Freunde der Atomenergie werden sich am Montag und Dienstag in Prag treffen, erste Grußworte kamen bereits am Donnerstag von Sven Giegold aus Brüssel. “EU-Mittel sollten nur für Energieträger ausgegeben werden, an die alle Mitgliedstaaten glauben, und daher nicht für neue Kernkraftwerke”, sagte der grüne Staatssekretär aus dem Bundeswirtschaftsministerium auf einer Veranstaltung von CAN Europe.
Die Atomgemeinde hofft dagegen auf Förderung für kleine, modulare Reaktoren. Ein erster Testfall könnte ein SMR in Estland werden, für den die Regierung eine Genehmigung bis 2030 anstrebt. Auch in Prag sollen kommende Woche Finanzierungsfragen für neue AKW diskutiert werden. Erwartet wird beim diesjährigen European Nuclear Energy Forum neben Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala, Kommissionsbeamten und EU-Parlamentariern auch EIB-Präsidentin Nadia Calviño.
Gegen eine eigene Richtlinie für kohlenstoffarme Energieträger – in Opposition zur Erneuerbaren-Richtlinie – sprach sich gestern CAN Europe aus. Ein Festhalten an Atomkraftwerken blockiere den Zugang von Solar- und Windstrom in die Netze. Genau dieses Argument sollen wiederum die neuen SMR entkräften. Sie ließen sich leichter im Start-Stopp-Betrieb fahren, sagte mir kürzlich der französische Renew-Abgeordnete Christophe Grudler.
Für den Klimaschutz viel entscheidender ist es laut CAN Europe aber, weniger Energie zu konsumieren. Bis 2040 solle die EU ihren Energieverbrauch halbieren, forderten die Klimaschützer gestern. Fehlt nur noch ein prominenter Politiker, der sich hinter diese Forderung stellt.
Tanken Sie erst einmal Energie am Wochenende – natürlich nach der Lektüre dieser Ausgabe von Europe.Table.
Eigentlich ist man sich einig: Europas Wirtschaft droht den Anschluss zu verlieren. “Draghis Analyse wird als gültig erachtet“, sagte der ungarische Staatssekretär für Wirtschaftsstrategie Máté Lóga auf der Pressekonferenz am gestrigen Donnerstag über den Konsens unter den EU-Industrieministern. Er leitete die Sitzung des Wettbewerbsfähigkeitsrats, bei dem die Industrieminister über die Ergebnisse des Draghi-Berichts und über staatliche Beihilfen diskutierten.
Man teile auch die Ansicht, dass schnell etwas getan werden müsse. “Die Zeit zu agieren ist jetzt”, sagte Lóga. Einig sei man sich auch bei folgenden Elementen:
Welche Hürden beseitigt, welche Regeln simpler und welche Inkohärenzen behoben werden sollen, ist aber noch nicht klar. In diplomatischen Kreisen spielt man den Ball der EU-Kommission zu. Sie habe den Draghi-Bericht bestellt, nun sei es an ihr, konkrete Vorschläge zu machen. Insbesondere Valdis Dombrovskis wird gefragt sein. Von der Kommissionspräsidentin hat er die Aufgabe bekommen, den EU-Acquis nach Inkohärenzen und Vereinfachungspotenzialen zu durchleuchten.
Uneins bleiben sich die Minister vorerst bei anderen essenziellen Themen: Beim Wettbewerbsrecht, bei der Organisation der staatlichen Beihilfen und der Finanzierung der Industriepolitik gehen die Meinungen weit auseinander.
Während sich gestern die Industrieminister Italiens und Spaniens für “europäische Champions” starkmachten, sehen kleinere Staaten wie die Niederlande keinen Sinn darin, dominantere Player zuzulassen, die dem Wettbewerb innerhalb Europas schaden könnten.
Bei einer Diskussion zum Rahmen für staatliche Beihilfen hätten sich die Minister dafür ausgesprochen, dass bei einer allfälligen Reform die Effekte der Beihilferegeln auf die Kohäsion berücksichtigt werden müssen, sagte Lóga. Zudem solle der Fokus darauf liegen, dass möglichst viel Privatkapital mobilisiert wird. Aber bei der Kardinalsfrage, ob die aktuellen Lockerungen der Beihilferegeln rückgängig gemacht werden sollen, trennt die Mitgliedstaaten weiterhin ein tiefer Graben.
Die Niederlande, Tschechien, Finnland, Schweden, Portugal, Belgien und Österreich forderten eine “Rückkehr zum normalen Rahmen” und eine zielgerichtete, limitierte Beihilfegewährung. Andere Staaten, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, sprachen sich für eine Verlängerung einiger Elemente des aktuellen “Temporary Crisis and Transition Framework” (TCTF) aus.
Dabei geht es laut EU-Diplomaten um jene Teile des TCTF, welche Unterstützung für Dekarbonisierung, Energieprojekte und kritische Technologien betreffen. Der deutsche Staatssekretär Sven Giegold (Grüne) sprach sich vor dem Treffen für schnellere Beihilfeverfahren aus.
Mario Draghi und Enrico Letta warnten in ihren Berichten, dass eine Lockerung der Beihilferegeln auf nationalstaatlicher Ebene ohne Gegengewicht auf europäischer Ebene eine Gefahr für das Level Playing Field im Binnenmarkt sei. Ein solches Gegengewicht könnte der Competitiveness Fund bieten, den die Kommission für das neue Mandat in Planung hat. In der gestrigen Diskussion erwähnte dem Vernehmen nach aber nur Frankreich diesen Fonds.
Die Finanzierung der Industriepolitik polarisiert unter den Mitgliedstaaten – so stark, dass einige Experten und Politiker fürchten, dass die Finanzierungsdiskussion den Rest des Draghi-Berichts aus der Diskussion verdrängt. “Diese Analyse von mehreren hundert Seiten verdient es nicht, auf eine einfache Frage von neuen Schulden oder keine neuen Schulden reduziert zu werden“, sagte Giegold vor der Sitzung.
Der grüne Staatssekretär verwies auf den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), der sich “Fragen nach industrieller Wettbewerbsfähigkeit” stellen müsse. “Das ist natürlich eine mögliche Quelle, aus der wir unsere Industrie unterstützen können, in Zukunftstechnologien führend zu sein”, sagte Giegold.
Der nächste EU-Finanzrahmen wird ab 2028 gelten. Schon viel früher dürfte Italien jedoch die Diskussion wieder in Gang bringen wollen, speziell in Bezug auf die Autoindustrie. Minister Adolfo Urso hatte sich für eine vorgezogene Überarbeitung des Verbrennerverbots eingesetzt. Vor Journalisten beteuerte er jedoch, dass es ihm nicht darum gehe, die Transition zu bremsen. “Ich will beschleunigen, nicht den Rückwärtsgang einlegen”, sagte Urso. “Aber um zu beschleunigen, müssen wir die Bedingungen schaffen”. Und dafür brauche es europäische Ressourcen, die auf der Angebots- und der Nachfrageseite die Transformation unterstützen würden.
Urso kündigte an, bald ein Non-Paper vorzulegen, um seine Ideen zu konkretisieren. Seiner Meinung nach sollte diese neue Unterstützung für die Autoindustrie schon im ersten Halbjahr 2025 beginnen. Ursos Erfolgschancen sind aber gering.
Im Moment scheint es noch so, als würden sich die meisten Mitgliedstaaten jene Rezepte aus dem Draghi-Bericht herauspicken, die sie zuvor ohnehin unterstützt hatten. Damit der Bericht aber einen tatsächlichen Effekt haben kann, muss aus der gemeinsamen Analyse auch ein gemeinsames Konzept werden. Ein Versuch in diese Richtung könnte bei der nächsten Sitzung des Europäischen Rats unternommen werden.
Offiziell heißt die Partei “NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum” und existiert in der Form erst seit gut zehn Jahren. Zur FDP gibt es seit geraumer Zeit Kontakt: Schon 2017 besuchte Christian Lindner Parteichefin Beate Meinl-Reisinger während des Wahlkampfs in Wien, nach der Bundestagswahl 2021 wiederum lobte die ihren deutschen Kollegen: Als Finanzminister werde er dafür sorgen, “dass eine verantwortungsvolle Politik für die nächsten Generationen über die nächsten Jahre umgesetzt wird”.
Nach der Nationalratswahl am Sonntag in Österreich könnte es sein, dass Lindner etwas Ähnliches sagt: Meinl-Reisinger möchte nämlich ebenfalls Finanzministerin werden. Und zwar in einer Koalition mit ÖVP und SPÖ, um eine Regierungsbeteiligung der FPÖ trotz deren wahrscheinlichen Sieges zu verhindern. Es wäre das erste Mal, dass die NEOS an einer Regierung auf Bundesebene beteiligt sind.
Sie seien die “entscheidende Kraft” in der Frage, ob es eine “Reform-Regierung” gibt oder eine Neuauflage der 2019 am Ibiza-Skandal zerbrochenen Koalition aus ÖVP und FPÖ, heißt es von den NEOS. Für die ÖVP hätte ein Bündnis ohne die Rechtsextremen einen Vorteil: Sie könnte trotz eines zweiten Platzes bei der Wahl weiter den Kanzler stellen.
Karl Nehammer ist seit Ende 2021 Regierungschef der noch unter Sebastian Kurz gestarteten schwarz-grünen Koalition; davor war er für Inneres zuständig. Er hat eine Koalition mit der FPÖ nicht ausgeschlossen, nur mit deren aktuellem Chef Herbert Kickl – seinem Vorvorgänger als Innenminister – will er nicht zusammenarbeiten.
Nehammer fährt ohnehin selbst einen strengen Kurs: Er will etwa nach Syrien und Afghanistan abschieben. Seiner Meinung nach verwirken Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge, die Urlaub im Heimatland machen, zudem ihr Asylrecht. Im SPÖ-Wahlprogramm steht dagegen, das Grundrecht auf Asyl “darf niemals hinterfragt werden”. Trotzdem wäre eine Annäherung zwischen Schwarz, Rot und Pink – die Farbe der NEOS – in diesem Bereich vorstellbar, alle drei Parteien wollen etwa schnellere Abschiebungen.
Mehr Diskussionen dürfte es in Sachen Vermögens- und Erbschaftssteuer geben. Die NEOS lehnen beides ab, für die Sozialdemokraten unter ihrem linken Chef Andreas Babler ist es ein Kernanliegen. Beide Parteien sind sich aber nicht völlig fremd. Im Stadtstaat Wien regieren sie seit Ende 2020 zusammen.
In den Wahlprogrammen von SPÖ und ÖVP finden sich konkrete Bezüge zu Deutschland. Erstere nennt beispielsweise die Gaspreisbremse der Bundesregierung als gelungenes Instrument im Kampf gegen die Inflation – Österreich hatte 2023 hier besonders hohe Werte. Die Christdemokraten wiederum führen den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene und die Weiterentwicklung von CO₂-Speichertechnologien als Felder an, in denen eine Zusammenarbeit mit dem Nachbarn wichtig sei.
Für welche Mehrheiten es reicht, hängt auch davon ab, ob es zwei prominente Kleinparteien über die Vier-Prozent-Hürde schaffen. Da wären zum einen die Kommunisten (KPÖ), die in Graz als zweitgrößter Stadt des Landes die Bürgermeisterin stellen und in Salzburg den Vize. Erfolgreicher in den Umfragen war zuletzt die vom Musiker und gelernten Arzt Dominik Wlazny gegründete Bierpartei. Sie will “Politik ohne Politiker” machen und stellt mehrere Bezirksräte in Wien, Wlazny selbst schaffte es bei der Bundespräsidentenwahl 2022 mit gut acht Prozent sogar auf den dritten Platz.
Wer am Ende auch regiert: Was sich die Parteien von Deutschland definitiv nicht abschauen wollen, ist der permanente Streit. Ebenfalls mit Besorgnis registriert wurde in Wien der Erfolg der AfD, die gute Kontakte zur FPÖ pflegt.
Deutschland könnte als Modell dienen für den Nachbarn, der noch nie eine Dreierkoalition auf Bundesebene hatte. Rechnerisch möglich wäre aktuellen Umfragen zufolge auch eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und den Grünen – eine sogenannte Dirndl-Koalition aus ÖVP, Neos und Grünen dagegen nicht. Eine blau-rote Koalition gilt zumindest unter SPÖ-Chef Babler als ausgeschlossen – die SPÖ wirbt in Anzeigen mit seinem Konterfei, er sei “die einzige Garantie für eine Regierung ohne FPÖ”. Eine Ampel-Koalition wie in Deutschland war ursprünglich auch mal Thema in Österreich, rechnerisch wird es dafür voraussichtlich jedoch nicht reichen.
Fleißig Wahlkampf macht auch einer, der sich eigentlich schon außerhalb Österreichs für einen Job bewirbt. Noch-Finanzminister Magnus Brunner soll EU-Migrationskommissar werden. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, weiter auf dem Spitzenplatz der ÖVP-Landesliste in Vorarlberg für einen Sitz im Nationalrat zu kandidieren. Kein leichter Spagat, denn parallel muss sich Brunner auf seine Anhörung im EU-Parlament vorbereiten.
Die Europaabgeordneten könnten Brunners Doppelrolle zum Anlass nehmen, ihm umso mehr auf seinen europäischen Zahn zu fühlen. Als EU-Kommissar legt er seine nationalstaatliche Brille ab und wird zum überparteilichen Europapolitiker – so die Idealvorstellung. In der Praxis überschneiden sich jedoch nationale Interessen häufiger mit denen der Brüsseler Behörde. Doch die EU-Parlamentarier werden ungemütlich, wenn ein Kandidat sich nicht einzig zu seiner Rolle in Brüssel bekennt. Mit Lukas Knigge
30.09.2024 – 14:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Ausführungen zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Kooperationsmechanismus für Ukraine-Darlehen; Antisubventionsuntersuchung der EU zu batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen aus China und die jüngsten Kontakte zwischen der EU und China; Aktueller Stand und jüngste Entwicklungen zur Verordnung über drittstaatliche Subventionen. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Gedankenaustausch mit Gert Jan Koopman (Generaldirektor der GD NEAR, Europäische Kommission); Dialog über die Reform- und Wachstumsfazilität für die westlichen Balkanstaaten (gemeinsam mit dem Haushaltsausschuss); Gedankenaustausch mit Enrique Mora (stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes) über die Beziehungen zwischen der EU und dem Iran. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Abstimmung über die Entlastung des Gesamthaushaltsplans 2022 der EU (Europäischer Rat und Rat); Sonderbericht über die Systeme der Kommission zur Wiedereinziehung unrechtmäßiger EU-Ausgaben. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Industrie (ITRE)
Themen: Präsentation der Kommission zur Halbzeitbewertung des EU-Raumfahrtprogramms; Abstimmung über die UN-Klimakonferenz 2024 in Baku (COP29); Präsentation des zweiten Berichts zum Stand des Digital Decade Policy Program. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Aussprache über die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit (Bericht von Mario Draghi); Festlegung harmonisierter Anforderungen im Binnenmarkt an die Transparenz der Interessenvertretung im Auftrag von Drittländern; Notwendigkeit der Zollreform (Verzögerungen bei der Einführung neuer IT-Systeme in Mitgliedstaaten). Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Aussprache mit Laura Kövesi, Generalstaatsanwältin der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA); Aussprache mit Alexis Goosdeel (Direktor der Drogenagentur der Europäischen Union); Aussprache mit Ladislav Hamran (Präsident der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen). Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Öffentliche Gesundheit (SANT)
Themen: Vorstellung des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofs “Reaktion der EU auf die COVID-19-Pandemie”; Vorstellung der Studie der Fachabteilung Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität mit dem Titel “Verringerung der Auswirkungen von Desinformation auf
die Gesundheit der Menschen in Europa”; Austausch mit einem Vertreter der European Alliance for Cardiovascular Health anlässlich des Weltherztags 2024. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Währungsdialog mit Christine Lagarde (Präsidentin der Europäischen Zentralbank); Kontrolle der delegierten Rechtsakte und Durchführungsmaßnahmen. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mitteilung zum Team Europa. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 08:30-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Präsentation des wissenschaftlichen Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit; Stand der Verhandlungen zum Kunststoffvertrag; Aktualisierung der Kommission im Hinblick auf die COP16-Tagung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Regionale Entwicklung (REGI)
Themen: Erläuterung der Analyse “Überblick über den Zuverlässigkeitsrahmen und die wichtigsten Faktoren, die zu Fehlern bei den Kohäsionsausgaben im Zeitraum 2014-2020 beigetragen haben” des Europäischen Rechnungshofs. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
Themen: Workshop zum Thema “Die Lebensmittelkosten und die Inflation bei den Lebensmittelpreisen”; Gedankenaustausch mit der Kommission über die Mitteilung über höhere Gewalt und außergewöhnliche Umstände. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Kultur und Bildung (CULT)
Themen: Annahme des Entwurfs einer Stellungnahme zum Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2025; Studie der Fachabteilung Struktur- und Kohäsionspolitik mit dem Titel “Bildungs-, Jugend- und Sportpolitik der EU – Überblick und Zukunftsperspektiven”. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:15 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Abstimmung über den Änderungsantrag zu den Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten; Abstimmung über die Mobilisierung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zur Unterstützung entlassener Arbeitnehmer. Vorläufige Tagesordnung
Für die EU-Mitgliedstaaten ist “Voraussetzung” für ein ehrgeiziges globales Klimafinanzziel, dass die Zahl der Geberländer für die internationale Klimafinanzierung zunimmt. Das geht aus einem Entwurf der Ratsschlussfolgerung zur COP29 hervor, der Table.Briefings exklusiv vorliegt.
Internationale öffentliche Finanzmittel sollten von einer breiteren Gruppe von Beitragszahlern bereitgestellt und mobilisiert werden, fordern die EU-Staaten. Die Höhe des Beitrags solle “die Entwicklung der jeweiligen wirtschaftlichen Kapazitäten und die hohen Treibhausgasemissionen seit den frühen 1990er Jahren widerspiegeln”. Damit werden insbesondere Länder wie China sowie die Öl und Gas produzierenden Golfstaaten zur Beteiligung am neuen Klimafinanzziel – NCQG genannt – aufgefordert.
Bislang zahlen nur Industriestaaten für das bisherige jährliche Klimafinanzierungsziel von 100 Milliarden US-Dollar ein. Bei der COP29 in Baku muss ein neues Ziel verhandelt werden, da das 100-Milliarden-Ziel im kommenden Jahr ausläuft. Die NCQG-Verhandlungen gelten als wichtigster Verhandlungsstrang der diesjährigen COP. Die Industriestaaten und primär Europa fordern bereits seit zwei Jahren, dass es neue Geberländer für die öffentliche Klimafinanzierung braucht.
Im 1992 beschlossenen UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen wurden die Vertragsstaaten in Industrie- und Entwicklungsländer eingeteilt. Seitdem hat sich an dieser Kategorisierung kaum etwas geändert, sodass aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Indien sowie die Öl produzierenden Golfstaaten weiterhin als Entwicklungsländer gelten.
Außerdem sprechen sich die EU-Staaten dafür aus, auch die Lieferkette fossiler Brennstoffe zur Kasse zu bitten, “um am stärksten gefährdete Länder bei der Eindämmung des Klimawandels und dem Resilienz-Aufbau zu unterstützen”. Staatliche Förderung allein könne die Finanzmittel nicht aufbringen, die für eine klimaneutrale und widerstandsfähige Weltwirtschaft erforderlich seien. “Private Geldgeber werden den größten Anteil an den erforderlichen Investitionen in den grünen Übergang übernehmen müssen”, heißt es in dem Entwurf. luk
Deutschland und alle anderen EU-Staaten bis auf Dänemark haben eine gesetzliche Frist zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien und der Stromnetze verpasst. Wegen der mangelhaften Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) leitete die EU-Kommission am Donnerstag die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die 26 Staaten ein, wie die Behörde in Brüssel mitteilte.
Bis zum 1. Juli hätten die Mitgliedstaaten Teile der RED umsetzen müssen, mit denen Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden sollen. Dazu zählen auch Regelungen zu sogenannten Beschleunigungsgebieten. Die Kommission schickte den Mitgliedstaaten am Donnerstag ein Schreiben mit der Aufforderung zu einer Stellungnahme innerhalb der nächsten beiden Monate. Nächster Schritt wäre dann eine mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission. Die Beschleunigung war eine Reaktion auf die Energiekrise 2022/23.
Weite Teile eines Gesetzentwurfs “zur Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie in den Bereichen Windenergie auf See und Stromnetze und zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes” stecken noch in den Bundestagsausschüssen fest. Sie betreffen das Repowering von Windenergieanlagen und auch die Verfahren für erneuerbare Energien an Land. Planmäßig soll der Bundestag das Gesetz Ende November beschließen, danach muss es noch durch den Bundesrat. Damit wird Deutschland auch die nächste Frist der Kommission voraussichtlich nicht einhalten.
Kritik kam gestern von der EU-Abgeordneten Andrea Wechsler (CDU): “Dass auch Deutschland die Richtlinie noch nicht umgesetzt hat, ist erschütternd. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium lässt sonst keine Gelegenheit aus, sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland zu loben.” ber
Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und fordert Deutschland auf, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) umzusetzen. Andernfalls könnte die Richtlinie nicht die angestrebte Harmonisierung in Europa erreichen, so ihr Argument. Ferner würden Investoren die notwendigen ESG-Informationen fehlen, die diese für ihre Entscheidungen benötigen. Die CSRD ist Teil des Green Deals und sieht ausgeweitete und verschärfte Kriterien für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen vor.
Die Frist für die Umsetzung lief am 6. Juli 2024 ab. Deutschland ist nicht das einzige Land, das sie gerissen hat. Insgesamt 17 Staaten erhalten deshalb einen Brief der EU-Kommission, darunter auch Belgien, Spanien, die Niederlande, Österreich, Polen und Portugal. Hierzulande liegt der Gesetzentwurf aktuell im Bundestag; am gestrigen Abend fand die erste – für die späte Stunde erstaunlich hitzige – Lesung statt. Nach dem Wunsch der EU sollte das Gesetz innerhalb der nächsten zwei Monate in Kraft treten.
Ginge es nach Justizminister Marco Buschmann, würde es nicht dazu kommen. Bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch das Kabinett Ende Juli erklärte er, dass er “nicht glücklich” darüber sei, dass Unternehmen “detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen” berichten müssen. Die Bundesregierung wolle sich bei der EU-Kommission dafür einzusetzen, “die sehr umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung wieder deutlich zu reduzieren”.
Laut einer Stellungnahme der Ausschüsse des Bundesrats in der vergangenen Woche könnte die CSRD sogar die Transformation gefährden, und auch aus der Union gibt es Kritik. Ihr Berichterstatter Stephan Mayer (CSU) sagte zu Table.Briefings: “Die mit der Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte verbundenen Vorteile stehen in keinerlei angemessenem Verhältnis zu dem damit verbundenen überbordenden Aufwand.” Er fordere die Regierung auf, die Richtlinie bei der EU “grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen, zu überarbeiten und zu entschlacken”.
Dem Vertragsverletzungsverfahren sah Justizminister Buschmann schon im Sommer gelassen entgegen. “Über das Geschäftsjahr 2024 muss erst im Frühjahr 2025 berichtet werden”, schrieb er. “Die gesetzlichen Anpassungen sollten bis dahin vorgenommen sein.” maw
Die deutsche Bundesregierung dringt mit Unterstützung anderer Mitgliedstaaten auf schnelle Maßnahmen gegen chinesische Billig-Onlinehändler wie Shein und Temu. Um einen fairen Wettbewerb und den Schutz der Verbraucher in der EU zu gewährleisten, gelte es, die entsprechenden EU-Vorschriften “rigoros durchzusetzen” – etwa zur Produktsicherheit und Umweltschutz, heißt es in einem deutschen Diskussionspapier für den Wettbewerbsfähigkeitsrat am Donnerstag. Auch Frankreich, Polen, Dänemark, Österreich und die Niederlande schlossen sich den Forderungen an.
“Wir können nicht länger hinnehmen, dass täglich Hunderttausende Pakete mit Produkten eintreffen, die den europäischen Standards nicht entsprechen”, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne).
Konkret fordern die Regierungen folgende Maßnahmen:
Im Streit um seine Anerkennung als EU-Abgeordneter hat der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont endgültig eine Niederlage vor dem höchsten europäischen Gericht erlitten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies die Klage ab.
Gegen Puigdemont liegt seit Jahren ein Haftbefehl vor. Nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und einem Beschluss zur Trennung von Spanien stürzte Katalonien 2017 unter dem damaligen Regierungschef Puigdemont ins Chaos. Puigdemont floh mit einigen Regierungsmitgliedern ins Ausland. Er lebt derzeit in Belgien.
2019 wurde er gemeinsam mit seinem Mitstreiter Antoni Comín ins Europaparlament gewählt. Der damalige Präsident des EU-Parlaments weigerte sich aber, sie als Abgeordnete zu behandeln, da sie nicht auf der Liste der spanischen Regierung für gewählte Kandidaten standen. Puigdemont und Comín waren darin nicht aufgeführt, weil sie keinen Eid auf die spanische Verfassung leisten wollten. Daraufhin wurden ihre Sitze für vakant erklärt und alle damit verbundenen Rechte ausgesetzt.
Puigdemont und Comín wehrten sich dagegen zunächst erfolglos vor dem Gericht der EU und dann auch vor der höchsten Instanz, dem EuGH. Dieser wies ihre Klage nun endgültig ab. Der Präsident des Europaparlaments durfte nicht von der Liste abweichen, weil sonst die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Europäischer Union und den EU-Staaten aufgeweicht würde, entschieden die Richter. dpa
Rumänien soll in der aktuellen Legislaturperiode eine wichtige Rolle auf EU-Ebene spielen. Die rumänische Sozialdemokratin Roxana Mînzatu ist von Ursula von der Leyen als eine von sechs Exekutivvizepräsidenten vorgeschlagen worden. Ihre Aufgabe: Kommissarin für “Menschen, Kompetenzen und Vorsorge”. Hinter der wolkigen Jobbeschreibung steckt die Zuständigkeit für Beschäftigung, Soziales – und erstmals auch Bildung. Die entsprechenden Generaldirektionen fallen in der neuen Kommissionsstruktur in großen Teilen in ihren Aufsichtsbereich.
Auf dem Schirm hatte Mînzatu für diese zentrale Position eigentlich niemand – vermutlich nicht einmal sie selbst. Bislang war sie nicht als politisches Schwergewicht oder in der Öffentlichkeit bekannt. Mînzatu hat vor allem hinter den Kulissen gewirkt. Auch aufmerksame Beobachter rumänischer Politik waren überrascht, als ihr sozialdemokratischer Parteigenosse, der rumänische Ministerpräsident Marcel Ciolacu, sie für den Kommissionsposten ins Rennen schickte.
Doch einige Beobachter warnen davor, sie zu unterschätzen. Die frühere Staatssekretärin und Kurzzeit-Ministerin für europäische Fördermittel arbeite hart und fundiert, sie habe sich nie vor Kärrnerarbeit gedrückt und sei teamfähig. Ein hochrangiger Kommissionsbeamter spricht ihr großes politisches Durchsetzungsvermögen zu. Show und Symbolpolitik überlässt sie in dieser Lesart anderen.
Andere bezweifeln hingegen, ob Mînzatu genug Führungskompetenz mitbringt, um einen so großen Zuständigkeitsbereich zu managen und sich durchzusetzen.
Dass Mînzatu überhaupt so weit gekommen ist, liegt nach Sicht von Beobachtern aber genau daran: Dass sie bisher als wenig gefährlich galt. Politikerinnen stoßen in Rumänien noch immer schnell an gläserne Decken. Der Anteil von Frauen im nationalen Parlament lag im vergangenen Jahr bei gerade mal 19 Prozent. Das ist in der EU der drittletzte Platz, nur noch untertroffen von Ungarn und Zypern.
Um in diesem Umfeld zu bestehen, heißt es, müssten Politikerinnen die mühselige Arbeit machen, für die sich die männlichen Kollegen zu schade sind. Als von der Leyen nun gezielt nach Kandidatinnen für die Kommission gesucht hat, war der Moment für Mînzatu gekommen.
In ihrer bisherigen Karriere hat sich Mînzatu überwiegend mit Kohäsionsgeldern, Beschaffung und Verwaltungsangelegenheiten befasst. Vor ihrer politischen Laufbahn leitete sie laut ihrem Linkedin-Profil zudem ein Weiterbildungsprogramm für Manager und Unternehmer. Einige Erfahrungen mit der Unternehmensseite hat sie also.
Gerade Gewerkschafter und Sozialverbände sehen ihre Nominierung mit einer gewissen Skepsis. Mînzatu bringt in ihrem angedachten neuen Aufgabenfeld Arbeit, Soziales und Bildung nicht viel Vorerfahrung mit – und das gerade in Zeiten, in denen es einen starken politischen Willen brauchen dürfte, um neue Vorhaben im Arbeits- und Sozialbereich durchzusetzen.
Zwar ist Mînzatu Mitglied der rumänischen Sozialdemokratischen Partei (PSD). Doch strukturell hat Rumänien in Sachen Korporatismus und Sozialpolitik keine besonders gute Bilanz vorzuweisen. Rund ein Drittel der Bürger galt 2023 als von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht – der höchste Wert in der EU. Nach einer Gesetzesänderung unter der konservativen Regierung 2011 wurden Gewerkschaften empfindlich geschwächt. Ihr Einfluss auf die politischen Parteien und auch auf die PSD war gering, dazu gab es über Jahre fast keine Flächentarifverträge mehr. Beobachter sehen aber Anzeichen für eine Trendwende mit einem neuen Gesetz von 2022, das Tarifverhandlungen wieder erleichtert.
Die Stärke der PSD wird in der europäischen Parteienfamilie oft übersehen. Dabei stellt sie die fünftgrößte S&D-Delegation im Europaparlament – nach denen Italiens, Spaniens, Deutschlands und Frankreichs. In den vergangenen Jahren hat es auch eine inhaltliche Annäherung an die anderen S&D-Parteien Europas gegeben, auch wenn die PSD noch immer als sozialkonservativer und nationalistischer gilt.
Zumindest einer Sorge von Gewerkschaftern und Sozialverbänden hat Mînzatu schon kurz nach ihrer Nominierung etwas entgegengesetzt. Diese stören sich daran, dass erstmals die Bezeichnung “Arbeits- und Sozialkommissar” aus dem Titel wegfallen soll. Für Kritiker markiert dies eine Schwerpunktverschiebung.
Sozialdemokratin Mînzatu ging darauf ein – und twitterte einen erweiterten Jobtitel: “Ich fühle mich geehrt […], als Kommissarin für Qualifikationen, Bildung, hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte nominiert worden zu sein.” Ihre Fähigkeit, zuhören zu können, hat sie da wohl schon einmal anklingen lassen. Alina Leimbach
Freunde der Atomenergie werden sich am Montag und Dienstag in Prag treffen, erste Grußworte kamen bereits am Donnerstag von Sven Giegold aus Brüssel. “EU-Mittel sollten nur für Energieträger ausgegeben werden, an die alle Mitgliedstaaten glauben, und daher nicht für neue Kernkraftwerke”, sagte der grüne Staatssekretär aus dem Bundeswirtschaftsministerium auf einer Veranstaltung von CAN Europe.
Die Atomgemeinde hofft dagegen auf Förderung für kleine, modulare Reaktoren. Ein erster Testfall könnte ein SMR in Estland werden, für den die Regierung eine Genehmigung bis 2030 anstrebt. Auch in Prag sollen kommende Woche Finanzierungsfragen für neue AKW diskutiert werden. Erwartet wird beim diesjährigen European Nuclear Energy Forum neben Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala, Kommissionsbeamten und EU-Parlamentariern auch EIB-Präsidentin Nadia Calviño.
Gegen eine eigene Richtlinie für kohlenstoffarme Energieträger – in Opposition zur Erneuerbaren-Richtlinie – sprach sich gestern CAN Europe aus. Ein Festhalten an Atomkraftwerken blockiere den Zugang von Solar- und Windstrom in die Netze. Genau dieses Argument sollen wiederum die neuen SMR entkräften. Sie ließen sich leichter im Start-Stopp-Betrieb fahren, sagte mir kürzlich der französische Renew-Abgeordnete Christophe Grudler.
Für den Klimaschutz viel entscheidender ist es laut CAN Europe aber, weniger Energie zu konsumieren. Bis 2040 solle die EU ihren Energieverbrauch halbieren, forderten die Klimaschützer gestern. Fehlt nur noch ein prominenter Politiker, der sich hinter diese Forderung stellt.
Tanken Sie erst einmal Energie am Wochenende – natürlich nach der Lektüre dieser Ausgabe von Europe.Table.
Eigentlich ist man sich einig: Europas Wirtschaft droht den Anschluss zu verlieren. “Draghis Analyse wird als gültig erachtet“, sagte der ungarische Staatssekretär für Wirtschaftsstrategie Máté Lóga auf der Pressekonferenz am gestrigen Donnerstag über den Konsens unter den EU-Industrieministern. Er leitete die Sitzung des Wettbewerbsfähigkeitsrats, bei dem die Industrieminister über die Ergebnisse des Draghi-Berichts und über staatliche Beihilfen diskutierten.
Man teile auch die Ansicht, dass schnell etwas getan werden müsse. “Die Zeit zu agieren ist jetzt”, sagte Lóga. Einig sei man sich auch bei folgenden Elementen:
Welche Hürden beseitigt, welche Regeln simpler und welche Inkohärenzen behoben werden sollen, ist aber noch nicht klar. In diplomatischen Kreisen spielt man den Ball der EU-Kommission zu. Sie habe den Draghi-Bericht bestellt, nun sei es an ihr, konkrete Vorschläge zu machen. Insbesondere Valdis Dombrovskis wird gefragt sein. Von der Kommissionspräsidentin hat er die Aufgabe bekommen, den EU-Acquis nach Inkohärenzen und Vereinfachungspotenzialen zu durchleuchten.
Uneins bleiben sich die Minister vorerst bei anderen essenziellen Themen: Beim Wettbewerbsrecht, bei der Organisation der staatlichen Beihilfen und der Finanzierung der Industriepolitik gehen die Meinungen weit auseinander.
Während sich gestern die Industrieminister Italiens und Spaniens für “europäische Champions” starkmachten, sehen kleinere Staaten wie die Niederlande keinen Sinn darin, dominantere Player zuzulassen, die dem Wettbewerb innerhalb Europas schaden könnten.
Bei einer Diskussion zum Rahmen für staatliche Beihilfen hätten sich die Minister dafür ausgesprochen, dass bei einer allfälligen Reform die Effekte der Beihilferegeln auf die Kohäsion berücksichtigt werden müssen, sagte Lóga. Zudem solle der Fokus darauf liegen, dass möglichst viel Privatkapital mobilisiert wird. Aber bei der Kardinalsfrage, ob die aktuellen Lockerungen der Beihilferegeln rückgängig gemacht werden sollen, trennt die Mitgliedstaaten weiterhin ein tiefer Graben.
Die Niederlande, Tschechien, Finnland, Schweden, Portugal, Belgien und Österreich forderten eine “Rückkehr zum normalen Rahmen” und eine zielgerichtete, limitierte Beihilfegewährung. Andere Staaten, darunter Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien, sprachen sich für eine Verlängerung einiger Elemente des aktuellen “Temporary Crisis and Transition Framework” (TCTF) aus.
Dabei geht es laut EU-Diplomaten um jene Teile des TCTF, welche Unterstützung für Dekarbonisierung, Energieprojekte und kritische Technologien betreffen. Der deutsche Staatssekretär Sven Giegold (Grüne) sprach sich vor dem Treffen für schnellere Beihilfeverfahren aus.
Mario Draghi und Enrico Letta warnten in ihren Berichten, dass eine Lockerung der Beihilferegeln auf nationalstaatlicher Ebene ohne Gegengewicht auf europäischer Ebene eine Gefahr für das Level Playing Field im Binnenmarkt sei. Ein solches Gegengewicht könnte der Competitiveness Fund bieten, den die Kommission für das neue Mandat in Planung hat. In der gestrigen Diskussion erwähnte dem Vernehmen nach aber nur Frankreich diesen Fonds.
Die Finanzierung der Industriepolitik polarisiert unter den Mitgliedstaaten – so stark, dass einige Experten und Politiker fürchten, dass die Finanzierungsdiskussion den Rest des Draghi-Berichts aus der Diskussion verdrängt. “Diese Analyse von mehreren hundert Seiten verdient es nicht, auf eine einfache Frage von neuen Schulden oder keine neuen Schulden reduziert zu werden“, sagte Giegold vor der Sitzung.
Der grüne Staatssekretär verwies auf den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), der sich “Fragen nach industrieller Wettbewerbsfähigkeit” stellen müsse. “Das ist natürlich eine mögliche Quelle, aus der wir unsere Industrie unterstützen können, in Zukunftstechnologien führend zu sein”, sagte Giegold.
Der nächste EU-Finanzrahmen wird ab 2028 gelten. Schon viel früher dürfte Italien jedoch die Diskussion wieder in Gang bringen wollen, speziell in Bezug auf die Autoindustrie. Minister Adolfo Urso hatte sich für eine vorgezogene Überarbeitung des Verbrennerverbots eingesetzt. Vor Journalisten beteuerte er jedoch, dass es ihm nicht darum gehe, die Transition zu bremsen. “Ich will beschleunigen, nicht den Rückwärtsgang einlegen”, sagte Urso. “Aber um zu beschleunigen, müssen wir die Bedingungen schaffen”. Und dafür brauche es europäische Ressourcen, die auf der Angebots- und der Nachfrageseite die Transformation unterstützen würden.
Urso kündigte an, bald ein Non-Paper vorzulegen, um seine Ideen zu konkretisieren. Seiner Meinung nach sollte diese neue Unterstützung für die Autoindustrie schon im ersten Halbjahr 2025 beginnen. Ursos Erfolgschancen sind aber gering.
Im Moment scheint es noch so, als würden sich die meisten Mitgliedstaaten jene Rezepte aus dem Draghi-Bericht herauspicken, die sie zuvor ohnehin unterstützt hatten. Damit der Bericht aber einen tatsächlichen Effekt haben kann, muss aus der gemeinsamen Analyse auch ein gemeinsames Konzept werden. Ein Versuch in diese Richtung könnte bei der nächsten Sitzung des Europäischen Rats unternommen werden.
Offiziell heißt die Partei “NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum” und existiert in der Form erst seit gut zehn Jahren. Zur FDP gibt es seit geraumer Zeit Kontakt: Schon 2017 besuchte Christian Lindner Parteichefin Beate Meinl-Reisinger während des Wahlkampfs in Wien, nach der Bundestagswahl 2021 wiederum lobte die ihren deutschen Kollegen: Als Finanzminister werde er dafür sorgen, “dass eine verantwortungsvolle Politik für die nächsten Generationen über die nächsten Jahre umgesetzt wird”.
Nach der Nationalratswahl am Sonntag in Österreich könnte es sein, dass Lindner etwas Ähnliches sagt: Meinl-Reisinger möchte nämlich ebenfalls Finanzministerin werden. Und zwar in einer Koalition mit ÖVP und SPÖ, um eine Regierungsbeteiligung der FPÖ trotz deren wahrscheinlichen Sieges zu verhindern. Es wäre das erste Mal, dass die NEOS an einer Regierung auf Bundesebene beteiligt sind.
Sie seien die “entscheidende Kraft” in der Frage, ob es eine “Reform-Regierung” gibt oder eine Neuauflage der 2019 am Ibiza-Skandal zerbrochenen Koalition aus ÖVP und FPÖ, heißt es von den NEOS. Für die ÖVP hätte ein Bündnis ohne die Rechtsextremen einen Vorteil: Sie könnte trotz eines zweiten Platzes bei der Wahl weiter den Kanzler stellen.
Karl Nehammer ist seit Ende 2021 Regierungschef der noch unter Sebastian Kurz gestarteten schwarz-grünen Koalition; davor war er für Inneres zuständig. Er hat eine Koalition mit der FPÖ nicht ausgeschlossen, nur mit deren aktuellem Chef Herbert Kickl – seinem Vorvorgänger als Innenminister – will er nicht zusammenarbeiten.
Nehammer fährt ohnehin selbst einen strengen Kurs: Er will etwa nach Syrien und Afghanistan abschieben. Seiner Meinung nach verwirken Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge, die Urlaub im Heimatland machen, zudem ihr Asylrecht. Im SPÖ-Wahlprogramm steht dagegen, das Grundrecht auf Asyl “darf niemals hinterfragt werden”. Trotzdem wäre eine Annäherung zwischen Schwarz, Rot und Pink – die Farbe der NEOS – in diesem Bereich vorstellbar, alle drei Parteien wollen etwa schnellere Abschiebungen.
Mehr Diskussionen dürfte es in Sachen Vermögens- und Erbschaftssteuer geben. Die NEOS lehnen beides ab, für die Sozialdemokraten unter ihrem linken Chef Andreas Babler ist es ein Kernanliegen. Beide Parteien sind sich aber nicht völlig fremd. Im Stadtstaat Wien regieren sie seit Ende 2020 zusammen.
In den Wahlprogrammen von SPÖ und ÖVP finden sich konkrete Bezüge zu Deutschland. Erstere nennt beispielsweise die Gaspreisbremse der Bundesregierung als gelungenes Instrument im Kampf gegen die Inflation – Österreich hatte 2023 hier besonders hohe Werte. Die Christdemokraten wiederum führen den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene und die Weiterentwicklung von CO₂-Speichertechnologien als Felder an, in denen eine Zusammenarbeit mit dem Nachbarn wichtig sei.
Für welche Mehrheiten es reicht, hängt auch davon ab, ob es zwei prominente Kleinparteien über die Vier-Prozent-Hürde schaffen. Da wären zum einen die Kommunisten (KPÖ), die in Graz als zweitgrößter Stadt des Landes die Bürgermeisterin stellen und in Salzburg den Vize. Erfolgreicher in den Umfragen war zuletzt die vom Musiker und gelernten Arzt Dominik Wlazny gegründete Bierpartei. Sie will “Politik ohne Politiker” machen und stellt mehrere Bezirksräte in Wien, Wlazny selbst schaffte es bei der Bundespräsidentenwahl 2022 mit gut acht Prozent sogar auf den dritten Platz.
Wer am Ende auch regiert: Was sich die Parteien von Deutschland definitiv nicht abschauen wollen, ist der permanente Streit. Ebenfalls mit Besorgnis registriert wurde in Wien der Erfolg der AfD, die gute Kontakte zur FPÖ pflegt.
Deutschland könnte als Modell dienen für den Nachbarn, der noch nie eine Dreierkoalition auf Bundesebene hatte. Rechnerisch möglich wäre aktuellen Umfragen zufolge auch eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und den Grünen – eine sogenannte Dirndl-Koalition aus ÖVP, Neos und Grünen dagegen nicht. Eine blau-rote Koalition gilt zumindest unter SPÖ-Chef Babler als ausgeschlossen – die SPÖ wirbt in Anzeigen mit seinem Konterfei, er sei “die einzige Garantie für eine Regierung ohne FPÖ”. Eine Ampel-Koalition wie in Deutschland war ursprünglich auch mal Thema in Österreich, rechnerisch wird es dafür voraussichtlich jedoch nicht reichen.
Fleißig Wahlkampf macht auch einer, der sich eigentlich schon außerhalb Österreichs für einen Job bewirbt. Noch-Finanzminister Magnus Brunner soll EU-Migrationskommissar werden. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, weiter auf dem Spitzenplatz der ÖVP-Landesliste in Vorarlberg für einen Sitz im Nationalrat zu kandidieren. Kein leichter Spagat, denn parallel muss sich Brunner auf seine Anhörung im EU-Parlament vorbereiten.
Die Europaabgeordneten könnten Brunners Doppelrolle zum Anlass nehmen, ihm umso mehr auf seinen europäischen Zahn zu fühlen. Als EU-Kommissar legt er seine nationalstaatliche Brille ab und wird zum überparteilichen Europapolitiker – so die Idealvorstellung. In der Praxis überschneiden sich jedoch nationale Interessen häufiger mit denen der Brüsseler Behörde. Doch die EU-Parlamentarier werden ungemütlich, wenn ein Kandidat sich nicht einzig zu seiner Rolle in Brüssel bekennt. Mit Lukas Knigge
30.09.2024 – 14:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Ausführungen zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Kooperationsmechanismus für Ukraine-Darlehen; Antisubventionsuntersuchung der EU zu batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen aus China und die jüngsten Kontakte zwischen der EU und China; Aktueller Stand und jüngste Entwicklungen zur Verordnung über drittstaatliche Subventionen. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Gedankenaustausch mit Gert Jan Koopman (Generaldirektor der GD NEAR, Europäische Kommission); Dialog über die Reform- und Wachstumsfazilität für die westlichen Balkanstaaten (gemeinsam mit dem Haushaltsausschuss); Gedankenaustausch mit Enrique Mora (stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Auswärtigen Dienstes) über die Beziehungen zwischen der EU und dem Iran. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Abstimmung über die Entlastung des Gesamthaushaltsplans 2022 der EU (Europäischer Rat und Rat); Sonderbericht über die Systeme der Kommission zur Wiedereinziehung unrechtmäßiger EU-Ausgaben. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Industrie (ITRE)
Themen: Präsentation der Kommission zur Halbzeitbewertung des EU-Raumfahrtprogramms; Abstimmung über die UN-Klimakonferenz 2024 in Baku (COP29); Präsentation des zweiten Berichts zum Stand des Digital Decade Policy Program. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Aussprache über die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit (Bericht von Mario Draghi); Festlegung harmonisierter Anforderungen im Binnenmarkt an die Transparenz der Interessenvertretung im Auftrag von Drittländern; Notwendigkeit der Zollreform (Verzögerungen bei der Einführung neuer IT-Systeme in Mitgliedstaaten). Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Aussprache mit Laura Kövesi, Generalstaatsanwältin der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA); Aussprache mit Alexis Goosdeel (Direktor der Drogenagentur der Europäischen Union); Aussprache mit Ladislav Hamran (Präsident der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen). Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Öffentliche Gesundheit (SANT)
Themen: Vorstellung des Sonderberichts des Europäischen Rechnungshofs “Reaktion der EU auf die COVID-19-Pandemie”; Vorstellung der Studie der Fachabteilung Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität mit dem Titel “Verringerung der Auswirkungen von Desinformation auf
die Gesundheit der Menschen in Europa”; Austausch mit einem Vertreter der European Alliance for Cardiovascular Health anlässlich des Weltherztags 2024. Vorläufige Tagesordnung
30.09.2024 – 15:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Währungsdialog mit Christine Lagarde (Präsidentin der Europäischen Zentralbank); Kontrolle der delegierten Rechtsakte und Durchführungsmaßnahmen. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mitteilung zum Team Europa. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 08:30-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Präsentation des wissenschaftlichen Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit; Stand der Verhandlungen zum Kunststoffvertrag; Aktualisierung der Kommission im Hinblick auf die COP16-Tagung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Regionale Entwicklung (REGI)
Themen: Erläuterung der Analyse “Überblick über den Zuverlässigkeitsrahmen und die wichtigsten Faktoren, die zu Fehlern bei den Kohäsionsausgaben im Zeitraum 2014-2020 beigetragen haben” des Europäischen Rechnungshofs. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
Themen: Workshop zum Thema “Die Lebensmittelkosten und die Inflation bei den Lebensmittelpreisen”; Gedankenaustausch mit der Kommission über die Mitteilung über höhere Gewalt und außergewöhnliche Umstände. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Kultur und Bildung (CULT)
Themen: Annahme des Entwurfs einer Stellungnahme zum Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2025; Studie der Fachabteilung Struktur- und Kohäsionspolitik mit dem Titel “Bildungs-, Jugend- und Sportpolitik der EU – Überblick und Zukunftsperspektiven”. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2024 – 09:00-12:15 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Abstimmung über den Änderungsantrag zu den Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten; Abstimmung über die Mobilisierung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zur Unterstützung entlassener Arbeitnehmer. Vorläufige Tagesordnung
Für die EU-Mitgliedstaaten ist “Voraussetzung” für ein ehrgeiziges globales Klimafinanzziel, dass die Zahl der Geberländer für die internationale Klimafinanzierung zunimmt. Das geht aus einem Entwurf der Ratsschlussfolgerung zur COP29 hervor, der Table.Briefings exklusiv vorliegt.
Internationale öffentliche Finanzmittel sollten von einer breiteren Gruppe von Beitragszahlern bereitgestellt und mobilisiert werden, fordern die EU-Staaten. Die Höhe des Beitrags solle “die Entwicklung der jeweiligen wirtschaftlichen Kapazitäten und die hohen Treibhausgasemissionen seit den frühen 1990er Jahren widerspiegeln”. Damit werden insbesondere Länder wie China sowie die Öl und Gas produzierenden Golfstaaten zur Beteiligung am neuen Klimafinanzziel – NCQG genannt – aufgefordert.
Bislang zahlen nur Industriestaaten für das bisherige jährliche Klimafinanzierungsziel von 100 Milliarden US-Dollar ein. Bei der COP29 in Baku muss ein neues Ziel verhandelt werden, da das 100-Milliarden-Ziel im kommenden Jahr ausläuft. Die NCQG-Verhandlungen gelten als wichtigster Verhandlungsstrang der diesjährigen COP. Die Industriestaaten und primär Europa fordern bereits seit zwei Jahren, dass es neue Geberländer für die öffentliche Klimafinanzierung braucht.
Im 1992 beschlossenen UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen wurden die Vertragsstaaten in Industrie- und Entwicklungsländer eingeteilt. Seitdem hat sich an dieser Kategorisierung kaum etwas geändert, sodass aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Indien sowie die Öl produzierenden Golfstaaten weiterhin als Entwicklungsländer gelten.
Außerdem sprechen sich die EU-Staaten dafür aus, auch die Lieferkette fossiler Brennstoffe zur Kasse zu bitten, “um am stärksten gefährdete Länder bei der Eindämmung des Klimawandels und dem Resilienz-Aufbau zu unterstützen”. Staatliche Förderung allein könne die Finanzmittel nicht aufbringen, die für eine klimaneutrale und widerstandsfähige Weltwirtschaft erforderlich seien. “Private Geldgeber werden den größten Anteil an den erforderlichen Investitionen in den grünen Übergang übernehmen müssen”, heißt es in dem Entwurf. luk
Deutschland und alle anderen EU-Staaten bis auf Dänemark haben eine gesetzliche Frist zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien und der Stromnetze verpasst. Wegen der mangelhaften Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) leitete die EU-Kommission am Donnerstag die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die 26 Staaten ein, wie die Behörde in Brüssel mitteilte.
Bis zum 1. Juli hätten die Mitgliedstaaten Teile der RED umsetzen müssen, mit denen Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden sollen. Dazu zählen auch Regelungen zu sogenannten Beschleunigungsgebieten. Die Kommission schickte den Mitgliedstaaten am Donnerstag ein Schreiben mit der Aufforderung zu einer Stellungnahme innerhalb der nächsten beiden Monate. Nächster Schritt wäre dann eine mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission. Die Beschleunigung war eine Reaktion auf die Energiekrise 2022/23.
Weite Teile eines Gesetzentwurfs “zur Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie in den Bereichen Windenergie auf See und Stromnetze und zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes” stecken noch in den Bundestagsausschüssen fest. Sie betreffen das Repowering von Windenergieanlagen und auch die Verfahren für erneuerbare Energien an Land. Planmäßig soll der Bundestag das Gesetz Ende November beschließen, danach muss es noch durch den Bundesrat. Damit wird Deutschland auch die nächste Frist der Kommission voraussichtlich nicht einhalten.
Kritik kam gestern von der EU-Abgeordneten Andrea Wechsler (CDU): “Dass auch Deutschland die Richtlinie noch nicht umgesetzt hat, ist erschütternd. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium lässt sonst keine Gelegenheit aus, sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland zu loben.” ber
Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und fordert Deutschland auf, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) umzusetzen. Andernfalls könnte die Richtlinie nicht die angestrebte Harmonisierung in Europa erreichen, so ihr Argument. Ferner würden Investoren die notwendigen ESG-Informationen fehlen, die diese für ihre Entscheidungen benötigen. Die CSRD ist Teil des Green Deals und sieht ausgeweitete und verschärfte Kriterien für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen vor.
Die Frist für die Umsetzung lief am 6. Juli 2024 ab. Deutschland ist nicht das einzige Land, das sie gerissen hat. Insgesamt 17 Staaten erhalten deshalb einen Brief der EU-Kommission, darunter auch Belgien, Spanien, die Niederlande, Österreich, Polen und Portugal. Hierzulande liegt der Gesetzentwurf aktuell im Bundestag; am gestrigen Abend fand die erste – für die späte Stunde erstaunlich hitzige – Lesung statt. Nach dem Wunsch der EU sollte das Gesetz innerhalb der nächsten zwei Monate in Kraft treten.
Ginge es nach Justizminister Marco Buschmann, würde es nicht dazu kommen. Bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch das Kabinett Ende Juli erklärte er, dass er “nicht glücklich” darüber sei, dass Unternehmen “detailliert über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen” berichten müssen. Die Bundesregierung wolle sich bei der EU-Kommission dafür einzusetzen, “die sehr umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung wieder deutlich zu reduzieren”.
Laut einer Stellungnahme der Ausschüsse des Bundesrats in der vergangenen Woche könnte die CSRD sogar die Transformation gefährden, und auch aus der Union gibt es Kritik. Ihr Berichterstatter Stephan Mayer (CSU) sagte zu Table.Briefings: “Die mit der Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte verbundenen Vorteile stehen in keinerlei angemessenem Verhältnis zu dem damit verbundenen überbordenden Aufwand.” Er fordere die Regierung auf, die Richtlinie bei der EU “grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen, zu überarbeiten und zu entschlacken”.
Dem Vertragsverletzungsverfahren sah Justizminister Buschmann schon im Sommer gelassen entgegen. “Über das Geschäftsjahr 2024 muss erst im Frühjahr 2025 berichtet werden”, schrieb er. “Die gesetzlichen Anpassungen sollten bis dahin vorgenommen sein.” maw
Die deutsche Bundesregierung dringt mit Unterstützung anderer Mitgliedstaaten auf schnelle Maßnahmen gegen chinesische Billig-Onlinehändler wie Shein und Temu. Um einen fairen Wettbewerb und den Schutz der Verbraucher in der EU zu gewährleisten, gelte es, die entsprechenden EU-Vorschriften “rigoros durchzusetzen” – etwa zur Produktsicherheit und Umweltschutz, heißt es in einem deutschen Diskussionspapier für den Wettbewerbsfähigkeitsrat am Donnerstag. Auch Frankreich, Polen, Dänemark, Österreich und die Niederlande schlossen sich den Forderungen an.
“Wir können nicht länger hinnehmen, dass täglich Hunderttausende Pakete mit Produkten eintreffen, die den europäischen Standards nicht entsprechen”, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold (Grüne).
Konkret fordern die Regierungen folgende Maßnahmen:
Im Streit um seine Anerkennung als EU-Abgeordneter hat der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont endgültig eine Niederlage vor dem höchsten europäischen Gericht erlitten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies die Klage ab.
Gegen Puigdemont liegt seit Jahren ein Haftbefehl vor. Nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und einem Beschluss zur Trennung von Spanien stürzte Katalonien 2017 unter dem damaligen Regierungschef Puigdemont ins Chaos. Puigdemont floh mit einigen Regierungsmitgliedern ins Ausland. Er lebt derzeit in Belgien.
2019 wurde er gemeinsam mit seinem Mitstreiter Antoni Comín ins Europaparlament gewählt. Der damalige Präsident des EU-Parlaments weigerte sich aber, sie als Abgeordnete zu behandeln, da sie nicht auf der Liste der spanischen Regierung für gewählte Kandidaten standen. Puigdemont und Comín waren darin nicht aufgeführt, weil sie keinen Eid auf die spanische Verfassung leisten wollten. Daraufhin wurden ihre Sitze für vakant erklärt und alle damit verbundenen Rechte ausgesetzt.
Puigdemont und Comín wehrten sich dagegen zunächst erfolglos vor dem Gericht der EU und dann auch vor der höchsten Instanz, dem EuGH. Dieser wies ihre Klage nun endgültig ab. Der Präsident des Europaparlaments durfte nicht von der Liste abweichen, weil sonst die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Europäischer Union und den EU-Staaten aufgeweicht würde, entschieden die Richter. dpa
Rumänien soll in der aktuellen Legislaturperiode eine wichtige Rolle auf EU-Ebene spielen. Die rumänische Sozialdemokratin Roxana Mînzatu ist von Ursula von der Leyen als eine von sechs Exekutivvizepräsidenten vorgeschlagen worden. Ihre Aufgabe: Kommissarin für “Menschen, Kompetenzen und Vorsorge”. Hinter der wolkigen Jobbeschreibung steckt die Zuständigkeit für Beschäftigung, Soziales – und erstmals auch Bildung. Die entsprechenden Generaldirektionen fallen in der neuen Kommissionsstruktur in großen Teilen in ihren Aufsichtsbereich.
Auf dem Schirm hatte Mînzatu für diese zentrale Position eigentlich niemand – vermutlich nicht einmal sie selbst. Bislang war sie nicht als politisches Schwergewicht oder in der Öffentlichkeit bekannt. Mînzatu hat vor allem hinter den Kulissen gewirkt. Auch aufmerksame Beobachter rumänischer Politik waren überrascht, als ihr sozialdemokratischer Parteigenosse, der rumänische Ministerpräsident Marcel Ciolacu, sie für den Kommissionsposten ins Rennen schickte.
Doch einige Beobachter warnen davor, sie zu unterschätzen. Die frühere Staatssekretärin und Kurzzeit-Ministerin für europäische Fördermittel arbeite hart und fundiert, sie habe sich nie vor Kärrnerarbeit gedrückt und sei teamfähig. Ein hochrangiger Kommissionsbeamter spricht ihr großes politisches Durchsetzungsvermögen zu. Show und Symbolpolitik überlässt sie in dieser Lesart anderen.
Andere bezweifeln hingegen, ob Mînzatu genug Führungskompetenz mitbringt, um einen so großen Zuständigkeitsbereich zu managen und sich durchzusetzen.
Dass Mînzatu überhaupt so weit gekommen ist, liegt nach Sicht von Beobachtern aber genau daran: Dass sie bisher als wenig gefährlich galt. Politikerinnen stoßen in Rumänien noch immer schnell an gläserne Decken. Der Anteil von Frauen im nationalen Parlament lag im vergangenen Jahr bei gerade mal 19 Prozent. Das ist in der EU der drittletzte Platz, nur noch untertroffen von Ungarn und Zypern.
Um in diesem Umfeld zu bestehen, heißt es, müssten Politikerinnen die mühselige Arbeit machen, für die sich die männlichen Kollegen zu schade sind. Als von der Leyen nun gezielt nach Kandidatinnen für die Kommission gesucht hat, war der Moment für Mînzatu gekommen.
In ihrer bisherigen Karriere hat sich Mînzatu überwiegend mit Kohäsionsgeldern, Beschaffung und Verwaltungsangelegenheiten befasst. Vor ihrer politischen Laufbahn leitete sie laut ihrem Linkedin-Profil zudem ein Weiterbildungsprogramm für Manager und Unternehmer. Einige Erfahrungen mit der Unternehmensseite hat sie also.
Gerade Gewerkschafter und Sozialverbände sehen ihre Nominierung mit einer gewissen Skepsis. Mînzatu bringt in ihrem angedachten neuen Aufgabenfeld Arbeit, Soziales und Bildung nicht viel Vorerfahrung mit – und das gerade in Zeiten, in denen es einen starken politischen Willen brauchen dürfte, um neue Vorhaben im Arbeits- und Sozialbereich durchzusetzen.
Zwar ist Mînzatu Mitglied der rumänischen Sozialdemokratischen Partei (PSD). Doch strukturell hat Rumänien in Sachen Korporatismus und Sozialpolitik keine besonders gute Bilanz vorzuweisen. Rund ein Drittel der Bürger galt 2023 als von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht – der höchste Wert in der EU. Nach einer Gesetzesänderung unter der konservativen Regierung 2011 wurden Gewerkschaften empfindlich geschwächt. Ihr Einfluss auf die politischen Parteien und auch auf die PSD war gering, dazu gab es über Jahre fast keine Flächentarifverträge mehr. Beobachter sehen aber Anzeichen für eine Trendwende mit einem neuen Gesetz von 2022, das Tarifverhandlungen wieder erleichtert.
Die Stärke der PSD wird in der europäischen Parteienfamilie oft übersehen. Dabei stellt sie die fünftgrößte S&D-Delegation im Europaparlament – nach denen Italiens, Spaniens, Deutschlands und Frankreichs. In den vergangenen Jahren hat es auch eine inhaltliche Annäherung an die anderen S&D-Parteien Europas gegeben, auch wenn die PSD noch immer als sozialkonservativer und nationalistischer gilt.
Zumindest einer Sorge von Gewerkschaftern und Sozialverbänden hat Mînzatu schon kurz nach ihrer Nominierung etwas entgegengesetzt. Diese stören sich daran, dass erstmals die Bezeichnung “Arbeits- und Sozialkommissar” aus dem Titel wegfallen soll. Für Kritiker markiert dies eine Schwerpunktverschiebung.
Sozialdemokratin Mînzatu ging darauf ein – und twitterte einen erweiterten Jobtitel: “Ich fühle mich geehrt […], als Kommissarin für Qualifikationen, Bildung, hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte nominiert worden zu sein.” Ihre Fähigkeit, zuhören zu können, hat sie da wohl schon einmal anklingen lassen. Alina Leimbach