Deutschland ist in Europa zuletzt immer wieder damit aufgefallen, entweder keinen klaren Standpunkt zu beziehen oder sich erst zu äußern, wenn es eigentlich bereits zu spät ist. Das hat für viel Ärger in Brüssel gesorgt. Beim Stabilitäts- und Wachstumspakt ist Deutschlands Haltung dagegen immer schon recht deutlich gewesen. Doch das bedeutet nicht, dass alle anderen dem folgen. Die Bundesregierung hat noch einmal interveniert, weil sie die deutschen Positionen nicht ausreichend berücksichtigt sieht, analysiert mein Kollege Till Hoppe.
Als wenig verlässlich erweist sich ein Altersvorsorgesystem der EU, das Parlamentarier absichern sollte, die bis zu einer Reform des Abgeordnetenstatuts keine Pensionen von ihren Nationalstaaten erhalten haben. Dafür hatte die EU einen Pensionsfonds aufgelegt, dem nun das Geld ausgeht, wie Markus Grabitz berichtet.
Auf seinen Ständigen Vertreter in Brüssel konnte sich Deutschland dagegen immer verlassen. Und wird es auch weiterhin können. EU-Botschafter Michael Clauß bleibt noch ein weiteres Jahr im Amt, wie das Auswärtige Amt Table.Media bestätigt hat.
Kommen Sie gut in die Woche,
Die EU-Kommission scheint bereit, der Bundesregierung bei der geplanten Reform der EU-Fiskalregeln ein Stück weit entgegenzukommen. So wird in der Brüsseler Behörde diskutiert, den eigenen Ansatz einzeln mit den Mitgliedstaaten ausgehandelter Schuldenabbaupfade mit einheitlichen Benchmarks zu flankieren, wie Berlin es fordert. Allerdings müsse man dabei berücksichtigen, dass es im Rat eine Mehrheit für den Kommissionsansatz gebe, heißt es in Brüssel.
Zuvor hatte die Bundesregierung auf hoher politischer Ebene in Brüssel interveniert. Ein von der Kommission in Umlauf gebrachter Entwurf der neuen Regeln habe die deutschen Positionen nicht ausreichend berücksichtigt, heißt es in Berliner Regierungskreisen.
Die Kommission will die einheitlichen Regeln das Stabilitäts- und Wachstumspakets durch einen neuen Rahmen ersetzen, der den unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern stärker Rechnung trägt. So will die Behörde jeweils eine langfristige Schuldentragfähigkeitsanalyse erstellen und auf der Grundlage mit der einzelnen Regierung über den Schuldenabbau verhandeln.
Derzeit arbeitet die Kommission unter Hochdruck daran, diesen Ansatz in einen Gesetzentwurf zu gießen. Dieser wird voraussichtlich am Mittwoch vorgestellt, die endgültige Entscheidung darüber fällt aber erst am heutigen Montag.
Die Bundesregierung hatte Anfang April ein zwischen SPD, Grünen und FDP abgestimmtes Positionspapier nach Brüssel geschickt. Darin akzeptiert Berlin grundsätzlich den Ansatz der Kommission, bilateral mit den Mitgliedstaaten Pfade für den Schuldenabbau auszuhandeln. Allerdings pocht die Koalition darauf, dass dies innerhalb fester Leitplanken geschieht:
Mit diesen festen Vorgaben will die Koalition sicherstellen, dass die Kommission in ihren Verhandlungen mit den Regierungen über die Schuldenabbaupfade nicht zu nachgiebig ist. Schließlich sei die hohe Verschuldung in einigen Mitgliedstaaten ein reales Problem, heißt es in Berlin. Daneben pocht die Bundesregierung darauf, dass die Durchsetzung der Regeln klarer im Kommissionsvorschlag geregelt wird als dies in dem Entwurf der Fall war.
Unterstützung bekommt sie vom wirtschaftspolitischen Sprecher der EVP im Europaparlament, Markus Ferber (CSU): “Der Bundesfinanzminister muss in Brüssel hart bleiben und auf strikte quantitative Kriterien pochen.” Der Stabilitäts- und Wachstumspakt habe vor allem ein Problem mit seiner mangelhaften Durchsetzung, “und das hat die Kommission ganz maßgeblich selbst zu verantworten”, meint Ferber.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vizepräsident Valdis Dombrovskis erkennen durchaus an, dass die Bundesregierung mit ihrer Forderung nach Benchmarks einen Punkt habe. Anders interpretierte Aussagen von Dombrovskis in einem Interview sorgten vergangene Woche für Irritationen in Berlin, die aber ausgeräumt wurden.
Die Forderungen im deutschen Positionspapier gehen aber auch diesem Lager zu weit: Sie liefen im Kern darauf hinaus, die bisherigen, wenig wirksamen Regeln des Stabilitätspaktes fortzuschreiben, heißt es in Brüssel. Die Sorge in der Kommission sei, “dass der präferierte Ansatz mit länderspezifischen Schuldentragfähigkeitsanalysen durch numerische Benchmarks und Safeguards de facto ausgehebelt würde”, erklärt Nils Redeker, stellvertretender Direktor des Jacques Delors Centre in Berlin.
Die Bundesregierung tut sich bislang schwer, politische Verbündete für ihr Anliegen zu finden. Die traditionelle Allianz stabilitätsorientierter Staaten bröckelt. Österreich und Luxemburg seien auf der gleichen Linie, heißt es in Berlin, auch in Polen und im Baltikum finde man grundsätzlich Unterstützung.
Mit Schweden fällt aber ein traditionell “frugales” Land momentan aus, da sich Stockholm als amtierende Ratspräsidentschaft zurücknehmen muss. Finnland wiederum ist mit der Regierungsbildung beschäftigt.
Die traditionell auf scharfe Schuldenregeln pochenden Niederländer wiederum tragen die deutschen Forderungen nur teilweise mit, ebenso wie Irland. Den Haag versteht sich in der Frage als Brückenbauer zwischen Berlin und Paris, das die geforderten Benchmarks strikt ablehnt. Den Haag hat jüngst ein eigenes Non-Paper eingebracht, das mögliche Kompromisslinien zeichnen soll. Darin stellt sich Den Haag ausdrücklich hinter den länderspezifischen Ansatz der Kommission, plädiert aber für gewisse “Mindestanforderungen” an die bilateral vereinbarten Schuldenabbaupfade, wie es in dem Papier heißt.
In Berlin wird eingeräumt, dass sich Deutschland in der Diskussion in der Defensive befindet. Die Bundesregierung ist mangels Unterstützung bereits abgerückt von ihrer Fundamentalopposition gegen den Ansatz der Kommission, den einzelnen Ländern auf Grundlage einer Schuldentragfähigkeitsanalyse Sparvorgaben zu machen. Man habe sich in dem Positionspapier auch auf eine Ausgabenregel eingelassen – das sei schon ein großes Zugeständnis, heißt es in Berlin.
Überdies wolle man nur festschreiben, was Kommission oder die Regierung in Paris erklärtermaßen selbst anstrebten. Finanzminister Bruno Le Maire hatte am Donnerstag das Ziel ausgegeben, die französische Schuldenlast von 111,6 Prozent des BIP Ende 2022 bis 2027 auf 108,3 Prozent zu reduzieren. Das entspreche im Wesentlichen den Parametern im deutschen Vorschlag, heißt es in der Koalition.
Die Kommission muss nun abwägen: Ignoriert sie die Position der Bundesregierung in ihren Vorschlägen weitgehend, dürfte Berlin auf stur schalten, sagt Redeker. “Finanzminister Lindner könnte sich so öffentlich als Hüter solider Staatsfinanzen in Europa profilieren.” Ein EU-Diplomat warnt bereit, Deutschland dürfe sich nicht erneut in der EU isolieren.
