das laufende Mandat von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht unter der informellen Überschrift: dafür sorgen, dass Europa sein Klimaziel von minus 55 Prozent CO₂ im Jahr 2030 einhält. Noch ringen Parlament und Mitgliedstaaten bei einzelnen Dossiers um Details, während andere Vorhaben des Fit-for-55-Pakets schon abgehakt sind. Doch schon jetzt schielt die Behörde darauf, wie das nächste Klimaziel 2040, also zehn Jahre später, ausfallen könnte. Mein Kollege Lukas Scheid berichtet von Überlegungen, dabei auch negative Emissionen beim ETS zu berücksichtigen.
In Europa wird der jüngst erzielte Kompromiss zu der Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten gefeiert. Er soll dazu beitragen, dass die letzten Regenwälder im Kongo- und Amazonasbecken nicht für den Konsum der Europäer abgeholzt werden. Doch vor Ort, etwa in der Demokratischen Republik Kongo, gibt es Bedenken: Ausgerechnet Kleinbauern, die Kakao- und Kaffee im Primärregenwald anbauen, könnten den komplexen Dokumentationspflichten der EU nicht gewachsen sein. Sie könnten wirtschaftlich zu Opfern der EU-Regulierung werden. Das analysiert Jonas Gerding im Rahmen unserer Serie “Reguliert Europa die Welt?”
Die Reform des europäischen Strommarkts ist morgen das Thema eines digitalen Events von Table.Media bei den Berliner Energietagen. Am 3. Mai diskutiert unser Redakteur Manuel Berkel von 14 bis 15 Uhr mit Experten aus dem Binnenmarkt-Referat der Generaldirektion Energie der EU-Kommission, dem BDEW und dem DIW Berlin. Um die Position Frankreichs geht es in einem einführenden Vortrag des deutsch-französischen Büros für die Energiewende, das auch Partner der Veranstaltung ist. Zur Anmeldung für das Online-Event geht es hier. Einen guten Start in die Woche wünscht
Viel Marktwirtschaft, etwas Ordnungsrecht und ganz viel Hoffnung auf Innovation stecken im Fit-for-55-Paket, das den Weg zum EU-Klimaziel 2030 ebnen soll. Die Reform des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) und die Einführung des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM sind die großen marktwirtschaftlichen Instrumente des Klimaschutzpakets und das Herz des Green Deals. Am Dienstag hat der Rat die ETS-Reform und den CBAM final angenommen. Die beiden Gesetze können nun im Amtsblatt veröffentlicht werden und in Kraft treten. Die CO₂-Flottenziele für Pkw und der Hochlauf der EU-weiten Ladeinfrastruktur (AFIR) sind ordnungsrechtliche Maßnahmen, und die Effizienzvorgaben in der Batterieverordnung setzen vor allem auf technologische Weiterentwicklung in der Zukunft.
Doch kaum sind die wesentlichen Teile des Pakets in Gesetzestext gegossen, stellt sich die Frage nach dem nächsten Ziel und welche Instrumente sich dafür eignen. Liegt es für 2030 bei einer CO₂-Reduktion von rund 55 Prozent, könnte es 2040 bei bis zu 90 Prozent liegen. Die Kommission hat die Beratungen zum Ziel und die erforderlichen Maßnahmen bereits begonnen. Im Frühjahr 2024 soll Folgenabschätzung veröffentlicht werden, voraussichtlich 2026 soll der Gesetzesvorschlag für das neue Klimaziel folgen.
Eine wesentliche Frage, die die Kommission in ihrer Ankündigung aufwirft, ist die Rolle von CO₂-Entnahmen für das Klimaziel 2040. Aus den Reihen der EVP ist die Forderung eindeutig: negative Emissionen müssen in den Emissionshandel integriert werden. ETS-Berichterstatter Peter Liese wollte das sogar schon in der aktuellen Reform verankern, denn ohne Carbon-Removal-Technologien seien die ambitionierten Klimaziele kaum zu erreichen. Liese konnte sich nicht durchsetzen. Und die Diskussionen dürften mit dem nächsten Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050 nicht einfacher werden, denn der Widerstand ist ungebrochen.
Michael Bloss, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament und bisheriger ETS-Schattenberichterstatter, befürchtet ein Aufweichen des Klimaschutzes, sollten Negativemissionen im ETS zu Geld gemacht werden können. Das ETS sei keine Gelddruckmaschine für die Wirtschaft. “Die feste Deckelung der Emissionen im ETS soll für CO₂-Reduktionen sorgen.” Sonst sei das ETS wertlos und man solle besser eine CO₂-Steuer einführen, so Bloss.
Liese argumentiert, dass die Nachfrage nach Negativemissionen steigen würde, wenn Unternehmen sie nutzen könnten, um ihre Klimaziele zu erreichen. Investitionen in Technologien wie Direct Air Capture (DAC) und der langfristigen Speicherung von CO₂ (Carbon Capture and Storage, CCS) sowie der Speicherung in Produkten (Carbon Capture and Utilization, CCU) könnten dadurch massiv zunehmen und sie profitabel machen. “Wie wollen wir negative Emissionen im großen Stil in 20 Jahren erreichen, wenn wir die Technologie nicht jetzt verbessern”, fragt Liese.
Das möge betriebswirtschaftlich zwar stimmen, sagt Anne Gläser, CO₂-Preis-Expertin bei Germanwatch, doch aus Klimaschutz-Sicht müssen CO₂-Reduktionen Vorrang haben. “Vor 2040 sollten wir keinen Schwerpunkt darauflegen, Ressourcen in die Entwicklung von Carbon-Removal-Technologien zu investieren, die uns dann bei Investitionen in Emissionsreduktion fehlen.”
Dass es diese Technologien braucht, um die Klimaziele zu erreichen, daran gibt es keinen Zweifel. Auch der Weltklimarat (IPCC) weist auf diese Möglichkeit explizit hin. So will auch Michael Bloss sie keineswegs verbieten, sondern sie nutzen, um nach 2050 die Emissionen von nicht dekarbonisierbaren Sektoren zu kompensieren. Doch die feste Deckelung der CO₂-Emissionen im ETS – das sogenannte Cap – deshalb aufzuweichen, hält er für den falschen Weg. Bloss argumentiert, es gehe nur um “drei Prozent der Bereiche, die nicht vollständig dekarbonisierbar sind”.
Auch Liese will das Cap zumindest kurzfristig nicht aufweichen. Doch der CDU-Politiker führt an, dass man schon lange vor 2040 Anreize für CO₂-Entnahmen setzen müsse, wenn Deutschland 2045 und Europa 2050 klimaneutral sein solle. “Gerade weil die Technologie im Moment noch sehr teuer und nicht marktreif ist, müssen wir schnell damit anfangen.”
Wichtig sei, dass man zwischen permanenten Removals, wie zum Beispiel der Herstellung von Ziegelsteinen aus abgeschiedenem Kohlenstoff oder der unterirdischen Lagerung von CO₂ auf der einen Seite und nicht-permanenten Removals auf der anderen Seite unterscheide. “Permanente Removals sollten vollständig anerkannt werden, bei den Nicht-Permanenten muss man natürlich einen Abzug machen.” Zu den nicht-permanenten Speicherungsmethoden zählt sowohl die Speicherung in chemischen Produkten als auch das Carbon Farming, also die Speicherung in Böden und Holz.
Michael Bloss zweifelt an der Wirksamkeit solcher Methoden und erinnert an den Clean Development Mechanism (CDM) aus dem Kyoto-Protokoll. Auch da hätten Unternehmen die Möglichkeit gehabt, Zertifikate für externe CO₂-Reduktionen oder CO₂-Vermeidungen zum Erreichen der eigenen Klimaziele einzukaufen. Das System gilt mittlerweile als gescheitert, da es nicht für die gewünschten Emissionsreduktionen gesorgt, dafür aber Greenwashing ermöglicht hat. Das Problem: Gespeichertes CO₂ wurde nicht langfristig gebunden, dennoch konnten Unternehmen ihre Emissionen damit zumindest auf dem Papier neutralisieren.
