bis Mittwoch noch können ambitionierte Sozialdemokratinnen und -demokraten ihren Hut in den Ring werfen, die ihre Parteienfamilie in die Europawahlen am 9. Juni führen wollen. Kurz vor Ablauf der Frist ist das Bewerberfeld für den Spitzenkandidaten überschaubar: Einzig Arbeitskommissar Nicolas Schmit hat sich beworben.
Der Luxemburger muss auch keine Konkurrenz mehr durch Katarina Barley fürchten. Der Topkandidatin der SPD waren zuvor eigene Ambitionen nachgesagt worden, aber für die deutschen Sozialdemokraten hat die S&D-Spitzenkandidatur keine Priorität. Man werde Nicolas Schmit unterstützen, heißt es in der SPD.
Führende Sozialdemokraten beeilen sich, Schmits Errungenschaften in der Kommission zu loben – er habe Kernanliegen wie einen europäischen Rahmen für Mindestlöhne durchgesetzt. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde der 70-jährige frühere Arbeitsminister Luxemburgs dabei aber nicht.
Sollte Ursula von der Leyen wie erwartet für eine zweite Amtszeit antreten, hätte Euronico, wie er in seiner Heimat genannt wird, wohl einen schweren Stand.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag!
Die FDP lehnt den aktuellen Entwurf der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ab und positioniert sich damit gegen den Kompromiss von Rat und Europaparlament aus dem Dezember 2023. Damit distanzierte sich die Partei auch von der Linie, welche die Bundesregierung bislang auf europäischer Ebene verfolgt.
Das FDP-Präsidium nannte am Montag in seinem Beschluss neun Gründe für sein Votum, unter anderem:
Der Beschluss der FDP kommt zu einem späten Zeitpunkt. Denn am 14. Dezember hatten sich Kommission, Rat und Parlament im Trilog auf die Inhalte “der Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen mit Blick auf die Nachhaltigkeit” verständigt. Damit gilt eine Verabschiedung im Rat und Parlament gewöhnlich nur noch als Formsache.
Der Rat beschäftigt sich nach Informationen von Table.Media noch im Januar auf Arbeitsebene mit der Richtlinie, die EU-Botschafter werden sich jedoch nicht vor Februar damit befassen. Die Abstimmung im Parlament ist für April geplant. Dort wird mit den gleichen Mehrheiten wie bei der Abstimmung über die Parlamentsposition gerechnet, welche die FDP-Abgeordneten ebenfalls abgelehnt hatten.
Aktuell deutet wenig darauf hin, dass die FDP eine Verabschiedung des Sorgfaltspflichtengesetzes in Brüssel verhindern kann. Da SPD und Grüne das Vorhaben unterstützen, wird sich Deutschland voraussichtlich im Rat enthalten. Die FDP müsste also mindestens eine massive Kampagne starten, wie vor einem Jahr beim Thema E-Fuels, um die Richtlinie noch zu stoppen. Bislang hat sie keinen Anlauf dafür genommen.
Viele andere Mitgliedstaaten haben das Anliegen der Richtlinie ausdrücklich befürwortet. Bei einem ersten Meinungsaustausch vor Weihnachten bewerteten die Experten der meisten Regierungen das Trilog-Ergebnis grundsätzlich positiv, auch wenn viele Details noch offen sind.
Zuvor hatte sich nur die ehemalige polnische PiS-Regierung gegen das Vorhaben gestellt. Ein Ausscheren Frankreichs gilt als unwahrscheinlich, weil sich Frankreich in einem wichtigen Punkt durchgesetzt hat: dem vorläufigen Ausschluss von Finanzdienstleistern aus der Richtlinie. Als Verfechter der Regelung gelten Länder quer durch die EU wie Spanien, Belgien, die Niederlande oder Tschechien.
Der Beschluss der FDP überrascht, denn die Bundesregierung hat nicht zuletzt auf Bestreben der Freien Demokraten bereits einige Änderungen der Richtlinie in Brüssel erreicht, wie eine deutliche Abschwächung der klimapolitischen Vorstellungen des EU-Parlaments.
Zwar sollen Unternehmen künftig Klimapläne erarbeiten und umsetzen, die im Einklang mit dem Pariser Klimaziel stehen. Allerdings sollen Behörden künftig nur überprüfen, ob es diese Pläne gibt und sie theoretisch den inhaltlichen Ansprüchen genügen. Ungeprüft bleibt die praktische Umsetzung. Untätigkeit würde damit nicht bestraft.
Anders als die FDP hatten der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Sommer 2023 noch Sanktionen für Fälle befürwortet, in denen Unternehmen ihre Klimapläne nicht umsetzen.
Als Erfolg konnten die FDP und Gleichgesinnte für sich ebenfalls verbuchen, dass die Sorgfaltspflichten auf europäischer Ebene nicht die gesamte Wertschöpfungskette von Unternehmen erfassen, sondern nur die sogenannte “Aktivitätenkette”. Außen vor bleiben sollen der Verkauf und die Verwendung exportierter Produkte, also die nachgelagerte Wertschöpfungskette. Ob beispielsweise gesundheitsgefährdende Pestizide in Ländern des globalen Südens auf Feldern versprüht werden, liegt damit außerhalb der Verantwortung von europäischen Chemiekonzernen.
Zudem lehnt sich die vorgesehene konkrete Ausgestaltung der Haftungsregelung eng an das deutsche Zivilrecht an, ebenfalls ein Verhandlungserfolg für die FDP. Unter dem Strich habe die Einigung im Trilog in etwa den Positionen der Bundesregierung entsprochen, heißt es in Regierungskreisen.
Warum rückt die FDP dann trotzdem von der Einigung ab? Das dürfte maßgeblich am Druck einiger großer Wirtschaftsverbände liegen. Bereits kurz vor dem Trilog hatten sich Spitzenvertreter von BDI, BDA, der italienischen Confindustra und des Mouvement des Enterprises de France in einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Giorgia Meloni gegen die Einigung ausgesprochen.
Andererseits haben sich eine Menge deutscher und europäischer Unternehmen für das deutsche Gesetz und die strengere EU-Variante ausgesprochen. Dazu zählen Ikea, Epson, Tchibo, Primark oder Vaude. Von 2000 vom Handelsblatt Research Institute im Auftrag von Creditreform befragten Unternehmen lehnten kürzlich nur sieben Prozent verbindliche Lieferkettenvorgaben für menschenrechtliche und Umweltstandards ab. Knapp 44 Prozent der Befragten achteten bereits heute auf Nachhaltigkeit in ihren Lieferketten, weitere 37 Prozent täten dies schon teilweise, nur elf Prozent täten gar nichts.
Eine Umfrage des Hamburger Instituts für Wirtschaftsethik zeigte vergangenen Sommer auch einen Widerspruch zwischen der entschiedenen Ablehnung von Vertretern großer Verbände der europäischen Lieferkettenrichtlinie und Unternehmen selbst. Ein Argument der Unternehmen: Sie seien aufgrund von Kundenanforderungen längst damit konfrontiert, ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen zu müssen.
Auf Unverständnis stößt der Beschluss der FDP bei der Initiative Lieferkettengesetz, die mehr als 120 Organisationen vertritt. “Beim EU-Lieferkettengesetz geht es nicht um lästige Bürokratie, sondern um grundlegende Menschenrechte und Umweltstandards“, hieß es am Montag. Mit ihrer Kehrtwende kurz vor der Ziellinie setze die FDP die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der EU in Sachen Nachhaltigkeit aufs Spiel.
Bemerkenswert findet Armin Paasch von Misereor, dass die FDP nun eine fehlende Safe-Harbour-Lösung beklage, obwohl Justizminister Marco Buschmann sie “nie im Trilog gefordert” habe. Mit ihrer Blockadehaltung isoliere sich die FDP auch international, heißt es bei der Initiative Lieferkettengesetz. Denn die liberale Fraktion im EU-Parlament habe die Einigung auf einen Kompromiss zum EU-Lieferkettengesetz im Dezember als großen Erfolg gefeiert.
Die liberale Fraktion im EU-Parlament unterstütze weiterhin die Einigung über das Sorgfaltspflichtengesetz, sagte der Schattenberichterstatter von Renew, Adrián Vázquez Lazara. “Dies wurde in mehreren Fraktionssitzungen beschlossen, in denen das Thema intern erörtert wurde, und hat sich in der Plenarabstimmung über den Standpunkt des Parlaments am 1. Juni 2023 gezeigt”, erklärte er. Eine große Mehrheit der Renew-Fraktion habe den Text unterstützt. “Natürlich ist es bei dieser und jeder anderen Richtlinie oder Verordnung möglich, dass einige Parteien innerhalb der Fraktion legitimerweise beschließen, den Text abzulehnen”, fügte Vázquez Lazara hinzu. Mitarbeit: Till Hoppe
Das Signal ist eindeutig: Für seine erste Reise als zuständiger Minister für Energie entschied sich Bruno Le Maire für das Atomkraftwerk Gravelines in Nordfrankreich. Es ist das größte AKW in Europa. Der Minister, der neben Wirtschaft, Finanzen, industrielle und digitale Souveränität nun auch für Energie zuständig ist, war schon immer ein Befürworter der Kernkraft. “Die Verantwortung für Energie zu haben, bedeutet, die Reindustrialisierung des Landes und die Umsetzung des französischen Atomprogramms beschleunigen zu können”, sagte er kürzlich der konservativen Tageszeitung Le Figaro.
Bereits im Juni 2022 hatte Bruno Le Maire gefordert, den Energiesektor seinem Ministerium zuzuordnen. Diese Initiative wurde damals während des Präsidentschaftswahlkampfs von Unternehmen und insbesondere vom Arbeitgeberverband Medef, dem französische Pendant zum BDA, und von France Industrie unterstützt.
Auf europäisches Ebene bedeutet die neue Zuordnung des Energiebereichs, dass Paris die nächste EU-Kommission im Blick hat. “Wir müssen dafür sorgen, dass die Kernenergie im Mittelpunkt des Fahrplans der künftigen Europäischen Kommission steht”, heißt es im Umfeld des neuen Energieministers. Dabei werde Paris versuchen, die Begriffe “erneuerbare Energien” durch “kohlenstofffreie Energien” zu ersetzen, erläutert die französische Quelle. Die Amtszeit der neuen Kommission beginnt voraussichtlich im November.
Frankreich hat das Prinzip bereits umgesetzt, indem es der Kommission Ende November seinen Entwurf für einen integrierten nationalen Energie- und Klimaplan für die Jahre 2021 bis 2030 zusandte. Paris weigert sich darin, den Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch bis 2030 zu beziffern, obwohl die Richtlinie über erneuerbare Energien das EU-Ziel auf 42,5 Prozent erhöht. Frankreich erwähnt lediglich, dass es bis 2030 einen Anteil von 59 Prozent und bis 2035 von 71 Prozent “dekarbonisierter Energie” am Endenergieverbrauch anstrebt.
Außerdem planen Frankreich und Belgien im März einen Atomgipfel mit den Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Dieser Gipfel wird das politische Pendant der Atomallianz sein, die regelmäßig Minister aus 13 Mitgliedstaaten zusammenbringt. Diese Allianz rief im März vergangenen Jahres die ehemalige französische Energieministerin Agnès Pannier-Runacher ins Leben.
Paris betrachtet diese Allianz als einen der größten Erfolge der französischen Ministerin. Sie genießt auch die Unterstützung zahlreicher Europaabgeordneter, darunter der Franzose Christophe Grudler (Renaissance) und von Industriekommissar Thierry Breton. Es ist offensichtlich, dass Paris sich gut vernetzt hat – eine Strategie, die sich auszahlt.
Die französische Regierung scheute dabei nicht den Konflikt mit der Bundesregierung, die der Atomkraft skeptisch gegenübersteht. Paris konnte dabei in jüngster Zeit mehrere Siege vorweisen:
Auf der COP 28 konnte die Ministerin auch einen diplomatischen Sieg erringen: Im COP-Beschluss wird erstmals die Nutzung von Atomkraft als Hilfe beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen genannt.
Zu den Prioritäten von Bruno Le Maire in Energiefragen gehören die Verringerung des Anteils fossiler Energieträger im französischen Energiemix, die “Stärkung der Energieautonomie des Landes” und die Senkung des Energieverbrauchs. Der Minister erinnert daran, dass fossile Energieträger immer noch 60 Prozent des französischen Energiemixes ausmachten. Das bedeutet, dass Bruno Le Maires Superministerium die Entwicklung erneuerbarer Energien (Solarmodule und Offshore-Windkraft), die Fortsetzung des Baus der sechs neuen EPR-Reaktoren und die Senkung des Energieverbrauchs um 40 bis 50 Prozent bis 2050 im Vergleich zum Stand von 2021 vorsieht.
Der Gesetzentwurf über die Energiesouveränität soll als Hebel wirken, um diese Ziele zu erreichen. Der Text, den die Regierung am 8. Januar zur Konsultation gestellt hat, hat Le Maires Vorgängerin Pannier-Runacher vorbereitet. Er enthält detaillierte Angaben zu den programmatischen Zielen in den Bereichen Energie und Klima, zu Verbraucherschutzmaßnahmen sowie zur Reform des Strommarktes und zum Thema Wasserkraftkonzessionen. Der Zeitplan für die parlamentarische Prüfung steht derzeit noch nicht fest, “aber Bruno Le Maire wird sich in den nächsten Tagen zu diesem Thema äußern”, heißt es aus dem Ministerium.
17.01.2024 – 10:00-11:30 Uhr, online
EUI, Panel Discussion Towards CCUS Strategy: what regulatory framework to choose
The European University Institute’s (EUI) policy debate will focus on the future regulatory framework for carbon capture and storage infrastructure, discuss what should be in the Commission’s CCUS Strategy, and provide an outlook on legislation expected at the start of the next Commission.
INFO & REGISTRATION
17.01.2024 – 14:30-17:30 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Die Dekarbonisierung des Immobiliensektors und das Zusammenspiel der Akteure – Wie gelingt die Organisation?
Beim Forum für Zukunftsenergien (FZE) referieren Vertreter aus der Energie- und Immobilienbranche zur Dekarbonisierung des Immobiliensektors, gefolgt von einer Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten. INFOS
17.01.2024 – 18:30-20:00 Uhr, online
FES, Vortrag Feministische Entwicklungspolitik: Einführung und Reflexion
Zum Auftakt einer neuen Veranstaltungsreihe der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) werden zwei Referierende einen Überblick zur feministischen Entwicklungspolitik geben, Hintergründe erklären sowie aktuelle Entwicklungen reflektieren. INFOS & ANMELDUNG
17.01.2024 – 19:00-20:30 Uhr, Berlin
HBS, Podiumsdiskussion Unsere Grüne Woche: Agrarökologie als Schlüssel aus der Krise
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) zieht eine Zwischenbilanz zur agrarökologischen Politik der Ampelregierung. Nach der Vorstellung eines Bilanzpapiers folgt eine Podiumsdiskussion mit Gästen aus Nichtregierungsorganisationen und politischen Institutionen. INFOS & ANMELDUNG
18.01.2024 – 10:30-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar EMAS und die neue Nachhaltigkeitsberichtspflicht
Angesichts der neuen Nachhaltigkeitsberichtspflicht bietet die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und widmet sich der Frage, ob der neue europäische Standard EMAS ablösen wird. INFOS & ANMELDUNG
18.01.2024 – 18:15-19:45 Uhr, Berlin
KAS, Podiumsdiskussion Europas Transformation zur Klimaneutralität – Wie umgehen mit Degrowth und grünem Bruttoinlandsprodukt?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) möchte mit Gästen aus der Wissenschaft und Politik Konzepten rund um Degrowth und ein grünes Bruttoinlandsprodukt auf den Grund gehen. INFOS & ANMELDUNG
18.01.2024 – 18:30-21:00 Uhr, Düsseldorf
FES, Vortrag Die distanzierte Mitte: Vorstellung Mitte-Studie
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) veröffentlicht die Ergebnisse der aktuellen Mitte-Studie und diskutiert mit einer Autorin der Studie sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft die Ergebnisse. INFOS & ANMELDUNG
Die belgische Ratspräsidentschaft hat mögliche Kompromisse für die Luftreinhaltungsrichtlinie erarbeitet. Die erste Runde der politischen Verhandlungen zwischen Rat und Europaparlament soll am 23. Januar stattfinden. Die EU-Botschafter sind aufgefordert, ihre Position zu dem Kompromiss vorzulegen, der Table.Media als 4-Spalten-Dokument vorliegt.
In der Sache schlägt die belgische Ratspräsidentschaft vor, in einigen Punkten auf das Europaparlament zuzugehen. Das Parlament will die verpflichtende Überwachung von Ruß (BC), Quecksilber (Hg) und Ammoniak (NH3) vorsehen. Außerdem soll die Zahl der Überwachungsstationen (für alle Schadstoffe) auf eine pro eine Million Einwohner (statt eine pro fünf Millionen) erhöht werden. Als Kompromiss schlägt die Präsidentschaft vor, nur Ruß (BC) in die obligatorische Überwachung einzubeziehen, da es sich um einen wichtigen gesundheitsrelevanten Schadstoff handele.
Das Parlament will zudem, dass Schwefeldioxid (SO2), Kohlenmonoxid (CO) und die Ablagerung von Benzol als Schadstoffe an übergeordneten Standorten verpflichtend überwacht werden. Für alle Schadstoffe fordert das Parlament feste Messwerte. Der Rat dagegen sieht lediglich die Empfehlung zur Überwachung einiger Schadstoffe vor. Als Kompromiss schlägt der Vorsitz vor, in das überarbeitete Mandat des Rates feste oder indikative Messwerte für CO, SO2 und Benzol an übergeordneten Standorten in städtischen und ländlichen Gebieten aufzunehmen.
Darüber hinaus schlägt das Parlament eine Verschärfung der Alarmschwellen für SO2 und Stickstoffdioxid (NO2) vor und führt Informationsschwellen für SO2, NO2 sowie Feinstaub (PM10 und PM2,5) ein. Die vom Parlament vorgeschlagenen Werte würden jedoch dazu führen, dass eine übermäßige Anzahl von Informations- oder Warnmeldungen veröffentlicht werden müsste, warnt die belgische Ratspräsidentschaft. Als Kompromiss schlägt die Präsidentschaft nun eine gewisse Verschärfung der Alarmschwellen und höhere Informationsschwellen vor.
Das Parlament hat darauf hingewiesen, dass die Ausnahmeregelung für die Aufstellung kurzfristiger Aktionspläne für Feinstaub (PM2,5 und PM10) nicht akzeptabel sei. Als Kompromiss schlägt der Vorsitz daher vor, eine gewisse Flexibilität einzuführen, indem der Schwerpunkt auf die Verringerung der Dauer und des Ausmaßes einer Überschreitung und der Exposition der Bevölkerung gelegt wird. mgr
Um die Voraussetzungen für den Hochlauf von Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO₂ (CCS) zu schaffen, müssten sich EU und Mitgliedstaaten schon jetzt für den Hochlauf einer Pipeline- und Speicherinfrastruktur einsetzen, sodass ein CO₂-Binnenmarkt entstehen kann. Das ist das Ergebnis einer Studie des Thinktanks Centrum für Europäische Politik (CEP), die Table.Media vorab einsehen konnte. Studienautor André Wolf fordert in diesem Zusammenhang eine “regulatorische Harmonisierung” für CO₂-Transport und -Speicherung in den Mitgliedstaaten.
Die EU-Kommission wird Anfang Februar ihre CO₂-Management-Strategie vorstellen, die sowohl die Rolle von CCS zum Erreichen der EU-Klimaziele als auch den Plan für dessen Hochlauf beinhalten wird. Im Net Zero Industry Act plant die EU, bis 2030 mindestens 50 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr zu speichern, beispielsweise in unterirdischen geologischen Reservoirs.
Um das zu erreichen, fordert das CEP:
Sogenannte Klimaschutzverträge, auch CO₂-Differenzverträge oder Carbon Contracts for Difference (CCfDs) genannt, seien “der Schlüssel, um die rechtzeitige Markteinführung junger, aber vielversprechender Technologien wie Direct Air Capture zu initiieren”, heißt es in der CEP-Studie. So könne Europa von kostensenkenden Lerneffekten profitieren. Dies verbessere die Nachfrageerwartungen für Transport und Speicherung und fördere die Bildung eines dynamischen und fairen Binnenmarktes für abgeschiedenes CO₂, schreiben die Autoren. luk
Die neue Regierung in Warschau hat beim Treffen der EU-Umweltminister am Montag Bereitschaft zu einer ehrgeizigeren Energie- und Klimapolitik bekundet. Die Regierung plane nun ein Datum für den Ausstieg aus der Kohleverstromung, sagte die stellvertretende Klimaministerin Urszula Zielińska am Morgen vor Journalisten.
“Nur mit einem Enddatum können wir planen, und nur mit einem Enddatum kann die Industrie planen, können die Menschen planen. Deshalb werden wir auf jeden Fall versuchen, ein Enddatum festzulegen”, sagte sie in Brüssel. Die vorherige PiS-Regierung hatte mit den Gewerkschaften einen Pakt geschlossen, der den Abbau von Kohle bis 2049 vorsieht.
Ein Bekenntnis zum EU-Klimaziel 2040 nahm Zielińska aber im Lauf des Tages wieder zurück. Die Regierung sei bereit, eine Emissionsminderung in der EU von 90 Prozent bis 2040 zu akzeptieren, hatte sie am Morgen zunächst gesagt. Dabei werde sie sich dafür einsetzen, dass die Auswirkungen auf die Gesellschaft berücksichtigt würden.
Am Abend schränkte die Vizeministerin dies auf der Plattform X wieder deutlich ein. Während eines Treffens mit Klimakommissar Wopke Hoekstra habe sie betont, “dass Polen eine ehrgeizige Klimapolitik will, die ohne Schäden für Bürger und Wirtschaft umgesetzt werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir bereits zu einem so frühen Zeitpunkt eine klare Aussage zum Emissionsminderungsziel für 2040 treffen können”. ber/rtr
Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Lockerung der Regeln für neue Gentechniken steht beim monatlichen Treffen der EU-Agrarminister am kommenden Montag nicht auf der Agenda. Nachdem die Minister das Thema bereits im Dezember diskutiert, aber keine Einigung gefunden hatten, gab die belgische Ratspräsidentschaft den Vorschlag vorerst zurück auf die Arbeitsebene, wie ein Sprecher bestätigte. Die Vorbereitungszeit sei zu knapp gewesen, um das Thema bereits in diesem Monat auf die Agenda der Minister zu setzen.
Neben der deutschen Bundesregierung hatte im Dezember unter anderem Polen gegen den Kompromissvorschlag gestimmt. Dort hat es in der Zwischenzeit einen Regierungswechsel gegeben. Das Land gilt deshalb als möglicher Kandidat, der sein Votum ändert. Die neue Regierung unter Donald Tusk hat sich zum Thema bisher jedoch bedeckt gehalten.
Auf der Seite des Europäischen Parlaments könnte es diese Woche jedoch Bewegung geben: Internen Quellen zufolge streben die zuständigen Berichterstatter der Fraktionen bei Gesprächen am heutigen Dienstag einen Kompromiss an. Sollte dies gelingen, könnte der Umweltausschuss bei seiner nächsten Sitzung am 24. Januar hierüber abstimmen, das Plenum dann im Februar.
Trotzdem wird das Zeitfenster für eine finale Einigung vor der Europawahl im Juni immer enger. Denn nachdem Mitgliedstaaten und Parlament jeweils ihre Position ausgehandelt haben, müssen sie im sogenannten Trilog noch untereinander eine Einigung finden. All das müsste vor der letzten Plenarsitzung der Legislaturperiode Ende April geschehen, damit die Einigung noch vom Parlament verabschiedet werden könnte.
Kritik am Vorschlag der EU-Kommission kam zuletzt von mehreren deutschen Unternehmen, darunter die Drogeriemarktkette dm, der Biokonzern Alnatura und das Tiefkühlunternehmen Frosta. In einem offenen Brief vom vergangenen Dienstag an den Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), äußern die Unternehmen “große Sorge” über den Gesetzentwurf. Dabei fordern die Unterzeichner insbesondere, es müsse der Lebensmittelbranche weiterhin möglich sein, garantiert gentechnikfreie Lebensmittel anzubieten. Hierzu müssten Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung aller gentechnisch bearbeiteten Produkte sichergestellt werden.
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht eine Lockerung der Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Pflanzen vor, die in dieser Form auch durch konventionelle Züchtungsmethoden hätten entstehen können. jd
Der Deutsche Landkreistag fordert eine Anpassung der Vorgaben zum Kindergeld. Bei im EU-Ausland wohnenden Kindern soll sich die Höhe der Leistung an den Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land richten, schreibt der Verband in seinem Positionspapier zur Europawahl. In den meisten Mitgliedstaaten liegen diese unter dem deutschen Niveau, sodass der Vorschlag auf eine Kürzung hinauslaufen würde.
Derzeit erhalten alle Eltern pro Kind 250 Euro, auch wenn es nicht in Deutschland lebt. Wegen des anhaltenden Wohlstandsgefälles innerhalb der EU und in Drittstaaten führe das zu “Armutszuwanderung“, findet der Verband, der vermehrten Betrug in diesem Bereich beklagt.
Der Deutsche Landkreistag plädiert für eine europaweit einheitliche Lösung. Er spricht sich dafür aus, die EU-Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu ändern. Diese sieht vor, dass Personen auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Leistungen haben.
Darüber hinaus fordert der Verband eine Grundlage dafür, “wirtschaftlich nicht aktiven” Unionsbürgern den Anspruch auf Kindergeld in den ersten drei Monaten zu verwehren. Zudem müsse der Arbeitnehmer- und Selbstständigenbegriff auf europarechtlicher Ebene so definiert werden, dass nicht bereits ein geringes Einkommen den Bezug von Sozialleistungen ermöglicht.
Weitere Forderungen des Landkreistages sind unter anderen:
Die UN-Klimakonferenz im Dezember hat wie nie zuvor verdeutlicht, dass die Welt noch immer weit von einem 1,5-Grad-Pfad entfernt ist: Bis 2030 müssen die globalen Treibhausgasemissionen um 43 Prozent sinken, um diesen noch erreichen zu können. Auch Deutschland und die EU leisten dazu noch keinen ausreichenden Beitrag. Bis Ende Juni müssen die EU-Mitgliedstaaten mit ihren endgültigen Nationalen Energie- und Klimaplänen (NECP) zeigen, wie sie die EU auf Kurs bringen wollen. Deutschland macht dabei bisher alles andere als eine gute Figur.
Die EU-Kommission hat den mit erheblicher Verspätung am 6. November eingereichten Entwurf des deutschen NECPs nun bewertet – Germanwatch und andere Umweltorganisationen auch. Fazit: Deutschland hinkt trotz wichtiger Fortschritte bei mehreren EU-Klimazielen und verbindlichen Anforderungen hinterher.
Dies gefährdet nicht nur die gemeinsame Verwirklichung der europäischen Klimaziele für 2030, sondern birgt auch finanzielle, politische und rechtliche Risiken für Deutschland. In einem offenen Brief an die Bundesregierung werden die Umweltorganisationen in dieser Woche fordern, dass die verbleibende Zeit bis Juni ernsthaft zur Nachbesserung genutzt wird.
Zurzeit erzielt Deutschland zwar große Erfolge beim Ausbau der erneuerbaren Energien, verfehlt aber nach der aktuellen Projektion die verbindlichen Ziele der EU-Klimaschutz-Verordnung (“Effort-Sharing”) für 2030 um mehr als 15 Prozentpunkte. Der Grund: fehlende Maßnahmen gegen Verkehrs- und Gebäudeemissionen.
Schon die aktuelle Zielverfehlung in diesen Bereichen – laut Agora Energiewende gab es auch 2023 kaum Verbesserungen – sind rechtswidrig und teuer: Bei zu hohen Emissionen wird die Bundesregierung Zertifikate für mehrere Milliarden Euro von anderen Mitgliedstaaten einkaufen müssen, statt das öffentliche Geld für notwendige Investitionen in Deutschland zu nutzen.
Drei Großbaustellen, die die Bundesregierung nun angehen muss:
Manche Klimaschutzmaßnahmen in den Bereichen Wärme und Mobilität wirken sich unmittelbar auf das tägliche Leben der Menschen aus, weil der absehbar steigende CO₂-Preis manche einkommensschwache Haushalte unverhältnismäßig stark belasten kann. Daher sind zusätzlich entlastende Maßnahmen des sozialen Ausgleichs nötig.
Die EU-Governance-Verordnung fordert in Artikel 3 die Mitgliedstaaten dazu auf, in ihren NECP die Zahl der von Energiearmut betroffenen Haushalte abzuschätzen. Betrifft dies eine “erhebliche” Anzahl von Haushalten, ist der Mitgliedstaat dazu verpflichtet, ein nationales Richtziel der Verringerung der Energiearmut in seinen Plan aufzunehmen und entsprechende Maßnahmen aufzulisten. In Deutschland gibt es derzeit jedoch keine einheitliche Definition von Energiearmut und keine regelmäßige Erhebung, weshalb der deutsche NECP auch keine Daten oder Zielvorgaben zur Verringerung der Energiearmut enthält.
Der Anteil der von Energiekosten überlasteten Haushalte, also die mehr als zehn Prozent ihres Einkommens für Strom und Wärme ausgeben, ist laut des Sachverständigenrats für Verbraucherfrage zwischen März 2022 und Juni 2023 von 26 Prozent auf 43 Prozent angestiegen. Nach einer konservativeren Schätzung zur Energiekostenüberlastung ist der Anteil von 17 auf 25 Prozent gestiegen. Es ist also nicht hinnehmbar, dass der deutsche NECP im Bereich Energiearmut so vage bleibt.
Auch aus langfristiger Perspektive ist es wichtig, dass Deutschland eine umfassende Strategie entwickelt, die die Energiearmut als mehrdimensionales Phänomen anerkennt und bekämpft. Als Grundlage dafür könnten die von der Europäischen Kommission im vergangenen Oktober veröffentlichten Empfehlungen zu Energiearmut dienen.
Die Mitgliedstaaten sind bei der Ausarbeitung des NECP laut der EU-Governance-Verordnung (Artikel 10) verpflichtet, öffentliche Konsultationen zu führen und einen “ständigen energiepolitischen Dialog” einzurichten. Dies soll Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Investoren an der Energie- und Klimapolitik beteiligen. Stattdessen plant das BMWK nur eine Online-Konsultation ab Februar.
Eine “wirksame und frühzeitige” Beteiligung im Sinne der Governance-Verordnung sieht anders aus. Die Nichteinbeziehung der Zivilgesellschaft in die NECP-Ausarbeitung und damit die mögliche Behinderung einer darauf aufbauenden Debatte zur Weiterentwicklung der Klimazielerreichung macht die Bundesregierung rechtlich angreifbar. Und sie ist kein Vorbild für diejenigen EU-Staaten, in denen die Zivilgesellschaft an klimapolitischen Entscheidungen grundsätzlich kaum beteiligt wird. Die Bundesregierung sollte die Zeit bis Ende Juni gut nutzen, um mit einer umfassenden und transparenten Konsultation ein besseres Beispiel abzugeben.
bis Mittwoch noch können ambitionierte Sozialdemokratinnen und -demokraten ihren Hut in den Ring werfen, die ihre Parteienfamilie in die Europawahlen am 9. Juni führen wollen. Kurz vor Ablauf der Frist ist das Bewerberfeld für den Spitzenkandidaten überschaubar: Einzig Arbeitskommissar Nicolas Schmit hat sich beworben.
Der Luxemburger muss auch keine Konkurrenz mehr durch Katarina Barley fürchten. Der Topkandidatin der SPD waren zuvor eigene Ambitionen nachgesagt worden, aber für die deutschen Sozialdemokraten hat die S&D-Spitzenkandidatur keine Priorität. Man werde Nicolas Schmit unterstützen, heißt es in der SPD.
Führende Sozialdemokraten beeilen sich, Schmits Errungenschaften in der Kommission zu loben – er habe Kernanliegen wie einen europäischen Rahmen für Mindestlöhne durchgesetzt. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde der 70-jährige frühere Arbeitsminister Luxemburgs dabei aber nicht.
Sollte Ursula von der Leyen wie erwartet für eine zweite Amtszeit antreten, hätte Euronico, wie er in seiner Heimat genannt wird, wohl einen schweren Stand.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag!
Die FDP lehnt den aktuellen Entwurf der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ab und positioniert sich damit gegen den Kompromiss von Rat und Europaparlament aus dem Dezember 2023. Damit distanzierte sich die Partei auch von der Linie, welche die Bundesregierung bislang auf europäischer Ebene verfolgt.
Das FDP-Präsidium nannte am Montag in seinem Beschluss neun Gründe für sein Votum, unter anderem:
Der Beschluss der FDP kommt zu einem späten Zeitpunkt. Denn am 14. Dezember hatten sich Kommission, Rat und Parlament im Trilog auf die Inhalte “der Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen mit Blick auf die Nachhaltigkeit” verständigt. Damit gilt eine Verabschiedung im Rat und Parlament gewöhnlich nur noch als Formsache.
Der Rat beschäftigt sich nach Informationen von Table.Media noch im Januar auf Arbeitsebene mit der Richtlinie, die EU-Botschafter werden sich jedoch nicht vor Februar damit befassen. Die Abstimmung im Parlament ist für April geplant. Dort wird mit den gleichen Mehrheiten wie bei der Abstimmung über die Parlamentsposition gerechnet, welche die FDP-Abgeordneten ebenfalls abgelehnt hatten.
Aktuell deutet wenig darauf hin, dass die FDP eine Verabschiedung des Sorgfaltspflichtengesetzes in Brüssel verhindern kann. Da SPD und Grüne das Vorhaben unterstützen, wird sich Deutschland voraussichtlich im Rat enthalten. Die FDP müsste also mindestens eine massive Kampagne starten, wie vor einem Jahr beim Thema E-Fuels, um die Richtlinie noch zu stoppen. Bislang hat sie keinen Anlauf dafür genommen.
Viele andere Mitgliedstaaten haben das Anliegen der Richtlinie ausdrücklich befürwortet. Bei einem ersten Meinungsaustausch vor Weihnachten bewerteten die Experten der meisten Regierungen das Trilog-Ergebnis grundsätzlich positiv, auch wenn viele Details noch offen sind.
Zuvor hatte sich nur die ehemalige polnische PiS-Regierung gegen das Vorhaben gestellt. Ein Ausscheren Frankreichs gilt als unwahrscheinlich, weil sich Frankreich in einem wichtigen Punkt durchgesetzt hat: dem vorläufigen Ausschluss von Finanzdienstleistern aus der Richtlinie. Als Verfechter der Regelung gelten Länder quer durch die EU wie Spanien, Belgien, die Niederlande oder Tschechien.
Der Beschluss der FDP überrascht, denn die Bundesregierung hat nicht zuletzt auf Bestreben der Freien Demokraten bereits einige Änderungen der Richtlinie in Brüssel erreicht, wie eine deutliche Abschwächung der klimapolitischen Vorstellungen des EU-Parlaments.
Zwar sollen Unternehmen künftig Klimapläne erarbeiten und umsetzen, die im Einklang mit dem Pariser Klimaziel stehen. Allerdings sollen Behörden künftig nur überprüfen, ob es diese Pläne gibt und sie theoretisch den inhaltlichen Ansprüchen genügen. Ungeprüft bleibt die praktische Umsetzung. Untätigkeit würde damit nicht bestraft.
Anders als die FDP hatten der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Sommer 2023 noch Sanktionen für Fälle befürwortet, in denen Unternehmen ihre Klimapläne nicht umsetzen.
Als Erfolg konnten die FDP und Gleichgesinnte für sich ebenfalls verbuchen, dass die Sorgfaltspflichten auf europäischer Ebene nicht die gesamte Wertschöpfungskette von Unternehmen erfassen, sondern nur die sogenannte “Aktivitätenkette”. Außen vor bleiben sollen der Verkauf und die Verwendung exportierter Produkte, also die nachgelagerte Wertschöpfungskette. Ob beispielsweise gesundheitsgefährdende Pestizide in Ländern des globalen Südens auf Feldern versprüht werden, liegt damit außerhalb der Verantwortung von europäischen Chemiekonzernen.
Zudem lehnt sich die vorgesehene konkrete Ausgestaltung der Haftungsregelung eng an das deutsche Zivilrecht an, ebenfalls ein Verhandlungserfolg für die FDP. Unter dem Strich habe die Einigung im Trilog in etwa den Positionen der Bundesregierung entsprochen, heißt es in Regierungskreisen.
Warum rückt die FDP dann trotzdem von der Einigung ab? Das dürfte maßgeblich am Druck einiger großer Wirtschaftsverbände liegen. Bereits kurz vor dem Trilog hatten sich Spitzenvertreter von BDI, BDA, der italienischen Confindustra und des Mouvement des Enterprises de France in einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Giorgia Meloni gegen die Einigung ausgesprochen.
Andererseits haben sich eine Menge deutscher und europäischer Unternehmen für das deutsche Gesetz und die strengere EU-Variante ausgesprochen. Dazu zählen Ikea, Epson, Tchibo, Primark oder Vaude. Von 2000 vom Handelsblatt Research Institute im Auftrag von Creditreform befragten Unternehmen lehnten kürzlich nur sieben Prozent verbindliche Lieferkettenvorgaben für menschenrechtliche und Umweltstandards ab. Knapp 44 Prozent der Befragten achteten bereits heute auf Nachhaltigkeit in ihren Lieferketten, weitere 37 Prozent täten dies schon teilweise, nur elf Prozent täten gar nichts.
Eine Umfrage des Hamburger Instituts für Wirtschaftsethik zeigte vergangenen Sommer auch einen Widerspruch zwischen der entschiedenen Ablehnung von Vertretern großer Verbände der europäischen Lieferkettenrichtlinie und Unternehmen selbst. Ein Argument der Unternehmen: Sie seien aufgrund von Kundenanforderungen längst damit konfrontiert, ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommen zu müssen.
Auf Unverständnis stößt der Beschluss der FDP bei der Initiative Lieferkettengesetz, die mehr als 120 Organisationen vertritt. “Beim EU-Lieferkettengesetz geht es nicht um lästige Bürokratie, sondern um grundlegende Menschenrechte und Umweltstandards“, hieß es am Montag. Mit ihrer Kehrtwende kurz vor der Ziellinie setze die FDP die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der EU in Sachen Nachhaltigkeit aufs Spiel.
Bemerkenswert findet Armin Paasch von Misereor, dass die FDP nun eine fehlende Safe-Harbour-Lösung beklage, obwohl Justizminister Marco Buschmann sie “nie im Trilog gefordert” habe. Mit ihrer Blockadehaltung isoliere sich die FDP auch international, heißt es bei der Initiative Lieferkettengesetz. Denn die liberale Fraktion im EU-Parlament habe die Einigung auf einen Kompromiss zum EU-Lieferkettengesetz im Dezember als großen Erfolg gefeiert.
Die liberale Fraktion im EU-Parlament unterstütze weiterhin die Einigung über das Sorgfaltspflichtengesetz, sagte der Schattenberichterstatter von Renew, Adrián Vázquez Lazara. “Dies wurde in mehreren Fraktionssitzungen beschlossen, in denen das Thema intern erörtert wurde, und hat sich in der Plenarabstimmung über den Standpunkt des Parlaments am 1. Juni 2023 gezeigt”, erklärte er. Eine große Mehrheit der Renew-Fraktion habe den Text unterstützt. “Natürlich ist es bei dieser und jeder anderen Richtlinie oder Verordnung möglich, dass einige Parteien innerhalb der Fraktion legitimerweise beschließen, den Text abzulehnen”, fügte Vázquez Lazara hinzu. Mitarbeit: Till Hoppe
Das Signal ist eindeutig: Für seine erste Reise als zuständiger Minister für Energie entschied sich Bruno Le Maire für das Atomkraftwerk Gravelines in Nordfrankreich. Es ist das größte AKW in Europa. Der Minister, der neben Wirtschaft, Finanzen, industrielle und digitale Souveränität nun auch für Energie zuständig ist, war schon immer ein Befürworter der Kernkraft. “Die Verantwortung für Energie zu haben, bedeutet, die Reindustrialisierung des Landes und die Umsetzung des französischen Atomprogramms beschleunigen zu können”, sagte er kürzlich der konservativen Tageszeitung Le Figaro.
Bereits im Juni 2022 hatte Bruno Le Maire gefordert, den Energiesektor seinem Ministerium zuzuordnen. Diese Initiative wurde damals während des Präsidentschaftswahlkampfs von Unternehmen und insbesondere vom Arbeitgeberverband Medef, dem französische Pendant zum BDA, und von France Industrie unterstützt.
Auf europäisches Ebene bedeutet die neue Zuordnung des Energiebereichs, dass Paris die nächste EU-Kommission im Blick hat. “Wir müssen dafür sorgen, dass die Kernenergie im Mittelpunkt des Fahrplans der künftigen Europäischen Kommission steht”, heißt es im Umfeld des neuen Energieministers. Dabei werde Paris versuchen, die Begriffe “erneuerbare Energien” durch “kohlenstofffreie Energien” zu ersetzen, erläutert die französische Quelle. Die Amtszeit der neuen Kommission beginnt voraussichtlich im November.
Frankreich hat das Prinzip bereits umgesetzt, indem es der Kommission Ende November seinen Entwurf für einen integrierten nationalen Energie- und Klimaplan für die Jahre 2021 bis 2030 zusandte. Paris weigert sich darin, den Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch bis 2030 zu beziffern, obwohl die Richtlinie über erneuerbare Energien das EU-Ziel auf 42,5 Prozent erhöht. Frankreich erwähnt lediglich, dass es bis 2030 einen Anteil von 59 Prozent und bis 2035 von 71 Prozent “dekarbonisierter Energie” am Endenergieverbrauch anstrebt.
Außerdem planen Frankreich und Belgien im März einen Atomgipfel mit den Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Dieser Gipfel wird das politische Pendant der Atomallianz sein, die regelmäßig Minister aus 13 Mitgliedstaaten zusammenbringt. Diese Allianz rief im März vergangenen Jahres die ehemalige französische Energieministerin Agnès Pannier-Runacher ins Leben.
Paris betrachtet diese Allianz als einen der größten Erfolge der französischen Ministerin. Sie genießt auch die Unterstützung zahlreicher Europaabgeordneter, darunter der Franzose Christophe Grudler (Renaissance) und von Industriekommissar Thierry Breton. Es ist offensichtlich, dass Paris sich gut vernetzt hat – eine Strategie, die sich auszahlt.
Die französische Regierung scheute dabei nicht den Konflikt mit der Bundesregierung, die der Atomkraft skeptisch gegenübersteht. Paris konnte dabei in jüngster Zeit mehrere Siege vorweisen:
Auf der COP 28 konnte die Ministerin auch einen diplomatischen Sieg erringen: Im COP-Beschluss wird erstmals die Nutzung von Atomkraft als Hilfe beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen genannt.
Zu den Prioritäten von Bruno Le Maire in Energiefragen gehören die Verringerung des Anteils fossiler Energieträger im französischen Energiemix, die “Stärkung der Energieautonomie des Landes” und die Senkung des Energieverbrauchs. Der Minister erinnert daran, dass fossile Energieträger immer noch 60 Prozent des französischen Energiemixes ausmachten. Das bedeutet, dass Bruno Le Maires Superministerium die Entwicklung erneuerbarer Energien (Solarmodule und Offshore-Windkraft), die Fortsetzung des Baus der sechs neuen EPR-Reaktoren und die Senkung des Energieverbrauchs um 40 bis 50 Prozent bis 2050 im Vergleich zum Stand von 2021 vorsieht.
Der Gesetzentwurf über die Energiesouveränität soll als Hebel wirken, um diese Ziele zu erreichen. Der Text, den die Regierung am 8. Januar zur Konsultation gestellt hat, hat Le Maires Vorgängerin Pannier-Runacher vorbereitet. Er enthält detaillierte Angaben zu den programmatischen Zielen in den Bereichen Energie und Klima, zu Verbraucherschutzmaßnahmen sowie zur Reform des Strommarktes und zum Thema Wasserkraftkonzessionen. Der Zeitplan für die parlamentarische Prüfung steht derzeit noch nicht fest, “aber Bruno Le Maire wird sich in den nächsten Tagen zu diesem Thema äußern”, heißt es aus dem Ministerium.
17.01.2024 – 10:00-11:30 Uhr, online
EUI, Panel Discussion Towards CCUS Strategy: what regulatory framework to choose
The European University Institute’s (EUI) policy debate will focus on the future regulatory framework for carbon capture and storage infrastructure, discuss what should be in the Commission’s CCUS Strategy, and provide an outlook on legislation expected at the start of the next Commission.
INFO & REGISTRATION
17.01.2024 – 14:30-17:30 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Die Dekarbonisierung des Immobiliensektors und das Zusammenspiel der Akteure – Wie gelingt die Organisation?
Beim Forum für Zukunftsenergien (FZE) referieren Vertreter aus der Energie- und Immobilienbranche zur Dekarbonisierung des Immobiliensektors, gefolgt von einer Podiumsdiskussion mit Bundestagsabgeordneten. INFOS
17.01.2024 – 18:30-20:00 Uhr, online
FES, Vortrag Feministische Entwicklungspolitik: Einführung und Reflexion
Zum Auftakt einer neuen Veranstaltungsreihe der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) werden zwei Referierende einen Überblick zur feministischen Entwicklungspolitik geben, Hintergründe erklären sowie aktuelle Entwicklungen reflektieren. INFOS & ANMELDUNG
17.01.2024 – 19:00-20:30 Uhr, Berlin
HBS, Podiumsdiskussion Unsere Grüne Woche: Agrarökologie als Schlüssel aus der Krise
Die Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) zieht eine Zwischenbilanz zur agrarökologischen Politik der Ampelregierung. Nach der Vorstellung eines Bilanzpapiers folgt eine Podiumsdiskussion mit Gästen aus Nichtregierungsorganisationen und politischen Institutionen. INFOS & ANMELDUNG
18.01.2024 – 10:30-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar EMAS und die neue Nachhaltigkeitsberichtspflicht
Angesichts der neuen Nachhaltigkeitsberichtspflicht bietet die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und widmet sich der Frage, ob der neue europäische Standard EMAS ablösen wird. INFOS & ANMELDUNG
18.01.2024 – 18:15-19:45 Uhr, Berlin
KAS, Podiumsdiskussion Europas Transformation zur Klimaneutralität – Wie umgehen mit Degrowth und grünem Bruttoinlandsprodukt?
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) möchte mit Gästen aus der Wissenschaft und Politik Konzepten rund um Degrowth und ein grünes Bruttoinlandsprodukt auf den Grund gehen. INFOS & ANMELDUNG
18.01.2024 – 18:30-21:00 Uhr, Düsseldorf
FES, Vortrag Die distanzierte Mitte: Vorstellung Mitte-Studie
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) veröffentlicht die Ergebnisse der aktuellen Mitte-Studie und diskutiert mit einer Autorin der Studie sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft die Ergebnisse. INFOS & ANMELDUNG
Die belgische Ratspräsidentschaft hat mögliche Kompromisse für die Luftreinhaltungsrichtlinie erarbeitet. Die erste Runde der politischen Verhandlungen zwischen Rat und Europaparlament soll am 23. Januar stattfinden. Die EU-Botschafter sind aufgefordert, ihre Position zu dem Kompromiss vorzulegen, der Table.Media als 4-Spalten-Dokument vorliegt.
In der Sache schlägt die belgische Ratspräsidentschaft vor, in einigen Punkten auf das Europaparlament zuzugehen. Das Parlament will die verpflichtende Überwachung von Ruß (BC), Quecksilber (Hg) und Ammoniak (NH3) vorsehen. Außerdem soll die Zahl der Überwachungsstationen (für alle Schadstoffe) auf eine pro eine Million Einwohner (statt eine pro fünf Millionen) erhöht werden. Als Kompromiss schlägt die Präsidentschaft vor, nur Ruß (BC) in die obligatorische Überwachung einzubeziehen, da es sich um einen wichtigen gesundheitsrelevanten Schadstoff handele.
Das Parlament will zudem, dass Schwefeldioxid (SO2), Kohlenmonoxid (CO) und die Ablagerung von Benzol als Schadstoffe an übergeordneten Standorten verpflichtend überwacht werden. Für alle Schadstoffe fordert das Parlament feste Messwerte. Der Rat dagegen sieht lediglich die Empfehlung zur Überwachung einiger Schadstoffe vor. Als Kompromiss schlägt der Vorsitz vor, in das überarbeitete Mandat des Rates feste oder indikative Messwerte für CO, SO2 und Benzol an übergeordneten Standorten in städtischen und ländlichen Gebieten aufzunehmen.
Darüber hinaus schlägt das Parlament eine Verschärfung der Alarmschwellen für SO2 und Stickstoffdioxid (NO2) vor und führt Informationsschwellen für SO2, NO2 sowie Feinstaub (PM10 und PM2,5) ein. Die vom Parlament vorgeschlagenen Werte würden jedoch dazu führen, dass eine übermäßige Anzahl von Informations- oder Warnmeldungen veröffentlicht werden müsste, warnt die belgische Ratspräsidentschaft. Als Kompromiss schlägt die Präsidentschaft nun eine gewisse Verschärfung der Alarmschwellen und höhere Informationsschwellen vor.
Das Parlament hat darauf hingewiesen, dass die Ausnahmeregelung für die Aufstellung kurzfristiger Aktionspläne für Feinstaub (PM2,5 und PM10) nicht akzeptabel sei. Als Kompromiss schlägt der Vorsitz daher vor, eine gewisse Flexibilität einzuführen, indem der Schwerpunkt auf die Verringerung der Dauer und des Ausmaßes einer Überschreitung und der Exposition der Bevölkerung gelegt wird. mgr
Um die Voraussetzungen für den Hochlauf von Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO₂ (CCS) zu schaffen, müssten sich EU und Mitgliedstaaten schon jetzt für den Hochlauf einer Pipeline- und Speicherinfrastruktur einsetzen, sodass ein CO₂-Binnenmarkt entstehen kann. Das ist das Ergebnis einer Studie des Thinktanks Centrum für Europäische Politik (CEP), die Table.Media vorab einsehen konnte. Studienautor André Wolf fordert in diesem Zusammenhang eine “regulatorische Harmonisierung” für CO₂-Transport und -Speicherung in den Mitgliedstaaten.
Die EU-Kommission wird Anfang Februar ihre CO₂-Management-Strategie vorstellen, die sowohl die Rolle von CCS zum Erreichen der EU-Klimaziele als auch den Plan für dessen Hochlauf beinhalten wird. Im Net Zero Industry Act plant die EU, bis 2030 mindestens 50 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr zu speichern, beispielsweise in unterirdischen geologischen Reservoirs.
Um das zu erreichen, fordert das CEP:
Sogenannte Klimaschutzverträge, auch CO₂-Differenzverträge oder Carbon Contracts for Difference (CCfDs) genannt, seien “der Schlüssel, um die rechtzeitige Markteinführung junger, aber vielversprechender Technologien wie Direct Air Capture zu initiieren”, heißt es in der CEP-Studie. So könne Europa von kostensenkenden Lerneffekten profitieren. Dies verbessere die Nachfrageerwartungen für Transport und Speicherung und fördere die Bildung eines dynamischen und fairen Binnenmarktes für abgeschiedenes CO₂, schreiben die Autoren. luk
Die neue Regierung in Warschau hat beim Treffen der EU-Umweltminister am Montag Bereitschaft zu einer ehrgeizigeren Energie- und Klimapolitik bekundet. Die Regierung plane nun ein Datum für den Ausstieg aus der Kohleverstromung, sagte die stellvertretende Klimaministerin Urszula Zielińska am Morgen vor Journalisten.
“Nur mit einem Enddatum können wir planen, und nur mit einem Enddatum kann die Industrie planen, können die Menschen planen. Deshalb werden wir auf jeden Fall versuchen, ein Enddatum festzulegen”, sagte sie in Brüssel. Die vorherige PiS-Regierung hatte mit den Gewerkschaften einen Pakt geschlossen, der den Abbau von Kohle bis 2049 vorsieht.
Ein Bekenntnis zum EU-Klimaziel 2040 nahm Zielińska aber im Lauf des Tages wieder zurück. Die Regierung sei bereit, eine Emissionsminderung in der EU von 90 Prozent bis 2040 zu akzeptieren, hatte sie am Morgen zunächst gesagt. Dabei werde sie sich dafür einsetzen, dass die Auswirkungen auf die Gesellschaft berücksichtigt würden.
Am Abend schränkte die Vizeministerin dies auf der Plattform X wieder deutlich ein. Während eines Treffens mit Klimakommissar Wopke Hoekstra habe sie betont, “dass Polen eine ehrgeizige Klimapolitik will, die ohne Schäden für Bürger und Wirtschaft umgesetzt werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir bereits zu einem so frühen Zeitpunkt eine klare Aussage zum Emissionsminderungsziel für 2040 treffen können”. ber/rtr
Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Lockerung der Regeln für neue Gentechniken steht beim monatlichen Treffen der EU-Agrarminister am kommenden Montag nicht auf der Agenda. Nachdem die Minister das Thema bereits im Dezember diskutiert, aber keine Einigung gefunden hatten, gab die belgische Ratspräsidentschaft den Vorschlag vorerst zurück auf die Arbeitsebene, wie ein Sprecher bestätigte. Die Vorbereitungszeit sei zu knapp gewesen, um das Thema bereits in diesem Monat auf die Agenda der Minister zu setzen.
Neben der deutschen Bundesregierung hatte im Dezember unter anderem Polen gegen den Kompromissvorschlag gestimmt. Dort hat es in der Zwischenzeit einen Regierungswechsel gegeben. Das Land gilt deshalb als möglicher Kandidat, der sein Votum ändert. Die neue Regierung unter Donald Tusk hat sich zum Thema bisher jedoch bedeckt gehalten.
Auf der Seite des Europäischen Parlaments könnte es diese Woche jedoch Bewegung geben: Internen Quellen zufolge streben die zuständigen Berichterstatter der Fraktionen bei Gesprächen am heutigen Dienstag einen Kompromiss an. Sollte dies gelingen, könnte der Umweltausschuss bei seiner nächsten Sitzung am 24. Januar hierüber abstimmen, das Plenum dann im Februar.
Trotzdem wird das Zeitfenster für eine finale Einigung vor der Europawahl im Juni immer enger. Denn nachdem Mitgliedstaaten und Parlament jeweils ihre Position ausgehandelt haben, müssen sie im sogenannten Trilog noch untereinander eine Einigung finden. All das müsste vor der letzten Plenarsitzung der Legislaturperiode Ende April geschehen, damit die Einigung noch vom Parlament verabschiedet werden könnte.
Kritik am Vorschlag der EU-Kommission kam zuletzt von mehreren deutschen Unternehmen, darunter die Drogeriemarktkette dm, der Biokonzern Alnatura und das Tiefkühlunternehmen Frosta. In einem offenen Brief vom vergangenen Dienstag an den Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), äußern die Unternehmen “große Sorge” über den Gesetzentwurf. Dabei fordern die Unterzeichner insbesondere, es müsse der Lebensmittelbranche weiterhin möglich sein, garantiert gentechnikfreie Lebensmittel anzubieten. Hierzu müssten Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung aller gentechnisch bearbeiteten Produkte sichergestellt werden.
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht eine Lockerung der Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Pflanzen vor, die in dieser Form auch durch konventionelle Züchtungsmethoden hätten entstehen können. jd
Der Deutsche Landkreistag fordert eine Anpassung der Vorgaben zum Kindergeld. Bei im EU-Ausland wohnenden Kindern soll sich die Höhe der Leistung an den Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land richten, schreibt der Verband in seinem Positionspapier zur Europawahl. In den meisten Mitgliedstaaten liegen diese unter dem deutschen Niveau, sodass der Vorschlag auf eine Kürzung hinauslaufen würde.
Derzeit erhalten alle Eltern pro Kind 250 Euro, auch wenn es nicht in Deutschland lebt. Wegen des anhaltenden Wohlstandsgefälles innerhalb der EU und in Drittstaaten führe das zu “Armutszuwanderung“, findet der Verband, der vermehrten Betrug in diesem Bereich beklagt.
Der Deutsche Landkreistag plädiert für eine europaweit einheitliche Lösung. Er spricht sich dafür aus, die EU-Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu ändern. Diese sieht vor, dass Personen auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Leistungen haben.
Darüber hinaus fordert der Verband eine Grundlage dafür, “wirtschaftlich nicht aktiven” Unionsbürgern den Anspruch auf Kindergeld in den ersten drei Monaten zu verwehren. Zudem müsse der Arbeitnehmer- und Selbstständigenbegriff auf europarechtlicher Ebene so definiert werden, dass nicht bereits ein geringes Einkommen den Bezug von Sozialleistungen ermöglicht.
Weitere Forderungen des Landkreistages sind unter anderen:
Die UN-Klimakonferenz im Dezember hat wie nie zuvor verdeutlicht, dass die Welt noch immer weit von einem 1,5-Grad-Pfad entfernt ist: Bis 2030 müssen die globalen Treibhausgasemissionen um 43 Prozent sinken, um diesen noch erreichen zu können. Auch Deutschland und die EU leisten dazu noch keinen ausreichenden Beitrag. Bis Ende Juni müssen die EU-Mitgliedstaaten mit ihren endgültigen Nationalen Energie- und Klimaplänen (NECP) zeigen, wie sie die EU auf Kurs bringen wollen. Deutschland macht dabei bisher alles andere als eine gute Figur.
Die EU-Kommission hat den mit erheblicher Verspätung am 6. November eingereichten Entwurf des deutschen NECPs nun bewertet – Germanwatch und andere Umweltorganisationen auch. Fazit: Deutschland hinkt trotz wichtiger Fortschritte bei mehreren EU-Klimazielen und verbindlichen Anforderungen hinterher.
Dies gefährdet nicht nur die gemeinsame Verwirklichung der europäischen Klimaziele für 2030, sondern birgt auch finanzielle, politische und rechtliche Risiken für Deutschland. In einem offenen Brief an die Bundesregierung werden die Umweltorganisationen in dieser Woche fordern, dass die verbleibende Zeit bis Juni ernsthaft zur Nachbesserung genutzt wird.
Zurzeit erzielt Deutschland zwar große Erfolge beim Ausbau der erneuerbaren Energien, verfehlt aber nach der aktuellen Projektion die verbindlichen Ziele der EU-Klimaschutz-Verordnung (“Effort-Sharing”) für 2030 um mehr als 15 Prozentpunkte. Der Grund: fehlende Maßnahmen gegen Verkehrs- und Gebäudeemissionen.
Schon die aktuelle Zielverfehlung in diesen Bereichen – laut Agora Energiewende gab es auch 2023 kaum Verbesserungen – sind rechtswidrig und teuer: Bei zu hohen Emissionen wird die Bundesregierung Zertifikate für mehrere Milliarden Euro von anderen Mitgliedstaaten einkaufen müssen, statt das öffentliche Geld für notwendige Investitionen in Deutschland zu nutzen.
Drei Großbaustellen, die die Bundesregierung nun angehen muss:
Manche Klimaschutzmaßnahmen in den Bereichen Wärme und Mobilität wirken sich unmittelbar auf das tägliche Leben der Menschen aus, weil der absehbar steigende CO₂-Preis manche einkommensschwache Haushalte unverhältnismäßig stark belasten kann. Daher sind zusätzlich entlastende Maßnahmen des sozialen Ausgleichs nötig.
Die EU-Governance-Verordnung fordert in Artikel 3 die Mitgliedstaaten dazu auf, in ihren NECP die Zahl der von Energiearmut betroffenen Haushalte abzuschätzen. Betrifft dies eine “erhebliche” Anzahl von Haushalten, ist der Mitgliedstaat dazu verpflichtet, ein nationales Richtziel der Verringerung der Energiearmut in seinen Plan aufzunehmen und entsprechende Maßnahmen aufzulisten. In Deutschland gibt es derzeit jedoch keine einheitliche Definition von Energiearmut und keine regelmäßige Erhebung, weshalb der deutsche NECP auch keine Daten oder Zielvorgaben zur Verringerung der Energiearmut enthält.
Der Anteil der von Energiekosten überlasteten Haushalte, also die mehr als zehn Prozent ihres Einkommens für Strom und Wärme ausgeben, ist laut des Sachverständigenrats für Verbraucherfrage zwischen März 2022 und Juni 2023 von 26 Prozent auf 43 Prozent angestiegen. Nach einer konservativeren Schätzung zur Energiekostenüberlastung ist der Anteil von 17 auf 25 Prozent gestiegen. Es ist also nicht hinnehmbar, dass der deutsche NECP im Bereich Energiearmut so vage bleibt.
Auch aus langfristiger Perspektive ist es wichtig, dass Deutschland eine umfassende Strategie entwickelt, die die Energiearmut als mehrdimensionales Phänomen anerkennt und bekämpft. Als Grundlage dafür könnten die von der Europäischen Kommission im vergangenen Oktober veröffentlichten Empfehlungen zu Energiearmut dienen.
Die Mitgliedstaaten sind bei der Ausarbeitung des NECP laut der EU-Governance-Verordnung (Artikel 10) verpflichtet, öffentliche Konsultationen zu führen und einen “ständigen energiepolitischen Dialog” einzurichten. Dies soll Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Investoren an der Energie- und Klimapolitik beteiligen. Stattdessen plant das BMWK nur eine Online-Konsultation ab Februar.
Eine “wirksame und frühzeitige” Beteiligung im Sinne der Governance-Verordnung sieht anders aus. Die Nichteinbeziehung der Zivilgesellschaft in die NECP-Ausarbeitung und damit die mögliche Behinderung einer darauf aufbauenden Debatte zur Weiterentwicklung der Klimazielerreichung macht die Bundesregierung rechtlich angreifbar. Und sie ist kein Vorbild für diejenigen EU-Staaten, in denen die Zivilgesellschaft an klimapolitischen Entscheidungen grundsätzlich kaum beteiligt wird. Die Bundesregierung sollte die Zeit bis Ende Juni gut nutzen, um mit einer umfassenden und transparenten Konsultation ein besseres Beispiel abzugeben.