am Sonntag kommt die Bundesregierung zur Klausurtagung in Schloss Meseberg zusammen, zu Gast wird eine alte Bekannte sein: Ursula von der Leyen. Olaf Scholz hatte die Kommissionspräsidentin schon im Januar eingeladen, um über die Bewältigung der Energiekrise und die Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sprechen.
Der Streit über das Verbrenner-Aus, von der FDP kurz vor der finalen Abstimmung angezettelt, dürfte den Auftritt von der Leyens in Meseberg nun aber überschatten. Markus Grabitz zeigt in seiner Analyse auf, wie der Konflikt gelöst werden könnte.
Anschließend reist von der Leyen nach Nordamerika weiter, zunächst nach Ottawa, anschließend nach Washington. Dort trifft sie am Freitag US-Präsident Joe Biden. Die Themen ähneln jenen in Meseberg, wie die Kommission am Abend mitteilte: “Zusammenarbeit zwischen EU und USA bei Innovationen und sicheren Lieferketten für saubere Technologien”. Von der Leyen reist damit Olaf Scholz hinterher – der Kanzler trifft bereits heute für Gespräche in den USA ein.
“Draußen sonniges Wetter, drinnen trübe Stimmung”, twitterte Ismail Ertug (S&D) nach dem Trilog zur Alternativ Fuel Infrastructure Regulation (AFIR). Der Parlamentsberichterstatter wirft der schwedischen Ratspräsidentschaft vor, die Verhandlungen zu verzögern und sich bei den Mitgliedstaaten nicht durchzusetzen. Ein wesentlicher Knackpunkt ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge – er ist zentral für die gesamte Regulierung. Lukas Scheid fasst den Stand der Debatte zusammen.
In ihrer Kolumne blickt Claire Stam in dieser Woche auf die ostfranzösische Stadt Belfort, Heimat des Europaabgeordneten Christophe Grudler (Renew). Was Belfort mit der französischen Politik, mit der Kernenergie und dem anstehenden Trilog über die Richtlinie für erneuerbare Energien zu tun hat, lesen Sie am Schluss unseres Briefings.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Start ins Wochenende.
Der FDP-geführte Teil der Bundesregierung erwartet einen Vorschlag der Kommission im Streit um E-Fuels. Der Vorschlag aus Brüssel für einen Kompromiss solle die Verwendung von CO₂-neutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen über das Jahr 2035 hinaus in Neufahrzeugen vorsehen. Sollte der Vorschlag ausbleiben, werde sich Deutschland in der für den Dienstag vorgesehen finalen Abstimmung im Rat zur CO₂-Flottengesetzgebung einschließlich Verbrenner-Aus bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Jahr 2035 enthalten, heißt es im Umfeld von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Da Italien und mindestens zwei weitere Mitgliedstaaten sich auch enthalten würden, würde der zuvor im Trilogverfahren erzielte informelle Kompromiss von Rat und EU-Parlament dann scheitern. Diese Drohkulisse hat die FDP seit einigen Tagen aufgebaut. Nach Informationen von Table.Media hat Wissing der Kommission vorgeschlagen, den Gesetzestext so abzuändern, dass auch nach 2035 noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden dürfen, wenn sie nachweislich nur mit E-Fuels betankt werden. Ein spezieller Tankeinfüllstutzen an Neufahrzeugen könne gewährleisten, dass diese Bedingung erfüllt wird.
Ursprünglich sollte am heutigen Freitag auf Botschafterebene über das Trilogergebnis abgestimmt werden. Die Bundesregierung hat allerdings um eine Verschiebung der Abstimmung gebeten.
Bei SPD und Grünen in der Ampelkoalition gibt es wenig Verständnis für das späte Bremsmanöver der FDP. Die Liberalen hätten ihre Forderungen bislang nicht konkretisiert, heißt es in einem der beteiligten Häuser. Zudem scheine es auf der politischen Ebene in den FDP-Ministerien wenig Verständnis für europäische Gesetzgebungsprozesse zu geben. Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge mahnte die FDP, ihre Blockadehaltung aufzugeben. “Ich gehe davon aus, dass der Fall nicht eintreten und Deutschland einem Ausstieg aus dem Verbrenner zustimmen wird“, sagte sie im Interview mit Table.Media. “Das ist auch eine Frage der Verlässlichkeit gegenüber den europäischen Partnern.”
Der für den Green Deal zuständige Vize der Kommission, Frans Timmermans, hat wiederholt deutlich gemacht, dass er die Verwendung von E-Fuels bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ablehnt. Die Kommission dürfte jetzt einerseits auch kein großes Interesse haben, einen Kompromissvorschlag zu machen. Sie vertritt die Meinung, dass sich die deutsche Regierung vielmehr intern auf eine Linie einigen müsse. Auch im Hinblick auf die anderen Mitgliedstaaten will die Kommission den Eindruck vermeiden, sich auf Verhandlungen mit einem Regierungspartner eines Mitgliedstaates einzulassen.
Andererseits dürfte der Kommission sehr daran gelegen sein, dass das Verbrenner-Aus und die CO₂-Flottengrenzwerte nicht noch an der letzten Hürde scheitern. Sollte durch den Widerstand der FDP das Trilogergebnis abgelehnt werden, müsste gesetzgeberisch ein neuer Anlauf genommen werden. Es wäre wahrscheinlich, dass dann bis zum Ende des Mandats im Mai 2024 keine Einigung zustande käme.
Beobachter sehen drei mögliche Wege für einen Kompromiss, den die Kommission in den nächsten Tagen vorlegen könnte. Zum einen könnte es ein “Crediting System” geben: Dabei würden Hersteller Mengen an E-Fuels am Markt kaufen und in den Treibstoffmarkt der EU einspeisen. Im Gegenzug für die eingesparten Mengen CO₂ bekämen sie dann Gutschriften, die auf ihre CO₂-Flottengrenzwerte angerechnet werden.
Zweitens könnte ein “Carbon Correction Factor” eingeführt werden. Dabei würde umgerechnet, welche CO₂-Einsparung durch die verkauften Mengen an E-Fuels erzielt werden. Sie würden den Herstellern je nach Marktanteilen für deren CO₂-Flottengrenzwerte gutgeschrieben. Beide Möglichkeiten wurden in der Vergangenheit bereits von der DG Clima geprüft, sind aber verworfen worden.
Drittens könnte im Zuge der Schadstoffregulierung Euro 7 eine Regelung für E-Fuels eingezogen werden: Demnach könnte Euro 7 in der Zukunft angepasst werden, wenn die Hersteller Fahrzeuge entwickeln, die ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können. Eine ähnliche Regelung stand bereits in einem Entwurf für die Euro-7-Regulierung, wurde aber ebenfalls zwischenzeitlich wieder verworfen. Mit Stefan Braun
“Draußen sonniges Wetter, drinnen trübe Stimmung”, twitterte Ismail Ertug (S&D) am Dienstag nach dem Trilog zur Alternativ Fuel Infrastructure Regulation (AFIR). Der Gesetzesvorschlag ist einer der wenigen noch offenen Dossiers des Fit-for-55-Pakets und soll dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für einen emissionsarmen Verkehr europaweit geschaffen werden. Doch die Verhandlungen verlaufen zäh. Parlamentsberichterstatter Ertug beschuldigt die schwedische Ratspräsidentschaft, den Prozess zu verzögern und sich bei den Mitgliedstaaten nicht durchzusetzen.
Es war bereits die dritte Trilogrunde am Dienstag. Angesetzt ist noch eine weitere am 27. März. Danach wollte man eigentlich fertig sein und in die finalen Abstimmungen in Parlament und Ministerrat gehen. Realistisch scheint dieser Zeitplan derzeit nicht. Zu groß sind die Differenzen in einigen Punkten noch.
Ertug ist bereit, in die Verlängerung zu gehen und noch weitere Trilogrunden dranzuhängen, wenn es sein muss. Er fordert vor allem mehr Entgegenkommen der Ratspräsidentschaft. Notfalls würde er auch auf die spanische Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte warten, um eine Einigung zu erzielen.
Das sind die Knackpunkte:
Das Mandat des Parlaments sieht deutlich höhere Mindestanforderungen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge vor. Dieser Teil gilt als Kernelement der gesamten Regulierung und sei bislang nur oberflächlich behandelt worden, sagt Jens Gieseke, EVP-Schattenberichterstatter. Das EP-Mandat sieht vor, dass die Zubauverpflichtung pro neu zugelassenem E-Auto progressiv ansteigt je nach Größe der bestehenden E-Auto-Flotte in einem Mitgliedstaat.
Das Parlament fordert:
Der Rat will 1 kW pro neu zugelassenem E-Auto, ohne Berücksichtigung der Flottengrößen. Außerdem will das Parlament, dass bis 2027 alle 100 Kilometer eine Wasserstofftankstelle entsteht. Der Rat setzt 2030 als Zieldatum an und will, dass bis zu 200 Kilometer zwischen den Tankstellen liegen dürfen. Sowohl bei der Ladeinfrastruktur als auch beim Wasserstoff sind die Verhandler noch weit von einem Kompromiss entfernt.
Als Parlament sei man dem Rat bereits ein gutes Stück entgegengekommen, beteuert Gieseke. Im Rat sei dagegen keinerlei Flexibilität vorhanden, stattdessen verweise dieser strikt auf sein Mandat. “Nun muss die Ratspräsidentschaft zeigen, dass auch sie das Thema Infrastrukturausbau ernst nimmt und zu ernsthaften Verhandlungen bereit ist.” Dafür brauche sie jedoch auch mehr Spielraum von den Mitgliedstaaten.
Laut der Schattenberichterstatterin der Grünen, Anna Deparnay-Grunenberg, zeigt sich die Zurückhaltung des Rates auch bei der Frage, ob Preisangaben an der E-Ladesäule vereinheitlicht werden. Um Verwirrung für Verbraucher zu verhindern, will das Parlament einheitliche Zahlungsweisen und Preisangaben pro Kilowattstunde an allen europäischen Ladepunkten beim sogenannten Fast-charging ab 50 kWh. Die EU-Kommission unterstütze die Parlamentsforderung, sagt Deparnay-Grunenberg. Der Rat trete auf die Bremse und müsse sich noch mit den Mitgliedstaaten abstimmen.
Die AFIR betrifft jedoch nicht nur den Straßenverkehr. Ziel ist auch, dass Schiffe und Flugzeuge mit Strom versorgt werden, wenn sie im Hafen beziehungsweise am Boden sind. Bislang beziehen sie ihre Energie häufig durch fossile Kraftstoffe.
Gelten sollen die Verpflichtungen zum Aufbau einer Stromversorgung von 90 Prozent des Energiebedarfs in Seehäfen allerdings nur, wenn mindestens 50 Schiffe von mehr als 5000 GT in den Hafen einlaufen – so will es das Parlament. Der Rat will das Minimum auf 100 anheben. Ismail Ertug sagt, das Parlament sei kompromissbereit, fordere aber eine verpflichtende Überprüfung der Kommission, welche Auswirkungen eine Einbeziehung von Schiffen ab 400 GT hätte. Eine Einigung darüber steht aus.
06.03.2023-15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Gedankenaustausch mit Hans Bruyninckx (Exekutivdirektor der Europäischen Umweltagentur), Meinungsaustausch mit der Kommission über das jüngste Urteil zu Ausnahmen von den ausdrücklichen Verboten des Inverkehrbringens und der Verwendung von Saatgut, das mit Neonicotinoide enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde. Vorläufige Tagesordnung
06.03.2023-17:00-18:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Haushalt (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Umsetzung von Invest EU: Gedankenaustausch mit Johannes Hahn (Kommissar für Haushalt und Verwaltung) und Paolo Gentiloni (Kommissar für Wirtschaft), sowie Teresa Czerwińska (Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank). Vorläufige Tagesordnung
07.03.-08.03.2023
Informelle Ministertagung Verteidigung
Themen: Aussprache zur militärischen Unterstützung der EU für die Ukraine, Aussprache zu aktuellen Sicherheits- und Verteidigungsthemen. Infos
07.03.2023-10:00 Uhr
Rat der EU: Bildung, Jugend, Kultur und Sport
Themen: Annahme der Schlussfolgerungen zu Fähigkeiten und Kompetenzen für die grüne Transformation, Aussprache zu qualitativ hochwertigen Lehrkräften (der Grundstein für einen erfolgreichen europäischen Bildungsraum: Lehrkräftemangel und die Herausforderung, qualifizierte und gut ausgebildete Lehrer und Ausbilder zu gewinnen, weiterzubilden und zu halten). Vorläufige Tagesordnung
08.03.-09.03.2023
Informelle Ministertagung Entwicklung
Themen: Aussprache über internationale Entwicklungshilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Infos
08.03.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Sicherheits- und Verteidigungspaket (inklusive einer Strategie zur maritimen Sicherheit und einer Mitteilung zur Sicherheits- und Verteidigungsdimension im Bereich Raumfahrt), Bilanz zur einjährigen Anwendung der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz für geflohene Menschen aus der Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
09.03.-10.03.2023
Rat der EU: Justiz und Inneres
Themen: Aussprache zur allgemeinen Lage des Schengen-Raums, Gedankenaustausch zur Aggression Russlands gegen die Ukraine, Sachstand zum Vorgehen der Justiz und die Bekämpfung der Straflosigkeit von Verbrechen, die im Zusammenhang mit Russlands Aggression gegen die Ukraine begangen wurden. Vorläufige Tagesordnung
09.03.-10.03.2023
Informelle Ministertagung Handel
Themen: Aussprache zur gemeinsamen Handelspolitik der EU, Aussprache zu aktuellen Fragen der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA, Aussprache zur Unterstützung der Ukraine im Bereich des Handels. Infos
09.03.2023 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu den Leitlinien für den Haushalt 2024, Berichtsentwurf zur EU-Schnelleingreifkapazität, Entwurf einer Stellungnahme zum Sachstand und künftige Herausforderungen in Bezug auf kritische Technologien für Sicherheit und Verteidigung. Vorläufige Tagesordnung
Kein Mitgliedstaat soll seine Wertschöpfungsketten strenger reglementieren, als es die EU-Richtlinie vorgibt. Dafür sprach sich gestern der Binnenmarktausschuss (IMCO) in seiner Stellungnahme zum Due-Diligence-Gesetz aus. Diese wurde mit den Stimmen der EVP, ECR und Renew angenommen.
Konkret wollen die Abgeordneten hinter Berichterstatterin Deirdre Clune (EVP) nicht, dass die Richtlinie lediglich Mindeststandards setzt, wie es üblicherweise der Fall ist. Sie fordern maximale Standards (Maximalharmonisierung). Das würde bedeuten, dass kein Mitgliedstaat über das EU-Gesetz hinausgehen darf und strengere nationale Gesetze (wie es etwa von den Niederlanden geplant) nichtig werden.
Diese Vorgehensweise soll eine Fragmentierung des Binnenmarktes verhindern, lautet das Argument. Allerdings melden bereits Abgeordnete, darunter René Ripasi (SPD) juristische Zweifel an. Dies unter anderem deswegen, da jene EU-Gesetze, die das Prinzip der Maximalharmonisierung anwenden, sich auf Artikel 114 TFEU berufen. Der IMCO-Vorschlag beruht allerdings auf Artikel 50 TFEU.
Eigentlich sollte der federführende JURI-Ausschuss im März über seine Position zum Gesetzesvorschlag abstimmen, die Abstimmung wurde inzwischen jedoch auf April verschoben. Das finale Votum soll beim Miniplenum in Brüssel am 31. Mai/1. Juni stattfinden.
Mit Spannung wird vor allem erwartet, wie sich Renew bei diesem Votum positionieren wird. Bei den bisherigen Stellungnahmen haben sich die Liberalen größtenteils auf die Seite der Sozialdemokraten gestellt. Bei der gestrigen IMCO-Abstimmung haben sie sich allerdings EVP und ECR angeschlossen, was auch zeigt, wie zerstritten die Liberalen untereinander sind, wenn es um die Due-Diligence-Gesetzgebung geht. Knackpunkte könnten die Einbeziehung der Finanzbranche sowie der Reichweite der Regulierung sein. cw
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mehrere Klagen gegen Anti-Dumping-Zölle auf chinesisch subventionierte Glasfaser-Produkte aus Ägypten zurückgewiesen. Der EuGH hielt mit der Entscheidung von Mittwoch an den Ausgleichszöllen fest. Die Produkte aus Endlosglasfasern werden von China subventioniert, aber von ägyptischen Firmen in die EU eingeführt. Erstmals wurden damit einem Produkt aus einem anderen Drittland chinesische Subventionen zugerechnet, um sie mit Anti-Dumping-Zöllen zu belegen.
Betroffen von den Ausgleichszöllen sind zwei Firmen, Hengshi und Jushi. Beide sind in der chinesisch-ägyptischen Suez-Zone für wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit niedergelassen. Dadurch sind sie nach ägyptischem Recht gegründet, können aber von China subventioniert werden.
Die EU-Kommission hatte 2019 Ausgleichszölle für Glasfaser-Erzeugnisse aus Ägypten beschlossen. Hengshi und Jushi waren der Ansicht, dadurch geschädigt worden zu sein und hatten gegen Zölle geklagt. ari
Die Kommission hat am Donnerstag die Methodik und Verfahren veröffentlicht, wie sie die Aufsichtsgebühren im Rahmen des Digital Service Acts (DSA) berechnen und erheben will. Dazu hat sie eine delegierte Verordnung vorgelegt. Im Vorfeld hatte die Kommission zwischen dem 22. Dezember 2022 und dem 19. Januar 2023 eine öffentliche Konsultation abgehalten. Wenn das Europäische Parlament und der Rat der EU innerhalb von drei Monaten keine Einwände erheben, tritt die delegierte Verordnung in Kraft.
Das EU-Gesetz zu digitalen Diensten (DSA) sieht vor, dass die sehr großen Online-Plattformen (Very Large Online Platforms, VLOPs) und die sehr großen Online-Suchmaschinen (Very Large Online Search Engines, VLOSEs) von der Kommission direkt beaufsichtigt werden. Die Kosten dafür müssen die beaufsichtigten Unternehmen und Organisationen selbst tragen. Die Gebühr wird voraussichtlich im Herbst 2023 zum ersten Mal erhoben.
Der Vorschlag der Kommission enthält weitere Einzelheiten zur Berechnung der geschätzten Gesamtkosten und zur Festlegung der einzelnen Gebühren und legt das Verfahren für die Gesamtobergrenze der Gebühren fest. Welche Unternehmen und Organisationen unter den DSA fallen, steht noch nicht fest.
Bis zum 17. Februar mussten Online-Plattformen und Suchmaschinen ihre Nutzerzahlen veröffentlichen. Die Kommission muss nun die Diensteanbieter benennen, die nach dem Gesetz als VLOP oder VLOSE gelten, also mehr als 45 Millionen Nutzer in der EU haben. Vier Monate nach ihrer Benennung ist der DSA auf diese Diensteanbieter anwendbar. Für alle anderen Anbieter gilt der DSA ab Februar 2024. vis
Der Bitkom und der französische Digitalverband Numeum haben in einem gemeinsamen Brief an EU-Parlamentarier sowie weitere Stakeholder in EU-Institutionen einen “ausgewogenen, risikobasierten” Ansatz bei der KI-Regulierung im AI Act angemahnt. Die Verbände fordern die Mitgesetzgeber auf, “sicherzustellen, dass die Europäische Union die Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotenzial des europäischen KI-Ökosystems im Einklang mit unseren europäischen Werten und dem Grundsatz der digitalen Souveränität stärkt”.
Anlass des Schreibens ist der Fortgang der Gesetzgebung beim AI Act. In der kommenden Woche (8. März) ist das nächste Treffen der Schattenberichterstatter anberaumt. Die Berichterstatter wollen die Verhandlungen im Parlament so bald wie möglich abschließen. Der Rat hat seine Allgemeine Ausrichtung bereits gefunden.
Die Verbände Bitkom und Numeum vertreten sowohl Entwickler als auch Anwender von KI-Systemen. Sie äußerten Bedenken vor allem in drei Bereichen:
Hintergrund für das Schreiben sind neue Vorschläge, die sich explizit auf generative KI beziehen. Zu solchen KI-Systemen gehört etwa das Sprachmodell ChatGPT, das derzeit viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt. Die Verbände sind der Auffassung, dass die Risiken solcher Systeme nur innerhalb einer bestimmten Anwendung entstehen, nicht aus einer allgemeinen Funktion, die ein KI-System ausführt. vis
Vertreterinnen der Kommission haben dem Parlament noch einmal erläutert, warum die Kommission in der neuen Produkthaftungsrichtlinie keine Beweislastumkehr vorgesehen hat. Dies wünschen sich etwa die Fraktionen von S&D und der Grünen/EFA im EU-Parlament. Nur so könnten Verbraucher bei komplexen technischen Produkten zu ihrem Recht kommen.
Valentina Superti und Amaryllis Verhoeven von der DG GROW betonten dagegen, dass die Kommission die Fundamente des bewährten Haftungsrechts und die Verhältnismäßigkeit bewahren wolle. Eine vollständige Beweislastumkehr sei jedoch eine fundamentale Änderung. Sie führe zu höherem Aufwand bei den Herstellern und damit tendenziell zu höheren Preisen. Sie stelle auch die Versicherbarkeit infrage.
Am Donnerstag hatten Abgeordnete des EU-Parlaments die Möglichkeit, mit den beiden Vertreterinnen der Kommission deren Vorschlag zur neuen Produkthaftungsrichtlinie zu diskutieren. Mit dem Dossier will die EU das Produkthaftungsrecht von 1985 modernisieren. Sie will es an die Anforderungen der Digitalisierung und der Kreislaufwirtschaft anpassen.
Das Dossier wird gemeinsam vom Rechts- (JURI) und Binnenmarktausschuss (IMCO) federführend bearbeitet. Berichterstatter sind Pascal Arimont (EVP) für den Rechtsausschuss und Vlad-Marius Botoş (Renew) für den Binnenmarktausschuss.
Neben der Frage der Beweislast sprachen Arimont und sein Co-Berichterstatter Botoş weitere Themen an, für die sie Konkretisierungs- und Änderungsbedarf im Text sehen, unter anderem:
Beide Co-Berichterstatter nannten den Vorschlag der Kommission “im Grunde gut” und kündigten an, nun an den Details zu arbeiten, um ein ausgewogenes Gesetz zu schaffen. vis
Die Internationale Energieagentur (IEA) fordert mehr Tempo bei der Energiewende, da der globale Kohlendioxid-Ausstoß bei der Energieerzeugung auf einem Rekordniveau verharrt. Die weltweiten energiebedingten CO₂-Emissionen seien 2022 um 0,9 Prozent oder 321 Millionen Tonnen gestiegen und hätten einen Höchststand von über 36,8 Milliarden Tonnen erreicht. Das teilte die IEA am Donnerstag in Paris mit.
Um Klima- und Energieziele zu erreichen, seien verstärkte Maßnahmen zur Umstellung auf saubere Energien nötig. 2021 hatte die Zunahme der CO₂-Emissionen weltweit noch bei sechs Prozent gelegen.
“Die Auswirkungen der Energiekrise haben nicht zu dem anfänglich befürchteten starken Anstieg der globalen Emissionen geführt – und das dank des herausragenden Wachstums von erneuerbaren Energien, Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und energieeffizienten Technologien”, sagte IEA-Direktor Fatih Birol. Ohne saubere Energie wäre die Zunahme der CO₂-Emissionen fast dreimal so hoch gewesen.
“Wir sehen jedoch immer noch einen Anstieg der Emissionen aus fossilen Brennstoffen, was die Bemühungen um die Erreichung der weltweiten Klimaziele behindert.” Internationale und nationale Firmen, die mit fossilen Brennstoffen arbeiteten, machten Rekordumsätze und müssten ihren Teil der Verantwortung übernehmen, forderte der IEA-Chef.
Die CO₂-Emissionen aus Kohle stiegen im vergangenen Jahr den Angaben der IEA zufolge um 1,6 Prozent, da die globale Energiekrise in Asien und in geringerem Maße auch in Europa eine Umstellung von Gas auf Kohle ausgelöst habe. Die Erdgasemissionen seien um 1,6 Prozent gesunken, da sich das Angebot nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verknappt habe und europäische Unternehmen sowie Bürger sich bemüht hätten, ihren Gasverbrauch zu senken.
Die CO₂-Emissionen aus Öl stiegen demnach noch stärker als die aus Kohle, nämlich um 2,5 Prozent. Sie blieben aber immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie. Etwa die Hälfte des Anstiegs der Ölemissionen gegenüber dem Vorjahr entfiel laut der IEA auf den Flugverkehr, der sich von der Pandemie weiter erholte.
In der EU seien die Emissionen um 2,5 Prozent gesunken, da der Rekordeinsatz von erneuerbaren Energien dazu beigetragen habe, dass der Kohleverbrauch nicht so hoch war, wie Beobachter erwartet hatten. Ein milder Beginn des europäischen Winters und Energiesparmaßnahmen hätten ebenfalls dazu beigetragen.
In China sei der Kohlendioxid-Ausstoß im Jahr 2022 weitgehend unverändert geblieben, in den USA hätten die Emissionen um 0,8 Prozent zugenommen. dpa
Die Brüsseler Blase liebt Akronyme, und das heutige Thema ist keine Ausnahme: Wir sprechen über die Verhandlungen zur Überarbeitung der Richtlinie über erneuerbare Energien, kurz RED genannt. Da das aber zu einfach wäre, werden die Verhandlungen in fünf Kategorien unterteilt, RED 1, 2, 3, usw.
Heute liegt der Fokus auf RED 3. Auch wenn es der Name nicht unbedingt vermuten lässt, geht es darum, den Platz der Kernenergie bei der Herstellung von grünem Wasserstoff zu definieren. Die Frage ist nun, ob der Wasserstoff nur durch erneuerbare Energien oder durch erneuerbare Energien UND Kernenergie erzeugt werden soll – mit der Begründung, dass diese keine Treibhausgasemissionen verursacht.
Offiziell wird es bei den Verhandlungen am Montag um die Festlegung von Unterzielen gehen. Der abschließende Trilog ist für den 29. März geplant. Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat gehen jedoch davon aus, dass dieser Termin in den April geschoben wird. Wie zu erwarten, drängt vor allem Frankreich: Es dürfe “keine Diskriminierung der Kernenergie geben, da die Kernenergie eine kohlenstoffarme Energie ist und als solche definiert werden muss”, sagte ein Kabinettsmitglied der Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, kürzlich in Paris.
Nur sind Deutschland und Spanien nicht unbedingt damit einverstanden, um es mit einer Litotes auszudrücken. Dies könnte die vorsichtigen Äußerungen des Kabinettsmitglieds erklären, wenn er sagt, dass “Frankreich nicht in einer Logik des Blocks, sondern des Dialogs ist, um produktiv zu sein”. Die Verhandlungen zu diesem Thema befänden sich in einer wichtigen Phase. Beim jüngsten Rat der Energieminister in Stockholm habe Pannier-Runacher darüber mit ihrer spanischen Kollegin Teresa Ribera gesprochen.
Die Verhandlungen werden aufseiten des Europaparlaments von Berichterstatter Markus Pieper (EVP) geführt. Auch Christophe Grudler (Renew) mischt mit. Der diskrete französische Europaabgeordnete hat im November 2021 ein “Parlamentarisches Netzwerk zur Zukunft der Kernenergie in Europa” gegründet, dessen Vorsitz er übernommen hat. Das Netzwerk hat sich drei Ziele gesetzt: die Aufnahme der Kernenergie in die europäische Taxonomie (was bereits geschehen ist), die Produktion von kohlenstofffreiem Wasserstoff (was gerade versucht wird) und Forschung und Innovation zur Verringerung des Atommülls.
Christophe Grudler, seit 2019 im Parlament, ist Vizekoordinator für die Renew-Fraktion im ITRE-Ausschuss und Berichterstatter für die Überarbeitung der Erneuerbaren-Richtlinie seiner Fraktion. Und er ist seit 2020 Stadtrat in Belfort. Das ist ein wichtigerer Punkt, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.
Belfort ist eine Industrie- und Garnisonsstadt in Ostfrankreich, etwa 50 Kilometer südwestlich von Mülhausen. Die Unternehmen dort liefern unter anderem Ausrüstung für neue Kernkraftwerke, darunter die Arabelle-Turbinen, sowie für die Wartung und Aufrüstung bestehender AKW.
Belfort ist auch die politische Heimat von Jean-Pierre Chevènement, einer großen Figur der Parti Socialiste, und politischer Mentor von Präsident Emmanuel Macron. Chevènement besitzt nach wie vor großen politischen Einfluss in Frankreich, und er setzt sich für das Prinzip der nationalen Souveränität ein – für das die Kernenergie eine wichtige Rolle spielt.
Im April vergangenen Jahres gründete er eine neue Partei mit dem Titel “Refondation Républicaine” (Republikanische Neugründung). Das Ziel: eine “Wiederbelebung Frankreichs, gestützt auf die Wiedererlangung der Unabhängigkeit in allen Bereichen und auf die Wiederbelebung der Kernenergie”.
am Sonntag kommt die Bundesregierung zur Klausurtagung in Schloss Meseberg zusammen, zu Gast wird eine alte Bekannte sein: Ursula von der Leyen. Olaf Scholz hatte die Kommissionspräsidentin schon im Januar eingeladen, um über die Bewältigung der Energiekrise und die Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sprechen.
Der Streit über das Verbrenner-Aus, von der FDP kurz vor der finalen Abstimmung angezettelt, dürfte den Auftritt von der Leyens in Meseberg nun aber überschatten. Markus Grabitz zeigt in seiner Analyse auf, wie der Konflikt gelöst werden könnte.
Anschließend reist von der Leyen nach Nordamerika weiter, zunächst nach Ottawa, anschließend nach Washington. Dort trifft sie am Freitag US-Präsident Joe Biden. Die Themen ähneln jenen in Meseberg, wie die Kommission am Abend mitteilte: “Zusammenarbeit zwischen EU und USA bei Innovationen und sicheren Lieferketten für saubere Technologien”. Von der Leyen reist damit Olaf Scholz hinterher – der Kanzler trifft bereits heute für Gespräche in den USA ein.
“Draußen sonniges Wetter, drinnen trübe Stimmung”, twitterte Ismail Ertug (S&D) nach dem Trilog zur Alternativ Fuel Infrastructure Regulation (AFIR). Der Parlamentsberichterstatter wirft der schwedischen Ratspräsidentschaft vor, die Verhandlungen zu verzögern und sich bei den Mitgliedstaaten nicht durchzusetzen. Ein wesentlicher Knackpunkt ist der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge – er ist zentral für die gesamte Regulierung. Lukas Scheid fasst den Stand der Debatte zusammen.
In ihrer Kolumne blickt Claire Stam in dieser Woche auf die ostfranzösische Stadt Belfort, Heimat des Europaabgeordneten Christophe Grudler (Renew). Was Belfort mit der französischen Politik, mit der Kernenergie und dem anstehenden Trilog über die Richtlinie für erneuerbare Energien zu tun hat, lesen Sie am Schluss unseres Briefings.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Start ins Wochenende.
Der FDP-geführte Teil der Bundesregierung erwartet einen Vorschlag der Kommission im Streit um E-Fuels. Der Vorschlag aus Brüssel für einen Kompromiss solle die Verwendung von CO₂-neutral hergestellten synthetischen Kraftstoffen über das Jahr 2035 hinaus in Neufahrzeugen vorsehen. Sollte der Vorschlag ausbleiben, werde sich Deutschland in der für den Dienstag vorgesehen finalen Abstimmung im Rat zur CO₂-Flottengesetzgebung einschließlich Verbrenner-Aus bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen im Jahr 2035 enthalten, heißt es im Umfeld von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Da Italien und mindestens zwei weitere Mitgliedstaaten sich auch enthalten würden, würde der zuvor im Trilogverfahren erzielte informelle Kompromiss von Rat und EU-Parlament dann scheitern. Diese Drohkulisse hat die FDP seit einigen Tagen aufgebaut. Nach Informationen von Table.Media hat Wissing der Kommission vorgeschlagen, den Gesetzestext so abzuändern, dass auch nach 2035 noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden dürfen, wenn sie nachweislich nur mit E-Fuels betankt werden. Ein spezieller Tankeinfüllstutzen an Neufahrzeugen könne gewährleisten, dass diese Bedingung erfüllt wird.
Ursprünglich sollte am heutigen Freitag auf Botschafterebene über das Trilogergebnis abgestimmt werden. Die Bundesregierung hat allerdings um eine Verschiebung der Abstimmung gebeten.
Bei SPD und Grünen in der Ampelkoalition gibt es wenig Verständnis für das späte Bremsmanöver der FDP. Die Liberalen hätten ihre Forderungen bislang nicht konkretisiert, heißt es in einem der beteiligten Häuser. Zudem scheine es auf der politischen Ebene in den FDP-Ministerien wenig Verständnis für europäische Gesetzgebungsprozesse zu geben. Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge mahnte die FDP, ihre Blockadehaltung aufzugeben. “Ich gehe davon aus, dass der Fall nicht eintreten und Deutschland einem Ausstieg aus dem Verbrenner zustimmen wird“, sagte sie im Interview mit Table.Media. “Das ist auch eine Frage der Verlässlichkeit gegenüber den europäischen Partnern.”
Der für den Green Deal zuständige Vize der Kommission, Frans Timmermans, hat wiederholt deutlich gemacht, dass er die Verwendung von E-Fuels bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ablehnt. Die Kommission dürfte jetzt einerseits auch kein großes Interesse haben, einen Kompromissvorschlag zu machen. Sie vertritt die Meinung, dass sich die deutsche Regierung vielmehr intern auf eine Linie einigen müsse. Auch im Hinblick auf die anderen Mitgliedstaaten will die Kommission den Eindruck vermeiden, sich auf Verhandlungen mit einem Regierungspartner eines Mitgliedstaates einzulassen.
Andererseits dürfte der Kommission sehr daran gelegen sein, dass das Verbrenner-Aus und die CO₂-Flottengrenzwerte nicht noch an der letzten Hürde scheitern. Sollte durch den Widerstand der FDP das Trilogergebnis abgelehnt werden, müsste gesetzgeberisch ein neuer Anlauf genommen werden. Es wäre wahrscheinlich, dass dann bis zum Ende des Mandats im Mai 2024 keine Einigung zustande käme.
Beobachter sehen drei mögliche Wege für einen Kompromiss, den die Kommission in den nächsten Tagen vorlegen könnte. Zum einen könnte es ein “Crediting System” geben: Dabei würden Hersteller Mengen an E-Fuels am Markt kaufen und in den Treibstoffmarkt der EU einspeisen. Im Gegenzug für die eingesparten Mengen CO₂ bekämen sie dann Gutschriften, die auf ihre CO₂-Flottengrenzwerte angerechnet werden.
Zweitens könnte ein “Carbon Correction Factor” eingeführt werden. Dabei würde umgerechnet, welche CO₂-Einsparung durch die verkauften Mengen an E-Fuels erzielt werden. Sie würden den Herstellern je nach Marktanteilen für deren CO₂-Flottengrenzwerte gutgeschrieben. Beide Möglichkeiten wurden in der Vergangenheit bereits von der DG Clima geprüft, sind aber verworfen worden.
Drittens könnte im Zuge der Schadstoffregulierung Euro 7 eine Regelung für E-Fuels eingezogen werden: Demnach könnte Euro 7 in der Zukunft angepasst werden, wenn die Hersteller Fahrzeuge entwickeln, die ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können. Eine ähnliche Regelung stand bereits in einem Entwurf für die Euro-7-Regulierung, wurde aber ebenfalls zwischenzeitlich wieder verworfen. Mit Stefan Braun
“Draußen sonniges Wetter, drinnen trübe Stimmung”, twitterte Ismail Ertug (S&D) am Dienstag nach dem Trilog zur Alternativ Fuel Infrastructure Regulation (AFIR). Der Gesetzesvorschlag ist einer der wenigen noch offenen Dossiers des Fit-for-55-Pakets und soll dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für einen emissionsarmen Verkehr europaweit geschaffen werden. Doch die Verhandlungen verlaufen zäh. Parlamentsberichterstatter Ertug beschuldigt die schwedische Ratspräsidentschaft, den Prozess zu verzögern und sich bei den Mitgliedstaaten nicht durchzusetzen.
Es war bereits die dritte Trilogrunde am Dienstag. Angesetzt ist noch eine weitere am 27. März. Danach wollte man eigentlich fertig sein und in die finalen Abstimmungen in Parlament und Ministerrat gehen. Realistisch scheint dieser Zeitplan derzeit nicht. Zu groß sind die Differenzen in einigen Punkten noch.
Ertug ist bereit, in die Verlängerung zu gehen und noch weitere Trilogrunden dranzuhängen, wenn es sein muss. Er fordert vor allem mehr Entgegenkommen der Ratspräsidentschaft. Notfalls würde er auch auf die spanische Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte warten, um eine Einigung zu erzielen.
Das sind die Knackpunkte:
Das Mandat des Parlaments sieht deutlich höhere Mindestanforderungen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge vor. Dieser Teil gilt als Kernelement der gesamten Regulierung und sei bislang nur oberflächlich behandelt worden, sagt Jens Gieseke, EVP-Schattenberichterstatter. Das EP-Mandat sieht vor, dass die Zubauverpflichtung pro neu zugelassenem E-Auto progressiv ansteigt je nach Größe der bestehenden E-Auto-Flotte in einem Mitgliedstaat.
Das Parlament fordert:
Der Rat will 1 kW pro neu zugelassenem E-Auto, ohne Berücksichtigung der Flottengrößen. Außerdem will das Parlament, dass bis 2027 alle 100 Kilometer eine Wasserstofftankstelle entsteht. Der Rat setzt 2030 als Zieldatum an und will, dass bis zu 200 Kilometer zwischen den Tankstellen liegen dürfen. Sowohl bei der Ladeinfrastruktur als auch beim Wasserstoff sind die Verhandler noch weit von einem Kompromiss entfernt.
Als Parlament sei man dem Rat bereits ein gutes Stück entgegengekommen, beteuert Gieseke. Im Rat sei dagegen keinerlei Flexibilität vorhanden, stattdessen verweise dieser strikt auf sein Mandat. “Nun muss die Ratspräsidentschaft zeigen, dass auch sie das Thema Infrastrukturausbau ernst nimmt und zu ernsthaften Verhandlungen bereit ist.” Dafür brauche sie jedoch auch mehr Spielraum von den Mitgliedstaaten.
Laut der Schattenberichterstatterin der Grünen, Anna Deparnay-Grunenberg, zeigt sich die Zurückhaltung des Rates auch bei der Frage, ob Preisangaben an der E-Ladesäule vereinheitlicht werden. Um Verwirrung für Verbraucher zu verhindern, will das Parlament einheitliche Zahlungsweisen und Preisangaben pro Kilowattstunde an allen europäischen Ladepunkten beim sogenannten Fast-charging ab 50 kWh. Die EU-Kommission unterstütze die Parlamentsforderung, sagt Deparnay-Grunenberg. Der Rat trete auf die Bremse und müsse sich noch mit den Mitgliedstaaten abstimmen.
Die AFIR betrifft jedoch nicht nur den Straßenverkehr. Ziel ist auch, dass Schiffe und Flugzeuge mit Strom versorgt werden, wenn sie im Hafen beziehungsweise am Boden sind. Bislang beziehen sie ihre Energie häufig durch fossile Kraftstoffe.
Gelten sollen die Verpflichtungen zum Aufbau einer Stromversorgung von 90 Prozent des Energiebedarfs in Seehäfen allerdings nur, wenn mindestens 50 Schiffe von mehr als 5000 GT in den Hafen einlaufen – so will es das Parlament. Der Rat will das Minimum auf 100 anheben. Ismail Ertug sagt, das Parlament sei kompromissbereit, fordere aber eine verpflichtende Überprüfung der Kommission, welche Auswirkungen eine Einbeziehung von Schiffen ab 400 GT hätte. Eine Einigung darüber steht aus.
06.03.2023-15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Gedankenaustausch mit Hans Bruyninckx (Exekutivdirektor der Europäischen Umweltagentur), Meinungsaustausch mit der Kommission über das jüngste Urteil zu Ausnahmen von den ausdrücklichen Verboten des Inverkehrbringens und der Verwendung von Saatgut, das mit Neonicotinoide enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde. Vorläufige Tagesordnung
06.03.2023-17:00-18:30 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Haushalt (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Umsetzung von Invest EU: Gedankenaustausch mit Johannes Hahn (Kommissar für Haushalt und Verwaltung) und Paolo Gentiloni (Kommissar für Wirtschaft), sowie Teresa Czerwińska (Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank). Vorläufige Tagesordnung
07.03.-08.03.2023
Informelle Ministertagung Verteidigung
Themen: Aussprache zur militärischen Unterstützung der EU für die Ukraine, Aussprache zu aktuellen Sicherheits- und Verteidigungsthemen. Infos
07.03.2023-10:00 Uhr
Rat der EU: Bildung, Jugend, Kultur und Sport
Themen: Annahme der Schlussfolgerungen zu Fähigkeiten und Kompetenzen für die grüne Transformation, Aussprache zu qualitativ hochwertigen Lehrkräften (der Grundstein für einen erfolgreichen europäischen Bildungsraum: Lehrkräftemangel und die Herausforderung, qualifizierte und gut ausgebildete Lehrer und Ausbilder zu gewinnen, weiterzubilden und zu halten). Vorläufige Tagesordnung
08.03.-09.03.2023
Informelle Ministertagung Entwicklung
Themen: Aussprache über internationale Entwicklungshilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Infos
08.03.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Sicherheits- und Verteidigungspaket (inklusive einer Strategie zur maritimen Sicherheit und einer Mitteilung zur Sicherheits- und Verteidigungsdimension im Bereich Raumfahrt), Bilanz zur einjährigen Anwendung der Richtlinie über den vorübergehenden Schutz für geflohene Menschen aus der Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
09.03.-10.03.2023
Rat der EU: Justiz und Inneres
Themen: Aussprache zur allgemeinen Lage des Schengen-Raums, Gedankenaustausch zur Aggression Russlands gegen die Ukraine, Sachstand zum Vorgehen der Justiz und die Bekämpfung der Straflosigkeit von Verbrechen, die im Zusammenhang mit Russlands Aggression gegen die Ukraine begangen wurden. Vorläufige Tagesordnung
09.03.-10.03.2023
Informelle Ministertagung Handel
Themen: Aussprache zur gemeinsamen Handelspolitik der EU, Aussprache zu aktuellen Fragen der Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA, Aussprache zur Unterstützung der Ukraine im Bereich des Handels. Infos
09.03.2023 – 09:00-12:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zu den Leitlinien für den Haushalt 2024, Berichtsentwurf zur EU-Schnelleingreifkapazität, Entwurf einer Stellungnahme zum Sachstand und künftige Herausforderungen in Bezug auf kritische Technologien für Sicherheit und Verteidigung. Vorläufige Tagesordnung
Kein Mitgliedstaat soll seine Wertschöpfungsketten strenger reglementieren, als es die EU-Richtlinie vorgibt. Dafür sprach sich gestern der Binnenmarktausschuss (IMCO) in seiner Stellungnahme zum Due-Diligence-Gesetz aus. Diese wurde mit den Stimmen der EVP, ECR und Renew angenommen.
Konkret wollen die Abgeordneten hinter Berichterstatterin Deirdre Clune (EVP) nicht, dass die Richtlinie lediglich Mindeststandards setzt, wie es üblicherweise der Fall ist. Sie fordern maximale Standards (Maximalharmonisierung). Das würde bedeuten, dass kein Mitgliedstaat über das EU-Gesetz hinausgehen darf und strengere nationale Gesetze (wie es etwa von den Niederlanden geplant) nichtig werden.
Diese Vorgehensweise soll eine Fragmentierung des Binnenmarktes verhindern, lautet das Argument. Allerdings melden bereits Abgeordnete, darunter René Ripasi (SPD) juristische Zweifel an. Dies unter anderem deswegen, da jene EU-Gesetze, die das Prinzip der Maximalharmonisierung anwenden, sich auf Artikel 114 TFEU berufen. Der IMCO-Vorschlag beruht allerdings auf Artikel 50 TFEU.
Eigentlich sollte der federführende JURI-Ausschuss im März über seine Position zum Gesetzesvorschlag abstimmen, die Abstimmung wurde inzwischen jedoch auf April verschoben. Das finale Votum soll beim Miniplenum in Brüssel am 31. Mai/1. Juni stattfinden.
Mit Spannung wird vor allem erwartet, wie sich Renew bei diesem Votum positionieren wird. Bei den bisherigen Stellungnahmen haben sich die Liberalen größtenteils auf die Seite der Sozialdemokraten gestellt. Bei der gestrigen IMCO-Abstimmung haben sie sich allerdings EVP und ECR angeschlossen, was auch zeigt, wie zerstritten die Liberalen untereinander sind, wenn es um die Due-Diligence-Gesetzgebung geht. Knackpunkte könnten die Einbeziehung der Finanzbranche sowie der Reichweite der Regulierung sein. cw
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mehrere Klagen gegen Anti-Dumping-Zölle auf chinesisch subventionierte Glasfaser-Produkte aus Ägypten zurückgewiesen. Der EuGH hielt mit der Entscheidung von Mittwoch an den Ausgleichszöllen fest. Die Produkte aus Endlosglasfasern werden von China subventioniert, aber von ägyptischen Firmen in die EU eingeführt. Erstmals wurden damit einem Produkt aus einem anderen Drittland chinesische Subventionen zugerechnet, um sie mit Anti-Dumping-Zöllen zu belegen.
Betroffen von den Ausgleichszöllen sind zwei Firmen, Hengshi und Jushi. Beide sind in der chinesisch-ägyptischen Suez-Zone für wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit niedergelassen. Dadurch sind sie nach ägyptischem Recht gegründet, können aber von China subventioniert werden.
Die EU-Kommission hatte 2019 Ausgleichszölle für Glasfaser-Erzeugnisse aus Ägypten beschlossen. Hengshi und Jushi waren der Ansicht, dadurch geschädigt worden zu sein und hatten gegen Zölle geklagt. ari
Die Kommission hat am Donnerstag die Methodik und Verfahren veröffentlicht, wie sie die Aufsichtsgebühren im Rahmen des Digital Service Acts (DSA) berechnen und erheben will. Dazu hat sie eine delegierte Verordnung vorgelegt. Im Vorfeld hatte die Kommission zwischen dem 22. Dezember 2022 und dem 19. Januar 2023 eine öffentliche Konsultation abgehalten. Wenn das Europäische Parlament und der Rat der EU innerhalb von drei Monaten keine Einwände erheben, tritt die delegierte Verordnung in Kraft.
Das EU-Gesetz zu digitalen Diensten (DSA) sieht vor, dass die sehr großen Online-Plattformen (Very Large Online Platforms, VLOPs) und die sehr großen Online-Suchmaschinen (Very Large Online Search Engines, VLOSEs) von der Kommission direkt beaufsichtigt werden. Die Kosten dafür müssen die beaufsichtigten Unternehmen und Organisationen selbst tragen. Die Gebühr wird voraussichtlich im Herbst 2023 zum ersten Mal erhoben.
Der Vorschlag der Kommission enthält weitere Einzelheiten zur Berechnung der geschätzten Gesamtkosten und zur Festlegung der einzelnen Gebühren und legt das Verfahren für die Gesamtobergrenze der Gebühren fest. Welche Unternehmen und Organisationen unter den DSA fallen, steht noch nicht fest.
Bis zum 17. Februar mussten Online-Plattformen und Suchmaschinen ihre Nutzerzahlen veröffentlichen. Die Kommission muss nun die Diensteanbieter benennen, die nach dem Gesetz als VLOP oder VLOSE gelten, also mehr als 45 Millionen Nutzer in der EU haben. Vier Monate nach ihrer Benennung ist der DSA auf diese Diensteanbieter anwendbar. Für alle anderen Anbieter gilt der DSA ab Februar 2024. vis
Der Bitkom und der französische Digitalverband Numeum haben in einem gemeinsamen Brief an EU-Parlamentarier sowie weitere Stakeholder in EU-Institutionen einen “ausgewogenen, risikobasierten” Ansatz bei der KI-Regulierung im AI Act angemahnt. Die Verbände fordern die Mitgesetzgeber auf, “sicherzustellen, dass die Europäische Union die Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotenzial des europäischen KI-Ökosystems im Einklang mit unseren europäischen Werten und dem Grundsatz der digitalen Souveränität stärkt”.
Anlass des Schreibens ist der Fortgang der Gesetzgebung beim AI Act. In der kommenden Woche (8. März) ist das nächste Treffen der Schattenberichterstatter anberaumt. Die Berichterstatter wollen die Verhandlungen im Parlament so bald wie möglich abschließen. Der Rat hat seine Allgemeine Ausrichtung bereits gefunden.
Die Verbände Bitkom und Numeum vertreten sowohl Entwickler als auch Anwender von KI-Systemen. Sie äußerten Bedenken vor allem in drei Bereichen:
Hintergrund für das Schreiben sind neue Vorschläge, die sich explizit auf generative KI beziehen. Zu solchen KI-Systemen gehört etwa das Sprachmodell ChatGPT, das derzeit viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt. Die Verbände sind der Auffassung, dass die Risiken solcher Systeme nur innerhalb einer bestimmten Anwendung entstehen, nicht aus einer allgemeinen Funktion, die ein KI-System ausführt. vis
Vertreterinnen der Kommission haben dem Parlament noch einmal erläutert, warum die Kommission in der neuen Produkthaftungsrichtlinie keine Beweislastumkehr vorgesehen hat. Dies wünschen sich etwa die Fraktionen von S&D und der Grünen/EFA im EU-Parlament. Nur so könnten Verbraucher bei komplexen technischen Produkten zu ihrem Recht kommen.
Valentina Superti und Amaryllis Verhoeven von der DG GROW betonten dagegen, dass die Kommission die Fundamente des bewährten Haftungsrechts und die Verhältnismäßigkeit bewahren wolle. Eine vollständige Beweislastumkehr sei jedoch eine fundamentale Änderung. Sie führe zu höherem Aufwand bei den Herstellern und damit tendenziell zu höheren Preisen. Sie stelle auch die Versicherbarkeit infrage.
Am Donnerstag hatten Abgeordnete des EU-Parlaments die Möglichkeit, mit den beiden Vertreterinnen der Kommission deren Vorschlag zur neuen Produkthaftungsrichtlinie zu diskutieren. Mit dem Dossier will die EU das Produkthaftungsrecht von 1985 modernisieren. Sie will es an die Anforderungen der Digitalisierung und der Kreislaufwirtschaft anpassen.
Das Dossier wird gemeinsam vom Rechts- (JURI) und Binnenmarktausschuss (IMCO) federführend bearbeitet. Berichterstatter sind Pascal Arimont (EVP) für den Rechtsausschuss und Vlad-Marius Botoş (Renew) für den Binnenmarktausschuss.
Neben der Frage der Beweislast sprachen Arimont und sein Co-Berichterstatter Botoş weitere Themen an, für die sie Konkretisierungs- und Änderungsbedarf im Text sehen, unter anderem:
Beide Co-Berichterstatter nannten den Vorschlag der Kommission “im Grunde gut” und kündigten an, nun an den Details zu arbeiten, um ein ausgewogenes Gesetz zu schaffen. vis
Die Internationale Energieagentur (IEA) fordert mehr Tempo bei der Energiewende, da der globale Kohlendioxid-Ausstoß bei der Energieerzeugung auf einem Rekordniveau verharrt. Die weltweiten energiebedingten CO₂-Emissionen seien 2022 um 0,9 Prozent oder 321 Millionen Tonnen gestiegen und hätten einen Höchststand von über 36,8 Milliarden Tonnen erreicht. Das teilte die IEA am Donnerstag in Paris mit.
Um Klima- und Energieziele zu erreichen, seien verstärkte Maßnahmen zur Umstellung auf saubere Energien nötig. 2021 hatte die Zunahme der CO₂-Emissionen weltweit noch bei sechs Prozent gelegen.
“Die Auswirkungen der Energiekrise haben nicht zu dem anfänglich befürchteten starken Anstieg der globalen Emissionen geführt – und das dank des herausragenden Wachstums von erneuerbaren Energien, Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und energieeffizienten Technologien”, sagte IEA-Direktor Fatih Birol. Ohne saubere Energie wäre die Zunahme der CO₂-Emissionen fast dreimal so hoch gewesen.
“Wir sehen jedoch immer noch einen Anstieg der Emissionen aus fossilen Brennstoffen, was die Bemühungen um die Erreichung der weltweiten Klimaziele behindert.” Internationale und nationale Firmen, die mit fossilen Brennstoffen arbeiteten, machten Rekordumsätze und müssten ihren Teil der Verantwortung übernehmen, forderte der IEA-Chef.
Die CO₂-Emissionen aus Kohle stiegen im vergangenen Jahr den Angaben der IEA zufolge um 1,6 Prozent, da die globale Energiekrise in Asien und in geringerem Maße auch in Europa eine Umstellung von Gas auf Kohle ausgelöst habe. Die Erdgasemissionen seien um 1,6 Prozent gesunken, da sich das Angebot nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verknappt habe und europäische Unternehmen sowie Bürger sich bemüht hätten, ihren Gasverbrauch zu senken.
Die CO₂-Emissionen aus Öl stiegen demnach noch stärker als die aus Kohle, nämlich um 2,5 Prozent. Sie blieben aber immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie. Etwa die Hälfte des Anstiegs der Ölemissionen gegenüber dem Vorjahr entfiel laut der IEA auf den Flugverkehr, der sich von der Pandemie weiter erholte.
In der EU seien die Emissionen um 2,5 Prozent gesunken, da der Rekordeinsatz von erneuerbaren Energien dazu beigetragen habe, dass der Kohleverbrauch nicht so hoch war, wie Beobachter erwartet hatten. Ein milder Beginn des europäischen Winters und Energiesparmaßnahmen hätten ebenfalls dazu beigetragen.
In China sei der Kohlendioxid-Ausstoß im Jahr 2022 weitgehend unverändert geblieben, in den USA hätten die Emissionen um 0,8 Prozent zugenommen. dpa
Die Brüsseler Blase liebt Akronyme, und das heutige Thema ist keine Ausnahme: Wir sprechen über die Verhandlungen zur Überarbeitung der Richtlinie über erneuerbare Energien, kurz RED genannt. Da das aber zu einfach wäre, werden die Verhandlungen in fünf Kategorien unterteilt, RED 1, 2, 3, usw.
Heute liegt der Fokus auf RED 3. Auch wenn es der Name nicht unbedingt vermuten lässt, geht es darum, den Platz der Kernenergie bei der Herstellung von grünem Wasserstoff zu definieren. Die Frage ist nun, ob der Wasserstoff nur durch erneuerbare Energien oder durch erneuerbare Energien UND Kernenergie erzeugt werden soll – mit der Begründung, dass diese keine Treibhausgasemissionen verursacht.
Offiziell wird es bei den Verhandlungen am Montag um die Festlegung von Unterzielen gehen. Der abschließende Trilog ist für den 29. März geplant. Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat gehen jedoch davon aus, dass dieser Termin in den April geschoben wird. Wie zu erwarten, drängt vor allem Frankreich: Es dürfe “keine Diskriminierung der Kernenergie geben, da die Kernenergie eine kohlenstoffarme Energie ist und als solche definiert werden muss”, sagte ein Kabinettsmitglied der Ministerin für die Energiewende, Agnès Pannier-Runacher, kürzlich in Paris.
Nur sind Deutschland und Spanien nicht unbedingt damit einverstanden, um es mit einer Litotes auszudrücken. Dies könnte die vorsichtigen Äußerungen des Kabinettsmitglieds erklären, wenn er sagt, dass “Frankreich nicht in einer Logik des Blocks, sondern des Dialogs ist, um produktiv zu sein”. Die Verhandlungen zu diesem Thema befänden sich in einer wichtigen Phase. Beim jüngsten Rat der Energieminister in Stockholm habe Pannier-Runacher darüber mit ihrer spanischen Kollegin Teresa Ribera gesprochen.
Die Verhandlungen werden aufseiten des Europaparlaments von Berichterstatter Markus Pieper (EVP) geführt. Auch Christophe Grudler (Renew) mischt mit. Der diskrete französische Europaabgeordnete hat im November 2021 ein “Parlamentarisches Netzwerk zur Zukunft der Kernenergie in Europa” gegründet, dessen Vorsitz er übernommen hat. Das Netzwerk hat sich drei Ziele gesetzt: die Aufnahme der Kernenergie in die europäische Taxonomie (was bereits geschehen ist), die Produktion von kohlenstofffreiem Wasserstoff (was gerade versucht wird) und Forschung und Innovation zur Verringerung des Atommülls.
Christophe Grudler, seit 2019 im Parlament, ist Vizekoordinator für die Renew-Fraktion im ITRE-Ausschuss und Berichterstatter für die Überarbeitung der Erneuerbaren-Richtlinie seiner Fraktion. Und er ist seit 2020 Stadtrat in Belfort. Das ist ein wichtigerer Punkt, als es auf den ersten Blick erscheinen mag.
Belfort ist eine Industrie- und Garnisonsstadt in Ostfrankreich, etwa 50 Kilometer südwestlich von Mülhausen. Die Unternehmen dort liefern unter anderem Ausrüstung für neue Kernkraftwerke, darunter die Arabelle-Turbinen, sowie für die Wartung und Aufrüstung bestehender AKW.
Belfort ist auch die politische Heimat von Jean-Pierre Chevènement, einer großen Figur der Parti Socialiste, und politischer Mentor von Präsident Emmanuel Macron. Chevènement besitzt nach wie vor großen politischen Einfluss in Frankreich, und er setzt sich für das Prinzip der nationalen Souveränität ein – für das die Kernenergie eine wichtige Rolle spielt.
Im April vergangenen Jahres gründete er eine neue Partei mit dem Titel “Refondation Républicaine” (Republikanische Neugründung). Das Ziel: eine “Wiederbelebung Frankreichs, gestützt auf die Wiedererlangung der Unabhängigkeit in allen Bereichen und auf die Wiederbelebung der Kernenergie”.