Table.Briefing: Europe

German Vote zur Verpackungsverordnung? + DSA gilt ab morgen für alle Anbieter + MSC-Chef Heusgen: Europa soll mehr Lasten tragen

Liebe Leserin, lieber Leser,

bahnt sich bei der EU-Verpackungsverordnung der nächste Streit in der Ampelkoalition und das nächste German Vote an? In ihrem Europawahlprogramm bewertet die FDP deren geplante Ausgestaltung “sehr kritisch”, und Bundesfinanzminister Christian Lindner scheint bereit, nach Lieferkettenrichtlinie und Lkw-Flottengrenzwerten notfalls erneut in den Konflikt mit SPD und Grünen zu gehen. Die beteiligten Ministerien verhandeln seit Längerem über strittige Maßnahmen, mit denen die EU Verpackungen und Verpackungsmüll reduzieren will. Federführend ist das Umweltressort von Steffi Lemke.

Bislang liefen die Gespräche recht konstruktiv, doch die Nervosität in den Häusern steigt. In einem internen Vermerk heißt es nun, Italien habe “nach unseren Informationen einen Deal mit BM Lindner” gemacht: Rom verhelfe dem FDP-Chef zu einer Sperrminorität im Rat bei der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), im Gegenzug helfe Lindner dabei, die Verpackungsverordnung zu blockieren. Italien lehnt insbesondere die geplanten Verbote von Einwegverpackungen (Artikel 22) und die Mehrwegziele für verschiedene Sektoren und Verpackungsformate (Artikel 26) ab und hat im Rat gegen das Verhandlungsmandat für den laufenden Trilog gestimmt.

Deutschland hingegen stimmte vor Weihnachten für das Verhandlungsmandat und brachte selbst Kompromisse zu den Streitthemen ein. Am 4. März soll nun der finale Trilog stattfinden, gerade noch rechtzeitig, um das Gesetzesvorhaben vor der Europawahl abzuschließen. Ob Mehrwegziele und Einwegverbote es überhaupt in den finalen Text schaffen, ist noch nicht klar: Auch das Parlament hatte den Kommissionsentwurf in diesen Punkten entschärft. Die Position des Rats ist hier deutlich ambitionierter.

Verpackungsindustrie und Handelsunternehmen halten am Recycling von Einwegverpackungen fest. Sie laufen seit Monaten Sturm wegen des Vorhabens – und auch bei Lindner womöglich offene Türen ein.

Ihr
Till Hoppe
Bild von Till  Hoppe

Analyse

Digital Services Act: Anbieter müssen EU-Recht unmittelbar befolgen

Es ist wie so oft in den vergangenen Jahren bei den Digitalgesetzen der EU: Formal eine Verordnung und damit unmittelbar anwendbares Europarecht, braucht auch der Digital Services Act für die volle Entfaltung nationale Begleitgesetzgebung – überall da, wo es um exklusive nationale Kompetenzen geht. Das betrifft insbesondere die Durchsetzung. Doch wird noch etwas Wasser zwischen Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus die Spree hinabfließen, bis das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) in Kraft tritt.

Der Bundestag berät das Gesetz derzeit, für den 21. Februar ist eine Anhörung des Digitalausschusses geplant. Lange wurde um die richtigen Zuständigkeiten innerhalb der Bundesrepublik gestritten. Nach Vorstellung der Bundesregierung wird eine neu einzurichtende, weitgehend unabhängige Stelle bei der Bundesnetzagentur die Rolle des Koordinators für digitale Dienste einnehmen. Andere Stellen wie die Landesmedienanstalten, die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und das Bundeskriminalamt sollen weitere Teilaufgaben übernehmen.

Anbieter sollten nicht auf Digitale-Dienste-Gesetz warten

Dieses System wird sich in der Praxis erst noch zurecht rütteln müssen. “Der DSA deckt so viele Dienste ab, die sich hinsichtlich Größe, Nutzerinnengruppen oder Geschäftsmodellen unterscheiden, dass für die Behörden wichtig sein wird, diese Vielfalt zu verstehen und zu berücksichtigen”, sagt Julian Jaursch, DSA-Experte bei der Stiftung Neue Verantwortung. “Dazu sind klare Ansprechstellen für die Unternehmen bei den Behörden nötig.” Nur kann es die ohne deutsches Gesetz erst einmal nicht geben.

Und darauf warten sollten Anbieter nicht, bevor sie den Digital Services Act bei sich anwenden. Auch wenn das Telemediengesetz erst mit dem DDG verdrängt wird – der DSA gilt ab dem morgigen Samstag als Europarecht unmittelbar. Und damit wird es Änderungen geben, auch für jene Anbieter, die nicht zu den besonders großen Plattformen zählen. Eine davon betrifft die Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Hier müssen die Anbieter für mehr Transparenz sorgen und möglichst verständlich informieren. Sie müssen erklären, wie ihre Algorithmen Inhalte sortieren und bei Suchen etwa eine vereinfachte Ansicht ohne algorithmische Sortierung zur Verfügung stellen, beispielsweise nach Datum.

Eine weitere Pflicht ist es, einen Ansprechpartner in der EU zu benennen. Wer nicht über einen Hauptsitz oder eine Niederlassung innerhalb der EU verfügt, muss hier tätig werden, um nicht gegen den DSA zu verstoßen.

DDG verdrängt NetzDG auch bei Telegram

Bei den großen Plattformen allerdings, fürchtet Maike Hofmann von der Kanzlei Jun, würde durch die Verdrängung des NetzDG die Verfahrensdauer womöglich in die Länge gezogen werden – denn mit dem DSA entfalle die Verpflichtung zum inländischen Zustellungsbevollmächtigten. Das könne “langwierige Auslandszustellungen” in Gerichtsverfahren nötig machen, sagt Hofmann. Die Kanzlei Jun vertritt regelmäßig Mandanten wie etwa die Grünenpolitikerin Renate Künast gegen Social-Media-Anbieter.

“Wir werden auf jeden Fall ausgiebig die neuen Instrumente testen und ihre Praxistauglichkeit prüfen”, kündigt Hofmann an. Ein Unternehmen, das nicht als besonders große Plattform eingestuft worden war, ist die Plattform Telegram: Diese fällt ab Samstag dennoch unter den DSA.

Telegram unterliegt dann Pflichten wie alle anderen Dienste, bei denen Nutzer Inhalte für Dritte einstellen können. Für diese müssen die Anbieter einen Moderationsmechanismus gemäß DSA vorhalten. Das meint: Nutzer müssen womöglich illegale Inhalte melden können. Und anders als beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz meint das jede Form von Illegalität: ob Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Betrugsversuche oder andere Straftaten und Rechtsverstöße – die Betreiber müssen hier prüfen, was die Nutzer ihnen melden. Zugleich müssen sie aber auch die Rechte der Bereitsteller von Inhalten berücksichtigen – was zu einigen Diskussionen führen dürfte. Eine vollautomatisierte Lösung scheidet hier deshalb aus.

Direkt an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten müssen sie allerdings formell weniger als nach dem NetzDG: Nur bei einer Gefahr für Leib und Leben müssen die zuständigen Behörden zwingend informiert werden.

Bundesnetzagentur muss vorerst zuschauen

Besonderes Gewicht dürfte ab dem 17. Februar der Artikel 9 DSA entfalten. Der besagt, dass bei rechtswidrigen Inhalten die Betreiber tätig werden müssen, sobald eine rechtlich verbindliche Entscheidung vorliegt. Sprich: ist die Rechtswidrigkeit bereits festgestellt, etwa durch ein Gericht, oder eine Anordnung durch zuständige Behörden ausgesprochen, werden Anbieter direkt handeln müssen. Anderenfalls drohen sie, in die Mithaftung für Inhalte zu geraten.

Genau das ist ein Hebel, den auch die Kanzlei Jun nutzen will: “Unabhängig von NetzDG oder DSA steht Nutzern nach wie vor die Möglichkeit offen, ihre Rechte gegenüber Plattformbetreibern auch nach allgemeinem Recht geltend zu machen”, sagt Maike Hofmann. Und das kann auch über die im DSA selbst vorgesehenen Pflichten hinausreichen.

Die Landesmedienanstalten etwa machen sich startklar. Sie haben mit dem Jugendmedienschutzrecht bereits gesetzlich definierte Möglichkeiten, um dann mithilfe des Artikels 9 konkret gegen Anbieter vorzugehen, während die Bundesnetzagentur in den ersten Wochen als Zuschauer am Rande stehen muss.

Doch gerade bei größeren und strukturellen Problemen müsste eigentlich der Kooperationsmechanismus des DSA greifen. Doch bislang haben die meisten Staaten noch keinen Digitale-Dienste-Koordinator benannt – offiziell auch Deutschland nicht. Und so dürfte es, wenn am Montag erstmals der Ausschuss der DSA-Durchsetzungsbehörden tagen soll, erst einmal um Formalien gehen: Eine Geschäftsordnung muss her. An deren Entstehung darf Deutschlands künftiger Vertreter sich allerdings vorerst nur informell beteiligen.

  • Bundesnetzagentur
  • Digital Services Act
  • Digitalpolitik
Translation missing.

