Table.Briefing: Europe

Kernspaltung der Strommarktreform? + Rohstoff-Partnerschaften + Fortschritt bei Mercosur

Liebe Leserin, lieber Leser,

kommt es heute im Industrieausschuss in Sachen Strommarktreform zur Kernspaltung? Noch vor zwei Wochen verkündeten die Verhandler von S&D, EVP, Renew und Grünen stolz eine Einigung, die sie innerhalb weniger Monate zustande gebracht hatten. Es geht den Abgeordneten auch darum, sich nach einem Jahr voller Notfallbeschlüsse nicht länger an den Rand drängen zu lassen. Doch die Abstimmungsliste für morgen zeigt gleich mehrere strittige Punkte.

Was die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken angeht, will der Leitantrag staatliche Förderung – und finanzielle Rückflüsse – auf zusätzliche, erhebliche Kapazitäten beschränken. Ein Gegenantrag von Abgeordneten aus Frankreich, Schweden und osteuropäischen Staaten will genau das verhindern: Auch die “Sicherstellung ihrer fortgesetzten sicheren Nutzung” soll förderfähig sein. Bemerkenswert, dass in diesem Streit um Finanzen mit der Sicherheit von AKWs argumentiert wird.

Die “Kern-Frage” ist es auch, die den Schattenberichterstatter von Renew skeptisch macht, ob der ausgehandelte Kompromiss im Plenum im September wirklich durchkommt. Das Interview, das ich am Vortag der ITRE-Abstimmung mit Morten Petersen führte, können Sie in dieser Ausgabe lesen. Der Ausschuss stimmt heute auch darüber ab, ob das Dossier noch einmal im Plenum behandelt wird. Atomfreundliche Abgeordnete wollen das gerne, um doch noch Änderungen zu erreichen, erklärte gestern der Grüne Michael Bloss.

Doch damit nicht genug: Gleich zwei Gegenanträge wollen das CO₂-Kriterium für Kapazitätsmechanismen kippen und damit die Förderung von Kohlekraftwerken länger möglich machen. Der eine kommt von EKR und ID, der andere von der ungewöhnlichen Allianz zweier polnischer Abgeordneter: dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Jerzy Buzek (EVP) und dem PiS-Politiker Zdzisław Krasnodębski (EKR). Ziel der Anträge: “ergänzende, außergewöhnliche Beschaffungsprozesse” für Kraftwerke. Wirklich außergewöhnliche Zeiten für den europäischen Strommarkt.

Ihr
Manuel Berkel
Bild von Manuel  Berkel

Analyse

Strommarktreform: “Bin vorsichtig, was den Ausgang der Plenarabstimmung angeht”

Der dänische EU-Parlamentsabgeordnete und Venstre-Politiker Morten Petersen ist Renew-Schattenberichterstatter für die Strommarktreform der EU.

Sind Sie als Liberaler zufrieden mit dem Kompromiss zur Strommarktreform?

Erst muss das Ganze vom Plenum im September bestätigt werden. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was auf dem Tisch liegt. Damit bekommen wir mehr Flexibilität bei den Instrumenten für den Ausbau der Erneuerbaren. Flexibilität gibt es auch bei der Frage, wie potenzielle Einnahmen verwendet werden können.

Der Bericht lässt nicht nur Contracts for Difference (CfDs) als direkte Preisstützungssysteme zu, sondern auch gleichwertige Systeme. Wenn sie ohnehin die gleichen Ziele erreichen müssen, warum brauchen wir dann noch Alternativen?

Weil ich glaube, dass es der nicht richtige Weg ist, vorzuschreiben, dass es ein CfD-only-Ansatz ist. Es könnte auch innovative Wege neben CfDs geben. Deshalb halte ich es für äußerst wichtig, es dem Markt zu überlassen, anstatt dass wir auf zentraler Ebene vorschreiben, dass es CfDs sein müssen.

“Nicht vorschreiben, wie Einnahmen verteilt werden”

In Zeiten hoher Strompreise können CfDs zusätzliche Einnahmen für die Mitgliedsstaaten generieren. Die Liste der Dinge, für die man diese Einnahmen verwenden kann, ist immer länger geworden. Aber wie viele Einnahmen aus CfDs werden überhaupt zu verteilen sein?

Das wird davon abhängen, wie diese Mechanismen gestaltet werden. Wir wissen noch nicht, welche Art von Einnahmen es geben wird, falls es überhaupt welche geben wird. Auch hier ist Flexibilität der Schlüssel, denn ich möchte nicht zu sehr vorschreiben, dass im Falle von Einnahmen diese 1:1 an jeden Haushalt oder industriellen Verbraucher verteilt werden müssen. In einigen Ländern könnte ein weiterer Ausbau oder eine Modernisierung der Netze dringend erforderlich sein. Andere Länder haben vielleicht andere dringende Bedürfnisse oder wollen die Einnahmen umverteilen.

Deutschlands Energieminister Robert Habeck würde gerne einen Offshore-Windenergie-Pool einrichten, der durch CfDs gefördert wird. Er soll billigen Strom für energieintensive Industrien erzeugen. Wird dieses Vorhaben nach dem Standpunkt des Parlaments möglich sein?

Theoretisch, ja. Das ist ein wertvolles Instrument, denn wir alle wissen, dass die Nordsee ein Kronjuwel in Sachen Windenergie ist. Wir müssen kreativ sein, wenn es darum geht, diese Ressourcen nachhaltig zu nutzen, aber auch viel schneller, als es uns bisher gelungen ist.

“Proportionalität muss gewahrt bleiben”

Für Frankreich sind die CfDs auch ein Instrument zur Förderung bestehender Kernkraftwerke. Glauben Sie, dass die Proportionalität der richtige Weg für einen Kompromiss ist, dem Frankreich zustimmen kann?

Ich hoffe es. Aber deshalb bin ich auch etwas zögerlich, denn wir haben ja noch die Abstimmung im Plenum im September. Wichtig ist aber, dass die Regeln für staatliche Beihilfen und den Wettbewerb eingehalten werden. Wenn man also CfDs auf bestehende Anlagen anwendet, muss meiner Meinung nach die Proportionalität gewahrt bleiben. Die Einhaltung der Regeln für staatliche Beihilfen war auch in unseren Verhandlungen ein wichtiges Thema.

Die Kommission wird nach den Änderungsanträgen der anderen Fraktionen in der nächsten Legislaturperiode eine ganze Reihe von Überprüfungen des Strommarktdesigns vornehmen müssen, zum Beispiel eine Bewertung der Kurzfristmärkte. Setzen die anderen Fraktionen die richtigen Prioritäten für die nächste Kommission?

[seufzt tief] Es gibt viele Dossiers, auf die wir während der nächsten Legislatur zurückkommen müssen, um sicherzustellen, dass die Ziele und Ambitionen grundsätzlich mit den Zielen für 2030 und 2040 übereinstimmen. Bei der Richtlinie über erneuerbare Energien kann man zum Beispiel darüber diskutieren, ob das Ziel von 42,5 Prozent ausreichend ist. Die Kommission wollte 45, das war auch das Ziel meiner Fraktion. Beim Strommarktdesign muss die Kommission noch viel nacharbeiten, aber das hat auch mit den vielen Initiativen im ursprünglichen Text der Kommission zu tun, die nicht umsetzungsreif waren. Daher halte ich es für eine sehr gute Lösung, dass wir Dinge bewerten, bevor wir sie ins Gesetz aufnehmen.

Abstimmung zu CO2-Standards “nicht gut gelaufen”

Auch die deutsche FDP gehört zu Renew. Als der Rat die Verordnung über die CO₂-Emissionen von Neuwagen verabschieden wollte, haben die deutschen Liberalen dies verzögert, obwohl es bereits eine politische Einigung gab. War das politische Ziel der Technologieneutralität diesen Schritt wert?

Nein, das ist nicht gut gelaufen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir die Prozesse respektieren. Das bedeutet, dass man sich an eine Vereinbarung halten sollte, wenn alle Mitgliedstaaten sie unterzeichnet haben.

Sie sind auch Schattenberichterstatter für die Gebäuderichtlinie (EPBD). Dänemark, Ihr Heimatland, hat auf dem Weg zur Klimaneutralität im Gebäudesektor bereits einen weiten Weg zurückgelegt. Welche Argumente haben die Menschen überzeugt, ihre Häuser zu renovieren oder sich an ein Fernwärmenetz anzuschließen?

Das geht zurück bis in die Siebzigerjahre und die erste Ölkrise, wo viele Entscheidungen zu Fernwärme und Energieeffizienz getroffen wurden, die sich im Nachhinein als äußerst kluge Entscheidungen erwiesen haben. Bei der Renovierung und Modernisierung von Gebäuden lässt sich so viel Energie einsparen, und einige Maßnahmen können sogar kurzfristig durchgeführt werden, um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Daher blicke ich unseren Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten im Herbst sehr enthusiastisch entgegen. Gebäude sind für 40 Prozent unseres Energieverbrauchs in Europa verantwortlich. Wenn wir also unabhängig von Russland werden wollen, ist die Sanierung von Häusern eine entscheidende Maßnahme.

  • Energiepolitik
  • EPBD
  • Gebäuderichtlinie
  • Klima & Umwelt
  • RED
  • Renew
  • Strommarkt

Rohstoffe: EU muss Wertschöpfung in Partnerländern stärken

Das Gipfeltreffen der EU und der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) Anfang der Woche in Brüssel diente auch als Kulisse für die Präsentation einer neuen Rohstoffpartnerschaft: Die EU und Chile unterzeichneten eine Absichtserklärung für den Aufbau einer Kooperation im Bereich der nachhaltigen Rohstoffwertschöpfungsketten. Mit Chile, einem der weltweit bedeutendsten Lithium-Exporteure, will die EU in Zukunft gemeinsame Rohstoffprojekte umsetzen und dabei ESG-Standards, lokale Infrastruktur sowie Aus- und Weiterbildung stärken.

Die Unterzeichnung reiht sich ein in weitere geplante und beschlossene Rohstoffpartnerschaften – eine wichtige Säule der EU-Rohstoffstrategie. Denn trotz der Ambitionen, die heimische Wertschöpfung zu stärken, wird Europa auch weiterhin zu einem erheblichen Teil auf Importe von kritischen Rohstoffen angewiesen sein. Gleichzeitig will die EU ihre Abhängigkeit von Ländern wie China reduzieren, und plant etwa im Gesetzesentwurf zum Critical Raw Materials Act, ab 2030 höchstens 65 Prozent eines Rohstoffes aus einem einzelnen Land zu beziehen. Dafür braucht es diversere Lieferketten und verlässlichere Partner.

Die EU-Kommission kündigte an: Die EU werde sich “um für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften mit Schwellen- und Entwicklungsländern bemühen”, insbesondere im Rahmen ihrer Global-Gateway-Strategie. Mit diesem Programm will die EU bis 2027 Investitionen von bis zu 300 Milliarden Euro in weltweite Infrastrukturprojekte mobilisieren und so in den Rohstoffpartnerschaften eine Brücke für die Interessen beider Seiten schlagen.

EU will Wertschöpfung in Partnerländern unterstützen

EU-Beamte betonen immer wieder, die EU wolle “Win-Win-Partnerschaften” aufbauen. Indem sie dazu beitrage, Wertschöpfungsketten in den Partnerländern zu fördern, könne sie deren wirtschaftliche Entwicklung unterstützen – und gleichzeitig die eigenen Wertschöpfungsketten diversifizieren und sichern. Die Partnerschaften sollen deshalb neben der Entwicklung von Rohstoffprojekten ein Paket an weiteren Maßnahmen umfassen, zum Beispiel erneuerbare Energien, die Entwicklung von Infrastruktur, die Ausbildung von Fachkräften sowie Forschungsprojekte.

Im Juni 2021 schloss die EU-Kommission ihre erste strategische Rohstoffpartnerschaft mit Kanada, einem der weltweit wichtigsten Bergbauländer. Kurz darauf unterzeichnete sie auch eine Partnerschaft mit der Ukraine, wo eine Vielzahl der für die EU kritischen Rohstoffe lagern. Zurzeit werden Vorbereitungen für Investitionen in dortige Rohstoffprojekte getroffen, die nach dem russischen Angriffskrieg getätigt werden könnten. Darüber hinaus bestehen bereits Rohstoffpartnerschaften der EU mit Kasachstan, Namibia und Argentinien.

Allerdings stehen bei den bedeutenden Rohstofflieferanten auch Konkurrenten wie China vor der Tür – mit ähnlichen Angeboten für Investitionen in Infrastruktur. “Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen können sich viele Abbauländer ihre Partner mittlerweile aussuchen“, schreiben Forscherinnen der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer aktuellen Analyse. “Deshalb müssen Deutschland und die EU attraktive Angebote machen“.

SWP: Selektive Rohstoffpartnerschaften als Gütesiegel

Für viele Abbauländer sei die Abhängigkeit von Rohstoffexporten zu einem Entwicklungshemmnis geworden, da zum Beispiel immer mehr Arbeitsplätze im Bergbau durch die zunehmende Technisierung ersetzt würden. Ein großer Anreiz sei für sie daher die Förderung lokaler Wertschöpfung, weil diese zu wirtschaftlicher Entwicklung beitragen könne.

Andererseits könnten womöglich nicht alle potenziellen Partner dem Anspruch genügen, die hohen Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsstandards der EU in den Kooperationen zu etablieren. Die Analyse der SWP empfiehlt deshalb eine Reform der Rohstoffpartnerschaften und den Aufbau unterschiedlicher Kooperationsmodelle:

  • Rohstoffpartnerschaften als eine Art Gütesiegel für ausgewählte, demokratie- und reformorientierte Partner, mit denen hohe Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsstandards realistisch umgesetzt werden können,
  • Formen punktueller Rohstoffkooperation mit Ländern, die rohstoffwirtschaftlich relevant, aber für innovative Partnerschaften ungeeignet sind,
  • Maßnahmen zur Stärkung regionaler Kooperationsansätze, um auch schwierige Partner einzubinden und das Risiko des sich verschärfenden Wettbewerbs zwischen rohstoffreichen Staaten zu verringern.

Punktuelle Kooperationen eigneten sich etwa im Falle autoritärer Staaten wie Saudi-Arabien und China. Zielgerichtete Angebote sollten Deutschland oder die EU Ländern wie Indonesien und jenen des “Lithium-Dreiecks” (Bolivien, Chile und Argentinien) unterbreiten, die überwiegend nationalen Interessen folgen und sich wenig kooperationsbereit zeigten.

Partnerschaft mit Südafrika mittelfristig denkbar

Geeignete Partner für eine umfassende Zusammenarbeit mit hohen Standards sei neben Kanada beispielsweise Südafrika, wo unter anderem über 80 Prozent der globalen Platinvorkommen lagern. “Immense Rohstoffvorkommen, vorhandene Weiterverarbeitungsinfrastrukturen sowie etablierte Umwelt- und Sozialstandards machen Südafrika zu einem interessanten Rohstoffpartner”, heißt es in der Analyse. Allerdings sei dem zügigen Ausbau des Bergbausektors immer wieder Vorrang vor der Verwirklichung von Nachhaltigkeits- und Menschenrechtszielen gegeben worden; Korruption und fehlende Kapazitäten hätten dieses Problem verschärft. Die SWP empfiehlt daher, Südafrika zunächst eine verstärkte punktuelle Kooperation anzubieten und diese unter Voraussetzung politischer Stabilität und Korruptionsbekämpfung mittelfristig zu einer Rohstoffpartnerschaft auszubauen.

Für die Erhöhung lokaler Wertschöpfung zählen die Wissenschaftlerinnen der SWP in einer weiteren aktuellen Publikation die folgenden Voraussetzungen auf:

  • geopolitische Stabilität
  • Interesse, Menschenrechte, Umweltstandards und Sorgfaltspflichten umzusetzen
  • nationales und/oder regionales Anreizsystem für die Schaffung oder den Ausbau einer Kopplung der einzelnen Sektoren der Rohstoffförderung (Exploration, Förderung, Weiterverarbeitung)
  • wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Verfügbarkeit von Rohstoffvorkommen in einer bestimmten Größenordnung, Qualität und Beschaffenheit, die eine Förderung und Weiterverarbeitung erlaubt, wirtschaftliche Rentabilität des Fördervorhabens, zu erwartende ökologische, soziale und gesellschaftliche Auswirkungen und damit einhergehende Anforderungen an Bergbauunternehmen
  • Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte

Beer: “Wertschöpfung in Europa und Partnerländern notwendig”

Es gibt aber auch Kritik am Vorgehen der EU. Das Versprechen, die Wertschöpfung in den Partnerländern zu verlängern, stehe im Widerspruch zum Ziel der EU, die Weiterverarbeitungskapazitäten in Europa anzukurbeln und bis 2030 auf 40 Prozent zu steigern, kritisierte etwa Michael Reckordt, Rohstoffexperte der NGO Power Shift. Mit dem Ziel, 40 Prozent der Verarbeitung von Rohstoffen in die EU zu holen, torpediere sie das Interesse der rohstoffreichen Länder.

“Es ist klar, dass Europa seinen Bedarf an kritischen Rohstoffen auch in Zukunft nicht allein aus eigenen Kapazitäten decken kann, weder beim Bergbau noch bei der Verarbeitung“, sagte hingegen Nicola Beer (FDP), Berichterstatterin im EU-Parlament für den CRMA. “Aufgrund der Menge und der Vielzahl der benötigten Rohstoffe wird eine Wertschöpfung sowohl in den Partnerländern als auch in Europa notwendig sein”.

Dabei sei individuell und projektbezogen abzuwägen, welche Produktionsschritte in den Partnerländern und welche in Europa erfolgen können. Die Wertschöpfung in den Partnerländern müsse Hand in Hand mit der Weiterverarbeitung und dem Recycling in Europa gehen. Genau dies sei der Wettbewerbsvorteil Europas gegenüber China und Russland.

Im Rahmen der Global Gateway-Initiative sollen Rohstoffprojekte zukünftig zur Priorität werden, sagte Hildegard Bentele (EVP), Schattenberichterstatterin für den CRMA. Das Programm sei aufgefordert, EU-eigene Gelder für Rohstoffpartnerschaften in die Hand zu nehmen. “Das ist für die Glaubwürdigkeit der EU sehr wichtig.”

  • CRMA
  • ESG
  • ESG-Rating
  • Handelspolitik
  • Lieferketten
  • Rohstoffe
  • Rohstoffstrategie
  • SWP

News

Mercosur-Abkommen: Von der Leyen “sehr zuversichtlich”

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt auf einen Abschluss der Handelsgespräche mit den Mercosur-Staaten bis Jahresende. Sie sei “sehr zuversichtlich, besonders nach den vergangenen beiden Tagen”, dass die Verhandlungen in den kommenden Monaten abgeschlossen werden könnten, sagte von der Leyen nach dem Gipfeltreffen mit der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) in Brüssel.

Die Gespräche mit Präsident Lula da Silva hätten einen “starken Konsens” mit Blick auf den Schutz von Klima und Biodiversität gezeigt, sagte sie. Der Präsident habe seit seiner Amtsübernahme zu Jahresbeginn große Fortschritte gemacht, etwa beim Schutz des Regenwaldes.

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, er habe in seinen Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass auch die Mercosur-Staaten “es unbedingt schnell und bald zu einem Abschluss bringen wollen”. Er hoffe, dass die entstandene Dynamik es ermögliche, die verbliebenen Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Die EU fordert insbesondere von Brasilien weitere Zusicherungen zum Schutz von Klima und Arbeitnehmerrechten. Lula wiederum knüpft seine Zustimmung an Verbesserungen für die heimische Industrie. Allerdings gibt es auch in einigen Mitgliedstaaten wie Frankreich, Niederlande und Österreich erhebliche Widerstände gegen das Abkommen.

Von der Leyen zeigte sich auch optimistisch, die Modernisierung des Freihandelsabkommens mit Mexiko bald zu finalisieren. Bei dem Gipfel war auch eine Vielzahl von Investitionsvorhaben im Rahmen der Global-Gateway-Initiative vereinbart worden.

“Große Sorgen” wegen des Ukraine-Krieges

Der Gipfel hatte erstmals seit 2015 die 60 Staaten von EU und CELAC zusammengebracht. Intensives diplomatisches Tauziehen lösten die Formulierungen in der Abschlusserklärung zum Krieg in der Ukraine aus. Die Europäer wollten eine gemeinsame Verurteilung des russischen Krieges erreichen, konnten sich damit aber nicht gegen den Widerstand bestimmter Staaten in Lateinamerika durchsetzen. Stattdessen drückt die Erklärung “große Sorgen wegen des anhaltenden Krieges gegen die Ukraine” aus, auch wegen der Folgen wie steigenden Preisen.