Wenn die Kommission hingegen die deutschen Forderungen nach numerischen Benchmarks und Safeguards aufgreift, würden harte Verhandlungen über deren konkrete Höhe folgen, erwartet der Ökonom. Denn diese seien entscheidend für die Sparvorgaben an die Mitgliedstaaten.
In jedem Fall dränge die Zeit, sagt Redeker, “denn das neue Regelwerk muss eigentlich bis Jahresende stehen“.
Das Europaparlament prüft drei Optionen für sein zusätzliches Altersvorsorgesystem, das von der Pleite bedroht ist. Das Vorsorgesystem auf Basis eines Kapitalfonds nimmt seit 2009 keine Mitglieder mehr auf. Ansprüche an Zahlungen aus dem System haben noch rund 1000 Personen. Dabei handelt es sich um ehemalige Europaabgeordnete und deren Hinterbliebene. Die Zahlungsverpflichtungen erstrecken sich voraussichtlich bis in die 2080er Jahre.
Im Fonds befinden sich noch rund 50 Millionen Euro. Aus dem Fonds fließen jährlich etwa 20 Millionen Euro ab. Dem Fonds droht die Zahlungsunfähigkeit innerhalb der kommenden zwei Jahre. Es heißt, dass sich die versicherungsmathematischen Ansprüche auf rund 300 Millionen Euro belaufen. Das Defizit beträgt also etwa 250 Millionen Euro. Die höchsten jährlichen Zahlungsverpflichtungen werden mit 27 Millionen Euro im Jahr 2027 erwartet.
Es handelt sich um einen freiwilligen Rentenfonds, der 1989 aufgelegt wurde. Bis zur Reform des Abgeordnetenstatuts im Jahr 2009 haben Europaabgeordnete ihre Diäten über die nationalen Parlamente bezogen. Auch die Altersvorsorge lief über die Nationalstaaten. In einigen Mitgliedstaaten gab es keine Altersvorsorge für Abgeordnete.
Vor allem diese Abgeordnete machten bis 2009 von dem Angebot Gebrauch und zahlten einen Teil ihrer Diäten in den Fonds ein. Die Abgeordneten leisteten einen Eigenbeitrag und bekamen einen Zuschuss vom Europaparlament. Der Fonds wurde 2009 geschlossen.
Das freiwillige Altersvorsorgesystem hat über Jahre hohe Verluste eingefahren. In der Finanzkrise und in der Niedrigzinsphase hat die Finanzkraft zusätzlich gelitten. Die sich abzeichnende Pleite ist seit langem bekannt. Doch bislang haben die jeweiligen Präsidenten des Europaparlaments wenig getan, um die Insolvenz abzuwenden.
In der Vergangenheit waren die Ansprüche an den Fonds bereits einmal gekürzt worden. Dagegen hatten Anspruchsberechtigte geklagt. Der EuGH hat diese Klagen aber abgewiesen. Die Kürzungen ändern aber nichts an der prekären Lage des Systems.
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola stellt sich der drohenden Pleite. Auf ihre Initiative hin hat das Präsidium drei Optionen diskutiert.
Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Dem Vernehmen nach könnte es bei der kommenden Sitzung des Präsidiums eine zweite Orientierungsdebatte geben.
Im Juli 2009 trat das Abgeordnetenstatut in Kraft. Seitdem bekommen alle Europaabgeordneten die gleichen Dienstbezüge, derzeit 9.808,67 Euro monatlich vor Steuern und Abgaben. Auch die Altersvorsorge ist gleich: Ab dem 63. Lebensjahr gibt es einen Anspruch auf Pension: Für jedes volle Jahr als Abgeordneter werden 3,5 Prozent der Dienstbezüge als Anspruch erworben. Der Anspruch beläuft sich höchstens auf 70 Prozent.
2009 mussten sich alle Abgeordneten, die schon vorher Mitglieder des Europaparlaments waren, entscheiden, ob sie im alten System bleiben und Diäten, Altersbezüge und Übergangsgelder aus dem nationalen System beziehen, oder ob sie in das einheitliche europäische System wechseln. Zwei Abgeordnete aus Deutschland, die noch heute dem Parlament angehören, haben sich damals entschieden, nicht ins europäische System zu wechseln. Dem Vernehmen nach ist kein amtierender deutscher Abgeordneter von der drohenden Pleite des Altersvorsorgesystems betroffen.
Frankreich, die Ukraine und die baltischen Staaten haben sich bestürzt über Äußerungen des chinesischen Botschafters in Paris gezeigt. Lu Shaye hatte in einem Fernsehinterview die Souveränität ehemaliger Sowjetstaaten wie der Ukraine und der baltischen Länder infrage gestellt. Die französische Regierung bekundete am Sonntag ihre “volle Solidarität” mit allen betroffenen Staaten, die “nach Jahrzehnten der Unterdrückung” ihre Unabhängigkeit erlangt hätten.
China müsse klären, ob die Äußerungen Lus die offizielle Position widerspiegelten oder nicht. “Was die Ukraine betrifft, so wurde sie 1991 innerhalb ihrer Grenzen, einschließlich der Krim, von der gesamten internationalen Gemeinschaft, einschließlich China, international anerkannt”, sagte ein Sprecher des französischen Außenministeriums.
Die Aussagen des chinesischen Botschafters sollen auch im Rat der EU-Außenminister am heutigen Montag angesprochen werden, erklärte Lettlands Außenminister Edgars Rinkēvičs. Er erwarte “eine starke und einheitliche Reaktion der EU”, schrieb Rinkēvičs auf Twitter.
Sein estnischer Amtskollege Margus Tsahkna kritisierte, es handele sich um “eine Fehlinterpretation der Geschichte“. Lus Aussagen seien inakzeptabel, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter. Die EU könne nur annehmen, dass diese nicht die offizielle Politik Chinas darstellten.
In einem am Freitag vom französischen Fernsehsender LCI ausgestrahlten Interview hatte Lu erklärt, dass die Krim historisch gesehen zu Russland gehöre und der Ukraine vom ehemaligen sowjetischen Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow angeboten worden sei.
Auf die Frage, ob die Krim zur Ukraine gehöre, sagte der Diplomat, es hänge alles davon ab, wie man dieses Problem betrachte. Einer Intervention des Moderators, dass die von Russland seit 2014 besetzte Schwarzmeer-Halbinsel völkerrechtlich ein Teil der Ukraine sei, entgegnete Lu: “Diese Länder der ehemaligen Sowjetunion haben keinen tatsächlichen Status im internationalen Recht, weil es kein internationales Abkommen gibt, das ihren souveränen Status festschreibt.”
Das chinesische Außenministerium reagierte zunächst nicht auf die Äußerungen des Diplomaten. Der chinesische Topdiplomat gilt als einer der extremsten “Wolf Warrior”. Bisher hielt sich Peking stets zurück, zu viel Unterstützung für das Gebaren des Botschafters zu zeigen – öffentlich Einhalt wurde Lu aber auch nicht geboten.
Die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie die Ukraine reagierten in der gleichen Weise wie Frankreich. “Es ist seltsam, eine absurde Version der ,Geschichte der Krim’ von einem Vertreter eines Landes zu hören, das seine tausendjährige Geschichte sehr genau kennt”, schrieb Mychajlo Podoljak, ein hochrangiger Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, auf Twitter. “Wenn Sie ein wichtiger politischer Akteur sein wollen, sollten Sie nicht die Propaganda russischer Außenseiter nachplappern.”
Die baltischen Staaten sind seit Jahren Mitglieder der EU und der Nato – sie reagierten bereits formal. Wegen der “völlig inakzeptablen” Bemerkungen habe er für Montag den Geschäftsträger der chinesischen Botschaft in Riga einbestellt, teilte Lettlands Außenminister Rinkēvičs am Samstagabend auf Twitter mit. Dieser Schritt sei mit Litauen und Estland abgestimmt. “Wir erwarten von chinesischer Seite eine Erklärung und eine vollständige Rücknahme dieser Aussage”, stellte Rinkēvičs klar.
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis schrieb auf Twitter über einen Mitschnitt des Interviews: “Sollte sich immer noch jemand fragen, warum die baltischen Staaten China nicht vertrauen, ,Frieden in der Ukraine zu vermitteln‘ – hier ist ein chinesischer Botschafter, der argumentiert, dass die Krim russisch ist und die Grenzen unserer Länder keine rechtliche Grundlage haben.”
Michael Clauß bleibt ein weiteres Jahr deutscher EU-Botschafter in Brüssel. Darauf hat sich die Ampel-Koalition nach Informationen von Table.Media verständigt. Das Auswärtige Amt bestätigte dies auf Anfrage. Clauß ist bereits seit 2018 Ständiger Vertreter der Bundesrepublik bei der EU und wäre damit eigentlich reif für einen Standortwechsel gewesen. Doch die Bundesregierung zieht es vor, den Brüssel-erfahrenen und parteiübergreifend geschätzten Diplomaten auf der wichtigen Position zu belassen.
Auch Clauß scheint trotz der hohen Arbeitsbelastung und wiederkehrender Abstimmungsschwierigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition weiter Freude an der Arbeit im Ausschuss der Ständigen Vertreter zu haben. Der 61-Jährige arbeitete in seiner Laufbahn im Auswärtigen Amt überwiegend zu europapolitischen Themen, bevor er 2013 für fünf Jahre Botschafter in China wurde.
Die Bundesregierung sorgt damit an einer zentralen Stelle der deutschen Europapolitik für personelle Kontinuität. An anderer Stelle gibt es hingegen Wechsel: Heiko Thoms löste kürzlich Carsten Pillath als Europa-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium ab; im Auswärtigen Amt übernimmt im Sommer Thomas Bagger von Andreas Michaelis den Posten des Staatssekretärs, der in der europapolitischen Koordinierung in Berlin eine wichtige Rolle spielt. tho
Die Kommission hat die Botschafter der Mitgliedstaaten über das Wochenende zu ihren Plänen für das 11. Sanktionspaket gegen Russland informiert. Der Fokus werde darauf gelegt, Lücken im bisherigen Sanktionsregime zu schließen und Umgehung zu verhindern, sagten Diplomaten.
Der neue EU-Sanktionskoordinator David O´Sullivan reist derzeit durch Zentralasien und hat auch schon die Türkei besucht. Die Botschafter sollen am Mittwoch erstmals im Ausschuss der Ständigen Vertreter über das 11. Sanktionspaket sprechen. In dem neuen Paket sollen Personen neu gelistet werden, die an der Deportation von Kindern aus der Ukraine beteiligt sind.
Die Frage der Nuklearsanktionen werde sicher auf den Tisch kommen, aber werde am Ende nicht Teil des Pakets sein. Deutschland hat in einem Non-Paper vorgeschlagen, den Import von russischem Uran, Brennstäben und andere Nukleartechnologie aus Russland zu verbieten. Einige Mitgliedstaaten seien jedoch noch immer abhängig von Rosatom und seien deshalb gegen Nuklearsanktionen, sagte ein Diplomat. Die Zeit der großen neuen sektoriellen Sanktionen sei vorbei, da es jetzt “weh tue”.
Die Frage der russischen Diamanten, wo hauptsächlich Belgien von einem Handelsverbot betroffen wäre, wird derzeit auf der Ebene der G7-Staaten diskutiert. Belgien ist nicht grundsätzlich gegen ein Importverbot, will aber international die Nachverfolgung sicherstellen, damit russische Diamanten nicht auf dem Umweg über Indien oder andere Drittstaaten in den Verkauf kommen. Zypern wiederum wehrt sich gegen den Vorschlag, russischen Staatsbürgern den Erwerb von Immobilien in der EU zu verbieten.
Die neuen Strafmaßnahmen dürften auch beim Treffen der EU-Außenminister heute in Luxemburg erstmals ein Thema sein. Im Fokus dürften dort unter anderem die Lage im Sudan und die Evakuierung von EU-Bürgerinnen und Bürgern stehen. Außenministerin Annalena Baerbock werde wegen der aktuellen Lage nicht nach Luxemburg reisen und sich durch Botschafter Michael Clauß vertreten lassen, hieß es dazu am Sonntagabend.
Überschattet wird das Treffen durch die Mühen der EU, ihren Beschluss zur Munitionsbeschaffung für die Ukraine konkret umzusetzen. Frankreich drängt darauf, dass nur dann EU-Mittel für den gemeinsamen Einkauf verwendet werden dürfen, wenn alle Bestandteile auch aus der EU sowie Norwegen stammen. sti
In der Auseinandersetzung um die umstrittene Justizreform in Polen hat der Vizepräsident des Europäischen Gerichtshofs das Zwangsgeld halbiert. Statt einer Million Euro muss Polen nur noch 500.000 Euro täglich bezahlen. Das teilte das Gericht am Freitag in Luxemburg mit.
Polen hatte im März die vollständige Aussetzung der Zwangsgelder beantragt, nachdem es im vergangenen Jahr die beanstandeten Regelungen zur Unabhängigkeit der Justiz geändert hatte. Das Zwangsgeld hatte der EuGH im September 2019 wegen Verstößen gegen das Unionsrecht gegen Polen verhängt.
Mit dem Antrag auf vollständige Aufhebung der Zwangsgeldzahlungen konnte sich Polen nicht durchsetzen. Der aus Dänemark stammende EuGH-Vizepräsident Lary Bay Larsen ließ mitteilen, “dass die von Polen erlassenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Durchführung aller in dem Beschluss vom 14. Juli 2021 getroffenen einstweiligen Anordnungen sicherzustellen”.
So habe Polen nicht nachweisen können, dass etwa Richter ausreichend vor Strafverfahren und Verhaftungen geschützt seien. Auch bei Disziplinarverfahren sei Polen teilweise den Nachweis schuldig geblieben, die beanstandeten Probleme ausgeräumt zu haben. Die Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer würdigte Bay Larsen jedoch, was unter anderem zur Herabsetzung der Zwangsgelder führte.
Nachdem im Dezember 2022 die Schlussanträge gestellt wurden, will der EuGH nun am 05. Juni sein Urteil bekanntgeben. Das Verfahren zur Rechtsstaatlichkeit ist unabhängig von weiteren Rechtsstreitigkeiten über mögliche Unionsverstöße der Republik Polen. fst
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell plädiert für Patrouillenfahrten europäischer Kriegsschiffe in der Taiwanstraße. In einem Gastbeitrag in der französischen Sonntagszeitung Journal du Dimanche schrieb Borrell, Europa müsse beim Thema Taiwan, “das uns wirtschaftlich, kommerziell und technologisch betrifft, sehr präsent sein”.
Die EU erkenne zwar klar die Ein-China-Politik Pekings an, sie dürfe aber auf keinen Fall an Bedingungen geknüpft sein oder mit Gewalt durchgesetzt werden, führt der Chefdiplomat der EU weiter aus. “Deshalb fordere ich die europäischen Marinen auf, in der Taiwanstraße zu patrouillieren, um Europas Engagement für die Freiheit der Schifffahrt in diesem absolut entscheidenden Bereich unter Beweis zu stellen.”
Auch zu Pekings ausbleibender Kritik an der russischen Invasion in der Ukraine äußerte sich Borrell in seinem Gastbeitrag. Man habe China immer wieder gesagt, dass es nicht in seinem Interesse sei, Russland zu unterstützen, erklärte Borrell, “zumal sie mit ihrer Unterstützung nur die Polarisierung des internationalen Systems verstärken, die sie angeblich bekämpfen wollen.” fpe
Brasilien hofft, das Mercosur Handelsabkommen mit der Europäischen Union noch in diesem Jahr abschließen zu können. Das sagte ein Regierungsbeamter am Sonntag in Lissabon. Das würde den Weg für einen wachsenden Handel zwischen den beiden Regionen freimachen.