Zwar glaubt CO₂-Preis-Expertin Gläser, dass die EU aus den Fehlern des CDM gelernt hat. Man wisse inzwischen, dass man strengere Vorgaben für die Zertifizierung brauche. “Doch die Problematik, dass Carbon Removals im ETS die Anreize zum grünen Übergang verringern, wie es schon beim CDM der Fall war, besteht weiterhin”, kritisiert Gläser.
Christdemokrat Liese hat eine Idee für die Lösung des Problems. Sollten gespeicherte Mengen CO₂ durch unvorhersehbare Ereignisse, beispielsweise Waldbrände, früher als geplant wieder in die Atmosphäre gelangen, schlägt er ein Versicherungssystem vor. Ein ETS-Marktteilnehmer und Zertifikatekäufer bezahlt beim Bereitsteller von Carbon Removals einen höheren Betrag als für ein CO₂-Zertifikat im ETS üblich. Die Differenz würde in einen Versicherungsfonds gehen. Sollte das gebundene CO₂ früher als vorgesehen wieder in die Atmosphäre entweichen, würde die Versicherung die entsprechende Menge an CO₂-Zertifikaten wieder vom Markt wegkaufen. So könnten die Reduktionen garantiert werden, glaubt Liese.
Die Wissenschaft ist bislang noch zurückhaltend, inwieweit eine Integration von CO₂-Entnahmen ins ETS sinnvoll ist. Zwar halten die Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) eine Integration in naher Zukunft grundsätzlich für machbar. Carbon Farming und die permanente Speicherung in Produkten sollten dabei allerdings keine Rolle spielen, sondern lediglich die gelagerten Mengen an CO₂. Die PIK-Forscher weisen auch auf das Problem einer Angebotsunsicherheit im ETS durch die Abgabe von Negativemissionszertifikaten hin. Dies könne den Markt “destabilisieren und zu einer übermäßigen Preisvolatilität führen”.
Von einer neuen Art der Kolonialisierung spricht der kongolesische Kleinbauernvertreter Kambale Malembe angesichts der Verordnung der EU über entwaldungsfreie Lieferketten. Wer Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Soja, Holz und Vieh in die EU importiert, muss ab Herbst 2024 garantieren, dass am Herkunftsort für den Anbau der Pflanzen oder die Haltung des Viehs nicht vorher Wälder gerodet wurden. Verstöße werden bestraft. Die EU will damit gegen Firmen vorgehen, die im Amazonas und in Südostasien Wälder im großen Stil roden, um Platz für Plantagen und Rinderherden zu schaffen.
Vergangenen Mittwoch stimmte das EU-Parlament nach über drei Jahren Verhandlung für die Verordnung. Von einem “Game-Changer” sprach Delara Burkhardt, Chef-Verhandlerin der sozialdemokratischen Fraktion: “Mit der Verordnung gegen Entwaldung nehmen wir nun die Unternehmen in die Pflicht und machen deutlich: Wer unseren Planeten zerstört, darf mit uns keine Geschäfte machen”.
Rodungsrisiken bestehen auch in dem zweitgrößten Regenwald der Welt: dem Kongo-Becken, das sich über mehrere Länder im Zentrum Afrikas erstreckt. Etwa 60 Prozent davon liegen in der DR Kongo, wo in den vergangenen Jahren im Schnitt jährlich eine halbe Million Hektar Wald abgeholzt wurden. Der Hauptgrund: die Produktion von Mais, Maniok und Holzkohle für den lokalen Markt. Gleichzeitig können auf Flächen, die zunächst für den lokalen Bedarf genutzt werden, später auch Exportpflanzen angebaut werden.
Die EU erschwere mit der Verordnung Kleinbauern aus der DR Kongo den Zugang zum europäischen Markt, sagt Malembe, der als Programmleiter für die Nationale Konföderation der landwirtschaftlichen Produzenten des Landes arbeitet. Denn viele Kleinbauern seien nicht in der Lage, die Auflagen zu erfüllen, um ihre Waren in die EU exportieren zu können. Dazu zählt vor allem eine Dokumentation der Fläche per GPS-Daten. Betroffen sein dürften von der EU-Verordnung in dem Land vor allem Bauern, die Kaffee oder Kakao anpflanzen. Laut Eurostat exportiert die DR Kongo in die EU Kakao im Wert von 32 Millionen Euro und Kaffee im Wert von 28 Millionen Euro. Dies sind wichtige Wachstumszweige für ein Land, das auf dem 179. Rang der 191 Länder des Human Development Index steht.
Malembe betont, dass für den Kakaoanbau meist gar nicht gerodet werde. Er wird in der Regel zwischen Bäumen in bereits stark bewirtschafteten Wäldern angebaut. Um das zu belegen, müssen die Importeure allerlei Dokumente vorzeigen: insbesondere GPS-Daten der Produktionsfläche. Mit Satellitendaten können die Prüfstellen in Europa einsehen, ob vor Ort ab dem Stichtag zum Jahresende 2021 auch wirklich nicht gefällt wurde. Länder, in denen besonders viel gerodet wird, stuft die EU in die “Hochrisiko”-Kategorie ein. Waren aus solchen Staaten werden häufiger und strenger kontrolliert als die aus vermeintlich risikoarmen Regionen.
Die Klassifizierung der Länder steht noch aus. Alain Karsenty vermutet, dass die DR Kongo dazu gehören wird. Er ist Ökonom am französischen Forschungsinstitut CIRAD mit Fokus auf Landwirtschaft in Entwicklungsländern. “Viele der Importeure werden sich von den als ‘Hochrisiko’ klassifizierten Ländern abwenden oder mit den großen Firmen arbeiten“, erwartet er. Denn große Produzenten hätten am ehesten das Kapital und Knowhow, um vor Ort die Felder zu vermessen, die Informationen zu digitalisieren, Auskünfte über die Menschenrechtslage zu geben und all dies für die Kontrolleure aufzubereiten. “Die kleinen Produzenten, die einen Teil ihrer Produktion nach Europa liefern, sind aller Wahrscheinlichkeit nach die Hauptleidtragenden dieser Maßnahme“, sagt er.
Die Organisation Rainforest Alliance begleitet Kleinbauern dabei, Umwelt- und Sozialstandards umzusetzen. “Keine Waldrodung” gehört zu den Kernkriterien. Fanny Gauttier ist verantwortlich für Public Affairs in Brüssel. Grundsätzlich habe Rainforest Alliance die Gesetzgebung unterstützt, sagt sie, “aber wir setzen uns für eine bessere Berücksichtigung der Kleinbauern ein”. Die Organisation selbst verlangt von den Kleinbauern nur schrittweise Kontrollen, um sie nicht zu überfordern.
“Wir starten damit, dass für 10 Prozent der Flächen die GPS-Daten vorliegen müssen. Über die Jahre hinweg gibt es dann die Verpflichtung, das auszuweiten“, erklärt sie den pragmatischen Ansatz. Die EU-Verordnung verlangt hingegen, dass alles sogleich erfasst ist. Gauttier hält das für falsch. Spielraum sieht sie nun nur noch bei der Unterstützung für Kleinbauern, wie sie in der Gesetzgebung vage angekündigt ist. Die “Hochrisiko-Länder” sollen demnach Unterstützung bekommen, um Wälder zu schützen und nachhaltiger zu wirtschaften, heißt es im Gesetzestext, der auch auf Kleinbauern als Zielgruppe verweist. Viel klarer formuliert wird es allerdings nicht. “Wir tappen noch im Dunkeln“, sagt sie. Es fehle an Informationen zu Maßnahmen und Fördersummen.
Spätestens in fünf Jahren will die EU eine Prüfung vornehmen – im Hinblick auf den “Einfluss der Verordnung auf Landwirte, vor allem Kleinbauern, indigene Bevölkerungsgruppen und lokale Gemeinden”. Wenn nötig, erhalten sie dann zusätzliche Unterstützung.
Für viele Landwirte in der DR Kongo könnte das zu spät kommen, fürchtet Joseph Bobia, der nationale Koordinator des kongolesischen Netzwerks für Natürliche Ressourcen. Er kritisiert die “unilaterale” Vorgehensweise der EU. Aktuell arbeitet er mit Kollegen anderer Länder des Kongo-Beckens an einem Positionspapier zu der Verordnung.
