:
Die Beschlüsse sollen dazu beitragen, dass die digitale Transformation weltweit fairer gestaltet wird und mehr Menschen von den Möglichkeiten der Digitalisierung profitieren. vis
GAP-Direktzahlungen vorrangig an die sozio-ökonomisch bedürftigsten Betriebe zu vergeben, wie es der Strategiedialog Landwirtschaft vorschlägt, hält der Co-Direktor von Agora Agrar, Harald Grethe, nicht für sinnvoll. In einer neuen Studie zur Rolle der Landwirtschaft in einer klimaneutralen EU spricht sich der Thinktank stattdessen dafür aus, die Agrarsubventionen vollständig an Gemeinwohlleistungen zu binden.
“Direktzahlungen sind nicht geeignet, um bedürftige Haushalte sozialpolitisch aufzufangen“, meint Grethe dazu bei der Studienvorstellung. Hierzu gebe es sozialpolitische Instrumente in den einzelnen Mitgliedstaaten. “Wir haben auch die Daten nicht, um zu messen, wer bedürftig ist“, gibt er zu bedenken. So gebe die Größe eines Betriebs nicht automatisch Aufschluss über dessen wirtschaftliche Situation.
Aber auch in einer auf Gemeinwohlleistungen ausgerichteten GAP, wie sie sich Agora Agrar vorstellt, könne in manchen Fällen der Erhalt kleiner Betriebe subventioniert werden. In manchen EU-Ländern mit besonders vielen sehr kleinen Betrieben böten diese eine große Zahl von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum, die andere Sektoren nicht sofort auffangen könnten, erläutert der Agrarwissenschaftler. Hier sei es eine Gemeinwohlleistung, den Strukturwandel abzufangen.
Dabei gehe es aber nicht, wie im Vorschlag des Strategiedialogs, um die individuelle Bedürftigkeit der Betriebe. Eine solche Situation gebe es zudem nicht hierzulande, sondern zum Beispiel in Rumänien. “In Deutschland gibt es keinen Grund, per se kleine Betriebe zu fördern“, so Grethe.
Die Studie geht derweil davon aus, dass in der Landwirtschaft eine deutliche Emissionsminderung möglich ist: 60 Prozent bis Mitte des Jahrhunderts. Bisher stagniert der Treibhausgasausstoß des Sektors seit Jahrzehnten. Eine Option sei, die Landwirtschaft in den europäischen Emissionshandel einzubeziehen, erklärt Co-Direktorin Christine Chemnitz.
“Einnahmen aus dem Emissionshandel könnten dann genutzt werden, um CO₂-Entnahmen zu entlohnen“, schlägt sie vor. Davor, negative Emissionen, zum Beispiel durch die Gehölze auf landwirtschaftlichen Flächen, wie Hecken oder schnell wachsende Baumarten, direkt in den Emissionshandel einzubeziehen, warnt die Agrarökonomin dagegen. Denn sonst könnten Unternehmen den Ausstoß von Treibhausgasen durch Negativemissionen ausgleichen, die als naturbasierte Lösungen oft nicht dauerhaft wirksam seien. jd
Der scheidende Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg soll neuer Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) werden. Das berichteten am Donnerstag zunächst das Nachrichtenportal Politico und das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND); auch Table.Briefings gegenüber wurde die Personalie bestätigt. Demnach soll der amtierende MSC-Vorsitzende Christoph Heusgen die Konferenz kommenden Februar zum letzten Mal leiten.
Auf X schrieb die MSC am Donnerstagabend: “Bezüglich der aktuellen Medienberichterstattung über die Position des MSC-Vorsitzenden möchten wir Sie darauf hinweisen, dass die Münchner Sicherheitskonferenz Entscheidungen über Personal- und Vorstandsangelegenheiten erst dann öffentlich kommentiert, wenn wir etwas zu verkünden haben. Bitte bleiben Sie auf dem Laufenden.”
Christoph Heusgen, früherer Spitzendiplomat und langjähriger Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), hat den Posten an der Spitze der MSC erst 2022 von Wolfgang Ischinger übernommen. Mit dem Norweger Stoltenberg hätte erstmals kein Deutscher den Vorsitz der wichtigsten sicherheitspolitischen Konferenz in Europa inne, die 1963 als Internationale Wehrkunde-Begegnung gegründet und bis 1993 als Münchner Wehrkunde-Tagung fortgeführt worden war. “Fehlendes Charisma”, um die Konferenz nach Außen zu vertreten, sollen mit dem Machtkampf an der Spitze der MSC Vertraute als entscheidenden Grund für die bevorstehende Ablösung Heusgens genannt haben.