Die EU und der Mercosur-Block aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay schlossen die Verhandlungen bereits 2019 ab. Seitdem liegt das Abkommen auf Eis, denn einige EU-Staaten befürchten, dass der Freihandel zur Abholzung des Regenwaldes beitragen könnte. Vor allem in Frankreich, Österreich und den Niederlanden ist es heftig umstritten. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hat versprochen, die Klimapolitik seines Landes zu überarbeiten.
In einer Rede in Lissabon sagte Marcio Elias Rosa, ein hochrangiger Sekretär im brasilianischen Ministerium für Entwicklung und Industrie, die Verhandlungen mit der EU seien im Gange und die Länder diskutierten die
die von der EU auferlegten sozial-ökologischen Anforderungen. “Die Anzeichen sind sehr positiv”, sagte Elias Rosa. “Es fehlen noch Details, aber ich glaube, dass wir den Deal abschließen werden und das Abkommen wird gut sein.”
Elias Rosa sagte, alle Mercosur-Staaten arbeiteten mit dem gleichen Ziel, das Abkommen abzuschließen, aber sie müssten sich noch über einige der Anforderungen einigen. “Brasilien erfüllt bereits die sozial-ökologischen
Anforderungen in Bezug auf die Arbeitsgesetzgebung”, sagte Elias Rosa. “Es ist notwendig, dass auch andere Länder zustimmen, aber wir sind sehr nah dran.” Portugal und Spanien seien Verbündete Brasiliens in den Gesprächen. rtr
Die Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments zur Geschäftsordnung hat in der vergangenen Woche einen Entwurf zur Änderung der internen Regeln des Parlaments vorgelegt, um Kompetenzstreitigkeiten schneller beizulegen. Ziel ist es, monatelange Verzögerungen bei der Bearbeitung von Gesetzesentwürfen zu vermeiden, weil es keine Einigung über die Zuweisung zu den Ausschüssen gibt.
Das Dokument, das Contexte vorliegt, schränkt die Fristen des Verfahrens ein. Die parlamentarischen Ausschüsse haben demnach zwei Wochen Zeit, um die Zuweisung eines Dossiers anzufechten. Die Konferenz der Ausschussvorsitzenden muss nach zwei Sitzungen einen Kompromissvorschlag machen und die Konferenz der Präsidenten hat sechs Wochen Zeit, um diesen Vorschlag zu bestätigen oder abzulehnen.
Doch auch hierzu gibt es noch keine Einigung: Bernd Lange (S&D), Vorsitzender der Konferenz der Ausschussvorsitzenden, argumentiert in einem Schreiben an den Ausschussvorsitzenden für konstitutionelle Fragen (AFCO), Salvatore de Meo, dass die Einführung verbindlicher Fristen kontraproduktiv sei. Sie könne Entscheidungen beschleunigen, die möglicherweise mehr Zeit benötigten.
Der Entwurf zur Änderung der Geschäftsordnung wird am 26. April im AFCO diskutiert und dann vor dem Sommer im Plenum angenommen. vis
Die EU-Kommission will die Vorschriften für den Verkauf von unansehnlichem Obst und Gemüse lockern. So könnten Erzeuger Produkte mit äußerlichen Mängeln künftig direkt vor Ort verkaufen – ohne die Vermarktungsnormen einhalten zu müssen. Damit will die EU den Verbrauchern die Möglichkeit geben, solches Obst und Gemüse zu erschwinglichen Preisen zu erwerben und die Lebensmittelverschwendung reduzieren.
Am Freitag hat die Kommission einige Überarbeitungen an den geltenden Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse, Fruchtsäfte und Konfitüren, Honig, Geflügel und Eier vorgeschlagen. Sie sollen es den Verbrauchern leichter machen, fundierte Entscheidungen für eine gesündere Ernährung zu treffen.
Die Vorschläge betreffen:
Die Vorschläge für frisches Obst und Gemüse, Eier und Geflügel hat die Kommission in Form von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten vorgelegt. Die Texte stehen der Öffentlichkeit einen Monat lang für Rückmeldungen zur Verfügung. Die Vorschläge zu Konfitüren, Marmeladen, Fruchtsäften und Honig sind Gegenstand von Richtlinien, die das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. vis
Der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Net-Zero Industry Act zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen im Industriesektor bis 2050 auf Null zu reduzieren. Bis 2030 sollen mindestens 40 Prozent der EU-Nachfrage nach sauberen Technologien in Europa selbst gedeckt werden. Die Regulierung wird die Mitgliedstaaten verpflichten, nationale Pläne zur Dekarbonisierung der Industrie zu entwickeln. Sie wird auch die Entwicklung von Technologien zur Carbon Capture and Storage (CCUS) unterstützen, indem sie das Ziel setzt, bis 2030 jährlich 50 Millionen Tonnen CO₂ zu speichern.
Diese Regelung soll eine Antwort auf den amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) sein und ist Teil des europäischen Green Deals, der darauf abzielt, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Leider lässt sich aus der europäischen Strategie keine klare Vision herauslesen und, noch schlimmer, ihre Fristen und ihre Ausführung sind wenig glaubwürdig.
Die Ziele wurden festgelegt, ohne dass eine wissenschaftliche Bewertung der Erreichbarkeit mit neuen Technologien vorgenommen wurde. Politische Leitlinien sind wichtig, aber sie müssen auf Fakten basieren.
Die Ziele sind entweder unklar (was soll etwa “saubere Technologien aus heimischer Produktion” konkret bedeuten?), unrealistisch (beim derzeitigen Stand der Technik wissen nur wenige Industriezweige, wie sie Netto-Null-Emissionen erreichen sollen) oder nicht ehrgeizig genug (das Gesamtziel für CCUS entspricht nur 1,5 Prozent der Gesamtemissionen der EU).
Es gibt auch kein Umsetzungskonzept (“Execution is everything”) und es fehlt eine massive wissenschaftliche und technologische Offensive, die darauf abzielt, neue bahnbrechende Technologien zu entwickeln, aber auch die Reifung und Kostenreduzierung bestehender sauberer Technologien zu beschleunigen. Das Beispiel des grünen Wasserstoffs, der derzeit drei- bis viermal mehr kostet als CO₂-emittierender grauer Wasserstoff, zeigt, dass die ,Grünen Zusatzkosten’ nicht frontal angegangen werden.
Im Gegensatz dazu hat der IRA einen sehr einfachen Ausführungsplan: die “grüne Prämie” für kohlenstoffreduzierende Technologien und Investitionen zu senken – unter der Bedingung, dass sie in den Vereinigten Staaten realisiert werden.
Der IRA hat eine klare protektionistische Komponente, aber soll als Beschleunigung der Energiewende gefeiert werden. Dies ist dem Green Deal bisher nicht gelungen, wobei man dazu sagen muss, dass die genauen Daten fehlen, um ihn abschließend zu bewerten. Es zeigt sich aber schon jetzt das übliche Problem der EU-Politik, sich auf Investitionspläne zu konzentrieren, anstatt auf eine präzise und unabhängige Ergebnisbewertung.
Sowohl die europäischen als auch die US-amerikanischen Pläne bleiben dennoch weit von einer echten innovativen Industriepolitik entfernt. Bei JEDI – der Joint European Disruptive Initiative – argumentieren wir, dass sie von drei Säulen getragen werden muss:
Wir brauchen einen radikalen Wandel in der Arbeitsweise der EU, damit Europa auch im 21. Jahrhundert relevant bleibt.
Deutschland ist in Europa zuletzt immer wieder damit aufgefallen, entweder keinen klaren Standpunkt zu beziehen oder sich erst zu äußern, wenn es eigentlich bereits zu spät ist. Das hat für viel Ärger in Brüssel gesorgt. Beim Stabilitäts- und Wachstumspakt ist Deutschlands Haltung dagegen immer schon recht deutlich gewesen. Doch das bedeutet nicht, dass alle anderen dem folgen. Die Bundesregierung hat noch einmal interveniert, weil sie die deutschen Positionen nicht ausreichend berücksichtigt sieht, analysiert mein Kollege Till Hoppe.
Als wenig verlässlich erweist sich ein Altersvorsorgesystem der EU, das Parlamentarier absichern sollte, die bis zu einer Reform des Abgeordnetenstatuts keine Pensionen von ihren Nationalstaaten erhalten haben. Dafür hatte die EU einen Pensionsfonds aufgelegt, dem nun das Geld ausgeht, wie Markus Grabitz berichtet.
Auf seinen Ständigen Vertreter in Brüssel konnte sich Deutschland dagegen immer verlassen. Und wird es auch weiterhin können. EU-Botschafter Michael Clauß bleibt noch ein weiteres Jahr im Amt, wie das Auswärtige Amt Table.Media bestätigt hat.
Kommen Sie gut in die Woche,
Die EU-Kommission scheint bereit, der Bundesregierung bei der geplanten Reform der EU-Fiskalregeln ein Stück weit entgegenzukommen. So wird in der Brüsseler Behörde diskutiert, den eigenen Ansatz einzeln mit den Mitgliedstaaten ausgehandelter Schuldenabbaupfade mit einheitlichen Benchmarks zu flankieren, wie Berlin es fordert. Allerdings müsse man dabei berücksichtigen, dass es im Rat eine Mehrheit für den Kommissionsansatz gebe, heißt es in Brüssel.
Zuvor hatte die Bundesregierung auf hoher politischer Ebene in Brüssel interveniert. Ein von der Kommission in Umlauf gebrachter Entwurf der neuen Regeln habe die deutschen Positionen nicht ausreichend berücksichtigt, heißt es in Berliner Regierungskreisen.
Die Kommission will die einheitlichen Regeln das Stabilitäts- und Wachstumspakets durch einen neuen Rahmen ersetzen, der den unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern stärker Rechnung trägt. So will die Behörde jeweils eine langfristige Schuldentragfähigkeitsanalyse erstellen und auf der Grundlage mit der einzelnen Regierung über den Schuldenabbau verhandeln.
Derzeit arbeitet die Kommission unter Hochdruck daran, diesen Ansatz in einen Gesetzentwurf zu gießen. Dieser wird voraussichtlich am Mittwoch vorgestellt, die endgültige Entscheidung darüber fällt aber erst am heutigen Montag.
Die Bundesregierung hatte Anfang April ein zwischen SPD, Grünen und FDP abgestimmtes Positionspapier nach Brüssel geschickt. Darin akzeptiert Berlin grundsätzlich den Ansatz der Kommission, bilateral mit den Mitgliedstaaten Pfade für den Schuldenabbau auszuhandeln. Allerdings pocht die Koalition darauf, dass dies innerhalb fester Leitplanken geschieht:
Mit diesen festen Vorgaben will die Koalition sicherstellen, dass die Kommission in ihren Verhandlungen mit den Regierungen über die Schuldenabbaupfade nicht zu nachgiebig ist. Schließlich sei die hohe Verschuldung in einigen Mitgliedstaaten ein reales Problem, heißt es in Berlin. Daneben pocht die Bundesregierung darauf, dass die Durchsetzung der Regeln klarer im Kommissionsvorschlag geregelt wird als dies in dem Entwurf der Fall war.
Unterstützung bekommt sie vom wirtschaftspolitischen Sprecher der EVP im Europaparlament, Markus Ferber (CSU): “Der Bundesfinanzminister muss in Brüssel hart bleiben und auf strikte quantitative Kriterien pochen.” Der Stabilitäts- und Wachstumspakt habe vor allem ein Problem mit seiner mangelhaften Durchsetzung, “und das hat die Kommission ganz maßgeblich selbst zu verantworten”, meint Ferber.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Vizepräsident Valdis Dombrovskis erkennen durchaus an, dass die Bundesregierung mit ihrer Forderung nach Benchmarks einen Punkt habe. Anders interpretierte Aussagen von Dombrovskis in einem Interview sorgten vergangene Woche für Irritationen in Berlin, die aber ausgeräumt wurden.
Die Forderungen im deutschen Positionspapier gehen aber auch diesem Lager zu weit: Sie liefen im Kern darauf hinaus, die bisherigen, wenig wirksamen Regeln des Stabilitätspaktes fortzuschreiben, heißt es in Brüssel. Die Sorge in der Kommission sei, “dass der präferierte Ansatz mit länderspezifischen Schuldentragfähigkeitsanalysen durch numerische Benchmarks und Safeguards de facto ausgehebelt würde”, erklärt Nils Redeker, stellvertretender Direktor des Jacques Delors Centre in Berlin.
Die Bundesregierung tut sich bislang schwer, politische Verbündete für ihr Anliegen zu finden. Die traditionelle Allianz stabilitätsorientierter Staaten bröckelt. Österreich und Luxemburg seien auf der gleichen Linie, heißt es in Berlin, auch in Polen und im Baltikum finde man grundsätzlich Unterstützung.
Mit Schweden fällt aber ein traditionell “frugales” Land momentan aus, da sich Stockholm als amtierende Ratspräsidentschaft zurücknehmen muss. Finnland wiederum ist mit der Regierungsbildung beschäftigt.
Die traditionell auf scharfe Schuldenregeln pochenden Niederländer wiederum tragen die deutschen Forderungen nur teilweise mit, ebenso wie Irland. Den Haag versteht sich in der Frage als Brückenbauer zwischen Berlin und Paris, das die geforderten Benchmarks strikt ablehnt. Den Haag hat jüngst ein eigenes Non-Paper eingebracht, das mögliche Kompromisslinien zeichnen soll. Darin stellt sich Den Haag ausdrücklich hinter den länderspezifischen Ansatz der Kommission, plädiert aber für gewisse “Mindestanforderungen” an die bilateral vereinbarten Schuldenabbaupfade, wie es in dem Papier heißt.
In Berlin wird eingeräumt, dass sich Deutschland in der Diskussion in der Defensive befindet. Die Bundesregierung ist mangels Unterstützung bereits abgerückt von ihrer Fundamentalopposition gegen den Ansatz der Kommission, den einzelnen Ländern auf Grundlage einer Schuldentragfähigkeitsanalyse Sparvorgaben zu machen. Man habe sich in dem Positionspapier auch auf eine Ausgabenregel eingelassen – das sei schon ein großes Zugeständnis, heißt es in Berlin.
Überdies wolle man nur festschreiben, was Kommission oder die Regierung in Paris erklärtermaßen selbst anstrebten. Finanzminister Bruno Le Maire hatte am Donnerstag das Ziel ausgegeben, die französische Schuldenlast von 111,6 Prozent des BIP Ende 2022 bis 2027 auf 108,3 Prozent zu reduzieren. Das entspreche im Wesentlichen den Parametern im deutschen Vorschlag, heißt es in der Koalition.
Die Kommission muss nun abwägen: Ignoriert sie die Position der Bundesregierung in ihren Vorschlägen weitgehend, dürfte Berlin auf stur schalten, sagt Redeker. “Finanzminister Lindner könnte sich so öffentlich als Hüter solider Staatsfinanzen in Europa profilieren.” Ein EU-Diplomat warnt bereit, Deutschland dürfe sich nicht erneut in der EU isolieren.
Wenn die Kommission hingegen die deutschen Forderungen nach numerischen Benchmarks und Safeguards aufgreift, würden harte Verhandlungen über deren konkrete Höhe folgen, erwartet der Ökonom. Denn diese seien entscheidend für die Sparvorgaben an die Mitgliedstaaten.
In jedem Fall dränge die Zeit, sagt Redeker, “denn das neue Regelwerk muss eigentlich bis Jahresende stehen“.
Das Europaparlament prüft drei Optionen für sein zusätzliches Altersvorsorgesystem, das von der Pleite bedroht ist. Das Vorsorgesystem auf Basis eines Kapitalfonds nimmt seit 2009 keine Mitglieder mehr auf. Ansprüche an Zahlungen aus dem System haben noch rund 1000 Personen. Dabei handelt es sich um ehemalige Europaabgeordnete und deren Hinterbliebene. Die Zahlungsverpflichtungen erstrecken sich voraussichtlich bis in die 2080er Jahre.
Im Fonds befinden sich noch rund 50 Millionen Euro. Aus dem Fonds fließen jährlich etwa 20 Millionen Euro ab. Dem Fonds droht die Zahlungsunfähigkeit innerhalb der kommenden zwei Jahre. Es heißt, dass sich die versicherungsmathematischen Ansprüche auf rund 300 Millionen Euro belaufen. Das Defizit beträgt also etwa 250 Millionen Euro. Die höchsten jährlichen Zahlungsverpflichtungen werden mit 27 Millionen Euro im Jahr 2027 erwartet.
Es handelt sich um einen freiwilligen Rentenfonds, der 1989 aufgelegt wurde. Bis zur Reform des Abgeordnetenstatuts im Jahr 2009 haben Europaabgeordnete ihre Diäten über die nationalen Parlamente bezogen. Auch die Altersvorsorge lief über die Nationalstaaten. In einigen Mitgliedstaaten gab es keine Altersvorsorge für Abgeordnete.
Vor allem diese Abgeordnete machten bis 2009 von dem Angebot Gebrauch und zahlten einen Teil ihrer Diäten in den Fonds ein. Die Abgeordneten leisteten einen Eigenbeitrag und bekamen einen Zuschuss vom Europaparlament. Der Fonds wurde 2009 geschlossen.
Das freiwillige Altersvorsorgesystem hat über Jahre hohe Verluste eingefahren. In der Finanzkrise und in der Niedrigzinsphase hat die Finanzkraft zusätzlich gelitten. Die sich abzeichnende Pleite ist seit langem bekannt. Doch bislang haben die jeweiligen Präsidenten des Europaparlaments wenig getan, um die Insolvenz abzuwenden.
In der Vergangenheit waren die Ansprüche an den Fonds bereits einmal gekürzt worden. Dagegen hatten Anspruchsberechtigte geklagt. Der EuGH hat diese Klagen aber abgewiesen. Die Kürzungen ändern aber nichts an der prekären Lage des Systems.
Parlamentspräsidentin Roberta Metsola stellt sich der drohenden Pleite. Auf ihre Initiative hin hat das Präsidium drei Optionen diskutiert.
Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Dem Vernehmen nach könnte es bei der kommenden Sitzung des Präsidiums eine zweite Orientierungsdebatte geben.
Im Juli 2009 trat das Abgeordnetenstatut in Kraft. Seitdem bekommen alle Europaabgeordneten die gleichen Dienstbezüge, derzeit 9.808,67 Euro monatlich vor Steuern und Abgaben. Auch die Altersvorsorge ist gleich: Ab dem 63. Lebensjahr gibt es einen Anspruch auf Pension: Für jedes volle Jahr als Abgeordneter werden 3,5 Prozent der Dienstbezüge als Anspruch erworben. Der Anspruch beläuft sich höchstens auf 70 Prozent.
2009 mussten sich alle Abgeordneten, die schon vorher Mitglieder des Europaparlaments waren, entscheiden, ob sie im alten System bleiben und Diäten, Altersbezüge und Übergangsgelder aus dem nationalen System beziehen, oder ob sie in das einheitliche europäische System wechseln. Zwei Abgeordnete aus Deutschland, die noch heute dem Parlament angehören, haben sich damals entschieden, nicht ins europäische System zu wechseln. Dem Vernehmen nach ist kein amtierender deutscher Abgeordneter von der drohenden Pleite des Altersvorsorgesystems betroffen.
Frankreich, die Ukraine und die baltischen Staaten haben sich bestürzt über Äußerungen des chinesischen Botschafters in Paris gezeigt. Lu Shaye hatte in einem Fernsehinterview die Souveränität ehemaliger Sowjetstaaten wie der Ukraine und der baltischen Länder infrage gestellt. Die französische Regierung bekundete am Sonntag ihre “volle Solidarität” mit allen betroffenen Staaten, die “nach Jahrzehnten der Unterdrückung” ihre Unabhängigkeit erlangt hätten.
China müsse klären, ob die Äußerungen Lus die offizielle Position widerspiegelten oder nicht. “Was die Ukraine betrifft, so wurde sie 1991 innerhalb ihrer Grenzen, einschließlich der Krim, von der gesamten internationalen Gemeinschaft, einschließlich China, international anerkannt”, sagte ein Sprecher des französischen Außenministeriums.
Die Aussagen des chinesischen Botschafters sollen auch im Rat der EU-Außenminister am heutigen Montag angesprochen werden, erklärte Lettlands Außenminister Edgars Rinkēvičs. Er erwarte “eine starke und einheitliche Reaktion der EU”, schrieb Rinkēvičs auf Twitter.
Sein estnischer Amtskollege Margus Tsahkna kritisierte, es handele sich um “eine Fehlinterpretation der Geschichte“. Lus Aussagen seien inakzeptabel, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter. Die EU könne nur annehmen, dass diese nicht die offizielle Politik Chinas darstellten.
In einem am Freitag vom französischen Fernsehsender LCI ausgestrahlten Interview hatte Lu erklärt, dass die Krim historisch gesehen zu Russland gehöre und der Ukraine vom ehemaligen sowjetischen Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow angeboten worden sei.
Auf die Frage, ob die Krim zur Ukraine gehöre, sagte der Diplomat, es hänge alles davon ab, wie man dieses Problem betrachte. Einer Intervention des Moderators, dass die von Russland seit 2014 besetzte Schwarzmeer-Halbinsel völkerrechtlich ein Teil der Ukraine sei, entgegnete Lu: “Diese Länder der ehemaligen Sowjetunion haben keinen tatsächlichen Status im internationalen Recht, weil es kein internationales Abkommen gibt, das ihren souveränen Status festschreibt.”
Das chinesische Außenministerium reagierte zunächst nicht auf die Äußerungen des Diplomaten. Der chinesische Topdiplomat gilt als einer der extremsten “Wolf Warrior”. Bisher hielt sich Peking stets zurück, zu viel Unterstützung für das Gebaren des Botschafters zu zeigen – öffentlich Einhalt wurde Lu aber auch nicht geboten.
Die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie die Ukraine reagierten in der gleichen Weise wie Frankreich. “Es ist seltsam, eine absurde Version der ,Geschichte der Krim’ von einem Vertreter eines Landes zu hören, das seine tausendjährige Geschichte sehr genau kennt”, schrieb Mychajlo Podoljak, ein hochrangiger Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, auf Twitter. “Wenn Sie ein wichtiger politischer Akteur sein wollen, sollten Sie nicht die Propaganda russischer Außenseiter nachplappern.”
Die baltischen Staaten sind seit Jahren Mitglieder der EU und der Nato – sie reagierten bereits formal. Wegen der “völlig inakzeptablen” Bemerkungen habe er für Montag den Geschäftsträger der chinesischen Botschaft in Riga einbestellt, teilte Lettlands Außenminister Rinkēvičs am Samstagabend auf Twitter mit. Dieser Schritt sei mit Litauen und Estland abgestimmt. “Wir erwarten von chinesischer Seite eine Erklärung und eine vollständige Rücknahme dieser Aussage”, stellte Rinkēvičs klar.
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis schrieb auf Twitter über einen Mitschnitt des Interviews: “Sollte sich immer noch jemand fragen, warum die baltischen Staaten China nicht vertrauen, ,Frieden in der Ukraine zu vermitteln‘ – hier ist ein chinesischer Botschafter, der argumentiert, dass die Krim russisch ist und die Grenzen unserer Länder keine rechtliche Grundlage haben.”
Michael Clauß bleibt ein weiteres Jahr deutscher EU-Botschafter in Brüssel. Darauf hat sich die Ampel-Koalition nach Informationen von Table.Media verständigt. Das Auswärtige Amt bestätigte dies auf Anfrage. Clauß ist bereits seit 2018 Ständiger Vertreter der Bundesrepublik bei der EU und wäre damit eigentlich reif für einen Standortwechsel gewesen. Doch die Bundesregierung zieht es vor, den Brüssel-erfahrenen und parteiübergreifend geschätzten Diplomaten auf der wichtigen Position zu belassen.
Auch Clauß scheint trotz der hohen Arbeitsbelastung und wiederkehrender Abstimmungsschwierigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition weiter Freude an der Arbeit im Ausschuss der Ständigen Vertreter zu haben. Der 61-Jährige arbeitete in seiner Laufbahn im Auswärtigen Amt überwiegend zu europapolitischen Themen, bevor er 2013 für fünf Jahre Botschafter in China wurde.
Die Bundesregierung sorgt damit an einer zentralen Stelle der deutschen Europapolitik für personelle Kontinuität. An anderer Stelle gibt es hingegen Wechsel: Heiko Thoms löste kürzlich Carsten Pillath als Europa-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium ab; im Auswärtigen Amt übernimmt im Sommer Thomas Bagger von Andreas Michaelis den Posten des Staatssekretärs, der in der europapolitischen Koordinierung in Berlin eine wichtige Rolle spielt. tho
Die Kommission hat die Botschafter der Mitgliedstaaten über das Wochenende zu ihren Plänen für das 11. Sanktionspaket gegen Russland informiert. Der Fokus werde darauf gelegt, Lücken im bisherigen Sanktionsregime zu schließen und Umgehung zu verhindern, sagten Diplomaten.
Der neue EU-Sanktionskoordinator David O´Sullivan reist derzeit durch Zentralasien und hat auch schon die Türkei besucht. Die Botschafter sollen am Mittwoch erstmals im Ausschuss der Ständigen Vertreter über das 11. Sanktionspaket sprechen. In dem neuen Paket sollen Personen neu gelistet werden, die an der Deportation von Kindern aus der Ukraine beteiligt sind.
Die Frage der Nuklearsanktionen werde sicher auf den Tisch kommen, aber werde am Ende nicht Teil des Pakets sein. Deutschland hat in einem Non-Paper vorgeschlagen, den Import von russischem Uran, Brennstäben und andere Nukleartechnologie aus Russland zu verbieten. Einige Mitgliedstaaten seien jedoch noch immer abhängig von Rosatom und seien deshalb gegen Nuklearsanktionen, sagte ein Diplomat. Die Zeit der großen neuen sektoriellen Sanktionen sei vorbei, da es jetzt “weh tue”.
Die Frage der russischen Diamanten, wo hauptsächlich Belgien von einem Handelsverbot betroffen wäre, wird derzeit auf der Ebene der G7-Staaten diskutiert. Belgien ist nicht grundsätzlich gegen ein Importverbot, will aber international die Nachverfolgung sicherstellen, damit russische Diamanten nicht auf dem Umweg über Indien oder andere Drittstaaten in den Verkauf kommen. Zypern wiederum wehrt sich gegen den Vorschlag, russischen Staatsbürgern den Erwerb von Immobilien in der EU zu verbieten.
Die neuen Strafmaßnahmen dürften auch beim Treffen der EU-Außenminister heute in Luxemburg erstmals ein Thema sein. Im Fokus dürften dort unter anderem die Lage im Sudan und die Evakuierung von EU-Bürgerinnen und Bürgern stehen. Außenministerin Annalena Baerbock werde wegen der aktuellen Lage nicht nach Luxemburg reisen und sich durch Botschafter Michael Clauß vertreten lassen, hieß es dazu am Sonntagabend.
Überschattet wird das Treffen durch die Mühen der EU, ihren Beschluss zur Munitionsbeschaffung für die Ukraine konkret umzusetzen. Frankreich drängt darauf, dass nur dann EU-Mittel für den gemeinsamen Einkauf verwendet werden dürfen, wenn alle Bestandteile auch aus der EU sowie Norwegen stammen. sti
In der Auseinandersetzung um die umstrittene Justizreform in Polen hat der Vizepräsident des Europäischen Gerichtshofs das Zwangsgeld halbiert. Statt einer Million Euro muss Polen nur noch 500.000 Euro täglich bezahlen. Das teilte das Gericht am Freitag in Luxemburg mit.
Polen hatte im März die vollständige Aussetzung der Zwangsgelder beantragt, nachdem es im vergangenen Jahr die beanstandeten Regelungen zur Unabhängigkeit der Justiz geändert hatte. Das Zwangsgeld hatte der EuGH im September 2019 wegen Verstößen gegen das Unionsrecht gegen Polen verhängt.
Mit dem Antrag auf vollständige Aufhebung der Zwangsgeldzahlungen konnte sich Polen nicht durchsetzen. Der aus Dänemark stammende EuGH-Vizepräsident Lary Bay Larsen ließ mitteilen, “dass die von Polen erlassenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Durchführung aller in dem Beschluss vom 14. Juli 2021 getroffenen einstweiligen Anordnungen sicherzustellen”.
So habe Polen nicht nachweisen können, dass etwa Richter ausreichend vor Strafverfahren und Verhaftungen geschützt seien. Auch bei Disziplinarverfahren sei Polen teilweise den Nachweis schuldig geblieben, die beanstandeten Probleme ausgeräumt zu haben. Die Abschaffung der umstrittenen Disziplinarkammer würdigte Bay Larsen jedoch, was unter anderem zur Herabsetzung der Zwangsgelder führte.
Nachdem im Dezember 2022 die Schlussanträge gestellt wurden, will der EuGH nun am 05. Juni sein Urteil bekanntgeben. Das Verfahren zur Rechtsstaatlichkeit ist unabhängig von weiteren Rechtsstreitigkeiten über mögliche Unionsverstöße der Republik Polen. fst
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell plädiert für Patrouillenfahrten europäischer Kriegsschiffe in der Taiwanstraße. In einem Gastbeitrag in der französischen Sonntagszeitung Journal du Dimanche schrieb Borrell, Europa müsse beim Thema Taiwan, “das uns wirtschaftlich, kommerziell und technologisch betrifft, sehr präsent sein”.
Die EU erkenne zwar klar die Ein-China-Politik Pekings an, sie dürfe aber auf keinen Fall an Bedingungen geknüpft sein oder mit Gewalt durchgesetzt werden, führt der Chefdiplomat der EU weiter aus. “Deshalb fordere ich die europäischen Marinen auf, in der Taiwanstraße zu patrouillieren, um Europas Engagement für die Freiheit der Schifffahrt in diesem absolut entscheidenden Bereich unter Beweis zu stellen.”
Auch zu Pekings ausbleibender Kritik an der russischen Invasion in der Ukraine äußerte sich Borrell in seinem Gastbeitrag. Man habe China immer wieder gesagt, dass es nicht in seinem Interesse sei, Russland zu unterstützen, erklärte Borrell, “zumal sie mit ihrer Unterstützung nur die Polarisierung des internationalen Systems verstärken, die sie angeblich bekämpfen wollen.” fpe
Brasilien hofft, das Mercosur Handelsabkommen mit der Europäischen Union noch in diesem Jahr abschließen zu können. Das sagte ein Regierungsbeamter am Sonntag in Lissabon. Das würde den Weg für einen wachsenden Handel zwischen den beiden Regionen freimachen.
Die EU und der Mercosur-Block aus Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay schlossen die Verhandlungen bereits 2019 ab. Seitdem liegt das Abkommen auf Eis, denn einige EU-Staaten befürchten, dass der Freihandel zur Abholzung des Regenwaldes beitragen könnte. Vor allem in Frankreich, Österreich und den Niederlanden ist es heftig umstritten. Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hat versprochen, die Klimapolitik seines Landes zu überarbeiten.
In einer Rede in Lissabon sagte Marcio Elias Rosa, ein hochrangiger Sekretär im brasilianischen Ministerium für Entwicklung und Industrie, die Verhandlungen mit der EU seien im Gange und die Länder diskutierten die
die von der EU auferlegten sozial-ökologischen Anforderungen. “Die Anzeichen sind sehr positiv”, sagte Elias Rosa. “Es fehlen noch Details, aber ich glaube, dass wir den Deal abschließen werden und das Abkommen wird gut sein.”
Elias Rosa sagte, alle Mercosur-Staaten arbeiteten mit dem gleichen Ziel, das Abkommen abzuschließen, aber sie müssten sich noch über einige der Anforderungen einigen. “Brasilien erfüllt bereits die sozial-ökologischen
Anforderungen in Bezug auf die Arbeitsgesetzgebung”, sagte Elias Rosa. “Es ist notwendig, dass auch andere Länder zustimmen, aber wir sind sehr nah dran.” Portugal und Spanien seien Verbündete Brasiliens in den Gesprächen. rtr
Die Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments zur Geschäftsordnung hat in der vergangenen Woche einen Entwurf zur Änderung der internen Regeln des Parlaments vorgelegt, um Kompetenzstreitigkeiten schneller beizulegen. Ziel ist es, monatelange Verzögerungen bei der Bearbeitung von Gesetzesentwürfen zu vermeiden, weil es keine Einigung über die Zuweisung zu den Ausschüssen gibt.
Das Dokument, das Contexte vorliegt, schränkt die Fristen des Verfahrens ein. Die parlamentarischen Ausschüsse haben demnach zwei Wochen Zeit, um die Zuweisung eines Dossiers anzufechten. Die Konferenz der Ausschussvorsitzenden muss nach zwei Sitzungen einen Kompromissvorschlag machen und die Konferenz der Präsidenten hat sechs Wochen Zeit, um diesen Vorschlag zu bestätigen oder abzulehnen.
Doch auch hierzu gibt es noch keine Einigung: Bernd Lange (S&D), Vorsitzender der Konferenz der Ausschussvorsitzenden, argumentiert in einem Schreiben an den Ausschussvorsitzenden für konstitutionelle Fragen (AFCO), Salvatore de Meo, dass die Einführung verbindlicher Fristen kontraproduktiv sei. Sie könne Entscheidungen beschleunigen, die möglicherweise mehr Zeit benötigten.
Der Entwurf zur Änderung der Geschäftsordnung wird am 26. April im AFCO diskutiert und dann vor dem Sommer im Plenum angenommen. vis
Die EU-Kommission will die Vorschriften für den Verkauf von unansehnlichem Obst und Gemüse lockern. So könnten Erzeuger Produkte mit äußerlichen Mängeln künftig direkt vor Ort verkaufen – ohne die Vermarktungsnormen einhalten zu müssen. Damit will die EU den Verbrauchern die Möglichkeit geben, solches Obst und Gemüse zu erschwinglichen Preisen zu erwerben und die Lebensmittelverschwendung reduzieren.
Am Freitag hat die Kommission einige Überarbeitungen an den geltenden Vermarktungsnormen für Obst und Gemüse, Fruchtsäfte und Konfitüren, Honig, Geflügel und Eier vorgeschlagen. Sie sollen es den Verbrauchern leichter machen, fundierte Entscheidungen für eine gesündere Ernährung zu treffen.
Die Vorschläge betreffen:
Die Vorschläge für frisches Obst und Gemüse, Eier und Geflügel hat die Kommission in Form von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten vorgelegt. Die Texte stehen der Öffentlichkeit einen Monat lang für Rückmeldungen zur Verfügung. Die Vorschläge zu Konfitüren, Marmeladen, Fruchtsäften und Honig sind Gegenstand von Richtlinien, die das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. vis
Der von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Net-Zero Industry Act zielt darauf ab, die Treibhausgasemissionen im Industriesektor bis 2050 auf Null zu reduzieren. Bis 2030 sollen mindestens 40 Prozent der EU-Nachfrage nach sauberen Technologien in Europa selbst gedeckt werden. Die Regulierung wird die Mitgliedstaaten verpflichten, nationale Pläne zur Dekarbonisierung der Industrie zu entwickeln. Sie wird auch die Entwicklung von Technologien zur Carbon Capture and Storage (CCUS) unterstützen, indem sie das Ziel setzt, bis 2030 jährlich 50 Millionen Tonnen CO₂ zu speichern.
Diese Regelung soll eine Antwort auf den amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) sein und ist Teil des europäischen Green Deals, der darauf abzielt, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Leider lässt sich aus der europäischen Strategie keine klare Vision herauslesen und, noch schlimmer, ihre Fristen und ihre Ausführung sind wenig glaubwürdig.
Die Ziele wurden festgelegt, ohne dass eine wissenschaftliche Bewertung der Erreichbarkeit mit neuen Technologien vorgenommen wurde. Politische Leitlinien sind wichtig, aber sie müssen auf Fakten basieren.
Die Ziele sind entweder unklar (was soll etwa “saubere Technologien aus heimischer Produktion” konkret bedeuten?), unrealistisch (beim derzeitigen Stand der Technik wissen nur wenige Industriezweige, wie sie Netto-Null-Emissionen erreichen sollen) oder nicht ehrgeizig genug (das Gesamtziel für CCUS entspricht nur 1,5 Prozent der Gesamtemissionen der EU).
Es gibt auch kein Umsetzungskonzept (“Execution is everything”) und es fehlt eine massive wissenschaftliche und technologische Offensive, die darauf abzielt, neue bahnbrechende Technologien zu entwickeln, aber auch die Reifung und Kostenreduzierung bestehender sauberer Technologien zu beschleunigen. Das Beispiel des grünen Wasserstoffs, der derzeit drei- bis viermal mehr kostet als CO₂-emittierender grauer Wasserstoff, zeigt, dass die ,Grünen Zusatzkosten’ nicht frontal angegangen werden.
Im Gegensatz dazu hat der IRA einen sehr einfachen Ausführungsplan: die “grüne Prämie” für kohlenstoffreduzierende Technologien und Investitionen zu senken – unter der Bedingung, dass sie in den Vereinigten Staaten realisiert werden.
Der IRA hat eine klare protektionistische Komponente, aber soll als Beschleunigung der Energiewende gefeiert werden. Dies ist dem Green Deal bisher nicht gelungen, wobei man dazu sagen muss, dass die genauen Daten fehlen, um ihn abschließend zu bewerten. Es zeigt sich aber schon jetzt das übliche Problem der EU-Politik, sich auf Investitionspläne zu konzentrieren, anstatt auf eine präzise und unabhängige Ergebnisbewertung.
Sowohl die europäischen als auch die US-amerikanischen Pläne bleiben dennoch weit von einer echten innovativen Industriepolitik entfernt. Bei JEDI – der Joint European Disruptive Initiative – argumentieren wir, dass sie von drei Säulen getragen werden muss:
Wir brauchen einen radikalen Wandel in der Arbeitsweise der EU, damit Europa auch im 21. Jahrhundert relevant bleibt.