“Unsere Produkteure warten auf den, der kommt und einkauft. Wer nicht möchte, der soll daheimbleiben“, sagt er schroff im Hinblick auf Importeure aus der EU. Er verweist auf China, das schon heute im großen Stil problematisches Tropenholz aus der DR Kongo einkauft.
Malembe, der Vertreter der kongolesischen Landwirte, fürchtet, dass es in der DR Kongo Betrug geben wird. Er hat Zweifel daran, ob ein so schwacher Staat prüfen wird, wenn große Unternehmen von allerlei kleinen Betrieben Güter zu Billigpreisen aufkaufen, vermischen und teuer exportieren. “Am Ende steht die Frage, ob wir einen Markt wollen, der sich auf zwei, drei zertifizierte Firmen beschränkt. Das ginge auf Kosten der vielen kleinen Produzenten.”
Der europäische Kampf gegen profithungrige Großunternehmen, die sich nicht um die Umwelt scheren, der hätte sich dann ins Gegenteil gekehrt. Jonas Gerding
Alle bisher erschienen Texte der Serie “Reguliert Europa die Welt?” lesen Sie hier.
03.05.-05.05.2023, online
Berliner Energietage, Konferenz Berliner Energietage 2023
Auf der Debattenplattform für die Energiewende- und Klimaszene tauschen eine Vielzahl an Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Gesellschaft, Wirtschaft, Architektur und Journalismus Know-How aus. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 10:00-18:30 Uhr, Berlin
BDI, Konferenz InnoNation Festival
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bietet ein Programm aus Impulsvorträgen, Paneldiskussionen und interaktiven Deep Dives rund um das Thema Innovationslandschaft in Deutschland. INFOS
03.05.2023 – 10:00-13:00 Uhr, online
ZIA, Seminar ESG und Taxonomie-Verordnung: Anforderungen an die Immobilienwirtschaft
Der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) stellt die rechtliche und politische Ausgangslage der EU-Taxonomie-Verordnung vor und erläutert die technischen Anforderungen an die Immobilienwirtschaft. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 13:00-14:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Freistaat Bayern, Podiumsdiskussion Sicherung der Biodiversität – Brüssel auf dem Holzweg?
Die Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union veranstaltet eine Podiumsdiskussion zum Thema Biodiversität. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 16:00-17:30 Uhr, Florenz (Italien)
EUI, Book Presentation Data at the Boundaries of European Law
The European University Institute (EUI) is launching its book which covers the major new pieces of EU legislation: the Data Governance Act, the Data Act and the AI Act. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 19:30 Uhr, Hamburg
Körber Stiftung, Diskussion Ukraine & Beyond – VERSUS: Brauchen wir eine allgemeine Dienstpflicht?
Die stellv. Leiterin des Politikressorts der Süddeutschen Zeitung diskutiert mit den Bundestagsabgeordneten Ria Schröder (FDP) und Johann Wadephul (CDU) die Frage nach einer allgemeinen Dienstpflicht. INFOS & ANMELDUNG
04.05.-06.05.2023, Florenz (Italien)
EUI, Conference The State of the Union 2023: Building Europe in times of uncertainty
The European University Institute (EUI) is hosting an annual summit for reflection on the European agenda which gathers leading academics, policy makers and journalists from various disciplines for in-depth analysis and discussion on the challenges and opportunities Europe is facing. INFOS
04.05.2023 – 09:30-13:00 Uhr, online
Klimawirtschaft, Workshop Einführung in das Umweltmanagement nach EMAS
Der Workshop vermittelt Wissen über die Bausteine des Umweltmanagements nach EMAS und bietet Hilfestellung in der Implementierung. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 09:30-11:15 Uhr, online
BEUC, Panel Discussion European Health Data Space: use or abuse of consumers’ health data?
The European Consumer Organisation (BEUC) is presenting survey results from eight EU countries on consumers’ attitudes towards health data, followed by a debate about the European Health Data Space legislation. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 10:00-16:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
CU, Konferenz No European Green Deal without Lightweight Technology
Composites United (CU) veranstaltet in Kooperation mit der Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema Leichtbau als Schlüsselstrategie zur Erreichung der Strategischen Klimaziele der EU. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 14:00-16:00 Uhr, online
AI, Konferenz Rethinking EU Competitiveness in a Changing Geopolitical World
Das Aspen Institute (AI) bringt Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zusammen, um zu diskutieren, wie die Effizienz des Europäischen Binnenmarktes erhöht werden kann. INFOS
04.05.2023 – 15:00-20:00 Uhr, Berlin
HBS, Konferenz Der Inflationsschock 2022/23: vorübergehender Ausreisser oder Zeitenwende?
Die Hans-Böckler-Stiftung diskutiert mit Robert Habeck und Expertinnen und Experten aus dem Wirtschafts- und Finanzsektor die weitere Entwicklung der Inflation sowie eine mögliche Reaktion von Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik.
INFOS
04.05.2023 – 16:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
ESC, Panel Discussion The Storage Way: More Flexibility to Decarbonise Europe
The newly created Energy Storage Coalition (ESC) will present its mission and strategy. Representatives of European Institutions will discuss with representatives of the renewables sectors how the new Electricity Market Design can address the barriers to the deployment of energy storage technologies in Europe.
INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Chemnitz
FES, Diskussion Im Streit mit der EU: zur Rechtsstaatlichkeit in Ungarn
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) diskutiert mit Michael Roth (MdB) und Matthias Ecke (MdEP) sowie Prof. Dr. Ellen Bos (Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft, Universität Budapest) über die Entwicklungen in Ungarn und den Kampf für Europas Demokratie. INFOS & ANMELDUNG
Frankreich darf den Bau und Betrieb einer neuen Chipfabrik von ST Microelectronics und Global Foundries mit Direktzuschüssen unterstützen. Die Genehmigung nach den EU-Beihilfevorschriften erteilte die Kommission am Freitag.
Die beiden Unternehmen planen ein weiteres Werk am Standort von ST Microelectronics in Crolles bei Lyon. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Front-End-Halbleiter-Produktionsanlage mit einem gesamten Investitionsvolumen von 7,4 Milliarden Euro.
Die Maßnahme stehe im Einklang mit den Zielen des Chips Acts, die Versorgungssicherheit, Resilienz und digitale Souveränität Europas im Bereich der Halbleitertechnologien zu stärken, teilte die Kommission mit.
Das Projekt sieht die Entwicklung einer ab 2027 voll betriebsfähigen großen Produktionsstätte für Hochleistungschips in Europa vor, insbesondere für die FD-SOI-Technik (Fully Depleted Silicon On Insulator). “Für die Industrie in Europa wird eine zuverlässige Quelle für energiesparende Halbleiter für verschiedene Anwendungsbereiche geschaffen”, erklärte Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager. “Sie werden gebraucht für Elektrofahrzeuge, Ladestationen und andere für den ökologischen Wandel in Europa wichtige Anwendungen.” Jährlich soll das Werk 620.000 Wafer mit einem Durchmesser von 300 Millimetern produzieren.
Die Unternehmen haben zugesagt:
Die Genehmigung ist die zweite, die auf den Grundsätzen der Mitteilung über das europäische Chip-Gesetz beruht. Die Kommission hatte am 5. Oktober 2022 bereits eine Maßnahme Italiens nach den Beihilfevorschriften genehmigt, mit der das Land die Errichtung einer Chipfabrik von ST Microelectronics im sizilianischen Catania fördern will. vis
Die EU-Kommission verkündet eine grundsätzliche Einigung im Streit über den Transport von ukrainischem Getreide durch die fünf Mitgliedsländer – Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und Slowakei. Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis schreibt auf Twitter, die Vereinbarung berücksichtige die Sorgen der Bauern in der Ukraine wie auch in den benachbarten EU-Staaten. Erfasst worden seien Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkerne. Zu dem Abkommen gehöre ein Hilfspaket im Wert von 100 Millionen Euro für Landwirte.
Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei hatten Beschränkungen für die ukrainischen Transporte verhängt aus Sorge, die Lieferungen aus der Ukraine könnten auf ihren Märkten landen und ihren Bauern die Preise verderben. Die beteiligten EU-Staaten haben versichert, künftig auf unilaterale Maßnahmen zu verzichten. Weiterhin soll über “Solidarity Lanes” Getreide auf dem Landweg aus der Ukraine in die EU gebracht und von dort weiter in bedürftige Länder etwa in Afrika transportiert werden. Am Freitag haben zudem die Mitgliedstaaten den Weg frei gemacht für eine Verlängerung der Befreiung von Zöllen auf zahlreiche Agrarprodukte um ein weiteres Jahr. Die Aufhebung der Agrarzölle war nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine beschlossen worden: Damit soll zum einen den Bauern in der Ukraine wirtschaftlich geholfen werden, zum anderen sollten die Nahrungsmittelengpässe auf dem Weltmarkt gelindert werden. rtr/mgr
Der erste Trilog zur Gebäuderichtlinie (EPBD) wird am 6. Juni stattfinden. Das bestätigte eine Ratssprecherin Table.Media. Zu erwarten sind schwierige Verhandlungen, kurz vor dem Wochenende kritisierten Teile der Berliner Koalition und die Immobilienwirtschaft die geplanten Verschärfungen energetischer Standards.
“Bei den Standards für Neubauten muss Maß und Mitte erreicht werden”, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) der “Wirtschaftswoche”. “Mit dem, was wir jetzt haben, können wir viele Jahre auskommen. Weitere Steigerungen halte ich klimapolitisch nicht für nötig und ökonomisch für nicht tragbar”. Der Gesetzentwurf der Kommission zur EPBD sei “bereits hochgradig ambitioniert – die noch weitergehenden Verschärfungen des Europäischen Parlaments sind endgültig nicht tragbar. Das muss geändert werden, wenn die Bundesregierung zustimmen soll”.
Lindner wandte sich auch gegen “erhebliche Sanierungspflichten” und “viele Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten”. Unklar blieb vorerst, welche Standards der FDP-Vorsitzende anstrebt. Die allgemeine Ausrichtung des Rates enthält bereits zahlreiche Abschwächungen gegenüber den Positionen von Kommission und Parlament.
Nach Darstellung des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) würden die Investitionen in energetische Sanierung durch die EPBD allein in Deutschland von derzeit knapp 50 Milliarden Euro auf 187 bis 261 Milliarden Euro pro Jahr steigen. In lediglich neun Jahren müssten 45 Prozent aller Gebäude in der gesamten EU saniert werden. “Das hinzubekommen ist illusorisch”, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko dem “Spiegel”. Selbst bei einer Verdopplung der Sanierungsrate auf zwei Prozent ließe sich in neun Jahren nur 18 Prozent des Bestands sanieren. ber
Ehemalige Mitglieder des Europaparlaments müssen für sechs Monate ins Abklingbecken, bevor sie eine Lobbytätigkeit aufnehmen oder “repräsentative Tätigkeiten beim Europaparlament” ausüben. Wenn sie nach sechs Monaten eine Lobbytätigkeit aufnehmen oder “repräsentative Tätigkeiten beim Europaparlament” ausüben, müssen sie sich zuvor im Transparenzregister eintragen und für die Besuche einen Zugangsausweis für das Europaparlament beantragen. Abgesehen von Ex-MEPs, die eine Lobbytätigkeit aufnehmen oder eine “repräsentative Tätigkeit beim Parlament” ausüben, behalten Ex-MEPs das Zugangsrecht zum Europaparlament. Dies geht aus einem Beschluss des Präsidiums des Europaparlaments vom 17. April hervor, der “Contexte” vorliegt. Der Beschluss ist am 1. Mai in Kraft getreten. Er ist Teil der Konsequenzen, die das Europaparlament aus der Korruptionsaffäre um die abgesetzte Vize-Präsidentin Eva Kaili (früher S&D) zieht. mgr
Verlass dich auf Europa und du bist …: Eine Million Artilleriegranaten hat die EU der Ukraine feierlich versprochen. Doch anstatt zu liefern, faseln manche in der Union lieber von “strategischer Autonomie” und diskutieren über die Herkunft von Zündern. Ein Kommentar. Mehr
Top-Ökonomen fordern freie Migration in Tarifjobs: Das könnte Christian Lindner und Hubertus Heil gefallen. Führende Arbeitsmarktforscher machen sich für eine neue Einwanderungsformel stark. Mehr
Bettina Fortunato ist in der DDR aufgewachsen und hat schon zu Mauerzeiten ein sehr europäisches Leben geführt. Die Diplom-Agronomin studierte in Bulgarien und heirate einen Portugiesen. Nach der Wiedervereinigung fing sie in der Kommunalpolitik an, heute ist sie Vorsitzende des Europaausschusses im Landtag Brandenburgs.
Fortunatos Vater war Landwirt bei Delitzsch in Sachsen. Sie wollte unbedingt mehr über Landwirtschaft wissen und die Arbeitsbedingungen in der DDR verbessern. In Plowdiw, Bulgarien, gab es einen im Ostblock einmaligen Studiengang: Wein- und Gemüsebau, dazu eine Kooperation mit den Niederlanden, die in den Siebzigerjahren die moderne Gewächshausproduktion etablierten. Dort wollte sie lernen.
Mit 19 Jahren wurde Fortunato Mitglied der SED. Aus “Herdentrieb”, erzählt sie heute. “Das hat mir aber keine Vorteile gebracht.” Während des Studiums lernte sie ihren heutigen Mann kennen, einen Portugiesen, der auch Landwirtschaft in Bulgarien studierte. Erwünscht war die Beziehung nicht, erzählt Fortunato. Als das herauskam, wurde ihre schon geplante Promotion abgeblasen. 1983 durfte ihr Mann endlich in die DDR einreisen, sie heirateten und bekamen drei Kinder. “Wir waren eine Übungsfamilie für die DDR-Behörden”, erzählt Fortunato. “Wir durften mit der ganzen Familie nach langen Hin und Her dreimal nach Portugal zu den Großeltern fahren.” Die Tochter arbeitet heute in Portugal, besucht die Eltern oft in Brandenburg. “So stelle ich mir Europa vor.”
Nach dem Studium entschied sich Fortunato, ins Oderbruch zu ziehen und wurde Abteilungsleiterin bei der LPG. “Das Oderbruch war der Gemüsegarten für die Hauptstadt Berlin”, erzählt sie. “Da habe ich gehofft, die neuen Fähigkeiten aus dem Studium einzusetzen. Das sollte sich als falsch erweisen.”
Die Wende politisierte Fortunato. “Ich hatte nach der Wende das Gefühl, dass die Menschen im Osten gar nicht vorbereitet waren auf das, was kam.” Viele waren gelähmt, 10.000 Menschen an der Oder, auch Fortunato, verloren ihre Arbeit. Zwischenzeitlich jobbte sie in der Werbeagentur ihres Mannes. In der PDS fand sie ihre politische Heimat, wurde Kommunalpolitikerin. Seit 2004 ist sie ununterbrochen Mitglied des Kreistages Märkisch-Oderland, sie wohnt in Seelow, zwischen 2009 und 2014 und wieder seit 2016 ist sie Landtagsabgeordnete. Seit dieser Legislatur leitet sie den Europaausschuss.
Sie erzählt, dass sie im vergangenen Jahr hoffte, die europäischen Institutionen würden sich für die Bevölkerung öffnen. In Frankfurt (Oder) war einer der von der EU organisierten Bürgerdialoge. “Die Menschen waren mit viel Enthusiasmus und Diskussionsfreude dabei”, erzählt sie. Mehr als 200 Vorschläge wurden erarbeitet. “Seitdem ist Ruhe, und wir haben aus Brüssel noch nicht gehört, wie es weitergeht.” Viele Menschen seien enttäuscht. Nun wollen der Landtag und die Landesregierung die Gesprächsformate weiterführen. Auch in ihrem Amt als Ausschussvorsitzende arbeite sie daran, erzählt sie. Zum Amtsantritt des Ratsvorsitzes besuchen die Botschafter des jeweiligen Mitgliedstaates den Landtag, zuletzt kam der schwedische. “Da überbringen wir immer unsere Botschaften und lassen uns erklären, was die Länder vorhaben.”
Gleichzeitig ist sie auch Sprecherin für Frauenpolitik ihrer Fraktion. “Ich kann in meiner Arbeit viel verbinden”, sagt Fortunato. Seit Corona habe die Gewalt gegen Frauen auch hierzulande um 23 Prozent zugenommen. Die Istanbul-Konvention, die Opfer schützen soll, wird in vielen europäischen Ländern nicht ernst genommen, unter anderem nicht im Nachbarland Polen. “Wir sollten nicht mit Ländern zusammenarbeiten, die die Konvention mit Füßen treten.” Tom Schmidtgen
das laufende Mandat von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht unter der informellen Überschrift: dafür sorgen, dass Europa sein Klimaziel von minus 55 Prozent CO₂ im Jahr 2030 einhält. Noch ringen Parlament und Mitgliedstaaten bei einzelnen Dossiers um Details, während andere Vorhaben des Fit-for-55-Pakets schon abgehakt sind. Doch schon jetzt schielt die Behörde darauf, wie das nächste Klimaziel 2040, also zehn Jahre später, ausfallen könnte. Mein Kollege Lukas Scheid berichtet von Überlegungen, dabei auch negative Emissionen beim ETS zu berücksichtigen.
In Europa wird der jüngst erzielte Kompromiss zu der Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten gefeiert. Er soll dazu beitragen, dass die letzten Regenwälder im Kongo- und Amazonasbecken nicht für den Konsum der Europäer abgeholzt werden. Doch vor Ort, etwa in der Demokratischen Republik Kongo, gibt es Bedenken: Ausgerechnet Kleinbauern, die Kakao- und Kaffee im Primärregenwald anbauen, könnten den komplexen Dokumentationspflichten der EU nicht gewachsen sein. Sie könnten wirtschaftlich zu Opfern der EU-Regulierung werden. Das analysiert Jonas Gerding im Rahmen unserer Serie “Reguliert Europa die Welt?”
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Viel Marktwirtschaft, etwas Ordnungsrecht und ganz viel Hoffnung auf Innovation stecken im Fit-for-55-Paket, das den Weg zum EU-Klimaziel 2030 ebnen soll. Die Reform des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) und die Einführung des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM sind die großen marktwirtschaftlichen Instrumente des Klimaschutzpakets und das Herz des Green Deals. Am Dienstag hat der Rat die ETS-Reform und den CBAM final angenommen. Die beiden Gesetze können nun im Amtsblatt veröffentlicht werden und in Kraft treten. Die CO₂-Flottenziele für Pkw und der Hochlauf der EU-weiten Ladeinfrastruktur (AFIR) sind ordnungsrechtliche Maßnahmen, und die Effizienzvorgaben in der Batterieverordnung setzen vor allem auf technologische Weiterentwicklung in der Zukunft.
Doch kaum sind die wesentlichen Teile des Pakets in Gesetzestext gegossen, stellt sich die Frage nach dem nächsten Ziel und welche Instrumente sich dafür eignen. Liegt es für 2030 bei einer CO₂-Reduktion von rund 55 Prozent, könnte es 2040 bei bis zu 90 Prozent liegen. Die Kommission hat die Beratungen zum Ziel und die erforderlichen Maßnahmen bereits begonnen. Im Frühjahr 2024 soll Folgenabschätzung veröffentlicht werden, voraussichtlich 2026 soll der Gesetzesvorschlag für das neue Klimaziel folgen.
Eine wesentliche Frage, die die Kommission in ihrer Ankündigung aufwirft, ist die Rolle von CO₂-Entnahmen für das Klimaziel 2040. Aus den Reihen der EVP ist die Forderung eindeutig: negative Emissionen müssen in den Emissionshandel integriert werden. ETS-Berichterstatter Peter Liese wollte das sogar schon in der aktuellen Reform verankern, denn ohne Carbon-Removal-Technologien seien die ambitionierten Klimaziele kaum zu erreichen. Liese konnte sich nicht durchsetzen. Und die Diskussionen dürften mit dem nächsten Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050 nicht einfacher werden, denn der Widerstand ist ungebrochen.
Michael Bloss, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament und bisheriger ETS-Schattenberichterstatter, befürchtet ein Aufweichen des Klimaschutzes, sollten Negativemissionen im ETS zu Geld gemacht werden können. Das ETS sei keine Gelddruckmaschine für die Wirtschaft. “Die feste Deckelung der Emissionen im ETS soll für CO₂-Reduktionen sorgen.” Sonst sei das ETS wertlos und man solle besser eine CO₂-Steuer einführen, so Bloss.
Liese argumentiert, dass die Nachfrage nach Negativemissionen steigen würde, wenn Unternehmen sie nutzen könnten, um ihre Klimaziele zu erreichen. Investitionen in Technologien wie Direct Air Capture (DAC) und der langfristigen Speicherung von CO₂ (Carbon Capture and Storage, CCS) sowie der Speicherung in Produkten (Carbon Capture and Utilization, CCU) könnten dadurch massiv zunehmen und sie profitabel machen. “Wie wollen wir negative Emissionen im großen Stil in 20 Jahren erreichen, wenn wir die Technologie nicht jetzt verbessern”, fragt Liese.
Das möge betriebswirtschaftlich zwar stimmen, sagt Anne Gläser, CO₂-Preis-Expertin bei Germanwatch, doch aus Klimaschutz-Sicht müssen CO₂-Reduktionen Vorrang haben. “Vor 2040 sollten wir keinen Schwerpunkt darauflegen, Ressourcen in die Entwicklung von Carbon-Removal-Technologien zu investieren, die uns dann bei Investitionen in Emissionsreduktion fehlen.”
Dass es diese Technologien braucht, um die Klimaziele zu erreichen, daran gibt es keinen Zweifel. Auch der Weltklimarat (IPCC) weist auf diese Möglichkeit explizit hin. So will auch Michael Bloss sie keineswegs verbieten, sondern sie nutzen, um nach 2050 die Emissionen von nicht dekarbonisierbaren Sektoren zu kompensieren. Doch die feste Deckelung der CO₂-Emissionen im ETS – das sogenannte Cap – deshalb aufzuweichen, hält er für den falschen Weg. Bloss argumentiert, es gehe nur um “drei Prozent der Bereiche, die nicht vollständig dekarbonisierbar sind”.
Auch Liese will das Cap zumindest kurzfristig nicht aufweichen. Doch der CDU-Politiker führt an, dass man schon lange vor 2040 Anreize für CO₂-Entnahmen setzen müsse, wenn Deutschland 2045 und Europa 2050 klimaneutral sein solle. “Gerade weil die Technologie im Moment noch sehr teuer und nicht marktreif ist, müssen wir schnell damit anfangen.”
Wichtig sei, dass man zwischen permanenten Removals, wie zum Beispiel der Herstellung von Ziegelsteinen aus abgeschiedenem Kohlenstoff oder der unterirdischen Lagerung von CO₂ auf der einen Seite und nicht-permanenten Removals auf der anderen Seite unterscheide. “Permanente Removals sollten vollständig anerkannt werden, bei den Nicht-Permanenten muss man natürlich einen Abzug machen.” Zu den nicht-permanenten Speicherungsmethoden zählt sowohl die Speicherung in chemischen Produkten als auch das Carbon Farming, also die Speicherung in Böden und Holz.
Michael Bloss zweifelt an der Wirksamkeit solcher Methoden und erinnert an den Clean Development Mechanism (CDM) aus dem Kyoto-Protokoll. Auch da hätten Unternehmen die Möglichkeit gehabt, Zertifikate für externe CO₂-Reduktionen oder CO₂-Vermeidungen zum Erreichen der eigenen Klimaziele einzukaufen. Das System gilt mittlerweile als gescheitert, da es nicht für die gewünschten Emissionsreduktionen gesorgt, dafür aber Greenwashing ermöglicht hat. Das Problem: Gespeichertes CO₂ wurde nicht langfristig gebunden, dennoch konnten Unternehmen ihre Emissionen damit zumindest auf dem Papier neutralisieren.
Zwar glaubt CO₂-Preis-Expertin Gläser, dass die EU aus den Fehlern des CDM gelernt hat. Man wisse inzwischen, dass man strengere Vorgaben für die Zertifizierung brauche. “Doch die Problematik, dass Carbon Removals im ETS die Anreize zum grünen Übergang verringern, wie es schon beim CDM der Fall war, besteht weiterhin”, kritisiert Gläser.
