Table.Briefing: Europe

Fahrplan nach der Wahl + Macrons drohende Niederlage + Was auf die Wärmepumpe folgt

Liebe Leserin, lieber Leser,

Europa muss erwachsen werden. So könnte man die “strategische Agenda” etwas salopp zusammenfassen, die Ratspräsident Charles Michel Anfang nächster Woche den Mitgliedstaaten wird zukommen lassen. Es geht um die Leitlinien für die Legislaturperiode 2024 bis 2029. Das Ziel der “strategischen Autonomie” zieht sich dabei wie ein roter Faden durch das Papier. 

Angefangen bei Sicherheit und Verteidigung, mit dem Ziel, die Kapazitäten der europäischen Rüstungsindustrie zu stärken und die nationalen Egoismen bis hin zur Beschaffung zu überwinden. Auch die Interoperabilität der Streitkräfte soll verbessert werden. Viel Platz nehmen die Unterstützung der Ukraine und die Erweiterungsstrategie ein.

Ähnlich beim Thema Energieunabhängigkeit, der digitalen Transition oder der Transformation der Wirtschaft, um im Wettbewerb mit China und den USA bestehen zu können. Charles Michel hat das ursprüngliche Motto von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron durchdekliniert. Wie soll das alles finanziert werden? Einen größeren Raum nimmt der Abschnitt zur Kapitalmarktunion ein, die endlich verwirklicht werden soll. Um Europas Souveränität abzusichern, müssten neben öffentlichen Mitteln auch private Gelder mobilisiert werden, die allzu oft noch in die USA abfließen. 

Die Botschafter der Mitgliedstaaten sollen die Leitlinien nächsten Mittwoch erstmals diskutieren. Der Plan ist, sie auf dem EU-Gipfel vom 27. und 28. Juni zu verabschieden. Dann soll auch ein Bericht der EU-Kommission mit möglichen Optionen vorliegen, wie eine europäische Verteidigungspolitik finanziert werden könnte. Wir können uns auf eine baldige Neuauflage der Diskussion über gemeinsame Schulden freuen, diesmal unter dem Titel europäische Verteidigungsbonds.

Die Europawahlen haben begonnen, nach dem gestrigen Auftakt in den Niederlanden folgen heute Irland und Tschechien. Wir halten Sie mit unserem Newsblog durchgehend auf dem Laufenden. Hier finden Sie das Wichtigste aus allen Fachbriefings und die aktuellen News zu den Wahlen.

Ich wünsche Ihnen ein interessantes Wochenende.

Ihr
Stephan Israel
Bild von Stephan  Israel

Analyse

Das ist der aktuelle Fahrplan bis zur Wahl der Kommissionspräsidentin

Nach der Europawahl geht es nun unter anderem um den Posten der EU-Kommissionspräsidentin. Jetzt beginnt die spannende Phase der Verhandlungen, die nach dem Willen von EVP, S&D und Renew, die bisher eine informelle Koalition bildeten, am 17. oder 18. Juli mit der Wahl der oder des neuen Kommissionspräsidenten abgeschlossen werden soll.

Dieses Datum peilen Christdemokraten, Sozialisten, Liberale sowie Grüne, die bislang nicht Teil der Vereinbarung waren, nach einer informellen Absprache an. Die Fraktionschefs wollten bereits Sonntagabend telefonieren und sich am Dienstag, 11. Juni, in Brüssel zur Conference of Presidents treffen, um die Entscheidungen vorzubereiten. Am 27. Juni ist eine Sitzung der neuen Fraktionschefs vorgesehen, die den Termin für die Wahl mutmaßlich der Kommissionspräsidentin in Straßburg festzurren könnten.

Staats- und Regierungschefs tagen am 17. Juni

Ziel ist, dass sich eine breite Mehrheit des Parlaments hinter einen Spitzenkandidaten schart, bevor die Staats- und Regierungschefs am 17. Juni zu einem Abendessen zusammenkommen, um die Besetzung der Topjobs zu besprechen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird es auf Ursula von der Leyen hinauslaufen, die Spitzenkandidatin der EVP ist.

Die kommende Woche bietet für von der Leyen viel Gelegenheit, wichtige Staats- und Regierungschefs für sich zu gewinnen. Am Dienstag nimmt sie an der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Berlin teil, am Donnerstag beginnt der dreitägige G7-Gipfel in Apulien. Direkt im Anschluss reisen einige der Teilnehmer zur Ukraine-Friedenskonferenz in die Schweiz weiter.

Am 27. und 28. Juni findet der reguläre Europäische Rat statt, bei dem die strategische Agenda auf der Tagesordnung steht. Das Parlament will der Runde zuvorkommen – anders als 2019, als die Fraktionen zerstritten waren und die Staats- und Regierungschefs bei einem verlängerten regulären Gipfel Ende Juni das Personalpaket aushandelten. Am 24. Juni trifft sich das bisherige EP-Präsidium (“Büro”) und könnte eine Neuorganisation der Generaldirektionen beschließen. Am 15. Juli kommt das Büro noch einmal zusammen.

Zehnte Wahlperiode

In der ersten Sitzungswoche in Straßburg (16. bis 18. oder 19. Juli) konstituiert sich das Parlament für die zehnte Wahlperiode. Für zweieinhalb Jahre, also die Hälfte der Wahlperiode, werden am Dienstag, 16. Juli, der Parlamentspräsident gewählt und die 14 Vizepräsidenten und die Quästoren. Die Wahl des Präsidiums dürfte bis Mittwochnachmittag gehen.

In den fünf Wochen bis zur ersten Sitzungswoche stellen sich die Fraktionen intern auf, versuchen auf dem Transfermarkt weitere Parteien zu werben und verhandeln die Verteilung der Ausschussvorsitze an die Fraktionen. Eine wichtige Funktion haben die Vorsitzenden der nationalen Delegationen. Sie handeln in ihren Fraktionen aus, welche Abgeordneten Posten bekommen (Ausschussvorsitze, Koordinatoren).

Dieser Zeitplan zeichnet sich für die Fraktionen ab:

EVP

  • Dienstag, 11. Juni, trifft sich die deutsche Gruppe und wählt ihren Vorsitzenden (Daniel Caspary und Angelika Niebler treten wieder an) sowie die Parlamentarischen Geschäftsführer.
  • Mittwoch, 12. Juni, findet morgens eine Sitzung der EVP-Fraktion mit den bisherigen und den neu gewählten Abgeordneten statt. Auch Ursula von der Leyen will dazukommen.
  • Am Dienstag, 18. Juni, konstituiert sich die neue EVP-Fraktion, Mittwoch, 19. Juni, Wahl des Fraktionspräsidiums (EVP-Chef Manfred Weber will wieder Fraktionschef werden).
  • Mittwoch und Donnerstag, 3. und 4. Juli, geht die EVP-Fraktion in Klausur nach Cascais in Portugal.

S&D

  • Am Montag nach der Wahl wählt die deutsche Gruppe ihren Chef. René Repasi tritt wieder an.
  • Am Dienstag treffen sich die Chefs der nationalen Delegationen und beginnen die Diskussion über den Fraktionsvorsitz.
  • Die konstituierende Fraktionssitzung mit der Wahl des Vorstands soll am 25. und 26. Juni stattfinden. Bei den Sozialdemokraten ist nicht klar, wer Fraktionschef wird. Traditionell wird er von der stärksten nationalen Delegation gestellt, das ist aber kein Naturgesetz.

Renew

  • Am 12. Juni kommen die voraussichtlichen nationalen Delegationsleiter zusammen, um sich erstmals abzustimmen.
  • Am 26. Juni will sich die Fraktion in ihrer neuen Zusammensetzung konstituieren. Dann soll auch die Fraktionsführung gewählt werden.

Grüne

  • Die gewählten deutschen Abgeordneten kommen Mitte der Woche erstmals zusammen. Der genaue Termin steht noch nicht fest.
  • Am Mittwoch, 12. Juni, will sich die Fraktion der Grünen konstituieren und bereits Bewerbungen für die beiden Fraktionsvorsitze und andere Spitzenposten entgegennehmen.
  • Die Wahl für den Fraktionsvorsitz findet eine Woche später, am 19. Juni, statt. Fraktionschefin Terry Reintke tritt wieder an. Wer für den männlichen Fraktionsvorsitz kandidiert, ist noch nicht klar.
  • Die Führung der deutschen Gruppe soll frühestens in der darauffolgenden Woche gewählt werden.

EKR

  • Die Fraktion trifft sich am Mittwoch mit den bisherigen und den neuen Abgeordneten.
  • Am Mittwoch, 19. Juni, soll der Fraktionsvorstand gewählt werden.
  • Am Mittwoch, 26. Juni, findet die konstituierende Sitzung der Fraktion statt.  

Linke

  • Die deutsche Gruppe trifft sich Dienstagnachmittag oder Mittwochmorgen erstmals in Brüssel.
  • Am 12. Juni findet die erste Fraktionssitzung statt. Wann die neue Fraktionsführung gewählt wird, ist noch nicht absehbar. Till Hoppe, Manuel Berkel, Lukas Scheid, Markus Grabitz
  • Die Linke
  • EKR
  • Europäischer Rat
  • Europawahlen 2024
  • EVP
  • Grüne/EFA
  • Renew
  • S+D
  • Ursula von der Leyen
Translation missing.

Frankreich: Welche Folgen eine herbe Wahlniederlage Macrons haben könnte 

In der französischen Hauptstadt gibt es eine Gewissheit: Der große Gewinner der kommenden Europawahlen wird die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) sein, die vom Europaabgeordneten Jordan Bardella geführt wird. Es gibt auch eine Ungewissheit: Wie deftig fällt die Niederlage der Partei von Emmanuel Macron aus? Wird Besoin d’Europe womöglich sogar überholt von der Liste der Sozialisten, die vom Europaabgeordneten Raphaël Glucksmann angeführt wird?

Seit März ist der RN in den Umfragen um zwei Prozentpunkte auf 33 Prozent geklettert. Die Renew-Vorsitzende Valérie Hayer, Spitzenkandidatin von Besoin d’Europe, verlor im April und Mai jeweils einen Prozentpunkt und liegt nun bei 16 Prozent – weniger als die Hälfte der Stimmen, auf die der RN kommt. Raphaël Glucksmanns Position stabilisiert sich, nachdem er zwischen März und April einen blitzartigen Aufstieg erlebt hat: Er kommt laut aktuellen Zahlen auf 14,5 Prozent.

“Anti-Bardella-Waffe” eher eine “Wasserpistole”

“Wenn die Umfragen bestätigt werden, wird dies eine schwere Niederlage für Emmanuel Macron und seinen Premierminister Gabriel Attal sein”, sagt ein französischer Europaabgeordneter, der sich nicht namentlich zitieren lassen will. Er erinnert daran, dass Gabriel Attal als “Anti-Bardella-Waffe” von Macron vorgestellt worden war. “Wenn die RN mehr als 30 Prozent der Stimmen erhält, wird die besagte Waffe eher einer Wasserpistole ähneln”, sagt der Abgeordnete. Er betont, dass weder die TV-Debatte zwischen Attal und Bardella noch Macrons große Sorbonne-Rede im April einen nennenswerten Effekt auf die öffentliche Meinung in Frankreich gehabt hätten.

Bardella und Marine Le Pen, die RN-Fraktionsvorsitzende in der Nationalversammlung, haben die Europawahlen stets als nationales Ereignis behandelt. Beide haben kontinuierlich behauptet, dass diese Wahl ein Referendum für oder gegen Macrons siebenjährige Amtszeit sei, und haben angekündigt, die Auflösung der Nationalversammlung zu fordern, sollte die RN gewinnen. Diese Wahl “ist die einzige Gelegenheit für die Franzosen, die Politik von Emmanuel Macron zu bestrafen, und die Strafe muss hart sein”, sagte Bardella in einem Interview mit der Zeitung “Le Parisien” Ende Mai.

Größere Veränderungen erst nach den Olympischen Spielen

Eine klare Niederlage würde jedoch nicht unbedingt zu einem vorzeitigen Ausscheiden von Attals führen, meint der französische Europaabgeordnete. “In Paris plant man keine großen Veränderungen vor den Olympischen Spielen. Erst danach, im Herbst, werden die großen Manöver im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2027 beginnen.”

Die unmittelbare Folge einer schweren Niederlage wäre für Premierminister Attal jedoch, dass sein politischer Handlungsspielraum weiter eingeschränkt würde, wie der Abgeordnete sagt. “Wie soll man ohne eine Mehrheit in der Versammlung und angesichts einer durch das Ergebnis der Europawahlen gestärkten Opposition dauerhaft weiterregieren und tiefgreifende Reformen umsetzen?”

Glucksmann profitiert vom Macron-Frust linker Wähler

Für die Macron-Liste geht es vor allem um das Ausmaß der Niederlage: Dabei spielt auch der Sozialist Glucksmann eine Rolle. Er profitiert vor allem vom Frust linker Wähler, die für Macron gestimmt hatten und nun von seinem Rechtsruck enttäuscht sind, der sich in ihren Augen vor allem in der Rentenreform zeigt.

Mit einem Programm, das entschieden auf den Klima- und Umweltschutz ausgerichtet ist, gelang es Glucksmann auch, Stimmen von den französischen Umweltschützern zu gewinnen. Deren Spitzenkandidatin, die Europaabgeordnete Marie Toussaint (Grüne/EFA), hat Mühe, ihre Kampagne in Schwung zu bringen.

Bei den Grünen wächst bei manchen in Brüssel und Frankreich der Unmut darüber. Marie Toussaint selbst ist in der breiten Öffentlichkeit in Frankreich kaum bekannt. Ihre Kampagne wird von einigen in der Partei als abgehoben bezeichnet, ohne Bezug etwa zu den Schwierigkeiten wie der Inflation, mit denen die Mitbürger konfrontiert seien. Sie haben immer noch nicht den Start der Kampagne verdaut, der mit einer “Booty Therapy“-Sitzung gestartet war, die in Frankreich viel Spott hervorgerufen hat.

  • Emmanuel Macron
  • Europawahlen 2024
  • Frankreich
  • Rassemblement national
  • Renew

Ausblick Energie: Warum die Wärmepumpe nur der Anfang war

Europas Grünstrom-Branche eint in der nächsten Legislatur die gemeinsame Sorge vor dem eigenen Erfolg – und dem Zögern der anderen. Darum hat sie sich für die nächsten Monate vor allem ein Vorhaben auf die Fahne geschrieben: den Kampf für ein EU-weites Elektrifizierungsziel.

Der eigene Erfolg, das wäre das Platzen des Knotens beim Ausbau erneuerbarer Energien. In der vergangenen Legislatur haben die Mitgliedstaaten einiges dafür getan, Planungs- und Genehmigungsverfahren wurden beschleunigt. In Deutschland zeigten die Zahlen für das erste Quartal bereits einen deutlichen Aufwärtstrend, meldete das Bundeswirtschaftsministerium.

Windbranche will Leistung bis 2030 fast verdoppeln

Doch was, wenn in den nächsten Jahren reihenweise Wind- und Solarparks aufgestellt werden und der Strom keine Abnehmer findet? WindEurope hat sich für 2030 vorgenommen, die Windkapazitäten in Europa von 220 auf 425 Gigawatt (GW) zu steigern. Abgeleitet hat der Verband die Zahl aus dem aufgestockten Erneuerbaren-Ziel von 42,5 Prozent des Energieverbrauchs, das sich die EU-Staaten vergangenes Jahr gesetzt haben.

“Wir wollen nicht in eine Situation kommen, in der plötzlich nicht ausreichend Nachfrage für den Strom aus unseren Anlagen vorhanden ist, weil Verkehr, Wärme, Industrie vergessen haben, zu elektrifizieren oder die nötigen Umstellungen in ihren Prozessen zu machen”, sagt ein Verbandssprecher. “Gerade in Ländern mit sehr hohen Erneuerbaren-Anteilen wie Dänemark oder Portugal könnte das dann drohen.”

Debatte um Verbrenner-Aus zeigt Wirkung

Jüngste Zahlen stützen die Befürchtung, dass die relevanten Sektoren nicht schnell genug auf Strom als Energieträger umstellen. Der Absatz von Wärmepumpen brach in Deutschland laut BDH im ersten Quartal um 52 Prozent ein. Bei den Investitionen in Elektromobilität hat Nordamerika in den vergangenen drei Jahren Europa deutlich überholt, meldete am Donnerstag T&E. Die Unsicherheit rund um das Verbrenner-Aus müsse enden, forderte die NGO.

Große Potenziale für die Elektrifizierung warten noch in der Industrie, wo Wasserstoff oft als Allheilmittel missverstanden wird. Rund 62 Prozent des Energieverbrauchs, der heute noch durch andere Energieträger gedeckt wird, könnten im verarbeitenden Gewerbe mit bereits verfügbaren Technologien elektrifiziert werden, schreibt Agora Industrie in einer diese Woche erschienenen Studie. Mit neuen Technologien, die spätestens 2035 marktreif sein sollen, steige das Potenzial auf 90 Prozent.

Wasserstoff-Verband lehnt Elektrifizierungsziel ab

Deshalb hat auch Eurelectric ein freiwilliges Elektrifizierungsziel zur wichtigsten Aufgabe für die nächste Legislatur erklärt. Der Verband strebt eine Quote von 35 Prozent bis 2030 über alle Sektoren an. Bis 2050 müssten dann 50 bis 70 Prozent durch Strom gedeckt werden. Die Wasserstoff-Konkurrenz von Hydrogen Europe hat sich gegenüber der Kommission schon gegen eine entsprechende Änderung der Governance-Verordnung ausgesprochen.

Dieses zusätzliche Ziel würde wohl auch kaum mehr als öffentliche Sichtbarkeit schaffen. Die entscheidenden Weichen werden durch eine Vielzahl anderer Gesetze wie die Gebäudeenergie-Richtlinie geregelt.

  • Elektromobilität
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  • Strom
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EU-Monitoring

11.06-12.06.2024
Ukraine-Wiederaufbaukonferenz
Themen: Die Konferenz zielt auf die rasche Erholung und den langfristigen Wiederaufbau der Ukraine ab. Infos

12.06.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Entwurf des Haushaltsplans 2025, jährlicher Management- und Leistungsbericht für den EU-Haushalt, Mitteilung über den gemeinsamen Umsetzungsplan für den Migrationspakt. Vorläufige Tagesordnung

12.06.2024 – 12:30-14:00 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Johannes Hahn (Kommissar für Haushalt und Verwaltung) stellt den Haushaltsentwurf 2025 der Kommission vor. Vorläufige Tagesordnung

13.06.-15.06.2024
G7-Gipfel
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten kommen zu Beratungen zusammen. Infos

13.06.-14.06.2024
Rat der EU: Justiz und Inneres
Themen: Gedankenaustausch zur allgemeinen Lage des Schengen-Raums, Billigung der Schengen-Erklärung, Gedankenaustausch zur Zukunft der EU-Visumpolitik. Vorläufige Tagesordnung

News

Niederlande: Warum die erste Wahlprognose überrascht

Die Europawahl in den Niederlanden läuft nach der ersten Prognose auf ein knappes Rennen zwischen dem rot-grünen Wahlbündnis und der radikal-rechten Partei des Populisten Geert Wilders hinaus. Das rot-grüne Bündnis der sozialdemokratischen Partei der Arbeit und der grünen Partei GroenLinks kommt nach der am Donnerstagabend im Fernsehen veröffentlichten Prognose auf acht der 31 Mandate, die euroskeptische Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders auf sieben

Zuvor war nach Umfragen erwartet worden, dass die Wilders-Partei erstmals eine Europawahl gewinnen würde. Vor fünf Jahren zog sie mit nur einem Abgeordneten in das Europa-Parlament ein. Der Rechtsaußen hatte mit seiner Anti-Islampartei im November überraschend die nationale Parlamentswahl gewonnen und wird nun mit drei weiteren rechten Parteien regieren. dpa

  • Europawahlen 2024
  • Niederlande
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Caspary: Deshalb fordert er einen Mittelstandskommissar

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Daniel Caspary, spricht sich für einen eigenen Kommissar für den Mittelstand aus. Dieser solle sich um die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen und um Entbürokratisierung kümmern, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag bei einer Veranstaltung von Table.Briefings und Europäische Bewegung Deutschland.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte im Frühjahr den neuen Posten eines Mittelstandsbeauftragten in der Behörde schaffen, der den Rang eines Generaldirektors haben sollte. Die Wahl fiel auf den CDU-Abgeordneten Markus Pieper, der aber nach heftiger Kritik aus Europaparlament und Kommission am Auswahlverfahren in letzter Minute zurückzog. Von der Leyen vertagte daraufhin die Personalie.

“Mein Wunsch wäre, wenn wir das in der nächsten Kommission noch höher ansetzen und im Zweifel einen eigenen Kommissar für diese Fragen schaffen”, sagte Caspary nun. Ursula von der Leyen habe angekündigt, 25 Prozent der Berichtspflichten für Unternehmen beseitigen zu wollen. “Und wir meinen das ernst”, so Caspary. “So unappetitlich das klingt: Aber die Bürokratie in Europa ist doch im Kern wie Fußnägel, die wachsen immer weiter und die muss man manchmal schneiden.”

Höhere Beiträge statt neuer EU-Schulden

Der CDU-Politiker forderte die EU-Staaten zudem auf, der Union mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, anstatt über eine erneute Schuldenaufnahme zu diskutieren: “Wenn wir der Europäischen Union wie im Bereich Verteidigung mehr Aufgaben geben, dann sollten die Mitgliedstaaten diese Aufgaben auch zusätzlich finanzieren”. Natürlich müsse man auch fragen, wo im EU-Haushalt das Geld noch sinnvoll ausgegeben werden könne. Von jedem erwirtschafteten Euro gingen 0,50 Euro an die öffentliche Hand, davon aber nur 0,01 € an die Europäische Union – daher rede man hier über “Kleckerbeträge”.

Der stellvertretende Direktor des Jacques Delors Centre an der Berliner Hertie School, Nils Redeker, rechnet mit einer Kompromisslösung in der Finanzierungsfrage. “Am Ende wird es ein Mix sein”, sagte er. Es werde höhere Beiträge der Mitgliedsländer brauchen, ebenso wie neue Eigenmittel für die EU, etwa Einnahmen aus dem Emissionshandel oder dem CO₂-Grenzausgleich CBAM. Denkbar sei auch die Aufnahme neuer EU-Schulden, allerdings setzten die europäischen Verträge hier Grenzen. tho

  • Bürokratie
  • Emissionshandel
  • Mittelstand
  • Verteidigung

EU-Klimafinanzierung: Warum es trotz Erhöhung um 6,5 Milliarden Euro Kritik gibt

Die EU-Staaten, die EU-Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB) haben im Jahr 2022 insgesamt 28,8 Milliarden Euro für die globale Klimafinanzierung bereitgestellt. Ein Anstieg von 6,5 Milliarden im Vergleich zu 2021. Das geht aus einer neuen Analyse des Climate Action Networks (CAN) hervor, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Den größten Anteil (fast 22 Milliarden Euro) trugen die Staaten bei. Deutschland (knapp 9,5 Milliarden) und Frankreich (7,6 Milliarden) sind die größten Geber. Allerdings gibt Frankreich einen sehr großen Teil über Kredite (84 Prozent), was die Studienautoren kritisieren, da es die Schuldenlast in den Empfängerstaaten vergrößern kann.

Auch die Europäische Investitionsbank gibt nach diesen Informationen immer weniger Geld zu vergünstigten Konditionen. Konzessionäre Kredite machten 2022 nur noch zwei Prozent der Klimafinanzierung aus. 2017 waren es noch 19 Prozent. Zudem stiegen die Zinsen der Kredite, die die EIB zu Marktkonditionen vergeben hat, in den letzten Jahren an, so die Autoren. Nur 37 Prozent der Klimafinanzierung aus Europa floss in den Bereich der Klimaanpassung. Die am wenigstens entwickelten Staaten erhielten lediglich 18 Prozent der Klimafinanzierung. nib

  • Europa
  • Klimafinanzierung

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Angefangen bei Sicherheit und Verteidigung, mit dem Ziel, die Kapazitäten der europäischen Rüstungsindustrie zu stärken und die nationalen Egoismen bis hin zur Beschaffung zu überwinden. Auch die Interoperabilität der Streitkräfte soll verbessert werden. Viel Platz nehmen die Unterstützung der Ukraine und die Erweiterungsstrategie ein.

    Ähnlich beim Thema Energieunabhängigkeit, der digitalen Transition oder der Transformation der Wirtschaft, um im Wettbewerb mit China und den USA bestehen zu können. Charles Michel hat das ursprüngliche Motto von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron durchdekliniert. Wie soll das alles finanziert werden? Einen größeren Raum nimmt der Abschnitt zur Kapitalmarktunion ein, die endlich verwirklicht werden soll. Um Europas Souveränität abzusichern, müssten neben öffentlichen Mitteln auch private Gelder mobilisiert werden, die allzu oft noch in die USA abfließen. 

    Die Botschafter der Mitgliedstaaten sollen die Leitlinien nächsten Mittwoch erstmals diskutieren. Der Plan ist, sie auf dem EU-Gipfel vom 27. und 28. Juni zu verabschieden. Dann soll auch ein Bericht der EU-Kommission mit möglichen Optionen vorliegen, wie eine europäische Verteidigungspolitik finanziert werden könnte. Wir können uns auf eine baldige Neuauflage der Diskussion über gemeinsame Schulden freuen, diesmal unter dem Titel europäische Verteidigungsbonds.

    Die Europawahlen haben begonnen, nach dem gestrigen Auftakt in den Niederlanden folgen heute Irland und Tschechien. Wir halten Sie mit unserem Newsblog durchgehend auf dem Laufenden. Hier finden Sie das Wichtigste aus allen Fachbriefings und die aktuellen News zu den Wahlen.

    Ich wünsche Ihnen ein interessantes Wochenende.

    Ihr
    Stephan Israel
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    Analyse

    Das ist der aktuelle Fahrplan bis zur Wahl der Kommissionspräsidentin

    Nach der Europawahl geht es nun unter anderem um den Posten der EU-Kommissionspräsidentin. Jetzt beginnt die spannende Phase der Verhandlungen, die nach dem Willen von EVP, S&D und Renew, die bisher eine informelle Koalition bildeten, am 17. oder 18. Juli mit der Wahl der oder des neuen Kommissionspräsidenten abgeschlossen werden soll.

    Dieses Datum peilen Christdemokraten, Sozialisten, Liberale sowie Grüne, die bislang nicht Teil der Vereinbarung waren, nach einer informellen Absprache an. Die Fraktionschefs wollten bereits Sonntagabend telefonieren und sich am Dienstag, 11. Juni, in Brüssel zur Conference of Presidents treffen, um die Entscheidungen vorzubereiten. Am 27. Juni ist eine Sitzung der neuen Fraktionschefs vorgesehen, die den Termin für die Wahl mutmaßlich der Kommissionspräsidentin in Straßburg festzurren könnten.

    Staats- und Regierungschefs tagen am 17. Juni

    Ziel ist, dass sich eine breite Mehrheit des Parlaments hinter einen Spitzenkandidaten schart, bevor die Staats- und Regierungschefs am 17. Juni zu einem Abendessen zusammenkommen, um die Besetzung der Topjobs zu besprechen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird es auf Ursula von der Leyen hinauslaufen, die Spitzenkandidatin der EVP ist.

    Die kommende Woche bietet für von der Leyen viel Gelegenheit, wichtige Staats- und Regierungschefs für sich zu gewinnen. Am Dienstag nimmt sie an der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Berlin teil, am Donnerstag beginnt der dreitägige G7-Gipfel in Apulien. Direkt im Anschluss reisen einige der Teilnehmer zur Ukraine-Friedenskonferenz in die Schweiz weiter.

    Am 27. und 28. Juni findet der reguläre Europäische Rat statt, bei dem die strategische Agenda auf der Tagesordnung steht. Das Parlament will der Runde zuvorkommen – anders als 2019, als die Fraktionen zerstritten waren und die Staats- und Regierungschefs bei einem verlängerten regulären Gipfel Ende Juni das Personalpaket aushandelten. Am 24. Juni trifft sich das bisherige EP-Präsidium (“Büro”) und könnte eine Neuorganisation der Generaldirektionen beschließen. Am 15. Juli kommt das Büro noch einmal zusammen.

    Zehnte Wahlperiode

    In der ersten Sitzungswoche in Straßburg (16. bis 18. oder 19. Juli) konstituiert sich das Parlament für die zehnte Wahlperiode. Für zweieinhalb Jahre, also die Hälfte der Wahlperiode, werden am Dienstag, 16. Juli, der Parlamentspräsident gewählt und die 14 Vizepräsidenten und die Quästoren. Die Wahl des Präsidiums dürfte bis Mittwochnachmittag gehen.

    In den fünf Wochen bis zur ersten Sitzungswoche stellen sich die Fraktionen intern auf, versuchen auf dem Transfermarkt weitere Parteien zu werben und verhandeln die Verteilung der Ausschussvorsitze an die Fraktionen. Eine wichtige Funktion haben die Vorsitzenden der nationalen Delegationen. Sie handeln in ihren Fraktionen aus, welche Abgeordneten Posten bekommen (Ausschussvorsitze, Koordinatoren).

    Dieser Zeitplan zeichnet sich für die Fraktionen ab:

    EVP

    • Dienstag, 11. Juni, trifft sich die deutsche Gruppe und wählt ihren Vorsitzenden (Daniel Caspary und Angelika Niebler treten wieder an) sowie die Parlamentarischen Geschäftsführer.
    • Mittwoch, 12. Juni, findet morgens eine Sitzung der EVP-Fraktion mit den bisherigen und den neu gewählten Abgeordneten statt. Auch Ursula von der Leyen will dazukommen.
    • Am Dienstag, 18. Juni, konstituiert sich die neue EVP-Fraktion, Mittwoch, 19. Juni, Wahl des Fraktionspräsidiums (EVP-Chef Manfred Weber will wieder Fraktionschef werden).
    • Mittwoch und Donnerstag, 3. und 4. Juli, geht die EVP-Fraktion in Klausur nach Cascais in Portugal.

    S&D

    • Am Montag nach der Wahl wählt die deutsche Gruppe ihren Chef. René Repasi tritt wieder an.
    • Am Dienstag treffen sich die Chefs der nationalen Delegationen und beginnen die Diskussion über den Fraktionsvorsitz.
    • Die konstituierende Fraktionssitzung mit der Wahl des Vorstands soll am 25. und 26. Juni stattfinden. Bei den Sozialdemokraten ist nicht klar, wer Fraktionschef wird. Traditionell wird er von der stärksten nationalen Delegation gestellt, das ist aber kein Naturgesetz.

    Renew

    • Am 12. Juni kommen die voraussichtlichen nationalen Delegationsleiter zusammen, um sich erstmals abzustimmen.
    • Am 26. Juni will sich die Fraktion in ihrer neuen Zusammensetzung konstituieren. Dann soll auch die Fraktionsführung gewählt werden.

    Grüne

    • Die gewählten deutschen Abgeordneten kommen Mitte der Woche erstmals zusammen. Der genaue Termin steht noch nicht fest.
    • Am Mittwoch, 12. Juni, will sich die Fraktion der Grünen konstituieren und bereits Bewerbungen für die beiden Fraktionsvorsitze und andere Spitzenposten entgegennehmen.
    • Die Wahl für den Fraktionsvorsitz findet eine Woche später, am 19. Juni, statt. Fraktionschefin Terry Reintke tritt wieder an. Wer für den männlichen Fraktionsvorsitz kandidiert, ist noch nicht klar.
    • Die Führung der deutschen Gruppe soll frühestens in der darauffolgenden Woche gewählt werden.

    EKR

    • Die Fraktion trifft sich am Mittwoch mit den bisherigen und den neuen Abgeordneten.
    • Am Mittwoch, 19. Juni, soll der Fraktionsvorstand gewählt werden.
    • Am Mittwoch, 26. Juni, findet die konstituierende Sitzung der Fraktion statt.  

    Linke

    • Die deutsche Gruppe trifft sich Dienstagnachmittag oder Mittwochmorgen erstmals in Brüssel.
    • Am 12. Juni findet die erste Fraktionssitzung statt. Wann die neue Fraktionsführung gewählt wird, ist noch nicht absehbar. Till Hoppe, Manuel Berkel, Lukas Scheid, Markus Grabitz
    • Die Linke
    • EKR
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    • Renew
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    Frankreich: Welche Folgen eine herbe Wahlniederlage Macrons haben könnte 

    In der französischen Hauptstadt gibt es eine Gewissheit: Der große Gewinner der kommenden Europawahlen wird die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN) sein, die vom Europaabgeordneten Jordan Bardella geführt wird. Es gibt auch eine Ungewissheit: Wie deftig fällt die Niederlage der Partei von Emmanuel Macron aus? Wird Besoin d’Europe womöglich sogar überholt von der Liste der Sozialisten, die vom Europaabgeordneten Raphaël Glucksmann angeführt wird?

    Seit März ist der RN in den Umfragen um zwei Prozentpunkte auf 33 Prozent geklettert. Die Renew-Vorsitzende Valérie Hayer, Spitzenkandidatin von Besoin d’Europe, verlor im April und Mai jeweils einen Prozentpunkt und liegt nun bei 16 Prozent – weniger als die Hälfte der Stimmen, auf die der RN kommt. Raphaël Glucksmanns Position stabilisiert sich, nachdem er zwischen März und April einen blitzartigen Aufstieg erlebt hat: Er kommt laut aktuellen Zahlen auf 14,5 Prozent.

    “Anti-Bardella-Waffe” eher eine “Wasserpistole”

    “Wenn die Umfragen bestätigt werden, wird dies eine schwere Niederlage für Emmanuel Macron und seinen Premierminister Gabriel Attal sein”, sagt ein französischer Europaabgeordneter, der sich nicht namentlich zitieren lassen will. Er erinnert daran, dass Gabriel Attal als “Anti-Bardella-Waffe” von Macron vorgestellt worden war. “Wenn die RN mehr als 30 Prozent der Stimmen erhält, wird die besagte Waffe eher einer Wasserpistole ähneln”, sagt der Abgeordnete. Er betont, dass weder die TV-Debatte zwischen Attal und Bardella noch Macrons große Sorbonne-Rede im April einen nennenswerten Effekt auf die öffentliche Meinung in Frankreich gehabt hätten.

    Bardella und Marine Le Pen, die RN-Fraktionsvorsitzende in der Nationalversammlung, haben die Europawahlen stets als nationales Ereignis behandelt. Beide haben kontinuierlich behauptet, dass diese Wahl ein Referendum für oder gegen Macrons siebenjährige Amtszeit sei, und haben angekündigt, die Auflösung der Nationalversammlung zu fordern, sollte die RN gewinnen. Diese Wahl “ist die einzige Gelegenheit für die Franzosen, die Politik von Emmanuel Macron zu bestrafen, und die Strafe muss hart sein”, sagte Bardella in einem Interview mit der Zeitung “Le Parisien” Ende Mai.

    Größere Veränderungen erst nach den Olympischen Spielen

    Eine klare Niederlage würde jedoch nicht unbedingt zu einem vorzeitigen Ausscheiden von Attals führen, meint der französische Europaabgeordnete. “In Paris plant man keine großen Veränderungen vor den Olympischen Spielen. Erst danach, im Herbst, werden die großen Manöver im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2027 beginnen.”

    Die unmittelbare Folge einer schweren Niederlage wäre für Premierminister Attal jedoch, dass sein politischer Handlungsspielraum weiter eingeschränkt würde, wie der Abgeordnete sagt. “Wie soll man ohne eine Mehrheit in der Versammlung und angesichts einer durch das Ergebnis der Europawahlen gestärkten Opposition dauerhaft weiterregieren und tiefgreifende Reformen umsetzen?”

    Glucksmann profitiert vom Macron-Frust linker Wähler

    Für die Macron-Liste geht es vor allem um das Ausmaß der Niederlage: Dabei spielt auch der Sozialist Glucksmann eine Rolle. Er profitiert vor allem vom Frust linker Wähler, die für Macron gestimmt hatten und nun von seinem Rechtsruck enttäuscht sind, der sich in ihren Augen vor allem in der Rentenreform zeigt.

    Mit einem Programm, das entschieden auf den Klima- und Umweltschutz ausgerichtet ist, gelang es Glucksmann auch, Stimmen von den französischen Umweltschützern zu gewinnen. Deren Spitzenkandidatin, die Europaabgeordnete Marie Toussaint (Grüne/EFA), hat Mühe, ihre Kampagne in Schwung zu bringen.

    Bei den Grünen wächst bei manchen in Brüssel und Frankreich der Unmut darüber. Marie Toussaint selbst ist in der breiten Öffentlichkeit in Frankreich kaum bekannt. Ihre Kampagne wird von einigen in der Partei als abgehoben bezeichnet, ohne Bezug etwa zu den Schwierigkeiten wie der Inflation, mit denen die Mitbürger konfrontiert seien. Sie haben immer noch nicht den Start der Kampagne verdaut, der mit einer “Booty Therapy“-Sitzung gestartet war, die in Frankreich viel Spott hervorgerufen hat.

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    Ausblick Energie: Warum die Wärmepumpe nur der Anfang war

    Europas Grünstrom-Branche eint in der nächsten Legislatur die gemeinsame Sorge vor dem eigenen Erfolg – und dem Zögern der anderen. Darum hat sie sich für die nächsten Monate vor allem ein Vorhaben auf die Fahne geschrieben: den Kampf für ein EU-weites Elektrifizierungsziel.

    Der eigene Erfolg, das wäre das Platzen des Knotens beim Ausbau erneuerbarer Energien. In der vergangenen Legislatur haben die Mitgliedstaaten einiges dafür getan, Planungs- und Genehmigungsverfahren wurden beschleunigt. In Deutschland zeigten die Zahlen für das erste Quartal bereits einen deutlichen Aufwärtstrend, meldete das Bundeswirtschaftsministerium.

    Windbranche will Leistung bis 2030 fast verdoppeln

    Doch was, wenn in den nächsten Jahren reihenweise Wind- und Solarparks aufgestellt werden und der Strom keine Abnehmer findet? WindEurope hat sich für 2030 vorgenommen, die Windkapazitäten in Europa von 220 auf 425 Gigawatt (GW) zu steigern. Abgeleitet hat der Verband die Zahl aus dem aufgestockten Erneuerbaren-Ziel von 42,5 Prozent des Energieverbrauchs, das sich die EU-Staaten vergangenes Jahr gesetzt haben.

    “Wir wollen nicht in eine Situation kommen, in der plötzlich nicht ausreichend Nachfrage für den Strom aus unseren Anlagen vorhanden ist, weil Verkehr, Wärme, Industrie vergessen haben, zu elektrifizieren oder die nötigen Umstellungen in ihren Prozessen zu machen”, sagt ein Verbandssprecher. “Gerade in Ländern mit sehr hohen Erneuerbaren-Anteilen wie Dänemark oder Portugal könnte das dann drohen.”

    Debatte um Verbrenner-Aus zeigt Wirkung

    Jüngste Zahlen stützen die Befürchtung, dass die relevanten Sektoren nicht schnell genug auf Strom als Energieträger umstellen. Der Absatz von Wärmepumpen brach in Deutschland laut BDH im ersten Quartal um 52 Prozent ein. Bei den Investitionen in Elektromobilität hat Nordamerika in den vergangenen drei Jahren Europa deutlich überholt, meldete am Donnerstag T&E. Die Unsicherheit rund um das Verbrenner-Aus müsse enden, forderte die NGO.

    Große Potenziale für die Elektrifizierung warten noch in der Industrie, wo Wasserstoff oft als Allheilmittel missverstanden wird. Rund 62 Prozent des Energieverbrauchs, der heute noch durch andere Energieträger gedeckt wird, könnten im verarbeitenden Gewerbe mit bereits verfügbaren Technologien elektrifiziert werden, schreibt Agora Industrie in einer diese Woche erschienenen Studie. Mit neuen Technologien, die spätestens 2035 marktreif sein sollen, steige das Potenzial auf 90 Prozent.

    Wasserstoff-Verband lehnt Elektrifizierungsziel ab

    Deshalb hat auch Eurelectric ein freiwilliges Elektrifizierungsziel zur wichtigsten Aufgabe für die nächste Legislatur erklärt. Der Verband strebt eine Quote von 35 Prozent bis 2030 über alle Sektoren an. Bis 2050 müssten dann 50 bis 70 Prozent durch Strom gedeckt werden. Die Wasserstoff-Konkurrenz von Hydrogen Europe hat sich gegenüber der Kommission schon gegen eine entsprechende Änderung der Governance-Verordnung ausgesprochen.

    Dieses zusätzliche Ziel würde wohl auch kaum mehr als öffentliche Sichtbarkeit schaffen. Die entscheidenden Weichen werden durch eine Vielzahl anderer Gesetze wie die Gebäudeenergie-Richtlinie geregelt.

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    EU-Monitoring

    11.06-12.06.2024
    Ukraine-Wiederaufbaukonferenz
    Themen: Die Konferenz zielt auf die rasche Erholung und den langfristigen Wiederaufbau der Ukraine ab. Infos

    12.06.2024
    Wöchentliche Kommissionssitzung
    Themen: Entwurf des Haushaltsplans 2025, jährlicher Management- und Leistungsbericht für den EU-Haushalt, Mitteilung über den gemeinsamen Umsetzungsplan für den Migrationspakt. Vorläufige Tagesordnung

    12.06.2024 – 12:30-14:00 Uhr
    Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
    Themen: Johannes Hahn (Kommissar für Haushalt und Verwaltung) stellt den Haushaltsentwurf 2025 der Kommission vor. Vorläufige Tagesordnung

    13.06.-15.06.2024
    G7-Gipfel
    Themen: Die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten kommen zu Beratungen zusammen. Infos

    13.06.-14.06.2024
    Rat der EU: Justiz und Inneres
    Themen: Gedankenaustausch zur allgemeinen Lage des Schengen-Raums, Billigung der Schengen-Erklärung, Gedankenaustausch zur Zukunft der EU-Visumpolitik. Vorläufige Tagesordnung

    News

    Niederlande: Warum die erste Wahlprognose überrascht

    Die Europawahl in den Niederlanden läuft nach der ersten Prognose auf ein knappes Rennen zwischen dem rot-grünen Wahlbündnis und der radikal-rechten Partei des Populisten Geert Wilders hinaus. Das rot-grüne Bündnis der sozialdemokratischen Partei der Arbeit und der grünen Partei GroenLinks kommt nach der am Donnerstagabend im Fernsehen veröffentlichten Prognose auf acht der 31 Mandate, die euroskeptische Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders auf sieben

    Zuvor war nach Umfragen erwartet worden, dass die Wilders-Partei erstmals eine Europawahl gewinnen würde. Vor fünf Jahren zog sie mit nur einem Abgeordneten in das Europa-Parlament ein. Der Rechtsaußen hatte mit seiner Anti-Islampartei im November überraschend die nationale Parlamentswahl gewonnen und wird nun mit drei weiteren rechten Parteien regieren. dpa

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    Caspary: Deshalb fordert er einen Mittelstandskommissar

    Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Daniel Caspary, spricht sich für einen eigenen Kommissar für den Mittelstand aus. Dieser solle sich um die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen und um Entbürokratisierung kümmern, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag bei einer Veranstaltung von Table.Briefings und Europäische Bewegung Deutschland.

    Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte im Frühjahr den neuen Posten eines Mittelstandsbeauftragten in der Behörde schaffen, der den Rang eines Generaldirektors haben sollte. Die Wahl fiel auf den CDU-Abgeordneten Markus Pieper, der aber nach heftiger Kritik aus Europaparlament und Kommission am Auswahlverfahren in letzter Minute zurückzog. Von der Leyen vertagte daraufhin die Personalie.

    “Mein Wunsch wäre, wenn wir das in der nächsten Kommission noch höher ansetzen und im Zweifel einen eigenen Kommissar für diese Fragen schaffen”, sagte Caspary nun. Ursula von der Leyen habe angekündigt, 25 Prozent der Berichtspflichten für Unternehmen beseitigen zu wollen. “Und wir meinen das ernst”, so Caspary. “So unappetitlich das klingt: Aber die Bürokratie in Europa ist doch im Kern wie Fußnägel, die wachsen immer weiter und die muss man manchmal schneiden.”

    Höhere Beiträge statt neuer EU-Schulden

    Der CDU-Politiker forderte die EU-Staaten zudem auf, der Union mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, anstatt über eine erneute Schuldenaufnahme zu diskutieren: “Wenn wir der Europäischen Union wie im Bereich Verteidigung mehr Aufgaben geben, dann sollten die Mitgliedstaaten diese Aufgaben auch zusätzlich finanzieren”. Natürlich müsse man auch fragen, wo im EU-Haushalt das Geld noch sinnvoll ausgegeben werden könne. Von jedem erwirtschafteten Euro gingen 0,50 Euro an die öffentliche Hand, davon aber nur 0,01 € an die Europäische Union – daher rede man hier über “Kleckerbeträge”.

    Der stellvertretende Direktor des Jacques Delors Centre an der Berliner Hertie School, Nils Redeker, rechnet mit einer Kompromisslösung in der Finanzierungsfrage. “Am Ende wird es ein Mix sein”, sagte er. Es werde höhere Beiträge der Mitgliedsländer brauchen, ebenso wie neue Eigenmittel für die EU, etwa Einnahmen aus dem Emissionshandel oder dem CO₂-Grenzausgleich CBAM. Denkbar sei auch die Aufnahme neuer EU-Schulden, allerdings setzten die europäischen Verträge hier Grenzen. tho

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    EU-Klimafinanzierung: Warum es trotz Erhöhung um 6,5 Milliarden Euro Kritik gibt

    Die EU-Staaten, die EU-Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB) haben im Jahr 2022 insgesamt 28,8 Milliarden Euro für die globale Klimafinanzierung bereitgestellt. Ein Anstieg von 6,5 Milliarden im Vergleich zu 2021. Das geht aus einer neuen Analyse des Climate Action Networks (CAN) hervor, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Den größten Anteil (fast 22 Milliarden Euro) trugen die Staaten bei. Deutschland (knapp 9,5 Milliarden) und Frankreich (7,6 Milliarden) sind die größten Geber. Allerdings gibt Frankreich einen sehr großen Teil über Kredite (84 Prozent), was die Studienautoren kritisieren, da es die Schuldenlast in den Empfängerstaaten vergrößern kann.

    Auch die Europäische Investitionsbank gibt nach diesen Informationen immer weniger Geld zu vergünstigten Konditionen. Konzessionäre Kredite machten 2022 nur noch zwei Prozent der Klimafinanzierung aus. 2017 waren es noch 19 Prozent. Zudem stiegen die Zinsen der Kredite, die die EIB zu Marktkonditionen vergeben hat, in den letzten Jahren an, so die Autoren. Nur 37 Prozent der Klimafinanzierung aus Europa floss in den Bereich der Klimaanpassung. Die am wenigstens entwickelten Staaten erhielten lediglich 18 Prozent der Klimafinanzierung. nib

    • Europa
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    Europe.Table Redaktion

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