Table.Briefing: Europe

Geld für Gaza + Greenwashing + Kein Fair Share

Liebe Leserin, lieber Leser,

eigentlich wollten die EU-Energieminister kommende Woche bei ihrem Treffen in Luxemburg den Knoten bei der Strommarkt-Reform lösen. Es geht um die Frage, ob Frankreich seiner Industrie durch subventionierte Atomkraftwerke einen Wettbewerbsvorteil verschaffen darf. Die gemeinsame Kabinettsklausur der Regierungen aus Paris und Berlin an den vergangenen beiden Tagen sollte den Weg dafür bereiten, allerdings gibt es offenbar kaum Fortschritte.

“In diesem Monat” will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Einigung erzielen – nicht gerade ambitioniert angesichts der schon länger dauernden Diskussionen. Macron will zudem nichts davon wissen, dass Deutschland ein Problem mit seiner Haltung zu den AKWs hat. “Die europäische Strategie und die deutsch-französische Strategie muss sich auf einfache Dinge konzentrieren”, sagte er nach der Klausur in Hamburg. Das sei der Ausstieg aus Kohle und Gas, um zu einer CO₂-freien Stromerzeugung zu gelangen.

Danach müsse man auf Effizienzsteigerungen, erneuerbare Energien sowie Atomkraft setzen. Auf eine dieser Komponenten zu verzichten, sei zu teuer oder unmöglich. “Ich glaube, es wäre ein historischer Fehler, sich in kurzfristigen Spaltungen zu verlieren, weil man entweder die Erneuerbaren oder die Atomenergie bevorzugt”, sagte Macron. Die Priorität müsse die Produktion CO₂-freier Energie zum geringsten Preis wie möglich sein.

Bundeskanzler Olaf Scholz betonte dagegen lieber die Gemeinsamkeiten und pocht weiterhin auf Zusammenarbeit. Beim Klimaschutzziel seien sich Frankreich und Deutschland einig, auch wenn die Wege unterschiedlich seien. Um günstigen Strom zu bekommen, brauche es eine gemeinsame, europäische Lösung. Diese sei dann am wahrscheinlichsten, wenn Deutschland und Frankreich sie zusammen entwickelten.

So richtig überzeugend ist das jedoch nicht, denn das Treffen in Hamburg sollte zur Entwicklung ebenjener Lösungen beitragen. Es drängt sich nicht der Eindruck auf, man sei einer Einigung wesentlich nähergekommen.

Starten Sie dennoch gut in Ihren Tag.

Ihr
Lukas Knigge
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Analyse

Außenminister für weitere Zahlungen an Palästinenser

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich nach einer Dringlichkeitssitzung der Außenminister klar von seinem Kommissionskollegen Oliver Varhelyi distanziert und sieht dabei auch die Mitgliedstaaten hinter sich: Ja, die Kommission plane zwar, die finanzielle Unterstützung für die Palästinenser zu überprüfen. Der Chefdiplomat stellte dies aber als Formalität dar. Es gehe darum, sich noch einmal zu vergewissern, dass keine EU-Mittel bei Hamas landeten. Zusammenarbeit und Hilfe für die Palästinenserbehörden müssten aber fortgesetzt werden. Es werde keine Suspendierung der Mittel geben. Abgesehen von “zwei oder drei Mitgliedstaaten” hätten alle Außenminister diese Position unterstützt, betonte Borrell.

Die Außenminister der EU-Staaten waren in Oman am Rande eines schon länger geplanten Treffens mit den Golfstaaten zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen, ein Teil per Video zugeschaltet. Er werde sich persönlich dafür einsetzen, dass die Überprüfung der Zahlungen möglichst schnell geschehe, sagte Borrell. Diese Überprüfung dürfe aber keine Entschuldigung sein, um Zahlungen an die palästinensischen Behörden zu verzögern. Diese seien die Partner der EU, nicht Hamas in Gaza.

Keine kollektive Bestrafung

Für den Außenbeauftragten wäre es ein großer Fehler, die Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde auf der Westbank zu stoppen: Eine kollektive Bestrafung aller Palästinenser wäre nicht nur unfair und kontraproduktiv, sondern auch “ein Geschenk an Hamas”, betonte Borrell. Er wisse nicht, wann die nächsten Zahlungen fällig seien. Die EU werde aber in Zukunft mehr Hilfe leisten müssen, nicht weniger.

Es gehe auch darum, für die Zeit nach dem Konflikt bereit zu sein, sagte Borrell, der auch über das Treffen des Golfkooperationsrates informiert. Frieden zwischen den arabischen Staaten und Israel sei wichtig, doch die Palästinenser dürften dabei nicht vergessen gehen. Sonst werde sich die Gewaltspirale weiterdrehen. Die Eskalation sei ein Weckruf, so der Außenbeauftragte. Dabei sei man sich einig in der Verurteilung des terroristischen Angriffs auf Israel und fordere die Freilassung der Geiseln, die von Hamas in Gaza festgehalten werden. Israel habe das Recht auf Selbstverteidigung. Dies müsse aber in Einklang mit internationalem Recht geschehen. Bei der Entscheidung der israelischen Regierung, den Gazastreifen von der Versorgung mit Strom, Wasser und Lebensmitteln abzuschneiden, sei dies nicht der Fall.

Kommission versucht Schadensbegrenzung

In Brüssel war die EU-Kommission nach dem Alleingang von Oliver Varhelyi um Schadensbegrenzung bemüht. Der EU-Kommissar habe Präsidentin Ursula von der Leyen nicht konsultiert, bevor er auf dem Kurznachrichtendienst X die Suspendierung der Hilfen für die Palästinensergebiete verkündete, insistierte Kommissionssprecher Eric Mamer. Die Ankündigung sei mit keinem Mitglied des Kollegiums abgesprochen gewesen. Eine solche politische Entscheidung könne aber überhaupt nur im Kollegium und nach Konsultationen mit den Mitgliedstaaten getroffen werden. Varhelyi gilt als Brüsseler Statthalter von Ungarns Regierungschef Viktor Orban, der wiederum stramm an der Seite von Israels rechtsnationalem Benjamin Netanjahu steht. Der Kommissar für Erweiterung und Nachbarschaft ist nicht zum ersten Mal auffällig. So hatte er im EU-Parlament Abgeordnete als “Idioten” tituliert und musste sich nachher entschuldigen.

Oliver Varhelyi hatte mit seinem Alleingang zu den Palästinahilfen weltweit Schlagzeilen ausgelöst. Auch, weil der Sprecherdienst der EU-Kommission bis zum Abend brauchte, um die Falschmeldung wieder einzufangen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres habe sein Unverständnis bei EU-Ratspräsident Charles Michel deponiert, so Diplomaten. Immerhin sind die EU und ihre Mitgliedstaaten mit jährlich 600 Millionen Euro mit Abstand vor den USA und den Golfstaaten die größten Geldgeber der Palästinenser. Länder wie Spanien und Frankreich zeigten sich alarmiert, doch auch Belgien, Irland und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn positionierten sich gegen eine Suspendierung.

Die Palästinensergebiete bräuchten in nächster Zukunft wohl mehr Hilfe und nicht weniger, sagte Spaniens Außenminister Jose Manuel Albares. Die Zusammenarbeit müsse vorgesetzt werden: “Wir dürfen nicht Hamas, auf der Terrorliste der EU, mit der Bevölkerung Palästinas verwechseln”. Ähnlich äußerten sich auch EU-Ratspräsident Charles Michel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Rande des Besuchs in Berlin. Andere Mitgliedstaaten wie Österreich haben umgekehrt bereits verkündet, ihre bilaterale Hilfe vorerst zu suspendieren. In Berlin kündigte Außenministerin Baerbock an, dass sie sich für die Fortsetzung der Zahlungen starkmache.

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Wie die EU gegen Greenwashing vorgeht

Klimaneutralität ist ein wichtiges politisches Ziel im Kampf gegen den Klimawandel – und ein häufiges Werbeversprechen auf Produkten oder für Dienstleistungen. Kosmetikprodukte, Lebensmittel, der Paketversand oder das Möbelstück: Viele Hersteller und Anbieter werben mit neutralen oder sogar positiven Effekten für Umwelt und Klima.

Aus Sicht des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) ist die Werbung für vermeintlich “klimaneutrale” Produkte, Dienstleistungen oder Unternehmen hochproblematisch, sagt Jochen Geilenkirchen, Referent für Nachhaltigen Konsum: “Sie spielt mit dem Unwissen von Verbraucher:innen über den Zusammenhang von ,Klimaneutralität’ mittels Kompensation von Treibhausgasen und der zweifelhaften Wirksamkeit solcher Maßnahmen. Außerdem erweckt sie den Eindruck, beworbene Produkte haben keine schädlichen Auswirkungen auf das Klima – das ist aber bislang unmöglich”. Werbung mit “Klimaneutralität” sei daher klassisches Greenwashing.

Gegen diese Grünfärberei, also falsche umwelt- und klimabezogene Behauptungen, will die EU-Kommission vorgehen. Zwei Richtlinien werden zurzeit in Brüssel verhandelt: Die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel verbietet unlautere Praktiken und schafft verbindliche Vorgaben für Produktlabel. Die Green Claims-Richtlinie soll Unternehmen verpflichten, umweltbezogene Aussagen über ihre Produkte mit einer Standardmethode zur Bewertung ihrer Umweltauswirkungen zu belegen.

“Das pauschale Narrativ von den skrupellosen Unternehmen, die lediglich auf einen grünen Anstrich aus sind, können wir nicht bestätigen”, sagt wiederum Eva Rössler, Sprecherin des Beratungsunternehmens ClimatePartner. Das blaue Label von ClimatePartner schmückt Produkte wie Flüssigseife oder Fleischprodukte und auch Unternehmen und Fabrikstandorte. “In unserer Zusammenarbeit lernen wir Unternehmen kennen, die einen Beitrag leisten wollen, die das Thema Klimaschutz in ihrer Unternehmensstrategie verankern, sich ambitionierte Ziele setzen und diese kontinuierlich verfolgen”.

