Table.Briefing: Europe

Klimastrafe für Autokonzerne + Wie Séjorné tickt + Innovationspolitik

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute treffen sich die Industrieminister in Brüssel zum Wettbewerbsfähigkeitsrat. Die ungarische Präsidentschaft hat nur ein halbtägiges Meeting angesetzt, aber das Programm hat es in sich. Zuerst werden die Minister in einer nicht öffentlichen Sitzung den Draghi-Bericht besprechen und ihre Präferenzen kundtun, an welchen der Vorschläge weitergearbeitet werden soll. Mario Draghi war eingeladen worden, sagte laut einer Diplomatin aber aus Termingründen ab.

In einer weiteren nicht öffentlichen Diskussion werden sich die Minister den staatlichen Beihilfen widmen. Zum einen geht es wieder darum, ob Ideen aus den Berichten von Draghi und Letta weiterverfolgt werden sollten. Beide hatten die Lockerung der Beihilferegeln auf nationalstaatlicher Ebene kritisiert und schlugen eine Lösung auf europäischer Ebene vor. Zum anderen geht es auch darum, ob die aktuell gültige Lockerung der Beihilferegeln unter dem “Temporary Crisis and Transition Framework” bis nach 2025 verlängert werden soll oder nicht.

Nach diesen politisch kontroversen Themen gibt es eine öffentliche Diskussion über die Billigwaren, die über die chinesischen Online-Anbieter Shein und Temu in die EU verkauft werden und in vielen Fällen EU-Normen widersprechen. Deutschland hat das Thema auf die Agenda gehoben und den Mitgliedstaaten ein Non-Paper präsentiert, in dem schnelle Maßnahmen gefordert werden.

Die EU-Kommission untersucht derzeit, ob sie die beiden Plattformen via Digital Services Act besser kontrollieren kann. Aber um das regulatorische Zoll-Schlupfloch zu schließen, von dem Shein und Temo profitieren, wäre wohl ein neuer regulatorischer Vorschlag von der Kommission nötig. Der deutsche Vorstoß wird auch von Frankreich, Österreich, Polen, Dänemark und den Niederlanden unterstützt.

Und als wäre das nicht schon genug für einen halben Tag, hat der italienische Industrieminister Adolfo Urso angekündigt, dass er bei der Ratssitzung die vorgezogene Überarbeitung des Verbrennerverbots diskutieren will. Langweilig wird es nicht!

Einen weniger überfüllten aber mindestens so erfüllenden Tag wünscht Ihnen,

Ihr
János Allenbach-Ammann
Bild von János  Allenbach-Ammann

Analyse

Strafzahlungen für Klimasünder: So steinig ist der Weg für Erleichterungen der Autokonzerne

Der Druck auf die EU-Kommission steigt, die gesetzlich vorgesehene Überprüfung der CO₂-Flottengrenzwerte von 2026 auf 2025 vorzuziehen. Jens Gieseke (CDU), Koordinator im Verkehrsausschuss, fordert ein “klares Bekenntnis” der zuständigen Kommissare, Wopke Hoekstra und Teresa Ribera, in den Anhörungen, “für Flexibilität und nicht starr an der Revision 2026 festzuhalten”. Er knüpft daran Bedingungen: “Ohne dieses klare Bekenntnis werde ich diesen Kommissaren meine Zustimmung verweigern”. Die Anhörungen werden voraussichtlich ab 4. November stattfinden.

Zuvor hatten bereits Wirtschaftsminister Robert Habeck, der europäische Hersteller-Verband ACEA und VDA-Präsidentin Hildegard Müller das Vorziehen gefordert. Der niedersächsische CDU-Chef Sebastian Lechner und Stimmen aus der FDP fordern sogar die Abschaffung der Flottengrenzwerte und damit die Rücknahme des Verbrenner-Aus 2035. Der Abgeordnete Gieseke, der aus Niedersachsen kommt, hat letzte Woche eine schriftliche Anfrage an die Kommission gerichtet und will wissen: “Erwägt die Europäische Kommission eine vorzeitige Evaluierung der für den Automobilsektor relevanten Gesetzgebung?” Er fragt weiter: “Falls ja, in welchem Zeitraum? Falls nein, mit welcher Begründung?” Die Kommission muss auf die schriftliche Anfrage eines Europaabgeordneten binnen sechs Wochen antworten.

Von der Leyen hat sich noch nicht positioniert

Bislang ist Ursula von der Leyen der Frage ausgewichen. Und das, obwohl sie Spitzenkandidatin der CDU war, die mit der Forderung nach Rückabwicklung des Verbrenner-Aus ihren Europawahlkampf bestritten hat. Auch intern soll sie etwa den Abgeordneten von CDU und CSU im Europaparlament keine Zusage gegeben haben, die Überprüfung vorzuziehen. Vertreter der Hersteller haben in den letzten Wochen dem Vernehmen nach ihre Forderung, die Überprüfung vorzuziehen, wiederholt gegenüber hohen Kommissionsbeamten erhoben. Die Beamten sollen sich die Argumente angehört, aber keine Kommentare abgegeben haben. Das Signal müsste ohnehin von der politischen Ebene kommen, also von der Kommission.

Während im Wahlkampf noch die Rücknahme des Verbrenner-Aus 2035 im Mittelpunkt stand, geht es jetzt vor allem um die drohenden Strafzahlungen, sollten die Hersteller die 2025er-Ziele verfehlen. Bußen von bis zu 15 Milliarden Euro könnten fällig werden, weil mehrere Konzerne die spezifischen CO₂-Flottengrenzwerte nicht erreichen werden. Strafzahlungen in Milliardenhöhe würden die Hersteller in ihrer Wettbewerbsfähigkeit noch weiter zurückwerfen, argumentiert die Branche.

Wettbewerbsvorteil für BMW

Hintergrund ist: Vor allem VW und Renault verfehlen ihre Verkaufsziele bei batterieelektrischen Neufahrzeugen (BEV). Auch Mercedes wird es schwer haben. BMW und Stellantis könnten die Ziele erreichen. BMW-Chef Oliver Zipse dürfte nicht daran interessiert sein, den mühsam erkämpften Wettbewerbsvorteil bei den Flottengrenzwerten gegenüber Mercedes und dem VW-Konzern wieder aufzugeben. Das wäre aber der Fall, wenn die Strafzahlungen reduziert oder gar ausgesetzt würden.

Der gesetzgeberische Weg dahin wäre ohnehin nicht leicht. Voraussetzung wäre das Vorziehen der Revision von 2026 auf 2025. Machbar wäre es, hört man von erfahrenen Abgeordneten. Dafür müssten sich aber die Experten der Kommission beeilen und ihre Analyse zum Stand der Dekarbonisierung von Neuflotten ein Jahr früher fertigstellen. Auf dieser Basis könne dann, so das Kalkül der Hersteller, die Kommission vor der Sommerpause 2025 vorschlagen, die Grenzwerte für 2025 rückwirkend zu erhöhen.

Mehrheiten müssten sich in kurzer Zeit drehen

Die Co-Gesetzgeber, Parlament und Rat, müssten wie bei jedem regulären Gesetzgebungsverfahren zustimmen. Das ist kein Selbstläufer: Erst im Juni 2022 hat das Parlament die Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus beschlossen. Damals waren 339 Abgeordnete für die Grenzwerte, 249 lehnten sie ab. Um Strafzahlungen aufzuheben und Grenzwerte zu erhöhen, müssten sich binnen weniger Jahre die Mehrheiten drehen. Gleiches gilt für den Rat.

Damit wären die Strafzahlungen für 2025 obsolet. Ohne diesen Eingriff würde die Kommission erfahrungsgemäß vor der Sommerpause 2026 etwaige Verstöße gegen die Flottengrenzwerte feststellen und die Strafzahlungen festsetzen: Für jeden Neuwagen und jedes Gramm, um das der Hersteller seinen spezifischen Flottengrenzwert verfehlt, würden 95 Euro fällig.

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Der Anti-Breton: Wie tickt Stéphane Séjourné?