Vor allem mit Russland verbündete Länder wie Nicaragua, Venezuela und Kuba drohten damit, die gemeinsame Erklärung zu blockieren. Am Ende habe nur ein Land (Nicaragua) eine andere Position eingenommen, sagte Scholz. “Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass insgesamt eine solche Verständigung hier gelungen ist.” Der argentinische Präsident Alberto Ángel Fernández betonte, die große Mehrheit der Staaten habe die russische Invasion bereits im Rahmen der Vereinten Nationen verurteilt.

Beide Seiten wollen sich künftig intensiver austauschen. Der nächste Gipfel soll 2025 in Kolumbien stattfinden. Bis dahin sollen auf unterschiedlichen Ebenen eine Vielzahl von Dialogen stattfinden. tho

  • Geopolitik
  • Handelspolitik
  • Klima & Umwelt
  • Lateinamerika

NZIA: Parlament will auch Atomkraft fördern

Das Europaparlament wird sich voraussichtlich dafür aussprechen, Atomkraft als förderwürdige Technologien im Net-Zero Industry Act (NZIA) einzustufen. “Wir haben uns verständigt, dass Kernenergie auf der Liste steht”, sagte Berichterstatter Christian Ehler (CDU) am Dienstag. Ein Entwurf der Kompromissanträge nennt konkret Kernspaltung und Fusionsenergie als Anwendungsfelder, er liegt Table-Media vor.

Bei den Grünen wurde die Einigung bestätigt. Die Einstufung von Nukleartechnologien gehört zu den strittigsten Themen in den Verhandlungen über den NZIA. Damit verbunden sind Vorteile wie schnellere Genehmigungsverfahren. Die Gruppen im Europaparlament arbeiten derzeit an Kompromissen, im November soll dann im Plenum die Position für die Verhandlungen mit dem Rat abgestimmt werden.

Auch CCS und CCU als Netto-Null-Technologien

Ebenso auf die Liste der Netto-Null-Technologien setzen wollen die Berichterstatter Verfahren zur Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO₂ (CCS/CCU). Der Kompromisstext sieht zudem vor, dass auch Vorprodukte berücksichtigt werden, etwa Silizium für Solarzellen.

Die Schattenberichterstatter der anderen Fraktionen unterstützen zudem Ehlers Vorschlag, regionale Industrie-Cluster zu fördern, sogenannte Net-Zero Valleys. Die Mitgliedstaaten sollen zudem ein Viertel ihrer Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel für entsprechende Projekte reservieren.

Ehler kritisierte, die Ambitionen des NZIA und der neuen Finanzierungsplattform STEP stünden nicht im Einklang mit den dafür vorgesehen Finanzmitteln. Die USA lockten mithilfe der Subventionen und Steuergutschriften des Inflation Reduction Act zahlreiche Investoren an. Die europäische Antwort darauf werde von der Industrie nicht als gleichwertig gesehen. tho

  • Energiepolitik
  • Inflation Reduction Act
  • Klima & Umwelt
  • Net Zero Industry Act

CRMA: Wirtschafts- und Umweltausschuss nehmen Stellungnahmen an

Der Wirtschaftsausschuss (ECON) und der Umweltausschuss (ENVI) im EU-Parlament haben am Montag und Dienstag ihre Stellungnahmen zum Critical Raw Materials Act angenommen.

Der ECON-Ausschuss schlägt in seiner Stellungnahme die folgenden Änderungen des Kommissionsentwurfs vor:

  • Für die Finanzierung der strategischen Projekte soll privaten Investitionen Priorität eingeräumt werden.
  • Die Marktauswirkungen auf die EU-Unternehmen auf der Angebotsseite sollen stärker berücksichtigt werden.
  • Im Genehmigungsprozess soll eine schnelle und transparente Kommunikation gewährleistet sein.
  • Die Kommission soll die finanzielle Tragfähigkeit der strategischen Projekte überwachen und ggf. Abhilfemaßnahmen vorschlagen.
  • Die Folgen der Rohstoffprojekte für lokale Gemeinschaften sollen im Monitoring stärker beachtet werden.

Der Umweltausschuss stärkt vor allem die Vorgaben zu Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit kritischer Rohstoffe, etwa die Maßnahmen für das Recycling und die Rückgewinnung, die Festlegung von Kriterien für den CO₂-Fußabdruck und die Einbeziehung der zuständigen nationalen Behörden und die Konsultation der Öffentlichkeit während der Genehmigungsverfahren.

Die Ausschüsse sind zwei von fünf mitberatenden Ausschüssen im Gesetzgebungsverfahren. Die Stellungnahmen und Änderungsanträge werden nun eingereicht und dem Bericht des federführenden Industrieausschusses als Anlage beigefügt; letzterer kann entscheiden, die Anträge zu berücksichtigen. leo

  • CRMA
  • ENVI
  • kritische Rohstoffe
  • Rohstoffe
  • Rohstoffstrategie

Noch immer Gesetzeslücke bei Risikobewertung von Glyphosat und Co.

Beruhen die Entscheidungen der EU-Behörden, etwa zur Giftigkeit von Pestiziden, auf objektiven Daten? Das Europäische Parlament hat sich gestern in einer öffentlichen Anhörung mit dieser Frage befasst. Zuletzt hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrer Risikoeinschätzung grünes Licht für die Verlängerung des umstrittenen Herbizids Glyphosat gegeben und für Kritik gesorgt.

Anlass war eine Studie der Stockholmer Wissenschaftler Axel Mie und Christina Rudén. Die Forscher hatten sich angesehen, welche Toxizitätsstudien, also Studien, die die Auswirkung eines Stoffes auf die Entwicklung des Gehirns untersuchen, Antragsteller jeweils bei der US-amerikanischen Zulassungsbehörde EPA und der europäischen EFSA eingereicht haben. Das Ergebnis: Ein Viertel der Studien, die an die EPA gingen, wurden der EFSA nicht vorgelegt.

Eine Mehrheit dieser unterlassenen Studien hätte einen Einfluss auf die Risikobewertung haben können, betonte Axel Mie gestern vor den Abgeordneten des Umwelt- und des Agrarausschusses. “Es ist die Verantwortung von Unternehmen, die Studien an die Behörden weiterzuleiten”, betonte der Forscher. Unternehmen wie Bayer und Syngenta, gestern beide vertreten, seien ihrer Verantwortung nicht nachgekommen.

McGuinness: “Es zählt jede Studie

Sowohl Kommission als auch Regulierungsbehörden EFSA und ECHA sehen darin einen Gesetzesverstoß. “Aus Kommissionssicht wurde nicht korrekt gehandelt. Nicht alle relevanten Informationen wurden vorgelegt”, sagte Kommissionsvertreterin Claire Bury.

Die Vertreterinnen von Syngenta und Bayer wiesen den Vorwurf zurück. Man habe immer alle relevanten Studien eingereicht. ECHA-Direktorin Sharon McGuinness argumentiert, es sei nicht an den Herstellern zu urteilen, welche Studien relevant sind und welche nicht: “Es zählt jede Studie für eine vollständige Risikobewertung.”

Verantwortung liegt bei Mitgliedstaaten

Seit 2021 ist ein neues Gesetz in Kraft: die Verordnung über die Transparenz und Nachhaltigkeit der EU-Risikobewertung im Bereich der Lebensmittelkette. Obwohl sich die Stockholmer Studie auf die Periode vor dem neuen Gesetz konzentriert, weisen die Ergebnisse auf eine Lücke in der neuen Verordnung hin. Demnach müssen Antragsteller die Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) über sämtliche in Auftrag gegeben Studien informieren. Die Rohdaten werden denn auch öffentlich gemacht. Das gilt allerdings nur für neue Studien. Bestehende Studien sind damit nicht erfasst. “Das Problem ist mit diesem Gesetz nicht gelöst”, sagt Forscher Mie.

Ein weiteres Problem, das bei der Anhörung deutlich wurde: Die Verantwortung, zu prüfen, ob das Dossier eines Antragsstellers komplett ist, liegt bei den Mitgliedsstaaten, nicht bei der EFSA. Und nur sie können Strafen oder Sanktionen verhängen, wenn Studien fehlen. In den von den Stockholmer untersuchten Fällen kam es nicht zu Sanktionen. Und nun sei es zu spät, betonte Kommissionsvertreterin Bury.

EFSA-Chef: System durch mehr Kontrollen verbessern

Dazu kommt: Die Hersteller müssen selbst nachweisen, dass ihr Produkt sicher ist. Sprich, es obliegt ihnen, die nötigen Studien durchzuführen und zu bezahlen. Die Stockholmer Forscher sehen darin einen inhärenten Interessenkonflikt: Den Herstellern, die Studien in Auftrag geben, ist am positiven Ergebnis gelegen. Die Labore wollen ihre Auftraggeber nicht verlieren.

“Wir ebenen den Weg dafür, dass wir uns in ein paar Jahren noch einmal hier austauschen”, sagte Forscher Mie. Das Problem sieht EFSA-Chef Bernhard Url nicht. Man könne nicht einfach einen fundamental anderen Ansatz wählen. Aber man könne das System durch mehr Audits und Kontrollen verbessern, erklärte er. Denn, das wurde auch bei der Anhörung klar: Öffentliche Behörden wie die EFSA und ECHA haben gar nicht das Budget, um Studien in Auftrag zu geben oder durchzuführen. cw

  • Agrarpolitik
  • EFSA
  • Ernährung
  • Glyphosat
  • Klima & Umwelt
  • Landwirtschaft
  • Lebensmittel
  • Pestizide

DSA-Stresstest: Tiktok ist noch nicht bereit

Erst Twitter, jetzt Tiktok. In Vorbereitung auf den DSA hat die Kommission jetzt auch die chinesische Plattform Tiktok an ihrem europäischen Standort in Dublin einem Stresstest unterzogen. Am Dienstag unterrichtete Binnenmarktkommissar Thierry Breton den Vorstandsvorsitzenden Shou Zi Chew über die Ergebnisse der Übung.

Breton begrüßte, dass Tiktok sich freiwillig bereit erklärt habe, einen Stresstest durchzuführen. Dabei nahm er zur Kenntnis, dass Tiktok erhebliche Ressourcen für die Einhaltung der Vorschriften einsetze. “Dies sind die ersten Anzeichen für ein ernsthaftes Engagement für den DSA”, sagte Breton. Die Ergebnisse des Stresstests zeigten, aber dass noch mehr Arbeit nötig sei, um die Frist für die Einhaltung der Vorschriften bis zum 25. August einzuhalten. Aus Sicherheitsbedenken dürfen Mitarbeiter der Kommission Tiktok derzeit nicht nutzen.

Der Test umfasste Bereiche wie Kinderschutz, Empfehlungssysteme, Inhaltsmoderation und Bekämpfung illegaler Inhalte, Datenzugang und Transparenz. “Jetzt ist es an der Zeit, sich zu beeilen, um die Vorschriften vollständig zu erfüllen”, mahnte Breton in einem Tweet.