Freiwillig will Heusgen seinen Posten allerdings nicht räumen, wie Table.Briefings aus MSC-Kreisen erfuhr. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll der Stiftungsrat nun in einer Sitzung am 25. September über den MSC-Chefposten entscheiden, nachdem Heusgen Widerspruch gegen eine von Ischinger bereits am Samstag geplante Abstimmung eingelegt hatte. Im Umlaufverfahren hatte sich bereits eine Mehrheit des achtköpfigen Sitzungsrats für Stoltenberg ausgesprochen.
Der ehemalige Merkel-Berater sei unter anderem mit Interviews “angeeckt” und “einigen Leuten auf die Nerven gegangen”, heißt es. So hatte Heusgen das israelische Vorgehen im Gazastreifen kritisiert und sich in einem ZDF-Interview hinter UN-Generalsekretär António Guterres gestellt, der Israel eine “erdrückende Besatzung” vorgeworfen und gesagt hatte, die blutigen Angriffe der Terrormiliz Hamas auf Israel am 7. Oktober hätten “nicht im luftleeren Raum” stattgefunden.
Israels Regierung zeigte sich daraufhin empört. Intern sollen führende Vertreter der israelischen Regierung die Ablösung Heusgens gefordert haben. Die Bundesregierung unterstützt die Konferenz mit jährlich mehr als einer Million Euro. Im Stiftungsrat, in dem die Bundesregierung durch Kanzleramts-Chef Wolfgang Schmidt vertreten wird, wuchs der Widerstand. Präsident des Gremiums ist der langjährige Vorsitzende Ischinger. Auch die Bundesregierung wurde von Heusgen wegen ihrer angeblich zu geringen Verteidigungsausgaben immer wieder öffentlich kritisiert. Gegenüber Mitgliedern des Gremiums soll der scheidende Nato-Chef Stoltenberg im Sommer am Rande des Nato-Gipfels angedeutet haben, dass er sich ein Engagement bei der MSC vorstellen könne. Diese Chance, einen früheren Regierungschef und Nato-Generalsekretär zu holen, dürfe man sich nicht entgehen lassen, hieß es.
Nur Helga Maria Schmid soll sich im achtköpfigen Stiftungsrat nach Table.Briefings-Informationen enthalten haben, als es um den Personalwechsel ging; die Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gilt als Vertraute Heusgens. Das Angebot Ischingers, in den prominent besetzten Beraterkreis der MSC, das Advisory Council, zu wechseln, soll Heusgen abgelehnt haben.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz, zu dem der Merkel-Mann Heusgen nicht gerade das beste Verhältnis hat, soll in den Personalwechsel eingebunden gewesen sein. Heusgen hatte bei der vergangenen Konferenz den globalen Süden in den Fokus gerückt, aber auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris geholt. Mit Stoltenberg dürfte der transatlantische Fokus der Konferenz noch stärker werden. Heusgen und Ischinger wollten keinen Kommentar abgeben.
Der 69 Jahre alte Heusgen pochte im Krieg Russlands gegen die Ukraine früh darauf, Verhandlungen zu führen und zu einer Lösung nach dem Vorbild des Minsker Abkommens zu kommen. Vor allem in US-amerikanischen Kreisen galt Heusgen unter anderem aufgrund dieser Herangehensweise nicht als ideale Besetzung. Mit Stoltenberg, so die Hoffnung, bekäme die Münchner Sicherheitskonferenz jemanden, der die Dringlichkeit und das Verständnis für den Konflikt mitbrächte, und die MSC zu einem Forum ausbauen könnte, auf dem verbindliche Abkommen geschlossen werden könnten. Bislang dient die MSC als Dialogplattform für informelle Gespräche von hochrangigen Politikern und Experten.
Stoltenberg übergibt sein Amt als Nato-Generalsekretär am 1. Oktober an den früheren niederländischen Regierungschef Mark Rutte. Der Norweger steht seit zehn Jahren an der Spitze des westlichen Verteidigungsbündnisses; von 2000 bis 2001 sowie von 2005 bis 2013 war norwegischer Ministerpräsident. Dabei hatte er sein Land 2011 auch durch die schwierige Zeit nach den Anschlägen im Osloer Regierungsviertel und auf der Insel Utøya geführt, bei denen der Rechtsterrorist Anders Behring Breivik insgesamt 77 Menschen tötete. brö/tw
Wenn sich Wirtschaftsbosse über die Ampel-Regierung äußern, schwankte die Tonlage zuletzt meist zwischen kritisch und empört. Umso überraschter dürfte Olaf Scholz am Donnerstag nach seinem Auftritt beim “Chemie und Pharma Summit” in Berlin gewesen sein. Er erhielt nicht nur viel Applaus aus der Branche, sondern auch uneingeschränktes Lob von Markus Steilemann, dem Präsidenten des ausrichtenden Chemieverbands VCI.
Sonst sei er zwar dafür bekannt, ein kritisches Wort zu pflegen, sagte Steilemann. Aber: “Heute ist einfach mal der Tag zu sagen: Vielen Dank”. Scholz sei “mit so vielen guten Botschaften im Gepäck” gekommen, dass er an den Kanzler “nicht weitere Forderungen stellen” wolle. Auch über den Standort äußerte sich der VCI-Chef überraschend positiv. In der Chemiebranche sei Deutschland “nach wie vor in der Weltspitze”, sagte Steilemann; die “Innovationskraft” sei “gigantisch hoch”.
Tatsächlich hat Scholz viele Wünsche der Branche erfüllt. Wie von Table.Briefings vorab berichtet, kündigte er in seiner Rede an, dass sich die Bundesregierung in der EU gegen ein “undifferenziertes Totalverbot” der Chemikaliengruppe PFAS einsetzen werde. “Dort, wo es noch keine Alternativen gibt und wo der Nutzen überwiegt, muss ihr Einsatz möglich bleiben”, sagte der Kanzler.
Auch bei der Chemikalienrichtlinie REACH plädierte er “für eine praktikable und ausgewogene Regulierung”; sonstige EU-Richtlinien sollen künftig nur noch “eins zu eins umgesetzt” und neue Freihandelsabkommen in Angriff genommen werden. Bei den Netzentgelten stellte sich Scholz gegen einen aktuellen Vorschlag der Bundesnetzagentur, der höhere Kosten für Unternehmen mit unflexiblem Stromverbrauch bedeuten würde. mkr
Die Kommission untersucht mutmaßliche wettbewerbswidrige Staatshilfen für die Rennstrecke Nürburgring. Damit reagiert die Kommission auf eine Gerichtsentscheidung von 2021. Der Europäische Gerichtshof hatte damals entschieden, dass die Kommission neu prüfen muss, ob der 2014 erfolgte Verkauf des Nürburgrings mit der Gewährung einer staatlichen Beihilfe verbunden war. Die Kommission hatte nach Ansicht des höchsten EU-Gerichts nicht ausreichend untersucht, ob die einst staatliche Anlage zu Unrecht günstiger als möglich verkauft wurde.
Der Autozulieferer Capricorn hatte 2014 für rund 77 Millionen Euro den Zuschlag für die legendäre Rennstrecke in der Eifel erhalten, in deren Ausbau mitsamt einem neuen Freizeitpark das Land Rheinland-Pfalz fast eine halbe Milliarde Euro gesteckt hatte. Nach Auffassung des EuGH hat es aber “Anlass zu Bedenken” gegeben, die die EU-Kommission hätten veranlassen müssen, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten.
Das will die Kommission jetzt nochmals genau untersuchen. Es geht um die Frage, ob etwa Capricorn durch das Ausschreibungsverfahren einen Vorteil hatte. Alle Beteiligten können sich zu dem Verfahren äußern. Die Kommission betont, dass die Prüfung ergebnisoffen geführt werde. dpa
Die Haushaltsnöte der Berliner Ampel haben Folgen für die Deutsche Schule in Brüssel. Die Auslandsschule mit Exzellenzstatus wird von vielen Kindern von EU-Diplomaten und Abgeordneten besucht. Am Mittwoch lief eine Mail in den Postfächern der Eltern ein, die so beginnt: “Der Haushalt der deutschen Bundesregierung beschäftigt seit Wochen Politik, Medien und direkt Betroffene in Deutschland.” Die beschlossenen Kürzungen beträfen auch das Auswärtige Amt, das für die Auslandsschulen zuständig ist. “Vor diesem Hintergrund wurde uns von den deutschen Behörden mitgeteilt, dass der geplante Neubau nicht stattfinden wird.”
Stattdessen werde eine Renovierung des bestehenden Baus aus den 70er Jahren angestrebt. “Zur Klärung der Machbarkeit und Kostenstruktur dieser Neuorientierung wird das Auswärtige Amt als ersten Schritt eine Studie lancieren.” Manche Schüler dürften erleichtert sein. Im Falle eines Neubaus hätten sie vermutlich den Rest ihrer Schulzeit in Provisorien lernen müssen. Klar ist aber auch: Die Entscheidung aus Berlin vernichtet viel Geld. Architekten wurden beauftragt, den Neubau zu planen. Alle warteten nur noch auf den Baustart. Der Schaden dürfte einen sechs- bis siebenstelligen Euro-Betrag ausmachen. mgr