als Generalsekretär des Europaparlaments war Klaus Welle in den vergangenen 14 Jahren einer der einflussreichsten Menschen in Brüssel. Mit Markus Grabitz spricht er über die Bedeutung von Geheimdiensten für den Schutz der EU-Institutionen, über die anstehende Europawahl – und die Vorzüge des Europäischen Parlaments. “Ich würde einem Abgeordneten, der die Freiheit des Mandats liebt, in jedem Fall raten, ins Europaparlament zu gehen”, sagt Welle im Interview.
Airbnb und Co sind praktisch für Touristen und andere Menschen, die eine vorübergehende Bleibe suchen – in vielen europäischen Städten verursachen diese Plattformen aber große Probleme. Im vergangenen Herbst hatte die Kommission einen Entwurf vorgelegt, der die Kurzzeit-Vermietung transparenter und nachhaltiger machen soll. Die Mitgliedstaaten folgen den Vorschlägen weitgehend, wie Corinna Visser berichtet. Aus deutscher Sicht gibt es jedoch noch mögliche Verbesserungen, etwa beim Datenschutz.
Plötzlich drohen komplizierte Nachverhandlungen, wo eigentlich Einigung bestanden hatte: Weil Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nun Deutschlands Zustimmung infrage stellt, wackelt die nötige Mehrheit für ein Verbrenner-Aus 2035. Wissing und seine Partei sehen die Schuld bei der Kommission und einem nicht erfüllten Erwägungsgrund. Für den aber gebe es unterschiedliche Lesarten, analysiert Lukas Scheid.
Herr Welle, gibt es strukturelle Schwächen im Europaparlament, die erklären, warum es zu dem Korruptionsskandal kommen konnte?
Es gab auch in anderen Parlamenten Bestechungsskandale. Auffällig ist aber, dass die EU keine Geheimdienststrukturen hat. Vermutlich ist ein Geheimdienst die einzige Möglichkeit, Bestechung durch Drittstaaten auf die Schliche zu kommen. Die EU-Institutionen sind hier weitgehend schutzlos. Es hat nach meinem Wissen vor einigen Jahren ein Treffen der nationalen Behörden gegeben. Dabei wurde Belgien beauftragt, sich um das Europaparlament zu kümmern. Ich halte es für wahrscheinlich, dass wir seit den Festnahmen Anfang Dezember die Folgen dieses Treffens sehen.
Wie bewerten Sie, dass sich zuvor niemand zuständig fühlte?
Wenn man sich die Bedeutung der EU anschaut, also nicht nur des Parlaments, war die komplette Schutzlosigkeit ein unhaltbarer Zustand. Die EU befindet sich in einem großen Spannungsverhältnis nicht nur mit Russland, sondern auch mit China. Es ist ein Fortschritt, dass Belgien sich jetzt kümmert. Ich habe aber Zweifel, dass das ausreicht. Die EU organisiert eine kontinentale Demokratie, die sich von autoritären Staaten bedroht sieht. Sie muss sich wehren können.
Wäre eine Lösung wie bei der Nato denkbar? Dort gibt es seit einigen Jahren eine Verbindungsstelle, in der die Informationen der nationalen Dienste gebündelt und ausgewertet werden.
Für das Europaparlament kann ich sagen, dass nach diesem Muster vorgegangen wird. Im letzten Haushalt des Parlaments, den ich zu verantworten hatte, sind eine Reihe von Stellen geschaffen worden, um genau hier dialogfähig zu werden. Ob die Stellen ausreichen, das muss die Zukunft zeigen.
Sie haben als Generalsekretär das Ziel verfolgt, das Europaparlament zu stärken, etwa den Wissenschaftlichen Dienst gegründet und die Mitarbeiterstäbe der Fraktionen massiv aufgestockt. Ist das Parlament jetzt auf Augenhöhe mit den anderen EU-Institutionen?
Ich würde einem Abgeordneten, der die Freiheit des Mandats liebt, in jedem Fall raten, ins Europaparlament zu gehen. Auf der nationalen Ebene sind Regierungsmehrheit und Parlamentsmehrheit so eng verflochten, dass die Freiheit des einzelnen Abgeordneten sehr begrenzt ist. Man muss dort schon zu einer sehr kleinen Führungsgruppe gehören, um mitentscheiden zu können. Im Europaparlament ist das anders. Dort hat man großen Spielraum, wenn man aktiv ist und es denn möchte.
Messen Sie das EP hier lieber am US-Kongress?
Ja. Die Vereinigten Staaten haben ein politisches System, das mit dem der EU vergleichbar ist: Es verhandeln dort permanent Kongress, Senat und Regierung miteinander, ohne dass vorher klar ist, wer der Stärkere ist. Bei uns ist es zwischen Rat, Kommission und Parlament ganz ähnlich. Wichtig war mir immer, dass die Abgeordneten auch ausreichend beraten sind. Auf der anderen Seite stehen nämlich die 27 Regierungen mit ihren Ministerien. Das heißt: Die Abgeordneten brauchen die Unterstützung der Ausschusssekretariate, des Wissenschaftlichen Diensts und aus den Fraktionen, damit das Parlament gleichberechtigter Gesetzgeber sein kann.
Wo gibt es Verbesserungsbedarf?
Das Parlament ist stark, wenn es stark sein will. Es gibt aber immer wieder Bereiche, die sich weiterentwickeln. Nehmen Sie die Strukturen, die in der Finanzkrise geschaffen wurden. Sie sind eher zwischenstaatlich angelegt und sollten auf Dauer der parlamentarischen Kontrolle unterworfen werden. Das gilt auch für die Zusatzausgaben von Next Generation EU. Wenn sich diese Ausgaben wiederholen, muss das Parlament eingebunden werden.
Gilt das auch für die Sicherheitspolitik, wo die EU bislang wenig Kompetenzen hat?
Der Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird sich nach meiner Einschätzung auf der Basis der Verträge sehr dynamisch entwickeln. Der Ukrainekrieg führt zu einem Nachdenken darüber, ob die EU in der Sicherheitspolitik vernünftig aufgestellt ist. Der Krieg ist nämlich nicht nur ein Feldzug Russlands gegen die Ukrainer. Putin stellt vielmehr das geopolitische System Europas infrage, wie es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden ist.
Es war maßgeblich Ihre Idee, Spitzenkandidaten für die Europawahl aufzustellen. 2014 hat das Prinzip funktioniert, 2019 nicht.
Spitzenkandidaten machen die Europawahl attraktiver. Der Wähler sollte die Möglichkeit haben, nicht nur über den Wahlkreiskandidaten abzustimmen, sondern auch über die Person an der Spitze der Exekutive. Ich glaube, dass deswegen die Wahlbeteiligung 2019 auch enorm gestiegen ist. Das politische System der EU ist komplex. Die Komplexität fassbarer zu machen, ist wichtig. Das geht, indem der Wähler die Auswahl zwischen Personen hat, die für politische Ausrichtungen stehen.
Wird es 2024 noch Spitzenkandidaten geben?
Es ist wie beim Fußball: Es steht 1:1, wir gehen in die Verlängerung. 2014 hat sich der Spitzenkandidat durchgesetzt, 2019 nicht ganz. Aber: Zwei Spitzenkandidaten sind heute die ersten Vizepräsidenten der Kommission. Das ist auch etwas. Es ist damit deutlicher geworden, dass letztlich drei Parteienfamilien in der Kommission eine Koalition bilden. Die Politisierung der Kommission ist also vorangekommen. Und für 2024 ist wichtig, die Verfassungswirklichkeit der EU zu verstehen: Anders als auf nationaler Ebene haben wir mit Rat und Parlament zwei gleichberechtigte Kammern. Schon bei der Auswahl der Spitzenkandidaten muss also berücksichtigt werden, welcher Politiker die Chance darauf hat, sowohl die Abgeordneten als auch die Staats- und Regierungschefs zu überzeugen.
Würden transnationale Listen die Europawahl ebenfalls attraktiver machen?
In den USA gibt es sie ja eben nicht. Das heißt: Transnationale Listen sind nicht zwingend für ein föderales System. Sie könnten aber sehr wohl deutlich machen, dass die Europawahl keine nationale Ersatzwahl ist, sondern eine starke europäische Komponente hat. Wenn man das will, braucht man aber ein faires System.
Konkret?
Es muss klar sein, dass die großen Länder bei der Listenaufstellung nicht die kleinen dominieren. Und es muss gewährleistet sein, dass es hinterher nicht zwei Klassen von Abgeordneten gibt. Also, die Abgeordneten von den europäischen Listen, die die Superstars sind, und die anderen Abgeordneten, die für die Wahlkreisarbeit zuständig sind. Außerdem: Deutschland hat immer noch nicht die letzte EU-Wahlrechtsreform vollzogen und die Sperrklausel eingeführt. Bevor man jetzt die sehr komplexe Reform der transnationalen Listen angeht, sollte erst einmal die beschlossene Sperrklausel umgesetzt werden.
Sehen Sie weitere Möglichkeiten, die Attraktivität der Europawahlen zu steigern?
Das Parlament könnte entscheiden, nur noch Kommissare zu bestätigen, die sich vorher Europawahlen gestellt haben. Viele Kandidaten für Kommissionsposten tun das bereits, aber nicht alle. Es wäre sicherlich eine Möglichkeit, die Verbindung zwischen der Wahl und der Exekutive zu stärken. Das Verhältnis zwischen Kommissar und Parlament würde sich ändern: Ein Politiker, der sich erst dem Votum der Bürger stellen muss, dann Abgeordneter wird und danach Kommissar, hat ein anderes Verhältnis zur Bürgerkammer als ein Politiker, der ihr nie angehört hat.
Eine Vorabstimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) wurde am Mittwoch spontan verschoben. Eigentlich hätten die EU-Botschafter ihre Zustimmung für die Trilogeinigung für die überarbeiteten Flottengrenzwerte für Pkw signalisieren sollen, damit bei der finalen Abstimmung im Ministerrat am Dienstag nichts Unvorhergesehenes passiert. Doch weil die nötige qualifizierte Mehrheit aktuell auf der Kippe steht, wurde diese Abstimmung im AStV auf Freitag verschoben.
Die schwedische Ratspräsidentschaft hält dennoch an ihrem Plan fest, am Dienstag auf Minister-Ebene über das faktische Verbrenner-Aus 2035, welches in den neuen Flottengrenzwerten festgeschrieben wurde, abzustimmen.
Grund für die wackelnde Mehrheit ist eine Drohung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Sofern die EU-Kommission keinen Vorschlag macht, wie E-Fuels in Verbrennungsmotoren auch nach 2035 genutzt werden können, will die FDP kein grünes Licht geben. Italien, Polen und Bulgarien werden ebenfalls nicht zustimmen. Macht Wissing seine Drohung wahr, wäre mit den vier Ländern die Sperrminorität erreicht und das Verbrenner-Aus vorerst vom Tisch. Es käme zu komplizierten Nachverhandlungen.
Die Forderung nach einem entsprechenden Kommissionsvorschlag unterstrich am Mittwoch auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Es ist demnach die Position der gesamten Bundesregierung. Sie beruht auf dem Erwägungsgrund 9a des Gesetzesvorschlags. Darin wird die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag zu machen, wie Pkw auch nach 2035 mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden können.
Aus der EU-Kommission heißt es, dass der zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans schon im Sommer seine Unterstützung für diesen Aspekt zum Ausdruck gebracht habe. Gleichzeitig hatte Timmermans damals jedoch betont, dass die EU-Kommission allein das Recht für Gesetzesinitiativen habe und der Erwägungsgrund keine rechtliche Verpflichtung bedeute.
Klar ist auch: Der Gesetzesvorschlag muss zunächst formal angenommen werden, damit jener Erwägungsgrund rein rechtlich gültig ist. Die schwedische Ratspräsidentschaft versucht zu vermitteln und betont, dass es keinen Grund für die Annahme gebe, die Kommission würde diesen Vorschlag nicht vorlegen.
Fraglich ist aber, wie dieser Vorschlag aussehen könnte. Das liegt an den Interpretationsmöglichkeiten des Erwägungsgrundes 9a. Es heißt dort nämlich, dass die Ausnahme für mit E-Fuels fahrende Pkw “außerhalb der EU-Flottengrenzwerte” laufen würde. Das Umweltministerium betonte schon mehrfach, dass aus ihrer Sicht Sonderfahrzeuge beispielsweise für Polizei, Feuerwehr oder Ambulanz gemeint seien, für die die EU-Regulierung nicht gilt.
Die FDP teilt diese Lesart nicht und ist der Auffassung, dass ein neues paralleles System geschaffen werden würde. “Für normale Pkw, die nachweislich ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, würden die Grenzwerte und damit das Verbrenner-Aus nicht gelten”, sagt Lukas Köhler, klimapolitischer Sprecher der FDP, zu Table.Media. Ohne ein eindeutiges Signal aus der Kommission, wie der Erwägungsgrund umgesetzt wird, wird die FDP voraussichtlich nicht zustimmen.
Sollte sich im AStV am Freitag zeigen, dass die notwendige Mehrheit nicht zustande kommt, könnte der Ratsvorsitz das Thema noch von der Tagesordnung des Ministertreffens kommenden Dienstag nehmen. Das würde der Bundesregierung mehr Zeit geben, sich zu einigen und gegebenenfalls bei der Kommission konkretere Zusagen einzufordern. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte am Mittwoch, man befinde sich in den Gesprächen innerhalb der Koalition auf gutem Weg zu einer Einigung.
Die EU möchte mehr Transparenz auf dem Markt für kurzfristig vermietete Unterkünfte schaffen. Heute wollen die für Binnenmarkt und Industrie zuständigen Ministerinnen und Minister in Brüssel ihre Allgemeine Ausrichtung zur entsprechenden Verordnung beschließen, die die Kommission im vergangenen November vorgelegt hat. Die Mitgliedstaaten sprachen sich mehrheitlich für den Kommissionsvorschlag aus, wünschten aber, dass die bestehenden Registrierungssysteme in einigen EU-Staaten beibehalten werden können.
Die kurzzeitige Vermietung von Unterkünften an Touristen über Plattformen wie Airbnb oder Booking verursacht in vielen Städten Europas große Probleme. Ziel der Short-Term Accommodation Rental Services Regulation der Kommission war es:
Umfangreiche Änderungen am Kommissionsentwurf haben die Mitgliedstaaten nicht vorgenommen. Vorgesehen ist ein Opt-in-Modell. Das heißt, die Regelungen der Verordnung sollen nur für solche Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen gelten, die Registrierungsverfahren nutzen und/oder Daten von Online-Plattformen anfordern. Regulatorische Maßnahmen bleiben nach dem Entwurf weiterhin Sache der Mitgliedstaaten. Das war auch für Deutschland ein wichtiger Punkt.
Der Verordnungsvorschlag zur Kurzzeitvermietung sei ein gutes Beispiel für den sektorspezifischen Ansatz, den Deutschland zur Stärkung des Dienstleistungsbinnenmarkts vertrete, teilte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage von Table.Media mit. Die Mitgliedstaaten könnten so mitgliedstaatliches Recht, etwa zur Vermeidung der Zweckentfremdung von Wohnraum, besser durchsetzen. “Gleichzeitig wird Online-Plattformen und Anbietern von Kurzzeitunterkünften, viele darunter KMU, durch bürokratiearme elektronische Verfahren die Tätigkeit auf dem Markt erleichtert.”
Allerdings gibt es aus deutscher Sicht auch noch mögliche Verbesserungen, die im Trilog aufgegriffen werden könnten, etwa beim Datenschutz. Auch die Kontrollen durch Online-Plattformen könnten noch besser an den Maßstab des Digital Services Act angeglichen werden, heißt es in Brüssel.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hofft, dass das Verfahren nun zügig weitergeht: “Damit die notwendige Transparenz bei der Kurzzeitvermietung allen Kommunen ermöglicht wird, sollten die Abstimmungen über die europäische Verordnung nun zeitnah abgeschlossen werden.”
Dabei hat das EU-Parlament noch nicht einmal mit den Verhandlungen begonnen. Berichterstatterin im federführenden Binnenmarktausschuss (IMCO) ist Kim Sparrentak (Grüne/EFA). Im Mai könnte ihr Entwurf vorliegen, heißt es aus ihrem Büro. Auch die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag stehen noch aus. Dagegen hat der Europäische Datenschutzbeauftragte seine Stellungnahme bereits im Dezember 2022 abgegeben.
03.03.-05.03.2023, Düsseldorf
FES, Seminar Europas Rolle in der Welt
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) geht der Frage nach, wie die EU sicherstellen kann, dass Frieden und Sicherheit in Europa gewahrt bleiben und die Interessen und Werte ihrer Bürgerinnen und Bürger verteidigt werden. INFOS & ANMELDUNG
06.03.2023 – 18:30-20:00 Uhr, Berlin/online
HBS, Buchvorstellung “Die Ablenkungsfalle” – Erkenntnisse eines grünen Unternehmers in der Debatte um eine funktionierende Kreislaufwirtschaft
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) stellt zur Diskussion, welchen Anforderungen die geplante deutsche Kreislaufwirtschaftsstrategie genügen sollte. INFOS & ANMELDUNG
07.03.-09.03.2023, Berlin
Messe Internationale Tourismus-Börse – Mastering Transformation
Die Internationale Tourismus-Börse adressiert die Frage, welche Perspektiven es für die Tourismusbranche gibt, um den Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen und erfolgreichen Zukunft zu gestalten. INFOS & ANMELDUNG
07.03.-08.03.2023, Saragossa (Spanien)
EEN, Trade Fair International Water and Environment Exhibition – Brokerage Event
Das Enterprise Europe Network (EEN) lädt zum Networking-Treffen im Rahmen der International Water and Environment Exhibition ein. INFOS & ANMELDUNG
07.03.-08.03.2023, Essen
Handelsblatt, Konferenz Zukunft Stahl 2023: Strategien für eine grüne Stahlindustrie: innovativ – nachhaltig – effizient
Das “Handelsblatt” bietet eine Dialog-Plattform zwischen der Stahlindustrie, der Wissenschaft und den politischen Entscheidungsträgern rund um das Thema Dekarbonisierung der Stahlproduktion. INFOS
07.03.-08.03.2022, Oberhausen
DBU, Konferenz Von fossil in die Zukunft – mit Bioökonomie und Biotechnologie
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) diskutiert Strategie und Umsetzung, Transformationspfade und neue Wertschöpfungsketten in der Bioökonomie. INFOS & ANMELDUNG
07.03.2023, Bonn
BSI, Konferenz Cybersicherheit stärken – Unterstützung der Forschung mithilfe von EU-Förderprogrammen
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) präsentiert und diskutiert die thematische Ausrichtung der beiden Förderprogramme Horizon Europe und Digital Europe. INFOS & ANMELDUNG
07.03.2023 – 09:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Spot- und Intradaymärkte
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt die Funktionsweise von Spot- und Intradaymärkten vor und diskutiert die Chancen und Möglichkeiten, diese Märkte zu nutzen INFOS & ANMELDUNG
07.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Presentation The inclusion of hydrogen in the EU CBAM, ERCST’s assessment
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) intends to present the assessment’s conclusions concerning the rationale and implications of the hydrogen inclusion in the EU CBAM. INFOS & REGISTRATION
Die Bundesregierung will staatliche Beihilfen für Unternehmen ausweiten, um auf die Energiekrise zu reagieren und Produktionskapazitäten für saubere Technologien zu steigern. So sollten Unternehmen keinen Gewinneinbruch mehr nachweisen müssen, wenn sie Kompensationen für gestiegene Energiepreise erhalten wollen, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Konsultation der Generaldirektion Wettbewerb zum Beihilferahmen TCTF.
Es ist der zentrale Baustein für den Green Industrial Plan, mit dem die EU-Kommission auf Beihilfen aus dem Inflation Reduction Act (IRA) der USA antwortet. Die Antwort lag Table.Media gestern vor, zunächst hatte Reuters darüber berichtet.
Das Kriterium des Gewinnrückgangs erschwere den Zugang von energieintensiven Unternehmen zur Strom- und Gaspreisbremse beträchtlich, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Beihilfen zu gestiegenen Energiepreisen sollten nach dem Willen Berlins außerdem nicht nur bis Ende 2023, sondern bis Ende April 2024 gezahlt werden können.
Weitere Forderungen der Bundesregierung sind:
Die Förderung von Produktionskapazitäten will die EU-Kommission von grünen auch auf digitale Technologien ausweiten. Außerdem sollen die Höchstbeträge von 100 auf 200 Millionen Euro und in C-Fördergebieten von 150 auf 400 Millionen Euro ausgeweitet werden. Für Ansiedlungen wie Batteriefabriken sind in den USA teilweise noch deutlich höhere Förderbeträge möglich.
Besonders kritisch ist für Deutschland die Konzentration der Beihilfen auf die am stärksten benachteiligten Regionen der EU. Für strukturschwache Regionen (C-Fördergebiete), die es auch in Deutschland gibt, sind die Anforderungen an Kooperationen mit anderen Mitgliedstaaten gemäß dem Kommissionsentwurf höher. Relevant wird dies vor allem dann, wenn EU-Staaten Förderbeträge zahlen wollen, die über die Höchstgrenzen hinausgehen, um mit der Förderung von Drittstaaten gleichzuziehen (Matching).
“In engen Grenzen sollten auch Einzelprojekte außerhalb der Fördergebiete beihilfefähig sein, wenn sich Spill-Over-Effekte gegeben”, fordert die Bundesregierung. Das Matching soll laut dem Dokument auch dann möglich sein, wenn das Projekt in einem C-Fördergebiet liegt. Für Deutschland würde damit die Verpflichtung zur Kooperation weitgehend entfallen.
Berlin will außerdem auch Fördermöglichkeiten für den Umbau von Raffinerien, “wenn diese der Beschleunigung des Transformationsprozesses hin zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit dienen”. Dies betreffe in Deutschland insbesondere Leuna und Schwedt, die “aufgrund der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine aktuell vor einem besonders weitreichenden Umbruch ihrer Wirtschaftsstruktur stehen”. ber
Vertreter des Europäischen Parlaments und des Rates treffen sich am heutigen Donnerstagabend zum Trilog, um in den Verhandlungen über die Energieeffizienzrichtlinie (EED) voranzukommen. Beide Seiten streiten sich über das Ambitionsniveau der Ziele und die Rechtsverbindlichkeit der Maßnahmen.
Auf der Tagesordnung der Verhandlungen stehen die verbindlichen Ziele für Gebäuderenovierungen, Energiesparziele und Energieeffizienzziele sowie die Verbindlichkeit dieser Maßnahmen, sagte eine parlamentarische Quelle zu Table.Media. Eine weitere Trilog-Verhandlungsrunde ist für den 9. März geplant.
“Es ist sehr schwierig, mit dem Rat zu arbeiten”, bedauert man aufseiten der Parlamentarier. Dieser sei nicht bereit, Zugeständnisse zu machen, würde viele verbindliche Elemente verschieben und versuchen, so viele Ausnahmeregelungen wie möglich zu erhalten.
Die schwedische Ratspräsidentschaft hebt ihrerseits ihren Kompromissvorschlag hervor, eine Senkung des Energieverbrauchs in der EU bis 2030 um 11 bis 12 Prozent zu erreichen und im Gegenzug neue Flexibilitäten einzuführen. Das Ziel bleibt unter den vom EU-Parlament angestrebten 14,5 Prozent, nähert sich jedoch dem an, was die Kommission anstrebt, nämlich eine EU-weite Senkung des Energieverbrauchs um mindestens 13 Prozent im Vergleich zum Referenzszenario von 2020.
Stockholm stellt außerdem klar, dass nur das Ziel zum Endenergieverbrauch verbindlich wäre. Die Europaabgeordneten hingegen fordern eine Berechnung anhand des Primärenergieverbrauchs, was eine restriktivere Forderung darstellt. Die Erhöhung der Ambition macht Schweden von neuen Flexibilitäten abhängig. Das bedeutet, dass die Formel zur Bestimmung der Höhe des Beitrags jedes Mitgliedstaates zu diesem europäischen Ziel nur teilweise verbindlich wäre – und zwar nur für die Berechnung bestimmter Faktoren, die sich auf die Effizienzanstrengungen auswirken.
Der Vorsitz schlägt den Delegationen außerdem vor, die Verpflichtung zu jährlichen Energieeinsparungen im Jahr 2030 auf bis zu 1,9 Prozent anzuheben (gegenüber den vom Rat angenommenen 1,5 Prozent), sofern bestimmte Maßnahmen, die in einem anderen Rahmen ergriffen wurden, angerechnet werden können. Dies würde beispielsweise die Einbeziehung von Maßnahmen zur Einhaltung der Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden oder von Maßnahmen während der Energiekrise (mit Ausnahme von Rationierungs- und Beschränkungsmaßnahmen) beinhalten.
Die Europaabgeordneten ihrerseits möchten diese Verpflichtung ab 2024 auf 2 Prozent festlegen, während die Kommission 1,5 Prozent vorschlägt.
Vorschläge gibt es außerdem zu weiteren Kompromissen, wie der Möglichkeit, das Ziel für die Senkung des Endenergieverbrauchs aller öffentlichen Einrichtungen auf 2 Prozent zu erhöhen, wie vom Parlament gewünscht. Gleichzeitig wird die Möglichkeit vorgesehen, den öffentlichen Verkehr davon auszunehmen.
Die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten verbindliche Renovierungsquoten für öffentliche Gebäude, insbesondere für Sozialwohnungen, zu einem Zeitpunkt ablehnen, zu dem die Europäer noch immer unter der Inflation und den hohen Energiepreisen leiden, sei “unangemessen”, sagte Adeline Rochet. Dies würde “ein Risiko für die Verwirklichung der europäischen Klimaziele für 2030” darstellen, ergänzte Rochet, die Senior Policy Advisor für Energieeffizienz beim Brüsseler Think-Tank E3G ist. cst
Nach einem Vorstoß Polens drängt auch die europäische Atomwirtschaft auf EU-Fördermittel für den Neubau von Kernkraftwerken. “Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Ausschluss von Kernkraftwerken zurückgenommen wird, wenn bestehende Förderfonds überarbeitet werden und auch dafür, dass es in zukünftigen Fonds keinen automatischen Ausschluss geben wird”, sagte eine Sprecherin von Nuclear Europe.
Hintergrund ist, dass nach Angaben des Verbandes derzeit keine finanzielle Förderung von neuen Atomkraftwerken durch Instrumente wie InvestEU oder den Just Transition Fund möglich ist. Investoren hätten lediglich Zugang zu Krediten im Rahmen von Euratom.
Nuclear Europe begründet seine Forderung mit der Finanztaxonomie der EU, in die nach heftigem Streit auch Investitionen in Kernkraftwerke als nachhaltige Geldanlagen aufgenommen worden waren. “Angesichts der Tatsache, dass Kernenergie nun als förderfähiger Sektor in die Taxonomie für nachhaltige Finanzierungen aufgenommen wurde, sind wir der Ansicht, dass diese automatischen Ausschlüsse [in EU-Fonds] nicht mehr gerechtfertigt sind”, erläuterte die Verbandssprecherin.
Zuvor hatte Polens Energieministerin Anna Moskwa am Dienstag beim Energierat in Stockholm eine Förderung von neuen Kernkraftwerken aus EU-Mitteln gefordert. Laut ihrer Energiestrategie für 2040 aus dem Jahr 2019 will die polnische Regierung sechs Reaktoren im Land bauen, die ab 2033 in Betrieb gehen sollen. Auch der französische Konzern EdF hat Interesse am Bau der Anlagen bekundet, wie aus einer Übersicht der World Nuclear Association hervorgeht.
Gestern wurde zudem bekannt, dass Frankreich den Bau von mehr als 14 neuen Atomkraftwerken bis zum Jahr 2050 prüft. “Zunächst geht es um sechs Reaktoren, acht weitere werden in Betracht gezogen“, sagte die französische Energiewendeministerin Agnès Pannier-Runacher der Wirtschaftszeitung “Les Echos”. “Aber ich habe der Industrie ganz klar die Frage gestellt: Können Sie bis 2050 über 14 Reaktoren hinausgehen?” Zur Begründung verwies sie auf den Klimaschutz. “Das Erreichen der CO2-Neutralität bis 2050 setzt voraus, dass wir massiv mehr Strom produzieren.”
Am Dienstag hatte Pannier-Runacher ein Treffen von elf EU-Staaten initiiert, um die Rolle der Atomenergie für die Dekarbonisierung des Kontinents zu untermauern. ber/dpa
Die EU-Unterhändler haben sich auf die Einführung eines Standards für grüne Anleihen geeinigt. Er soll dazu beitragen, den fragmentierten Markt zu vereinheitlichen. Dies ist aufgrund der wachsenden finanziellen Bedeutung dieses Finanzinstruments, gerade in Europa, überfällig.
Der Kompromiss zielt darauf ab:
Darüber hinaus sollen Unternehmen, die die Standards nutzen, nachweisen müssen, dass die Erlöse aus ihren grünen Anleihen mit der EU-Liste umweltfreundlicher Aktivitäten, der sogenannten Taxonomie, übereinstimmen. Die Vereinbarung zwischen Rat und Parlament sieht jedoch vor, dass sie einen Spielraum von 15 Prozent erhalten für Aktivitäten, die noch nicht durch das Regelwerk abgedeckt sind.
Bislang gibt es keine einheitliche Definition für grüne Anleihen. So sind die Produkte schwer vergleichbar, außerdem gibt es ein hohes Risiko von Greenwashing.
“Grüne Anleihen, die die Standards nicht nutzen, werden wahrscheinlich mit zunehmendem Misstrauen gesehen”, sagt Paul Tang (S&D), Chefverhandler des Parlaments. Mit einem jährlichen Handelsvolumen von 100 Billionen Euro sei der europäische Anleihenmarkt die beliebteste Option für Unternehmen und Regierungen, um Finanzmittel zu beschaffen, so der Abgeordnete weiter.
Mit dieser Einigung habe die EU “einen großen Schritt zur Ökologisierung dieses massiven Marktes” gemacht. “Wir sind noch einen Schritt weiter gegangen, indem wir grüne Anleihen an den gesamten grünen Wandel der Unternehmen gekoppelt haben.”
Tsvetelina Kuzmanova, Senior Policy Advisor des Think-Tanks E3G für nachhaltige EU-Finanzierung, sieht es ähnlich: Die Vereinbarung sei ein großer Durchbruch für die Märkte für grüne Anleihen (EuGB), sagte sie zu Table.Media. Sie erhöhe nicht nur die Transparenz und schaffe Sicherheit für Investoren, sondern biete auch Anreize für eine langfristige Übergangsplanung.
“Unternehmen, die die EU-Standards für grüne Anleihen anwenden, müssen nachweisen, wie ihre Investitionen zu ihren eigenen Transformationsplänen beitragen. Das wird den grünen Wandel auf Unternehmensebene erheblich vorantreiben”, sagt Kuzmanova.
Die Standards basieren auf den Empfehlungen der Technical Expert Group on Sustainable Finance und sind Teil des Aktionsplans 2018 der Kommission zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum und des Green Deal.
Der Einigung sind lange Auseinandersetzungen darüber vorausgegangen, wie streng das Regelwerk ausfallen soll. Gerungen wurde auch um die Frage, ob es für alle Emittenten, die grüne Anleihen in Europa vertreiben, gelten soll. Im Dezember konnten sich die EU-Unterhändler nicht einigen, da das Parlament und die Mitgliedstaaten darüber debattierten, wie viel Flexibilität die Emittenten bei der Anlage der Erlöse erhalten sollten. cst
Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat am Mittwoch über seine Position zur Verringerung der Emissionen fluorierter Gase abgestimmt. Die Abgeordneten wollen die von der Kommission vorgeschlagenen neuen Anforderungen noch verschärfen und Produkte, die sogenannte F-Gase enthalten, bis 2050 vollständig verbieten. In Sektoren, in denen es technologisch und wirtschaftlich machbar ist, soll es zudem verpflichtend sein, auf Alternativen für F-Gase umzusteigen.
Neben CO₂, Methan und Distickstoffoxid (Lachgas) gehören auch F-Gase zur Gruppe der klimaschädlichen Treibhausgase. Eingesetzt werden F-Gase in Sprays oder als Kältemittel in Kühl- und Gefrierschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen. Den Großteil der F-Gas-Emissionen bilden teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW), doch auch Perfluorkohlenwasserstoffe (PFCs), Schwefelhexafluoride (SF6) und Stickstofftrifluoride (NF3) werden in verschiedenen Industrieprozessen eingesetzt, zum Beispiel zur Isolierung von Übertragungsleitungen im Stromnetz.
In den meisten Fällen seien natürliche Alternativen ohne Weiteres verfügbar, betont der für den Gesetzesvorschlag zuständige Berichterstatter Bas Eickhout (Grüne). “Deshalb haben wir für eine ehrgeizige Position gestimmt, um F-Gase bis 2050 und in den meisten Sektoren bereits bis zum Ende dieses Jahrzehnts vollständig abzuschaffen.” Viele europäische Unternehmen stünden bereits an der Spitze dieser Entwicklung und würden aufgrund ihrer Marktposition und ihrer Exportmöglichkeiten davon profitieren, so der niederländische EU-Abgeordnete.
Dennoch äußern manche Industrien auch Kritik an der Parlamentsposition. “Die Auswirkungen, die dies auf Wärmepumpen hätte, kollidieren mit den Dekarbonisierungszielen der EU, die eine Verdopplung des jährlichen Absatzes von Wärmepumpen vorsehen”, schreibt der Europäische Wärmepumpen-Verband. Bis Anfang 2027 sollen 10 Millionen zusätzliche Geräte verkauft werden.
Zwar habe sich der Wärmepumpensektor verpflichtet, die Umstellung von F-Gasen auf natürliche Kältemittel zu unterstützen, wann immer dies möglich ist. Der beschleunigte Ausstieg berücksichtige jedoch nicht die derzeitigen Produktions- und Installationskapazitäten. “Es besteht die Gefahr, dass die Anzahl der verfügbaren Wärmepumpen in bestimmten Marktsegmenten erheblich eingeschränkt wird und die Verbraucher wieder auf fossile Brennstoffe zurückgreifen”, so der Verband.
Der Bericht soll Ende März dem gesamten Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden. Anschließend beginnen die Trilog-Verhandlungen mit EU-Kommission und Rat. luk
Um den Zeitplan für die Abstimmungen über die Pestizidverordnung im Europaparlament ist ein Streit zwischen den beteiligten Ausschüssen ausgebrochen. Die geteilten Kompetenzen liegen beim Umweltausschuss (ENVI) und beim Agrarausschuss (AGRI). Der ENVI-Vorsitzende Pascal Canfin (Renew) will vor der Sommerpause im Juli über den Bericht entscheiden und peilt die Abstimmung im Plenum für September an.
AGRI-Vorsitzender Norbert Lins (CDU) verlangt ebenso wie der Rat, dass die Kommission noch eine erweiterte Folgenabschätzung etwa zu den erwarteten Ernteeinbußen vorlegt, bevor das Parlament entscheidet. Lins will im September im Ausschuss abstimmen und im November im Plenum.
Berichterstatterin Sarah Wiener (Grüne) legt heute ihren Bericht zu dem Gesetzgebungsvorschlag vor. Es wird nicht damit gerechnet, dass der Rat vor Ende des Jahres eine Position hat. mgr
EU-weit soll das begleitete Fahren sowohl für Pkw, Lieferwagen als auch für schwere Lastwagen eingeführt werden. Schon im Alter von 17 Jahren soll es künftig möglich sein, die Prüfung abzulegen. Bis zum 18. Geburtstag müssten Fahranfänger aber von einem Erwachsenen mit Führerschein begleitet werden. Dies sieht der Vorschlag der Kommission für ein Paket zur Erhöhung der Verkehrssicherheit vor, das die Kommission am Mittwoch vorgestellt hat.
Mit der Einführung des begleiteten Fahrens soll die Berufsausbildung zum Lastwagenfahrer attraktiver werden. Bislang haben viele Lehrlinge die Ausbildung abgebrochen, weil sie bis zum 18. Geburtstag warten mussten, bis sie fahren durften. In einzelnen Mitgliedstaaten wie etwa Deutschland und Österreich gibt es das Modell des begleiteten Fahrens bereits beim Pkw. Es hat sich gezeigt, dass durch die Maßnahme die Unfallwahrscheinlichkeit bei jungen Fahranfängern gesenkt wurde. Neu ist nun, dass das begleitete Fahren in allen EU-Staaten und auch beim Lkw angeboten werden soll.
Außerdem schlägt die Kommission einen einheitlichen digitalen Führerschein vor. Die Probezeit für Fahranfänger soll mindestens zwei Jahre betragen, in der Probezeit darf der Fahranfänger gar nicht unter Alkoholeinfluss fahren. Fahrverbote sollen künftig EU-weit gelten. Bislang war das nicht möglich, wenn der Fahrer das Delikt in einem anderen Land begangen hat als jenes, in dem er den Führerschein erworben hat.
Weiter will die Kommission dafür sorgen, dass Verkehrssünder, die Delikte im EU-Ausland begangen haben, dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden können. Bisher teilen die Behörden zwar untereinander bereits Informationen zur Identität des Halters. Nur 40 Prozent der Strafzettel von Gebietsfremden werden aber bezahlt, weil vielfach die Schuld in einem anderen EU-Land nicht vollstreckt wurde. Hier will die Kommission dafür sorgen, dass die Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den nationalen Führerscheinregistern bekommen.
Außerdem soll die Liste der Delikte, die grenzüberschreitend geahndet werden kann, ausgeweitet werden. Neben Trunkenheit am Steuer und Geschwindigkeitsübertretungen soll dies künftig auch in folgenden Fällen gelten:
Dass Claus Müller stolz ist auf seine Herkunft, wird schnell deutlich: “Ich bin Hamburger der achten Generation”, sagt er. Auch wenn er scherzhaft einschränkt, in seiner Familie als schwarzes Schaf gegolten zu haben. “Seit sechs Generationen bin ich der Erste, der nicht der typische Hamburger Kaufmann geworden ist.”
So ganz stimmt das allerdings nicht, denn heute ist es seine Aufgabe, Hamburg und seine Interessen bei der EU gut zu verkaufen. Claus Müller leitet den hamburgischen Teil des Hanse-Office in Brüssel. Dabei handelt es sich um die gemeinsame Vertretung der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein bei der EU.
Müllers Hauptaufgabe ist es, die Hamburger frühzeitig über aktuelle EU-Vorhaben zu informieren. Gleichzeitig ist er Vertreter und Werber für Hamburg und Hamburgs Interessen in Brüssel. “Es ist wichtig, Präsenz zu zeigen und die Hamburger Fahne bei einer Vielzahl von Veranstaltungen hochzuhalten.” Der Mehrwert des Hanse-Office bestehe darin, vor Ort zu sein und die Netzwerke in europäischen Institutionen auszubauen.
“Wir haben ja manchmal auch andere Interessen oder Schwerpunkte als der Bund, und da ist es wichtig, nicht auf die Berichterstattung des Bundes angewiesen zu sein. So können wir uns ein eigenes Bild machen und uns eine eigene Meinung bilden”, sagt er.
Er verstehe seine Arbeit als eine Art Frühmeldesystem. Und das habe sich im Laufe der Zeit zu einer Zweibahnstraße entwickelt. “Wir sind nicht nur Hörer, sondern auch Sprecher.” Bevor beispielsweise ein Vorschlag bei der Europäischen Kommission auf den Tisch käme, könne das Hanse-Office seine Expertise in den Prozess einbringen.
Besonders relevant für die Hamburger Wirtschaft sei aktuell die europäische Industrie- und Handelspolitik mit den vorgeschlagenen Maßnahmen für die Neuausrichtung der staatlichen Beihilfen und der IPCEI-Regelungen. Ferner ist Müller überzeugt davon, dass die EU aus Hamburger Sicht noch besser werden könnte, wenn sie mehr Geld für Forschung, Innovation und Digitalisierung bereitstellen würde.
Müller studierte Geschichte mit Wirtschaft im Nebenfach, Jura in der Schweiz, sowie Internationale Beziehungen in Großbritannien. Das Studium habe viel Zeit in Anspruch genommen, sagt der heute 60-Jährige: “Meine Familie ist entsetzt, dass ich wirklich zehn Jahre studiert habe. Aber immerhin sind drei Abschlüsse dabei herausgekommen.”
Nach dem Studium ging es nach Bonn. “Ich habe mit einer unfertigen Doktorarbeit im Auswärtigen Amt angefangen und hatte dort das grässlichste Jahr meines Lebens, weil ich sozusagen zwei Vollzeitjobs hatte. Nachts die Dissertation zu Ende schreiben und tagsüber den Einführungslehrgang.” 2006 wurde er vom Auswärtigen Amt nach Brüssel versetzt. Es ist ein Standort, den er auch heute noch sehr schätzt – nicht zuletzt, weil er an den Wochenenden gerne Ausflüge mit seiner Familie macht. “Belgien ist sehr zentral und man ist schnell überall.” Sarah Tekath
als Generalsekretär des Europaparlaments war Klaus Welle in den vergangenen 14 Jahren einer der einflussreichsten Menschen in Brüssel. Mit Markus Grabitz spricht er über die Bedeutung von Geheimdiensten für den Schutz der EU-Institutionen, über die anstehende Europawahl – und die Vorzüge des Europäischen Parlaments. “Ich würde einem Abgeordneten, der die Freiheit des Mandats liebt, in jedem Fall raten, ins Europaparlament zu gehen”, sagt Welle im Interview.
Airbnb und Co sind praktisch für Touristen und andere Menschen, die eine vorübergehende Bleibe suchen – in vielen europäischen Städten verursachen diese Plattformen aber große Probleme. Im vergangenen Herbst hatte die Kommission einen Entwurf vorgelegt, der die Kurzzeit-Vermietung transparenter und nachhaltiger machen soll. Die Mitgliedstaaten folgen den Vorschlägen weitgehend, wie Corinna Visser berichtet. Aus deutscher Sicht gibt es jedoch noch mögliche Verbesserungen, etwa beim Datenschutz.
Plötzlich drohen komplizierte Nachverhandlungen, wo eigentlich Einigung bestanden hatte: Weil Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nun Deutschlands Zustimmung infrage stellt, wackelt die nötige Mehrheit für ein Verbrenner-Aus 2035. Wissing und seine Partei sehen die Schuld bei der Kommission und einem nicht erfüllten Erwägungsgrund. Für den aber gebe es unterschiedliche Lesarten, analysiert Lukas Scheid.
Herr Welle, gibt es strukturelle Schwächen im Europaparlament, die erklären, warum es zu dem Korruptionsskandal kommen konnte?
Es gab auch in anderen Parlamenten Bestechungsskandale. Auffällig ist aber, dass die EU keine Geheimdienststrukturen hat. Vermutlich ist ein Geheimdienst die einzige Möglichkeit, Bestechung durch Drittstaaten auf die Schliche zu kommen. Die EU-Institutionen sind hier weitgehend schutzlos. Es hat nach meinem Wissen vor einigen Jahren ein Treffen der nationalen Behörden gegeben. Dabei wurde Belgien beauftragt, sich um das Europaparlament zu kümmern. Ich halte es für wahrscheinlich, dass wir seit den Festnahmen Anfang Dezember die Folgen dieses Treffens sehen.
Wie bewerten Sie, dass sich zuvor niemand zuständig fühlte?
Wenn man sich die Bedeutung der EU anschaut, also nicht nur des Parlaments, war die komplette Schutzlosigkeit ein unhaltbarer Zustand. Die EU befindet sich in einem großen Spannungsverhältnis nicht nur mit Russland, sondern auch mit China. Es ist ein Fortschritt, dass Belgien sich jetzt kümmert. Ich habe aber Zweifel, dass das ausreicht. Die EU organisiert eine kontinentale Demokratie, die sich von autoritären Staaten bedroht sieht. Sie muss sich wehren können.
Wäre eine Lösung wie bei der Nato denkbar? Dort gibt es seit einigen Jahren eine Verbindungsstelle, in der die Informationen der nationalen Dienste gebündelt und ausgewertet werden.
Für das Europaparlament kann ich sagen, dass nach diesem Muster vorgegangen wird. Im letzten Haushalt des Parlaments, den ich zu verantworten hatte, sind eine Reihe von Stellen geschaffen worden, um genau hier dialogfähig zu werden. Ob die Stellen ausreichen, das muss die Zukunft zeigen.
Sie haben als Generalsekretär das Ziel verfolgt, das Europaparlament zu stärken, etwa den Wissenschaftlichen Dienst gegründet und die Mitarbeiterstäbe der Fraktionen massiv aufgestockt. Ist das Parlament jetzt auf Augenhöhe mit den anderen EU-Institutionen?
Ich würde einem Abgeordneten, der die Freiheit des Mandats liebt, in jedem Fall raten, ins Europaparlament zu gehen. Auf der nationalen Ebene sind Regierungsmehrheit und Parlamentsmehrheit so eng verflochten, dass die Freiheit des einzelnen Abgeordneten sehr begrenzt ist. Man muss dort schon zu einer sehr kleinen Führungsgruppe gehören, um mitentscheiden zu können. Im Europaparlament ist das anders. Dort hat man großen Spielraum, wenn man aktiv ist und es denn möchte.
Messen Sie das EP hier lieber am US-Kongress?
Ja. Die Vereinigten Staaten haben ein politisches System, das mit dem der EU vergleichbar ist: Es verhandeln dort permanent Kongress, Senat und Regierung miteinander, ohne dass vorher klar ist, wer der Stärkere ist. Bei uns ist es zwischen Rat, Kommission und Parlament ganz ähnlich. Wichtig war mir immer, dass die Abgeordneten auch ausreichend beraten sind. Auf der anderen Seite stehen nämlich die 27 Regierungen mit ihren Ministerien. Das heißt: Die Abgeordneten brauchen die Unterstützung der Ausschusssekretariate, des Wissenschaftlichen Diensts und aus den Fraktionen, damit das Parlament gleichberechtigter Gesetzgeber sein kann.
Wo gibt es Verbesserungsbedarf?
Das Parlament ist stark, wenn es stark sein will. Es gibt aber immer wieder Bereiche, die sich weiterentwickeln. Nehmen Sie die Strukturen, die in der Finanzkrise geschaffen wurden. Sie sind eher zwischenstaatlich angelegt und sollten auf Dauer der parlamentarischen Kontrolle unterworfen werden. Das gilt auch für die Zusatzausgaben von Next Generation EU. Wenn sich diese Ausgaben wiederholen, muss das Parlament eingebunden werden.
Gilt das auch für die Sicherheitspolitik, wo die EU bislang wenig Kompetenzen hat?
Der Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird sich nach meiner Einschätzung auf der Basis der Verträge sehr dynamisch entwickeln. Der Ukrainekrieg führt zu einem Nachdenken darüber, ob die EU in der Sicherheitspolitik vernünftig aufgestellt ist. Der Krieg ist nämlich nicht nur ein Feldzug Russlands gegen die Ukrainer. Putin stellt vielmehr das geopolitische System Europas infrage, wie es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden ist.
Es war maßgeblich Ihre Idee, Spitzenkandidaten für die Europawahl aufzustellen. 2014 hat das Prinzip funktioniert, 2019 nicht.
Spitzenkandidaten machen die Europawahl attraktiver. Der Wähler sollte die Möglichkeit haben, nicht nur über den Wahlkreiskandidaten abzustimmen, sondern auch über die Person an der Spitze der Exekutive. Ich glaube, dass deswegen die Wahlbeteiligung 2019 auch enorm gestiegen ist. Das politische System der EU ist komplex. Die Komplexität fassbarer zu machen, ist wichtig. Das geht, indem der Wähler die Auswahl zwischen Personen hat, die für politische Ausrichtungen stehen.
Wird es 2024 noch Spitzenkandidaten geben?
Es ist wie beim Fußball: Es steht 1:1, wir gehen in die Verlängerung. 2014 hat sich der Spitzenkandidat durchgesetzt, 2019 nicht ganz. Aber: Zwei Spitzenkandidaten sind heute die ersten Vizepräsidenten der Kommission. Das ist auch etwas. Es ist damit deutlicher geworden, dass letztlich drei Parteienfamilien in der Kommission eine Koalition bilden. Die Politisierung der Kommission ist also vorangekommen. Und für 2024 ist wichtig, die Verfassungswirklichkeit der EU zu verstehen: Anders als auf nationaler Ebene haben wir mit Rat und Parlament zwei gleichberechtigte Kammern. Schon bei der Auswahl der Spitzenkandidaten muss also berücksichtigt werden, welcher Politiker die Chance darauf hat, sowohl die Abgeordneten als auch die Staats- und Regierungschefs zu überzeugen.
Würden transnationale Listen die Europawahl ebenfalls attraktiver machen?
In den USA gibt es sie ja eben nicht. Das heißt: Transnationale Listen sind nicht zwingend für ein föderales System. Sie könnten aber sehr wohl deutlich machen, dass die Europawahl keine nationale Ersatzwahl ist, sondern eine starke europäische Komponente hat. Wenn man das will, braucht man aber ein faires System.
Konkret?
Es muss klar sein, dass die großen Länder bei der Listenaufstellung nicht die kleinen dominieren. Und es muss gewährleistet sein, dass es hinterher nicht zwei Klassen von Abgeordneten gibt. Also, die Abgeordneten von den europäischen Listen, die die Superstars sind, und die anderen Abgeordneten, die für die Wahlkreisarbeit zuständig sind. Außerdem: Deutschland hat immer noch nicht die letzte EU-Wahlrechtsreform vollzogen und die Sperrklausel eingeführt. Bevor man jetzt die sehr komplexe Reform der transnationalen Listen angeht, sollte erst einmal die beschlossene Sperrklausel umgesetzt werden.
Sehen Sie weitere Möglichkeiten, die Attraktivität der Europawahlen zu steigern?
Das Parlament könnte entscheiden, nur noch Kommissare zu bestätigen, die sich vorher Europawahlen gestellt haben. Viele Kandidaten für Kommissionsposten tun das bereits, aber nicht alle. Es wäre sicherlich eine Möglichkeit, die Verbindung zwischen der Wahl und der Exekutive zu stärken. Das Verhältnis zwischen Kommissar und Parlament würde sich ändern: Ein Politiker, der sich erst dem Votum der Bürger stellen muss, dann Abgeordneter wird und danach Kommissar, hat ein anderes Verhältnis zur Bürgerkammer als ein Politiker, der ihr nie angehört hat.
Eine Vorabstimmung im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) wurde am Mittwoch spontan verschoben. Eigentlich hätten die EU-Botschafter ihre Zustimmung für die Trilogeinigung für die überarbeiteten Flottengrenzwerte für Pkw signalisieren sollen, damit bei der finalen Abstimmung im Ministerrat am Dienstag nichts Unvorhergesehenes passiert. Doch weil die nötige qualifizierte Mehrheit aktuell auf der Kippe steht, wurde diese Abstimmung im AStV auf Freitag verschoben.
Die schwedische Ratspräsidentschaft hält dennoch an ihrem Plan fest, am Dienstag auf Minister-Ebene über das faktische Verbrenner-Aus 2035, welches in den neuen Flottengrenzwerten festgeschrieben wurde, abzustimmen.
Grund für die wackelnde Mehrheit ist eine Drohung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Sofern die EU-Kommission keinen Vorschlag macht, wie E-Fuels in Verbrennungsmotoren auch nach 2035 genutzt werden können, will die FDP kein grünes Licht geben. Italien, Polen und Bulgarien werden ebenfalls nicht zustimmen. Macht Wissing seine Drohung wahr, wäre mit den vier Ländern die Sperrminorität erreicht und das Verbrenner-Aus vorerst vom Tisch. Es käme zu komplizierten Nachverhandlungen.
Die Forderung nach einem entsprechenden Kommissionsvorschlag unterstrich am Mittwoch auch Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Es ist demnach die Position der gesamten Bundesregierung. Sie beruht auf dem Erwägungsgrund 9a des Gesetzesvorschlags. Darin wird die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag zu machen, wie Pkw auch nach 2035 mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden können.
Aus der EU-Kommission heißt es, dass der zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans schon im Sommer seine Unterstützung für diesen Aspekt zum Ausdruck gebracht habe. Gleichzeitig hatte Timmermans damals jedoch betont, dass die EU-Kommission allein das Recht für Gesetzesinitiativen habe und der Erwägungsgrund keine rechtliche Verpflichtung bedeute.
Klar ist auch: Der Gesetzesvorschlag muss zunächst formal angenommen werden, damit jener Erwägungsgrund rein rechtlich gültig ist. Die schwedische Ratspräsidentschaft versucht zu vermitteln und betont, dass es keinen Grund für die Annahme gebe, die Kommission würde diesen Vorschlag nicht vorlegen.
Fraglich ist aber, wie dieser Vorschlag aussehen könnte. Das liegt an den Interpretationsmöglichkeiten des Erwägungsgrundes 9a. Es heißt dort nämlich, dass die Ausnahme für mit E-Fuels fahrende Pkw “außerhalb der EU-Flottengrenzwerte” laufen würde. Das Umweltministerium betonte schon mehrfach, dass aus ihrer Sicht Sonderfahrzeuge beispielsweise für Polizei, Feuerwehr oder Ambulanz gemeint seien, für die die EU-Regulierung nicht gilt.
Die FDP teilt diese Lesart nicht und ist der Auffassung, dass ein neues paralleles System geschaffen werden würde. “Für normale Pkw, die nachweislich ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, würden die Grenzwerte und damit das Verbrenner-Aus nicht gelten”, sagt Lukas Köhler, klimapolitischer Sprecher der FDP, zu Table.Media. Ohne ein eindeutiges Signal aus der Kommission, wie der Erwägungsgrund umgesetzt wird, wird die FDP voraussichtlich nicht zustimmen.
Sollte sich im AStV am Freitag zeigen, dass die notwendige Mehrheit nicht zustande kommt, könnte der Ratsvorsitz das Thema noch von der Tagesordnung des Ministertreffens kommenden Dienstag nehmen. Das würde der Bundesregierung mehr Zeit geben, sich zu einigen und gegebenenfalls bei der Kommission konkretere Zusagen einzufordern. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte am Mittwoch, man befinde sich in den Gesprächen innerhalb der Koalition auf gutem Weg zu einer Einigung.
Die EU möchte mehr Transparenz auf dem Markt für kurzfristig vermietete Unterkünfte schaffen. Heute wollen die für Binnenmarkt und Industrie zuständigen Ministerinnen und Minister in Brüssel ihre Allgemeine Ausrichtung zur entsprechenden Verordnung beschließen, die die Kommission im vergangenen November vorgelegt hat. Die Mitgliedstaaten sprachen sich mehrheitlich für den Kommissionsvorschlag aus, wünschten aber, dass die bestehenden Registrierungssysteme in einigen EU-Staaten beibehalten werden können.
Die kurzzeitige Vermietung von Unterkünften an Touristen über Plattformen wie Airbnb oder Booking verursacht in vielen Städten Europas große Probleme. Ziel der Short-Term Accommodation Rental Services Regulation der Kommission war es:
Umfangreiche Änderungen am Kommissionsentwurf haben die Mitgliedstaaten nicht vorgenommen. Vorgesehen ist ein Opt-in-Modell. Das heißt, die Regelungen der Verordnung sollen nur für solche Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen gelten, die Registrierungsverfahren nutzen und/oder Daten von Online-Plattformen anfordern. Regulatorische Maßnahmen bleiben nach dem Entwurf weiterhin Sache der Mitgliedstaaten. Das war auch für Deutschland ein wichtiger Punkt.
Der Verordnungsvorschlag zur Kurzzeitvermietung sei ein gutes Beispiel für den sektorspezifischen Ansatz, den Deutschland zur Stärkung des Dienstleistungsbinnenmarkts vertrete, teilte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage von Table.Media mit. Die Mitgliedstaaten könnten so mitgliedstaatliches Recht, etwa zur Vermeidung der Zweckentfremdung von Wohnraum, besser durchsetzen. “Gleichzeitig wird Online-Plattformen und Anbietern von Kurzzeitunterkünften, viele darunter KMU, durch bürokratiearme elektronische Verfahren die Tätigkeit auf dem Markt erleichtert.”
Allerdings gibt es aus deutscher Sicht auch noch mögliche Verbesserungen, die im Trilog aufgegriffen werden könnten, etwa beim Datenschutz. Auch die Kontrollen durch Online-Plattformen könnten noch besser an den Maßstab des Digital Services Act angeglichen werden, heißt es in Brüssel.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hofft, dass das Verfahren nun zügig weitergeht: “Damit die notwendige Transparenz bei der Kurzzeitvermietung allen Kommunen ermöglicht wird, sollten die Abstimmungen über die europäische Verordnung nun zeitnah abgeschlossen werden.”
Dabei hat das EU-Parlament noch nicht einmal mit den Verhandlungen begonnen. Berichterstatterin im federführenden Binnenmarktausschuss (IMCO) ist Kim Sparrentak (Grüne/EFA). Im Mai könnte ihr Entwurf vorliegen, heißt es aus ihrem Büro. Auch die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag stehen noch aus. Dagegen hat der Europäische Datenschutzbeauftragte seine Stellungnahme bereits im Dezember 2022 abgegeben.
03.03.-05.03.2023, Düsseldorf
FES, Seminar Europas Rolle in der Welt
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) geht der Frage nach, wie die EU sicherstellen kann, dass Frieden und Sicherheit in Europa gewahrt bleiben und die Interessen und Werte ihrer Bürgerinnen und Bürger verteidigt werden. INFOS & ANMELDUNG
06.03.2023 – 18:30-20:00 Uhr, Berlin/online
HBS, Buchvorstellung “Die Ablenkungsfalle” – Erkenntnisse eines grünen Unternehmers in der Debatte um eine funktionierende Kreislaufwirtschaft
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) stellt zur Diskussion, welchen Anforderungen die geplante deutsche Kreislaufwirtschaftsstrategie genügen sollte. INFOS & ANMELDUNG
07.03.-09.03.2023, Berlin
Messe Internationale Tourismus-Börse – Mastering Transformation
Die Internationale Tourismus-Börse adressiert die Frage, welche Perspektiven es für die Tourismusbranche gibt, um den Transformationsprozess hin zu einer nachhaltigen und erfolgreichen Zukunft zu gestalten. INFOS & ANMELDUNG
07.03.-08.03.2023, Saragossa (Spanien)
EEN, Trade Fair International Water and Environment Exhibition – Brokerage Event
Das Enterprise Europe Network (EEN) lädt zum Networking-Treffen im Rahmen der International Water and Environment Exhibition ein. INFOS & ANMELDUNG
07.03.-08.03.2023, Essen
Handelsblatt, Konferenz Zukunft Stahl 2023: Strategien für eine grüne Stahlindustrie: innovativ – nachhaltig – effizient
Das “Handelsblatt” bietet eine Dialog-Plattform zwischen der Stahlindustrie, der Wissenschaft und den politischen Entscheidungsträgern rund um das Thema Dekarbonisierung der Stahlproduktion. INFOS
07.03.-08.03.2022, Oberhausen
DBU, Konferenz Von fossil in die Zukunft – mit Bioökonomie und Biotechnologie
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) diskutiert Strategie und Umsetzung, Transformationspfade und neue Wertschöpfungsketten in der Bioökonomie. INFOS & ANMELDUNG
07.03.2023, Bonn
BSI, Konferenz Cybersicherheit stärken – Unterstützung der Forschung mithilfe von EU-Förderprogrammen
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) präsentiert und diskutiert die thematische Ausrichtung der beiden Förderprogramme Horizon Europe und Digital Europe. INFOS & ANMELDUNG
07.03.2023 – 09:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Spot- und Intradaymärkte
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt die Funktionsweise von Spot- und Intradaymärkten vor und diskutiert die Chancen und Möglichkeiten, diese Märkte zu nutzen INFOS & ANMELDUNG
07.03.2023 – 15:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Presentation The inclusion of hydrogen in the EU CBAM, ERCST’s assessment
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) intends to present the assessment’s conclusions concerning the rationale and implications of the hydrogen inclusion in the EU CBAM. INFOS & REGISTRATION
Die Bundesregierung will staatliche Beihilfen für Unternehmen ausweiten, um auf die Energiekrise zu reagieren und Produktionskapazitäten für saubere Technologien zu steigern. So sollten Unternehmen keinen Gewinneinbruch mehr nachweisen müssen, wenn sie Kompensationen für gestiegene Energiepreise erhalten wollen, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Konsultation der Generaldirektion Wettbewerb zum Beihilferahmen TCTF.
Es ist der zentrale Baustein für den Green Industrial Plan, mit dem die EU-Kommission auf Beihilfen aus dem Inflation Reduction Act (IRA) der USA antwortet. Die Antwort lag Table.Media gestern vor, zunächst hatte Reuters darüber berichtet.
Das Kriterium des Gewinnrückgangs erschwere den Zugang von energieintensiven Unternehmen zur Strom- und Gaspreisbremse beträchtlich, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Beihilfen zu gestiegenen Energiepreisen sollten nach dem Willen Berlins außerdem nicht nur bis Ende 2023, sondern bis Ende April 2024 gezahlt werden können.
Weitere Forderungen der Bundesregierung sind:
Die Förderung von Produktionskapazitäten will die EU-Kommission von grünen auch auf digitale Technologien ausweiten. Außerdem sollen die Höchstbeträge von 100 auf 200 Millionen Euro und in C-Fördergebieten von 150 auf 400 Millionen Euro ausgeweitet werden. Für Ansiedlungen wie Batteriefabriken sind in den USA teilweise noch deutlich höhere Förderbeträge möglich.
Besonders kritisch ist für Deutschland die Konzentration der Beihilfen auf die am stärksten benachteiligten Regionen der EU. Für strukturschwache Regionen (C-Fördergebiete), die es auch in Deutschland gibt, sind die Anforderungen an Kooperationen mit anderen Mitgliedstaaten gemäß dem Kommissionsentwurf höher. Relevant wird dies vor allem dann, wenn EU-Staaten Förderbeträge zahlen wollen, die über die Höchstgrenzen hinausgehen, um mit der Förderung von Drittstaaten gleichzuziehen (Matching).
“In engen Grenzen sollten auch Einzelprojekte außerhalb der Fördergebiete beihilfefähig sein, wenn sich Spill-Over-Effekte gegeben”, fordert die Bundesregierung. Das Matching soll laut dem Dokument auch dann möglich sein, wenn das Projekt in einem C-Fördergebiet liegt. Für Deutschland würde damit die Verpflichtung zur Kooperation weitgehend entfallen.
Berlin will außerdem auch Fördermöglichkeiten für den Umbau von Raffinerien, “wenn diese der Beschleunigung des Transformationsprozesses hin zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit dienen”. Dies betreffe in Deutschland insbesondere Leuna und Schwedt, die “aufgrund der Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine aktuell vor einem besonders weitreichenden Umbruch ihrer Wirtschaftsstruktur stehen”. ber
Vertreter des Europäischen Parlaments und des Rates treffen sich am heutigen Donnerstagabend zum Trilog, um in den Verhandlungen über die Energieeffizienzrichtlinie (EED) voranzukommen. Beide Seiten streiten sich über das Ambitionsniveau der Ziele und die Rechtsverbindlichkeit der Maßnahmen.
Auf der Tagesordnung der Verhandlungen stehen die verbindlichen Ziele für Gebäuderenovierungen, Energiesparziele und Energieeffizienzziele sowie die Verbindlichkeit dieser Maßnahmen, sagte eine parlamentarische Quelle zu Table.Media. Eine weitere Trilog-Verhandlungsrunde ist für den 9. März geplant.
“Es ist sehr schwierig, mit dem Rat zu arbeiten”, bedauert man aufseiten der Parlamentarier. Dieser sei nicht bereit, Zugeständnisse zu machen, würde viele verbindliche Elemente verschieben und versuchen, so viele Ausnahmeregelungen wie möglich zu erhalten.
Die schwedische Ratspräsidentschaft hebt ihrerseits ihren Kompromissvorschlag hervor, eine Senkung des Energieverbrauchs in der EU bis 2030 um 11 bis 12 Prozent zu erreichen und im Gegenzug neue Flexibilitäten einzuführen. Das Ziel bleibt unter den vom EU-Parlament angestrebten 14,5 Prozent, nähert sich jedoch dem an, was die Kommission anstrebt, nämlich eine EU-weite Senkung des Energieverbrauchs um mindestens 13 Prozent im Vergleich zum Referenzszenario von 2020.
Stockholm stellt außerdem klar, dass nur das Ziel zum Endenergieverbrauch verbindlich wäre. Die Europaabgeordneten hingegen fordern eine Berechnung anhand des Primärenergieverbrauchs, was eine restriktivere Forderung darstellt. Die Erhöhung der Ambition macht Schweden von neuen Flexibilitäten abhängig. Das bedeutet, dass die Formel zur Bestimmung der Höhe des Beitrags jedes Mitgliedstaates zu diesem europäischen Ziel nur teilweise verbindlich wäre – und zwar nur für die Berechnung bestimmter Faktoren, die sich auf die Effizienzanstrengungen auswirken.
Der Vorsitz schlägt den Delegationen außerdem vor, die Verpflichtung zu jährlichen Energieeinsparungen im Jahr 2030 auf bis zu 1,9 Prozent anzuheben (gegenüber den vom Rat angenommenen 1,5 Prozent), sofern bestimmte Maßnahmen, die in einem anderen Rahmen ergriffen wurden, angerechnet werden können. Dies würde beispielsweise die Einbeziehung von Maßnahmen zur Einhaltung der Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden oder von Maßnahmen während der Energiekrise (mit Ausnahme von Rationierungs- und Beschränkungsmaßnahmen) beinhalten.
Die Europaabgeordneten ihrerseits möchten diese Verpflichtung ab 2024 auf 2 Prozent festlegen, während die Kommission 1,5 Prozent vorschlägt.
Vorschläge gibt es außerdem zu weiteren Kompromissen, wie der Möglichkeit, das Ziel für die Senkung des Endenergieverbrauchs aller öffentlichen Einrichtungen auf 2 Prozent zu erhöhen, wie vom Parlament gewünscht. Gleichzeitig wird die Möglichkeit vorgesehen, den öffentlichen Verkehr davon auszunehmen.
Die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten verbindliche Renovierungsquoten für öffentliche Gebäude, insbesondere für Sozialwohnungen, zu einem Zeitpunkt ablehnen, zu dem die Europäer noch immer unter der Inflation und den hohen Energiepreisen leiden, sei “unangemessen”, sagte Adeline Rochet. Dies würde “ein Risiko für die Verwirklichung der europäischen Klimaziele für 2030” darstellen, ergänzte Rochet, die Senior Policy Advisor für Energieeffizienz beim Brüsseler Think-Tank E3G ist. cst
Nach einem Vorstoß Polens drängt auch die europäische Atomwirtschaft auf EU-Fördermittel für den Neubau von Kernkraftwerken. “Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Ausschluss von Kernkraftwerken zurückgenommen wird, wenn bestehende Förderfonds überarbeitet werden und auch dafür, dass es in zukünftigen Fonds keinen automatischen Ausschluss geben wird”, sagte eine Sprecherin von Nuclear Europe.
Hintergrund ist, dass nach Angaben des Verbandes derzeit keine finanzielle Förderung von neuen Atomkraftwerken durch Instrumente wie InvestEU oder den Just Transition Fund möglich ist. Investoren hätten lediglich Zugang zu Krediten im Rahmen von Euratom.
Nuclear Europe begründet seine Forderung mit der Finanztaxonomie der EU, in die nach heftigem Streit auch Investitionen in Kernkraftwerke als nachhaltige Geldanlagen aufgenommen worden waren. “Angesichts der Tatsache, dass Kernenergie nun als förderfähiger Sektor in die Taxonomie für nachhaltige Finanzierungen aufgenommen wurde, sind wir der Ansicht, dass diese automatischen Ausschlüsse [in EU-Fonds] nicht mehr gerechtfertigt sind”, erläuterte die Verbandssprecherin.
Zuvor hatte Polens Energieministerin Anna Moskwa am Dienstag beim Energierat in Stockholm eine Förderung von neuen Kernkraftwerken aus EU-Mitteln gefordert. Laut ihrer Energiestrategie für 2040 aus dem Jahr 2019 will die polnische Regierung sechs Reaktoren im Land bauen, die ab 2033 in Betrieb gehen sollen. Auch der französische Konzern EdF hat Interesse am Bau der Anlagen bekundet, wie aus einer Übersicht der World Nuclear Association hervorgeht.
Gestern wurde zudem bekannt, dass Frankreich den Bau von mehr als 14 neuen Atomkraftwerken bis zum Jahr 2050 prüft. “Zunächst geht es um sechs Reaktoren, acht weitere werden in Betracht gezogen“, sagte die französische Energiewendeministerin Agnès Pannier-Runacher der Wirtschaftszeitung “Les Echos”. “Aber ich habe der Industrie ganz klar die Frage gestellt: Können Sie bis 2050 über 14 Reaktoren hinausgehen?” Zur Begründung verwies sie auf den Klimaschutz. “Das Erreichen der CO2-Neutralität bis 2050 setzt voraus, dass wir massiv mehr Strom produzieren.”
Am Dienstag hatte Pannier-Runacher ein Treffen von elf EU-Staaten initiiert, um die Rolle der Atomenergie für die Dekarbonisierung des Kontinents zu untermauern. ber/dpa
Die EU-Unterhändler haben sich auf die Einführung eines Standards für grüne Anleihen geeinigt. Er soll dazu beitragen, den fragmentierten Markt zu vereinheitlichen. Dies ist aufgrund der wachsenden finanziellen Bedeutung dieses Finanzinstruments, gerade in Europa, überfällig.
Der Kompromiss zielt darauf ab:
Darüber hinaus sollen Unternehmen, die die Standards nutzen, nachweisen müssen, dass die Erlöse aus ihren grünen Anleihen mit der EU-Liste umweltfreundlicher Aktivitäten, der sogenannten Taxonomie, übereinstimmen. Die Vereinbarung zwischen Rat und Parlament sieht jedoch vor, dass sie einen Spielraum von 15 Prozent erhalten für Aktivitäten, die noch nicht durch das Regelwerk abgedeckt sind.
Bislang gibt es keine einheitliche Definition für grüne Anleihen. So sind die Produkte schwer vergleichbar, außerdem gibt es ein hohes Risiko von Greenwashing.
“Grüne Anleihen, die die Standards nicht nutzen, werden wahrscheinlich mit zunehmendem Misstrauen gesehen”, sagt Paul Tang (S&D), Chefverhandler des Parlaments. Mit einem jährlichen Handelsvolumen von 100 Billionen Euro sei der europäische Anleihenmarkt die beliebteste Option für Unternehmen und Regierungen, um Finanzmittel zu beschaffen, so der Abgeordnete weiter.
Mit dieser Einigung habe die EU “einen großen Schritt zur Ökologisierung dieses massiven Marktes” gemacht. “Wir sind noch einen Schritt weiter gegangen, indem wir grüne Anleihen an den gesamten grünen Wandel der Unternehmen gekoppelt haben.”
Tsvetelina Kuzmanova, Senior Policy Advisor des Think-Tanks E3G für nachhaltige EU-Finanzierung, sieht es ähnlich: Die Vereinbarung sei ein großer Durchbruch für die Märkte für grüne Anleihen (EuGB), sagte sie zu Table.Media. Sie erhöhe nicht nur die Transparenz und schaffe Sicherheit für Investoren, sondern biete auch Anreize für eine langfristige Übergangsplanung.
“Unternehmen, die die EU-Standards für grüne Anleihen anwenden, müssen nachweisen, wie ihre Investitionen zu ihren eigenen Transformationsplänen beitragen. Das wird den grünen Wandel auf Unternehmensebene erheblich vorantreiben”, sagt Kuzmanova.
Die Standards basieren auf den Empfehlungen der Technical Expert Group on Sustainable Finance und sind Teil des Aktionsplans 2018 der Kommission zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum und des Green Deal.
Der Einigung sind lange Auseinandersetzungen darüber vorausgegangen, wie streng das Regelwerk ausfallen soll. Gerungen wurde auch um die Frage, ob es für alle Emittenten, die grüne Anleihen in Europa vertreiben, gelten soll. Im Dezember konnten sich die EU-Unterhändler nicht einigen, da das Parlament und die Mitgliedstaaten darüber debattierten, wie viel Flexibilität die Emittenten bei der Anlage der Erlöse erhalten sollten. cst
Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat am Mittwoch über seine Position zur Verringerung der Emissionen fluorierter Gase abgestimmt. Die Abgeordneten wollen die von der Kommission vorgeschlagenen neuen Anforderungen noch verschärfen und Produkte, die sogenannte F-Gase enthalten, bis 2050 vollständig verbieten. In Sektoren, in denen es technologisch und wirtschaftlich machbar ist, soll es zudem verpflichtend sein, auf Alternativen für F-Gase umzusteigen.
Neben CO₂, Methan und Distickstoffoxid (Lachgas) gehören auch F-Gase zur Gruppe der klimaschädlichen Treibhausgase. Eingesetzt werden F-Gase in Sprays oder als Kältemittel in Kühl- und Gefrierschränken, Klimaanlagen und Wärmepumpen. Den Großteil der F-Gas-Emissionen bilden teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW), doch auch Perfluorkohlenwasserstoffe (PFCs), Schwefelhexafluoride (SF6) und Stickstofftrifluoride (NF3) werden in verschiedenen Industrieprozessen eingesetzt, zum Beispiel zur Isolierung von Übertragungsleitungen im Stromnetz.
In den meisten Fällen seien natürliche Alternativen ohne Weiteres verfügbar, betont der für den Gesetzesvorschlag zuständige Berichterstatter Bas Eickhout (Grüne). “Deshalb haben wir für eine ehrgeizige Position gestimmt, um F-Gase bis 2050 und in den meisten Sektoren bereits bis zum Ende dieses Jahrzehnts vollständig abzuschaffen.” Viele europäische Unternehmen stünden bereits an der Spitze dieser Entwicklung und würden aufgrund ihrer Marktposition und ihrer Exportmöglichkeiten davon profitieren, so der niederländische EU-Abgeordnete.
Dennoch äußern manche Industrien auch Kritik an der Parlamentsposition. “Die Auswirkungen, die dies auf Wärmepumpen hätte, kollidieren mit den Dekarbonisierungszielen der EU, die eine Verdopplung des jährlichen Absatzes von Wärmepumpen vorsehen”, schreibt der Europäische Wärmepumpen-Verband. Bis Anfang 2027 sollen 10 Millionen zusätzliche Geräte verkauft werden.
Zwar habe sich der Wärmepumpensektor verpflichtet, die Umstellung von F-Gasen auf natürliche Kältemittel zu unterstützen, wann immer dies möglich ist. Der beschleunigte Ausstieg berücksichtige jedoch nicht die derzeitigen Produktions- und Installationskapazitäten. “Es besteht die Gefahr, dass die Anzahl der verfügbaren Wärmepumpen in bestimmten Marktsegmenten erheblich eingeschränkt wird und die Verbraucher wieder auf fossile Brennstoffe zurückgreifen”, so der Verband.
Der Bericht soll Ende März dem gesamten Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden. Anschließend beginnen die Trilog-Verhandlungen mit EU-Kommission und Rat. luk
Um den Zeitplan für die Abstimmungen über die Pestizidverordnung im Europaparlament ist ein Streit zwischen den beteiligten Ausschüssen ausgebrochen. Die geteilten Kompetenzen liegen beim Umweltausschuss (ENVI) und beim Agrarausschuss (AGRI). Der ENVI-Vorsitzende Pascal Canfin (Renew) will vor der Sommerpause im Juli über den Bericht entscheiden und peilt die Abstimmung im Plenum für September an.
AGRI-Vorsitzender Norbert Lins (CDU) verlangt ebenso wie der Rat, dass die Kommission noch eine erweiterte Folgenabschätzung etwa zu den erwarteten Ernteeinbußen vorlegt, bevor das Parlament entscheidet. Lins will im September im Ausschuss abstimmen und im November im Plenum.
Berichterstatterin Sarah Wiener (Grüne) legt heute ihren Bericht zu dem Gesetzgebungsvorschlag vor. Es wird nicht damit gerechnet, dass der Rat vor Ende des Jahres eine Position hat. mgr
EU-weit soll das begleitete Fahren sowohl für Pkw, Lieferwagen als auch für schwere Lastwagen eingeführt werden. Schon im Alter von 17 Jahren soll es künftig möglich sein, die Prüfung abzulegen. Bis zum 18. Geburtstag müssten Fahranfänger aber von einem Erwachsenen mit Führerschein begleitet werden. Dies sieht der Vorschlag der Kommission für ein Paket zur Erhöhung der Verkehrssicherheit vor, das die Kommission am Mittwoch vorgestellt hat.
Mit der Einführung des begleiteten Fahrens soll die Berufsausbildung zum Lastwagenfahrer attraktiver werden. Bislang haben viele Lehrlinge die Ausbildung abgebrochen, weil sie bis zum 18. Geburtstag warten mussten, bis sie fahren durften. In einzelnen Mitgliedstaaten wie etwa Deutschland und Österreich gibt es das Modell des begleiteten Fahrens bereits beim Pkw. Es hat sich gezeigt, dass durch die Maßnahme die Unfallwahrscheinlichkeit bei jungen Fahranfängern gesenkt wurde. Neu ist nun, dass das begleitete Fahren in allen EU-Staaten und auch beim Lkw angeboten werden soll.
Außerdem schlägt die Kommission einen einheitlichen digitalen Führerschein vor. Die Probezeit für Fahranfänger soll mindestens zwei Jahre betragen, in der Probezeit darf der Fahranfänger gar nicht unter Alkoholeinfluss fahren. Fahrverbote sollen künftig EU-weit gelten. Bislang war das nicht möglich, wenn der Fahrer das Delikt in einem anderen Land begangen hat als jenes, in dem er den Führerschein erworben hat.
Weiter will die Kommission dafür sorgen, dass Verkehrssünder, die Delikte im EU-Ausland begangen haben, dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden können. Bisher teilen die Behörden zwar untereinander bereits Informationen zur Identität des Halters. Nur 40 Prozent der Strafzettel von Gebietsfremden werden aber bezahlt, weil vielfach die Schuld in einem anderen EU-Land nicht vollstreckt wurde. Hier will die Kommission dafür sorgen, dass die Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den nationalen Führerscheinregistern bekommen.
Außerdem soll die Liste der Delikte, die grenzüberschreitend geahndet werden kann, ausgeweitet werden. Neben Trunkenheit am Steuer und Geschwindigkeitsübertretungen soll dies künftig auch in folgenden Fällen gelten:
Dass Claus Müller stolz ist auf seine Herkunft, wird schnell deutlich: “Ich bin Hamburger der achten Generation”, sagt er. Auch wenn er scherzhaft einschränkt, in seiner Familie als schwarzes Schaf gegolten zu haben. “Seit sechs Generationen bin ich der Erste, der nicht der typische Hamburger Kaufmann geworden ist.”
So ganz stimmt das allerdings nicht, denn heute ist es seine Aufgabe, Hamburg und seine Interessen bei der EU gut zu verkaufen. Claus Müller leitet den hamburgischen Teil des Hanse-Office in Brüssel. Dabei handelt es sich um die gemeinsame Vertretung der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein bei der EU.
Müllers Hauptaufgabe ist es, die Hamburger frühzeitig über aktuelle EU-Vorhaben zu informieren. Gleichzeitig ist er Vertreter und Werber für Hamburg und Hamburgs Interessen in Brüssel. “Es ist wichtig, Präsenz zu zeigen und die Hamburger Fahne bei einer Vielzahl von Veranstaltungen hochzuhalten.” Der Mehrwert des Hanse-Office bestehe darin, vor Ort zu sein und die Netzwerke in europäischen Institutionen auszubauen.
“Wir haben ja manchmal auch andere Interessen oder Schwerpunkte als der Bund, und da ist es wichtig, nicht auf die Berichterstattung des Bundes angewiesen zu sein. So können wir uns ein eigenes Bild machen und uns eine eigene Meinung bilden”, sagt er.
Er verstehe seine Arbeit als eine Art Frühmeldesystem. Und das habe sich im Laufe der Zeit zu einer Zweibahnstraße entwickelt. “Wir sind nicht nur Hörer, sondern auch Sprecher.” Bevor beispielsweise ein Vorschlag bei der Europäischen Kommission auf den Tisch käme, könne das Hanse-Office seine Expertise in den Prozess einbringen.
Besonders relevant für die Hamburger Wirtschaft sei aktuell die europäische Industrie- und Handelspolitik mit den vorgeschlagenen Maßnahmen für die Neuausrichtung der staatlichen Beihilfen und der IPCEI-Regelungen. Ferner ist Müller überzeugt davon, dass die EU aus Hamburger Sicht noch besser werden könnte, wenn sie mehr Geld für Forschung, Innovation und Digitalisierung bereitstellen würde.
Müller studierte Geschichte mit Wirtschaft im Nebenfach, Jura in der Schweiz, sowie Internationale Beziehungen in Großbritannien. Das Studium habe viel Zeit in Anspruch genommen, sagt der heute 60-Jährige: “Meine Familie ist entsetzt, dass ich wirklich zehn Jahre studiert habe. Aber immerhin sind drei Abschlüsse dabei herausgekommen.”
Nach dem Studium ging es nach Bonn. “Ich habe mit einer unfertigen Doktorarbeit im Auswärtigen Amt angefangen und hatte dort das grässlichste Jahr meines Lebens, weil ich sozusagen zwei Vollzeitjobs hatte. Nachts die Dissertation zu Ende schreiben und tagsüber den Einführungslehrgang.” 2006 wurde er vom Auswärtigen Amt nach Brüssel versetzt. Es ist ein Standort, den er auch heute noch sehr schätzt – nicht zuletzt, weil er an den Wochenenden gerne Ausflüge mit seiner Familie macht. “Belgien ist sehr zentral und man ist schnell überall.” Sarah Tekath