Am 25. April 2023 hatte Breton die ersten Unternehmen benannt, die unter dem DSA als sehr große Online-Plattformen (VLOPS) oder sehr großen Online-Suchmaschinen (VLOSE) gelten, darunter Twitter und Tiktok. Nach dem Beschluss, gegen den sich Amazon und Zalando wehren, haben die Unternehmen vier Monate Zeit, um den Verpflichtungen aus dem DSA nachzukommen. Dann müssen sie eine erste jährliche Risikobewertung durchführen und nach Brüssel übermitteln. vis

  • Digital Services Act
  • Digitalpolitik
  • Thierry Breton
  • Tiktok
  • Zalando

Polen will mehr ukrainisches Getreide transportieren

Polen ist bereit, nach Russlands Aufkündigung des Schwarzmeer-Getreideabkommens, mehr ukrainisches Getreide durch das Land zu transportieren, sagte der Landwirtschaftsminister Robert Telus am Dienstag. Das aber werde Zeit brauchen und die Europäische Union müsse beim Ausbau der Infrastruktur helfen.

Warschau hatte im April seine Grenzen für die Einfuhr ukrainischen Getreides geschlossen, nachdem Landwirte protestiert hatten, dass ihre eigenen Lieferungen aufgrund der zusätzlichen Konkurrenz an Wert verloren hätten. Landwirtschaftsminister Telus warf Russland vor, “Getreide als Munition” zu verwenden. Er sagte auch, dass die Ernte in Polen gerade erst begonnen habe und der zusätzliche Transit nicht sofort erfolgen werde. “Wir müssen die EU zwingen, bei der Verbesserung der Infrastruktur zu helfen”, sagte er.

Schon jetzt 60 Prozent der Exporte auf dem Landweg

EU-Beamte erklärten am Dienstag, sie strebten eine stärkere Nutzung der sogenannten Solidaritätskorridore an, also Straßen- und Schienenverbindungen durch die Nachbarländer der Ukraine wie Polen oder Moldau. Schon jetzt werden laut Kommission etwa 60 Prozent der ukrainischen Getreideexporte in die EU auf diesen Wegen transportiert. Vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine lief der Export fast ausschließlich über die Schwarzmeerhäfen.

Proteste von Landwirten aus Ländern, die an die Ukraine grenzen, veranlassten Brüssel im Mai, die Einfuhr ukrainischen Getreides auf dem Landweg einzuschränken und nur noch Transitlieferungen zuzulassen. Telus, der heute mit seinen Amtskollegen aus Rumänien, Bulgarien, Ungarn, der Slowakei und der Republik Moldau zusammentrifft, sagte, Warschau werde sich für eine erneute Verlängerung des Embargos für ukrainische Getreideeinfuhren über den 15. September hinaus einsetzen. rtr

Macron kritisiert Einstellung von Scott Morton

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Dienstag die Entscheidung von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kritisiert, die US-amerikanische Ökonomin Fiona Scott Morton für eine Schlüsselposition in der EU-Kartellbehörde zu berufen. Es lasse darauf schließen, “dass wir ein sehr ernstes Problem mit allen akademischen Systemen in Europa haben“, sagte Macron. Er sei erstaunt, dass kein EU-Bürger für den Job gefunden werden konnte. Ein weiterer Kritikpunkt, auf den Macron hinweies: Scott Morton hat zuvor für “viele Unternehmen” gearbeitet, was zu potenziellen Interessenkonflikten in der Kartellbehörde führen könnte.

Die Ernennung von Scott Morton, der ehemaligen Chefvolkswirtin des US-Justizministeriums unter Barack Obama, für den Posten der Chefökonomin in der Generaldirektion Wettbewerb wurde von Frankreich und den Fraktionsvorsitzenden im Europäischen Parlament kritisiert. Die Bedenken konzentrierten sich auf die Frage, warum eine Nicht-EU-Bürgerin ausgewählt wurde, um die Kommission bei ihren Ermittlungen gegen Big Tech und bei der Durchsetzung von Regeln zur Eindämmung von Tech-Giganten zu beraten.

Vestager verteidigt sich

Vestager verteidigte ihre Entscheidung bei einer Anhörung im Ausschuss des Europäischen Parlaments: “Ich finde es fragwürdig anzunehmen, dass die Nationalität einer Person automatisch zu einer Voreingenommenheit zugunsten von Unternehmen führt, die aus der gleichen Nationalität stammen.” Die Kommission habe den Posten bei der Suche nach den besten Wirtschaftsberatern für Nicht-EU-Bürger geöffnet.

Vestager betonte, dass frühere Chefvolkswirte der Kommission auch zuvor als Berater tätig gewesen waren, ohne dass es Probleme gegeben habe. “Wenn überhaupt, dann sollte ihre Erfahrung in der Privatwirtschaft ein Vorteil sein, nicht eine Behinderung.” Es sei üblich, dass Wirtschaftswissenschaftler auf dieser Ebene parallel zu ihrer akademischen Arbeit als Berater tätig sind, sagte sie. rtr

  • Big Tech
  • Digitalpolitik
  • Emmanuel Macron
  • Kartellrecht
  • Margrethe Vestager
  • Wettbewerbspolitik

Presseschau

Nur Nicaragua bleibt skeptisch – Durchbruch in letzter Minute: EU und lateinamerikanische Staaten können sich auf Erklärung zu Russland einigen RND
Europas Arroganz rächt sich – EU-Celac-Gipfel: Mageres Fazit für Europa ZDF
Abkommen mit Chile: EU sichert sich Zugriff auf Lithium AUTOMOBILWOCHE
EU verurteilt Russland für Aufkündigung von Schwarzmeer-Abkommen EURACTIV
EU-Parlamentspräsidentin Metsola will Modell der Schleuser zerstören FAZ
Migration: EU-Kommission stellt Soforthilfe für Aufnahmelager in Lampedusa bereit ZEIT
Umstrittenes britisches Asylgesetz nimmt letzte Hürde im Parlament STERN
Italien und Spanien rufen wegen Hitzewelle höchste Alarmstufe aus ZEIT
EU-Westbalkan-Treffen: Kosovos Abwesenheit wirft Fragen auf EURACTIV
Wieso EU-Geld für den Wiederaufbau nicht im Ahrtal ankommt ALLGEMEINE-ZEITUNG
Unsanierte Immobilien verlieren drastisch an Wert MERKUR
EAK: EU-Dokument deutet auf Wiederzulassung von Glyphosat hin EURACTIV
Corona-Pandemie: Die EU beginnt zaghaft mit der Aufarbeitung DEUTSCHE-WIRTSCHAFTS-NACHRICHTEN
EU-Badegewässer sind hygienisch unbedenklich L-IZ
“Besorgniserregender Zustand”: Sachsens Flüssen und Bächen geht es schlecht LVZ
EU verschärft Vorgehen gegen Antibiotika-Mangel PHARMAZEUTISCHE-ZEITUNG
Entsenderecht für Lkw-Fahrer in vielen EU-Staaten weiterhin nicht umgesetzt DVZ
Drei Jahre alte Beschwerde von Slack: EU bereitet Kartellverfahren gegen Microsoft vor IT-MARKT
EU-Staaten kurz vor Einigung bei Cybersicherheitsgesetz EURACTIV
TikTok must accelerate work to comply with new EU digital regime, Breton says EURACTIV
Ministertreffen in Spanien: EU-Fischerei soll nachhaltiger werden TAGESSCHAU
Europas Windradfirmen werden von Konkurrenz aus China verdrängt HANDELSBLATT
Energieversorger in der EU hinken bei Transformation hinterher DERSTANDARD
So far, Europe’s electricity systems are coping with the heat NYTIMES
Polnisches Gericht hebt Stopp für Braunkohleabbau auf TAGESSCHAU

Dessert

“Arzt empfiehlt Siesta in Deutschland”, titelten gestern zahlreiche Medien. Der Vorsitzende des deutschen Amtsärzteverbands, Johannes Nießen, hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärt, in den heißen Sommermonaten sollten wir uns in Nordeuropa an den Arbeitsweisen südlicher Länder orientieren: “Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen.”

Die Siesta, seit Jahrzehnten Gegenstand stereotyper Spanien-Kalauer in Anspielung auf einen vermeintlich gedämpften Arbeitseifer, rückt also nun ganz seriös in den Fokus deutscher Amtsärzte. Davon abgesehen, dass in der Berichterstattung etablierter deutscher Medien sämtliche Spanien-Klischees von der Paella bis zum Stierkampf mit der Siesta in einen Topf geworfen werden, ist vor allem das heitere Framing fragwürdig. Denn das Thema ist ernst: Der Klimawandel bedingt nicht bloß Anpassungen in diversen Lebensbereichen, sondern bringt reale Risiken für die Gesundheit und damit auch für die Leistungsfähigkeit mit sich.

WHO: Klimawandel “größte Gesundheitsbedrohung”

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet den Klimawandel als “die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit“. Das Robert-Koch-Institut veröffentlichte hierzu: “Hitze kann insbesondere gesundheitliche Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem haben und nicht nur zur Morbidität, sondern auch Mortalität beitragen“. Besonders Menschen hohen Alters mit Vorerkrankungen, schwangere Personen, marginalisierte Menschen und jene mit geringem sozioökonomischem Status seien von den gesundheitlichen Auswirkungen extremer Hitze betroffen.

Die infolge des Klimawandels immer höher werdenden Temperaturen auch in Deutschland eröffnen nun eine kontroverse Diskussion über einen Strukturwandel im Arbeitsalltag. Abseits der Gesundheitsrisiken sei laut Chef des Amtsärzteverbands eine Verlagerung der Arbeitszeiten in die frühen Morgenstunden und einer Pause während der wärmsten Stunden des Tages auch unter dem Gesichtspunkt der Produktivität eine richtungsweisende Empfehlung. “Bei starker Hitze sind Menschen nicht so leistungsfähig wie sonst. Schlechter Schlaf bei fehlender Abkühlung in der Nacht führt zusätzlich zu Konzentrationsproblemen.”

“Siesta in der Hitze ist sicherlich kein schlechter Vorschlag”, schrieb auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf Twitter. “Medizinisch sicher für viele Berufe sinnvoll.” Er sieht allerdings nicht die Politik gefordert; Arbeitsgeber und Arbeitnehmer sollten dies selbst aushandeln. Leonie Düngefeld

  • Klima & Umwelt
  • Klimaschutz

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    kommt es heute im Industrieausschuss in Sachen Strommarktreform zur Kernspaltung? Noch vor zwei Wochen verkündeten die Verhandler von S&D, EVP, Renew und Grünen stolz eine Einigung, die sie innerhalb weniger Monate zustande gebracht hatten. Es geht den Abgeordneten auch darum, sich nach einem Jahr voller Notfallbeschlüsse nicht länger an den Rand drängen zu lassen. Doch die Abstimmungsliste für morgen zeigt gleich mehrere strittige Punkte.