Christdemokrat Liese hat eine Idee für die Lösung des Problems. Sollten gespeicherte Mengen CO₂ durch unvorhersehbare Ereignisse, beispielsweise Waldbrände, früher als geplant wieder in die Atmosphäre gelangen, schlägt er ein Versicherungssystem vor. Ein ETS-Marktteilnehmer und Zertifikatekäufer bezahlt beim Bereitsteller von Carbon Removals einen höheren Betrag als für ein CO₂-Zertifikat im ETS üblich. Die Differenz würde in einen Versicherungsfonds gehen. Sollte das gebundene CO₂ früher als vorgesehen wieder in die Atmosphäre entweichen, würde die Versicherung die entsprechende Menge an CO₂-Zertifikaten wieder vom Markt wegkaufen. So könnten die Reduktionen garantiert werden, glaubt Liese.
Die Wissenschaft ist bislang noch zurückhaltend, inwieweit eine Integration von CO₂-Entnahmen ins ETS sinnvoll ist. Zwar halten die Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) eine Integration in naher Zukunft grundsätzlich für machbar. Carbon Farming und die permanente Speicherung in Produkten sollten dabei allerdings keine Rolle spielen, sondern lediglich die gelagerten Mengen an CO₂. Die PIK-Forscher weisen auch auf das Problem einer Angebotsunsicherheit im ETS durch die Abgabe von Negativemissionszertifikaten hin. Dies könne den Markt “destabilisieren und zu einer übermäßigen Preisvolatilität führen”.
Von einer neuen Art der Kolonialisierung spricht der kongolesische Kleinbauernvertreter Kambale Malembe angesichts der Verordnung der EU über entwaldungsfreie Lieferketten. Wer Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Soja, Holz und Vieh in die EU importiert, muss ab Herbst 2024 garantieren, dass am Herkunftsort für den Anbau der Pflanzen oder die Haltung des Viehs nicht vorher Wälder gerodet wurden. Verstöße werden bestraft. Die EU will damit gegen Firmen vorgehen, die im Amazonas und in Südostasien Wälder im großen Stil roden, um Platz für Plantagen und Rinderherden zu schaffen.
Vergangenen Mittwoch stimmte das EU-Parlament nach über drei Jahren Verhandlung für die Verordnung. Von einem “Game-Changer” sprach Delara Burkhardt, Chef-Verhandlerin der sozialdemokratischen Fraktion: “Mit der Verordnung gegen Entwaldung nehmen wir nun die Unternehmen in die Pflicht und machen deutlich: Wer unseren Planeten zerstört, darf mit uns keine Geschäfte machen”.
Rodungsrisiken bestehen auch in dem zweitgrößten Regenwald der Welt: dem Kongo-Becken, das sich über mehrere Länder im Zentrum Afrikas erstreckt. Etwa 60 Prozent davon liegen in der DR Kongo, wo in den vergangenen Jahren im Schnitt jährlich eine halbe Million Hektar Wald abgeholzt wurden. Der Hauptgrund: die Produktion von Mais, Maniok und Holzkohle für den lokalen Markt. Gleichzeitig können auf Flächen, die zunächst für den lokalen Bedarf genutzt werden, später auch Exportpflanzen angebaut werden.
Die EU erschwere mit der Verordnung Kleinbauern aus der DR Kongo den Zugang zum europäischen Markt, sagt Malembe, der als Programmleiter für die Nationale Konföderation der landwirtschaftlichen Produzenten des Landes arbeitet. Denn viele Kleinbauern seien nicht in der Lage, die Auflagen zu erfüllen, um ihre Waren in die EU exportieren zu können. Dazu zählt vor allem eine Dokumentation der Fläche per GPS-Daten. Betroffen sein dürften von der EU-Verordnung in dem Land vor allem Bauern, die Kaffee oder Kakao anpflanzen. Laut Eurostat exportiert die DR Kongo in die EU Kakao im Wert von 32 Millionen Euro und Kaffee im Wert von 28 Millionen Euro. Dies sind wichtige Wachstumszweige für ein Land, das auf dem 179. Rang der 191 Länder des Human Development Index steht.
Malembe betont, dass für den Kakaoanbau meist gar nicht gerodet werde. Er wird in der Regel zwischen Bäumen in bereits stark bewirtschafteten Wäldern angebaut. Um das zu belegen, müssen die Importeure allerlei Dokumente vorzeigen: insbesondere GPS-Daten der Produktionsfläche. Mit Satellitendaten können die Prüfstellen in Europa einsehen, ob vor Ort ab dem Stichtag zum Jahresende 2021 auch wirklich nicht gefällt wurde. Länder, in denen besonders viel gerodet wird, stuft die EU in die “Hochrisiko”-Kategorie ein. Waren aus solchen Staaten werden häufiger und strenger kontrolliert als die aus vermeintlich risikoarmen Regionen.
Die Klassifizierung der Länder steht noch aus. Alain Karsenty vermutet, dass die DR Kongo dazu gehören wird. Er ist Ökonom am französischen Forschungsinstitut CIRAD mit Fokus auf Landwirtschaft in Entwicklungsländern. “Viele der Importeure werden sich von den als ‘Hochrisiko’ klassifizierten Ländern abwenden oder mit den großen Firmen arbeiten“, erwartet er. Denn große Produzenten hätten am ehesten das Kapital und Knowhow, um vor Ort die Felder zu vermessen, die Informationen zu digitalisieren, Auskünfte über die Menschenrechtslage zu geben und all dies für die Kontrolleure aufzubereiten. “Die kleinen Produzenten, die einen Teil ihrer Produktion nach Europa liefern, sind aller Wahrscheinlichkeit nach die Hauptleidtragenden dieser Maßnahme“, sagt er.
Die Organisation Rainforest Alliance begleitet Kleinbauern dabei, Umwelt- und Sozialstandards umzusetzen. “Keine Waldrodung” gehört zu den Kernkriterien. Fanny Gauttier ist verantwortlich für Public Affairs in Brüssel. Grundsätzlich habe Rainforest Alliance die Gesetzgebung unterstützt, sagt sie, “aber wir setzen uns für eine bessere Berücksichtigung der Kleinbauern ein”. Die Organisation selbst verlangt von den Kleinbauern nur schrittweise Kontrollen, um sie nicht zu überfordern.
“Wir starten damit, dass für 10 Prozent der Flächen die GPS-Daten vorliegen müssen. Über die Jahre hinweg gibt es dann die Verpflichtung, das auszuweiten“, erklärt sie den pragmatischen Ansatz. Die EU-Verordnung verlangt hingegen, dass alles sogleich erfasst ist. Gauttier hält das für falsch. Spielraum sieht sie nun nur noch bei der Unterstützung für Kleinbauern, wie sie in der Gesetzgebung vage angekündigt ist. Die “Hochrisiko-Länder” sollen demnach Unterstützung bekommen, um Wälder zu schützen und nachhaltiger zu wirtschaften, heißt es im Gesetzestext, der auch auf Kleinbauern als Zielgruppe verweist. Viel klarer formuliert wird es allerdings nicht. “Wir tappen noch im Dunkeln“, sagt sie. Es fehle an Informationen zu Maßnahmen und Fördersummen.
Spätestens in fünf Jahren will die EU eine Prüfung vornehmen – im Hinblick auf den “Einfluss der Verordnung auf Landwirte, vor allem Kleinbauern, indigene Bevölkerungsgruppen und lokale Gemeinden”. Wenn nötig, erhalten sie dann zusätzliche Unterstützung.
Für viele Landwirte in der DR Kongo könnte das zu spät kommen, fürchtet Joseph Bobia, der nationale Koordinator des kongolesischen Netzwerks für Natürliche Ressourcen. Er kritisiert die “unilaterale” Vorgehensweise der EU. Aktuell arbeitet er mit Kollegen anderer Länder des Kongo-Beckens an einem Positionspapier zu der Verordnung.
“Unsere Produkteure warten auf den, der kommt und einkauft. Wer nicht möchte, der soll daheimbleiben“, sagt er schroff im Hinblick auf Importeure aus der EU. Er verweist auf China, das schon heute im großen Stil problematisches Tropenholz aus der DR Kongo einkauft.
Malembe, der Vertreter der kongolesischen Landwirte, fürchtet, dass es in der DR Kongo Betrug geben wird. Er hat Zweifel daran, ob ein so schwacher Staat prüfen wird, wenn große Unternehmen von allerlei kleinen Betrieben Güter zu Billigpreisen aufkaufen, vermischen und teuer exportieren. “Am Ende steht die Frage, ob wir einen Markt wollen, der sich auf zwei, drei zertifizierte Firmen beschränkt. Das ginge auf Kosten der vielen kleinen Produzenten.”
Der europäische Kampf gegen profithungrige Großunternehmen, die sich nicht um die Umwelt scheren, der hätte sich dann ins Gegenteil gekehrt. Jonas Gerding
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03.05.-05.05.2023, online
Berliner Energietage, Konferenz Berliner Energietage 2023
Auf der Debattenplattform für die Energiewende- und Klimaszene tauschen eine Vielzahl an Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Gesellschaft, Wirtschaft, Architektur und Journalismus Know-How aus. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 10:00-18:30 Uhr, Berlin
BDI, Konferenz InnoNation Festival
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bietet ein Programm aus Impulsvorträgen, Paneldiskussionen und interaktiven Deep Dives rund um das Thema Innovationslandschaft in Deutschland. INFOS
03.05.2023 – 10:00-13:00 Uhr, online
ZIA, Seminar ESG und Taxonomie-Verordnung: Anforderungen an die Immobilienwirtschaft
Der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) stellt die rechtliche und politische Ausgangslage der EU-Taxonomie-Verordnung vor und erläutert die technischen Anforderungen an die Immobilienwirtschaft. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 13:00-14:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Freistaat Bayern, Podiumsdiskussion Sicherung der Biodiversität – Brüssel auf dem Holzweg?
Die Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union veranstaltet eine Podiumsdiskussion zum Thema Biodiversität. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 16:00-17:30 Uhr, Florenz (Italien)
EUI, Book Presentation Data at the Boundaries of European Law
The European University Institute (EUI) is launching its book which covers the major new pieces of EU legislation: the Data Governance Act, the Data Act and the AI Act. INFOS & ANMELDUNG
03.05.2023 – 19:30 Uhr, Hamburg
Körber Stiftung, Diskussion Ukraine & Beyond – VERSUS: Brauchen wir eine allgemeine Dienstpflicht?
Die stellv. Leiterin des Politikressorts der Süddeutschen Zeitung diskutiert mit den Bundestagsabgeordneten Ria Schröder (FDP) und Johann Wadephul (CDU) die Frage nach einer allgemeinen Dienstpflicht. INFOS & ANMELDUNG
04.05.-06.05.2023, Florenz (Italien)
EUI, Conference The State of the Union 2023: Building Europe in times of uncertainty
The European University Institute (EUI) is hosting an annual summit for reflection on the European agenda which gathers leading academics, policy makers and journalists from various disciplines for in-depth analysis and discussion on the challenges and opportunities Europe is facing. INFOS
04.05.2023 – 09:30-13:00 Uhr, online
Klimawirtschaft, Workshop Einführung in das Umweltmanagement nach EMAS
Der Workshop vermittelt Wissen über die Bausteine des Umweltmanagements nach EMAS und bietet Hilfestellung in der Implementierung. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 09:30-11:15 Uhr, online
BEUC, Panel Discussion European Health Data Space: use or abuse of consumers’ health data?
The European Consumer Organisation (BEUC) is presenting survey results from eight EU countries on consumers’ attitudes towards health data, followed by a debate about the European Health Data Space legislation. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 10:00-16:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
CU, Konferenz No European Green Deal without Lightweight Technology
Composites United (CU) veranstaltet in Kooperation mit der Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema Leichtbau als Schlüsselstrategie zur Erreichung der Strategischen Klimaziele der EU. INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 14:00-16:00 Uhr, online
AI, Konferenz Rethinking EU Competitiveness in a Changing Geopolitical World
Das Aspen Institute (AI) bringt Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zusammen, um zu diskutieren, wie die Effizienz des Europäischen Binnenmarktes erhöht werden kann. INFOS
04.05.2023 – 15:00-20:00 Uhr, Berlin
HBS, Konferenz Der Inflationsschock 2022/23: vorübergehender Ausreisser oder Zeitenwende?
Die Hans-Böckler-Stiftung diskutiert mit Robert Habeck und Expertinnen und Experten aus dem Wirtschafts- und Finanzsektor die weitere Entwicklung der Inflation sowie eine mögliche Reaktion von Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik.
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04.05.2023 – 16:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
ESC, Panel Discussion The Storage Way: More Flexibility to Decarbonise Europe
The newly created Energy Storage Coalition (ESC) will present its mission and strategy. Representatives of European Institutions will discuss with representatives of the renewables sectors how the new Electricity Market Design can address the barriers to the deployment of energy storage technologies in Europe.
INFOS & ANMELDUNG
04.05.2023 – 19:00-20:30 Uhr, Chemnitz
FES, Diskussion Im Streit mit der EU: zur Rechtsstaatlichkeit in Ungarn
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) diskutiert mit Michael Roth (MdB) und Matthias Ecke (MdEP) sowie Prof. Dr. Ellen Bos (Lehrstuhl für Vergleichende Politikwissenschaft, Universität Budapest) über die Entwicklungen in Ungarn und den Kampf für Europas Demokratie. INFOS & ANMELDUNG
Frankreich darf den Bau und Betrieb einer neuen Chipfabrik von ST Microelectronics und Global Foundries mit Direktzuschüssen unterstützen. Die Genehmigung nach den EU-Beihilfevorschriften erteilte die Kommission am Freitag.
Die beiden Unternehmen planen ein weiteres Werk am Standort von ST Microelectronics in Crolles bei Lyon. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Front-End-Halbleiter-Produktionsanlage mit einem gesamten Investitionsvolumen von 7,4 Milliarden Euro.
Die Maßnahme stehe im Einklang mit den Zielen des Chips Acts, die Versorgungssicherheit, Resilienz und digitale Souveränität Europas im Bereich der Halbleitertechnologien zu stärken, teilte die Kommission mit.
Das Projekt sieht die Entwicklung einer ab 2027 voll betriebsfähigen großen Produktionsstätte für Hochleistungschips in Europa vor, insbesondere für die FD-SOI-Technik (Fully Depleted Silicon On Insulator). “Für die Industrie in Europa wird eine zuverlässige Quelle für energiesparende Halbleiter für verschiedene Anwendungsbereiche geschaffen”, erklärte Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager. “Sie werden gebraucht für Elektrofahrzeuge, Ladestationen und andere für den ökologischen Wandel in Europa wichtige Anwendungen.” Jährlich soll das Werk 620.000 Wafer mit einem Durchmesser von 300 Millimetern produzieren.
Die Unternehmen haben zugesagt:
Die Genehmigung ist die zweite, die auf den Grundsätzen der Mitteilung über das europäische Chip-Gesetz beruht. Die Kommission hatte am 5. Oktober 2022 bereits eine Maßnahme Italiens nach den Beihilfevorschriften genehmigt, mit der das Land die Errichtung einer Chipfabrik von ST Microelectronics im sizilianischen Catania fördern will. vis
Die EU-Kommission verkündet eine grundsätzliche Einigung im Streit über den Transport von ukrainischem Getreide durch die fünf Mitgliedsländer – Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und Slowakei. Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis schreibt auf Twitter, die Vereinbarung berücksichtige die Sorgen der Bauern in der Ukraine wie auch in den benachbarten EU-Staaten. Erfasst worden seien Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkerne. Zu dem Abkommen gehöre ein Hilfspaket im Wert von 100 Millionen Euro für Landwirte.
Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei hatten Beschränkungen für die ukrainischen Transporte verhängt aus Sorge, die Lieferungen aus der Ukraine könnten auf ihren Märkten landen und ihren Bauern die Preise verderben. Die beteiligten EU-Staaten haben versichert, künftig auf unilaterale Maßnahmen zu verzichten. Weiterhin soll über “Solidarity Lanes” Getreide auf dem Landweg aus der Ukraine in die EU gebracht und von dort weiter in bedürftige Länder etwa in Afrika transportiert werden. Am Freitag haben zudem die Mitgliedstaaten den Weg frei gemacht für eine Verlängerung der Befreiung von Zöllen auf zahlreiche Agrarprodukte um ein weiteres Jahr. Die Aufhebung der Agrarzölle war nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine beschlossen worden: Damit soll zum einen den Bauern in der Ukraine wirtschaftlich geholfen werden, zum anderen sollten die Nahrungsmittelengpässe auf dem Weltmarkt gelindert werden. rtr/mgr
Der erste Trilog zur Gebäuderichtlinie (EPBD) wird am 6. Juni stattfinden. Das bestätigte eine Ratssprecherin Table.Media. Zu erwarten sind schwierige Verhandlungen, kurz vor dem Wochenende kritisierten Teile der Berliner Koalition und die Immobilienwirtschaft die geplanten Verschärfungen energetischer Standards.
“Bei den Standards für Neubauten muss Maß und Mitte erreicht werden”, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) der “Wirtschaftswoche”. “Mit dem, was wir jetzt haben, können wir viele Jahre auskommen. Weitere Steigerungen halte ich klimapolitisch nicht für nötig und ökonomisch für nicht tragbar”. Der Gesetzentwurf der Kommission zur EPBD sei “bereits hochgradig ambitioniert – die noch weitergehenden Verschärfungen des Europäischen Parlaments sind endgültig nicht tragbar. Das muss geändert werden, wenn die Bundesregierung zustimmen soll”.
Lindner wandte sich auch gegen “erhebliche Sanierungspflichten” und “viele Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten”. Unklar blieb vorerst, welche Standards der FDP-Vorsitzende anstrebt. Die allgemeine Ausrichtung des Rates enthält bereits zahlreiche Abschwächungen gegenüber den Positionen von Kommission und Parlament.
Nach Darstellung des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) würden die Investitionen in energetische Sanierung durch die EPBD allein in Deutschland von derzeit knapp 50 Milliarden Euro auf 187 bis 261 Milliarden Euro pro Jahr steigen. In lediglich neun Jahren müssten 45 Prozent aller Gebäude in der gesamten EU saniert werden. “Das hinzubekommen ist illusorisch”, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko dem “Spiegel”. Selbst bei einer Verdopplung der Sanierungsrate auf zwei Prozent ließe sich in neun Jahren nur 18 Prozent des Bestands sanieren. ber
Ehemalige Mitglieder des Europaparlaments müssen für sechs Monate ins Abklingbecken, bevor sie eine Lobbytätigkeit aufnehmen oder “repräsentative Tätigkeiten beim Europaparlament” ausüben. Wenn sie nach sechs Monaten eine Lobbytätigkeit aufnehmen oder “repräsentative Tätigkeiten beim Europaparlament” ausüben, müssen sie sich zuvor im Transparenzregister eintragen und für die Besuche einen Zugangsausweis für das Europaparlament beantragen. Abgesehen von Ex-MEPs, die eine Lobbytätigkeit aufnehmen oder eine “repräsentative Tätigkeit beim Parlament” ausüben, behalten Ex-MEPs das Zugangsrecht zum Europaparlament. Dies geht aus einem Beschluss des Präsidiums des Europaparlaments vom 17. April hervor, der “Contexte” vorliegt. Der Beschluss ist am 1. Mai in Kraft getreten. Er ist Teil der Konsequenzen, die das Europaparlament aus der Korruptionsaffäre um die abgesetzte Vize-Präsidentin Eva Kaili (früher S&D) zieht. mgr
Verlass dich auf Europa und du bist …: Eine Million Artilleriegranaten hat die EU der Ukraine feierlich versprochen. Doch anstatt zu liefern, faseln manche in der Union lieber von “strategischer Autonomie” und diskutieren über die Herkunft von Zündern. Ein Kommentar. Mehr
Top-Ökonomen fordern freie Migration in Tarifjobs: Das könnte Christian Lindner und Hubertus Heil gefallen. Führende Arbeitsmarktforscher machen sich für eine neue Einwanderungsformel stark. Mehr
Bettina Fortunato ist in der DDR aufgewachsen und hat schon zu Mauerzeiten ein sehr europäisches Leben geführt. Die Diplom-Agronomin studierte in Bulgarien und heirate einen Portugiesen. Nach der Wiedervereinigung fing sie in der Kommunalpolitik an, heute ist sie Vorsitzende des Europaausschusses im Landtag Brandenburgs.
Fortunatos Vater war Landwirt bei Delitzsch in Sachsen. Sie wollte unbedingt mehr über Landwirtschaft wissen und die Arbeitsbedingungen in der DDR verbessern. In Plowdiw, Bulgarien, gab es einen im Ostblock einmaligen Studiengang: Wein- und Gemüsebau, dazu eine Kooperation mit den Niederlanden, die in den Siebzigerjahren die moderne Gewächshausproduktion etablierten. Dort wollte sie lernen.
Mit 19 Jahren wurde Fortunato Mitglied der SED. Aus “Herdentrieb”, erzählt sie heute. “Das hat mir aber keine Vorteile gebracht.” Während des Studiums lernte sie ihren heutigen Mann kennen, einen Portugiesen, der auch Landwirtschaft in Bulgarien studierte. Erwünscht war die Beziehung nicht, erzählt Fortunato. Als das herauskam, wurde ihre schon geplante Promotion abgeblasen. 1983 durfte ihr Mann endlich in die DDR einreisen, sie heirateten und bekamen drei Kinder. “Wir waren eine Übungsfamilie für die DDR-Behörden”, erzählt Fortunato. “Wir durften mit der ganzen Familie nach langen Hin und Her dreimal nach Portugal zu den Großeltern fahren.” Die Tochter arbeitet heute in Portugal, besucht die Eltern oft in Brandenburg. “So stelle ich mir Europa vor.”
Nach dem Studium entschied sich Fortunato, ins Oderbruch zu ziehen und wurde Abteilungsleiterin bei der LPG. “Das Oderbruch war der Gemüsegarten für die Hauptstadt Berlin”, erzählt sie. “Da habe ich gehofft, die neuen Fähigkeiten aus dem Studium einzusetzen. Das sollte sich als falsch erweisen.”
Die Wende politisierte Fortunato. “Ich hatte nach der Wende das Gefühl, dass die Menschen im Osten gar nicht vorbereitet waren auf das, was kam.” Viele waren gelähmt, 10.000 Menschen an der Oder, auch Fortunato, verloren ihre Arbeit. Zwischenzeitlich jobbte sie in der Werbeagentur ihres Mannes. In der PDS fand sie ihre politische Heimat, wurde Kommunalpolitikerin. Seit 2004 ist sie ununterbrochen Mitglied des Kreistages Märkisch-Oderland, sie wohnt in Seelow, zwischen 2009 und 2014 und wieder seit 2016 ist sie Landtagsabgeordnete. Seit dieser Legislatur leitet sie den Europaausschuss.
Sie erzählt, dass sie im vergangenen Jahr hoffte, die europäischen Institutionen würden sich für die Bevölkerung öffnen. In Frankfurt (Oder) war einer der von der EU organisierten Bürgerdialoge. “Die Menschen waren mit viel Enthusiasmus und Diskussionsfreude dabei”, erzählt sie. Mehr als 200 Vorschläge wurden erarbeitet. “Seitdem ist Ruhe, und wir haben aus Brüssel noch nicht gehört, wie es weitergeht.” Viele Menschen seien enttäuscht. Nun wollen der Landtag und die Landesregierung die Gesprächsformate weiterführen. Auch in ihrem Amt als Ausschussvorsitzende arbeite sie daran, erzählt sie. Zum Amtsantritt des Ratsvorsitzes besuchen die Botschafter des jeweiligen Mitgliedstaates den Landtag, zuletzt kam der schwedische. “Da überbringen wir immer unsere Botschaften und lassen uns erklären, was die Länder vorhaben.”
Gleichzeitig ist sie auch Sprecherin für Frauenpolitik ihrer Fraktion. “Ich kann in meiner Arbeit viel verbinden”, sagt Fortunato. Seit Corona habe die Gewalt gegen Frauen auch hierzulande um 23 Prozent zugenommen. Die Istanbul-Konvention, die Opfer schützen soll, wird in vielen europäischen Ländern nicht ernst genommen, unter anderem nicht im Nachbarland Polen. “Wir sollten nicht mit Ländern zusammenarbeiten, die die Konvention mit Füßen treten.” Tom Schmidtgen