Hälfte der Umweltangaben vage, irreführend oder unbegründet

Laut einer Studie der EU-Kommission von 2020 gibt es in der EU derzeit etwa 230 Nachhaltigkeit-Labels, die sich in ihrem Transparenzgrad stark unterscheiden. Dazu gehören neben Angaben zur Klimaneutralität auch solche zum Recyclinganteil von Verpackungen oder zur Umweltfreundlichkeit eines Produkts. Rund die Hälfte solcher Angaben auf Produkten und Dienstleistungen enthalte “vage, irreführende oder unbegründete Informationen“. 40 Prozent der Angaben können gar nicht belegt werden. Bei einem erheblichen Teil der Produkte sei zudem nicht erkenntlich, ob sich die Angabe auf das gesamte Produkt oder nur auf einen Bestandteil, auf das Unternehmen oder nur auf einzelne Produkte beziehe. Auch die betroffene Phase des Produktlebenszyklus sei in den meisten Fällen nicht ersichtlich, erklärt die Kommission.

Bislang bietet die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UCPD) eine Grundlage für Klagen gegen bestimmte irreführende Aussagen. Auch der vzbv geht regelmäßig juristisch gegen Unternehmen vor, die ihre Produkte grüner erscheinen lassen, als sie tatsächlich sind. Im Juni reichte der Verband gemeinsam mit Verbraucherschutzorganisationen aus anderen EU-Mitgliedstaaten und dem europäischen Dachverband BEUC eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein, in der sie irreführende Klimabehauptungen von 17 europäischen Fluggesellschaften anprangern.

Generische Angaben ohne Beleg bald unlautere Geschäftspraxis

“Ein generelles Problem der nachträglichen gerichtlichen Überprüfung von Werbeaussagen ist jedoch, dass sie zunächst auf dem Markt verwendet werden können, bis sich ein Kläger findet“, sagt Geilenkirchen. “Komplett verhindern lässt sich Greenwashing so nicht”. Zudem gebe es bislang keine allgemeingültigen Vorgaben, wie beworbene positive Umwelteigenschaften nachgewiesen werden müssen und unter welchen Bedingungen mit Umwelteigenschaften geworben werden darf.

Der vzbv fordert deshalb eine Regulierung für den gesamten EU-Binnenmarkt, die wissenschaftliche Kriterien für Methoden zur Substantiierung von Umweltaussagen festlegt. Aussagen wie “klimaneutral”, die nicht belegt werden können, sollten aus Sicht des Verbands generell verboten werden.

Letzteres hat die EU bereits umgesetzt: Laut der Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel gelten zukünftig generische Umweltangaben wie “klimaneutral”, “umweltfreundlich” und “ökologisch abbaubar” ohne entsprechenden Beleg als unlautere Geschäftspraktiken. Auch Behauptungen, ein Produkt hätte neutrale, reduzierte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt, wenn diese auf CO₂-Kompensation beruhen, werden als unlauter eingestuft.

Im September einigten sich Rat, Kommission und Parlament auf einen Gesetzestext; dieser muss nun noch formal angenommen werden. Das Parlament stimmt voraussichtlich im November ab. Nach dem anschließenden Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten 24 Monate für die Umsetzung in nationales Recht.

Green Claims: Wissenschaftliche Grundlage für Umweltangaben

Die im März von der Kommission vorgestellte Green-Claims-Richtlinie sieht Mindestanforderungen an die Begründung und Kommunikation freiwilliger umweltbezogener Angaben und Umweltkennzeichnungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern vor.

Umweltbezogene Angaben über Produkte oder Gewerbetreibende sollen auf der Grundlage einer Methodik begründet werden, die sich auf anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse und internationale Normen sowie weitere Kriterien der Kommission stützt. Nur Umweltangaben, die auf dieser Methodik basieren, dürfen kommuniziert werden.

ClimatePartner hat das bisherige Label “Klimaneutral” bereits durch das neue Label “ClimatePartner-zertifiziert” ersetzt. Teilnehmende Unternehmen müssen ihren CO₂-Fußabdruck berechnen und regelmäßig aktualisieren, Reduktionsmaßnahmen umsetzen und sich langfristige Reduktionsziele setzen. Man begrüße den “Vorstoß einer gesetzlichen Regulierung für Umweltaussagen, da auch wir uns mehr Einheitlichkeit und Rechtssicherheit am Markt wünschen”, sagt Rössler. “Gleichzeitig darf eine Regulierung nicht dazu führen, dass es Unternehmen unverhältnismäßig schwer gemacht wird, sich im dringend benötigten Klimaschutz freiwillig zu engagieren und darüber zu kommunizieren“. Der freiwillige Markt spiele eine entscheidende Rolle, um mehr Geschwindigkeit und sichtbare Impulsgeber zu generieren.

Die Kommission will schrittweise vorgehen: Der Green Claims-Vorschlag soll gemeinsam mit der Richtlinie über die Stärkung der Verbraucher zum umweltbewussten Handeln den ersten Rahmen für den Kampf gegen Greenwashing darstellen. Anhand der Erfahrungen in der Umsetzung beider Richtlinien will die Kommission dann prüfen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.

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News

Breton kündigt Digital Networks Act an – ohne Fair Share

Fair Share ist vom Tisch. Am Dienstagabend hat die Kommission die Ergebnisse ihrer Konsultation zur Zukunft des Kommunikationssektors und seiner Infrastruktur veröffentlicht. Demnach plant die Kommission keine Netzwerkabgabe für die großen amerikanischen Internetkonzerne. Vielmehr arbeitet Kommissar Thierry Breton jetzt an einem Digital Networks Act (DNA), der den Telekommunikationsmarkt neu definieren soll. Im Zentrum steht ein einheitlicher Binnenmarkt für Telekommunikation.

Bereits seit langem forderten die europäischen Telekommunikationsunternehmen (Big Telco) eine in ihren Augen faire Beteiligung der amerikanischen Internetkonzerne (Big Tech), die immer größere Datenmengen durch die Netze schicken, an den steigenden Kosten für den Netzausbau. Gegner sahen dadurch vor allem das Prinzip der Netzneutralität in Gefahr. Und die Big Tech argumentierten, dass sie selbst erheblich in Konnektivität investieren und die Telekomfirmen so doppelt abkassieren würden.

Telekommunikationssektor soll besser skalieren

Breton, der als ehemaliger CEO der früheren France Télécom als Verfechter der Netzwerkabgabe galt, schlägt nun eine andere Richtung ein. Sie soll sicherstellen, dass die europäischen Netzwerke in Bezug auf Übertragungsgeschwindigkeit, Speicherkapazität, Leistung und Interoperabilität den steigenden Anforderungen gewachsen und wettbewerbsfähig sind. “Wir müssen die Bedingungen schaffen, damit der Sektor den Technologiewandel hin zu cloud-basierten, softwaredefinierten Modellen vollständig annimmt”, schreibt Breton in einem Beitrag auf Linkedin.

Telekommunikationsbetreiber benötigten Skalierung und Agilität, um sich der technologischen Entwicklung anzupassen. “Marktzersplitterung bremst sie aus”, sagt er. Es gebe zu viele regulatorische Barrieren für einen wahren Binnenmarkt für Telekommunikation – angefangen beim Erwerb von Spektrum, bei der Konsolidierung des Marktes, bei der Sicherheit und vielem mehr. “Dies ist das klare Ergebnis der Konsultation”, schreibt Breton. Niedrige Renditen, lange Amortisationszeiten und Marktunsicherheiten verringerten wiederum die Attraktivität des Telekommunikationssektors für Investoren.

Ziel ist ein europäischer Binnenmarkt für Telekommunikation

Vier Bereiche will die Kommission mit dem Digital Networks Act angehen:

  • die Erleichterung grenzüberschreitender Aktivitäten und die Schaffung paneuropäischer Infrastrukturbetreiber
  • die Anpassung des regulatorischen Rahmens, um Kosten zu senken – mit dem Gigabit-Infrastrukturgesetz als erstem Schritt
  • die Attraktion von mehr – und mehr privatem – Kapital in den Telekommunikationssektor
  • die Sicherung der Netzwerke gegen geopolitischen Risiken vis

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Hamas-Hass auf X: Breton setzt Musk 24-Stunden-Frist

Der EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt Thierry Breton hat Elon Musk per Brief aufgefordert, sich an die für große Anbieter wie X (ehemals Twitter) bereits verpflichtenden Regeln des Digital Services Act (DSA) zu halten. “Lassen Sie mich daran erinnern, dass der Digital Services Act sehr genaue Verpflichtungen bezüglich Inhaltemoderation vorgibt”, schreibt Breton in seinem am Montag verschickten Schreiben. Dieses ist mit einer 24-Stunden-Antwortfrist versehen. Anlass für die Dringlichkeit sind die Geschehnisse auf der Plattform nach dem Angriff der Hamas auf Israel.

Der DSA fordert unter anderem ein wirksames Moderationssystem, die Weiterleitung erkannter wichtiger Straftaten an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und die Kooperation mit diesen, wenn diese beim Anbieter problematische Inhalte melden. Dass X derzeit den Vorgaben nicht entspricht, darin sind sich die Fachleute einig. Breton mahnt Musk nun aber konkret, dass ihm Hinweise vorlägen, dass Hinweisen der zuständigen Behörden nicht nachgegangen wurde. Bei den größten Anbietern ist die EU-Kommission für die Durchsetzung selbst unmittelbar zuständig. Neben Geldstrafen könnte die Plattform in der EU bis zur Sperrung sanktioniert werden. fst

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Stahl aus China: EU will Untersuchung auf Subventionen

Nach Elektroautos will die EU-Kommission offenbar auch Subventionen für chinesische Stahlunternehmen genauer untersuchen. Auch hier sei eine Untersuchung wegen möglicher Marktverzerrungen geplant, berichtete Financial Times am Dienstag unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Demnach soll die offizielle Verkündung der EU-Untersuchung bei einem Gipfeltreffen mit den USA in diesem Monat angekündigt werden. US-Präsident Joe Biden hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel für den 20. Oktober zu Gesprächen eingeladen.

Die EU will damit den Bemühungen der US-Regierung, die eigene Industrie vor Billiganbieter zu schützen, folgen. Dem Bericht zufolge hat Brüssel dem Schritt zugestimmt als Gegenleistung für die Vermeidung der Wiedereinführung von Zöllen auf EU-Stahl. Diese Zölle hatte der damalige Präsident Donald Trump 2018 verhängt.

Abkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium

Brüssel und Washington hatten sich als temporäre Lösung auf eine Aussetzung geeinigt. Als langfristige Lösung soll nun ein Abkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium (Global Arrangement on Sustainable Steel and Aluminium, kurz GSA), geschlossen werden, das bei dem Treffen kommende Wochen angekündigt werden soll. Die EU-Beamten erklärten dem Bericht zufolge, Präsident Joe Biden wolle mit dem Schritt die Arbeitsplätze von Stahlarbeitern in Swing States wie Pennsylvania und Ohio schützen, um zu verhindern, dass Trump im kommenden Jahr ein Comeback gelingt.

Seit vergangener Woche läuft bereits eine Antisubventionsuntersuchung gegen E-Fahrzeuge aus chinesischer Produktion. Konkret geht es um den Verdacht, dass sich chinesische Staatsgelder für E-Autobauer aus dem Land negativ auf europäische Produzenten auswirken. Sollte die Untersuchung diesen Verdacht erhärten, könnte die Kommission Maßnahmen ergreifen, um faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. “Die Antisubventionsuntersuchung wird sorgfältig, fair und faktenbasiert sein”, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Vorwoche. Sie hatte die Untersuchung in ihrer Rede zur Lage der Union Mitte September angekündigt. ari

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Außenbeauftragter Borrell besucht China

Der Außenbeauftragte Josep Borrell wird von Donnerstag bis Samstag in Peking zu Besuch sein. Borrell trifft dort unter anderem Chinas Außenminister Wang Yi. Nach dem Treffen, voraussichtlich am Freitag, soll eine Pressekonferenz mit Borrell stattfinden, bestätigte eine Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) am Dienstag.

Borrell hatte seine Reise zunächst wegen einer Covid-Erkrankung verschieben müssen, und ein weiteres Mal, weil Chinas Außenminister Qin Gang verschwunden war. In den vergangenen Wochen waren mehrere EU-Kommissare in China zu Besuch. Vor Ende des Jahres soll zudem ein EU-China-Gipfel stattfinden. ari

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Berlin liefert Ukraine Waffen für den Winter

Die Bundesregierung will der Ukraine mit einer umfangreichen Lieferung von Luftabwehrsystemen, Panzern und Munition militärisch über den kommenden Winter helfen. Dabei soll das bereits in der vergangenen Woche zugesagte zweite Luftverteidigungssystem Patriot neben dem Feuerleitstand und dem Radargerät acht weitere Startgeräte und mehr als 60 Lenkflugkörper umfassen, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Zusätzlich liefere Deutschland im Oktober weitere Iris-T-Systeme: ein drittes Iris-T SLM mit Lenkflugkörpern für die mittlere Reichweite sowie ein zweites Iris-T SLS für die kurze Reichweite ebenfalls mit Lenkflugkörpern. Dazu kommen drei weitere Flugabwehrkanonenpanzer vom Typ Gepard. Das gesamte Luftverteidigungspaket habe einen Wert von rund einer Milliarde Euro.

Deutschland schnürt demnach auch ein Unterstützungspaket für die ukrainischen Spezialkräfte, bestehend aus Fahrzeugen, Waffen und persönlicher Ausrüstung im Wert von mehr als 20 Millionen Euro. Zudem sei weitere 155-mm-Munition im Zulauf. In den nächsten Wochen treffen auch weitere zehn Kampfpanzer Leopard 1A5, 15 geschützte Transport- und knapp 20 geschützte Sanitätsfahrzeuge in der Ukraine ein.

“Deutschland unterstützt die Ukraine auch künftig damit, was sie am dringendsten braucht – mit Luftverteidigung, Munition und Panzern”, teilte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit. Dies erhöhe die Einsatzbereitschaft der ukrainischen Streitkräfte in den kommenden Monaten weiter.dpa

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Gaspipeline nach Finnland: Gezieltes Vorgehen führte zum Schaden

Die Schäden an einer Erdgas-Pipeline in der Ostsee zwischen Finnland und Estland weisen Ermittlern zufolge auf ein gezieltes Vorgehen hin. Dafür spreche der Umfang des Schadens, erklärten die finnischen Ermittlungsbehörden. Für ein derartiges Vorgehen sei zudem Spezialwissen erforderlich. “Wir verifizieren noch, ob der Schaden absichtlich oder versehentlich verursacht wurde”, hieß es in einer Stellungnahme weiter. Neben der Pipeline wies auch ein Telekom-Kabel Schäden auf. Finnlands Ministerpräsident Sauli Niinistö erklärte, es sei noch zu früh, um etwas Genaues über die Ursache sagen zu können. Es handele sich jedoch vermutlich um eine Einwirkung von außen.

Die 77 Kilometer lange Pipeline Balticconnector verbindet Inkoo in Finnland und Paldiski in Estland. Sie führt durch den Golf von Finnland, einen Teil der Ostsee, der bis in russische Hoheitsgewässer reicht. Der Betreiber verzeichnete am Sonntag um 02.00 Uhr (Ortszeit; 01.00 Uhr MESZ) einen plötzlichen Druckabfall und legte die Leitung still. Die finnische Energie-Gesellschaft Gasgrid erklärte inzwischen, es könnte Monate dauern, die Schäden zu beheben. Den zuständigen Betreibern zufolge kann der Erdgas-Bedarf in beiden Staaten aus anderen Quellen gedeckt werden, auch im Winter. Dem Telekom-Unternehmen Elisa zufolge wurde das Kabel hauptsächlich für die Datensicherung eingesetzt, der Regelbetrieb sei nicht betroffen.

Gaspreise auf Höchststand in sechs Monaten

Die Nachricht ließ die Erdgaspreise in Europa zunächst auf den höchsten Wert seit sechs Monaten steigen. Zuvor hatte der Gaza-Konflikt für Auftrieb gesorgt. Der finnischen Regierung zufolge könnte der Vorfall zu etwas höheren Erdgas-Preisen im Winter führen, Auswirkungen auf den Strompreis seien nicht zu erwarten. Finnland hatte nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Erdgas-Importe aus Russland gestoppt. Das meiste Erdgas erhält das Land inzwischen durch den Import von Flüssigerdgas (LNG) über Terminals in Inkoo and Hamina. Estland kann seinerseits Erdgas aus dem europäischen Pipelinenetz über Lettland beziehen.

Die Balticconnector-Pipeline kann bis zu 7,2 Millionen Kubikmeter (mcm) Erdgas pro Tag transportieren, was 80 Gigawattstunden (GWh) pro Tag entspricht. Die im Dezember 2019 eröffnete Leitung soll zur Integration der Erdgas-Märkte in der Region beitragen sowie Finnland und den baltischen Staaten eine größere Flexibilität bei der Versorgung bieten. rtr

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  • LNG

EU-Kartellrecht: Lockerungen für Schifffahrt enden

Bestimmte Lockerungen des EU-Kartellrechts für die Schifffahrt enden im nächsten Jahr. Die EU-Kommission sei zu dem Schluss gelangt, dass eine entsprechende Verordnung den Wettbewerb im Schifffahrtssektor nicht mehr fördere, teilten die Wettbewerbshüter am Dienstag mit. Sie soll deswegen am 25. April 2024 auslaufen.

Die Verordnung ermöglicht es Schifffahrtsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen, Konsortien zu bilden – etwa durch Kooperationsvereinbarungen. Grundsätzlich können Absprachen unter Konkurrenten illegal sein, weil dadurch der Wettbewerb verzerrt werden kann. Absprachen können aber rechtskonform sein, wenn dadurch etwa der technische oder wirtschaftlichen Fortschritt gefördert wird, ohne dass der Wettbewerb ausgeschaltet wird, wie die Kommission mitteilte. Unternehmen müssten nun prüfen, ob ihre Kooperationsvereinbarungen weiterhin mit EU-Recht vereinbar seien.

Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) begrüßte die Entscheidung. “Aus Sicht der Hafenwirtschaft ist das ein wichtiger Schritt, um die Containerschifffahrt zu normalisieren”, so ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus. Die Kommission sollte dem Marktgebaren großer Allianzen klare Grenzen setzen, forderte er. Große Reedereien hatten bislang argumentiert, dass die sogenannte Gruppenfreistellungsregel zu einem besseren Wettbewerb beigetragen habe, weil sie auch kleineren Akteuren erlaube, existenzfähig zu bleiben. dpa

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Polen: Hochrangige Offiziere treten zurück

Fünf Tage vor der Wahl in Polen sind zwei hochrangige Kommandeure der polnischen Armee zurückgetreten. Am Dienstag reichten der Befehlshaber der Streitkräfte, Generalleutnant Tomasz Piotrowski, und der Generalstabschef, General Rajmund Andrzejczak, ihren Rücktritt ein, wie Sprecher der jeweiligen Dienste gegenüber Reuters bestätigte.

Der Chef des nationalen Sicherheitsbüros Jacek Siewiera sagte, der Präsident habe ihre Rücktritte akzeptiert. Einen Grund für die Rücktritte nannte er nicht. Polens Präsident Andrzej Duda ernannte anschließend die Nachfolger. Generalleutnant Wieslaw Kukula wird Generalstabschef und Generalmajor Maciej Klisz Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Ein Sprecher des Generalkommandos bestätigte, dass 10 weitere Offiziere gekündigt hätten. Allerdings handele es sich nicht um hochrangiges Militärpersonal.

Spannungen zwischen Armee und PiS

Die Rücktritte erfolgten voraussichtlich vor dem Hintergrund verstärkter Spannungen zwischen dem militärischen Oberkommando und der nationalistischen Regierung Polens. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak hatte im Mai erklärt, die Armee habe ihn nicht über eine auf das Land zusteuernde Rakete informiert. Polnische Medien berichteten, dass es sich bei dem Objekt, das im April in einem Wald in Nordpolen gefunden wurde, um eine russische KH-55-Rakete handelte. Polnischen Streitkräfte hätten im Dezember ein Objekt gesehen, das in den Luftraum des Landes eindrang, es dann aber aus den Augen verloren.

Es sei eine “absolute Schande für Minister Blaszczak, der die Grenze zum parteiischen Einsatz der polnischen Armee längst überschritten hat”, schrieb Tomasz Siemoniak, ein ehemaliger Verteidigungsminister der oppositionellen Bürgerplattform, auf der Social-Media-Plattform X. “Dies ist ein PiS-Desaster im Verteidigungssektor in einer Zeit großer Bedrohungen für Polen”, schrieb er.

Da am 15. Oktober in Polen eine hart umkämpfte Wahl ansteht, sagen Experten, dass das Tempo der Militärausgaben und die innenpolitische Debatte darüber zum Teil durch den Wahlkampf bestimmt werden. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat die nationale Sicherheit zu einem Schlüsselthema ihres Wahlkampfes um eine dritte Amtszeit in Warschau gemacht. rtr/luk

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Presseschau

Borrell: Große Mehrheit der EU steht hinter fortgesetzter humanitärer Hilfe für Gaza EURONEWS
EU plunges into diplomatic row over suspension of Palestinian aid announcement FRANCE24
Krieg gegen Israel: Dieses Chaos zeigt, warum die EU im Nahen Osten nur noch zahlender Zaungast ist WELT
Auswärtiges Amt bereitet Evakuierungsflüge aus Israel vor SPIEGEL
France’s Macron: had ‘very encouraging’ talks with Germany on EU power reform REUTERS
Leck in Ostsee-Gaspipeline: Finnland untersucht mögliche Sabotage TAGESSCHAU
Europäische Union will in Afghanistan 3,5 Millionen Euro Hilfe leisten AERZTEBLATT
Flucht und Migration: Zahl der Asylanträge in Europa könnte Höchstwert seit 2016 erreichen ZEIT
EU-Kommissarin: Europa kann nur wachsen, wenn alle Regionen wachsen EURACTIV
Bulgarien versichert Wien: EU-Außengrenze zur Türkei gut bewacht FINANZEN
EU: Frontex’s lack of transparency on Libyan cooperation to be heard in court AMNESTY
SPD-Plan für Industriepolitik: “Europa fällt zurück” TAZ
EU-Agrarpolitik: EU-Beitritt der Ukraine würde sie radikal verändern AGRARHEUTE
Handelspolitik: EU-Kommission prüft Strafzölle auf chinesischen Stahl FAZ
The EU’s ‘set menu’ membership model is failing. It’s time for an ‘à la carte’ approach THEGUARDIAN
Deutschlands Verbände wollen EU-Gebäuderichtlinie retten EURACTIV
Brexit oder Bregret? Warum der EU-Austritt kein Wahlkampfthema ist ZDF
Estonia ready to lose funding if Ukraine joins EU, prime minister says FT
KI, Software & Co.: EU-Abgeordnete fordern bis zu 30 Jahre Produkthaftung​ HEISE
Irland plant Staatsfonds für Rente und Klima TAGESSCHAU
Verbotszone für Benziner und Diesel in Stockholm geplant HANDELSBLATT
Successful Launch Of Europe’s First Private Rocket Gives Spain Direct Access To Space FORBES
How European universities can counter Russia’s intellectual isolation LSE

Standpunkt

“EU-Finanzmarkt ist blind gegenüber zentralsten EU-Werten!”

Von Harald Bolsinger
Harald Bolsinger ist Wirtschaftsethiker an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Finanzmarktethik und Wertefragen von Banken in der Praxis.

Banken und Investmentgesellschaften haben über die Finanzierung von Unternehmen und Investitionen in entsprechende Projekte indirekt Einfluss auf die Realwirtschaft. Den größten Einfluss und gleichzeitig die größte Verantwortung haben aber die Zentralbanken. Sie haben nicht nur eine Vorbildfunktion für die Geschäftsbanken inne, sondern steuern auch deren Finanzierungs- und Investitionsverhalten ganz erheblich. Darüber hinaus führen sie selbst riesige Transaktionen auf den Finanzmärkten durch.

In der Europäischen Union müsste hier der EZB eine zentrale Rolle zukommen. Als Institution der Europäischen Union ist die EZB der Einhaltung der EU-Grundrechtecharta verpflichtet – zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis hat sich diese Verpflichtung und Verantwortung seit ihrer Gründung noch nicht in ihrer Geldpolitik niedergeschlagen. Ihr geldpolitisches Instrumentarium ignoriert weitestgehend ethische Kontroversen und grundrechtsbezogene Risiken. Der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wird die EZB in ihrer eigenen Lieferkette und bei ihren Vermögenswerten nicht gerecht. Um dies zu ändern, habe ich die EU-Petition 0429/2017 eingereicht.

Petition wurde 2017 eingereicht

Die Petition wurde am 15. Mai 2017 unter dem Titel “Compliance of the European Central Bank with the EU Charter of Fundamental Rights” registriert. Sie verweist auf ein seit der Gründung der EZB bestehendes Grundproblem: im Kerngeschäft der EZB erfolgt keinerlei Prüfung auf potenzielle Grundrechtsverletzungen. Die Tragweite dieser bewussten Ignoranz ist riesig: Alle Banken der Eurozone müssen Kredite bei der EZB aufnehmen. Sie vergibt diese Kredite gegen Verpfändung notenbankfähiger Sicherheiten.

Das Volumen der zugelassenen marktfähigen Wertpapiere, die als Sicherheiten verwendet werden können, beträgt rund 18 Billionen Euro. Dazu gehören Staatspapiere, Bank- und Unternehmensanleihen, Asset-Backed Securities und andere Vermögenswerte. Gleichzeitig kauft die EZB selbst diese Wertpapiere direkt. Sie wird direkt Eigentümerin und indirekt Besitzerin dieser Wertpapiere, über die Verpfändung.

Ein Fünftel der Sicherheiten ethisch kontrovers

ESG-Kontroversen-Scans mit Daten renommierter Dienstleister belegen, dass circa 20 Prozent der marktfähigen Sicherheiten mit schweren oder sehr schweren ethischen Kontroversen behaftet sind. All diese Vermögenswerte üben Einfluss auf den EU-Binnenmarkt und die EU-Bürger aus. Die Zulassungskriterien der EZB für diese Sicherheiten sehen aber keine Prüfung auf Verstöße gegen die Europäische Grundrechtecharta vor: der EU-Finanzmarkt ist damit ethisch völlig blind gegenüber den zentralsten EU-Werten.

Darauf aufbauend forderte die Petition endlich eine transparente und vollständige Risikobetrachtung der EZB zu möglichen Beeinträchtigungen der EU-Grundrechtecharta durch ihre gehandelten Wertpapiere. Die Aufnahme einer Sorgfaltspflichtprüfung zu EU-Grundrechten in die Zulassungskriterien für alle EZB-eigenen Vermögenswerte ist überfällig und würde das Eurosystem von seiner Ethikblindheit sofort befreien. Stark kontroversenbehaftete Wertpapiere wie die von Eni oder LafargeHolcim würden EU-weit sofort an Attraktivität verlieren, da sie für Geschäfte mit der Zentralbank nicht mehr taugen würden.

Es geht um ordoliberale Umsetzung der Grundrechte

Im Verlauf der vergangenen sechs Jahre wurden durch diese Petition alle politisch Mitverantwortlichen mit dem Problem nachweislich konfrontiert. Der Umgang mit der Petition ist ein Gradmesser für die politische Ernsthaftigkeit, mit der die EU und ihre Mitgliedstaaten tatsächlich die europäischen Finanzmärkte nachhaltig umgestalten wollen. Die Petition ist weder einseitig politisch gefärbt noch ideologisch aufgeladen. Es geht ganz einfach um die ordoliberale Umsetzung der bereits festgeschriebenen Grundrechte – ohne diese neu zu verhandeln. Dahinter steckt die einfache Frage, ob sich alle europäischen Institutionen gleichermaßen für den Schutz und die Förderung der Grundrechte in ihrem Kerngeschäft einsetzen müssen. Oder ob es eine Institution geben darf, die sich uneingeschränkt darüber erheben kann – zum potenziellen Schaden der gesamten EU und zum eigenen Schaden an ihrer Glaubwürdigkeit.

Ende September hat der Petitionsausschuss des EU-Parlaments die Petition als erledigt betrachtet und mit einem lapidaren Brief am 2. Oktober geschlossen. Ein fatales Signal gegenüber allen europäischen Geschäftsbanken, die haarklein Rechenschaft zu ihrer Nachhaltigkeitsleistung ablegen sollen und ihre Treasury-Organisation durchleuchten müssen, während die Mutter aller Banken sich in ihrem eigenen Hause darum auch weiterhin nicht zu kümmern braucht! Walk the walk, before you talk the talk? Das gilt wohl nicht für die EZB …

  • Klima & Umwelt
  • Sorgfaltspflichten

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    eigentlich wollten die EU-Energieminister kommende Woche bei ihrem Treffen in Luxemburg den Knoten bei der Strommarkt-Reform lösen. Es geht um die Frage, ob Frankreich seiner Industrie durch subventionierte Atomkraftwerke einen Wettbewerbsvorteil verschaffen darf. Die gemeinsame Kabinettsklausur der Regierungen aus Paris und Berlin an den vergangenen beiden Tagen sollte den Weg dafür bereiten, allerdings gibt es offenbar kaum Fortschritte.

    “In diesem Monat” will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Einigung erzielen – nicht gerade ambitioniert angesichts der schon länger dauernden Diskussionen. Macron will zudem nichts davon wissen, dass Deutschland ein Problem mit seiner Haltung zu den AKWs hat. “Die europäische Strategie und die deutsch-französische Strategie muss sich auf einfache Dinge konzentrieren”, sagte er nach der Klausur in Hamburg. Das sei der Ausstieg aus Kohle und Gas, um zu einer CO₂-freien Stromerzeugung zu gelangen.

    Danach müsse man auf Effizienzsteigerungen, erneuerbare Energien sowie Atomkraft setzen. Auf eine dieser Komponenten zu verzichten, sei zu teuer oder unmöglich. “Ich glaube, es wäre ein historischer Fehler, sich in kurzfristigen Spaltungen zu verlieren, weil man entweder die Erneuerbaren oder die Atomenergie bevorzugt”, sagte Macron. Die Priorität müsse die Produktion CO₂-freier Energie zum geringsten Preis wie möglich sein.

    Bundeskanzler Olaf Scholz betonte dagegen lieber die Gemeinsamkeiten und pocht weiterhin auf Zusammenarbeit. Beim Klimaschutzziel seien sich Frankreich und Deutschland einig, auch wenn die Wege unterschiedlich seien. Um günstigen Strom zu bekommen, brauche es eine gemeinsame, europäische Lösung. Diese sei dann am wahrscheinlichsten, wenn Deutschland und Frankreich sie zusammen entwickelten.

    So richtig überzeugend ist das jedoch nicht, denn das Treffen in Hamburg sollte zur Entwicklung ebenjener Lösungen beitragen. Es drängt sich nicht der Eindruck auf, man sei einer Einigung wesentlich nähergekommen.

    Starten Sie dennoch gut in Ihren Tag.

    Ihr
    Lukas Knigge
    Bild von Lukas  Knigge

    Analyse

    Außenminister für weitere Zahlungen an Palästinenser

    Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat sich nach einer Dringlichkeitssitzung der Außenminister klar von seinem Kommissionskollegen Oliver Varhelyi distanziert und sieht dabei auch die Mitgliedstaaten hinter sich: Ja, die Kommission plane zwar, die finanzielle Unterstützung für die Palästinenser zu überprüfen. Der Chefdiplomat stellte dies aber als Formalität dar. Es gehe darum, sich noch einmal zu vergewissern, dass keine EU-Mittel bei Hamas landeten. Zusammenarbeit und Hilfe für die Palästinenserbehörden müssten aber fortgesetzt werden. Es werde keine Suspendierung der Mittel geben. Abgesehen von “zwei oder drei Mitgliedstaaten” hätten alle Außenminister diese Position unterstützt, betonte Borrell.

    Die Außenminister der EU-Staaten waren in Oman am Rande eines schon länger geplanten Treffens mit den Golfstaaten zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen, ein Teil per Video zugeschaltet. Er werde sich persönlich dafür einsetzen, dass die Überprüfung der Zahlungen möglichst schnell geschehe, sagte Borrell. Diese Überprüfung dürfe aber keine Entschuldigung sein, um Zahlungen an die palästinensischen Behörden zu verzögern. Diese seien die Partner der EU, nicht Hamas in Gaza.

    Keine kollektive Bestrafung

    Für den Außenbeauftragten wäre es ein großer Fehler, die Unterstützung der palästinensischen Autonomiebehörde auf der Westbank zu stoppen: Eine kollektive Bestrafung aller Palästinenser wäre nicht nur unfair und kontraproduktiv, sondern auch “ein Geschenk an Hamas”, betonte Borrell. Er wisse nicht, wann die nächsten Zahlungen fällig seien. Die EU werde aber in Zukunft mehr Hilfe leisten müssen, nicht weniger.

    Es gehe auch darum, für die Zeit nach dem Konflikt bereit zu sein, sagte Borrell, der auch über das Treffen des Golfkooperationsrates informiert. Frieden zwischen den arabischen Staaten und Israel sei wichtig, doch die Palästinenser dürften dabei nicht vergessen gehen. Sonst werde sich die Gewaltspirale weiterdrehen. Die Eskalation sei ein Weckruf, so der Außenbeauftragte. Dabei sei man sich einig in der Verurteilung des terroristischen Angriffs auf Israel und fordere die Freilassung der Geiseln, die von Hamas in Gaza festgehalten werden. Israel habe das Recht auf Selbstverteidigung. Dies müsse aber in Einklang mit internationalem Recht geschehen. Bei der Entscheidung der israelischen Regierung, den Gazastreifen von der Versorgung mit Strom, Wasser und Lebensmitteln abzuschneiden, sei dies nicht der Fall.

    Kommission versucht Schadensbegrenzung

    In Brüssel war die EU-Kommission nach dem Alleingang von Oliver Varhelyi um Schadensbegrenzung bemüht. Der EU-Kommissar habe Präsidentin Ursula von der Leyen nicht konsultiert, bevor er auf dem Kurznachrichtendienst X die Suspendierung der Hilfen für die Palästinensergebiete verkündete, insistierte Kommissionssprecher Eric Mamer. Die Ankündigung sei mit keinem Mitglied des Kollegiums abgesprochen gewesen. Eine solche politische Entscheidung könne aber überhaupt nur im Kollegium und nach Konsultationen mit den Mitgliedstaaten getroffen werden. Varhelyi gilt als Brüsseler Statthalter von Ungarns Regierungschef Viktor Orban, der wiederum stramm an der Seite von Israels rechtsnationalem Benjamin Netanjahu steht. Der Kommissar für Erweiterung und Nachbarschaft ist nicht zum ersten Mal auffällig. So hatte er im EU-Parlament Abgeordnete als “Idioten” tituliert und musste sich nachher entschuldigen.

    Oliver Varhelyi hatte mit seinem Alleingang zu den Palästinahilfen weltweit Schlagzeilen ausgelöst. Auch, weil der Sprecherdienst der EU-Kommission bis zum Abend brauchte, um die Falschmeldung wieder einzufangen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres habe sein Unverständnis bei EU-Ratspräsident Charles Michel deponiert, so Diplomaten. Immerhin sind die EU und ihre Mitgliedstaaten mit jährlich 600 Millionen Euro mit Abstand vor den USA und den Golfstaaten die größten Geldgeber der Palästinenser. Länder wie Spanien und Frankreich zeigten sich alarmiert, doch auch Belgien, Irland und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn positionierten sich gegen eine Suspendierung.

    Die Palästinensergebiete bräuchten in nächster Zukunft wohl mehr Hilfe und nicht weniger, sagte Spaniens Außenminister Jose Manuel Albares. Die Zusammenarbeit müsse vorgesetzt werden: “Wir dürfen nicht Hamas, auf der Terrorliste der EU, mit der Bevölkerung Palästinas verwechseln”. Ähnlich äußerten sich auch EU-Ratspräsident Charles Michel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Rande des Besuchs in Berlin. Andere Mitgliedstaaten wie Österreich haben umgekehrt bereits verkündet, ihre bilaterale Hilfe vorerst zu suspendieren. In Berlin kündigte Außenministerin Baerbock an, dass sie sich für die Fortsetzung der Zahlungen starkmache.

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    Wie die EU gegen Greenwashing vorgeht

    Klimaneutralität ist ein wichtiges politisches Ziel im Kampf gegen den Klimawandel – und ein häufiges Werbeversprechen auf Produkten oder für Dienstleistungen. Kosmetikprodukte, Lebensmittel, der Paketversand oder das Möbelstück: Viele Hersteller und Anbieter werben mit neutralen oder sogar positiven Effekten für Umwelt und Klima.

    Aus Sicht des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) ist die Werbung für vermeintlich “klimaneutrale” Produkte, Dienstleistungen oder Unternehmen hochproblematisch, sagt Jochen Geilenkirchen, Referent für Nachhaltigen Konsum: “Sie spielt mit dem Unwissen von Verbraucher:innen über den Zusammenhang von ,Klimaneutralität’ mittels Kompensation von Treibhausgasen und der zweifelhaften Wirksamkeit solcher Maßnahmen. Außerdem erweckt sie den Eindruck, beworbene Produkte haben keine schädlichen Auswirkungen auf das Klima – das ist aber bislang unmöglich”. Werbung mit “Klimaneutralität” sei daher klassisches Greenwashing.

    Gegen diese Grünfärberei, also falsche umwelt- und klimabezogene Behauptungen, will die EU-Kommission vorgehen. Zwei Richtlinien werden zurzeit in Brüssel verhandelt: Die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel verbietet unlautere Praktiken und schafft verbindliche Vorgaben für Produktlabel. Die Green Claims-Richtlinie soll Unternehmen verpflichten, umweltbezogene Aussagen über ihre Produkte mit einer Standardmethode zur Bewertung ihrer Umweltauswirkungen zu belegen.

    “Das pauschale Narrativ von den skrupellosen Unternehmen, die lediglich auf einen grünen Anstrich aus sind, können wir nicht bestätigen”, sagt wiederum Eva Rössler, Sprecherin des Beratungsunternehmens ClimatePartner. Das blaue Label von ClimatePartner schmückt Produkte wie Flüssigseife oder Fleischprodukte und auch Unternehmen und Fabrikstandorte. “In unserer Zusammenarbeit lernen wir Unternehmen kennen, die einen Beitrag leisten wollen, die das Thema Klimaschutz in ihrer Unternehmensstrategie verankern, sich ambitionierte Ziele setzen und diese kontinuierlich verfolgen”.

    Hälfte der Umweltangaben vage, irreführend oder unbegründet

    Laut einer Studie der EU-Kommission von 2020 gibt es in der EU derzeit etwa 230 Nachhaltigkeit-Labels, die sich in ihrem Transparenzgrad stark unterscheiden. Dazu gehören neben Angaben zur Klimaneutralität auch solche zum Recyclinganteil von Verpackungen oder zur Umweltfreundlichkeit eines Produkts. Rund die Hälfte solcher Angaben auf Produkten und Dienstleistungen enthalte “vage, irreführende oder unbegründete Informationen“. 40 Prozent der Angaben können gar nicht belegt werden. Bei einem erheblichen Teil der Produkte sei zudem nicht erkenntlich, ob sich die Angabe auf das gesamte Produkt oder nur auf einen Bestandteil, auf das Unternehmen oder nur auf einzelne Produkte beziehe. Auch die betroffene Phase des Produktlebenszyklus sei in den meisten Fällen nicht ersichtlich, erklärt die Kommission.

    Bislang bietet die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UCPD) eine Grundlage für Klagen gegen bestimmte irreführende Aussagen. Auch der vzbv geht regelmäßig juristisch gegen Unternehmen vor, die ihre Produkte grüner erscheinen lassen, als sie tatsächlich sind. Im Juni reichte der Verband gemeinsam mit Verbraucherschutzorganisationen aus anderen EU-Mitgliedstaaten und dem europäischen Dachverband BEUC eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein, in der sie irreführende Klimabehauptungen von 17 europäischen Fluggesellschaften anprangern.

    Generische Angaben ohne Beleg bald unlautere Geschäftspraxis

    “Ein generelles Problem der nachträglichen gerichtlichen Überprüfung von Werbeaussagen ist jedoch, dass sie zunächst auf dem Markt verwendet werden können, bis sich ein Kläger findet“, sagt Geilenkirchen. “Komplett verhindern lässt sich Greenwashing so nicht”. Zudem gebe es bislang keine allgemeingültigen Vorgaben, wie beworbene positive Umwelteigenschaften nachgewiesen werden müssen und unter welchen Bedingungen mit Umwelteigenschaften geworben werden darf.

    Der vzbv fordert deshalb eine Regulierung für den gesamten EU-Binnenmarkt, die wissenschaftliche Kriterien für Methoden zur Substantiierung von Umweltaussagen festlegt. Aussagen wie “klimaneutral”, die nicht belegt werden können, sollten aus Sicht des Verbands generell verboten werden.

    Letzteres hat die EU bereits umgesetzt: Laut der Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel gelten zukünftig generische Umweltangaben wie “klimaneutral”, “umweltfreundlich” und “ökologisch abbaubar” ohne entsprechenden Beleg als unlautere Geschäftspraktiken. Auch Behauptungen, ein Produkt hätte neutrale, reduzierte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt, wenn diese auf CO₂-Kompensation beruhen, werden als unlauter eingestuft.

    Im September einigten sich Rat, Kommission und Parlament auf einen Gesetzestext; dieser muss nun noch formal angenommen werden. Das Parlament stimmt voraussichtlich im November ab. Nach dem anschließenden Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten 24 Monate für die Umsetzung in nationales Recht.

    Green Claims: Wissenschaftliche Grundlage für Umweltangaben

    Die im März von der Kommission vorgestellte Green-Claims-Richtlinie sieht Mindestanforderungen an die Begründung und Kommunikation freiwilliger umweltbezogener Angaben und Umweltkennzeichnungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern vor.

    Umweltbezogene Angaben über Produkte oder Gewerbetreibende sollen auf der Grundlage einer Methodik begründet werden, die sich auf anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse und internationale Normen sowie weitere Kriterien der Kommission stützt. Nur Umweltangaben, die auf dieser Methodik basieren, dürfen kommuniziert werden.

    ClimatePartner hat das bisherige Label “Klimaneutral” bereits durch das neue Label “ClimatePartner-zertifiziert” ersetzt. Teilnehmende Unternehmen müssen ihren CO₂-Fußabdruck berechnen und regelmäßig aktualisieren, Reduktionsmaßnahmen umsetzen und sich langfristige Reduktionsziele setzen. Man begrüße den “Vorstoß einer gesetzlichen Regulierung für Umweltaussagen, da auch wir uns mehr Einheitlichkeit und Rechtssicherheit am Markt wünschen”, sagt Rössler. “Gleichzeitig darf eine Regulierung nicht dazu führen, dass es Unternehmen unverhältnismäßig schwer gemacht wird, sich im dringend benötigten Klimaschutz freiwillig zu engagieren und darüber zu kommunizieren“. Der freiwillige Markt spiele eine entscheidende Rolle, um mehr Geschwindigkeit und sichtbare Impulsgeber zu generieren.

    Die Kommission will schrittweise vorgehen: Der Green Claims-Vorschlag soll gemeinsam mit der Richtlinie über die Stärkung der Verbraucher zum umweltbewussten Handeln den ersten Rahmen für den Kampf gegen Greenwashing darstellen. Anhand der Erfahrungen in der Umsetzung beider Richtlinien will die Kommission dann prüfen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.

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    Breton kündigt Digital Networks Act an – ohne Fair Share

    Fair Share ist vom Tisch. Am Dienstagabend hat die Kommission die Ergebnisse ihrer Konsultation zur Zukunft des Kommunikationssektors und seiner Infrastruktur veröffentlicht. Demnach plant die Kommission keine Netzwerkabgabe für die großen amerikanischen Internetkonzerne. Vielmehr arbeitet Kommissar Thierry Breton jetzt an einem Digital Networks Act (DNA), der den Telekommunikationsmarkt neu definieren soll. Im Zentrum steht ein einheitlicher Binnenmarkt für Telekommunikation.

    Bereits seit langem forderten die europäischen Telekommunikationsunternehmen (Big Telco) eine in ihren Augen faire Beteiligung der amerikanischen Internetkonzerne (Big Tech), die immer größere Datenmengen durch die Netze schicken, an den steigenden Kosten für den Netzausbau. Gegner sahen dadurch vor allem das Prinzip der Netzneutralität in Gefahr. Und die Big Tech argumentierten, dass sie selbst erheblich in Konnektivität investieren und die Telekomfirmen so doppelt abkassieren würden.

    Telekommunikationssektor soll besser skalieren

    Breton, der als ehemaliger CEO der früheren France Télécom als Verfechter der Netzwerkabgabe galt, schlägt nun eine andere Richtung ein. Sie soll sicherstellen, dass die europäischen Netzwerke in Bezug auf Übertragungsgeschwindigkeit, Speicherkapazität, Leistung und Interoperabilität den steigenden Anforderungen gewachsen und wettbewerbsfähig sind. “Wir müssen die Bedingungen schaffen, damit der Sektor den Technologiewandel hin zu cloud-basierten, softwaredefinierten Modellen vollständig annimmt”, schreibt Breton in einem Beitrag auf Linkedin.

    Telekommunikationsbetreiber benötigten Skalierung und Agilität, um sich der technologischen Entwicklung anzupassen. “Marktzersplitterung bremst sie aus”, sagt er. Es gebe zu viele regulatorische Barrieren für einen wahren Binnenmarkt für Telekommunikation – angefangen beim Erwerb von Spektrum, bei der Konsolidierung des Marktes, bei der Sicherheit und vielem mehr. “Dies ist das klare Ergebnis der Konsultation”, schreibt Breton. Niedrige Renditen, lange Amortisationszeiten und Marktunsicherheiten verringerten wiederum die Attraktivität des Telekommunikationssektors für Investoren.

    Ziel ist ein europäischer Binnenmarkt für Telekommunikation

    Vier Bereiche will die Kommission mit dem Digital Networks Act angehen:

    • die Erleichterung grenzüberschreitender Aktivitäten und die Schaffung paneuropäischer Infrastrukturbetreiber
    • die Anpassung des regulatorischen Rahmens, um Kosten zu senken – mit dem Gigabit-Infrastrukturgesetz als erstem Schritt
    • die Attraktion von mehr – und mehr privatem – Kapital in den Telekommunikationssektor
    • die Sicherung der Netzwerke gegen geopolitischen Risiken vis

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    Hamas-Hass auf X: Breton setzt Musk 24-Stunden-Frist

    Der EU-Kommissar für den digitalen Binnenmarkt Thierry Breton hat Elon Musk per Brief aufgefordert, sich an die für große Anbieter wie X (ehemals Twitter) bereits verpflichtenden Regeln des Digital Services Act (DSA) zu halten. “Lassen Sie mich daran erinnern, dass der Digital Services Act sehr genaue Verpflichtungen bezüglich Inhaltemoderation vorgibt”, schreibt Breton in seinem am Montag verschickten Schreiben. Dieses ist mit einer 24-Stunden-Antwortfrist versehen. Anlass für die Dringlichkeit sind die Geschehnisse auf der Plattform nach dem Angriff der Hamas auf Israel.

    Der DSA fordert unter anderem ein wirksames Moderationssystem, die Weiterleitung erkannter wichtiger Straftaten an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und die Kooperation mit diesen, wenn diese beim Anbieter problematische Inhalte melden. Dass X derzeit den Vorgaben nicht entspricht, darin sind sich die Fachleute einig. Breton mahnt Musk nun aber konkret, dass ihm Hinweise vorlägen, dass Hinweisen der zuständigen Behörden nicht nachgegangen wurde. Bei den größten Anbietern ist die EU-Kommission für die Durchsetzung selbst unmittelbar zuständig. Neben Geldstrafen könnte die Plattform in der EU bis zur Sperrung sanktioniert werden. fst

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    Stahl aus China: EU will Untersuchung auf Subventionen

    Nach Elektroautos will die EU-Kommission offenbar auch Subventionen für chinesische Stahlunternehmen genauer untersuchen. Auch hier sei eine Untersuchung wegen möglicher Marktverzerrungen geplant, berichtete Financial Times am Dienstag unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Demnach soll die offizielle Verkündung der EU-Untersuchung bei einem Gipfeltreffen mit den USA in diesem Monat angekündigt werden. US-Präsident Joe Biden hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel für den 20. Oktober zu Gesprächen eingeladen.

    Die EU will damit den Bemühungen der US-Regierung, die eigene Industrie vor Billiganbieter zu schützen, folgen. Dem Bericht zufolge hat Brüssel dem Schritt zugestimmt als Gegenleistung für die Vermeidung der Wiedereinführung von Zöllen auf EU-Stahl. Diese Zölle hatte der damalige Präsident Donald Trump 2018 verhängt.

    Abkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium

    Brüssel und Washington hatten sich als temporäre Lösung auf eine Aussetzung geeinigt. Als langfristige Lösung soll nun ein Abkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium (Global Arrangement on Sustainable Steel and Aluminium, kurz GSA), geschlossen werden, das bei dem Treffen kommende Wochen angekündigt werden soll. Die EU-Beamten erklärten dem Bericht zufolge, Präsident Joe Biden wolle mit dem Schritt die Arbeitsplätze von Stahlarbeitern in Swing States wie Pennsylvania und Ohio schützen, um zu verhindern, dass Trump im kommenden Jahr ein Comeback gelingt.

    Seit vergangener Woche läuft bereits eine Antisubventionsuntersuchung gegen E-Fahrzeuge aus chinesischer Produktion. Konkret geht es um den Verdacht, dass sich chinesische Staatsgelder für E-Autobauer aus dem Land negativ auf europäische Produzenten auswirken. Sollte die Untersuchung diesen Verdacht erhärten, könnte die Kommission Maßnahmen ergreifen, um faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. “Die Antisubventionsuntersuchung wird sorgfältig, fair und faktenbasiert sein”, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Vorwoche. Sie hatte die Untersuchung in ihrer Rede zur Lage der Union Mitte September angekündigt. ari

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    Außenbeauftragter Borrell besucht China

    Der Außenbeauftragte Josep Borrell wird von Donnerstag bis Samstag in Peking zu Besuch sein. Borrell trifft dort unter anderem Chinas Außenminister Wang Yi. Nach dem Treffen, voraussichtlich am Freitag, soll eine Pressekonferenz mit Borrell stattfinden, bestätigte eine Sprecherin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) am Dienstag.

    Borrell hatte seine Reise zunächst wegen einer Covid-Erkrankung verschieben müssen, und ein weiteres Mal, weil Chinas Außenminister Qin Gang verschwunden war. In den vergangenen Wochen waren mehrere EU-Kommissare in China zu Besuch. Vor Ende des Jahres soll zudem ein EU-China-Gipfel stattfinden. ari

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    Berlin liefert Ukraine Waffen für den Winter

    Die Bundesregierung will der Ukraine mit einer umfangreichen Lieferung von Luftabwehrsystemen, Panzern und Munition militärisch über den kommenden Winter helfen. Dabei soll das bereits in der vergangenen Woche zugesagte zweite Luftverteidigungssystem Patriot neben dem Feuerleitstand und dem Radargerät acht weitere Startgeräte und mehr als 60 Lenkflugkörper umfassen, teilte das Verteidigungsministerium mit.

    Zusätzlich liefere Deutschland im Oktober weitere Iris-T-Systeme: ein drittes Iris-T SLM mit Lenkflugkörpern für die mittlere Reichweite sowie ein zweites Iris-T SLS für die kurze Reichweite ebenfalls mit Lenkflugkörpern. Dazu kommen drei weitere Flugabwehrkanonenpanzer vom Typ Gepard. Das gesamte Luftverteidigungspaket habe einen Wert von rund einer Milliarde Euro.

    Deutschland schnürt demnach auch ein Unterstützungspaket für die ukrainischen Spezialkräfte, bestehend aus Fahrzeugen, Waffen und persönlicher Ausrüstung im Wert von mehr als 20 Millionen Euro. Zudem sei weitere 155-mm-Munition im Zulauf. In den nächsten Wochen treffen auch weitere zehn Kampfpanzer Leopard 1A5, 15 geschützte Transport- und knapp 20 geschützte Sanitätsfahrzeuge in der Ukraine ein.

    “Deutschland unterstützt die Ukraine auch künftig damit, was sie am dringendsten braucht – mit Luftverteidigung, Munition und Panzern”, teilte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit. Dies erhöhe die Einsatzbereitschaft der ukrainischen Streitkräfte in den kommenden Monaten weiter.dpa

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    Gaspipeline nach Finnland: Gezieltes Vorgehen führte zum Schaden

    Die Schäden an einer Erdgas-Pipeline in der Ostsee zwischen Finnland und Estland weisen Ermittlern zufolge auf ein gezieltes Vorgehen hin. Dafür spreche der Umfang des Schadens, erklärten die finnischen Ermittlungsbehörden. Für ein derartiges Vorgehen sei zudem Spezialwissen erforderlich. “Wir verifizieren noch, ob der Schaden absichtlich oder versehentlich verursacht wurde”, hieß es in einer Stellungnahme weiter. Neben der Pipeline wies auch ein Telekom-Kabel Schäden auf. Finnlands Ministerpräsident Sauli Niinistö erklärte, es sei noch zu früh, um etwas Genaues über die Ursache sagen zu können. Es handele sich jedoch vermutlich um eine Einwirkung von außen.

    Die 77 Kilometer lange Pipeline Balticconnector verbindet Inkoo in Finnland und Paldiski in Estland. Sie führt durch den Golf von Finnland, einen Teil der Ostsee, der bis in russische Hoheitsgewässer reicht. Der Betreiber verzeichnete am Sonntag um 02.00 Uhr (Ortszeit; 01.00 Uhr MESZ) einen plötzlichen Druckabfall und legte die Leitung still. Die finnische Energie-Gesellschaft Gasgrid erklärte inzwischen, es könnte Monate dauern, die Schäden zu beheben. Den zuständigen Betreibern zufolge kann der Erdgas-Bedarf in beiden Staaten aus anderen Quellen gedeckt werden, auch im Winter. Dem Telekom-Unternehmen Elisa zufolge wurde das Kabel hauptsächlich für die Datensicherung eingesetzt, der Regelbetrieb sei nicht betroffen.

    Gaspreise auf Höchststand in sechs Monaten

    Die Nachricht ließ die Erdgaspreise in Europa zunächst auf den höchsten Wert seit sechs Monaten steigen. Zuvor hatte der Gaza-Konflikt für Auftrieb gesorgt. Der finnischen Regierung zufolge könnte der Vorfall zu etwas höheren Erdgas-Preisen im Winter führen, Auswirkungen auf den Strompreis seien nicht zu erwarten. Finnland hatte nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Erdgas-Importe aus Russland gestoppt. Das meiste Erdgas erhält das Land inzwischen durch den Import von Flüssigerdgas (LNG) über Terminals in Inkoo and Hamina. Estland kann seinerseits Erdgas aus dem europäischen Pipelinenetz über Lettland beziehen.

    Die Balticconnector-Pipeline kann bis zu 7,2 Millionen Kubikmeter (mcm) Erdgas pro Tag transportieren, was 80 Gigawattstunden (GWh) pro Tag entspricht. Die im Dezember 2019 eröffnete Leitung soll zur Integration der Erdgas-Märkte in der Region beitragen sowie Finnland und den baltischen Staaten eine größere Flexibilität bei der Versorgung bieten. rtr

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    EU-Kartellrecht: Lockerungen für Schifffahrt enden

    Bestimmte Lockerungen des EU-Kartellrechts für die Schifffahrt enden im nächsten Jahr. Die EU-Kommission sei zu dem Schluss gelangt, dass eine entsprechende Verordnung den Wettbewerb im Schifffahrtssektor nicht mehr fördere, teilten die Wettbewerbshüter am Dienstag mit. Sie soll deswegen am 25. April 2024 auslaufen.

    Die Verordnung ermöglicht es Schifffahrtsunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen, Konsortien zu bilden – etwa durch Kooperationsvereinbarungen. Grundsätzlich können Absprachen unter Konkurrenten illegal sein, weil dadurch der Wettbewerb verzerrt werden kann. Absprachen können aber rechtskonform sein, wenn dadurch etwa der technische oder wirtschaftlichen Fortschritt gefördert wird, ohne dass der Wettbewerb ausgeschaltet wird, wie die Kommission mitteilte. Unternehmen müssten nun prüfen, ob ihre Kooperationsvereinbarungen weiterhin mit EU-Recht vereinbar seien.

    Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) begrüßte die Entscheidung. “Aus Sicht der Hafenwirtschaft ist das ein wichtiger Schritt, um die Containerschifffahrt zu normalisieren”, so ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus. Die Kommission sollte dem Marktgebaren großer Allianzen klare Grenzen setzen, forderte er. Große Reedereien hatten bislang argumentiert, dass die sogenannte Gruppenfreistellungsregel zu einem besseren Wettbewerb beigetragen habe, weil sie auch kleineren Akteuren erlaube, existenzfähig zu bleiben. dpa

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    Polen: Hochrangige Offiziere treten zurück

    Fünf Tage vor der Wahl in Polen sind zwei hochrangige Kommandeure der polnischen Armee zurückgetreten. Am Dienstag reichten der Befehlshaber der Streitkräfte, Generalleutnant Tomasz Piotrowski, und der Generalstabschef, General Rajmund Andrzejczak, ihren Rücktritt ein, wie Sprecher der jeweiligen Dienste gegenüber Reuters bestätigte.

    Der Chef des nationalen Sicherheitsbüros Jacek Siewiera sagte, der Präsident habe ihre Rücktritte akzeptiert. Einen Grund für die Rücktritte nannte er nicht. Polens Präsident Andrzej Duda ernannte anschließend die Nachfolger. Generalleutnant Wieslaw Kukula wird Generalstabschef und Generalmajor Maciej Klisz Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Ein Sprecher des Generalkommandos bestätigte, dass 10 weitere Offiziere gekündigt hätten. Allerdings handele es sich nicht um hochrangiges Militärpersonal.

    Spannungen zwischen Armee und PiS

    Die Rücktritte erfolgten voraussichtlich vor dem Hintergrund verstärkter Spannungen zwischen dem militärischen Oberkommando und der nationalistischen Regierung Polens. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak hatte im Mai erklärt, die Armee habe ihn nicht über eine auf das Land zusteuernde Rakete informiert. Polnische Medien berichteten, dass es sich bei dem Objekt, das im April in einem Wald in Nordpolen gefunden wurde, um eine russische KH-55-Rakete handelte. Polnischen Streitkräfte hätten im Dezember ein Objekt gesehen, das in den Luftraum des Landes eindrang, es dann aber aus den Augen verloren.

    Es sei eine “absolute Schande für Minister Blaszczak, der die Grenze zum parteiischen Einsatz der polnischen Armee längst überschritten hat”, schrieb Tomasz Siemoniak, ein ehemaliger Verteidigungsminister der oppositionellen Bürgerplattform, auf der Social-Media-Plattform X. “Dies ist ein PiS-Desaster im Verteidigungssektor in einer Zeit großer Bedrohungen für Polen”, schrieb er.

    Da am 15. Oktober in Polen eine hart umkämpfte Wahl ansteht, sagen Experten, dass das Tempo der Militärausgaben und die innenpolitische Debatte darüber zum Teil durch den Wahlkampf bestimmt werden. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat die nationale Sicherheit zu einem Schlüsselthema ihres Wahlkampfes um eine dritte Amtszeit in Warschau gemacht. rtr/luk

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    Presseschau

    Borrell: Große Mehrheit der EU steht hinter fortgesetzter humanitärer Hilfe für Gaza EURONEWS
    EU plunges into diplomatic row over suspension of Palestinian aid announcement FRANCE24
    Krieg gegen Israel: Dieses Chaos zeigt, warum die EU im Nahen Osten nur noch zahlender Zaungast ist WELT
    Auswärtiges Amt bereitet Evakuierungsflüge aus Israel vor SPIEGEL
    France’s Macron: had ‘very encouraging’ talks with Germany on EU power reform REUTERS
    Leck in Ostsee-Gaspipeline: Finnland untersucht mögliche Sabotage TAGESSCHAU
    Europäische Union will in Afghanistan 3,5 Millionen Euro Hilfe leisten AERZTEBLATT
    Flucht und Migration: Zahl der Asylanträge in Europa könnte Höchstwert seit 2016 erreichen ZEIT
    EU-Kommissarin: Europa kann nur wachsen, wenn alle Regionen wachsen EURACTIV
    Bulgarien versichert Wien: EU-Außengrenze zur Türkei gut bewacht FINANZEN
    EU: Frontex’s lack of transparency on Libyan cooperation to be heard in court AMNESTY
    SPD-Plan für Industriepolitik: “Europa fällt zurück” TAZ
    EU-Agrarpolitik: EU-Beitritt der Ukraine würde sie radikal verändern AGRARHEUTE
    Handelspolitik: EU-Kommission prüft Strafzölle auf chinesischen Stahl FAZ
    The EU’s ‘set menu’ membership model is failing. It’s time for an ‘à la carte’ approach THEGUARDIAN
    Deutschlands Verbände wollen EU-Gebäuderichtlinie retten EURACTIV
    Brexit oder Bregret? Warum der EU-Austritt kein Wahlkampfthema ist ZDF
    Estonia ready to lose funding if Ukraine joins EU, prime minister says FT
    KI, Software & Co.: EU-Abgeordnete fordern bis zu 30 Jahre Produkthaftung​ HEISE
    Irland plant Staatsfonds für Rente und Klima TAGESSCHAU
    Verbotszone für Benziner und Diesel in Stockholm geplant HANDELSBLATT
    Successful Launch Of Europe’s First Private Rocket Gives Spain Direct Access To Space FORBES
    How European universities can counter Russia’s intellectual isolation LSE

    Standpunkt

    “EU-Finanzmarkt ist blind gegenüber zentralsten EU-Werten!”

    Von Harald Bolsinger
    Harald Bolsinger ist Wirtschaftsethiker an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Finanzmarktethik und Wertefragen von Banken in der Praxis.

    Banken und Investmentgesellschaften haben über die Finanzierung von Unternehmen und Investitionen in entsprechende Projekte indirekt Einfluss auf die Realwirtschaft. Den größten Einfluss und gleichzeitig die größte Verantwortung haben aber die Zentralbanken. Sie haben nicht nur eine Vorbildfunktion für die Geschäftsbanken inne, sondern steuern auch deren Finanzierungs- und Investitionsverhalten ganz erheblich. Darüber hinaus führen sie selbst riesige Transaktionen auf den Finanzmärkten durch.

    In der Europäischen Union müsste hier der EZB eine zentrale Rolle zukommen. Als Institution der Europäischen Union ist die EZB der Einhaltung der EU-Grundrechtecharta verpflichtet – zumindest in der Theorie. Denn in der Praxis hat sich diese Verpflichtung und Verantwortung seit ihrer Gründung noch nicht in ihrer Geldpolitik niedergeschlagen. Ihr geldpolitisches Instrumentarium ignoriert weitestgehend ethische Kontroversen und grundrechtsbezogene Risiken. Der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wird die EZB in ihrer eigenen Lieferkette und bei ihren Vermögenswerten nicht gerecht. Um dies zu ändern, habe ich die EU-Petition 0429/2017 eingereicht.

    Petition wurde 2017 eingereicht

    Die Petition wurde am 15. Mai 2017 unter dem Titel “Compliance of the European Central Bank with the EU Charter of Fundamental Rights” registriert. Sie verweist auf ein seit der Gründung der EZB bestehendes Grundproblem: im Kerngeschäft der EZB erfolgt keinerlei Prüfung auf potenzielle Grundrechtsverletzungen. Die Tragweite dieser bewussten Ignoranz ist riesig: Alle Banken der Eurozone müssen Kredite bei der EZB aufnehmen. Sie vergibt diese Kredite gegen Verpfändung notenbankfähiger Sicherheiten.

    Das Volumen der zugelassenen marktfähigen Wertpapiere, die als Sicherheiten verwendet werden können, beträgt rund 18 Billionen Euro. Dazu gehören Staatspapiere, Bank- und Unternehmensanleihen, Asset-Backed Securities und andere Vermögenswerte. Gleichzeitig kauft die EZB selbst diese Wertpapiere direkt. Sie wird direkt Eigentümerin und indirekt Besitzerin dieser Wertpapiere, über die Verpfändung.

    Ein Fünftel der Sicherheiten ethisch kontrovers

    ESG-Kontroversen-Scans mit Daten renommierter Dienstleister belegen, dass circa 20 Prozent der marktfähigen Sicherheiten mit schweren oder sehr schweren ethischen Kontroversen behaftet sind. All diese Vermögenswerte üben Einfluss auf den EU-Binnenmarkt und die EU-Bürger aus. Die Zulassungskriterien der EZB für diese Sicherheiten sehen aber keine Prüfung auf Verstöße gegen die Europäische Grundrechtecharta vor: der EU-Finanzmarkt ist damit ethisch völlig blind gegenüber den zentralsten EU-Werten.

    Darauf aufbauend forderte die Petition endlich eine transparente und vollständige Risikobetrachtung der EZB zu möglichen Beeinträchtigungen der EU-Grundrechtecharta durch ihre gehandelten Wertpapiere. Die Aufnahme einer Sorgfaltspflichtprüfung zu EU-Grundrechten in die Zulassungskriterien für alle EZB-eigenen Vermögenswerte ist überfällig und würde das Eurosystem von seiner Ethikblindheit sofort befreien. Stark kontroversenbehaftete Wertpapiere wie die von Eni oder LafargeHolcim würden EU-weit sofort an Attraktivität verlieren, da sie für Geschäfte mit der Zentralbank nicht mehr taugen würden.

    Es geht um ordoliberale Umsetzung der Grundrechte

    Im Verlauf der vergangenen sechs Jahre wurden durch diese Petition alle politisch Mitverantwortlichen mit dem Problem nachweislich konfrontiert. Der Umgang mit der Petition ist ein Gradmesser für die politische Ernsthaftigkeit, mit der die EU und ihre Mitgliedstaaten tatsächlich die europäischen Finanzmärkte nachhaltig umgestalten wollen. Die Petition ist weder einseitig politisch gefärbt noch ideologisch aufgeladen. Es geht ganz einfach um die ordoliberale Umsetzung der bereits festgeschriebenen Grundrechte – ohne diese neu zu verhandeln. Dahinter steckt die einfache Frage, ob sich alle europäischen Institutionen gleichermaßen für den Schutz und die Förderung der Grundrechte in ihrem Kerngeschäft einsetzen müssen. Oder ob es eine Institution geben darf, die sich uneingeschränkt darüber erheben kann – zum potenziellen Schaden der gesamten EU und zum eigenen Schaden an ihrer Glaubwürdigkeit.

    Ende September hat der Petitionsausschuss des EU-Parlaments die Petition als erledigt betrachtet und mit einem lapidaren Brief am 2. Oktober geschlossen. Ein fatales Signal gegenüber allen europäischen Geschäftsbanken, die haarklein Rechenschaft zu ihrer Nachhaltigkeitsleistung ablegen sollen und ihre Treasury-Organisation durchleuchten müssen, während die Mutter aller Banken sich in ihrem eigenen Hause darum auch weiterhin nicht zu kümmern braucht! Walk the walk, before you talk the talk? Das gilt wohl nicht für die EZB …

    • Klima & Umwelt
    • Sorgfaltspflichten

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