Auftakt der MSC: Heusgen fordert “Lastenteilung” der europäischen Nato-Staaten mit den USA

Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, fordert eine Stärkung des europäischen Pfeilers der Nato. Am Donnerstagabend sprach er sich beim Sicherheitspolitischen Gespräch von Bayerischer Staatskanzlei und Deutscher Atlantischer Gesellschaft im Münchner Prinz-Carl-Palais für “eine Lastenteilung” der europäischen Nato-Staaten mit den USA aus. Dass Deutschland das von der Nato vorgegebene Zweiprozentziel nun endlich erreicht habe, hätten schon die US-Präsidenten Barack Obama und Donald Trump gefordert, so Heusgen.

“Ich hoffe, dass Sie zufrieden sind”, sagte der MSC-Vorsitzende an General Christopher G. Cavoli gewandt, den Alliierten Oberkommandierenden der Nato in Europa. Der 1964 in Würzburg geborene US-Amerikaner übernahm den Posten vier Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022. Ausdrücklich dankten Heusgen und der Vorsitzende der Deutschen Atlantischen Gesellschaft, Christian Schmidt, dem Viersternegeneral für sein Engagement für Europa.

Europa kann nicht auf Washington warten

“Nato at 75 – Are we ready to defend” war das Sicherheitspolitische Gespräch betitelt, an dem auch der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis für eine stärkere Teilhabe Europas an der Verteidigung der Nato plädierte, nicht zuletzt an deren Ostflanke. Der Konsens, der am Vorabend des eigentlichen MSC-Konferenzbeginns am Freitag herrschte, dürfte auch die weiteren Diskussionen im Bayerischen Hof bis Sonntag prägen: Unabhängig davon, wer in einem Jahr in Washington Präsident ist, muss Europa militärisch mehr Lasten übernehmen.

Aber nicht nur das. Technologisch wie wirtschaftlich ist die 60. Münchner Sicherheitskonferenz so stark aufgestellt wie wohl keine vor ihr. Cyberabwehr und KI sind mehr als nur Buzzwords in Dutzenden Panels und Hintergrundkreisen, wo es um die Zukunft der modernen Kriegsführung geht. Anders als noch vor zehn Jahren zählen Vertreter ziviler Wirtschaftsunternehmen, aber auch von Weltbank und UN-Unterorganisationen ebenso zu den Gästen der Konferenz wie Militärs, Vertreter wehrtechnischer Betriebe, Diplomaten und Politiker.

Leere Kassen und große Erwartungen

Bereits am Donnerstagabend machte der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr den inoffiziellen Auftakt zur Jubiläumskonferenz: Zur MSC Innovation Night im Hauptsaal des Bayerischen Hofs kamen unter anderem Generalinspekteur Carsten Breuer und der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais. Generalleutnant Michael Vetter, Abteilungsleiter Cyber- und Informationstechnik im Verteidigungsministerium, sagte gegenüber Table.Media, dass die Bundeswehr auf gutem Weg sei, Software-basierte Vereidigung “Wirklichkeit werden zu lassen”. Auch wenn der Fortschritt dadurch erschwert werde, dass die finanziellen und materiellen Defizite der vergangenen 25 Jahre ausgeglichen werden müssten.

Der Verweis auf leere Kassen ist symptomatisch nicht nur für die Verteidigungsbranche. In Hinblick auf die Vielzahl globaler Krisen verweist Axel van Trotsenburg auf den “langen Atem”, den es brauche, um so etwas wie menschliche Sicherheit für Millionen Menschen in fragilen Staaten zu erreichen, angefangen bei Bekämpfung wieder steigender extremer Armut. Der Senior Managing Director der Weltbank verweist darauf, dass sich allein die Kosten für den Wiederaufbau und die Erholung der von Russland angegriffenen Ukraine auf rund 453 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren beliefen. “Je länger der Krieg dauert, desto höher werden die Kosten”, so van Trotsenburg gegenüber Table.Media.

Das gilt nicht nur für den Krieg in der Ukraine, sondern auch für den in Nahost. UN-Generalsekretär António Guterres wird sie beide thematisieren, wenn er am Freitagmittag im Bayerischen Hof die 60. Münchner Sicherheitskonferenz offiziell eröffnet. Es werden nicht die einzigen Krisen blieben, die die Beratungen in München bis Sonntag prägen werden.

Alle Texte des Security.Table zur Münchner Sicherheitskonferenz 2024 finden Sie hier.

  • Geopolitik
  • Münchner Sicherheitskonferenz 2024
  • Nato
  • Vereinte Nationen
Translation missing.

EU-Monitoring

19.02.-20.02.2024
Informelle Ministertagung Tourismus
Themen: Erwartungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf den Tourismus. Infos

19.02.2024
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Laufende Angelegenheiten, Gedankenaustausche zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, zur Lage im Nahen Osten und zur Sahelzone. Vorläufige Tagesordnung

19.02.2024
Trilog: Carbon Removal Certification Framework
Themen: Das Gesetzesvorhaben soll einen Rahmen für CO₂-Entnahmen schaffen und die Integrität von Entnahme-Zertifikaten sichern, Greenwashing verhindern und technologische sowie natürliche Entnahmen fördern. Im Trilog muss nun geklärt werden, ob alle Möglichkeiten von “Carbon Removals” gleich behandelt werden, oder ob beispielsweise Emissionsreduktionen gegenüber dem CO₂-Abbau Vorrang haben, wie es das Parlament fordert.

19.02.2024 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Aussprache zu vorübergehenden Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels in Ergänzung der Handelszugeständnisse für ukrainische Waren, Abstimmung zur Einrichtung der Reform- und Wachstumsfazilität für den Westbalkan, Aussprache zum aktuellen Stand im Hinblick auf die 13. WTO-Ministerkonferenz vom 26. bis 29. Februar 2024 in Abu Dhabi. Vorläufige Tagesordnung

20.02.2024
Assoziationsrat EU-Georgien
Themen: Georgiens Weg zum EU-Beitritt, politischer Dialog und Reformen, wirtschaftliche und sektorale Zusammenarbeit, Handelsfragen, Gedankenaustausch zur Außen- und Sicherheitspolitik. Infos

20.02.2024 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Vorbereitung des Europäischen Rats am 21./22. März, Stand der Dinge zur Rechtsstaatlichkeit in Polen. Vorläufige Tagesordnung (Französisch)

21.02.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Konnektivitätspaket zu digitalen Netzen und Infrastrukturen. Vorläufige Tagesordnung

22.02.-24.02.2024
Informelle Ministertagung Wirtschaft und Finanzen
Themen: Die Wirtschafts- und Finanzminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos

22.02.2024
EuGH-Urteil zur Europäischen Bürgerinitiative zur Förderung regionaler Kulturen
Themen: Der EuGH entscheidet darüber, ob die EU-Kommission die Bürgerinitiative “Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen” rechtmäßig registriert hat. Infos

22.02.2024 – 09:00-16:15 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Abstimmung über die Einrichtung der Reform- und Wachstumsfazilität für den Westbalkan, Abstimmung über die Entlastung des Gesamthaushaltsplans der EU, Gedankenaustausch über die Rechtsstaatlichkeit und den Schutz des EU-Haushalts in der Slowakei. Vorläufige Tagesordnung

22.02.2024 – 09:00-10:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Bericht über die laufenden Trilogverhandlungen, Abstimmung über die Transparenz und Integrität von Rating-Tätigkeiten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG), Abstimmung über das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2024. Vorläufige Tagesordnung

22.02.2024 – 11:00-11:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) und des Ausschusses für Recht (JURI)
Themen: Abstimmung über die Einführung des Zollkodexes der Union und Einrichtung der Zollbehörde der Europäischen Union, Abstimmung über die Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, Abstimmung über die Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt. Vorläufige Tagesordnung

23.02.2024
Euro-Gruppe
Themen: Makroökonomische Entwicklungen und Aussichten. Vorläufige Tagesordnung

25.02.-29.02.2024
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Zustimmung zu den Schlussfolgerungen zu Beginn der 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation, Zustimmung zu den Schlussfolgerungen am Ende der 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation, Beschluss des Rates über den Standpunkt, der im Namen der EU auf der 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation zu vertreten ist. Vorläufige Tagesordnung (Französisch)

News

Europa erfüllt Zwei-Prozent-Ziel der Nato

Die europäischen Nato-Länder werden in diesem Jahr erstmals in toto das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben erfüllen. Dies sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen der 31 alliierten Verteidigungsminister am Donnerstag in Brüssel. 

Im laufenden Jahr werden sich die Investitionen in die Rüstung in Europa auf 380 Milliarden Dollar addieren, fügte Stoltenberg hinzu. Dies sei “ein historischer Fortschritt”, auch wenn bis zum Nato-Jubiläumsgipfel im Juli in Washington noch einiges getan werden müsse.

Dies gilt vor allem für Länder wie Frankreich, Spanien und Belgien, die das vor zehn Jahren in Wales vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel weiter verfehlen. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu kündigte an, Paris wolle es aber noch 2024 erreichen.

18 von 31 Alliierten erfüllen Nato-Vorgabe

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius wies darauf hin, dass Deutschland in diesem Jahr die Zwei-Prozent-Marke erfüllen werde – zum ersten Mal seit den 90er-Jahren. “Das ist ein wichtiges Signal”, sagte der SPD-Politiker in Brüssel. Deutschland werde bei 2,1 Prozent landen.

Insgesamt erfüllen nun 18 von 31 Alliierten die Vorgaben von Wales. Das Zwei-Prozent-Ziel ist zuletzt wieder in den Fokus gerückt, weil US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump damit gedroht hatte, “säumigen” Nato-Mitgliedern den militärischen Schutz zu entziehen.

Bis zum Gipfel in Washington will die Nato diesen Streit hinter sich lassen. Das lange umstrittene “Burden Sharing” solle dann kein Thema mehr sein, sagte ein Diplomat. Nun zeige sich, dass die Europäer ihre Lektion gelernt hätten und sich in die richtige Richtung bewegten.

European Sky Shield mit Griechenland und der Türkei

Eine zunehmend wichtige Rolle kommt dabei Deutschland zu. Das größte EU-Land sei bereit, eine Führungsrolle in der Nato zu spielen, sagte Pistorius. Schon jetzt sei Deutschland die “logistische Drehscheibe” in Europa. “Damit übernehmen wir Führungsaufgaben.”

Als Erfolg wertet es Pistorius auch, dass sich Griechenland und die Türkei der deutschen Initiative für eine gemeinsame Luftverteidigung in Europa anschließen. Die Initiative European Sky Shield (ESSI) hat nun 21 Mitglieder. Pistorius bezeichnete sie als “Erfolgsgeschichte”. 

Die großen EU-Länder Frankreich, Italien und Polen sind allerdings weiter nicht dabei. Rom und Paris fürchten, dass ESSI das von Frankreich geführte Frühwarn- und Abfangsystem Twister gefährden könnte. Bei der Luftverteidigung sind die Reihen noch nicht geschlossen; dennoch nimmt der “europäische Pfeiler” in der Nato langsam Gestalt an. ebo

  • Europa
  • Münchner Sicherheitskonferenz 2024
  • Nato
  • Rüstung
  • Sicherheitspolitik
  • Verteidigung
Translation missing.

EU-Kommission korrigiert Wachstumsprognose nach unten

Für die Staaten der Währungsunion erwartet die Kommission 2024 einen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von nur noch 0,8 Prozent, wie aus der am Donnerstag vorgelegten Winterprognose hervorgeht. Im Herbst hatte sie noch ein Plus von 1,2 Prozent vorhergesagt. “Die im Jahr 2024 erwartete Erholung dürfte moderater ausfallen als vor drei Monaten prognostiziert”, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. 2025 könne sich das Wachstum allerdings festigen. Zudem könnte die Inflation bei einem Wert nahe am Ziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent landen.

Skeptischer blickt die Brüsseler Behörde auch auf die von einer Rezession bedrohte deutsche Wirtschaft: Sie dürfte demnach 2024 nur um magere 0,3 Prozent wachsen und damit so langsam wie kein anderes Euro-Land. Im Herbst hatte die EU-Kommission noch ein Plus von 0,8 Prozent veranschlagt. 2025 soll Europas größte Volkswirtschaft dann mit 1,2 Prozent deutlich stärker zulegen.

Gentiloni wies ausdrücklich auf die Risiken für den Konjunkturausblick hin, die geopolitische Spannungen wie im Nahen Osten und auch “eine Reihe entscheidender Wahlen” mit sich brächten. Im November steht die US-Präsidentenwahl an, wobei es zum erneuten Duell zwischen Donald Trump und dessen Nachfolger im Weißen Haus, Joe Biden, kommen könnte. Als US-Präsident hatte Trump unter anderem Strafzölle auf Produkte aus der EU verhängt und einen Handelskrieg mit China angezettelt.

Die EU-Kommission veranschlagt in ihren Prognosen zugleich einen bereits im laufenden Jahr deutlich nachlassenden Preisdruck. Sie erwartet 2024 für Deutschland eine für den europäischen Vergleich berechnete Teuerungsrate (HVPI) von 2,8 Prozent, im November hatte sie noch 3,1 Prozent vorhergesagt. Im vorigen Jahr lag die HVPI-Inflationsrate hierzulande noch bei 6,0 Prozent. Für die Euro-Zone erwartet die Kommission für das laufende Jahr eine Inflation von 2,7 (Herbstprognose: 3,2) Prozent.

EZB-Vize Luis de Guindos mahnte jüngst auf dem Weg zu einer Zinswende zu Geduld. Die Europäische Zentralbank brauche noch mehr Daten, um sicherzugehen, dass die Inflation nachhaltig auf den Zielwert der EZB von zwei Prozent zurückgehe. Der Leitzins steht aktuell bei 4,50 Prozent – das höchste Niveau seit Beginn der Währungsunion 1999. An den Finanzmärkten wird darauf spekuliert, dass die Währungshüter im April oder spätestens im Juni die Zinsen senken werden. rtr

  • EU-Kommission
  • Inflation
  • Wirtschaftswachstum

Solarmodulhersteller warnt: Ohne Chinas Lieferungen verlangsamt sich Energiewende

Longi Green Energy Technology, der weltweit größte Hersteller von Solarmodulen, warnt davor, dass Europa und die USA Gefahr laufen, die Energiewende zu verlangsamen, falls sie chinesische Unternehmen aus ihren Lieferketten verbannen. Das sagte Vizepräsident Dennis She, Vizepräsident des chinesischen Unternehmens, der “Financial Times”. Die Kosten für Solarmodule, die ohne chinesische Beteiligung in Ländern wie den USA hergestellt werden, würden “doppelt so hoch” sein.

She warnte zudem vor dem Verlust von Arbeitsplätzen: “Man muss nicht die meisten Arbeitsplätze in den nachgelagerten Bereichen vernichten, um ein Prozent [der europäischen Arbeitsplätze in der Solarindustrie] zu schützen – das ergibt keinen Sinn”, sagte er.

China dominiert die Solarproduktion und stellt mehr als 80 Prozent der weltweiten Produktion. Longi hält rund 20 Prozent des Weltmarktes für Photovoltaik-Module. Europa produziert weniger als drei Prozent der Solarmodule, die benötigt werden, um das Ziel zu erreichen, bis 2030 42,5 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Laut dem Energieberatungsunternehmen Wood Mackenzie sind die Produktionskosten für Solarmodule in China im vergangenen Jahr um mehr als 40 Prozent auf etwa 15 Cent pro Watt gesunken, verglichen mit 30 Cent in Europa und 40 Cent in den USA. Dieser Rückgang ist zum Teil auf niedrigere Materialkosten und ein Überangebot zurückzuführen.

Experten weisen auf Zwangsarbeit hin

Die Debatte um den Umgang mit der chinesischen Dominanz hat sich in den vergangenen Wochen zugespitzt. Die EU-Kommission hatte dem Hilferuf der europäischen Solarbranche gegen Preisdruck aus China zunächst eine Absage erteilt – zugunsten des grünen Wandels.

Die europäische Vereinigung European Solar Manufacturing Council (ESMC) warnte am Donnerstag eindringlich vor einer Übernahme des europäischen Marktes durch chinesische Firmen, die ihre Solarpaneele auch mit Zwangsarbeit herstellten. “Für importierte Güter sollten die gleichen Regeln gelten wie für die Produktion in der EU”, sagte der Generalsekretär des Verbandes, Johan Lindahl.

“Die EU baut ihre Zukunft auf dem Rücken uigurischer Sklaven”, sagte die Menschenrechtsaktivistin Rushan Abbas. Gemeinsam mit dem Forscher Adrian Zenz forderte sie die EU auf, die chinesische Regierung zur Verantwortung zu ziehen. Europa laufe Gefahr, zum Ablade-Platz für Solarmodule zu werden, die in den USA wegen Beschränkungen gegen Zwangsarbeit nicht mehr verkauft werden könnten, warnte Abbas. cyb/ari

  • De-Risking
  • Energiewende
  • Erneuerbare Energien
  • Solar

EU-Kommission genehmigt 6,9 Milliarden Euro für Wasserstoff-IPCEI

Die EU-Wettbewerbshüter haben am Donnerstag grünes Licht für eine milliardenschwere Förderung zur Unterstützung der Energiewende gegeben. Deutschland und andere EU-Staaten dürfen das Wasserstoff-IPCEI mit bis zu 6,9 Milliarden Euro unterstützen, teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit. Die Behörde geht davon aus, dass durch die Förderung zusätzlich private Investitionen von rund 5,4 Milliarden Euro mobilisiert werden dürften. Staatshilfe unterliegt in der EU strengen Regeln, um Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden. 

Das Vorhaben mit dem Namen “IPCEI Hy2Infra” war von Deutschland gemeinsam mit sechs weiteren EU-Staaten vorbereitet worden. Es besteht den Angaben zufolge aus 33 Einzelprojekten von 32 Unternehmen. Aus Deutschland beteiligt sich etwa der Energiekonzern RWE. Die teilnehmenden Firmen sollen auch mit externen Partnern wie potenziellen Abnehmern und Universitäten in ganz Europa zusammenarbeiten. 

Die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sagte, dass beispielsweise Teilnehmer des “Westdeutschen Clusters” drei Elektrolyseure im Rhein-Ruhr-Gebiet bauen. Mit diesen Geräten wird Wasserstoff gewonnen. Mit erneuerbaren Energien betrieben, kann Wasserstoff aus Elektrolyseuren etwa eine klimafreundliche Alternative zu Gas sein oder als Kraftstoff für Lkw benutzt werden.

Wasserstoff soll 2027 zur Verfügung stehen

Vestager teilte mit, bis Mitte 2027 werde der erzeugte Wasserstoff Unternehmen der Stahl-, Zement-, Chemie- und Raffineriebranche sowie der Mobilitätsbranche zur Verfügung stehen. Damit sollen klimaschädliche CO₂-Emissionen erheblich reduziert werden. Teil des Vorhabens ist den Angaben zufolge auch ein Offshore-Pipeline-Projekt in Deutschland, durch das Wasserstoff mit Windenergie aus der Nordsee erzeugt werden soll. 

Weil die Produktion von Wasserstoff offiziell als gemeinsames europäisches Interesse bestimmt wurde, ist das Vorhaben als sogenanntes “Important Project of Common European Interest” (IPCEI) ins Leben gerufen worden. Dadurch gelten weniger strenge Regeln, wenn Unternehmen mit Staatsgeldern unterstützt werden. Es ist bereits das dritte IPCEI zur Förderung der Wasserstoffindustrie. Ein ähnliches IPCEI gibt es etwa zur Unterstützung der europäischen Batterieindustriedpa

  • Elektrolyseure
  • Energiepolitik
  • IPCEI
  • Klima & Umwelt
  • Wasserstoff

CSAM: EU verlängert Ausnahmeregeln

Nachdem der CSAM-Verordnungsvorschlag von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson vom Parlament regelrecht zerpflückt wurde und die Mitgliedstaaten nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen, haben sich die Ko-Gesetzgeber nun auf eine Übergangslösung verständigt: Die bisherigen Ausnahmeregelungen, die Anbietern die Suche nach Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs erlauben, werden bis 2026 verlängert. Das Vorhaben sollte eigentlich eine gesetzliche Neuregelung schaffen, ist aber nicht konsensfähig.

Solche Interimslösungen seien “niemals so gut wie dauerhafte Maßnahmen”, sagt die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel. Sie fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, an den Verhandlungstisch zu kommen. Jedoch gibt es dafür derzeit keine realistische Option. Abgeschlossen wird das Dossier in dieser Legislatur daher nicht mehr. Da es in der EU allerdings kein Diskontinuitätsprinzip gibt, können Parlament und Mitgliedstaaten ab Sommer die Beratungen am Kommissionsvorschlag fortsetzen. fst

  • CSA-VO
  • Digitalpolitik
  • Ylva Johansson

Presseschau

EU-Kommissarin Ylva Johansson rechnet mit deutlich mehr Abschiebungen HANDELSBLATT
EU-Kommission genehmigt neues Wasserstoffprojekt HANDELSBLATT
EU verlängert Durchleuchtung privater Kommunikation zur Aufdeckung von Kindesmissbrauch GOLEM
EU-Kommission senkt Konjunkturprognose zum dritten Mal MAIN-ECHO
EU-Kommission mit neuem Anlauf für Kostenbeteiligung von Big Tech an Gigabit-Netzen HEISE
EZB-Chefin Christine Lagarde warnt vor zu rascher Zinswende HANDELSBLATT
Schwefeldioxid-Problem der PCK Schwedt ruft Polen auf den Plan. HANDELSBLATT
Spendensumme schnell zusammen: Letzte Generation hat genug Geld fürs Europaparlament N-TV
Italienischer Senat segnet Migrationsabkommen mit Albanien ab DEUTSCHLANDFUNK
Fährunglück “Estonia”: Schwedens Staatsanwaltschaft ermittelt nicht weiter NDR
Trotz Kritik der griechisch-orthodoxen Kirche: Griechenland erlaubt gleichgeschlechtliche Ehe SPIEGEL

Heads

Jean-Marie Bockel – Rückkehrer für einen Neuanfang in Frankreichs Afrika-Politik

Jean-Marie Bockel
Macrons persönlicher Afrika-Beauftragter: Jean-Marie Bockel, hier auf einer Aufnahme vom Februar 2020 im französischen Senat.

Er schien schon im Ruhestand zu sein. Doch nun hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Jean-Marie Bockel als seinen “persönlichen Beauftragen” mit einer heiklen Mission beauftragt: Er soll jenen Ländern in Afrika, die französische Militärstützpunkte aufgenommen haben – Senegal, Elfenbeinküste, Gabun und Tschad – “die Gründe und Modalitäten der bevorstehenden Anpassungen” der französischen Außenpolitik erklären. So heißt es in einem Brief des französischen Präsidenten an Bockel.

Hinter der verklausulierten Formulierung steht nichts anderes als der Wunsch nach einem grundlegenden Neuanfang. Demütigende Rückschläge hatte Frankreich im Sahel erlitten, einer Region, die Frankreich einst als Vorhof galt, als pré carré. Nun will Macron die französische Präsenz in Afrika neu organisieren. Mit Ausnahme Dschibutis soll in allen Ländern, in denen noch französisches Militär operiert, die Truppenstärke verringert werden. Die Grundzüge der Umstrukturierung wurden während einer Sitzung des Verteidigungsrats im Dezember 2023 diskutiert. “Es geht darum, erneuerte, ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften mit afrikanischen Ländern aufzubauen, die unsere Interessen voll und ganz vertreten”, heißt es in Macrons Brief an Bockel weiter.

Afrika-Berater Robert wurde nicht gewählt

Überraschend ist, dass Macron nicht seinen Afrika-Berater Jérémie Robert mit dieser Aufgabe betraut. Dieser ist seit November 2023 im Élysée-Palast mit den Beziehungen zu Afrika befasst. Offensichtlich will Macron ein starkes Zeichen im französischsprachigen Afrika setzen. Bockel steht für eine klare Abkehr von “Françafrique”, von diesem Geflecht aus gegenseitigen Abhängigkeiten, verborgenen Einflussnahmen und einer Hintertürpolitik zwischen Frankreich und seinen ehemaligen Kolonien.

Unvergessen ist in Frankreich, wie Bockel als Staatssekretär für Entwicklungspolitik diese Tradition zu Grabe tragen wollte. “Françafrique liegt im Sterben”, sagte Bockel selbstbewusst in einem Interview mit “Le Monde” im Januar 2008, “Ich möchte seine Sterbeurkunde unterschreiben.” Angeblich unter dem Druck des damaligen Diktators von Gabun, Omar Bongo, schob der damalige Präsident Nicolas Sarkozy Bockel zwei Monate später auf einen anderen Posten. Im Jahr 2010 verließ Bockel die Regierung endgültig.

Feste Überzeugungen

Sarkozy hätte es wissen können. Der 73 Jahre alte Elsässer steht für feste Überzeugungen. Aufgewachsen am Fuß der Vogesen in Thann, studierte Bockel Jura und Verwaltungswissenschaften in Straßburg und trat 1973 der Sozialistischen Partei bei. Von 1989 bis 2010 war er Bürgermeister von Mülhausen (Mulhouse), einer ehemaligen Freien Reichsstadt, die lange zur Schweiz gehörte und erst nach der Französischen Revolution von Frankreich annektiert wurde. Bockel war Abgeordneter und Senator. Zudem hatte er diverse Ämter in verschiedenen Regierungskabinetten inne.

Als gemäßigter Sozialdemokrat entfernte sich Bockel seit Ende der 1990er-Jahre von der Parteilinken. Während des Wahlkampfes 2006/2007 unterstützte er zunächst Dominique Strauss-Kahn, dann Ségolène Royal. Der eine durfte nicht Präsident werden, die andere unterlag Sarkozy. Nach dessen Wahlsieg im Mai 2007 trat Bockel in Sarkozys Regierung ein.

Bockels Lebenslauf erklärt, warum Macron ihn mit dieser Mission beauftragt hat und nicht den Diplomaten Robert, der zuvor Generalkonsul in New York war: Es geht darum, einerseits die französische Militärpräsenz in Afrika auf eine neue Grundlage zu stellen und andererseits in der Region die Scherben einer gescheiterten Afrika-Politik zu kitten.

Lange Familientradition in der Armee

Da hilft ihm, dass er schon vor 17 Jahren für eine neue Haltung zu Afrika eintrat, wohl wissend, was diese für seine politische Karriere bedeuten würde. Hinzu kommt seine persönliche Geschichte: Sein Vater war, bevor er sich als Notar in Thann niederließ, Soldat in der französischen Afrika-Armee, die nichts mit den Kolonialtruppen gemein hatte. Im Zweiten Weltkrieg kämpften in der Afrika-Armee Franzosen Seite an Seite mit afrikanischen Soldaten und beteiligten sich am Vorstoß der US-Truppen über Italien und das Rhônetal nach Deutschland.

Jean-Marie Bockel ist selbst Oberst der Reserve. Sein Sohn Pierre-Emmanuel nahm als Hauptmann und Hubschrauberpilot an der Operation Barkhane in Mali teil. Er fiel im Dezember 2019, als sein Hubschrauber vom Typ Cougar in einem Nachteinsatz mit einem anderen französischen Militärhelikopter zusammenstieß. Er hätte am 9. Februar seinen 33. Geburtstag gefeiert.

In den vergangenen Jahren war Bockel regelmäßig beim Skifahren oder Wandern in seinen geliebten Südvogesen zu sehen. Dafür lässt Macron ihm keine Zeit mehr. Im Juli soll Bockel dem Präsidenten seine Empfehlungen präsentieren. Christian von Hiller

  • Afrika-Politik
  • Emmanuel Macron
  • Frankreich
  • Gabun
  • Militär
  • Sahel
  • Sicherheitspolitik

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    bahnt sich bei der EU-Verpackungsverordnung der nächste Streit in der Ampelkoalition und das nächste German Vote an? In ihrem Europawahlprogramm bewertet die FDP deren geplante Ausgestaltung “sehr kritisch”, und Bundesfinanzminister Christian Lindner scheint bereit, nach Lieferkettenrichtlinie und Lkw-Flottengrenzwerten notfalls erneut in den Konflikt mit SPD und Grünen zu gehen. Die beteiligten Ministerien verhandeln seit Längerem über strittige Maßnahmen, mit denen die EU Verpackungen und Verpackungsmüll reduzieren will. Federführend ist das Umweltressort von Steffi Lemke.

    Bislang liefen die Gespräche recht konstruktiv, doch die Nervosität in den Häusern steigt. In einem internen Vermerk heißt es nun, Italien habe “nach unseren Informationen einen Deal mit BM Lindner” gemacht: Rom verhelfe dem FDP-Chef zu einer Sperrminorität im Rat bei der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), im Gegenzug helfe Lindner dabei, die Verpackungsverordnung zu blockieren. Italien lehnt insbesondere die geplanten Verbote von Einwegverpackungen (Artikel 22) und die Mehrwegziele für verschiedene Sektoren und Verpackungsformate (Artikel 26) ab und hat im Rat gegen das Verhandlungsmandat für den laufenden Trilog gestimmt.

    Deutschland hingegen stimmte vor Weihnachten für das Verhandlungsmandat und brachte selbst Kompromisse zu den Streitthemen ein. Am 4. März soll nun der finale Trilog stattfinden, gerade noch rechtzeitig, um das Gesetzesvorhaben vor der Europawahl abzuschließen. Ob Mehrwegziele und Einwegverbote es überhaupt in den finalen Text schaffen, ist noch nicht klar: Auch das Parlament hatte den Kommissionsentwurf in diesen Punkten entschärft. Die Position des Rats ist hier deutlich ambitionierter.

    Verpackungsindustrie und Handelsunternehmen halten am Recycling von Einwegverpackungen fest. Sie laufen seit Monaten Sturm wegen des Vorhabens – und auch bei Lindner womöglich offene Türen ein.

    Ihr
    Till Hoppe
    Bild von Till  Hoppe

    Analyse

    Digital Services Act: Anbieter müssen EU-Recht unmittelbar befolgen

    Es ist wie so oft in den vergangenen Jahren bei den Digitalgesetzen der EU: Formal eine Verordnung und damit unmittelbar anwendbares Europarecht, braucht auch der Digital Services Act für die volle Entfaltung nationale Begleitgesetzgebung – überall da, wo es um exklusive nationale Kompetenzen geht. Das betrifft insbesondere die Durchsetzung. Doch wird noch etwas Wasser zwischen Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus die Spree hinabfließen, bis das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) in Kraft tritt.

    Der Bundestag berät das Gesetz derzeit, für den 21. Februar ist eine Anhörung des Digitalausschusses geplant. Lange wurde um die richtigen Zuständigkeiten innerhalb der Bundesrepublik gestritten. Nach Vorstellung der Bundesregierung wird eine neu einzurichtende, weitgehend unabhängige Stelle bei der Bundesnetzagentur die Rolle des Koordinators für digitale Dienste einnehmen. Andere Stellen wie die Landesmedienanstalten, die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und das Bundeskriminalamt sollen weitere Teilaufgaben übernehmen.

    Anbieter sollten nicht auf Digitale-Dienste-Gesetz warten

    Dieses System wird sich in der Praxis erst noch zurecht rütteln müssen. “Der DSA deckt so viele Dienste ab, die sich hinsichtlich Größe, Nutzerinnengruppen oder Geschäftsmodellen unterscheiden, dass für die Behörden wichtig sein wird, diese Vielfalt zu verstehen und zu berücksichtigen”, sagt Julian Jaursch, DSA-Experte bei der Stiftung Neue Verantwortung. “Dazu sind klare Ansprechstellen für die Unternehmen bei den Behörden nötig.” Nur kann es die ohne deutsches Gesetz erst einmal nicht geben.

    Und darauf warten sollten Anbieter nicht, bevor sie den Digital Services Act bei sich anwenden. Auch wenn das Telemediengesetz erst mit dem DDG verdrängt wird – der DSA gilt ab dem morgigen Samstag als Europarecht unmittelbar. Und damit wird es Änderungen geben, auch für jene Anbieter, die nicht zu den besonders großen Plattformen zählen. Eine davon betrifft die Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Hier müssen die Anbieter für mehr Transparenz sorgen und möglichst verständlich informieren. Sie müssen erklären, wie ihre Algorithmen Inhalte sortieren und bei Suchen etwa eine vereinfachte Ansicht ohne algorithmische Sortierung zur Verfügung stellen, beispielsweise nach Datum.

    Eine weitere Pflicht ist es, einen Ansprechpartner in der EU zu benennen. Wer nicht über einen Hauptsitz oder eine Niederlassung innerhalb der EU verfügt, muss hier tätig werden, um nicht gegen den DSA zu verstoßen.

    DDG verdrängt NetzDG auch bei Telegram

    Bei den großen Plattformen allerdings, fürchtet Maike Hofmann von der Kanzlei Jun, würde durch die Verdrängung des NetzDG die Verfahrensdauer womöglich in die Länge gezogen werden – denn mit dem DSA entfalle die Verpflichtung zum inländischen Zustellungsbevollmächtigten. Das könne “langwierige Auslandszustellungen” in Gerichtsverfahren nötig machen, sagt Hofmann. Die Kanzlei Jun vertritt regelmäßig Mandanten wie etwa die Grünenpolitikerin Renate Künast gegen Social-Media-Anbieter.

    “Wir werden auf jeden Fall ausgiebig die neuen Instrumente testen und ihre Praxistauglichkeit prüfen”, kündigt Hofmann an. Ein Unternehmen, das nicht als besonders große Plattform eingestuft worden war, ist die Plattform Telegram: Diese fällt ab Samstag dennoch unter den DSA.

    Telegram unterliegt dann Pflichten wie alle anderen Dienste, bei denen Nutzer Inhalte für Dritte einstellen können. Für diese müssen die Anbieter einen Moderationsmechanismus gemäß DSA vorhalten. Das meint: Nutzer müssen womöglich illegale Inhalte melden können. Und anders als beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz meint das jede Form von Illegalität: ob Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Betrugsversuche oder andere Straftaten und Rechtsverstöße – die Betreiber müssen hier prüfen, was die Nutzer ihnen melden. Zugleich müssen sie aber auch die Rechte der Bereitsteller von Inhalten berücksichtigen – was zu einigen Diskussionen führen dürfte. Eine vollautomatisierte Lösung scheidet hier deshalb aus.

    Direkt an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten müssen sie allerdings formell weniger als nach dem NetzDG: Nur bei einer Gefahr für Leib und Leben müssen die zuständigen Behörden zwingend informiert werden.

    Bundesnetzagentur muss vorerst zuschauen

    Besonderes Gewicht dürfte ab dem 17. Februar der Artikel 9 DSA entfalten. Der besagt, dass bei rechtswidrigen Inhalten die Betreiber tätig werden müssen, sobald eine rechtlich verbindliche Entscheidung vorliegt. Sprich: ist die Rechtswidrigkeit bereits festgestellt, etwa durch ein Gericht, oder eine Anordnung durch zuständige Behörden ausgesprochen, werden Anbieter direkt handeln müssen. Anderenfalls drohen sie, in die Mithaftung für Inhalte zu geraten.

    Genau das ist ein Hebel, den auch die Kanzlei Jun nutzen will: “Unabhängig von NetzDG oder DSA steht Nutzern nach wie vor die Möglichkeit offen, ihre Rechte gegenüber Plattformbetreibern auch nach allgemeinem Recht geltend zu machen”, sagt Maike Hofmann. Und das kann auch über die im DSA selbst vorgesehenen Pflichten hinausreichen.

    Die Landesmedienanstalten etwa machen sich startklar. Sie haben mit dem Jugendmedienschutzrecht bereits gesetzlich definierte Möglichkeiten, um dann mithilfe des Artikels 9 konkret gegen Anbieter vorzugehen, während die Bundesnetzagentur in den ersten Wochen als Zuschauer am Rande stehen muss.

    Doch gerade bei größeren und strukturellen Problemen müsste eigentlich der Kooperationsmechanismus des DSA greifen. Doch bislang haben die meisten Staaten noch keinen Digitale-Dienste-Koordinator benannt – offiziell auch Deutschland nicht. Und so dürfte es, wenn am Montag erstmals der Ausschuss der DSA-Durchsetzungsbehörden tagen soll, erst einmal um Formalien gehen: Eine Geschäftsordnung muss her. An deren Entstehung darf Deutschlands künftiger Vertreter sich allerdings vorerst nur informell beteiligen.

    • Bundesnetzagentur
    • Digital Services Act
    • Digitalpolitik
    Translation missing.

    Auftakt der MSC: Heusgen fordert “Lastenteilung” der europäischen Nato-Staaten mit den USA

    Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, fordert eine Stärkung des europäischen Pfeilers der Nato. Am Donnerstagabend sprach er sich beim Sicherheitspolitischen Gespräch von Bayerischer Staatskanzlei und Deutscher Atlantischer Gesellschaft im Münchner Prinz-Carl-Palais für “eine Lastenteilung” der europäischen Nato-Staaten mit den USA aus. Dass Deutschland das von der Nato vorgegebene Zweiprozentziel nun endlich erreicht habe, hätten schon die US-Präsidenten Barack Obama und Donald Trump gefordert, so Heusgen.

    “Ich hoffe, dass Sie zufrieden sind”, sagte der MSC-Vorsitzende an General Christopher G. Cavoli gewandt, den Alliierten Oberkommandierenden der Nato in Europa. Der 1964 in Würzburg geborene US-Amerikaner übernahm den Posten vier Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022. Ausdrücklich dankten Heusgen und der Vorsitzende der Deutschen Atlantischen Gesellschaft, Christian Schmidt, dem Viersternegeneral für sein Engagement für Europa.

    Europa kann nicht auf Washington warten

    “Nato at 75 – Are we ready to defend” war das Sicherheitspolitische Gespräch betitelt, an dem auch der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis für eine stärkere Teilhabe Europas an der Verteidigung der Nato plädierte, nicht zuletzt an deren Ostflanke. Der Konsens, der am Vorabend des eigentlichen MSC-Konferenzbeginns am Freitag herrschte, dürfte auch die weiteren Diskussionen im Bayerischen Hof bis Sonntag prägen: Unabhängig davon, wer in einem Jahr in Washington Präsident ist, muss Europa militärisch mehr Lasten übernehmen.

    Aber nicht nur das. Technologisch wie wirtschaftlich ist die 60. Münchner Sicherheitskonferenz so stark aufgestellt wie wohl keine vor ihr. Cyberabwehr und KI sind mehr als nur Buzzwords in Dutzenden Panels und Hintergrundkreisen, wo es um die Zukunft der modernen Kriegsführung geht. Anders als noch vor zehn Jahren zählen Vertreter ziviler Wirtschaftsunternehmen, aber auch von Weltbank und UN-Unterorganisationen ebenso zu den Gästen der Konferenz wie Militärs, Vertreter wehrtechnischer Betriebe, Diplomaten und Politiker.

    Leere Kassen und große Erwartungen

    Bereits am Donnerstagabend machte der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr den inoffiziellen Auftakt zur Jubiläumskonferenz: Zur MSC Innovation Night im Hauptsaal des Bayerischen Hofs kamen unter anderem Generalinspekteur Carsten Breuer und der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais. Generalleutnant Michael Vetter, Abteilungsleiter Cyber- und Informationstechnik im Verteidigungsministerium, sagte gegenüber Table.Media, dass die Bundeswehr auf gutem Weg sei, Software-basierte Vereidigung “Wirklichkeit werden zu lassen”. Auch wenn der Fortschritt dadurch erschwert werde, dass die finanziellen und materiellen Defizite der vergangenen 25 Jahre ausgeglichen werden müssten.

    Der Verweis auf leere Kassen ist symptomatisch nicht nur für die Verteidigungsbranche. In Hinblick auf die Vielzahl globaler Krisen verweist Axel van Trotsenburg auf den “langen Atem”, den es brauche, um so etwas wie menschliche Sicherheit für Millionen Menschen in fragilen Staaten zu erreichen, angefangen bei Bekämpfung wieder steigender extremer Armut. Der Senior Managing Director der Weltbank verweist darauf, dass sich allein die Kosten für den Wiederaufbau und die Erholung der von Russland angegriffenen Ukraine auf rund 453 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren beliefen. “Je länger der Krieg dauert, desto höher werden die Kosten”, so van Trotsenburg gegenüber Table.Media.

    Das gilt nicht nur für den Krieg in der Ukraine, sondern auch für den in Nahost. UN-Generalsekretär António Guterres wird sie beide thematisieren, wenn er am Freitagmittag im Bayerischen Hof die 60. Münchner Sicherheitskonferenz offiziell eröffnet. Es werden nicht die einzigen Krisen blieben, die die Beratungen in München bis Sonntag prägen werden.

    Alle Texte des Security.Table zur Münchner Sicherheitskonferenz 2024 finden Sie hier.

    • Geopolitik
    • Münchner Sicherheitskonferenz 2024
    • Nato
    • Vereinte Nationen
    Translation missing.

    EU-Monitoring

    19.02.-20.02.2024
    Informelle Ministertagung Tourismus
    Themen: Erwartungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf den Tourismus. Infos

    19.02.2024
    Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
    Themen: Laufende Angelegenheiten, Gedankenaustausche zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, zur Lage im Nahen Osten und zur Sahelzone. Vorläufige Tagesordnung

    19.02.2024
    Trilog: Carbon Removal Certification Framework
    Themen: Das Gesetzesvorhaben soll einen Rahmen für CO₂-Entnahmen schaffen und die Integrität von Entnahme-Zertifikaten sichern, Greenwashing verhindern und technologische sowie natürliche Entnahmen fördern. Im Trilog muss nun geklärt werden, ob alle Möglichkeiten von “Carbon Removals” gleich behandelt werden, oder ob beispielsweise Emissionsreduktionen gegenüber dem CO₂-Abbau Vorrang haben, wie es das Parlament fordert.

    19.02.2024 15:00-18:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
    Themen: Aussprache zu vorübergehenden Maßnahmen zur Liberalisierung des Handels in Ergänzung der Handelszugeständnisse für ukrainische Waren, Abstimmung zur Einrichtung der Reform- und Wachstumsfazilität für den Westbalkan, Aussprache zum aktuellen Stand im Hinblick auf die 13. WTO-Ministerkonferenz vom 26. bis 29. Februar 2024 in Abu Dhabi. Vorläufige Tagesordnung

    20.02.2024
    Assoziationsrat EU-Georgien
    Themen: Georgiens Weg zum EU-Beitritt, politischer Dialog und Reformen, wirtschaftliche und sektorale Zusammenarbeit, Handelsfragen, Gedankenaustausch zur Außen- und Sicherheitspolitik. Infos

    20.02.2024 – 10:00 Uhr
    Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
    Themen: Vorbereitung des Europäischen Rats am 21./22. März, Stand der Dinge zur Rechtsstaatlichkeit in Polen. Vorläufige Tagesordnung (Französisch)

    21.02.2024
    Wöchentliche Kommissionssitzung
    Themen: Konnektivitätspaket zu digitalen Netzen und Infrastrukturen. Vorläufige Tagesordnung

    22.02.-24.02.2024
    Informelle Ministertagung Wirtschaft und Finanzen
    Themen: Die Wirtschafts- und Finanzminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos

    22.02.2024
    EuGH-Urteil zur Europäischen Bürgerinitiative zur Förderung regionaler Kulturen
    Themen: Der EuGH entscheidet darüber, ob die EU-Kommission die Bürgerinitiative “Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen” rechtmäßig registriert hat. Infos

    22.02.2024 – 09:00-16:15 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
    Themen: Abstimmung über die Einrichtung der Reform- und Wachstumsfazilität für den Westbalkan, Abstimmung über die Entlastung des Gesamthaushaltsplans der EU, Gedankenaustausch über die Rechtsstaatlichkeit und den Schutz des EU-Haushalts in der Slowakei. Vorläufige Tagesordnung

    22.02.2024 – 09:00-10:30 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
    Themen: Bericht über die laufenden Trilogverhandlungen, Abstimmung über die Transparenz und Integrität von Rating-Tätigkeiten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG), Abstimmung über das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2024. Vorläufige Tagesordnung

    22.02.2024 – 11:00-11:30 Uhr
    Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) und des Ausschusses für Recht (JURI)
    Themen: Abstimmung über die Einführung des Zollkodexes der Union und Einrichtung der Zollbehörde der Europäischen Union, Abstimmung über die Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, Abstimmung über die Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt. Vorläufige Tagesordnung

    23.02.2024
    Euro-Gruppe
    Themen: Makroökonomische Entwicklungen und Aussichten. Vorläufige Tagesordnung

    25.02.-29.02.2024
    Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
    Themen: Zustimmung zu den Schlussfolgerungen zu Beginn der 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation, Zustimmung zu den Schlussfolgerungen am Ende der 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation, Beschluss des Rates über den Standpunkt, der im Namen der EU auf der 13. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation zu vertreten ist. Vorläufige Tagesordnung (Französisch)

    News

    Europa erfüllt Zwei-Prozent-Ziel der Nato

    Die europäischen Nato-Länder werden in diesem Jahr erstmals in toto das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben erfüllen. Dies sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen der 31 alliierten Verteidigungsminister am Donnerstag in Brüssel. 

    Im laufenden Jahr werden sich die Investitionen in die Rüstung in Europa auf 380 Milliarden Dollar addieren, fügte Stoltenberg hinzu. Dies sei “ein historischer Fortschritt”, auch wenn bis zum Nato-Jubiläumsgipfel im Juli in Washington noch einiges getan werden müsse.

    Dies gilt vor allem für Länder wie Frankreich, Spanien und Belgien, die das vor zehn Jahren in Wales vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel weiter verfehlen. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu kündigte an, Paris wolle es aber noch 2024 erreichen.

    18 von 31 Alliierten erfüllen Nato-Vorgabe

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius wies darauf hin, dass Deutschland in diesem Jahr die Zwei-Prozent-Marke erfüllen werde – zum ersten Mal seit den 90er-Jahren. “Das ist ein wichtiges Signal”, sagte der SPD-Politiker in Brüssel. Deutschland werde bei 2,1 Prozent landen.

    Insgesamt erfüllen nun 18 von 31 Alliierten die Vorgaben von Wales. Das Zwei-Prozent-Ziel ist zuletzt wieder in den Fokus gerückt, weil US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump damit gedroht hatte, “säumigen” Nato-Mitgliedern den militärischen Schutz zu entziehen.

    Bis zum Gipfel in Washington will die Nato diesen Streit hinter sich lassen. Das lange umstrittene “Burden Sharing” solle dann kein Thema mehr sein, sagte ein Diplomat. Nun zeige sich, dass die Europäer ihre Lektion gelernt hätten und sich in die richtige Richtung bewegten.

    European Sky Shield mit Griechenland und der Türkei

    Eine zunehmend wichtige Rolle kommt dabei Deutschland zu. Das größte EU-Land sei bereit, eine Führungsrolle in der Nato zu spielen, sagte Pistorius. Schon jetzt sei Deutschland die “logistische Drehscheibe” in Europa. “Damit übernehmen wir Führungsaufgaben.”

    Als Erfolg wertet es Pistorius auch, dass sich Griechenland und die Türkei der deutschen Initiative für eine gemeinsame Luftverteidigung in Europa anschließen. Die Initiative European Sky Shield (ESSI) hat nun 21 Mitglieder. Pistorius bezeichnete sie als “Erfolgsgeschichte”. 

    Die großen EU-Länder Frankreich, Italien und Polen sind allerdings weiter nicht dabei. Rom und Paris fürchten, dass ESSI das von Frankreich geführte Frühwarn- und Abfangsystem Twister gefährden könnte. Bei der Luftverteidigung sind die Reihen noch nicht geschlossen; dennoch nimmt der “europäische Pfeiler” in der Nato langsam Gestalt an. ebo

    • Europa
    • Münchner Sicherheitskonferenz 2024
    • Nato
    • Rüstung
    • Sicherheitspolitik
    • Verteidigung
    Translation missing.

    EU-Kommission korrigiert Wachstumsprognose nach unten

    Für die Staaten der Währungsunion erwartet die Kommission 2024 einen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von nur noch 0,8 Prozent, wie aus der am Donnerstag vorgelegten Winterprognose hervorgeht. Im Herbst hatte sie noch ein Plus von 1,2 Prozent vorhergesagt. “Die im Jahr 2024 erwartete Erholung dürfte moderater ausfallen als vor drei Monaten prognostiziert”, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. 2025 könne sich das Wachstum allerdings festigen. Zudem könnte die Inflation bei einem Wert nahe am Ziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent landen.

    Skeptischer blickt die Brüsseler Behörde auch auf die von einer Rezession bedrohte deutsche Wirtschaft: Sie dürfte demnach 2024 nur um magere 0,3 Prozent wachsen und damit so langsam wie kein anderes Euro-Land. Im Herbst hatte die EU-Kommission noch ein Plus von 0,8 Prozent veranschlagt. 2025 soll Europas größte Volkswirtschaft dann mit 1,2 Prozent deutlich stärker zulegen.

    Gentiloni wies ausdrücklich auf die Risiken für den Konjunkturausblick hin, die geopolitische Spannungen wie im Nahen Osten und auch “eine Reihe entscheidender Wahlen” mit sich brächten. Im November steht die US-Präsidentenwahl an, wobei es zum erneuten Duell zwischen Donald Trump und dessen Nachfolger im Weißen Haus, Joe Biden, kommen könnte. Als US-Präsident hatte Trump unter anderem Strafzölle auf Produkte aus der EU verhängt und einen Handelskrieg mit China angezettelt.

    Die EU-Kommission veranschlagt in ihren Prognosen zugleich einen bereits im laufenden Jahr deutlich nachlassenden Preisdruck. Sie erwartet 2024 für Deutschland eine für den europäischen Vergleich berechnete Teuerungsrate (HVPI) von 2,8 Prozent, im November hatte sie noch 3,1 Prozent vorhergesagt. Im vorigen Jahr lag die HVPI-Inflationsrate hierzulande noch bei 6,0 Prozent. Für die Euro-Zone erwartet die Kommission für das laufende Jahr eine Inflation von 2,7 (Herbstprognose: 3,2) Prozent.

    EZB-Vize Luis de Guindos mahnte jüngst auf dem Weg zu einer Zinswende zu Geduld. Die Europäische Zentralbank brauche noch mehr Daten, um sicherzugehen, dass die Inflation nachhaltig auf den Zielwert der EZB von zwei Prozent zurückgehe. Der Leitzins steht aktuell bei 4,50 Prozent – das höchste Niveau seit Beginn der Währungsunion 1999. An den Finanzmärkten wird darauf spekuliert, dass die Währungshüter im April oder spätestens im Juni die Zinsen senken werden. rtr

    • EU-Kommission
    • Inflation
    • Wirtschaftswachstum

    Solarmodulhersteller warnt: Ohne Chinas Lieferungen verlangsamt sich Energiewende

    Longi Green Energy Technology, der weltweit größte Hersteller von Solarmodulen, warnt davor, dass Europa und die USA Gefahr laufen, die Energiewende zu verlangsamen, falls sie chinesische Unternehmen aus ihren Lieferketten verbannen. Das sagte Vizepräsident Dennis She, Vizepräsident des chinesischen Unternehmens, der “Financial Times”. Die Kosten für Solarmodule, die ohne chinesische Beteiligung in Ländern wie den USA hergestellt werden, würden “doppelt so hoch” sein.

    She warnte zudem vor dem Verlust von Arbeitsplätzen: “Man muss nicht die meisten Arbeitsplätze in den nachgelagerten Bereichen vernichten, um ein Prozent [der europäischen Arbeitsplätze in der Solarindustrie] zu schützen – das ergibt keinen Sinn”, sagte er.

    China dominiert die Solarproduktion und stellt mehr als 80 Prozent der weltweiten Produktion. Longi hält rund 20 Prozent des Weltmarktes für Photovoltaik-Module. Europa produziert weniger als drei Prozent der Solarmodule, die benötigt werden, um das Ziel zu erreichen, bis 2030 42,5 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Laut dem Energieberatungsunternehmen Wood Mackenzie sind die Produktionskosten für Solarmodule in China im vergangenen Jahr um mehr als 40 Prozent auf etwa 15 Cent pro Watt gesunken, verglichen mit 30 Cent in Europa und 40 Cent in den USA. Dieser Rückgang ist zum Teil auf niedrigere Materialkosten und ein Überangebot zurückzuführen.

    Experten weisen auf Zwangsarbeit hin

    Die Debatte um den Umgang mit der chinesischen Dominanz hat sich in den vergangenen Wochen zugespitzt. Die EU-Kommission hatte dem Hilferuf der europäischen Solarbranche gegen Preisdruck aus China zunächst eine Absage erteilt – zugunsten des grünen Wandels.

    Die europäische Vereinigung European Solar Manufacturing Council (ESMC) warnte am Donnerstag eindringlich vor einer Übernahme des europäischen Marktes durch chinesische Firmen, die ihre Solarpaneele auch mit Zwangsarbeit herstellten. “Für importierte Güter sollten die gleichen Regeln gelten wie für die Produktion in der EU”, sagte der Generalsekretär des Verbandes, Johan Lindahl.

    “Die EU baut ihre Zukunft auf dem Rücken uigurischer Sklaven”, sagte die Menschenrechtsaktivistin Rushan Abbas. Gemeinsam mit dem Forscher Adrian Zenz forderte sie die EU auf, die chinesische Regierung zur Verantwortung zu ziehen. Europa laufe Gefahr, zum Ablade-Platz für Solarmodule zu werden, die in den USA wegen Beschränkungen gegen Zwangsarbeit nicht mehr verkauft werden könnten, warnte Abbas. cyb/ari

    • De-Risking
    • Energiewende
    • Erneuerbare Energien
    • Solar

    EU-Kommission genehmigt 6,9 Milliarden Euro für Wasserstoff-IPCEI

    Die EU-Wettbewerbshüter haben am Donnerstag grünes Licht für eine milliardenschwere Förderung zur Unterstützung der Energiewende gegeben. Deutschland und andere EU-Staaten dürfen das Wasserstoff-IPCEI mit bis zu 6,9 Milliarden Euro unterstützen, teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit. Die Behörde geht davon aus, dass durch die Förderung zusätzlich private Investitionen von rund 5,4 Milliarden Euro mobilisiert werden dürften. Staatshilfe unterliegt in der EU strengen Regeln, um Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden. 

    Das Vorhaben mit dem Namen “IPCEI Hy2Infra” war von Deutschland gemeinsam mit sechs weiteren EU-Staaten vorbereitet worden. Es besteht den Angaben zufolge aus 33 Einzelprojekten von 32 Unternehmen. Aus Deutschland beteiligt sich etwa der Energiekonzern RWE. Die teilnehmenden Firmen sollen auch mit externen Partnern wie potenziellen Abnehmern und Universitäten in ganz Europa zusammenarbeiten. 

    Die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sagte, dass beispielsweise Teilnehmer des “Westdeutschen Clusters” drei Elektrolyseure im Rhein-Ruhr-Gebiet bauen. Mit diesen Geräten wird Wasserstoff gewonnen. Mit erneuerbaren Energien betrieben, kann Wasserstoff aus Elektrolyseuren etwa eine klimafreundliche Alternative zu Gas sein oder als Kraftstoff für Lkw benutzt werden.

    Wasserstoff soll 2027 zur Verfügung stehen

    Vestager teilte mit, bis Mitte 2027 werde der erzeugte Wasserstoff Unternehmen der Stahl-, Zement-, Chemie- und Raffineriebranche sowie der Mobilitätsbranche zur Verfügung stehen. Damit sollen klimaschädliche CO₂-Emissionen erheblich reduziert werden. Teil des Vorhabens ist den Angaben zufolge auch ein Offshore-Pipeline-Projekt in Deutschland, durch das Wasserstoff mit Windenergie aus der Nordsee erzeugt werden soll. 

    Weil die Produktion von Wasserstoff offiziell als gemeinsames europäisches Interesse bestimmt wurde, ist das Vorhaben als sogenanntes “Important Project of Common European Interest” (IPCEI) ins Leben gerufen worden. Dadurch gelten weniger strenge Regeln, wenn Unternehmen mit Staatsgeldern unterstützt werden. Es ist bereits das dritte IPCEI zur Förderung der Wasserstoffindustrie. Ein ähnliches IPCEI gibt es etwa zur Unterstützung der europäischen Batterieindustriedpa

    • Elektrolyseure
    • Energiepolitik
    • IPCEI
    • Klima & Umwelt
    • Wasserstoff

    CSAM: EU verlängert Ausnahmeregeln

    Nachdem der CSAM-Verordnungsvorschlag von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson vom Parlament regelrecht zerpflückt wurde und die Mitgliedstaaten nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen, haben sich die Ko-Gesetzgeber nun auf eine Übergangslösung verständigt: Die bisherigen Ausnahmeregelungen, die Anbietern die Suche nach Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs erlauben, werden bis 2026 verlängert. Das Vorhaben sollte eigentlich eine gesetzliche Neuregelung schaffen, ist aber nicht konsensfähig.

    Solche Interimslösungen seien “niemals so gut wie dauerhafte Maßnahmen”, sagt die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel. Sie fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, an den Verhandlungstisch zu kommen. Jedoch gibt es dafür derzeit keine realistische Option. Abgeschlossen wird das Dossier in dieser Legislatur daher nicht mehr. Da es in der EU allerdings kein Diskontinuitätsprinzip gibt, können Parlament und Mitgliedstaaten ab Sommer die Beratungen am Kommissionsvorschlag fortsetzen. fst

    • CSA-VO
    • Digitalpolitik
    • Ylva Johansson

    Presseschau

    EU-Kommissarin Ylva Johansson rechnet mit deutlich mehr Abschiebungen HANDELSBLATT
    EU-Kommission genehmigt neues Wasserstoffprojekt HANDELSBLATT
    EU verlängert Durchleuchtung privater Kommunikation zur Aufdeckung von Kindesmissbrauch GOLEM
    EU-Kommission senkt Konjunkturprognose zum dritten Mal MAIN-ECHO
    EU-Kommission mit neuem Anlauf für Kostenbeteiligung von Big Tech an Gigabit-Netzen HEISE
    EZB-Chefin Christine Lagarde warnt vor zu rascher Zinswende HANDELSBLATT
    Schwefeldioxid-Problem der PCK Schwedt ruft Polen auf den Plan. HANDELSBLATT
    Spendensumme schnell zusammen: Letzte Generation hat genug Geld fürs Europaparlament N-TV
    Italienischer Senat segnet Migrationsabkommen mit Albanien ab DEUTSCHLANDFUNK
    Fährunglück “Estonia”: Schwedens Staatsanwaltschaft ermittelt nicht weiter NDR
    Trotz Kritik der griechisch-orthodoxen Kirche: Griechenland erlaubt gleichgeschlechtliche Ehe SPIEGEL

    Heads

    Jean-Marie Bockel – Rückkehrer für einen Neuanfang in Frankreichs Afrika-Politik

    Jean-Marie Bockel
    Macrons persönlicher Afrika-Beauftragter: Jean-Marie Bockel, hier auf einer Aufnahme vom Februar 2020 im französischen Senat.

    Er schien schon im Ruhestand zu sein. Doch nun hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Jean-Marie Bockel als seinen “persönlichen Beauftragen” mit einer heiklen Mission beauftragt: Er soll jenen Ländern in Afrika, die französische Militärstützpunkte aufgenommen haben – Senegal, Elfenbeinküste, Gabun und Tschad – “die Gründe und Modalitäten der bevorstehenden Anpassungen” der französischen Außenpolitik erklären. So heißt es in einem Brief des französischen Präsidenten an Bockel.

    Hinter der verklausulierten Formulierung steht nichts anderes als der Wunsch nach einem grundlegenden Neuanfang. Demütigende Rückschläge hatte Frankreich im Sahel erlitten, einer Region, die Frankreich einst als Vorhof galt, als pré carré. Nun will Macron die französische Präsenz in Afrika neu organisieren. Mit Ausnahme Dschibutis soll in allen Ländern, in denen noch französisches Militär operiert, die Truppenstärke verringert werden. Die Grundzüge der Umstrukturierung wurden während einer Sitzung des Verteidigungsrats im Dezember 2023 diskutiert. “Es geht darum, erneuerte, ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften mit afrikanischen Ländern aufzubauen, die unsere Interessen voll und ganz vertreten”, heißt es in Macrons Brief an Bockel weiter.

    Afrika-Berater Robert wurde nicht gewählt

    Überraschend ist, dass Macron nicht seinen Afrika-Berater Jérémie Robert mit dieser Aufgabe betraut. Dieser ist seit November 2023 im Élysée-Palast mit den Beziehungen zu Afrika befasst. Offensichtlich will Macron ein starkes Zeichen im französischsprachigen Afrika setzen. Bockel steht für eine klare Abkehr von “Françafrique”, von diesem Geflecht aus gegenseitigen Abhängigkeiten, verborgenen Einflussnahmen und einer Hintertürpolitik zwischen Frankreich und seinen ehemaligen Kolonien.

    Unvergessen ist in Frankreich, wie Bockel als Staatssekretär für Entwicklungspolitik diese Tradition zu Grabe tragen wollte. “Françafrique liegt im Sterben”, sagte Bockel selbstbewusst in einem Interview mit “Le Monde” im Januar 2008, “Ich möchte seine Sterbeurkunde unterschreiben.” Angeblich unter dem Druck des damaligen Diktators von Gabun, Omar Bongo, schob der damalige Präsident Nicolas Sarkozy Bockel zwei Monate später auf einen anderen Posten. Im Jahr 2010 verließ Bockel die Regierung endgültig.

    Feste Überzeugungen

    Sarkozy hätte es wissen können. Der 73 Jahre alte Elsässer steht für feste Überzeugungen. Aufgewachsen am Fuß der Vogesen in Thann, studierte Bockel Jura und Verwaltungswissenschaften in Straßburg und trat 1973 der Sozialistischen Partei bei. Von 1989 bis 2010 war er Bürgermeister von Mülhausen (Mulhouse), einer ehemaligen Freien Reichsstadt, die lange zur Schweiz gehörte und erst nach der Französischen Revolution von Frankreich annektiert wurde. Bockel war Abgeordneter und Senator. Zudem hatte er diverse Ämter in verschiedenen Regierungskabinetten inne.

    Als gemäßigter Sozialdemokrat entfernte sich Bockel seit Ende der 1990er-Jahre von der Parteilinken. Während des Wahlkampfes 2006/2007 unterstützte er zunächst Dominique Strauss-Kahn, dann Ségolène Royal. Der eine durfte nicht Präsident werden, die andere unterlag Sarkozy. Nach dessen Wahlsieg im Mai 2007 trat Bockel in Sarkozys Regierung ein.

    Bockels Lebenslauf erklärt, warum Macron ihn mit dieser Mission beauftragt hat und nicht den Diplomaten Robert, der zuvor Generalkonsul in New York war: Es geht darum, einerseits die französische Militärpräsenz in Afrika auf eine neue Grundlage zu stellen und andererseits in der Region die Scherben einer gescheiterten Afrika-Politik zu kitten.

    Lange Familientradition in der Armee

    Da hilft ihm, dass er schon vor 17 Jahren für eine neue Haltung zu Afrika eintrat, wohl wissend, was diese für seine politische Karriere bedeuten würde. Hinzu kommt seine persönliche Geschichte: Sein Vater war, bevor er sich als Notar in Thann niederließ, Soldat in der französischen Afrika-Armee, die nichts mit den Kolonialtruppen gemein hatte. Im Zweiten Weltkrieg kämpften in der Afrika-Armee Franzosen Seite an Seite mit afrikanischen Soldaten und beteiligten sich am Vorstoß der US-Truppen über Italien und das Rhônetal nach Deutschland.

    Jean-Marie Bockel ist selbst Oberst der Reserve. Sein Sohn Pierre-Emmanuel nahm als Hauptmann und Hubschrauberpilot an der Operation Barkhane in Mali teil. Er fiel im Dezember 2019, als sein Hubschrauber vom Typ Cougar in einem Nachteinsatz mit einem anderen französischen Militärhelikopter zusammenstieß. Er hätte am 9. Februar seinen 33. Geburtstag gefeiert.

    In den vergangenen Jahren war Bockel regelmäßig beim Skifahren oder Wandern in seinen geliebten Südvogesen zu sehen. Dafür lässt Macron ihm keine Zeit mehr. Im Juli soll Bockel dem Präsidenten seine Empfehlungen präsentieren. Christian von Hiller

    • Afrika-Politik
    • Emmanuel Macron
    • Frankreich
    • Gabun
    • Militär
    • Sahel
    • Sicherheitspolitik

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen