jetzt gehen die Verhandlungen für die Bildung einer informellen Koalition aus EVP, S&D, Renew und – das ist die Nachricht des Tages – den Grünen los. Ursula von der Leyen saß Montagabend mit den Fraktionschefs der Grünen zusammen. Kurz danach hieß es: Die Grünen sind mit von der Partie und verhandeln jetzt auch über die Inhalte für eine stabile demokratische Mehrheit im Europaparlament.
Von der Leyen wirbt in den Fraktionen um Stimmen. Für zwei Tage ist sie dabei, wenn die neue EVP-Fraktion Mittwoch und Donnerstag im portugiesischen Cascais zusammensitzt und ihre politischen Leitlinien für die Wahlperiode beschließt. Wenn man so will, das Regierungsprogramm der mit Abstand größten Kraft in der Formation.
Auch die Fraktionen der beiden anderen Parteien der Plattform, wie die informelle Koalition in diesen Tagen genannt wird, beraten ihre Forderungen. Die Sozialisten etwa pochen auf ein soziales Vergaberecht mit Einhaltung der Tariftreue und Erleichterungen im Beihilferecht für den sozialen Wohnungsbau.
Manche Sozialdemokraten wollen drohen, ihre Zustimmung bei den Gesetzen zu verweigern, bei denen auch die Abgeordneten der konservativen EKR mit im Boot sind. Diesen Punkt können sie bei der S&D-Fraktionssitzung am kommenden Dienstag vorbringen, bei der sich von der Leyen bereits angekündigt hat. Auch in der Renew-Fraktion ist ihre Teilnahme nächste Woche fest eingeplant.
Viel Zeit bleibt nicht für die “Koalitionsverhandlungen”. Am 18. oder 19. Juli soll die Wahl der Kommissionspräsidentin in Straßburg stattfinden. Inhaltlich werden die Gespräche von den Fraktionschefs persönlich geführt. Unterarbeitsgruppen, wie etwa auf nationaler Ebene üblich, sind nicht geplant.
Am Ende soll ein Schriftstück aufgesetzt werden, in dem EVP, S&D, Renew und nun auch Grüne die Ergebnisse ihrer Verhandlungen festhalten. Der Koalitionsvertrag der Berliner Ampel hat 144 Seiten, die Vereinbarung von “Von-der-Leyen”-II dürfte eine einstellige Seitenzahl bekommen. Kommen Sie gut in den Tag.
Juli 2019, Emmanuel Macron befindet sich auf dem Zenit seiner Macht in der EU: Frankreichs Staatspräsident zieht nach der Europawahl meisterhaft die Fäden, er verhindert EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber als EU-Kommissionspräsidenten, installiert stattdessen Ursula von der Leyen und zugleich den belgischen Liberalen Charles Michel als Ratspräsidenten. Und sichert sich damit Einfluss auf die beiden Spitzenpolitiker, die ihm ihre Ämter zu verdanken haben.
Der Königsmacher ist Emmanuel Macron im Juli 2024 nicht mehr. Bei der Vergabe der Spitzenposten haben sich der französische Präsident und seine liberale Parteienfamilie mit dem Posten der Außenbeauftragten zufriedengegeben, der vergleichsweise wenig Gestaltungsspielraum mit sich bringt. Die absehbare Niederlage für Macrons Lager bei den vorgezogenen Parlamentswahlen dürfte den Einfluss des französischen Präsidenten – und seines Landes – in Brüssel weiter schmälern.
Die Autorität des Präsidenten dort hat zuletzt stark gelitten. EU-Diplomaten bezeichnen die Entscheidung Macrons als “Desaster”, als Reaktion auf den Sieg des Rassemblement National bei der Europawahl vor drei Wochen die Nationalversammlung aufzulösen. Célia Belin, Leiterin des Pariser Büros des European Council on Foreign Relations (ECFR), spricht von einer “Selbstsabotage”, mit der Macron den Aufstieg der extremen Rechten um Monate oder Jahre beschleunigt habe.
Wie viele Sitze die politischen Blöcke in der Nationalversammlung erhalten, wird erst in den Stichwahlen am Sonntag entschieden. Die Parteien des Linksbündnisses kündigten am Montag an, die eigenen drittplatzierten Kandidaten in den Wahlkreisen zurückzuziehen und die Alternative zu den RN-Bewerbern zu empfehlen. Macrons Ensemble-Allianz konnte sich aber nicht entsprechend zu einer solch klaren Wahlempfehlung für die Kandidaten der Nouveau Front Populaire durchringen, was zur Verwirrung der Wähler beitragen könnte.
Die Prognosen sagen dem RN bis zu 280 Sitze voraus, die absolute Mehrheit liegt bei 289. Denkbar ist auch, dass keines der drei großen Lager eine Mehrheit erhält. Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, geht davon aus, dass Macron auch in diesem Fall “deutlich geschwächt aus der Parlamentswahl hervorgehen wird”. Frankreich habe keine Erfahrungen mit Koalitionen, das Tagesgeschäft werde dadurch schwieriger. Ähnliches gelte für den Fall einer erneuten Minderheitsregierung, sagte der Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung.
Die drohende Lähmung dürfte auch den französischen Einfluss in Brüssel schwächen. In den EU-Institutionen werden in den kommenden Wochen und Monaten wichtige Posten unterhalb der Top-Jobs verteilt. So erhebt Paris hinter den Kulissen Anspruch, den Posten des Generalsekretärs der EU-Kommission mit einem Franzosen zu besetzen. Ambitionen werden etwa dem langjährigen EU-Botschafter Philippe Léglise-Costa nachgesagt.
Doch Ursula von der Leyen dürfte dem Drängen kaum nachgeben, sollte sie vom Europaparlament für eine zweite Amtszeit gewählt werden: Vielmehr werde sie wohl an Ilze Juhansone als Generalsekretärin festhalten, heißt es in Brüssel. Mit der Lettin hat sie bereits in den vergangenen fünf Jahren eng zusammengearbeitet.
Zudem könnten sich Präsident und Regierung in Paris in einem juristischen Streit verhaken, wer den neuen französischen Kommissar nominieren darf. Macron hat versucht, einen Pflock einzuschlagen, als er vergangene Woche Binnenmarktkommissar Thierry Breton für eine zweite Amtszeit nominierte. Doch Marine Le Pen ficht die Entscheidung an: “Es ist das Vorrecht des Premierministers, den EU-Kommissar zu ernennen”, sagte sie.
Breton verantwortet bislang ein sehr großes Aufgabengebiet in der Kommission, das vom Binnenmarkt über die Industrie- und Digitalpolitik bis zur Verteidigungsindustrie reicht. In der neuen Kommission möchte Paris dem Vernehmen nach ein ähnlich umfangreiches Dossier besetzen, erneut mit Industriefokus. Doch das Gebiet ist auch bei anderen Mitgliedstaaten begehrt, und von der Leyens Verhältnis zu Breton wurde erheblich belastet, als dieser ihre Berufung von Markus Pieper zum Mittelstandbeauftragten offen kritisierte.
Der Wahlausgang könnte im Rat ebenfalls die französischen Handlungsspielräume beschränken. Zwar gibt Macron im Europäischen Rat und in der Außen- und Sicherheitspolitik als Staatspräsident die Linie vor. Doch in den einzelnen Ministerräten sind seine Durchgriffsmöglichkeiten begrenzt, sollte die neue Regierung nicht aus seinem Lager stammen. Dort geben Premier- und Fachminister die Linie vor.
In diesem Szenario werde auch in Brüssel das Tagesgeschäft schwieriger, warnt SPD-Politiker Schmid. “Dann sitzen in der EU plötzlich rechtspopulistische Minister von Le Pen mit am Verhandlungstisch und die französische RN könnte sich mit Melonis Leuten zusammentun.” Mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen sei dann überhaupt nicht mehr zu rechnen, da es Widerstand von rechts bis links gebe.
Im neuen Europaparlament dürften die französischen Einflussmöglichkeiten ebenfalls deutlich beschränkt sein. Nur gut 30 der 81 Abgeordneten aus Frankreich sitzen in einer der drei Fraktionen, die wohl erneut über eine gemeinsame Plattform die Mehrheiten in den Abstimmungen organisieren. Macrons Renaissance-Lager verlor bei der Europawahl im Juni zehn seiner zuvor 23 Sitze in der liberalen Renew-Fraktion.
Die Mitte-Rechts-Partei Les Républicains hat mit sechs Abgeordneten kaum Gewicht in der größten Fraktion der EVP, wo CDU/CSU mit 29 Parlamentariern den Ton angeben. Lediglich bei den Sozialisten legte die französische Delegation deutlich zu. 30 Abgeordnete wiederum stellt der RN, der bislang aber bei den wichtigen Posten und Entscheidungen durch den Cordon sanitaire außen vor blieb. Mit Birgit Jennen
Als die Europäische Kommission im Januar die Verlängerung der befristeten Handelserleichterungen für die Ukraine vorschlug, folgte ein monatelanger Streit. Er entzündete sich maßgeblich am Handelsstatus für Agrarimporte. In letzter Minute wurde die Verlängerung verabschiedet. Um zu vermeiden, dass sich eine solche Zitterpartie wiederholt, will die Europäische Kommission eine längerfristige Regelung mit Kiew vereinbaren.
Geplant ist, Zollsätze im Rahmen des Assoziierungsabkommens zwischen Ukraine und EU anzupassen. Das unterstütze die kriegsgebeutelte Ukraine wirtschaftlich und bereite ihre Aufnahme in den EU-Binnenmarkt vor, argumentiert die Kommission.
Aber: Der Zeitplan für eine Einigung ist knapp. Im Juni 2025 laufen die derzeit übergangsweise geltenden Handelserleichterungen aus. Ist das Abkommen bis dahin nicht aktualisiert, gelten für die Ukraine reguläre Zollsätze und Einfuhrquoten wie vor dem Krieg. Auf Ebene hoher Beamter finden zurzeit Vorgespräche mit der Ukraine statt, teilt ein Kommissionssprecher Table.Briefings mit. Die Verhandlungen hätten noch nicht begonnen.
Zeitlicher Druck entsteht auch dadurch, dass sich die neue Kommission nach der Europawahl noch formieren muss. Außerdem übernimmt im Juli 2024 Ungarn, im Januar 2025 Polen den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft. Beide gelten als scharfe Kritiker des Ukraine-Freihandels. Aus Kreisen der ungarischen Präsidentschaft ist zu hören, man wolle europäische Landwirte besser vor ukrainischen Importen schützen.
Zwar befürworten es fast alle Seiten, neue Handelsregeln langfristig festzulegen. Doch inhaltlich liegen die Wunschszenarien verschiedener Betroffener weit auseinander.
Eine Vereinbarung, die sich nah am ursprünglichen Assoziierungsabkommen orientiert, wünschen sich europäische Bauernvertreter. Befristete Lockerungen, die seit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine gelten, würden entsprechend zurückgeschraubt. Viele Agrarprodukte, wie Weizen und Mais, würden wieder Quoten unterliegen. Aktuell gelten Schutzklauseln lediglich für als sensibel eingestufte Produkte wie Zucker oder Eier. Das Argument der Bauernvertreter: Werden nur bestimmte Produkte geschützt, könnten große ukrainische Betriebe einfach auf andere Güter umsatteln.
Auf ukrainischer Seite sieht man das anders. Schutzklauseln schädigten die ukrainische Landwirtschaft, argumentiert Alex Lissitsa, Präsident des Ukrainian Agribusiness Club (UCAB). Importquoten für Zucker oder Hafer seien zu restriktiv. Schon nach wenigen Monaten seien diese ausgeschöpft. Lissitsa fordert, den EU-Beitritt der Ukraine mit dem Abbau von Handelshemmnissen vorzubereiten.
Für den ukrainischen Agrarsektor sei eine solche Perspektive essenziell. Auch, um attraktiv für Investoren zu bleiben. “Wenn die EU-Länder uns über die Ukraine-Fazilität mit Milliardenbeträgen auch dabei unterstützen, uns an EU-Standards anzupassen, wäre es widersprüchlich, uns nicht auch die Aussicht auf einen immer besseren Zugang zum europäischen Markt zu geben”, fügt Lissitsa hinzu.
Aus Sicht des Handelsexperten und früheren Direktors bei der EU-Kommission John Clarke wäre es auch im Interesse der EU, sich durch eine progressive Liberalisierung des Handels auf den Beitritt des großen Agrarlandes vorzubereiten. “Freihandelsabkommen sehen üblicherweise eine siebenjährige Übergangsfrist für die Liberalisierung besonders sensibler Produkte wie Rindfleisch, Geflügel oder Zucker vor”, erklärt er. “Für den Ukraine-Beitritt könnte man eine solche Übergangsfrist gewissermaßen im Voraus schaffen, indem man in den nächsten Jahren nach und nach den Handel für die Produkte liberalisiert, für die Einfuhrkontingente gelten.”
EU-Bauernvertreter sehen das skeptisch. Sie bevorzugen eine Übergangsfrist nach dem Beitritt. Clarke verweist darauf, dass der Marktzugang in der Vergangenheit nur eingeschränkt blieb, wenn neu eingetretene Mitglieder beispielsweise phytosanitäre Standards noch nicht erfüllten. Da sich die Ukraine dazu bekannt habe, bis zum Beitritt alle EU-Standards zu erfüllen, wäre es unfair, sie länger warten zu lassen.
Angesichts der polarisierten Debatte hält es Clarke für realistisch, die derzeit geltende Übergangsregelung fortzuschreiben. Also: Aussetzung von Quoten und Zöllen gepaart mit Schutzklauseln für sensible Agrarprodukte. “Wir haben hier eine funktionierende Lösung, auch wenn sie keine der Seiten wirklich zufriedenstellt”, argumentiert er. Für Investitionen werde Kontinuität geschaffen, die Ukraine angesichts des fortdauernden Krieges weiter unterstützt.
Ähnlich sieht es Stephanie Kröger, Außenhandelsexpertin bei Der Agrarhandel. Die derzeitige Regelung fortzuschreiben sei “ein gangbares Instrument auch für die nächsten Jahre, weil sie durch angemessene Maßnahmen einen gewissen Schutz des Binnenmarktes bringt”, resümiert sie.
03.07.2024 – 12:00-18:00 Uhr, Köln
TÜV NIS-2-Experten-Roundtable
Der TÜV diskutiert die Auswirkungen der NIS-2-Richtlinie auf die Cybersicherheit von Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG
03.07.2024 – 18:15-19:15 Uhr, online
KAS, Diskussion Nach der Wahl – steht Europa vor einer Kurskorrektur?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die politischen Aussichten in der EU nach der Wahl. INFOS & ANMELDUNG
04.07.-05.07.2024, Madrid (Spanien)
ECFR, Conference Annual Council Meeting
The European Council on Foreign Relations (ECFR) attempts to set Europe’s new strategic course in 2024 and beyond. INFOS & ANMELDUNG
04.07.2024 – 12:00-14:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
KAS, Discussion 30 in 2030? Launching EU Accession Negotiations with Ukraine and Moldova
The Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) discusses whether the prospect of 30 EU member states by 2030 is a realistic scenario. INFOS & REGISTRATION
04.07.2024 – 14:00 Uhr, Berlin
EBD Briefing Ungarische EU-Ratspräsidentschaft
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) informiert über die ungarische Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2024. INFOS & ANMELDUNG
04.07.2024 – 15:00-20:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Eurogas Annual Renewable Gas Conference & Barbecue
Eurogas discusses the challenges faced by the industry and the energy sector to deliver climate-neutrality by 2050. INFOS & ANMELDUNG
04.07.2024 – 19:00-21:00 Uhr, Rostock
KAS, Diskussion Indien hat gewählt: Ergebnisse, Folgen und Perspektiven
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geht der Frage nach, in welche Richtung sich die aufstrebende Weltmacht Indien entwickeln wird. INFOS & ANMELDUNG
Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet in der anbrechenden Legislatur mit “weiteren Reformen des europäischen Strommarktes” und lässt dazu einen eigenen Vorschlag erarbeiten. Ziel seien “konkrete Umsetzungs- bzw. Reformvorschläge für die nächste Kommission“, heißt es in einer am Wochenende veröffentlichten Ausschreibung des Bundeswirtschaftsministeriums für externe Beratung.
Auf zwölf Seiten gibt das BMWK einen ausführlichen Ausblick auf die zu erwartende Regulierung der Kommission für den Stromsektor. Höchste Dringlichkeit hat demnach die bis Jahresende anstehende Novelle des Network Code zur Kapazitätsallokation und zum Engpassmanagement (CACM Leitlinie). Der Netzkodex regelt zahlreiche auch politisch bedeutsame Marktthemen wie das Verfahren für die Gebotszonenteilung und die Kopplung der Spotmärkte, die am 25. Juni eine schwere technische Störung an der Epex Spot verzeichnete.
Bereits bis August 2025 sollen außerdem Vorschläge zu den Themen Stromnetzplanung, Flexibilitäten und Kapazitätsmechanismen vorliegen. Ziel sei ein konkretes Reformkonzept, um “die europäische Netzausbauplanung an den tatsächlichen Systembedarf in 2040 bzw. 2050 auszurichten”. Im europäischen Rahmen für Flexibilitäten will das BMWK rechtliche Hindernisse aus dem Weg räumen, damit zum Beispiel auch Elektroautos und Wärmepumpen zur Stabilisierung des Stromsystems beitragen können.
Im Abschnitt zu Kapazitätsmechanismen fällt auf, dass die Gutachter insbesondere Vorschläge für die Weiterentwicklung von strategischen Reserven erarbeiten sollen. Sie gelten als mildeste und vermeintlich kostengünstigste Form des Markteingriffs im Gegensatz zu umfassenden Kapazitätsmärkten, weil die Reserven nur in Krisensituationen eingesetzt werden und nicht Bestandteil des normalen Strommarkts sind.
Prüfen sollen die Experten auch Möglichkeiten einer gemeinsamen europäischen Nutzung solcher Reserven. Von der Diskussion auf EU-Ebene erwartet das BMWK insgesamt eine “stärkere Differenzierung zwischen Mechanismen zur Finanzierung von Kapazitäten im Strommarkt einerseits und Kapazitäten zur Absicherung von Krisensituationen andererseits”. ber
Die Niederlande, Dänemark, Finnland und Schweden haben als einzige EU-Staaten die Frist zur Abgabe ihrer nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) eingehalten. Das teilte die Kommission Table.Briefings auf Anfrage mit. Bis Sonntag hätten die Pläne laut Governance-Verordnung an die EU-Kommission übermittelt werden müssen. Auch Deutschland ist in Verzug.
Die NECPs sind die nationalen Fahrpläne zur Umsetzung der EU-Klimaziele für 2030. Die rechtzeitige Vorlage werde dazu beitragen, die notwendigen Investitionen auszulösen, “um den sauberen Übergang und die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben“, sagte ein Kommissionssprecher. Man habe hart daran gearbeitet, ehrgeizige und wissenschaftlich fundierte gesetzgeberische Ziele zu vereinbaren. “Jetzt ist es an der Zeit, dass die nationalen Behörden diese in konkrete Pläne umsetzen und die Vorteile des grünen Übergangs für unsere europäischen Bürger und Unternehmen nutzen”, heißt es aus dem Berlaymont in Brüssel.
Bereits im vergangenen Jahr hatten die Mitgliedstaaten die Entwürfe für ihre NECPs eingereicht. Die Kommission bewertete die Entwürfe und mahnte anschließend zu mehr Ambitionen. Auch zivilgesellschaftliche Beobachter hielten etwa den deutschen Entwurf für nicht ausreichend. In den nun fälligen finalen Plänen sollen die Mängel behoben und die Anmerkungen der Kommission berücksichtigt werden.
Dass derlei Fristen nicht eingehalten werden, ist nicht unüblich. Aus Kreisen der Bundesregierung war zu hören, dass Berlin seinen Plan in den kommenden Wochen nach Brüssel schicken werde. Ein Vertragsverletzungsverfahren droht bei einer kurzen Fristüberziehung nicht. Dennoch fordert die Kommission alle anderen Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Pläne so bald wie möglich vorzulegen. Zu finden sind alle bereits eingereichten Pläne hier. luk
Die Verfahren zur Anerkennung von Berufsabschlüssen in der EU können noch verbessert werden. Zu diesem Urteil kommt ein Bericht des Europäischen Rechnungshofes. In Deutschland etwa, wo 149 Berufe reguliert sind, variiert die Anerkennung von Berufsabschlüssen von Bundesland zu Bundesland. Es gebe kein bundesweit einheitliches Online-System für die Anerkennung von Berufsabschlüssen. Dieser Befund korrespondiere mit Deutschlands Defiziten bei der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten. Das größte EU-Mitgliedsland erreicht bei dem Digitalisierungsindex der 27 EU-Staaten nur den EU-Durchschnitt.
Dabei habe Deutschland in der EU den höchsten Anteil an Berufstätigen, die in regulierten Berufen arbeiten. Die deutschen Behörden zur Anerkennung von Berufsabschlüssen seien personell überfordert, heißt es in dem Bericht. Wegen Personalengpässen in den Behörden sei das reibungslose Funktionieren von Anerkennungsverfahren infrage zu stellen. Die Überforderung sei auch mit einer plötzlichen Steigerung der Anträge zu erklären – nicht zuletzt in Folge der hohen Zahl an ankommenden Flüchtlingen seit 2015.
Der Bericht kritisiert: Obwohl Deutschland am häufigsten das Ziel von anderen EU-Bürgern sei, sei die Anzahl der in der EU-Datenbank für reglementierte Berufe gemeldeten Entscheidungen deutscher Behörden gering. Sie machten nur sechs Prozent aller Entscheidungen aus. Weiter heißt es wörtlich in dem Bericht: “Im November 2023 stellten wir fest, dass das zuständige deutsche Ministerium nicht über die ausreichenden personellen Ressourcen verfügte, um alle Entscheidungen für den Zeitraum 2017-2021 in die Datenbank für reglementierte Berufe einzugeben.” Die Behörden hätten der Kommission jedoch Excel-Dateien mit den Statistiken zur Verfügung gestellt, da es nicht möglich war, die Daten automatisch hochzuladen.
Zudem bemängelt der Rechnungshof, dass die Anerkennung von Berufsabschlüssen in Deutschland besonders zeitaufwendig ist. Die Dauer der Verfahren in Deutschland sei länger als im EU-Schnitt und stelle eine der größten Herausforderungen bei der Berufsanerkennung dar.
Eine Ausnahme bilde hier die Anerkennung von Berufsabschlüssen bei Medizinern. Die zuständigen Behörden und Kammern attestierten, dass bei Anerkennungsverfahren von Berufsabschlüssen von Ärzten die Quote der Anerkennungen sowie die Dauer der Verfahren innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen lägen. Dies wird damit erklärt, dass die Anerkennungsverfahren inzwischen automatisiert wurden. mgr
Die Europäische Kommission hat Meta wegen des “Pay or Consent”-Modells für Werbung scharf kritisiert. Die Kommission erklärte am Montag, dass das Modell “bezahle oder stimme zu” gegen den Digital Markets Act (DMA) verstößt. Meta biete den Nutzern keine gleichwertige Alternative ohne personalisierte Werbung und verhindere somit die freie Zustimmung zur Datennutzung.
“Unsere vorläufige Ansicht ist, dass Metas Werbemodell nicht mit dem Digital Markets Act übereinstimmt”, sagte Margrethe Vestager, Exekutiv-Vizepräsidentin für Wettbewerbspolitik. “Wir wollen die Bürger befähigen, die Kontrolle über ihre eigenen Daten zu übernehmen und eine weniger personalisierte Werbeerfahrung zu wählen.”
Der DMA verlangt von großen Plattformen, dass sie die Zustimmung der Nutzer zur Kombination persönlicher Daten einholen. Dabei sollen Nutzer auch ohne diese Zustimmung Zugang zu einer gleichwertigen, aber weniger personalisierten Version des Dienstes haben. Meta führte im November 2023 das “Pay or Consent”-Modell ein, das Nutzer vor die Wahl stellt, entweder ein werbefreies Abonnement zu bezahlen oder personalisierte Werbung zu akzeptieren.
Die Kommission eröffnete am 25. März 2024 eine Untersuchung und informierte Meta nun über die vorläufigen Ergebnisse. Meta hat die Möglichkeit, auf diese Ergebnisse zu reagieren. Sollte Meta die Vorgaben des DMA nicht erfüllen, drohen Geldbußen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes, bei wiederholten Verstößen bis zu 20 Prozent. vis
Der Oberste Gerichtshof Spaniens hat am Montag erklärt, dass das Urteil gegen den ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont und zwei weitere hochrangige Politiker nicht unter die Amnestie fällt. Puigdemont und zwei weitere Politiker waren wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt worden. Der Ermittlungsrichter Pablo Llarena führt in dem Beschluss aus, dass die Verurteilten die klare Absicht hatten, einen “persönlichen Vorteil vermögensrechtlicher Natur” zu erlangen, indem sie öffentliche Gelder zur Finanzierung des katalanischen “procés” und des illegalen Referendums vom 1. Oktober 2017 verwendeten.
Richter Llarena hält damit den Haftbefehl gegen Puigdemont sowie gegen die ehemaligen katalanischen Minister Toni Comín und Lluis Puig, die ebenfalls der Veruntreuung beschuldigt sind, aufrecht.
In dem Beschluss betont der Oberste Gerichtshof, dass unter dem Begriff des “persönlichen Gewinns” jeder Nutzen, Ertrag oder Vorteil zu verstehen sei. Im vorliegenden Fall der Veruntreuung durch die katalanischen Separatisten ist Richter Llarena der Ansicht, dass der erlangte Nutzen oder Vorteil vor allem persönlicher Natur für die Angeklagten war. Sie seien es und nicht Dritte, die das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens gefördert hätten, und “die darüber hinaus die Kosten für die autonome Verwaltung gebilligt haben, ohne dass die Initiative einem öffentlichen Interesse entsprochen hätte”.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs unterstreicht auch, dass das im Mai vereinbarte Amnestiegesetz in seiner endgültigen Fassung Veruntreuungen vom Anwendungsbereich ausschließt, die mit der Absicht begangen wurden, einen persönlichen Vorteil finanzieller Art zu erlangen. Die Entscheidung befasst sich auch mit dem im Amnestiegesetz vorgesehenen Ausschluss von Veruntreuungshandlungen, die die finanziellen Interessen der Europäischen Union beeinträchtigen.
Die Veruntreuung öffentlicher Gelder, die laut spanischem Recht mit bis zu zwölf Jahren Gefängnis bestraft werden kann, ist eine der schwersten Straftaten im Zusammenhang mit dem katalanischen “procés”. In einer Nachricht auf dem Netzwerk X protestierte Puigdemont gegen die Entscheidung des Gerichts. iccc
Die kriselnde Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrien ist eine der großen Herausforderungen, mit der Ursula von der Leyen zu Beginn ihrer zweiten Amtszeit konfrontiert ist. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich am Donnerstag darauf geeinigt, sie für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission zu nominieren. Die noch ausstehende Zustimmung des Europäischen Parlaments ist höchstwahrscheinlich. Damit ist das politische Stühlerücken nach der Europawahl nun beendet.
Der Krisenmodus, der das politische Handeln die letzten fünf Jahre dominiert hat und durch den der langfristige sozioökonomische Fortschritt ins Hintertreffen geraten ist, muss nun überwunden werden. Ganz oben auf ihrer Agenda steht die Förderung von Industrien, die Europa für den langfristigen Erhalt des Wohlstands benötigt.
Dabei müssen diese Industrien nicht nur wettbewerbsfähiger werden, sondern in Anbetracht der ökologischen Krisen zu nachhaltigen und zukunftsfähigen Industrien umgebaut werden. Dementsprechend betont die letzte Woche beschlossene Strategische Agenda der EU, die die Prioritäten für die nächsten fünf Jahre festlegt, die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit für den Erfolg der grünen und digitalen Transformationen.
Die zentrale Herausforderung: Wichtige Industriezweige für die grüne Transformation und Wettbewerbsfähigkeit Europas werden derzeit von China dominiert. Das Land hat seine E-Auto-Exporte seit 2022 um 70 Prozent gesteigert und produziert fast neun von zehn Solarenergieanlagen weltweit. Die jüngste Ankündigung von US-Präsident Joe Biden, drastische Zölle auf chinesische Importe von E-Autos zu erheben, zeigt, wie schnell sich die Umstände ändern können. Diese protektionistische Maßnahme folgt auf den Inflation Reduction Act, ein Wirtschaftspaket in historischer Dimension, das bis 2031 bis zu einer Billion US-Dollar in die heimische Produktion von erneuerbaren Energien mobilisieren soll.
Im Vergleich dazu agiert die EU bisher langsam und zögerlich. Der Net Zero Industry Act war ein erster Schritt, aber ihm fehlt es an ambitionierten Zielen, der finanziellen Ausstattung und konkreten Umsetzungsinstrumenten im Vergleich zu seinen chinesischen und amerikanischen Pendants. Damit läuft die EU Gefahr, beim Aufbau strategisch relevanter und zukunftsfähiger Industrien ins Hintertreffen zu geraten. Die Frage, wie Europa seinen Wettbewerbsvorteil zurückgewinnen und gleichzeitig die ökologisch notwendige
Transformation stemmen kann, drängt und wird die neue EU-Kommission intensiv beschäftigen.
Eines der grundlegenden und gleichzeitig bisher wenig beachteten Probleme der europäischen Wettbewerbsfähigkeit ist das Ungleichgewicht in der wirtschaftlichen Entwicklung: Während wirtschaftlich starke Länder ihre traditionellen Industriestandorte modernisieren und gleichzeitig in neue zukunftsfähige Industrien investieren, bleibt das Potenzial der wirtschaftlich schwächeren Regionen weitgehend ungenutzt.
Derzeit hängt die geografische Ansiedelung von strategisch wichtigen Industriezweigen weniger vom wirtschaftlichen Potenzial der Mitgliedsländer ab, sondern vielmehr von deren fiskalischen Möglichkeiten. Zwischen März 2022 und Juni 2023 stammten drei Viertel der Staatshilfen in der EU allein aus Deutschland und Frankreich. Viele andere EU-Staaten konnten ihre Wirtschaft hingegen kaum bis gar nicht unterstützen. Diese ungleichmäßige Unterstützung fördert die Konzentration von Unternehmen in bereits wirtschaftlich starken Gebieten, und lässt wirtschaftlich schwächere Regionen außen vor.
Das ist ökonomisch ineffizient, denn in vielen Fällen haben diese Regionen ökonomisch ungenutztes Potenzial. Ein Beispiel dafür ist die Produktion von Solarstrom. 60 Prozent der europäischen Solarenergie wird in nördlichen Staaten produziert. Sonne gibt es jedoch in anderen EU-Ländern wesentlich mehr, was die Stromproduktion dort deutlich günstiger macht.
Das ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sehr wichtig, denn mit günstigerem Strom können energieintensive Produktionsprozesse entsprechend günstiger und somit die Endprodukte wettbewerbsfähiger werden. Ein Beispiel dafür ist die Stahlindustrie: Wirtschaftsminister Habeck hat kürzlich einen nationalen Förderbescheid in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro für die grüne Stahlproduktion in Deutschland übergeben. In diesem Projekt werden auch die energieintensiven Produktionsschritte, insbesondere die Eisenproduktion, subventioniert.
Würden stattdessen die energieintensiven Produktionsschritte an Orte mit günstigen Stromkosten verlagert, kann der Preis für europäischen Stahl deutlich gesenkt werden. Dadurch wird nicht nur die europäische Stahlindustrie wettbewerbsfähiger, sondern auch alle nachgelagerten Industriezweige. Gleichzeitig profitieren mehr Regionen vom Erfolg der industriellen Wertschöpfung und Modernisierung, speziell wirtschaftlich schwächere und stagnierende Gebiete. Das ist ein Win-Win, in dem die Wettbewerbsfähigkeit steigt und in wirtschaftlich abgehängten Regionen Arbeitsplätze und mehr ökonomische Wertschöpfung entstehen.
Die Erfolgsgeschichte des entstehenden “Wärmepumpen Valley” im polnisch-slowakisch-tschechischen Grenzgebiet ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie regionale Innovations- und Produktionszentren für wichtige grüne Industrien aussehen können. Sie verdeutlicht auch, wie wichtig die überregionale europäische Koordinierung von Wirtschaft und Infrastruktur ist, um zukunftsfähige Wirtschaftszweige zu etablieren.
Um das zu ermöglichen, braucht es eine europäische Industriestrategie. Nationale Fragmentation kann sich Europa in der aktuellen weltwirtschaftlichen Lage nicht weiter erlauben.
Grüne Produktionszweige werden die Märkte in Zukunft dominieren. Etwa 60 Prozent der Investitionen in die notwendigen Technologien für eine klimaneutrale EU bis 2050 rentieren sich kurzfristig nicht. Daher ist eine zeitlich begrenzte staatliche Unterstützung erforderlich, bis diese Technologien marktfähig und wettbewerbsfähig sind. Die Wirtschaftspolitik trägt die entscheidende Verantwortung sicherzustellen, dass Unternehmen Zugang zu angemessener Infrastruktur und qualifizierten Fachkräften haben.
Die EU hat bereits gezeigt, wie effektiv fokussierte Finanzhilfen sind, etwa mit ihrer 723 Milliarden Euro schweren Aufbau- und Resilienzfazilität nach der Pandemie. Die Finanzmittel auf EU-Ebene unterstützen Industrien in priorisierten Regionen unabhängig von nationaler Hilfe und haben damit einen entscheidenden Beitrag zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise geleistet.
Wichtig dabei ist, dass staatliche Unterstützung an Ziele gebunden ist – nur Unternehmen, die Transitionsfortschritte nachweisen und effizient wirtschaften, sollten unterstützt werden. So kann eine nachhaltige und effiziente Nutzung der öffentlichen Mittel sichergestellt werden.
Eine Kombination aus gezielter Unterstützung für Potenzialregionen und deren Knüpfung an Transitionsfortschritte bildet die Grundlage für eine gemeinsame europäische Industriestrategie. So kann die Stärke aller europäischen Regionen voll genutzt, die europäische Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und gleichzeitig der europäische Zusammenhalt gestärkt werden.
Damit hat Ursula von der Leyen gute Chancen, die grenzübergreifende und parteiübergreifende Unterstützung zu gewinnen, die sie in den kommenden Jahren braucht, um Europa zum führenden Akteur beim Aufbau einer zukunftsfähigen Wirtschaft zu machen.
jetzt gehen die Verhandlungen für die Bildung einer informellen Koalition aus EVP, S&D, Renew und – das ist die Nachricht des Tages – den Grünen los. Ursula von der Leyen saß Montagabend mit den Fraktionschefs der Grünen zusammen. Kurz danach hieß es: Die Grünen sind mit von der Partie und verhandeln jetzt auch über die Inhalte für eine stabile demokratische Mehrheit im Europaparlament.
Von der Leyen wirbt in den Fraktionen um Stimmen. Für zwei Tage ist sie dabei, wenn die neue EVP-Fraktion Mittwoch und Donnerstag im portugiesischen Cascais zusammensitzt und ihre politischen Leitlinien für die Wahlperiode beschließt. Wenn man so will, das Regierungsprogramm der mit Abstand größten Kraft in der Formation.
Auch die Fraktionen der beiden anderen Parteien der Plattform, wie die informelle Koalition in diesen Tagen genannt wird, beraten ihre Forderungen. Die Sozialisten etwa pochen auf ein soziales Vergaberecht mit Einhaltung der Tariftreue und Erleichterungen im Beihilferecht für den sozialen Wohnungsbau.
Manche Sozialdemokraten wollen drohen, ihre Zustimmung bei den Gesetzen zu verweigern, bei denen auch die Abgeordneten der konservativen EKR mit im Boot sind. Diesen Punkt können sie bei der S&D-Fraktionssitzung am kommenden Dienstag vorbringen, bei der sich von der Leyen bereits angekündigt hat. Auch in der Renew-Fraktion ist ihre Teilnahme nächste Woche fest eingeplant.
Viel Zeit bleibt nicht für die “Koalitionsverhandlungen”. Am 18. oder 19. Juli soll die Wahl der Kommissionspräsidentin in Straßburg stattfinden. Inhaltlich werden die Gespräche von den Fraktionschefs persönlich geführt. Unterarbeitsgruppen, wie etwa auf nationaler Ebene üblich, sind nicht geplant.
Am Ende soll ein Schriftstück aufgesetzt werden, in dem EVP, S&D, Renew und nun auch Grüne die Ergebnisse ihrer Verhandlungen festhalten. Der Koalitionsvertrag der Berliner Ampel hat 144 Seiten, die Vereinbarung von “Von-der-Leyen”-II dürfte eine einstellige Seitenzahl bekommen. Kommen Sie gut in den Tag.
Juli 2019, Emmanuel Macron befindet sich auf dem Zenit seiner Macht in der EU: Frankreichs Staatspräsident zieht nach der Europawahl meisterhaft die Fäden, er verhindert EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber als EU-Kommissionspräsidenten, installiert stattdessen Ursula von der Leyen und zugleich den belgischen Liberalen Charles Michel als Ratspräsidenten. Und sichert sich damit Einfluss auf die beiden Spitzenpolitiker, die ihm ihre Ämter zu verdanken haben.
Der Königsmacher ist Emmanuel Macron im Juli 2024 nicht mehr. Bei der Vergabe der Spitzenposten haben sich der französische Präsident und seine liberale Parteienfamilie mit dem Posten der Außenbeauftragten zufriedengegeben, der vergleichsweise wenig Gestaltungsspielraum mit sich bringt. Die absehbare Niederlage für Macrons Lager bei den vorgezogenen Parlamentswahlen dürfte den Einfluss des französischen Präsidenten – und seines Landes – in Brüssel weiter schmälern.
Die Autorität des Präsidenten dort hat zuletzt stark gelitten. EU-Diplomaten bezeichnen die Entscheidung Macrons als “Desaster”, als Reaktion auf den Sieg des Rassemblement National bei der Europawahl vor drei Wochen die Nationalversammlung aufzulösen. Célia Belin, Leiterin des Pariser Büros des European Council on Foreign Relations (ECFR), spricht von einer “Selbstsabotage”, mit der Macron den Aufstieg der extremen Rechten um Monate oder Jahre beschleunigt habe.
Wie viele Sitze die politischen Blöcke in der Nationalversammlung erhalten, wird erst in den Stichwahlen am Sonntag entschieden. Die Parteien des Linksbündnisses kündigten am Montag an, die eigenen drittplatzierten Kandidaten in den Wahlkreisen zurückzuziehen und die Alternative zu den RN-Bewerbern zu empfehlen. Macrons Ensemble-Allianz konnte sich aber nicht entsprechend zu einer solch klaren Wahlempfehlung für die Kandidaten der Nouveau Front Populaire durchringen, was zur Verwirrung der Wähler beitragen könnte.
Die Prognosen sagen dem RN bis zu 280 Sitze voraus, die absolute Mehrheit liegt bei 289. Denkbar ist auch, dass keines der drei großen Lager eine Mehrheit erhält. Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, geht davon aus, dass Macron auch in diesem Fall “deutlich geschwächt aus der Parlamentswahl hervorgehen wird”. Frankreich habe keine Erfahrungen mit Koalitionen, das Tagesgeschäft werde dadurch schwieriger. Ähnliches gelte für den Fall einer erneuten Minderheitsregierung, sagte der Vorsitzende der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung.
Die drohende Lähmung dürfte auch den französischen Einfluss in Brüssel schwächen. In den EU-Institutionen werden in den kommenden Wochen und Monaten wichtige Posten unterhalb der Top-Jobs verteilt. So erhebt Paris hinter den Kulissen Anspruch, den Posten des Generalsekretärs der EU-Kommission mit einem Franzosen zu besetzen. Ambitionen werden etwa dem langjährigen EU-Botschafter Philippe Léglise-Costa nachgesagt.
Doch Ursula von der Leyen dürfte dem Drängen kaum nachgeben, sollte sie vom Europaparlament für eine zweite Amtszeit gewählt werden: Vielmehr werde sie wohl an Ilze Juhansone als Generalsekretärin festhalten, heißt es in Brüssel. Mit der Lettin hat sie bereits in den vergangenen fünf Jahren eng zusammengearbeitet.
Zudem könnten sich Präsident und Regierung in Paris in einem juristischen Streit verhaken, wer den neuen französischen Kommissar nominieren darf. Macron hat versucht, einen Pflock einzuschlagen, als er vergangene Woche Binnenmarktkommissar Thierry Breton für eine zweite Amtszeit nominierte. Doch Marine Le Pen ficht die Entscheidung an: “Es ist das Vorrecht des Premierministers, den EU-Kommissar zu ernennen”, sagte sie.
Breton verantwortet bislang ein sehr großes Aufgabengebiet in der Kommission, das vom Binnenmarkt über die Industrie- und Digitalpolitik bis zur Verteidigungsindustrie reicht. In der neuen Kommission möchte Paris dem Vernehmen nach ein ähnlich umfangreiches Dossier besetzen, erneut mit Industriefokus. Doch das Gebiet ist auch bei anderen Mitgliedstaaten begehrt, und von der Leyens Verhältnis zu Breton wurde erheblich belastet, als dieser ihre Berufung von Markus Pieper zum Mittelstandbeauftragten offen kritisierte.
Der Wahlausgang könnte im Rat ebenfalls die französischen Handlungsspielräume beschränken. Zwar gibt Macron im Europäischen Rat und in der Außen- und Sicherheitspolitik als Staatspräsident die Linie vor. Doch in den einzelnen Ministerräten sind seine Durchgriffsmöglichkeiten begrenzt, sollte die neue Regierung nicht aus seinem Lager stammen. Dort geben Premier- und Fachminister die Linie vor.
In diesem Szenario werde auch in Brüssel das Tagesgeschäft schwieriger, warnt SPD-Politiker Schmid. “Dann sitzen in der EU plötzlich rechtspopulistische Minister von Le Pen mit am Verhandlungstisch und die französische RN könnte sich mit Melonis Leuten zusammentun.” Mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen sei dann überhaupt nicht mehr zu rechnen, da es Widerstand von rechts bis links gebe.
Im neuen Europaparlament dürften die französischen Einflussmöglichkeiten ebenfalls deutlich beschränkt sein. Nur gut 30 der 81 Abgeordneten aus Frankreich sitzen in einer der drei Fraktionen, die wohl erneut über eine gemeinsame Plattform die Mehrheiten in den Abstimmungen organisieren. Macrons Renaissance-Lager verlor bei der Europawahl im Juni zehn seiner zuvor 23 Sitze in der liberalen Renew-Fraktion.
Die Mitte-Rechts-Partei Les Républicains hat mit sechs Abgeordneten kaum Gewicht in der größten Fraktion der EVP, wo CDU/CSU mit 29 Parlamentariern den Ton angeben. Lediglich bei den Sozialisten legte die französische Delegation deutlich zu. 30 Abgeordnete wiederum stellt der RN, der bislang aber bei den wichtigen Posten und Entscheidungen durch den Cordon sanitaire außen vor blieb. Mit Birgit Jennen
Als die Europäische Kommission im Januar die Verlängerung der befristeten Handelserleichterungen für die Ukraine vorschlug, folgte ein monatelanger Streit. Er entzündete sich maßgeblich am Handelsstatus für Agrarimporte. In letzter Minute wurde die Verlängerung verabschiedet. Um zu vermeiden, dass sich eine solche Zitterpartie wiederholt, will die Europäische Kommission eine längerfristige Regelung mit Kiew vereinbaren.
Geplant ist, Zollsätze im Rahmen des Assoziierungsabkommens zwischen Ukraine und EU anzupassen. Das unterstütze die kriegsgebeutelte Ukraine wirtschaftlich und bereite ihre Aufnahme in den EU-Binnenmarkt vor, argumentiert die Kommission.
Aber: Der Zeitplan für eine Einigung ist knapp. Im Juni 2025 laufen die derzeit übergangsweise geltenden Handelserleichterungen aus. Ist das Abkommen bis dahin nicht aktualisiert, gelten für die Ukraine reguläre Zollsätze und Einfuhrquoten wie vor dem Krieg. Auf Ebene hoher Beamter finden zurzeit Vorgespräche mit der Ukraine statt, teilt ein Kommissionssprecher Table.Briefings mit. Die Verhandlungen hätten noch nicht begonnen.
Zeitlicher Druck entsteht auch dadurch, dass sich die neue Kommission nach der Europawahl noch formieren muss. Außerdem übernimmt im Juli 2024 Ungarn, im Januar 2025 Polen den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft. Beide gelten als scharfe Kritiker des Ukraine-Freihandels. Aus Kreisen der ungarischen Präsidentschaft ist zu hören, man wolle europäische Landwirte besser vor ukrainischen Importen schützen.
Zwar befürworten es fast alle Seiten, neue Handelsregeln langfristig festzulegen. Doch inhaltlich liegen die Wunschszenarien verschiedener Betroffener weit auseinander.
Eine Vereinbarung, die sich nah am ursprünglichen Assoziierungsabkommen orientiert, wünschen sich europäische Bauernvertreter. Befristete Lockerungen, die seit dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine gelten, würden entsprechend zurückgeschraubt. Viele Agrarprodukte, wie Weizen und Mais, würden wieder Quoten unterliegen. Aktuell gelten Schutzklauseln lediglich für als sensibel eingestufte Produkte wie Zucker oder Eier. Das Argument der Bauernvertreter: Werden nur bestimmte Produkte geschützt, könnten große ukrainische Betriebe einfach auf andere Güter umsatteln.
Auf ukrainischer Seite sieht man das anders. Schutzklauseln schädigten die ukrainische Landwirtschaft, argumentiert Alex Lissitsa, Präsident des Ukrainian Agribusiness Club (UCAB). Importquoten für Zucker oder Hafer seien zu restriktiv. Schon nach wenigen Monaten seien diese ausgeschöpft. Lissitsa fordert, den EU-Beitritt der Ukraine mit dem Abbau von Handelshemmnissen vorzubereiten.
Für den ukrainischen Agrarsektor sei eine solche Perspektive essenziell. Auch, um attraktiv für Investoren zu bleiben. “Wenn die EU-Länder uns über die Ukraine-Fazilität mit Milliardenbeträgen auch dabei unterstützen, uns an EU-Standards anzupassen, wäre es widersprüchlich, uns nicht auch die Aussicht auf einen immer besseren Zugang zum europäischen Markt zu geben”, fügt Lissitsa hinzu.
Aus Sicht des Handelsexperten und früheren Direktors bei der EU-Kommission John Clarke wäre es auch im Interesse der EU, sich durch eine progressive Liberalisierung des Handels auf den Beitritt des großen Agrarlandes vorzubereiten. “Freihandelsabkommen sehen üblicherweise eine siebenjährige Übergangsfrist für die Liberalisierung besonders sensibler Produkte wie Rindfleisch, Geflügel oder Zucker vor”, erklärt er. “Für den Ukraine-Beitritt könnte man eine solche Übergangsfrist gewissermaßen im Voraus schaffen, indem man in den nächsten Jahren nach und nach den Handel für die Produkte liberalisiert, für die Einfuhrkontingente gelten.”
EU-Bauernvertreter sehen das skeptisch. Sie bevorzugen eine Übergangsfrist nach dem Beitritt. Clarke verweist darauf, dass der Marktzugang in der Vergangenheit nur eingeschränkt blieb, wenn neu eingetretene Mitglieder beispielsweise phytosanitäre Standards noch nicht erfüllten. Da sich die Ukraine dazu bekannt habe, bis zum Beitritt alle EU-Standards zu erfüllen, wäre es unfair, sie länger warten zu lassen.
Angesichts der polarisierten Debatte hält es Clarke für realistisch, die derzeit geltende Übergangsregelung fortzuschreiben. Also: Aussetzung von Quoten und Zöllen gepaart mit Schutzklauseln für sensible Agrarprodukte. “Wir haben hier eine funktionierende Lösung, auch wenn sie keine der Seiten wirklich zufriedenstellt”, argumentiert er. Für Investitionen werde Kontinuität geschaffen, die Ukraine angesichts des fortdauernden Krieges weiter unterstützt.
Ähnlich sieht es Stephanie Kröger, Außenhandelsexpertin bei Der Agrarhandel. Die derzeitige Regelung fortzuschreiben sei “ein gangbares Instrument auch für die nächsten Jahre, weil sie durch angemessene Maßnahmen einen gewissen Schutz des Binnenmarktes bringt”, resümiert sie.
03.07.2024 – 12:00-18:00 Uhr, Köln
TÜV NIS-2-Experten-Roundtable
Der TÜV diskutiert die Auswirkungen der NIS-2-Richtlinie auf die Cybersicherheit von Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG
03.07.2024 – 18:15-19:15 Uhr, online
KAS, Diskussion Nach der Wahl – steht Europa vor einer Kurskorrektur?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die politischen Aussichten in der EU nach der Wahl. INFOS & ANMELDUNG
04.07.-05.07.2024, Madrid (Spanien)
ECFR, Conference Annual Council Meeting
The European Council on Foreign Relations (ECFR) attempts to set Europe’s new strategic course in 2024 and beyond. INFOS & ANMELDUNG
04.07.2024 – 12:00-14:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
KAS, Discussion 30 in 2030? Launching EU Accession Negotiations with Ukraine and Moldova
The Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) discusses whether the prospect of 30 EU member states by 2030 is a realistic scenario. INFOS & REGISTRATION
04.07.2024 – 14:00 Uhr, Berlin
EBD Briefing Ungarische EU-Ratspräsidentschaft
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) informiert über die ungarische Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2024. INFOS & ANMELDUNG
04.07.2024 – 15:00-20:30 Uhr, Brüssel (Belgien)
Eurogas Annual Renewable Gas Conference & Barbecue
Eurogas discusses the challenges faced by the industry and the energy sector to deliver climate-neutrality by 2050. INFOS & ANMELDUNG
04.07.2024 – 19:00-21:00 Uhr, Rostock
KAS, Diskussion Indien hat gewählt: Ergebnisse, Folgen und Perspektiven
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) geht der Frage nach, in welche Richtung sich die aufstrebende Weltmacht Indien entwickeln wird. INFOS & ANMELDUNG
Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet in der anbrechenden Legislatur mit “weiteren Reformen des europäischen Strommarktes” und lässt dazu einen eigenen Vorschlag erarbeiten. Ziel seien “konkrete Umsetzungs- bzw. Reformvorschläge für die nächste Kommission“, heißt es in einer am Wochenende veröffentlichten Ausschreibung des Bundeswirtschaftsministeriums für externe Beratung.
Auf zwölf Seiten gibt das BMWK einen ausführlichen Ausblick auf die zu erwartende Regulierung der Kommission für den Stromsektor. Höchste Dringlichkeit hat demnach die bis Jahresende anstehende Novelle des Network Code zur Kapazitätsallokation und zum Engpassmanagement (CACM Leitlinie). Der Netzkodex regelt zahlreiche auch politisch bedeutsame Marktthemen wie das Verfahren für die Gebotszonenteilung und die Kopplung der Spotmärkte, die am 25. Juni eine schwere technische Störung an der Epex Spot verzeichnete.
Bereits bis August 2025 sollen außerdem Vorschläge zu den Themen Stromnetzplanung, Flexibilitäten und Kapazitätsmechanismen vorliegen. Ziel sei ein konkretes Reformkonzept, um “die europäische Netzausbauplanung an den tatsächlichen Systembedarf in 2040 bzw. 2050 auszurichten”. Im europäischen Rahmen für Flexibilitäten will das BMWK rechtliche Hindernisse aus dem Weg räumen, damit zum Beispiel auch Elektroautos und Wärmepumpen zur Stabilisierung des Stromsystems beitragen können.
Im Abschnitt zu Kapazitätsmechanismen fällt auf, dass die Gutachter insbesondere Vorschläge für die Weiterentwicklung von strategischen Reserven erarbeiten sollen. Sie gelten als mildeste und vermeintlich kostengünstigste Form des Markteingriffs im Gegensatz zu umfassenden Kapazitätsmärkten, weil die Reserven nur in Krisensituationen eingesetzt werden und nicht Bestandteil des normalen Strommarkts sind.
Prüfen sollen die Experten auch Möglichkeiten einer gemeinsamen europäischen Nutzung solcher Reserven. Von der Diskussion auf EU-Ebene erwartet das BMWK insgesamt eine “stärkere Differenzierung zwischen Mechanismen zur Finanzierung von Kapazitäten im Strommarkt einerseits und Kapazitäten zur Absicherung von Krisensituationen andererseits”. ber
Die Niederlande, Dänemark, Finnland und Schweden haben als einzige EU-Staaten die Frist zur Abgabe ihrer nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) eingehalten. Das teilte die Kommission Table.Briefings auf Anfrage mit. Bis Sonntag hätten die Pläne laut Governance-Verordnung an die EU-Kommission übermittelt werden müssen. Auch Deutschland ist in Verzug.
Die NECPs sind die nationalen Fahrpläne zur Umsetzung der EU-Klimaziele für 2030. Die rechtzeitige Vorlage werde dazu beitragen, die notwendigen Investitionen auszulösen, “um den sauberen Übergang und die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben“, sagte ein Kommissionssprecher. Man habe hart daran gearbeitet, ehrgeizige und wissenschaftlich fundierte gesetzgeberische Ziele zu vereinbaren. “Jetzt ist es an der Zeit, dass die nationalen Behörden diese in konkrete Pläne umsetzen und die Vorteile des grünen Übergangs für unsere europäischen Bürger und Unternehmen nutzen”, heißt es aus dem Berlaymont in Brüssel.
Bereits im vergangenen Jahr hatten die Mitgliedstaaten die Entwürfe für ihre NECPs eingereicht. Die Kommission bewertete die Entwürfe und mahnte anschließend zu mehr Ambitionen. Auch zivilgesellschaftliche Beobachter hielten etwa den deutschen Entwurf für nicht ausreichend. In den nun fälligen finalen Plänen sollen die Mängel behoben und die Anmerkungen der Kommission berücksichtigt werden.
Dass derlei Fristen nicht eingehalten werden, ist nicht unüblich. Aus Kreisen der Bundesregierung war zu hören, dass Berlin seinen Plan in den kommenden Wochen nach Brüssel schicken werde. Ein Vertragsverletzungsverfahren droht bei einer kurzen Fristüberziehung nicht. Dennoch fordert die Kommission alle anderen Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Pläne so bald wie möglich vorzulegen. Zu finden sind alle bereits eingereichten Pläne hier. luk
Die Verfahren zur Anerkennung von Berufsabschlüssen in der EU können noch verbessert werden. Zu diesem Urteil kommt ein Bericht des Europäischen Rechnungshofes. In Deutschland etwa, wo 149 Berufe reguliert sind, variiert die Anerkennung von Berufsabschlüssen von Bundesland zu Bundesland. Es gebe kein bundesweit einheitliches Online-System für die Anerkennung von Berufsabschlüssen. Dieser Befund korrespondiere mit Deutschlands Defiziten bei der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten. Das größte EU-Mitgliedsland erreicht bei dem Digitalisierungsindex der 27 EU-Staaten nur den EU-Durchschnitt.
Dabei habe Deutschland in der EU den höchsten Anteil an Berufstätigen, die in regulierten Berufen arbeiten. Die deutschen Behörden zur Anerkennung von Berufsabschlüssen seien personell überfordert, heißt es in dem Bericht. Wegen Personalengpässen in den Behörden sei das reibungslose Funktionieren von Anerkennungsverfahren infrage zu stellen. Die Überforderung sei auch mit einer plötzlichen Steigerung der Anträge zu erklären – nicht zuletzt in Folge der hohen Zahl an ankommenden Flüchtlingen seit 2015.
Der Bericht kritisiert: Obwohl Deutschland am häufigsten das Ziel von anderen EU-Bürgern sei, sei die Anzahl der in der EU-Datenbank für reglementierte Berufe gemeldeten Entscheidungen deutscher Behörden gering. Sie machten nur sechs Prozent aller Entscheidungen aus. Weiter heißt es wörtlich in dem Bericht: “Im November 2023 stellten wir fest, dass das zuständige deutsche Ministerium nicht über die ausreichenden personellen Ressourcen verfügte, um alle Entscheidungen für den Zeitraum 2017-2021 in die Datenbank für reglementierte Berufe einzugeben.” Die Behörden hätten der Kommission jedoch Excel-Dateien mit den Statistiken zur Verfügung gestellt, da es nicht möglich war, die Daten automatisch hochzuladen.
Zudem bemängelt der Rechnungshof, dass die Anerkennung von Berufsabschlüssen in Deutschland besonders zeitaufwendig ist. Die Dauer der Verfahren in Deutschland sei länger als im EU-Schnitt und stelle eine der größten Herausforderungen bei der Berufsanerkennung dar.
Eine Ausnahme bilde hier die Anerkennung von Berufsabschlüssen bei Medizinern. Die zuständigen Behörden und Kammern attestierten, dass bei Anerkennungsverfahren von Berufsabschlüssen von Ärzten die Quote der Anerkennungen sowie die Dauer der Verfahren innerhalb der vorgeschriebenen Grenzen lägen. Dies wird damit erklärt, dass die Anerkennungsverfahren inzwischen automatisiert wurden. mgr
Die Europäische Kommission hat Meta wegen des “Pay or Consent”-Modells für Werbung scharf kritisiert. Die Kommission erklärte am Montag, dass das Modell “bezahle oder stimme zu” gegen den Digital Markets Act (DMA) verstößt. Meta biete den Nutzern keine gleichwertige Alternative ohne personalisierte Werbung und verhindere somit die freie Zustimmung zur Datennutzung.
“Unsere vorläufige Ansicht ist, dass Metas Werbemodell nicht mit dem Digital Markets Act übereinstimmt”, sagte Margrethe Vestager, Exekutiv-Vizepräsidentin für Wettbewerbspolitik. “Wir wollen die Bürger befähigen, die Kontrolle über ihre eigenen Daten zu übernehmen und eine weniger personalisierte Werbeerfahrung zu wählen.”
Der DMA verlangt von großen Plattformen, dass sie die Zustimmung der Nutzer zur Kombination persönlicher Daten einholen. Dabei sollen Nutzer auch ohne diese Zustimmung Zugang zu einer gleichwertigen, aber weniger personalisierten Version des Dienstes haben. Meta führte im November 2023 das “Pay or Consent”-Modell ein, das Nutzer vor die Wahl stellt, entweder ein werbefreies Abonnement zu bezahlen oder personalisierte Werbung zu akzeptieren.
Die Kommission eröffnete am 25. März 2024 eine Untersuchung und informierte Meta nun über die vorläufigen Ergebnisse. Meta hat die Möglichkeit, auf diese Ergebnisse zu reagieren. Sollte Meta die Vorgaben des DMA nicht erfüllen, drohen Geldbußen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes, bei wiederholten Verstößen bis zu 20 Prozent. vis
Der Oberste Gerichtshof Spaniens hat am Montag erklärt, dass das Urteil gegen den ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont und zwei weitere hochrangige Politiker nicht unter die Amnestie fällt. Puigdemont und zwei weitere Politiker waren wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt worden. Der Ermittlungsrichter Pablo Llarena führt in dem Beschluss aus, dass die Verurteilten die klare Absicht hatten, einen “persönlichen Vorteil vermögensrechtlicher Natur” zu erlangen, indem sie öffentliche Gelder zur Finanzierung des katalanischen “procés” und des illegalen Referendums vom 1. Oktober 2017 verwendeten.
Richter Llarena hält damit den Haftbefehl gegen Puigdemont sowie gegen die ehemaligen katalanischen Minister Toni Comín und Lluis Puig, die ebenfalls der Veruntreuung beschuldigt sind, aufrecht.
In dem Beschluss betont der Oberste Gerichtshof, dass unter dem Begriff des “persönlichen Gewinns” jeder Nutzen, Ertrag oder Vorteil zu verstehen sei. Im vorliegenden Fall der Veruntreuung durch die katalanischen Separatisten ist Richter Llarena der Ansicht, dass der erlangte Nutzen oder Vorteil vor allem persönlicher Natur für die Angeklagten war. Sie seien es und nicht Dritte, die das Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens gefördert hätten, und “die darüber hinaus die Kosten für die autonome Verwaltung gebilligt haben, ohne dass die Initiative einem öffentlichen Interesse entsprochen hätte”.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs unterstreicht auch, dass das im Mai vereinbarte Amnestiegesetz in seiner endgültigen Fassung Veruntreuungen vom Anwendungsbereich ausschließt, die mit der Absicht begangen wurden, einen persönlichen Vorteil finanzieller Art zu erlangen. Die Entscheidung befasst sich auch mit dem im Amnestiegesetz vorgesehenen Ausschluss von Veruntreuungshandlungen, die die finanziellen Interessen der Europäischen Union beeinträchtigen.
Die Veruntreuung öffentlicher Gelder, die laut spanischem Recht mit bis zu zwölf Jahren Gefängnis bestraft werden kann, ist eine der schwersten Straftaten im Zusammenhang mit dem katalanischen “procés”. In einer Nachricht auf dem Netzwerk X protestierte Puigdemont gegen die Entscheidung des Gerichts. iccc
Die kriselnde Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrien ist eine der großen Herausforderungen, mit der Ursula von der Leyen zu Beginn ihrer zweiten Amtszeit konfrontiert ist. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich am Donnerstag darauf geeinigt, sie für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission zu nominieren. Die noch ausstehende Zustimmung des Europäischen Parlaments ist höchstwahrscheinlich. Damit ist das politische Stühlerücken nach der Europawahl nun beendet.
Der Krisenmodus, der das politische Handeln die letzten fünf Jahre dominiert hat und durch den der langfristige sozioökonomische Fortschritt ins Hintertreffen geraten ist, muss nun überwunden werden. Ganz oben auf ihrer Agenda steht die Förderung von Industrien, die Europa für den langfristigen Erhalt des Wohlstands benötigt.
Dabei müssen diese Industrien nicht nur wettbewerbsfähiger werden, sondern in Anbetracht der ökologischen Krisen zu nachhaltigen und zukunftsfähigen Industrien umgebaut werden. Dementsprechend betont die letzte Woche beschlossene Strategische Agenda der EU, die die Prioritäten für die nächsten fünf Jahre festlegt, die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit für den Erfolg der grünen und digitalen Transformationen.
Die zentrale Herausforderung: Wichtige Industriezweige für die grüne Transformation und Wettbewerbsfähigkeit Europas werden derzeit von China dominiert. Das Land hat seine E-Auto-Exporte seit 2022 um 70 Prozent gesteigert und produziert fast neun von zehn Solarenergieanlagen weltweit. Die jüngste Ankündigung von US-Präsident Joe Biden, drastische Zölle auf chinesische Importe von E-Autos zu erheben, zeigt, wie schnell sich die Umstände ändern können. Diese protektionistische Maßnahme folgt auf den Inflation Reduction Act, ein Wirtschaftspaket in historischer Dimension, das bis 2031 bis zu einer Billion US-Dollar in die heimische Produktion von erneuerbaren Energien mobilisieren soll.
Im Vergleich dazu agiert die EU bisher langsam und zögerlich. Der Net Zero Industry Act war ein erster Schritt, aber ihm fehlt es an ambitionierten Zielen, der finanziellen Ausstattung und konkreten Umsetzungsinstrumenten im Vergleich zu seinen chinesischen und amerikanischen Pendants. Damit läuft die EU Gefahr, beim Aufbau strategisch relevanter und zukunftsfähiger Industrien ins Hintertreffen zu geraten. Die Frage, wie Europa seinen Wettbewerbsvorteil zurückgewinnen und gleichzeitig die ökologisch notwendige
Transformation stemmen kann, drängt und wird die neue EU-Kommission intensiv beschäftigen.
Eines der grundlegenden und gleichzeitig bisher wenig beachteten Probleme der europäischen Wettbewerbsfähigkeit ist das Ungleichgewicht in der wirtschaftlichen Entwicklung: Während wirtschaftlich starke Länder ihre traditionellen Industriestandorte modernisieren und gleichzeitig in neue zukunftsfähige Industrien investieren, bleibt das Potenzial der wirtschaftlich schwächeren Regionen weitgehend ungenutzt.
Derzeit hängt die geografische Ansiedelung von strategisch wichtigen Industriezweigen weniger vom wirtschaftlichen Potenzial der Mitgliedsländer ab, sondern vielmehr von deren fiskalischen Möglichkeiten. Zwischen März 2022 und Juni 2023 stammten drei Viertel der Staatshilfen in der EU allein aus Deutschland und Frankreich. Viele andere EU-Staaten konnten ihre Wirtschaft hingegen kaum bis gar nicht unterstützen. Diese ungleichmäßige Unterstützung fördert die Konzentration von Unternehmen in bereits wirtschaftlich starken Gebieten, und lässt wirtschaftlich schwächere Regionen außen vor.
Das ist ökonomisch ineffizient, denn in vielen Fällen haben diese Regionen ökonomisch ungenutztes Potenzial. Ein Beispiel dafür ist die Produktion von Solarstrom. 60 Prozent der europäischen Solarenergie wird in nördlichen Staaten produziert. Sonne gibt es jedoch in anderen EU-Ländern wesentlich mehr, was die Stromproduktion dort deutlich günstiger macht.
Das ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sehr wichtig, denn mit günstigerem Strom können energieintensive Produktionsprozesse entsprechend günstiger und somit die Endprodukte wettbewerbsfähiger werden. Ein Beispiel dafür ist die Stahlindustrie: Wirtschaftsminister Habeck hat kürzlich einen nationalen Förderbescheid in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro für die grüne Stahlproduktion in Deutschland übergeben. In diesem Projekt werden auch die energieintensiven Produktionsschritte, insbesondere die Eisenproduktion, subventioniert.
Würden stattdessen die energieintensiven Produktionsschritte an Orte mit günstigen Stromkosten verlagert, kann der Preis für europäischen Stahl deutlich gesenkt werden. Dadurch wird nicht nur die europäische Stahlindustrie wettbewerbsfähiger, sondern auch alle nachgelagerten Industriezweige. Gleichzeitig profitieren mehr Regionen vom Erfolg der industriellen Wertschöpfung und Modernisierung, speziell wirtschaftlich schwächere und stagnierende Gebiete. Das ist ein Win-Win, in dem die Wettbewerbsfähigkeit steigt und in wirtschaftlich abgehängten Regionen Arbeitsplätze und mehr ökonomische Wertschöpfung entstehen.
Die Erfolgsgeschichte des entstehenden “Wärmepumpen Valley” im polnisch-slowakisch-tschechischen Grenzgebiet ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie regionale Innovations- und Produktionszentren für wichtige grüne Industrien aussehen können. Sie verdeutlicht auch, wie wichtig die überregionale europäische Koordinierung von Wirtschaft und Infrastruktur ist, um zukunftsfähige Wirtschaftszweige zu etablieren.
Um das zu ermöglichen, braucht es eine europäische Industriestrategie. Nationale Fragmentation kann sich Europa in der aktuellen weltwirtschaftlichen Lage nicht weiter erlauben.
Grüne Produktionszweige werden die Märkte in Zukunft dominieren. Etwa 60 Prozent der Investitionen in die notwendigen Technologien für eine klimaneutrale EU bis 2050 rentieren sich kurzfristig nicht. Daher ist eine zeitlich begrenzte staatliche Unterstützung erforderlich, bis diese Technologien marktfähig und wettbewerbsfähig sind. Die Wirtschaftspolitik trägt die entscheidende Verantwortung sicherzustellen, dass Unternehmen Zugang zu angemessener Infrastruktur und qualifizierten Fachkräften haben.
Die EU hat bereits gezeigt, wie effektiv fokussierte Finanzhilfen sind, etwa mit ihrer 723 Milliarden Euro schweren Aufbau- und Resilienzfazilität nach der Pandemie. Die Finanzmittel auf EU-Ebene unterstützen Industrien in priorisierten Regionen unabhängig von nationaler Hilfe und haben damit einen entscheidenden Beitrag zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise geleistet.
Wichtig dabei ist, dass staatliche Unterstützung an Ziele gebunden ist – nur Unternehmen, die Transitionsfortschritte nachweisen und effizient wirtschaften, sollten unterstützt werden. So kann eine nachhaltige und effiziente Nutzung der öffentlichen Mittel sichergestellt werden.
Eine Kombination aus gezielter Unterstützung für Potenzialregionen und deren Knüpfung an Transitionsfortschritte bildet die Grundlage für eine gemeinsame europäische Industriestrategie. So kann die Stärke aller europäischen Regionen voll genutzt, die europäische Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und gleichzeitig der europäische Zusammenhalt gestärkt werden.
Damit hat Ursula von der Leyen gute Chancen, die grenzübergreifende und parteiübergreifende Unterstützung zu gewinnen, die sie in den kommenden Jahren braucht, um Europa zum führenden Akteur beim Aufbau einer zukunftsfähigen Wirtschaft zu machen.