Stéphane Séjourné ist mit Diskretion die Karriereleiter hochgestiegen

Seine politische Karriere begann vor 20 Jahren mit einer Niederlage. 2004 beteiligte sich der damals 19-jährige Stéphane Séjourné an einer Kampagne für die Europäische Verfassung – und verlor. Auch die nächsten politischen Engagements des jungen Franzosen, der seit 2001 Mitglied des Parti Socialiste (S&D) war, waren nicht von Erfolg gekrönt. 2007 half er im Wahlkampf von Ségolène Royale, die in der Präsidentschaftswahl gegen Sarkozy verlor, und 2011 unterstützte er Dominique Strauss-Kahn, bis dessen sogenannter Sofitel-Skandal aufflog.

Und trotzdem sitzt der heute 39-Jährige aktuell im neunten Stock des Charlemagne-Gebäudes in Brüssel und bereitet sich vor, den vielleicht einflussreichsten Posten der europäischen Wirtschaftspolitik zu übernehmen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihn zum Kommissionsvizepräsidenten für Wohlstand und Industriestrategie nominiert. Geschafft hat er das dank seines politischen Fingerspitzengefühls und dank Emmanuel Macron.

Steile Karriere in Macrons Windschatten

2014 stieß er als Berater zum damaligen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron ins Kabinett. Dort arbeitete er unter anderem an der “Loi Macron” – ein Gesetz, das bürokratische Hindernisse in einer Reihe von Sektoren aus dem Weg schaffen und somit für Wirtschaftswachstum sorgen sollte. Die Entbürokratisierung steht auch jetzt wieder weit oben auf der EU-Agenda.

2016 spielte er eine führende Rolle in der Präsidentschaftskampagne seines Chefs. Anstatt wie viele andere von Macrons Weggefährten den Gang in die Nationalversammlung anzutreten, blieb er nahe am Präsidenten und wurde politischer Berater im Elysée-Palast. 2019 zog er als Listenführer von Macrons Partei ins Europäische Parlament ein, wo er 2021 auch die Führung der liberalen Renew-Fraktion übernahm.

Gleichzeitig hielt er sich auch in Paris weiter im Spiel. Im September 2022 übernahm er den Vorsitz von Renaissance und im Januar 2024 wurde er von Premierminister Gabriel Attal zum Europa- und Außenminister nominiert – ein Amt, das er bis zum vergangenen Montag innehatte.

Verständnis für die Machtverhältnisse

Séjourné schaffte es in den vergangenen Jahren, gleichzeitig in Paris und in Brüssel Einfluss zu nehmen und seine Macht auszubauen. Trotzdem kennt die Öffentlichkeit ihn nur schlecht. Wenn in französischen Medien über ihn geschrieben wird, dann oft als der “Mann im Schatten”. Wie hat er es trotz dieses relativen Schattendaseins geschafft, eine derart steile Karriere hinzulegen?

“Er hat ein ausgeprägtes Verständnis dafür, wie die Machtverhältnisse sind”, sagt eine Quelle, die eng mit Séjourné zusammengearbeitet hat. Das mache ihn zu einem respektierten Vermittler. “Als er der Renew-Fraktion präsidierte, sagte Séjourné oft, dass, wenn er eine Lösung zwischen Pascal Canfin und Nicola Beer finde, er eine Lösung für Europa finden könne”. Die Positionen der französischen und deutschen Liberalen sind vor allem wirtschaftspolitisch oft sehr unterschiedlich, aber Séjourné schaffte es, beide Seiten an Bord zu halten.

Der Anti-Breton

Der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner lobt den Franzosen als “Politprofi”, der “für die neue Kommission eine wichtige Bereicherung werden” würde. “Er ist liberaler als sein Vorgänger Breton, entsprechend kann von einer guten Kooperation mit ihm ausgegangen werden”, so Körner. Die Gegensätze zu Thierry Breton könnten größer kaum sein. Während Breton die Öffentlichkeit und die Auseinandersetzung suchte und sich dabei auch mächtige Feinde machte, agiert Séjourné meist im Hintergrund. Er ist darauf bedacht, keine Brücken einzureißen.

“Er ist ein Politiker, der zuhört und viel von den Expertisen der anderen in sich aufnimmt”, sagt der enge Bekannte Séjournés Table.Briefings. So hört man in seinem Umfeld, dass er sowohl als Außenminister als auch als Renew-Präsident stark auf die Expertise in der Verwaltung bzw. im Parteisekretariat zurückgriff und nicht alles in einem kleinen Kreis enger Berater entschied.

In politisch heiklen Dossiers der Industriepolitik wird er sowohl auf die Verwaltungskompetenzen wie auf sein politisches Fingerspitzengefühl angewiesen sein. Dabei wird ihm zugutekommen, dass er viele seiner neuen Kommissionskollegen schon kennt. Einerseits durch seine Arbeit als Fraktionschef im Parlament, andererseits aber auch als französischer Außenminister. So hat er mit den Kollegen Ribera, Hoekstra und Jørgensen schon bei internationalen Klimaverhandlungen zu tun gehabt. Mit denselben Leuten wird Séjourné in den ersten hundert Tagen der neuen Kommission den Clean Industry Deal vorschlagen müssen.

Investitionen für wirtschaftliche Stärke

Wer sich in seinem Umfeld umhört, vernimmt, dass ihn das Abgehängtwerden (“décrochage”) Europas umtreibt. Er will einen Weg finden, von der chronischen Unterinvestition in der europäischen Wirtschaft wegzukommen. Laut Mission Letter wird die Errichtung eines Wettbewerbsfähigkeitsfonds (“Competitiveness Fund”) Teil seiner Aufgaben sein.

Damit wird er sich dem wohl politischsten aller EU-Themen widmen müssen – der Finanzierung. “Als enger Vertrauter von Macron ist […] davon auszugehen, dass er – im Gegensatz zur FDP – sich für eine verstärkte europäische Verschuldung einsetzen wird”, sagt Körner. Ein gutes Verhältnis zur deutschen Regierung wird für Séjourné umso wichtiger, wenn er sich auf die Diskussion über neue EU-Schulden einlassen will.

Französisch-deutsche Kabinettsspitze

Im Umfeld Séjournés hört man, dass er für sein Kabinett eine deutsch-französische Spitze vorsieht. Schon bekannt ist, dass Bertrand L’Huillier Séjournés zweiköpfiges Mini-Vorbereitungskabinett leitet. L’Huillier leitete Séjournés Team schon im Parlament und begleitete ihn auch ins Außenministerium. Wenn L’Huillier also Kabinettschef werden soll, kann man davon ausgehen, dass eine deutsche Staatsbürgerin den Posten der stellvertretenden Kabinettschefin übernehmen wird.

Doch bevor Séjourné sein Kabinett zusammenstellen kann, muss er das Parlament von sich überzeugen. Diese Woche hat er die verschiedenen Fraktionschefs in Brüssel getroffen und dabei wohl versucht, was er am besten kann: Im Hintergrund Allianzen schmieden.

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  • Investitionen
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Termine

27.09.2024 – 08:45-11:45 Uhr, online
HBS, Workshop Förderlinie Transformation
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) geht der Frage nach, was Transformation konkret im Betrieb und in der Region bedeutet. INFOS & ANMELDUNG

30.09.2024 – 14:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ACER, Workshop Designing electricity network tariffs to fit the energy transition
The European Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER) identifies the most pressing transmission and distribution tariff dilemmas. INFOS & REGISTRATION

01.10.2024 – 09:00-10:00 Uhr, Berlin
ECFR, Discussion Lessons from Ukraine: Mapping out EU sanctions options for a Taiwan conflict
The European Council on Foreign Relations (ECFR) delves into Europe’s economic statecraft options if China were to launch an aggression against Taiwan. INFOS & REGISTRATION

01.10.2024 – 09:45-09:30 Uhr, New York/online
DSI, Conference AI(M) for the Future
The Digital Society Institute (DSI) discusses the ethical challenges of our digital age. INFOS & REGISTRATION

01.10.2024 – 10:00 Uhr, online
KAS, Vortrag Österreich nach der Wahl: Die Suche nach dem geringsten Übel
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert das Ergebnis der österreichischen Nationalratswahl. INFOS & ANMELDUNG

01.10.2024 – 14:00-16:00 Uhr, online
ACER, Workshop Draft network code on demand response
The European Union Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER) presents the draft network code on demand response and its objectives. INFOS & REGISTRATION

News

Schutzstatus des Wolfes: EU-Botschafter billigen Vorstoß der Kommission

Die EU-Botschafter haben den Vorstoß der Kommission gebilligt, den Schutzstatus des Wolfes von “streng geschützt” auf “geschützt” herabzustufen. Damit ist der Weg dafür frei, dass der Vorschlag an diesem Donnerstag vom Wettbewerbsfähigkeitsrat beschlossen wird. Dann kann sich die Kommission im Namen der EU am 4. Dezember in der Runde der Vertragsparteien der Berner Übereinkunft zur Erhaltung der in Europa wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer Lebensräume für die Herabstufung starkmachen.

Der Vorschlag dürfte auch in der Runde der Vertragsparteien Zustimmung finden. Danach will die Kommission die FFH-Artenschutzrichtlinie entsprechend ändern. Bislang ist es nur möglich, Wölfe abzuschießen, die Weidevieh gerissen haben. Mit der Herabsetzung des Schutzstatus könnten Jäger die Bestände regulieren, sofern diese nicht bedroht sind.

Der Beschluss im Ministerrat wurde möglich, weil die Bundesregierung ihre Blockade aufgegeben hat. Umweltministerin Steffi Lemke war lange Zeit gegen die Herabsetzung. Belgien, Slowenien, Zypern und Malta enthielten sich auf Botschafterebene, Spanien und Irland stimmten dagegen. mgr   

  • Biodiversität
  • Europäische Kommission
  • Europäischer Rat
  • Steffi Lemke
  • Wolf
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Klima: Was EU-Kommissar Hoekstra von Peking fordert

EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra hat China wegen Subventionen von Clean Tech kritisiert. “Wir haben tatsächlich ein China-Problem”, sagte Hoekstra in einem Interview mit Bloomberg Television. “Es kann nicht sein, dass unsere Unternehmen pleitegehen, weil der Markt mit staatlich subventionierten Produkten überschwemmt wird”, fügte er hinzu. “Das wird am Ende die europäische Industrie töten und das werden wir nicht zulassen.” Hoekstra wurde von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für weitere fünf Jahre als EU-Klimakommissar nominiert und wird sein Portfolio um die Steuerpolitik erweitern. 

Peking sei nun reich genug, um zu den weltweiten Bemühungen beizutragen, Finanzmittel für Entwicklungsländer bereitzustellen, um diesen bei der Bewältigung der Auswirkungen der globalen Erwärmung zu helfen. China zögert seit langem, zu den globalen Klimafinanzierungszielen beizutragen, und argumentiert, dies sei die Verantwortung der reichsten Länder, die seit der industriellen Revolution die meisten CO₂-Emissionen verursacht haben.

China zum Zahlen zu bewegen wird eine der größten Herausforderungen sein, wenn sich die globalen Klimaverhandler in sieben Wochen bei der COP29 in Aserbaidschan treffen, um ein neues Finanzziel für die Zeit nach 2025 zu vereinbaren. “Wenn man wie China in der Lage ist, eine Mission zum Mond zu fliegen, dann kann man auch mehr im Bereich Klimaschutz zahlen”, sagte Hoekstra. ari

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  • Ursula von der Leyen

Unicredit: Commerzbank-Übernahme wäre “Testfall für Europa”

Nach dem Einstieg bei der Commerzbank hält sich Unicredit-Chef Andrea Orcel alle Optionen offen – betont aber die Vorzüge einer grenzüberschreitenden Fusion. “Die Commerzbank ist ein Investment. Nichts anderes.” Derzeit gebe es kein Übernahmeangebot, sagte Orcel auf einer Konferenz der Bank of America in London.

Ein Zusammengehen mit dem Frankfurter Dax-Konzern könne aber zum “Testfall für Europa” werden, das größere Banken brauche. “Wir können zusammenkommen und etwas Größeres machen.” Die Commerzbank passe strategisch gut zur italienischen Großbank.

Bund plant keine Abwehr

Der deutsche Bankenmarkt sei fragmentiert und Unicredit habe Erfahrung vor Ort, sagte Orcel in Anspielung auf die Tochter HypoVereinsbank (HVB), die 2005 von der Unicredit übernommen worden war. Zugleich betonte Orcel erneut, die Unicredit sei nicht unter Zugzwang. “Wir können den Commerzbank-Anteil auch wieder verkaufen.” Bei großen Fusionen brauche es Einigkeit auf beiden Seiten.

Die Bundesregierung hatte eindringlich vor einer feindlichen Übernahme der Commerzbank durch die italienische Großbank Unicredit gewarnt – plant aber keine Abwehr des Übernahmeversuchs. Das Institut sei eine sehr wichtige Bank für die deutsche Wirtschaft, sagte Regierungssprecher Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Es gebe aber keine weiteren Überlegungen, etwas abzuwehren, das sei “Sache der Kapitalmarktakteure”. dpa

  • Banken
  • Kapitalmarktunion

Google reicht Beschwerde gegen Microsoft ein

Wegen angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens hat Google bei der EU-Kommission Beschwerde gegen Microsoft eingereicht. Die Cloud-Sparte des Software-Konzerns nutze die marktbeherrschende Stellung des Betriebssystems “Windows Server” aus, um Kunden den Wechsel zu anderen Anbietern zu erschweren, teilte die Alphabet-Tochter am Mittwoch mit.

Diese müssten Preisaufschläge von 400 Prozent bezahlen, wollten sie “Windows Server” auf Rechnern anderer Cloud-Firmen laufen lassen. Microsoft, das wegen seiner Cloud-Praktiken unlängst einen millionenschweren Vergleich mit dem Branchenverband CISPE geschlossen hatte, äußerte sich gelassen über die Google-Beschwerde. rtr

  • Google
  • Microsoft
  • Wettbewerbsverfahren

Presseschau

Europäischer Rechnungshof: Wie mit der “Gießkanne” – EU-Milliarden gegen Migration ineffektiv eingesetzt WELT
Abstimmung in Brüssel: Kursänderung beim Wolf – EU-Staaten wollen Schutz absenken SÜDDEUTSCHE
Neue EU-Kommission: Drei Russland-Kenner für Europas Sicherheit SÜDDEUTSCHE
Litauens “Manager” soll die EU in eine Militärmacht verwandeln DER STANDARD
Atomindustrie von Ernennung der neuen EU-Kommission nicht abgeschreckt EURACTIV
Polens Opposition stellt Herkunft der EU-Fluthilfen infrage EURACTIV
Qatargate-Ermittler geraten ins Zwielicht FAZ
EU schreibt 2,5 Milliarden Fördermittel für Verkehrsinfrastruktur aus DVZ
Trotz Protest aus Berlin: Brüssel hält an Start für Gesetz gegen Abholzung fest EURACTIV
EU-Regel: FDP-Fraktionschef Christian Dürr will Aus für Entwaldungsverordnung T-ONLINE
Kosovo: Premierminister Kurti fordert Auslieferung von mutmaßlichem serbischen Überfallkommando EURONEWS
Bulgarien: Bis Jahresende Entscheidung über Schengen-Beitritt erwartet EURACTIV
Litauen: Brigade nimmt Gestalt an – Jetzt geht es um Panzertransporte und deutsche Schulen TAGESSPIEGEL
Schweden: Nach Koranschändungen – Hacker-Operation des Irans DEUTSCHLANDFUNK
Belgien: Katholische Kirche – Der Papst besucht das Land in schwierigen Zeiten STUTTGARTER-NACHRICHTEN
Belgien: Anpassung des Abtreibungsgesetzes im Parlament vorerst gescheitert VRT
Belgien: Erhebliche Unterschiede bei den Gehältern GRENZECHO
Italien: Könnte das “Verbrenner-Aus” in der EU wanken? Regierung verlangt frühere Inspektion OP-ONLINE
Norwegen: Shell und Equinor stoppen geplante Wasserstoff-Projekte TELEPOLIS
Tschechien: Regierungskoalition nach Sieg der Opposition bei Regionalwahlen in der Krise DEUTSCHLANDFUNK
Türkei: Erdogan will in New York Beziehungen retten – “unabhängig davon, wer nach US-Wahl Präsident wird” FR
Ungarn: Das Land entwickelte sich zum Erfolgsgarant für E-Autos – doch der Motor stottert MERKUR
Österreich: Vor Wahl: In Wien regt sich Widerstand gegen die FPÖ MERKUR
Österreich: Vor der Wahl – Wo die FPÖ seit Jahren normal ist TAGESSCHAU
Österreich: Die “Swing-States” – und welche Rolle sie bei der Wahl spielen könnten DERSTANDARD
Frankreich: Heftiger Streit über den Umgang mit Marine Le Pens Fraktion FAZ
Frankreich: Das Land setzt auf staatliche Beteiligungen, um seine nationale Souveränität zu schützen BÖRSEN-ZEITUNG
Finnland: Reichstag mit blutroter Farbe besprüht SALZBURGER NACHRICHTEN
Finnland: Schulden wegen kostspieliger Lebensführung – zu teuer – Zoo schickt Pandas zurück nach China SPIEGEL
Griechenland: Entsalzungsanlagen sollen das Land vor dem Verdursten retten NZZ
Slowakei: Kulturkampf ums Buch SÜDDEUTSCHE
Niederlande: Ladestationen für E-Nutzfahrzeuge werden gefördert ELECTRIVE
Großbritannien: Eskalation zwischen Israel und Hisbollah – Truppen nach Zypern für mögliche Libanon-Evakuierung entsandt SPIEGEL
Großbritannien: Labour-Parteitag stimmt gegen Kürzung von Heizkostenzuschuss UNTERNEHMEN-HEUTE
Großbritannien: Premier Keir Starmer und die billigen Tickets SÜDDEUTSCHE
Großbritannien: Personalnot in der Landwirtschaft – Versorgung mit Milch akut gefährdet WELT
Liechtenstein: Weit entfernt vom Erreichen der Nachhaltigkeitsziele RADIO LIECHTENSTEIN
Schweiz: Europäische Menschenrechtskonvention wird nicht gekündigt SARGANSERLÄNDER
Schweiz: Einsatz der Selbstmordkapsel “Sarco” illegal EURONEWS

Standpunkt

EU-Innovationspolitik: “So wie Europa ist, kann es nicht bleiben”

Von Katharina Fegebank
Katharina Fegebank (Grüne) ist Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Forschung.
Katharina Fegebank (Grüne) ist Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Forschung.

Hat Europa künftig noch einen Platz an der Weltspitze? Unsere Freiheit und unser Wohlstand hängen davon ab, welchen Weg Europa jetzt einschlägt und ob Wissenschaft und Forschung dabei die Richtung vorgeben. Die neue EU-Kommission steht vor großen Aufgaben. Spätestens seit Mario Draghis Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU ist klar: Europa muss erheblich innovativer werden, um im globalen Wettbewerb mitzuhalten.  

Die neue Kommission ist in einer grundlegend veränderten geopolitischen Lage. Wir erleben den Aufstieg autoritärer und nationalistischer Regierungen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen haben uns die Gefahren einseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeit schmerzlich erfahren lassen. Immer deutlicher tritt China als Systemrivale Europas auf. Und egal, wer das Rennen ins Weiße Haus gewinnt: Als Stabilitätsgarant Europas befinden sich die USA auf dem Rückzug. 

Europa muss in die eigene Souveränität investieren 

Höchste Zeit für Europa, in die eigene Souveränität zu investieren. Dabei sollte uns klar sein: So wie Europa jetzt ist, kann es nicht bleiben. Und zwar nicht, weil es jetzt schlecht ist, sondern zu wenig ehrgeizig. Zu wenig selbstbewusst. Zu wenig auf die eigenen Stärken bedacht. Was wir brauchen, ist der Mut und die Bereitschaft, selbst Veränderungen anzustoßen.  

Drei Punkte, die aus meiner Sicht klarmachen, was wir dringend benötigen:  

  1. Europa muss endlich Ernst machen mit dem Anspruch, global führender Forschungsstandort zu sein. Das heißt: klotzen, nicht kleckern. Europas Zukunft sollte uns für das nächste Forschungsrahmenprogramm 200 Milliarden Euro auf sieben Jahre wert sein, also doppelt so viel wie heute. Wie auch Mario Draghi zu Recht fordert. Damit könnten wir die gewaltigen Potenziale in Europa heben und die Lücke auf dem Top-Markt für Spitzentalente schließen. 

Mehr Vielfalt: Reine Transferorientierung bringt nicht weiter 

  1. Europas Stärke liegt in seiner Vielfalt, und diese Vielfalt müssen wir auch in der Forschungs- und Innovationspolitik fördern. Deshalb braucht es die Balance: Mehr Fokus – und zugleich Einseitigkeiten vermeiden. Wir brauchen Grundlagenforschung ebenso wie Transfer. Die Entwicklung der mRNA-Impfstoffe etwa baute auf jahrzehntelanger Grundlagenforschung auf und hat klar gezeigt: Mit reiner Transferorientierung kommen wir nicht weiter. Wir brauchen nachhaltige Schlüsseltechnologien, Quantencomputing und KI ebenso wie Life Science, Klima- und Demokratieforschung. Denn zukunftsfähig zu sein, heißt nicht nur, über die richtigen Technologien zu verfügen. Wir müssen auch wissen, nach welchen Maßstäben sie anzuwenden sind. Wir müssen verstehen, wie Biodiversität verloren geht und was wir dagegen tun können. Und warum es Wissenschaft immer schwerer fällt, Gehör zu finden – gerade beim Thema Klimawandel. Innovationsfähig ist nur, wer Antworten auf diese Fragen hat.  
  1. Wir müssen Europa zur echten Forschungsunion machen. Enrico Letta hat dazu – zuletzt vergangene Woche beim Hamburg Science Summit – noch einmal seinen mutigen Vorschlag betont: Forschung und Innovation als fünfte Freiheit im Binnenmarkt neben Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Damit Forschung und Innovation wirklich zur zentralen Grundlage für wirtschaftliches Wachstum in der EU werden, brauchen wir noch mehr: Mehr gemeinsame Datennutzung – zum Beispiel Medizindaten für bessere Therapieansätze, mehr gemeinsame große Infrastruktur und mehr offene Gespräche darüber, wie öffentliche Hand und Privatwirtschaft den globalen Wettbewerb gemeinsam angehen können. 

“Wenn wir unsere Stärken bündeln, kommen wir auf Erfolgskurs” 

Wohin also geht Europas Reise? Ich bin davon überzeugt: Wenn wir als Europäerinnen und Europäer füreinander einstehen, wenn wir Hindernisse als gemeinsame europäische Herausforderungen angehen und noch intensiver als bisher unsere Stärken bündeln, dann kommen wir wieder auf Erfolgskurs. Als Senatorin in Hamburg sehe ich jeden Tag, was Europa alles kann: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Teilen der Welt arbeiten hier über Institutionengrenzen interdisziplinär und vernetzt zusammen.  

Unsere Science City Hamburg Bahrenfeld ist ein europäisches Projekt, in dem Start-ups mit der Spitzenforschung zusammenarbeiten und dafür nur die Straße überqueren müssen. Wo mit dem weltstärksten Röntgenlasermikroskop PETRA IV europäische Technologiesouveränität, Grundlagenforschung und Anwendung in der Privatwirtschaft zusammenkommen soll. Ich erlebe in Hamburg einen besonderen Spirit. Menschen, die sich für gemeinsame Projekte begeistern. Die kooperativ und wagemutig Grenzen überwinden. Die damit Neues entdecken und Innovatives schaffen. Das ist, wofür die Idee Europa steht. Und das ist, was Europa jetzt braucht.

  • Biodiversität
  • Europa
  • Forschungspolitik
  • Innovation
  • Wettbewerb
  • Wissenschaft

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    heute treffen sich die Industrieminister in Brüssel zum Wettbewerbsfähigkeitsrat. Die ungarische Präsidentschaft hat nur ein halbtägiges Meeting angesetzt, aber das Programm hat es in sich. Zuerst werden die Minister in einer nicht öffentlichen Sitzung den Draghi-Bericht besprechen und ihre Präferenzen kundtun, an welchen der Vorschläge weitergearbeitet werden soll. Mario Draghi war eingeladen worden, sagte laut einer Diplomatin aber aus Termingründen ab.

    In einer weiteren nicht öffentlichen Diskussion werden sich die Minister den staatlichen Beihilfen widmen. Zum einen geht es wieder darum, ob Ideen aus den Berichten von Draghi und Letta weiterverfolgt werden sollten. Beide hatten die Lockerung der Beihilferegeln auf nationalstaatlicher Ebene kritisiert und schlugen eine Lösung auf europäischer Ebene vor. Zum anderen geht es auch darum, ob die aktuell gültige Lockerung der Beihilferegeln unter dem “Temporary Crisis and Transition Framework” bis nach 2025 verlängert werden soll oder nicht.

    Nach diesen politisch kontroversen Themen gibt es eine öffentliche Diskussion über die Billigwaren, die über die chinesischen Online-Anbieter Shein und Temu in die EU verkauft werden und in vielen Fällen EU-Normen widersprechen. Deutschland hat das Thema auf die Agenda gehoben und den Mitgliedstaaten ein Non-Paper präsentiert, in dem schnelle Maßnahmen gefordert werden.

    Die EU-Kommission untersucht derzeit, ob sie die beiden Plattformen via Digital Services Act besser kontrollieren kann. Aber um das regulatorische Zoll-Schlupfloch zu schließen, von dem Shein und Temo profitieren, wäre wohl ein neuer regulatorischer Vorschlag von der Kommission nötig. Der deutsche Vorstoß wird auch von Frankreich, Österreich, Polen, Dänemark und den Niederlanden unterstützt.

    Und als wäre das nicht schon genug für einen halben Tag, hat der italienische Industrieminister Adolfo Urso angekündigt, dass er bei der Ratssitzung die vorgezogene Überarbeitung des Verbrennerverbots diskutieren will. Langweilig wird es nicht!

    Einen weniger überfüllten aber mindestens so erfüllenden Tag wünscht Ihnen,

    Ihr
    János Allenbach-Ammann
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    Analyse

    Strafzahlungen für Klimasünder: So steinig ist der Weg für Erleichterungen der Autokonzerne

    Der Druck auf die EU-Kommission steigt, die gesetzlich vorgesehene Überprüfung der CO₂-Flottengrenzwerte von 2026 auf 2025 vorzuziehen. Jens Gieseke (CDU), Koordinator im Verkehrsausschuss, fordert ein “klares Bekenntnis” der zuständigen Kommissare, Wopke Hoekstra und Teresa Ribera, in den Anhörungen, “für Flexibilität und nicht starr an der Revision 2026 festzuhalten”. Er knüpft daran Bedingungen: “Ohne dieses klare Bekenntnis werde ich diesen Kommissaren meine Zustimmung verweigern”. Die Anhörungen werden voraussichtlich ab 4. November stattfinden.

    Zuvor hatten bereits Wirtschaftsminister Robert Habeck, der europäische Hersteller-Verband ACEA und VDA-Präsidentin Hildegard Müller das Vorziehen gefordert. Der niedersächsische CDU-Chef Sebastian Lechner und Stimmen aus der FDP fordern sogar die Abschaffung der Flottengrenzwerte und damit die Rücknahme des Verbrenner-Aus 2035. Der Abgeordnete Gieseke, der aus Niedersachsen kommt, hat letzte Woche eine schriftliche Anfrage an die Kommission gerichtet und will wissen: “Erwägt die Europäische Kommission eine vorzeitige Evaluierung der für den Automobilsektor relevanten Gesetzgebung?” Er fragt weiter: “Falls ja, in welchem Zeitraum? Falls nein, mit welcher Begründung?” Die Kommission muss auf die schriftliche Anfrage eines Europaabgeordneten binnen sechs Wochen antworten.

    Von der Leyen hat sich noch nicht positioniert

    Bislang ist Ursula von der Leyen der Frage ausgewichen. Und das, obwohl sie Spitzenkandidatin der CDU war, die mit der Forderung nach Rückabwicklung des Verbrenner-Aus ihren Europawahlkampf bestritten hat. Auch intern soll sie etwa den Abgeordneten von CDU und CSU im Europaparlament keine Zusage gegeben haben, die Überprüfung vorzuziehen. Vertreter der Hersteller haben in den letzten Wochen dem Vernehmen nach ihre Forderung, die Überprüfung vorzuziehen, wiederholt gegenüber hohen Kommissionsbeamten erhoben. Die Beamten sollen sich die Argumente angehört, aber keine Kommentare abgegeben haben. Das Signal müsste ohnehin von der politischen Ebene kommen, also von der Kommission.

    Während im Wahlkampf noch die Rücknahme des Verbrenner-Aus 2035 im Mittelpunkt stand, geht es jetzt vor allem um die drohenden Strafzahlungen, sollten die Hersteller die 2025er-Ziele verfehlen. Bußen von bis zu 15 Milliarden Euro könnten fällig werden, weil mehrere Konzerne die spezifischen CO₂-Flottengrenzwerte nicht erreichen werden. Strafzahlungen in Milliardenhöhe würden die Hersteller in ihrer Wettbewerbsfähigkeit noch weiter zurückwerfen, argumentiert die Branche.

    Wettbewerbsvorteil für BMW

    Hintergrund ist: Vor allem VW und Renault verfehlen ihre Verkaufsziele bei batterieelektrischen Neufahrzeugen (BEV). Auch Mercedes wird es schwer haben. BMW und Stellantis könnten die Ziele erreichen. BMW-Chef Oliver Zipse dürfte nicht daran interessiert sein, den mühsam erkämpften Wettbewerbsvorteil bei den Flottengrenzwerten gegenüber Mercedes und dem VW-Konzern wieder aufzugeben. Das wäre aber der Fall, wenn die Strafzahlungen reduziert oder gar ausgesetzt würden.

    Der gesetzgeberische Weg dahin wäre ohnehin nicht leicht. Voraussetzung wäre das Vorziehen der Revision von 2026 auf 2025. Machbar wäre es, hört man von erfahrenen Abgeordneten. Dafür müssten sich aber die Experten der Kommission beeilen und ihre Analyse zum Stand der Dekarbonisierung von Neuflotten ein Jahr früher fertigstellen. Auf dieser Basis könne dann, so das Kalkül der Hersteller, die Kommission vor der Sommerpause 2025 vorschlagen, die Grenzwerte für 2025 rückwirkend zu erhöhen.

    Mehrheiten müssten sich in kurzer Zeit drehen

    Die Co-Gesetzgeber, Parlament und Rat, müssten wie bei jedem regulären Gesetzgebungsverfahren zustimmen. Das ist kein Selbstläufer: Erst im Juni 2022 hat das Parlament die Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus beschlossen. Damals waren 339 Abgeordnete für die Grenzwerte, 249 lehnten sie ab. Um Strafzahlungen aufzuheben und Grenzwerte zu erhöhen, müssten sich binnen weniger Jahre die Mehrheiten drehen. Gleiches gilt für den Rat.

    Damit wären die Strafzahlungen für 2025 obsolet. Ohne diesen Eingriff würde die Kommission erfahrungsgemäß vor der Sommerpause 2026 etwaige Verstöße gegen die Flottengrenzwerte feststellen und die Strafzahlungen festsetzen: Für jeden Neuwagen und jedes Gramm, um das der Hersteller seinen spezifischen Flottengrenzwert verfehlt, würden 95 Euro fällig.

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    Der Anti-Breton: Wie tickt Stéphane Séjourné?

    Stéphane Séjourné ist mit Diskretion die Karriereleiter hochgestiegen

    Seine politische Karriere begann vor 20 Jahren mit einer Niederlage. 2004 beteiligte sich der damals 19-jährige Stéphane Séjourné an einer Kampagne für die Europäische Verfassung – und verlor. Auch die nächsten politischen Engagements des jungen Franzosen, der seit 2001 Mitglied des Parti Socialiste (S&D) war, waren nicht von Erfolg gekrönt. 2007 half er im Wahlkampf von Ségolène Royale, die in der Präsidentschaftswahl gegen Sarkozy verlor, und 2011 unterstützte er Dominique Strauss-Kahn, bis dessen sogenannter Sofitel-Skandal aufflog.

    Und trotzdem sitzt der heute 39-Jährige aktuell im neunten Stock des Charlemagne-Gebäudes in Brüssel und bereitet sich vor, den vielleicht einflussreichsten Posten der europäischen Wirtschaftspolitik zu übernehmen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihn zum Kommissionsvizepräsidenten für Wohlstand und Industriestrategie nominiert. Geschafft hat er das dank seines politischen Fingerspitzengefühls und dank Emmanuel Macron.

    Steile Karriere in Macrons Windschatten

    2014 stieß er als Berater zum damaligen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron ins Kabinett. Dort arbeitete er unter anderem an der “Loi Macron” – ein Gesetz, das bürokratische Hindernisse in einer Reihe von Sektoren aus dem Weg schaffen und somit für Wirtschaftswachstum sorgen sollte. Die Entbürokratisierung steht auch jetzt wieder weit oben auf der EU-Agenda.

    2016 spielte er eine führende Rolle in der Präsidentschaftskampagne seines Chefs. Anstatt wie viele andere von Macrons Weggefährten den Gang in die Nationalversammlung anzutreten, blieb er nahe am Präsidenten und wurde politischer Berater im Elysée-Palast. 2019 zog er als Listenführer von Macrons Partei ins Europäische Parlament ein, wo er 2021 auch die Führung der liberalen Renew-Fraktion übernahm.

    Gleichzeitig hielt er sich auch in Paris weiter im Spiel. Im September 2022 übernahm er den Vorsitz von Renaissance und im Januar 2024 wurde er von Premierminister Gabriel Attal zum Europa- und Außenminister nominiert – ein Amt, das er bis zum vergangenen Montag innehatte.

    Verständnis für die Machtverhältnisse

    Séjourné schaffte es in den vergangenen Jahren, gleichzeitig in Paris und in Brüssel Einfluss zu nehmen und seine Macht auszubauen. Trotzdem kennt die Öffentlichkeit ihn nur schlecht. Wenn in französischen Medien über ihn geschrieben wird, dann oft als der “Mann im Schatten”. Wie hat er es trotz dieses relativen Schattendaseins geschafft, eine derart steile Karriere hinzulegen?

    “Er hat ein ausgeprägtes Verständnis dafür, wie die Machtverhältnisse sind”, sagt eine Quelle, die eng mit Séjourné zusammengearbeitet hat. Das mache ihn zu einem respektierten Vermittler. “Als er der Renew-Fraktion präsidierte, sagte Séjourné oft, dass, wenn er eine Lösung zwischen Pascal Canfin und Nicola Beer finde, er eine Lösung für Europa finden könne”. Die Positionen der französischen und deutschen Liberalen sind vor allem wirtschaftspolitisch oft sehr unterschiedlich, aber Séjourné schaffte es, beide Seiten an Bord zu halten.

    Der Anti-Breton

    Der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner lobt den Franzosen als “Politprofi”, der “für die neue Kommission eine wichtige Bereicherung werden” würde. “Er ist liberaler als sein Vorgänger Breton, entsprechend kann von einer guten Kooperation mit ihm ausgegangen werden”, so Körner. Die Gegensätze zu Thierry Breton könnten größer kaum sein. Während Breton die Öffentlichkeit und die Auseinandersetzung suchte und sich dabei auch mächtige Feinde machte, agiert Séjourné meist im Hintergrund. Er ist darauf bedacht, keine Brücken einzureißen.

    “Er ist ein Politiker, der zuhört und viel von den Expertisen der anderen in sich aufnimmt”, sagt der enge Bekannte Séjournés Table.Briefings. So hört man in seinem Umfeld, dass er sowohl als Außenminister als auch als Renew-Präsident stark auf die Expertise in der Verwaltung bzw. im Parteisekretariat zurückgriff und nicht alles in einem kleinen Kreis enger Berater entschied.

    In politisch heiklen Dossiers der Industriepolitik wird er sowohl auf die Verwaltungskompetenzen wie auf sein politisches Fingerspitzengefühl angewiesen sein. Dabei wird ihm zugutekommen, dass er viele seiner neuen Kommissionskollegen schon kennt. Einerseits durch seine Arbeit als Fraktionschef im Parlament, andererseits aber auch als französischer Außenminister. So hat er mit den Kollegen Ribera, Hoekstra und Jørgensen schon bei internationalen Klimaverhandlungen zu tun gehabt. Mit denselben Leuten wird Séjourné in den ersten hundert Tagen der neuen Kommission den Clean Industry Deal vorschlagen müssen.

    Investitionen für wirtschaftliche Stärke

    Wer sich in seinem Umfeld umhört, vernimmt, dass ihn das Abgehängtwerden (“décrochage”) Europas umtreibt. Er will einen Weg finden, von der chronischen Unterinvestition in der europäischen Wirtschaft wegzukommen. Laut Mission Letter wird die Errichtung eines Wettbewerbsfähigkeitsfonds (“Competitiveness Fund”) Teil seiner Aufgaben sein.

    Damit wird er sich dem wohl politischsten aller EU-Themen widmen müssen – der Finanzierung. “Als enger Vertrauter von Macron ist […] davon auszugehen, dass er – im Gegensatz zur FDP – sich für eine verstärkte europäische Verschuldung einsetzen wird”, sagt Körner. Ein gutes Verhältnis zur deutschen Regierung wird für Séjourné umso wichtiger, wenn er sich auf die Diskussion über neue EU-Schulden einlassen will.

    Französisch-deutsche Kabinettsspitze

    Im Umfeld Séjournés hört man, dass er für sein Kabinett eine deutsch-französische Spitze vorsieht. Schon bekannt ist, dass Bertrand L’Huillier Séjournés zweiköpfiges Mini-Vorbereitungskabinett leitet. L’Huillier leitete Séjournés Team schon im Parlament und begleitete ihn auch ins Außenministerium. Wenn L’Huillier also Kabinettschef werden soll, kann man davon ausgehen, dass eine deutsche Staatsbürgerin den Posten der stellvertretenden Kabinettschefin übernehmen wird.

    Doch bevor Séjourné sein Kabinett zusammenstellen kann, muss er das Parlament von sich überzeugen. Diese Woche hat er die verschiedenen Fraktionschefs in Brüssel getroffen und dabei wohl versucht, was er am besten kann: Im Hintergrund Allianzen schmieden.

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    Termine

    27.09.2024 – 08:45-11:45 Uhr, online
    HBS, Workshop Förderlinie Transformation
    Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) geht der Frage nach, was Transformation konkret im Betrieb und in der Region bedeutet. INFOS & ANMELDUNG

    30.09.2024 – 14:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
    ACER, Workshop Designing electricity network tariffs to fit the energy transition
    The European Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER) identifies the most pressing transmission and distribution tariff dilemmas. INFOS & REGISTRATION

    01.10.2024 – 09:00-10:00 Uhr, Berlin
    ECFR, Discussion Lessons from Ukraine: Mapping out EU sanctions options for a Taiwan conflict
    The European Council on Foreign Relations (ECFR) delves into Europe’s economic statecraft options if China were to launch an aggression against Taiwan. INFOS & REGISTRATION

    01.10.2024 – 09:45-09:30 Uhr, New York/online
    DSI, Conference AI(M) for the Future
    The Digital Society Institute (DSI) discusses the ethical challenges of our digital age. INFOS & REGISTRATION

    01.10.2024 – 10:00 Uhr, online
    KAS, Vortrag Österreich nach der Wahl: Die Suche nach dem geringsten Übel
    Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert das Ergebnis der österreichischen Nationalratswahl. INFOS & ANMELDUNG

    01.10.2024 – 14:00-16:00 Uhr, online
    ACER, Workshop Draft network code on demand response
    The European Union Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER) presents the draft network code on demand response and its objectives. INFOS & REGISTRATION

    News

    Schutzstatus des Wolfes: EU-Botschafter billigen Vorstoß der Kommission

    Die EU-Botschafter haben den Vorstoß der Kommission gebilligt, den Schutzstatus des Wolfes von “streng geschützt” auf “geschützt” herabzustufen. Damit ist der Weg dafür frei, dass der Vorschlag an diesem Donnerstag vom Wettbewerbsfähigkeitsrat beschlossen wird. Dann kann sich die Kommission im Namen der EU am 4. Dezember in der Runde der Vertragsparteien der Berner Übereinkunft zur Erhaltung der in Europa wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer Lebensräume für die Herabstufung starkmachen.

    Der Vorschlag dürfte auch in der Runde der Vertragsparteien Zustimmung finden. Danach will die Kommission die FFH-Artenschutzrichtlinie entsprechend ändern. Bislang ist es nur möglich, Wölfe abzuschießen, die Weidevieh gerissen haben. Mit der Herabsetzung des Schutzstatus könnten Jäger die Bestände regulieren, sofern diese nicht bedroht sind.

    Der Beschluss im Ministerrat wurde möglich, weil die Bundesregierung ihre Blockade aufgegeben hat. Umweltministerin Steffi Lemke war lange Zeit gegen die Herabsetzung. Belgien, Slowenien, Zypern und Malta enthielten sich auf Botschafterebene, Spanien und Irland stimmten dagegen. mgr   

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    Klima: Was EU-Kommissar Hoekstra von Peking fordert

    EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra hat China wegen Subventionen von Clean Tech kritisiert. “Wir haben tatsächlich ein China-Problem”, sagte Hoekstra in einem Interview mit Bloomberg Television. “Es kann nicht sein, dass unsere Unternehmen pleitegehen, weil der Markt mit staatlich subventionierten Produkten überschwemmt wird”, fügte er hinzu. “Das wird am Ende die europäische Industrie töten und das werden wir nicht zulassen.” Hoekstra wurde von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für weitere fünf Jahre als EU-Klimakommissar nominiert und wird sein Portfolio um die Steuerpolitik erweitern. 

    Peking sei nun reich genug, um zu den weltweiten Bemühungen beizutragen, Finanzmittel für Entwicklungsländer bereitzustellen, um diesen bei der Bewältigung der Auswirkungen der globalen Erwärmung zu helfen. China zögert seit langem, zu den globalen Klimafinanzierungszielen beizutragen, und argumentiert, dies sei die Verantwortung der reichsten Länder, die seit der industriellen Revolution die meisten CO₂-Emissionen verursacht haben.

    China zum Zahlen zu bewegen wird eine der größten Herausforderungen sein, wenn sich die globalen Klimaverhandler in sieben Wochen bei der COP29 in Aserbaidschan treffen, um ein neues Finanzziel für die Zeit nach 2025 zu vereinbaren. “Wenn man wie China in der Lage ist, eine Mission zum Mond zu fliegen, dann kann man auch mehr im Bereich Klimaschutz zahlen”, sagte Hoekstra. ari

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    Unicredit: Commerzbank-Übernahme wäre “Testfall für Europa”

    Nach dem Einstieg bei der Commerzbank hält sich Unicredit-Chef Andrea Orcel alle Optionen offen – betont aber die Vorzüge einer grenzüberschreitenden Fusion. “Die Commerzbank ist ein Investment. Nichts anderes.” Derzeit gebe es kein Übernahmeangebot, sagte Orcel auf einer Konferenz der Bank of America in London.

    Ein Zusammengehen mit dem Frankfurter Dax-Konzern könne aber zum “Testfall für Europa” werden, das größere Banken brauche. “Wir können zusammenkommen und etwas Größeres machen.” Die Commerzbank passe strategisch gut zur italienischen Großbank.

    Bund plant keine Abwehr

    Der deutsche Bankenmarkt sei fragmentiert und Unicredit habe Erfahrung vor Ort, sagte Orcel in Anspielung auf die Tochter HypoVereinsbank (HVB), die 2005 von der Unicredit übernommen worden war. Zugleich betonte Orcel erneut, die Unicredit sei nicht unter Zugzwang. “Wir können den Commerzbank-Anteil auch wieder verkaufen.” Bei großen Fusionen brauche es Einigkeit auf beiden Seiten.

    Die Bundesregierung hatte eindringlich vor einer feindlichen Übernahme der Commerzbank durch die italienische Großbank Unicredit gewarnt – plant aber keine Abwehr des Übernahmeversuchs. Das Institut sei eine sehr wichtige Bank für die deutsche Wirtschaft, sagte Regierungssprecher Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Es gebe aber keine weiteren Überlegungen, etwas abzuwehren, das sei “Sache der Kapitalmarktakteure”. dpa

    • Banken
    • Kapitalmarktunion

    Google reicht Beschwerde gegen Microsoft ein

    Wegen angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens hat Google bei der EU-Kommission Beschwerde gegen Microsoft eingereicht. Die Cloud-Sparte des Software-Konzerns nutze die marktbeherrschende Stellung des Betriebssystems “Windows Server” aus, um Kunden den Wechsel zu anderen Anbietern zu erschweren, teilte die Alphabet-Tochter am Mittwoch mit.

    Diese müssten Preisaufschläge von 400 Prozent bezahlen, wollten sie “Windows Server” auf Rechnern anderer Cloud-Firmen laufen lassen. Microsoft, das wegen seiner Cloud-Praktiken unlängst einen millionenschweren Vergleich mit dem Branchenverband CISPE geschlossen hatte, äußerte sich gelassen über die Google-Beschwerde. rtr

    • Google
    • Microsoft
    • Wettbewerbsverfahren

    Presseschau

    Europäischer Rechnungshof: Wie mit der “Gießkanne” – EU-Milliarden gegen Migration ineffektiv eingesetzt WELT
    Abstimmung in Brüssel: Kursänderung beim Wolf – EU-Staaten wollen Schutz absenken SÜDDEUTSCHE
    Neue EU-Kommission: Drei Russland-Kenner für Europas Sicherheit SÜDDEUTSCHE
    Litauens “Manager” soll die EU in eine Militärmacht verwandeln DER STANDARD
    Atomindustrie von Ernennung der neuen EU-Kommission nicht abgeschreckt EURACTIV
    Polens Opposition stellt Herkunft der EU-Fluthilfen infrage EURACTIV
    Qatargate-Ermittler geraten ins Zwielicht FAZ
    EU schreibt 2,5 Milliarden Fördermittel für Verkehrsinfrastruktur aus DVZ
    Trotz Protest aus Berlin: Brüssel hält an Start für Gesetz gegen Abholzung fest EURACTIV
    EU-Regel: FDP-Fraktionschef Christian Dürr will Aus für Entwaldungsverordnung T-ONLINE
    Kosovo: Premierminister Kurti fordert Auslieferung von mutmaßlichem serbischen Überfallkommando EURONEWS
    Bulgarien: Bis Jahresende Entscheidung über Schengen-Beitritt erwartet EURACTIV
    Litauen: Brigade nimmt Gestalt an – Jetzt geht es um Panzertransporte und deutsche Schulen TAGESSPIEGEL
    Schweden: Nach Koranschändungen – Hacker-Operation des Irans DEUTSCHLANDFUNK
    Belgien: Katholische Kirche – Der Papst besucht das Land in schwierigen Zeiten STUTTGARTER-NACHRICHTEN
    Belgien: Anpassung des Abtreibungsgesetzes im Parlament vorerst gescheitert VRT
    Belgien: Erhebliche Unterschiede bei den Gehältern GRENZECHO
    Italien: Könnte das “Verbrenner-Aus” in der EU wanken? Regierung verlangt frühere Inspektion OP-ONLINE
    Norwegen: Shell und Equinor stoppen geplante Wasserstoff-Projekte TELEPOLIS
    Tschechien: Regierungskoalition nach Sieg der Opposition bei Regionalwahlen in der Krise DEUTSCHLANDFUNK
    Türkei: Erdogan will in New York Beziehungen retten – “unabhängig davon, wer nach US-Wahl Präsident wird” FR
    Ungarn: Das Land entwickelte sich zum Erfolgsgarant für E-Autos – doch der Motor stottert MERKUR
    Österreich: Vor Wahl: In Wien regt sich Widerstand gegen die FPÖ MERKUR
    Österreich: Vor der Wahl – Wo die FPÖ seit Jahren normal ist TAGESSCHAU
    Österreich: Die “Swing-States” – und welche Rolle sie bei der Wahl spielen könnten DERSTANDARD
    Frankreich: Heftiger Streit über den Umgang mit Marine Le Pens Fraktion FAZ
    Frankreich: Das Land setzt auf staatliche Beteiligungen, um seine nationale Souveränität zu schützen BÖRSEN-ZEITUNG
    Finnland: Reichstag mit blutroter Farbe besprüht SALZBURGER NACHRICHTEN
    Finnland: Schulden wegen kostspieliger Lebensführung – zu teuer – Zoo schickt Pandas zurück nach China SPIEGEL
    Griechenland: Entsalzungsanlagen sollen das Land vor dem Verdursten retten NZZ
    Slowakei: Kulturkampf ums Buch SÜDDEUTSCHE
    Niederlande: Ladestationen für E-Nutzfahrzeuge werden gefördert ELECTRIVE
    Großbritannien: Eskalation zwischen Israel und Hisbollah – Truppen nach Zypern für mögliche Libanon-Evakuierung entsandt SPIEGEL
    Großbritannien: Labour-Parteitag stimmt gegen Kürzung von Heizkostenzuschuss UNTERNEHMEN-HEUTE
    Großbritannien: Premier Keir Starmer und die billigen Tickets SÜDDEUTSCHE
    Großbritannien: Personalnot in der Landwirtschaft – Versorgung mit Milch akut gefährdet WELT
    Liechtenstein: Weit entfernt vom Erreichen der Nachhaltigkeitsziele RADIO LIECHTENSTEIN
    Schweiz: Europäische Menschenrechtskonvention wird nicht gekündigt SARGANSERLÄNDER
    Schweiz: Einsatz der Selbstmordkapsel “Sarco” illegal EURONEWS

    Standpunkt

    EU-Innovationspolitik: “So wie Europa ist, kann es nicht bleiben”

    Von Katharina Fegebank
    Katharina Fegebank (Grüne) ist Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Forschung.
    Katharina Fegebank (Grüne) ist Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Forschung.

    Hat Europa künftig noch einen Platz an der Weltspitze? Unsere Freiheit und unser Wohlstand hängen davon ab, welchen Weg Europa jetzt einschlägt und ob Wissenschaft und Forschung dabei die Richtung vorgeben. Die neue EU-Kommission steht vor großen Aufgaben. Spätestens seit Mario Draghis Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU ist klar: Europa muss erheblich innovativer werden, um im globalen Wettbewerb mitzuhalten.  

    Die neue Kommission ist in einer grundlegend veränderten geopolitischen Lage. Wir erleben den Aufstieg autoritärer und nationalistischer Regierungen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen haben uns die Gefahren einseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeit schmerzlich erfahren lassen. Immer deutlicher tritt China als Systemrivale Europas auf. Und egal, wer das Rennen ins Weiße Haus gewinnt: Als Stabilitätsgarant Europas befinden sich die USA auf dem Rückzug. 

    Europa muss in die eigene Souveränität investieren 

    Höchste Zeit für Europa, in die eigene Souveränität zu investieren. Dabei sollte uns klar sein: So wie Europa jetzt ist, kann es nicht bleiben. Und zwar nicht, weil es jetzt schlecht ist, sondern zu wenig ehrgeizig. Zu wenig selbstbewusst. Zu wenig auf die eigenen Stärken bedacht. Was wir brauchen, ist der Mut und die Bereitschaft, selbst Veränderungen anzustoßen.  

    Drei Punkte, die aus meiner Sicht klarmachen, was wir dringend benötigen:  

    1. Europa muss endlich Ernst machen mit dem Anspruch, global führender Forschungsstandort zu sein. Das heißt: klotzen, nicht kleckern. Europas Zukunft sollte uns für das nächste Forschungsrahmenprogramm 200 Milliarden Euro auf sieben Jahre wert sein, also doppelt so viel wie heute. Wie auch Mario Draghi zu Recht fordert. Damit könnten wir die gewaltigen Potenziale in Europa heben und die Lücke auf dem Top-Markt für Spitzentalente schließen. 

    Mehr Vielfalt: Reine Transferorientierung bringt nicht weiter 

    1. Europas Stärke liegt in seiner Vielfalt, und diese Vielfalt müssen wir auch in der Forschungs- und Innovationspolitik fördern. Deshalb braucht es die Balance: Mehr Fokus – und zugleich Einseitigkeiten vermeiden. Wir brauchen Grundlagenforschung ebenso wie Transfer. Die Entwicklung der mRNA-Impfstoffe etwa baute auf jahrzehntelanger Grundlagenforschung auf und hat klar gezeigt: Mit reiner Transferorientierung kommen wir nicht weiter. Wir brauchen nachhaltige Schlüsseltechnologien, Quantencomputing und KI ebenso wie Life Science, Klima- und Demokratieforschung. Denn zukunftsfähig zu sein, heißt nicht nur, über die richtigen Technologien zu verfügen. Wir müssen auch wissen, nach welchen Maßstäben sie anzuwenden sind. Wir müssen verstehen, wie Biodiversität verloren geht und was wir dagegen tun können. Und warum es Wissenschaft immer schwerer fällt, Gehör zu finden – gerade beim Thema Klimawandel. Innovationsfähig ist nur, wer Antworten auf diese Fragen hat.  
    1. Wir müssen Europa zur echten Forschungsunion machen. Enrico Letta hat dazu – zuletzt vergangene Woche beim Hamburg Science Summit – noch einmal seinen mutigen Vorschlag betont: Forschung und Innovation als fünfte Freiheit im Binnenmarkt neben Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Damit Forschung und Innovation wirklich zur zentralen Grundlage für wirtschaftliches Wachstum in der EU werden, brauchen wir noch mehr: Mehr gemeinsame Datennutzung – zum Beispiel Medizindaten für bessere Therapieansätze, mehr gemeinsame große Infrastruktur und mehr offene Gespräche darüber, wie öffentliche Hand und Privatwirtschaft den globalen Wettbewerb gemeinsam angehen können. 

    “Wenn wir unsere Stärken bündeln, kommen wir auf Erfolgskurs” 

    Wohin also geht Europas Reise? Ich bin davon überzeugt: Wenn wir als Europäerinnen und Europäer füreinander einstehen, wenn wir Hindernisse als gemeinsame europäische Herausforderungen angehen und noch intensiver als bisher unsere Stärken bündeln, dann kommen wir wieder auf Erfolgskurs. Als Senatorin in Hamburg sehe ich jeden Tag, was Europa alles kann: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Teilen der Welt arbeiten hier über Institutionengrenzen interdisziplinär und vernetzt zusammen.  

    Unsere Science City Hamburg Bahrenfeld ist ein europäisches Projekt, in dem Start-ups mit der Spitzenforschung zusammenarbeiten und dafür nur die Straße überqueren müssen. Wo mit dem weltstärksten Röntgenlasermikroskop PETRA IV europäische Technologiesouveränität, Grundlagenforschung und Anwendung in der Privatwirtschaft zusammenkommen soll. Ich erlebe in Hamburg einen besonderen Spirit. Menschen, die sich für gemeinsame Projekte begeistern. Die kooperativ und wagemutig Grenzen überwinden. Die damit Neues entdecken und Innovatives schaffen. Das ist, wofür die Idee Europa steht. Und das ist, was Europa jetzt braucht.

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    Europe.Table Redaktion

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