    Was die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken angeht, will der Leitantrag staatliche Förderung – und finanzielle Rückflüsse – auf zusätzliche, erhebliche Kapazitäten beschränken. Ein Gegenantrag von Abgeordneten aus Frankreich, Schweden und osteuropäischen Staaten will genau das verhindern: Auch die “Sicherstellung ihrer fortgesetzten sicheren Nutzung” soll förderfähig sein. Bemerkenswert, dass in diesem Streit um Finanzen mit der Sicherheit von AKWs argumentiert wird.

    Die “Kern-Frage” ist es auch, die den Schattenberichterstatter von Renew skeptisch macht, ob der ausgehandelte Kompromiss im Plenum im September wirklich durchkommt. Das Interview, das ich am Vortag der ITRE-Abstimmung mit Morten Petersen führte, können Sie in dieser Ausgabe lesen. Der Ausschuss stimmt heute auch darüber ab, ob das Dossier noch einmal im Plenum behandelt wird. Atomfreundliche Abgeordnete wollen das gerne, um doch noch Änderungen zu erreichen, erklärte gestern der Grüne Michael Bloss.

    Doch damit nicht genug: Gleich zwei Gegenanträge wollen das CO₂-Kriterium für Kapazitätsmechanismen kippen und damit die Förderung von Kohlekraftwerken länger möglich machen. Der eine kommt von EKR und ID, der andere von der ungewöhnlichen Allianz zweier polnischer Abgeordneter: dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Jerzy Buzek (EVP) und dem PiS-Politiker Zdzisław Krasnodębski (EKR). Ziel der Anträge: “ergänzende, außergewöhnliche Beschaffungsprozesse” für Kraftwerke. Wirklich außergewöhnliche Zeiten für den europäischen Strommarkt.

    Ihr
    Manuel Berkel
    Bild von Manuel  Berkel

    Analyse

    Strommarktreform: “Bin vorsichtig, was den Ausgang der Plenarabstimmung angeht”

    Der dänische EU-Parlamentsabgeordnete und Venstre-Politiker Morten Petersen ist Renew-Schattenberichterstatter für die Strommarktreform der EU.

    Sind Sie als Liberaler zufrieden mit dem Kompromiss zur Strommarktreform?

    Erst muss das Ganze vom Plenum im September bestätigt werden. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was auf dem Tisch liegt. Damit bekommen wir mehr Flexibilität bei den Instrumenten für den Ausbau der Erneuerbaren. Flexibilität gibt es auch bei der Frage, wie potenzielle Einnahmen verwendet werden können.

    Der Bericht lässt nicht nur Contracts for Difference (CfDs) als direkte Preisstützungssysteme zu, sondern auch gleichwertige Systeme. Wenn sie ohnehin die gleichen Ziele erreichen müssen, warum brauchen wir dann noch Alternativen?

    Weil ich glaube, dass es der nicht richtige Weg ist, vorzuschreiben, dass es ein CfD-only-Ansatz ist. Es könnte auch innovative Wege neben CfDs geben. Deshalb halte ich es für äußerst wichtig, es dem Markt zu überlassen, anstatt dass wir auf zentraler Ebene vorschreiben, dass es CfDs sein müssen.

    “Nicht vorschreiben, wie Einnahmen verteilt werden”

    In Zeiten hoher Strompreise können CfDs zusätzliche Einnahmen für die Mitgliedsstaaten generieren. Die Liste der Dinge, für die man diese Einnahmen verwenden kann, ist immer länger geworden. Aber wie viele Einnahmen aus CfDs werden überhaupt zu verteilen sein?

    Das wird davon abhängen, wie diese Mechanismen gestaltet werden. Wir wissen noch nicht, welche Art von Einnahmen es geben wird, falls es überhaupt welche geben wird. Auch hier ist Flexibilität der Schlüssel, denn ich möchte nicht zu sehr vorschreiben, dass im Falle von Einnahmen diese 1:1 an jeden Haushalt oder industriellen Verbraucher verteilt werden müssen. In einigen Ländern könnte ein weiterer Ausbau oder eine Modernisierung der Netze dringend erforderlich sein. Andere Länder haben vielleicht andere dringende Bedürfnisse oder wollen die Einnahmen umverteilen.

    Deutschlands Energieminister Robert Habeck würde gerne einen Offshore-Windenergie-Pool einrichten, der durch CfDs gefördert wird. Er soll billigen Strom für energieintensive Industrien erzeugen. Wird dieses Vorhaben nach dem Standpunkt des Parlaments möglich sein?

    Theoretisch, ja. Das ist ein wertvolles Instrument, denn wir alle wissen, dass die Nordsee ein Kronjuwel in Sachen Windenergie ist. Wir müssen kreativ sein, wenn es darum geht, diese Ressourcen nachhaltig zu nutzen, aber auch viel schneller, als es uns bisher gelungen ist.

    “Proportionalität muss gewahrt bleiben”

    Für Frankreich sind die CfDs auch ein Instrument zur Förderung bestehender Kernkraftwerke. Glauben Sie, dass die Proportionalität der richtige Weg für einen Kompromiss ist, dem Frankreich zustimmen kann?

    Ich hoffe es. Aber deshalb bin ich auch etwas zögerlich, denn wir haben ja noch die Abstimmung im Plenum im September. Wichtig ist aber, dass die Regeln für staatliche Beihilfen und den Wettbewerb eingehalten werden. Wenn man also CfDs auf bestehende Anlagen anwendet, muss meiner Meinung nach die Proportionalität gewahrt bleiben. Die Einhaltung der Regeln für staatliche Beihilfen war auch in unseren Verhandlungen ein wichtiges Thema.

    Die Kommission wird nach den Änderungsanträgen der anderen Fraktionen in der nächsten Legislaturperiode eine ganze Reihe von Überprüfungen des Strommarktdesigns vornehmen müssen, zum Beispiel eine Bewertung der Kurzfristmärkte. Setzen die anderen Fraktionen die richtigen Prioritäten für die nächste Kommission?

    [seufzt tief] Es gibt viele Dossiers, auf die wir während der nächsten Legislatur zurückkommen müssen, um sicherzustellen, dass die Ziele und Ambitionen grundsätzlich mit den Zielen für 2030 und 2040 übereinstimmen. Bei der Richtlinie über erneuerbare Energien kann man zum Beispiel darüber diskutieren, ob das Ziel von 42,5 Prozent ausreichend ist. Die Kommission wollte 45, das war auch das Ziel meiner Fraktion. Beim Strommarktdesign muss die Kommission noch viel nacharbeiten, aber das hat auch mit den vielen Initiativen im ursprünglichen Text der Kommission zu tun, die nicht umsetzungsreif waren. Daher halte ich es für eine sehr gute Lösung, dass wir Dinge bewerten, bevor wir sie ins Gesetz aufnehmen.

    Abstimmung zu CO2-Standards “nicht gut gelaufen”

    Auch die deutsche FDP gehört zu Renew. Als der Rat die Verordnung über die CO₂-Emissionen von Neuwagen verabschieden wollte, haben die deutschen Liberalen dies verzögert, obwohl es bereits eine politische Einigung gab. War das politische Ziel der Technologieneutralität diesen Schritt wert?

    Nein, das ist nicht gut gelaufen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir die Prozesse respektieren. Das bedeutet, dass man sich an eine Vereinbarung halten sollte, wenn alle Mitgliedstaaten sie unterzeichnet haben.

    Sie sind auch Schattenberichterstatter für die Gebäuderichtlinie (EPBD). Dänemark, Ihr Heimatland, hat auf dem Weg zur Klimaneutralität im Gebäudesektor bereits einen weiten Weg zurückgelegt. Welche Argumente haben die Menschen überzeugt, ihre Häuser zu renovieren oder sich an ein Fernwärmenetz anzuschließen?

    Das geht zurück bis in die Siebzigerjahre und die erste Ölkrise, wo viele Entscheidungen zu Fernwärme und Energieeffizienz getroffen wurden, die sich im Nachhinein als äußerst kluge Entscheidungen erwiesen haben. Bei der Renovierung und Modernisierung von Gebäuden lässt sich so viel Energie einsparen, und einige Maßnahmen können sogar kurzfristig durchgeführt werden, um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Daher blicke ich unseren Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten im Herbst sehr enthusiastisch entgegen. Gebäude sind für 40 Prozent unseres Energieverbrauchs in Europa verantwortlich. Wenn wir also unabhängig von Russland werden wollen, ist die Sanierung von Häusern eine entscheidende Maßnahme.

    • Energiepolitik
    • EPBD
    • Gebäuderichtlinie
    • Klima & Umwelt
    • RED
    • Renew
    • Strommarkt

    Rohstoffe: EU muss Wertschöpfung in Partnerländern stärken

    Das Gipfeltreffen der EU und der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) Anfang der Woche in Brüssel diente auch als Kulisse für die Präsentation einer neuen Rohstoffpartnerschaft: Die EU und Chile unterzeichneten eine Absichtserklärung für den Aufbau einer Kooperation im Bereich der nachhaltigen Rohstoffwertschöpfungsketten. Mit Chile, einem der weltweit bedeutendsten Lithium-Exporteure, will die EU in Zukunft gemeinsame Rohstoffprojekte umsetzen und dabei ESG-Standards, lokale Infrastruktur sowie Aus- und Weiterbildung stärken.

    Die Unterzeichnung reiht sich ein in weitere geplante und beschlossene Rohstoffpartnerschaften – eine wichtige Säule der EU-Rohstoffstrategie. Denn trotz der Ambitionen, die heimische Wertschöpfung zu stärken, wird Europa auch weiterhin zu einem erheblichen Teil auf Importe von kritischen Rohstoffen angewiesen sein. Gleichzeitig will die EU ihre Abhängigkeit von Ländern wie China reduzieren, und plant etwa im Gesetzesentwurf zum Critical Raw Materials Act, ab 2030 höchstens 65 Prozent eines Rohstoffes aus einem einzelnen Land zu beziehen. Dafür braucht es diversere Lieferketten und verlässlichere Partner.

    Die EU-Kommission kündigte an: Die EU werde sich “um für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften mit Schwellen- und Entwicklungsländern bemühen”, insbesondere im Rahmen ihrer Global-Gateway-Strategie. Mit diesem Programm will die EU bis 2027 Investitionen von bis zu 300 Milliarden Euro in weltweite Infrastrukturprojekte mobilisieren und so in den Rohstoffpartnerschaften eine Brücke für die Interessen beider Seiten schlagen.

    EU will Wertschöpfung in Partnerländern unterstützen

    EU-Beamte betonen immer wieder, die EU wolle “Win-Win-Partnerschaften” aufbauen. Indem sie dazu beitrage, Wertschöpfungsketten in den Partnerländern zu fördern, könne sie deren wirtschaftliche Entwicklung unterstützen – und gleichzeitig die eigenen Wertschöpfungsketten diversifizieren und sichern. Die Partnerschaften sollen deshalb neben der Entwicklung von Rohstoffprojekten ein Paket an weiteren Maßnahmen umfassen, zum Beispiel erneuerbare Energien, die Entwicklung von Infrastruktur, die Ausbildung von Fachkräften sowie Forschungsprojekte.

    Im Juni 2021 schloss die EU-Kommission ihre erste strategische Rohstoffpartnerschaft mit Kanada, einem der weltweit wichtigsten Bergbauländer. Kurz darauf unterzeichnete sie auch eine Partnerschaft mit der Ukraine, wo eine Vielzahl der für die EU kritischen Rohstoffe lagern. Zurzeit werden Vorbereitungen für Investitionen in dortige Rohstoffprojekte getroffen, die nach dem russischen Angriffskrieg getätigt werden könnten. Darüber hinaus bestehen bereits Rohstoffpartnerschaften der EU mit Kasachstan, Namibia und Argentinien.

    Allerdings stehen bei den bedeutenden Rohstofflieferanten auch Konkurrenten wie China vor der Tür – mit ähnlichen Angeboten für Investitionen in Infrastruktur. “Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen können sich viele Abbauländer ihre Partner mittlerweile aussuchen“, schreiben Forscherinnen der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer aktuellen Analyse. “Deshalb müssen Deutschland und die EU attraktive Angebote machen“.

    SWP: Selektive Rohstoffpartnerschaften als Gütesiegel

    Für viele Abbauländer sei die Abhängigkeit von Rohstoffexporten zu einem Entwicklungshemmnis geworden, da zum Beispiel immer mehr Arbeitsplätze im Bergbau durch die zunehmende Technisierung ersetzt würden. Ein großer Anreiz sei für sie daher die Förderung lokaler Wertschöpfung, weil diese zu wirtschaftlicher Entwicklung beitragen könne.

    Andererseits könnten womöglich nicht alle potenziellen Partner dem Anspruch genügen, die hohen Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsstandards der EU in den Kooperationen zu etablieren. Die Analyse der SWP empfiehlt deshalb eine Reform der Rohstoffpartnerschaften und den Aufbau unterschiedlicher Kooperationsmodelle:

    • Rohstoffpartnerschaften als eine Art Gütesiegel für ausgewählte, demokratie- und reformorientierte Partner, mit denen hohe Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsstandards realistisch umgesetzt werden können,
    • Formen punktueller Rohstoffkooperation mit Ländern, die rohstoffwirtschaftlich relevant, aber für innovative Partnerschaften ungeeignet sind,
    • Maßnahmen zur Stärkung regionaler Kooperationsansätze, um auch schwierige Partner einzubinden und das Risiko des sich verschärfenden Wettbewerbs zwischen rohstoffreichen Staaten zu verringern.

    Punktuelle Kooperationen eigneten sich etwa im Falle autoritärer Staaten wie Saudi-Arabien und China. Zielgerichtete Angebote sollten Deutschland oder die EU Ländern wie Indonesien und jenen des “Lithium-Dreiecks” (Bolivien, Chile und Argentinien) unterbreiten, die überwiegend nationalen Interessen folgen und sich wenig kooperationsbereit zeigten.

    Partnerschaft mit Südafrika mittelfristig denkbar

    Geeignete Partner für eine umfassende Zusammenarbeit mit hohen Standards sei neben Kanada beispielsweise Südafrika, wo unter anderem über 80 Prozent der globalen Platinvorkommen lagern. “Immense Rohstoffvorkommen, vorhandene Weiterverarbeitungsinfrastrukturen sowie etablierte Umwelt- und Sozialstandards machen Südafrika zu einem interessanten Rohstoffpartner”, heißt es in der Analyse. Allerdings sei dem zügigen Ausbau des Bergbausektors immer wieder Vorrang vor der Verwirklichung von Nachhaltigkeits- und Menschenrechtszielen gegeben worden; Korruption und fehlende Kapazitäten hätten dieses Problem verschärft. Die SWP empfiehlt daher, Südafrika zunächst eine verstärkte punktuelle Kooperation anzubieten und diese unter Voraussetzung politischer Stabilität und Korruptionsbekämpfung mittelfristig zu einer Rohstoffpartnerschaft auszubauen.

    Für die Erhöhung lokaler Wertschöpfung zählen die Wissenschaftlerinnen der SWP in einer weiteren aktuellen Publikation die folgenden Voraussetzungen auf:

    • geopolitische Stabilität
    • Interesse, Menschenrechte, Umweltstandards und Sorgfaltspflichten umzusetzen
    • nationales und/oder regionales Anreizsystem für die Schaffung oder den Ausbau einer Kopplung der einzelnen Sektoren der Rohstoffförderung (Exploration, Förderung, Weiterverarbeitung)
    • wirtschaftliche Rahmenbedingungen: Verfügbarkeit von Rohstoffvorkommen in einer bestimmten Größenordnung, Qualität und Beschaffenheit, die eine Förderung und Weiterverarbeitung erlaubt, wirtschaftliche Rentabilität des Fördervorhabens, zu erwartende ökologische, soziale und gesellschaftliche Auswirkungen und damit einhergehende Anforderungen an Bergbauunternehmen
    • Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte

    Beer: “Wertschöpfung in Europa und Partnerländern notwendig”

    Es gibt aber auch Kritik am Vorgehen der EU. Das Versprechen, die Wertschöpfung in den Partnerländern zu verlängern, stehe im Widerspruch zum Ziel der EU, die Weiterverarbeitungskapazitäten in Europa anzukurbeln und bis 2030 auf 40 Prozent zu steigern, kritisierte etwa Michael Reckordt, Rohstoffexperte der NGO Power Shift. Mit dem Ziel, 40 Prozent der Verarbeitung von Rohstoffen in die EU zu holen, torpediere sie das Interesse der rohstoffreichen Länder.

    “Es ist klar, dass Europa seinen Bedarf an kritischen Rohstoffen auch in Zukunft nicht allein aus eigenen Kapazitäten decken kann, weder beim Bergbau noch bei der Verarbeitung“, sagte hingegen Nicola Beer (FDP), Berichterstatterin im EU-Parlament für den CRMA. “Aufgrund der Menge und der Vielzahl der benötigten Rohstoffe wird eine Wertschöpfung sowohl in den Partnerländern als auch in Europa notwendig sein”.

    Dabei sei individuell und projektbezogen abzuwägen, welche Produktionsschritte in den Partnerländern und welche in Europa erfolgen können. Die Wertschöpfung in den Partnerländern müsse Hand in Hand mit der Weiterverarbeitung und dem Recycling in Europa gehen. Genau dies sei der Wettbewerbsvorteil Europas gegenüber China und Russland.

    Im Rahmen der Global Gateway-Initiative sollen Rohstoffprojekte zukünftig zur Priorität werden, sagte Hildegard Bentele (EVP), Schattenberichterstatterin für den CRMA. Das Programm sei aufgefordert, EU-eigene Gelder für Rohstoffpartnerschaften in die Hand zu nehmen. “Das ist für die Glaubwürdigkeit der EU sehr wichtig.”

    • CRMA
    • ESG
    • ESG-Rating
    • Handelspolitik
    • Lieferketten
    • Rohstoffe
    • Rohstoffstrategie
    • SWP

    News

    Mercosur-Abkommen: Von der Leyen “sehr zuversichtlich”

    Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt auf einen Abschluss der Handelsgespräche mit den Mercosur-Staaten bis Jahresende. Sie sei “sehr zuversichtlich, besonders nach den vergangenen beiden Tagen”, dass die Verhandlungen in den kommenden Monaten abgeschlossen werden könnten, sagte von der Leyen nach dem Gipfeltreffen mit der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) in Brüssel.

    Die Gespräche mit Präsident Lula da Silva hätten einen “starken Konsens” mit Blick auf den Schutz von Klima und Biodiversität gezeigt, sagte sie. Der Präsident habe seit seiner Amtsübernahme zu Jahresbeginn große Fortschritte gemacht, etwa beim Schutz des Regenwaldes.

    Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, er habe in seinen Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass auch die Mercosur-Staaten “es unbedingt schnell und bald zu einem Abschluss bringen wollen”. Er hoffe, dass die entstandene Dynamik es ermögliche, die verbliebenen Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Die EU fordert insbesondere von Brasilien weitere Zusicherungen zum Schutz von Klima und Arbeitnehmerrechten. Lula wiederum knüpft seine Zustimmung an Verbesserungen für die heimische Industrie. Allerdings gibt es auch in einigen Mitgliedstaaten wie Frankreich, Niederlande und Österreich erhebliche Widerstände gegen das Abkommen.

    Von der Leyen zeigte sich auch optimistisch, die Modernisierung des Freihandelsabkommens mit Mexiko bald zu finalisieren. Bei dem Gipfel war auch eine Vielzahl von Investitionsvorhaben im Rahmen der Global-Gateway-Initiative vereinbart worden.

    “Große Sorgen” wegen des Ukraine-Krieges

    Der Gipfel hatte erstmals seit 2015 die 60 Staaten von EU und CELAC zusammengebracht. Intensives diplomatisches Tauziehen lösten die Formulierungen in der Abschlusserklärung zum Krieg in der Ukraine aus. Die Europäer wollten eine gemeinsame Verurteilung des russischen Krieges erreichen, konnten sich damit aber nicht gegen den Widerstand bestimmter Staaten in Lateinamerika durchsetzen. Stattdessen drückt die Erklärung “große Sorgen wegen des anhaltenden Krieges gegen die Ukraine” aus, auch wegen der Folgen wie steigenden Preisen.

    Vor allem mit Russland verbündete Länder wie Nicaragua, Venezuela und Kuba drohten damit, die gemeinsame Erklärung zu blockieren. Am Ende habe nur ein Land (Nicaragua) eine andere Position eingenommen, sagte Scholz. “Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass insgesamt eine solche Verständigung hier gelungen ist.” Der argentinische Präsident Alberto Ángel Fernández betonte, die große Mehrheit der Staaten habe die russische Invasion bereits im Rahmen der Vereinten Nationen verurteilt.

    Beide Seiten wollen sich künftig intensiver austauschen. Der nächste Gipfel soll 2025 in Kolumbien stattfinden. Bis dahin sollen auf unterschiedlichen Ebenen eine Vielzahl von Dialogen stattfinden. tho

    • Geopolitik
    • Handelspolitik
    • Klima & Umwelt
    • Lateinamerika

    NZIA: Parlament will auch Atomkraft fördern

    Das Europaparlament wird sich voraussichtlich dafür aussprechen, Atomkraft als förderwürdige Technologien im Net-Zero Industry Act (NZIA) einzustufen. “Wir haben uns verständigt, dass Kernenergie auf der Liste steht”, sagte Berichterstatter Christian Ehler (CDU) am Dienstag. Ein Entwurf der Kompromissanträge nennt konkret Kernspaltung und Fusionsenergie als Anwendungsfelder, er liegt Table-Media vor.

    Bei den Grünen wurde die Einigung bestätigt. Die Einstufung von Nukleartechnologien gehört zu den strittigsten Themen in den Verhandlungen über den NZIA. Damit verbunden sind Vorteile wie schnellere Genehmigungsverfahren. Die Gruppen im Europaparlament arbeiten derzeit an Kompromissen, im November soll dann im Plenum die Position für die Verhandlungen mit dem Rat abgestimmt werden.

    Auch CCS und CCU als Netto-Null-Technologien

    Ebenso auf die Liste der Netto-Null-Technologien setzen wollen die Berichterstatter Verfahren zur Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO₂ (CCS/CCU). Der Kompromisstext sieht zudem vor, dass auch Vorprodukte berücksichtigt werden, etwa Silizium für Solarzellen.

    Die Schattenberichterstatter der anderen Fraktionen unterstützen zudem Ehlers Vorschlag, regionale Industrie-Cluster zu fördern, sogenannte Net-Zero Valleys. Die Mitgliedstaaten sollen zudem ein Viertel ihrer Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel für entsprechende Projekte reservieren.

    Ehler kritisierte, die Ambitionen des NZIA und der neuen Finanzierungsplattform STEP stünden nicht im Einklang mit den dafür vorgesehen Finanzmitteln. Die USA lockten mithilfe der Subventionen und Steuergutschriften des Inflation Reduction Act zahlreiche Investoren an. Die europäische Antwort darauf werde von der Industrie nicht als gleichwertig gesehen. tho

    • Energiepolitik
    • Inflation Reduction Act
    • Klima & Umwelt
    • Net Zero Industry Act

    CRMA: Wirtschafts- und Umweltausschuss nehmen Stellungnahmen an

    Der Wirtschaftsausschuss (ECON) und der Umweltausschuss (ENVI) im EU-Parlament haben am Montag und Dienstag ihre Stellungnahmen zum Critical Raw Materials Act angenommen.

    Der ECON-Ausschuss schlägt in seiner Stellungnahme die folgenden Änderungen des Kommissionsentwurfs vor:

    • Für die Finanzierung der strategischen Projekte soll privaten Investitionen Priorität eingeräumt werden.
    • Die Marktauswirkungen auf die EU-Unternehmen auf der Angebotsseite sollen stärker berücksichtigt werden.
    • Im Genehmigungsprozess soll eine schnelle und transparente Kommunikation gewährleistet sein.
    • Die Kommission soll die finanzielle Tragfähigkeit der strategischen Projekte überwachen und ggf. Abhilfemaßnahmen vorschlagen.
    • Die Folgen der Rohstoffprojekte für lokale Gemeinschaften sollen im Monitoring stärker beachtet werden.

    Der Umweltausschuss stärkt vor allem die Vorgaben zu Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit kritischer Rohstoffe, etwa die Maßnahmen für das Recycling und die Rückgewinnung, die Festlegung von Kriterien für den CO₂-Fußabdruck und die Einbeziehung der zuständigen nationalen Behörden und die Konsultation der Öffentlichkeit während der Genehmigungsverfahren.

    Die Ausschüsse sind zwei von fünf mitberatenden Ausschüssen im Gesetzgebungsverfahren. Die Stellungnahmen und Änderungsanträge werden nun eingereicht und dem Bericht des federführenden Industrieausschusses als Anlage beigefügt; letzterer kann entscheiden, die Anträge zu berücksichtigen. leo

    • CRMA
    • ENVI
    • kritische Rohstoffe
    • Rohstoffe
    • Rohstoffstrategie

    Noch immer Gesetzeslücke bei Risikobewertung von Glyphosat und Co.

    Beruhen die Entscheidungen der EU-Behörden, etwa zur Giftigkeit von Pestiziden, auf objektiven Daten? Das Europäische Parlament hat sich gestern in einer öffentlichen Anhörung mit dieser Frage befasst. Zuletzt hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrer Risikoeinschätzung grünes Licht für die Verlängerung des umstrittenen Herbizids Glyphosat gegeben und für Kritik gesorgt.

    Anlass war eine Studie der Stockholmer Wissenschaftler Axel Mie und Christina Rudén. Die Forscher hatten sich angesehen, welche Toxizitätsstudien, also Studien, die die Auswirkung eines Stoffes auf die Entwicklung des Gehirns untersuchen, Antragsteller jeweils bei der US-amerikanischen Zulassungsbehörde EPA und der europäischen EFSA eingereicht haben. Das Ergebnis: Ein Viertel der Studien, die an die EPA gingen, wurden der EFSA nicht vorgelegt.

    Eine Mehrheit dieser unterlassenen Studien hätte einen Einfluss auf die Risikobewertung haben können, betonte Axel Mie gestern vor den Abgeordneten des Umwelt- und des Agrarausschusses. “Es ist die Verantwortung von Unternehmen, die Studien an die Behörden weiterzuleiten”, betonte der Forscher. Unternehmen wie Bayer und Syngenta, gestern beide vertreten, seien ihrer Verantwortung nicht nachgekommen.

    McGuinness: “Es zählt jede Studie

    Sowohl Kommission als auch Regulierungsbehörden EFSA und ECHA sehen darin einen Gesetzesverstoß. “Aus Kommissionssicht wurde nicht korrekt gehandelt. Nicht alle relevanten Informationen wurden vorgelegt”, sagte Kommissionsvertreterin Claire Bury.

    Die Vertreterinnen von Syngenta und Bayer wiesen den Vorwurf zurück. Man habe immer alle relevanten Studien eingereicht. ECHA-Direktorin Sharon McGuinness argumentiert, es sei nicht an den Herstellern zu urteilen, welche Studien relevant sind und welche nicht: “Es zählt jede Studie für eine vollständige Risikobewertung.”

    Verantwortung liegt bei Mitgliedstaaten

    Seit 2021 ist ein neues Gesetz in Kraft: die Verordnung über die Transparenz und Nachhaltigkeit der EU-Risikobewertung im Bereich der Lebensmittelkette. Obwohl sich die Stockholmer Studie auf die Periode vor dem neuen Gesetz konzentriert, weisen die Ergebnisse auf eine Lücke in der neuen Verordnung hin. Demnach müssen Antragsteller die Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) über sämtliche in Auftrag gegeben Studien informieren. Die Rohdaten werden denn auch öffentlich gemacht. Das gilt allerdings nur für neue Studien. Bestehende Studien sind damit nicht erfasst. “Das Problem ist mit diesem Gesetz nicht gelöst”, sagt Forscher Mie.

    Ein weiteres Problem, das bei der Anhörung deutlich wurde: Die Verantwortung, zu prüfen, ob das Dossier eines Antragsstellers komplett ist, liegt bei den Mitgliedsstaaten, nicht bei der EFSA. Und nur sie können Strafen oder Sanktionen verhängen, wenn Studien fehlen. In den von den Stockholmer untersuchten Fällen kam es nicht zu Sanktionen. Und nun sei es zu spät, betonte Kommissionsvertreterin Bury.

    EFSA-Chef: System durch mehr Kontrollen verbessern

    Dazu kommt: Die Hersteller müssen selbst nachweisen, dass ihr Produkt sicher ist. Sprich, es obliegt ihnen, die nötigen Studien durchzuführen und zu bezahlen. Die Stockholmer Forscher sehen darin einen inhärenten Interessenkonflikt: Den Herstellern, die Studien in Auftrag geben, ist am positiven Ergebnis gelegen. Die Labore wollen ihre Auftraggeber nicht verlieren.

    “Wir ebenen den Weg dafür, dass wir uns in ein paar Jahren noch einmal hier austauschen”, sagte Forscher Mie. Das Problem sieht EFSA-Chef Bernhard Url nicht. Man könne nicht einfach einen fundamental anderen Ansatz wählen. Aber man könne das System durch mehr Audits und Kontrollen verbessern, erklärte er. Denn, das wurde auch bei der Anhörung klar: Öffentliche Behörden wie die EFSA und ECHA haben gar nicht das Budget, um Studien in Auftrag zu geben oder durchzuführen. cw

    • Agrarpolitik
    • EFSA
    • Ernährung
    • Glyphosat
    • Klima & Umwelt
    • Landwirtschaft
    • Lebensmittel
    • Pestizide

    DSA-Stresstest: Tiktok ist noch nicht bereit

    Erst Twitter, jetzt Tiktok. In Vorbereitung auf den DSA hat die Kommission jetzt auch die chinesische Plattform Tiktok an ihrem europäischen Standort in Dublin einem Stresstest unterzogen. Am Dienstag unterrichtete Binnenmarktkommissar Thierry Breton den Vorstandsvorsitzenden Shou Zi Chew über die Ergebnisse der Übung.

    Breton begrüßte, dass Tiktok sich freiwillig bereit erklärt habe, einen Stresstest durchzuführen. Dabei nahm er zur Kenntnis, dass Tiktok erhebliche Ressourcen für die Einhaltung der Vorschriften einsetze. “Dies sind die ersten Anzeichen für ein ernsthaftes Engagement für den DSA”, sagte Breton. Die Ergebnisse des Stresstests zeigten, aber dass noch mehr Arbeit nötig sei, um die Frist für die Einhaltung der Vorschriften bis zum 25. August einzuhalten. Aus Sicherheitsbedenken dürfen Mitarbeiter der Kommission Tiktok derzeit nicht nutzen.

    Der Test umfasste Bereiche wie Kinderschutz, Empfehlungssysteme, Inhaltsmoderation und Bekämpfung illegaler Inhalte, Datenzugang und Transparenz. “Jetzt ist es an der Zeit, sich zu beeilen, um die Vorschriften vollständig zu erfüllen”, mahnte Breton in einem Tweet.

    Am 25. April 2023 hatte Breton die ersten Unternehmen benannt, die unter dem DSA als sehr große Online-Plattformen (VLOPS) oder sehr großen Online-Suchmaschinen (VLOSE) gelten, darunter Twitter und Tiktok. Nach dem Beschluss, gegen den sich Amazon und Zalando wehren, haben die Unternehmen vier Monate Zeit, um den Verpflichtungen aus dem DSA nachzukommen. Dann müssen sie eine erste jährliche Risikobewertung durchführen und nach Brüssel übermitteln. vis

    • Digital Services Act
    • Digitalpolitik
    • Thierry Breton
    • Tiktok
    • Zalando

    Polen will mehr ukrainisches Getreide transportieren

    Polen ist bereit, nach Russlands Aufkündigung des Schwarzmeer-Getreideabkommens, mehr ukrainisches Getreide durch das Land zu transportieren, sagte der Landwirtschaftsminister Robert Telus am Dienstag. Das aber werde Zeit brauchen und die Europäische Union müsse beim Ausbau der Infrastruktur helfen.

    Warschau hatte im April seine Grenzen für die Einfuhr ukrainischen Getreides geschlossen, nachdem Landwirte protestiert hatten, dass ihre eigenen Lieferungen aufgrund der zusätzlichen Konkurrenz an Wert verloren hätten. Landwirtschaftsminister Telus warf Russland vor, “Getreide als Munition” zu verwenden. Er sagte auch, dass die Ernte in Polen gerade erst begonnen habe und der zusätzliche Transit nicht sofort erfolgen werde. “Wir müssen die EU zwingen, bei der Verbesserung der Infrastruktur zu helfen”, sagte er.

    Schon jetzt 60 Prozent der Exporte auf dem Landweg

    EU-Beamte erklärten am Dienstag, sie strebten eine stärkere Nutzung der sogenannten Solidaritätskorridore an, also Straßen- und Schienenverbindungen durch die Nachbarländer der Ukraine wie Polen oder Moldau. Schon jetzt werden laut Kommission etwa 60 Prozent der ukrainischen Getreideexporte in die EU auf diesen Wegen transportiert. Vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine lief der Export fast ausschließlich über die Schwarzmeerhäfen.

    Proteste von Landwirten aus Ländern, die an die Ukraine grenzen, veranlassten Brüssel im Mai, die Einfuhr ukrainischen Getreides auf dem Landweg einzuschränken und nur noch Transitlieferungen zuzulassen. Telus, der heute mit seinen Amtskollegen aus Rumänien, Bulgarien, Ungarn, der Slowakei und der Republik Moldau zusammentrifft, sagte, Warschau werde sich für eine erneute Verlängerung des Embargos für ukrainische Getreideeinfuhren über den 15. September hinaus einsetzen. rtr

    Macron kritisiert Einstellung von Scott Morton

    Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Dienstag die Entscheidung von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kritisiert, die US-amerikanische Ökonomin Fiona Scott Morton für eine Schlüsselposition in der EU-Kartellbehörde zu berufen. Es lasse darauf schließen, “dass wir ein sehr ernstes Problem mit allen akademischen Systemen in Europa haben“, sagte Macron. Er sei erstaunt, dass kein EU-Bürger für den Job gefunden werden konnte. Ein weiterer Kritikpunkt, auf den Macron hinweies: Scott Morton hat zuvor für “viele Unternehmen” gearbeitet, was zu potenziellen Interessenkonflikten in der Kartellbehörde führen könnte.

    Die Ernennung von Scott Morton, der ehemaligen Chefvolkswirtin des US-Justizministeriums unter Barack Obama, für den Posten der Chefökonomin in der Generaldirektion Wettbewerb wurde von Frankreich und den Fraktionsvorsitzenden im Europäischen Parlament kritisiert. Die Bedenken konzentrierten sich auf die Frage, warum eine Nicht-EU-Bürgerin ausgewählt wurde, um die Kommission bei ihren Ermittlungen gegen Big Tech und bei der Durchsetzung von Regeln zur Eindämmung von Tech-Giganten zu beraten.

    Vestager verteidigt sich

    Vestager verteidigte ihre Entscheidung bei einer Anhörung im Ausschuss des Europäischen Parlaments: “Ich finde es fragwürdig anzunehmen, dass die Nationalität einer Person automatisch zu einer Voreingenommenheit zugunsten von Unternehmen führt, die aus der gleichen Nationalität stammen.” Die Kommission habe den Posten bei der Suche nach den besten Wirtschaftsberatern für Nicht-EU-Bürger geöffnet.

    Vestager betonte, dass frühere Chefvolkswirte der Kommission auch zuvor als Berater tätig gewesen waren, ohne dass es Probleme gegeben habe. “Wenn überhaupt, dann sollte ihre Erfahrung in der Privatwirtschaft ein Vorteil sein, nicht eine Behinderung.” Es sei üblich, dass Wirtschaftswissenschaftler auf dieser Ebene parallel zu ihrer akademischen Arbeit als Berater tätig sind, sagte sie. rtr

    • Big Tech
    • Digitalpolitik
    • Emmanuel Macron
    • Kartellrecht
    • Margrethe Vestager
    • Wettbewerbspolitik

    Presseschau

    Nur Nicaragua bleibt skeptisch – Durchbruch in letzter Minute: EU und lateinamerikanische Staaten können sich auf Erklärung zu Russland einigen RND
    Europas Arroganz rächt sich – EU-Celac-Gipfel: Mageres Fazit für Europa ZDF
    Abkommen mit Chile: EU sichert sich Zugriff auf Lithium AUTOMOBILWOCHE
    EU verurteilt Russland für Aufkündigung von Schwarzmeer-Abkommen EURACTIV
    EU-Parlamentspräsidentin Metsola will Modell der Schleuser zerstören FAZ
    Migration: EU-Kommission stellt Soforthilfe für Aufnahmelager in Lampedusa bereit ZEIT
    Umstrittenes britisches Asylgesetz nimmt letzte Hürde im Parlament STERN
    Italien und Spanien rufen wegen Hitzewelle höchste Alarmstufe aus ZEIT
    EU-Westbalkan-Treffen: Kosovos Abwesenheit wirft Fragen auf EURACTIV
    Wieso EU-Geld für den Wiederaufbau nicht im Ahrtal ankommt ALLGEMEINE-ZEITUNG
    Unsanierte Immobilien verlieren drastisch an Wert MERKUR
    EAK: EU-Dokument deutet auf Wiederzulassung von Glyphosat hin EURACTIV
    Corona-Pandemie: Die EU beginnt zaghaft mit der Aufarbeitung DEUTSCHE-WIRTSCHAFTS-NACHRICHTEN
    EU-Badegewässer sind hygienisch unbedenklich L-IZ
    “Besorgniserregender Zustand”: Sachsens Flüssen und Bächen geht es schlecht LVZ
    EU verschärft Vorgehen gegen Antibiotika-Mangel PHARMAZEUTISCHE-ZEITUNG
    Entsenderecht für Lkw-Fahrer in vielen EU-Staaten weiterhin nicht umgesetzt DVZ
    Drei Jahre alte Beschwerde von Slack: EU bereitet Kartellverfahren gegen Microsoft vor IT-MARKT
    EU-Staaten kurz vor Einigung bei Cybersicherheitsgesetz EURACTIV
    TikTok must accelerate work to comply with new EU digital regime, Breton says EURACTIV
    Ministertreffen in Spanien: EU-Fischerei soll nachhaltiger werden TAGESSCHAU
    Europas Windradfirmen werden von Konkurrenz aus China verdrängt HANDELSBLATT
    Energieversorger in der EU hinken bei Transformation hinterher DERSTANDARD
    So far, Europe’s electricity systems are coping with the heat NYTIMES
    Polnisches Gericht hebt Stopp für Braunkohleabbau auf TAGESSCHAU

    Dessert

    “Arzt empfiehlt Siesta in Deutschland”, titelten gestern zahlreiche Medien. Der Vorsitzende des deutschen Amtsärzteverbands, Johannes Nießen, hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärt, in den heißen Sommermonaten sollten wir uns in Nordeuropa an den Arbeitsweisen südlicher Länder orientieren: “Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen.”

    Die Siesta, seit Jahrzehnten Gegenstand stereotyper Spanien-Kalauer in Anspielung auf einen vermeintlich gedämpften Arbeitseifer, rückt also nun ganz seriös in den Fokus deutscher Amtsärzte. Davon abgesehen, dass in der Berichterstattung etablierter deutscher Medien sämtliche Spanien-Klischees von der Paella bis zum Stierkampf mit der Siesta in einen Topf geworfen werden, ist vor allem das heitere Framing fragwürdig. Denn das Thema ist ernst: Der Klimawandel bedingt nicht bloß Anpassungen in diversen Lebensbereichen, sondern bringt reale Risiken für die Gesundheit und damit auch für die Leistungsfähigkeit mit sich.

    WHO: Klimawandel “größte Gesundheitsbedrohung”

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet den Klimawandel als “die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit“. Das Robert-Koch-Institut veröffentlichte hierzu: “Hitze kann insbesondere gesundheitliche Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem haben und nicht nur zur Morbidität, sondern auch Mortalität beitragen“. Besonders Menschen hohen Alters mit Vorerkrankungen, schwangere Personen, marginalisierte Menschen und jene mit geringem sozioökonomischem Status seien von den gesundheitlichen Auswirkungen extremer Hitze betroffen.

    Die infolge des Klimawandels immer höher werdenden Temperaturen auch in Deutschland eröffnen nun eine kontroverse Diskussion über einen Strukturwandel im Arbeitsalltag. Abseits der Gesundheitsrisiken sei laut Chef des Amtsärzteverbands eine Verlagerung der Arbeitszeiten in die frühen Morgenstunden und einer Pause während der wärmsten Stunden des Tages auch unter dem Gesichtspunkt der Produktivität eine richtungsweisende Empfehlung. “Bei starker Hitze sind Menschen nicht so leistungsfähig wie sonst. Schlechter Schlaf bei fehlender Abkühlung in der Nacht führt zusätzlich zu Konzentrationsproblemen.”

    “Siesta in der Hitze ist sicherlich kein schlechter Vorschlag”, schrieb auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf Twitter. “Medizinisch sicher für viele Berufe sinnvoll.” Er sieht allerdings nicht die Politik gefordert; Arbeitsgeber und Arbeitnehmer sollten dies selbst aushandeln. Leonie Düngefeld

    • Klima & Umwelt
    • Klimaschutz

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen