Table.Briefing: Europe

EU-Ziele für Bio-Landwirtschaft + China-Strategie und EU-Politik + Atzpodien-Porträt

Liebe Leserin, lieber Leser,

bereits vor mehr als zwei Jahren hat die EU-Kommission einen Aktionsplan für mehr Bio-Landwirtschaft vorgestellt. Das Ziel: den Bio-Anteil in der Lebensmittelproduktion bis zum Jahr 2030 auf 25 Prozent zu steigern. Deutschland ist sogar noch ambitionierter und will zum gleichen Zeitpunkt 30 Prozent erreichen. Mein Kollege Timo Landenberger und ich haben den Aktionsplan, die bisherige Umsetzung und die Sinnhaftigkeit des Ziels im Kontext der Lebensmittelsicherheit in der EU auf den Prüfstand gestellt. So viel vorweg: Es gibt große Zweifel an den Kommissionsplänen.

Außerdem lesen Sie heute den zweiten Teil des Interviews mit Gunnar Wiegand, dem scheidenden Leiter der Asienabteilung beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS). Er sieht in der deutschen China-Strategie einen entscheidenden Schritt zur Umsetzung der europäischen China-Politik.

Im Porträt stellen wir den Chef-Lobbyisten der deutschen Rüstungsindustrie, Hans Christoph Atzpodien vor. Er fordert unter anderem, dass Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie der EU aufgenommen werden. Denn: “Ohne Waffen keine Verteidigungsbereitschaft und auch kein Frieden”, sagt er.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und einen schönen Tag.

Ihr
Lukas Knigge
Bild von Lukas  Knigge

Analyse

Ökologische Landwirtschaft: Wie sinnvoll ist das 25-Prozent-Ziel?

Bereits vor über zwei Jahren stellte die EU-Kommission ihren Aktionsplan für die Entwicklung ökologischer Erzeugung vor. Das Ziel: Produktion und Konsum von Bioprodukten steigern und bis 2030 mindestens 25 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaften. Mehr Biodiversität, Tierschutz und höhere Einkommen für Landwirtinnen und Landwirte versprach sich die Kommission seinerzeit von ihren Plänen.

Die Kommission hielt das 25-Prozent-Ziel ausdrücklich für machbar. Im März 2021 betrug der Anteil der Biolandwirtschaft in der EU laut Kommission zwar nur rund 9 Prozent. Manche Mitgliedstaaten wiesen demnach aber schon 2021 einen Anteil von über 25 Prozent auf, andere jedoch nur 0,5 Prozent.

Ziele schon jetzt fast außer Reichweite

Durch Informationskampagnen, Umfragen und Datenerhebungen will die Kommission den Konsum von Bioprodukten ankurbeln, durch Forschung und Innovation soll die Produktion gesteigert werden. Ob das reicht, um das 25-Prozent-Ziel zu erreichen, ist fraglich. Mit der aktuellen jährlichen Steigerungsrate der biologisch bewirtschafteten Agrarfläche würde 2030 EU-weit gerade einmal ein Anteil von etwa 16 Prozent erreicht werden. Das bedeutet, um das EU-Ziel zu erreichen, müsste sich die jährliche Umstellungsrate fast verdoppeln und die ökologisch bestellte Fläche im Vergleich zu heute nahezu verdreifachen.

Angesichts stagnierender Absatzzahlen von Bioprodukten durch die Inflation und gestiegene Lebensmittelpreise erscheint ein solches Wachstum unrealistisch. Bei Umfragen geben viele EU-Bürger zwar ein hohes Interesse an Bioprodukten an. Das Kaufverhalten spricht aber eine andere Sprache, immerhin sind Bioprodukte in der Regel deutlich teurer.

Noch deutlicher wird das hohe Ambitionsniveau der europäischen Ökolandbauziele am Beispiel von Deutschland. Die Bundesregierung hat sich noch höhere Ziele gesteckt und will bis 2030 sogar 30 Prozent Ökolandbau erreichen. 11,2 Prozent der Landwirtschaftsfläche Deutschlands werden aktuell ökologisch bewirtschaftet. Die jährliche Umstellungsrate liegt derzeit bei 3,7 Prozent, sie müsste jedoch über zwölf Prozent liegen, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel zu erreichen.

Welche Rolle spielt die GAP?

Die bisherigen Bemühungen scheinen also nicht ausreichend. Und die meisten nationalen Strategiepläne zur Umsetzung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) sind ebenfalls nicht auf das Ziel ausgerichtet. Dabei hatte die Kommission die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, die Entwicklung nationaler Ökolandbau-Aktionspläne in ihre GAP-Strategiepläne zu integrieren. Auch der deutsche GAP-Strategieplan sieht lediglich vor, neue durch die Öko-Regelungen der GAP entstandene finanzielle Spielräume auch für den Ausbau des ökologischen Landbaus zu nutzen.

Grünen-Agrarpolitiker und EU-Abgeordneter Martin Häusling begrüßt die anvisierte Ökologisierung der Landwirtschaft zwar, bezeichnet die Kommissionspläne, die sogenannten Eco-Schemes der GAP zur Unterstützung des Ökolandbaus zu benutzen, jedoch als “Trickkiste”. Der Biolandbau dürfe durch die allgemeine Bioförderung an vielen Programmen der GAP gar nicht teilnehmen, sagt er. Die Kommission beteuert, die Direktzahlungen durch die Eco-Schemes der GAP würden Umstellung und Beibehaltung von Ökolandbau unterstützen. Häusling hat da Zweifel, da die Mindestanforderungen für die Eco-Schemes und den Ökolandbau nicht vergleichbar seien. “Ein bisschen weniger Pestizid- und Mineraldüngereinsatz sind absolut nicht gleichzusetzen mit dem Boden- und Ökosystem-fördernden Ansatz des Ökolandbaus.”

Biolandbau vs. Selbstversorgung

Die nächste Frage lautet: Macht das Ziel von 25 Prozent Biolandwirtschaft aus Sicht der Ernährungssicherheit Sinn? Die Ertragsunterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft sind teils immens. Und die EU strebt einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad durch europäische Agrarprodukte an, was durch 25 Prozent Bio und den geringeren Ertrag erschwert werden könnte. Deshalb warnt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV): “Bei einer großflächigen Umstellung ist davon auszugehen, dass der Import von preisgünstigen Lebensmitteln aus dem nicht-europäischen Ausland noch weiter zunehmen würde.” Das gelte auch für Öko-Produkte, so Krüsken.

Norbert Lins (CDU), Vorsitzende des Agrarausschusses im EU-Parlament, geht ebenfalls davon aus, dass eine vollständige Umstellung auf Bio negative Auswirkungen auf den Selbstversorgungsgrad hätte. “Wir müssen weg von der Debatte Bio oder Nicht-Bio und hin zu einer realistischeren und an den jeweiligen Standort noch besser angepassten Landwirtschaft.”

Grünen-Politiker Häusling hält das für eine “Erzählung der Industrie”. “Die intensive konventionelle Landwirtschaft bringt zwar kurzfristig höhere Erträge, führt aber aufgrund von Bodenverarmung und Übernutzung von Ökosystem langfristig zu schwindenden Ernten und hohen sozialen Kosten.” Zwar liege die Ertragsdifferenz zwischen der biologischen und konventionellen Bewirtschaftung durchschnittlich über alle Kulturen hinweg bei etwa 16 Prozent. Doch Häusling plädiert für eine weitreichende Änderung der Flächennutzung sowie des Umgangs mit Lebensmitteln: weniger Getreide in den Futtertrog, mehr für die menschliche Ernährung, weniger Fläche für die Produktion von Agrotreibstoffen und weniger Lebensmittelabfälle.

Wer soll so viel Bio kaufen?

Es stellt sich zudem die Frage, ob größere Mengen an Bioprodukten überhaupt gekauft würden. Für Krüsken vom DBV ist klar: Das entscheidet der Markt. “Sollten die Verbraucher im entsprechenden Maß zu Öko-Produkten greifen, werden sich die Landwirte dem Verbraucherverhalten anpassen.” Derzeit sehe man allerdings eher den gegenteiligen Trend – wie bei allen Produkten, die sich über Regionalität oder höhere Standards definierten, sagt Krüsken. “Die Inflationsdebatte treibt die Preisorientierung der Verbraucher.”

CDU-Mann Lins argumentiert ähnlich: “Eine Umstellung auf Bio ohne den entsprechenden Markt und Kunden, die bereit sind, dafür tiefer in die Tasche zu greifen, bringt weder dem Landwirt etwas noch bringt es uns dem 25-Prozent-Ziel näher.” Häusling sieht dagegen insbesondere die Kommission in der Verantwortung. Es fehle noch immer an Aufklärungskampagnen sowie an Geldern für die Forschung. Von den 48 Millionen Euro an EU-Forschungsgeldern für nachhaltige Landwirtschaft im Jahr 2023 würden nur rund 28 Millionen in die Forschung des Ökolandbaus gehen. “Und bei der Gießkannenvergabe von 290 Milliarden Euro allein für GAP-Direktzahlungen, größtenteils gekoppelt an die Anzahl der Hektare, sehe ich die EU deutlich in der Pflicht zum Umsteuern.”

  • Ökologische Landwirtschaft

Interview

“Berlins China-Strategie stärkt die EU-Politik”

Als Leiter der Asien-Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes hat Gunnar Wiegand die China-Politik der EU entscheidend mitgelenkt.

Berlin hat erst vor ein paar Wochen seine China-Strategie veröffentlicht. Welche Impulse hat diese denn für Brüssel gegeben?

Die Kollegen in Deutschland haben eine sehr umfassende Strategie erarbeitet. Hier hat einer der wichtigsten europäischen Partner einen wichtigen Beitrag im Rahmen der europäischen Positionierung zu China geleistet. Die Strategie ist Teil der gemeinsamen EU-Position gegenüber China – und unterstützt und verstärkt diese, indem sie die EU-Strategie in die Notwendigkeiten und Möglichkeiten eines Mitgliedstaates übersetzt. Und zwar für die nationale, landes- und kommunale Ebene, für die offiziellen Institutionen, ebenso wie für Universitäten oder für Unternehmen. Für mich ist das ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung der EU und deren Politik gegenüber Peking. Es ist keine Abweichung oder ein neuer Impuls, sondern es ist die Umsetzung dessen, was im europäischen Rahmen steht. Ich bin froh, dass jetzt auch Deutschland das so gemacht hat, wie andere Mitgliedstaaten schon zuvor.

Im kommenden Jahr steht die Europawahl an. Denke Sie, China wird dabei und bei den Wahlkampagnen eine Rolle spielen? 

Traditionell sind ja außen- und sicherheitspolitische Themen ganz selten überhaupt von wahlentscheidender Bedeutung. Ich denke, China spielt dabei eher mittelbar eine Rolle, und zwar insbesondere, wenn es um die wirtschaftlichen Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen beiden Seiten geht.

Gibt es denn den Ansatz für die Europawahl, und auch generell, mehr gegen chinesische Desinformationen zu unternehmen? Gerade auf Plattformen wie X, besser bekannt als Twitter, sprießen diese ja ohne jegliche Einordnung. 

Im jüngsten EEAS-Report zu Desinformation gab es ein Kapitel zur chinesischen Unterstützung für russische Informationsmanipulation. Wir haben bewusst chinesische Publikationen und Aktionen in den Sozialmedien eingebunden, angesichts ihrer stetig wachsenden Bedeutung. Und das vor allem in Ländern, wo China oftmals ein effizienter Verstärker von russischer Desinformation ist. Es ist wichtig, das nicht nur diplomatisch anzusprechen, wann immer die Möglichkeit besteht, sondern das auch konkret zu widerlegen, unter anderem mit Reaktionen in den sozialen Medien. Wir müssen hier die Dinge aktiv klarstellen.  

Klarstellen kann man nur, wenn es Fakten gibt. Das ist zum Beispiel im Fall des verschwundenen Außenminister Qin Gang nicht möglich, da sein Verbleib immer noch unklar ist. Die Gerüchteküche brodelt. Hat man Ihnen dazu mehr Informationen gegeben? Der Besuch des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell musste ja deshalb verschoben werden. 

Da muss ich Sie enttäuschen. Wir sind relativ kurzfristig darüber informiert worden, dass der Besuch nicht mehr machbar war. Und anschließend wurde der Eindruck erweckt, dass es sich um ein gesundheitsbezogenes Problem handele. Was, nach wie vor, nicht ganz auszuschließen ist. Aber wir werden uns nicht zu dieser Frage äußern, denn das können nur die kompetenten chinesischen Stellen. 

Gibt es bereits einen Termin für den EU-China-Gipfel?

Es ist geplant, den Gipfel in diesem Jahr abzuhalten, der Termin ist aber noch nicht festgelegt.

Haben Sie denn ein persönliches Highlight Ihrer Zeit als Asiendirektor des EEAS? 

Da gibt es ziemlich viele. Eines war aber sicher, zu sehen, wie stark die Union jetzt bereit ist, sich breiter aufzustellen und proaktiv in eine so weit entfernte, aber immer enger mit uns verbundene Weltregion zu gehen. Dazu gehört als Highlight, dass wir 2021 mit allen Mitgliedsstaaten eine neue EU-Indo-Pazifik-Strategie erarbeitet haben, die wir 2022 trotz des beginnenden russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auch voll begonnen haben, umzusetzen. Nirgendwo wurde das deutlicher als mit dem ersten Ministerforum für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum am 22. Februar in Paris, kurz vor dem Beginn der russischen Invasion. Europa konnte global handeln, trotz drohenden Krieges in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Das war für mich ein wichtiger Punkt.

Welche Entwicklungen halten Sie noch für wichtig?

Dass wir die Global-Gateway-Initiative nun langsam in die richtige Richtung bekommen haben und es eine ganze Reihe von konkreten Flaggschiff-Projekten gibt, die die grüne und digitale Transition voranbringen sowie zur Infrastrukturentwicklung und Konnektivität beitragen. Ich könnte Ihnen noch sehr viel mehr nennen, aber ich glaube, das sind ganz gute Highlights. Es gab in der Zeit aber auch eine Reihe von sehr negativen Erfahrungen, wie beispielsweise der Militärputsch in Myanmar oder die Entwicklungen in Afghanistan. Auch dass es immer mehr Interkontinentalraketen aus Nordkorea gibt, aber keinen Dialog mehr, ist besorgniserregend.  

Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger denn mit für die Position? 

Meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger möchte ich vor allem raten, auch mittel- und langfristig zu denken und Dinge entsprechend vorzubereiten und nicht nur auf die aktuelle Lage zu blicken. Ich glaube, das ist ein wesentliches Manko unserer kollektiven Entscheidungsfindung, bei der man immer wieder versucht, sich zu einem Thema im Detail zu positionieren. Und in der Kompromissfindung zwischen allen Mitgliedsstaaten geht der Blick für das Ganze verloren. Das trifft nicht nur auf China zu. 

Steht die Nachfolge denn schon fest?

Ich kann Ihnen nur sagen, dass die oder der Beste ausgewählt wird und dass der Auswahlprozess in vollem Gange ist.

Gunnar Wiegand war von Januar 2016 bis August 2023 Leiter der Asienabteilung beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS). Zuvor war er stellvertretender Leiter für die Abteilung Europa und Zentralasien sowie Direktor der Abteilung für Russland, Östliche Partnerschaft, Zentralasien und OSZE beim EEAS. Vor seinem Eintritt beim EEAS war Wiegand seit 1990 in verschiedenen Funktionen im Zusammenhang mit Außenbeziehungen und Handelspolitik bei der Europäischen Kommission tätig.

Wiegand wird nach der Sommerpause Visiting Professor am College of Europe im belgischen Brügge. Er wird dort Teil des Departments für EU International Relations and Diplomacy Studies.

  • EEAS
  • OSZE
Translation missing.

Termine

16.08.2023 – 09:00-12:30 Uhr, online
ASEW, Seminar Stakeholder- und Partnerkommunikation – Erfolgsfaktor in der kommunalen Wärmeplanung
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt den Ansatz des issue-fokussierten Multi-Stakeholder-Managements als Form der Kommunikation mit potenziellen Partnern in Theorie und Praxis der kommunalen Wärmeplanung vor. INFOS & ANMELDUNG

16.08.2023 – 12:00-18:00 Uhr, Düsseldorf
Eco, Roundtable 6G: UMTS, LTE, 5G – viele Verheißungen und 6G macht sie alle wahr?
Expertinnen und Experten unter anderem von der Deutschen Telekom, der Universität Bochum und Siemens diskutieren über das Potenzial von 6G für Industrie, Dienstleistungsbranche und Kommunikation. INFOS & ANMELDUNG

17.08.2023 – 07:30-16:30 Uhr, Düsseldorf/online
Transatlantic AI eXchange, conference European AI Summit 2023
This conference brings together artificial intelligence (AI) experts from Europe and the United States to facilitate knowledge exchanges through presentations and discussions on a range of AI domains. INFO & REGISTRATION

17.08.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
Kommunalberatung Klimafolgenanpassung NRW, Seminar Klimaanpassungs-Check für Kommunen in NRW
Neben einem Impulsvortrag der NRW-Umweltministerin bietet das Webinar eine Einführung in den Klimaanpassungscheck für Kommunen, Einblicke in Erfahrungen aus der kommunalen Praxis sowie die Möglichkeit zum Austausch. INFOS & ANMELDUNG

17.08.2023 – 10:00-11:30 Uhr, online
ASEW, Seminar Die neue Nachhaltigkeitsberichtspflicht
Das Webinar der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) thematisiert die vom EU-Parlament verabschiedete Nachhaltigkeitsberichtspflicht (CSRD) und erörtert, was diese für Energieversorgungsunternehmen konkret bedeutet. INFOS & ANMELDUNG

17.08.2023 – 14:40-16:00 Uhr, Düsseldorf
digihub, fair Digital Demo Day
At Germany’s largest B2B Startup conference, over 250 startups will present their products and latest technologies, accompanied by a diverse conference program, interactive workshops, and networking opportunities.  INFO & REGISTRATION

News

Rumänien will Transitkapazität für ukrainisches Getreide verdoppeln

Rumänien will die monatliche Transitkapazität für ukrainisches Getreide zu seinem wichtigsten Schwarzmeerhafen Constanta in den kommenden Monaten auf 4 Millionen Tonnen verdoppeln, insbesondere über die Donau, sagte Verkehrsminister Sorin Grindeanu. Bevor sich Russland aus dem Getreide-Abkommen mit der Ukraine zurückzog, entfiel auf die Donauhäfen rund ein Viertel der ukrainischen Getreideexporte. Das Getreide wird auf Lastkähne verladen, flussabwärts durch Rumänien transportiert und vom rumänischen Schwarzmeerhafen Constanta weiterbefördert.

Durch die Einstellung von mehr Personal zur Erleichterung der Durchfahrt von Schiffen in den Sulina-Kanal der Donau und durch von der EU finanzierte Infrastrukturprojekte, könnte Rumänien die Transitkapazität erhöhen, erklärte Grindeanu gegenüber der Presse. “Ich habe die Bedeutung der rumänischen Schienen-, Straßen- und Seeverkehrswege für die Aufrechterhaltung eines konstanten Flusses für ukrainische Exporte hervorgehoben”, sagte Grindeanu nach einem Treffen mit Vertretern der EU, der USA, Moldawiens und der Ukraine in der Donaustadt Galati.

Ukraine will mehr Umladeplätze in Rumänien

Grindeanu kündigte an, dass die rumänische Donauverwaltung bis Ende August 60 Lotsen haben werde, die Schiffe in den und aus dem Sulina-Kanal bringen. Ein von der EU finanziertes Projekt, das die Schifffahrt auf der Sulina bei Nacht ermöglichen soll, werde voraussichtlich im Oktober abgeschlossen sein, sagte er. “Wenn alle diese Investitionen getätigt sind und die Zahl der Lotsen steigt, werden neben Reni und Izmail automatisch auch die rumänischen Häfen Galati und Braila genutzt.”

Der bei dem Treffen anwesende stellvertretende ukrainische Ministerpräsident Oleksandr Kubrakov sagte, die Donau bleibe eine der wichtigsten und attraktivsten Logistikrouten für den Export ukrainischer Agrarprodukte. “Die Ukraine ist auch an der Möglichkeit interessiert, in den rumänischen Hoheitsgewässern, insbesondere in der Nähe des Hafens von Constanta und des Sulina-Kanals, zusätzliche Plätze für die Umladung von Schiffen auf der Straße einzurichten”, sagte er. Man habe die rumänische Seite zudem gebeten, dafür zu sorgen, dass mindestens 14 Schiffe pro Tag von und zu den ukrainischen Häfen an der Donau durch den Sulina-Kanal abgefertigt würden. rtr

  • Agrarpolitik
  • Landwirtschaft
  • Rumänien

Lindner sagt bei Kiew-Besuch weitere Hilfe zu

Bei seinem ersten Besuch in der Ukraine seit Beginn der russischen Militäroffensive im Februar 2022 hat Bundesfinanzminister Christian Lindner dem Land weitere Unterstützung zugesagt. “Wir wissen, dass die Ukraine auch unsere Werte verteidigt und mit ihnen die europäische Friedens- und Freiheitsordnung insgesamt”, sagte der FDP-Chef am Montag in Kiew nach Gesprächen im ukrainischen Finanzministerium.

“Deshalb darf die Ukraine weiter darauf rechnen, dass Deutschland im internationalen Verbund, aber auch bilateral unterstützen wird.” Es sei bereits eine Größenordnung von 22 Milliarden Euro mobilisiert worden für unterschiedliche Bereiche der Unterstützung. “Für die nächsten Jahre haben wir in unseren Haushaltsplanungen eine Fortsetzung der Unterstützung der Ukraine bereits fest eingeplant”, sagte Lindner zu.

Partner- statt Gebernation

Der Finanzminister war am Morgen mit dem Zug zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Er komme nicht als Vertreter einer Gebernation, sondern als Vertreter einer Partnernation, sagte Lindner. Deutschland wolle mehr tun als humanitär, militärisch und finanziell zu unterstützen. “Wir wollen unsere Beiträge dazu leisten, dass die Ukraine eine prosperierende Zukunft hat, insbesondere dann, wenn hoffentlich bald der schreckliche Krieg von der Ukraine gewonnen sein wird”, sagte Lindner.

Die beiden Finanzministerien würden daher enger zusammenarbeiten, etwa im Bereich der Finanzaufsicht, des Finanzmarkts und des Kreditwesens. Dies solle auch beim Zoll und beim Management von Staatsbeteiligungen und ihrer Privatisierung geschehen, was in der Ukraine ein sehr großes und in Deutschland immer noch ein bedeutsames Thema sei. rtr

  • Christian Lindner
  • Ukraine-Krieg

Lettland: Regierungschef Kariņš kündigt Rücktritt an

Der lettische Ministerpräsident Krišjānis Kariņš hat wegen Streitigkeiten in der regierenden Koalition seinen Rücktritt angekündigt. Er werde seine und die Demission seines Kabinetts am Donnerstag beim Präsidenten einreichen, sagte Karins am Montag bei einer Pressekonferenz in Riga. Kariņš mitte-rechts Partei der Einheit hatte die Wahl im Oktober 2022 gewonnen. Zusammen mit der konservativen Nationalen Allianz und einer Liste kleinerer Parteien führt er seitdem die Regierung mit knapper Mehrheit im Parlament.

Erste Risse in der Koalition taten sich bereits im Mai auf, als es den Regierungsparteien nicht gelang, sich auf einen Kandidaten für die Präsidentenwahl in der baltischen Republik zu verständigen. Kariņš warf seinen Partnern jetzt vor, die Regierungsarbeit für mehr Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum zu blockieren, wie er auf der Medienplattform X – früher Twitter – schrieb. Am vergangenen Freitag hatte sich der Ministerpräsident noch vergeblich darum bemüht, weitere Parteien in die Regierung einzubinden.

Kariņš kündigte an, seine Partei werde am Mittwoch einen neuen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs auswählen. Dieser müsste von Präsident Edgars Rinkēvičs mit der Regierungsbildung beauftragt und im Fall eines Erfolges vom Parlament bestätigt werden. Die nächste Parlamentswahl in Lettland ist turnusgemäß im Jahr 2026. rtr

  • Europäischer Rat
  • Europapolitik
  • Lettland

Journalistenverband rät Medienschaffenden von Türkei-Reisen ab

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Medienschaffenden von beruflichen wie privaten Reisen in die Türkei abgeraten. Die vorübergehende Festnahme der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut bei ihrer Einreise in die Türkei Anfang August zeige “ein weiteres Mal, dass die Erdogan-Autokratie ihre Kritiker als militante Staatsfeinde betrachtet und verfolgt, wenn sie die Möglichkeit dazu hat”, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

Wenn selbst die parlamentarische Immunität einer Abgeordneten nicht vor einer Festnahme schütze, sei die Gefahr für Journalistinnen und Journalisten umso größer. Überall sagte weiter: “Wer sich als Journalist schon einmal kritisch in den eigenen Beträgen und in den sozialen Netzwerken über die Türkei, ihren Präsidenten oder die Regierungspartei AKP geäußert hat, sollte sich von dem Land fernhalten.” Alles andere sei ein unkalkulierbares Risiko.

Wegen “Terrorpropaganda” festgenommen

Die Linke-Politikerin Akbulut war am 3. August in der Türkei kurzzeitig festgenommen worden. Ein von den türkischen Behörden wieder gelöschter Haftbefehl sei wegen “angeblicher Terrorpropaganda” ausgestellt worden, sagte Akbulut der Zeitung Mannheimer Morgen. Sie verwies auf ihren kurdisch-alevitischen Hintergrund. Die deutsche Botschaft in Ankara und das Auswärtige Amt hätten sich eingeschaltet und damit ihre Freilassung bewirkt.

Akbulut sitzt seit 2017 im Bundestag. Sie ist in der Türkei geboren. Sie hat sich wiederholt kritisch über die türkische Regierung geäußert und setzt sich für eine Aufhebung des deutschen Betätigungsverbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK ein. Die PKK ist in der Türkei, aber auch in der EU als Terrororganisation eingestuft. dpa

  • Medienfreiheit
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  • Türkei

Presseschau

Wagner-Söldner rekrutieren in EU-Land? Polen nimmt zwei Russen fest MORGENPOST
Explosion an rumänischem Küstenort – offenbar wegen russischer Seemine TAGESSPIEGEL
Weichen gestellt – Einigung im Trilog zum EU-Bankenpaket: Der Umsetzung von Basel IV/CRR III steht nichts mehr im Weg DER-BANK-BLOG
Ukraine hilft EU beim Gasspeichern BOERSEN-ZEITUNG
Meinung – Europa: Die Mitschuld der EU am Aufstieg der AfD WELT
Meinung: Scheitern in Afghanistan und Mali – Europa steht vor neuen Aufgaben FR
EU- und Nato-Partner: Lettischer Regierungschef kündigt seinen Rücktritt an AUGSBURGER-ALLGEMEINE
Experte: USA und EU wollen Putin-Freund Milorad Dodik nur noch loswerden WEB
Wasserstoff-Wettlauf zwischen der EU und den USA TAGESSPIEGEL
EU will einfachere Buchungen internationaler Zugreisen REPORT-K
Projekt “Exfiles” der EU: Forscher knacken Hunderte Kryptohandys SPIEGEL
Vorsorge: Deutsche Banken – Über 2,6 Milliarden Euro für EU-Krisentopf RNZ
Bring Fans and Skip the Sights: Vacationing in Scorching Hot Europe NYTIMES
Threads: Metas Twitter-Klon könnte bald auch in die EU kommen T3N
Ätna-Ausbruch: Flughafen in Catania gesperrt MERKUR
Storm Hans: railway bridge collapses in southern Norway THEGUARDIAN

Heads

Hans Christoph Atzpodien – Chef-Lobbyist der deutschen Rüstungsindustrie 

Hans Christoph Atzpodien ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV).

Hans Christoph Atzpodien weiß, wie man sich in der wohl unliebsamsten aller Branchen bewegt – rechtlich, strategisch, aber vor allem argumentativ. Wofür er Energie investiert – in die Verhinderung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes etwa -, oder wann er es auch mal gut sein lässt – gegenüber den Medien zum Beispiel.

Atzpodien, 1955 in Düren in der Eifel geboren und promovierter Jurist, ist seit 2017 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) und dessen Gründungsmitglied. Der 2009 gegründete Lobbyverband vereint mehr als 200 deutsche Rüstungsfirmen, darunter Schwergewichte wie Airbus Defence, MBDA, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann, ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) und Diehl Defence.

Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie

Zusammen ist man eben stärker – nicht zuletzt gegenüber der Bundesregierung, die Rüstungsexporte noch in dieser Legislaturperiode strenger per Gesetz kontrollieren will. Das sieht der oberste Vertreter einer Branche, die sehr auf das Exportgeschäft und internationale Zusammenarbeit angewiesen ist, entsprechend kritisch. “Dieses Instrument ist im Zweifel eher kooperationsschädlich”, sagt der 68-Jährige. “Europäische Kooperationen funktionieren nur, wenn die Kunden dasselbe Gerät wollen. Dafür muss die Politik in den entsprechenden Ländern sorgen und alle Hürden aus dem Weg räumen. Zu diesen Hürden gehören auch unterschiedliche Vorstellungen über den Rüstungsexport.”

Und man ist stärker gegenüber den EU-Institutionen, die Druck machen beim Klimaschutz. So plädiert Atzpodien dafür, Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie der EU aufzunehmen, um Investoren zu signalisieren, dass es sich um eine nachhaltige Anlagemöglichkeit handele. “Ohne Waffen keine Verteidigungsbereitschaft und auch kein Frieden”, so Atzpodiens Argumentation – oder auch: “Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit”.

Eine Branche im Fokus

Ohne Zweifel, der 24. Februar 2022 bedeutete auch für die deutsche Rüstungsindustrie eine Zeitenwende: Waffenlieferungen an die Ukraine, die Ausstattung der Bundeswehr – die Sicherheits- und Verteidigungsbranche steht seitdem gar nicht so schlecht da in der Öffentlichkeit, könnte man meinen. Ob sich das Image der Branche in der Bevölkerung dadurch aber wirklich verbessert habe?

Dazu holt Atzpodien aus, erklärt, woher der schlechte Ruf überhaupt komme. So sei es die Bundesregierung, die Waffenexporte auch an Nicht-Nato-Länder genehmige, der Bevölkerung aber nicht erkläre, warum. Das falle dann zurück auf die Branche. Beispiel Algerien: “Da haben wir seinerzeit von ThyssenKrupp Marine Systems Fregatten hinverkauft. Warum hat die Bundesregierung das genehmigt? Weil sie Algerien als stabilisierenden Faktor im westlichen Mittelmeer ansah.”

Nach den politischen Grundsätzen der Bundesregierung würden Waffen aus Deutschland nur dann exportiert, wenn die Bundesregierung daran ein außen- und sicherheitspolitisches Interesse habe, erklärt Atzpodien. “Da auch wir wollen, dass unsere Produkte nicht in falsche Hände geraten, stehen wir da absolut dahinter.” Auch am Beispiel Ukraine sehe man, dass es die Bundesregierung sei, die über Exporte entscheide, nicht die Industrie.

Bei TKMS für U-Boot-Deals zuständig

1982 war Atzpodien bei der damaligen Otto Wolff AG eingestiegen, die später im Thyssen-Konzern aufging. 2007 wurde er Vorstandsvorsitzender von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). In seine Zeit an der Konzernspitze fallen umstrittene U-Boot-Deals mit der israelischen und ägyptischen Regierung. 2016 musste Atzpodien TKMS verlassen, nachdem ein milliardenschwerer U-Boot-Auftrag aus Australien an den französischen Konkurrenten DCNS ging.

Ob sich der Ruf der Rüstungsbranche seit Beginn des Ukraine-Kriegs denn nun verbessert habe? Eine direkte Antwort darauf gibt Atzpodien nicht. Das Medieninteresse sei zwar gestiegen, aber er komme weiterhin längst nicht überall zu Wort, versuche es allerdings inzwischen auch nicht mehr so oft wie früher. Lisa-Martina Klein

  • Sicherheitspolitik
  • Verteidigungspolitik

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    bereits vor mehr als zwei Jahren hat die EU-Kommission einen Aktionsplan für mehr Bio-Landwirtschaft vorgestellt. Das Ziel: den Bio-Anteil in der Lebensmittelproduktion bis zum Jahr 2030 auf 25 Prozent zu steigern. Deutschland ist sogar noch ambitionierter und will zum gleichen Zeitpunkt 30 Prozent erreichen. Mein Kollege Timo Landenberger und ich haben den Aktionsplan, die bisherige Umsetzung und die Sinnhaftigkeit des Ziels im Kontext der Lebensmittelsicherheit in der EU auf den Prüfstand gestellt. So viel vorweg: Es gibt große Zweifel an den Kommissionsplänen.

    Außerdem lesen Sie heute den zweiten Teil des Interviews mit Gunnar Wiegand, dem scheidenden Leiter der Asienabteilung beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS). Er sieht in der deutschen China-Strategie einen entscheidenden Schritt zur Umsetzung der europäischen China-Politik.

    Im Porträt stellen wir den Chef-Lobbyisten der deutschen Rüstungsindustrie, Hans Christoph Atzpodien vor. Er fordert unter anderem, dass Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie der EU aufgenommen werden. Denn: “Ohne Waffen keine Verteidigungsbereitschaft und auch kein Frieden”, sagt er.

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    Ökologische Landwirtschaft: Wie sinnvoll ist das 25-Prozent-Ziel?

    Bereits vor über zwei Jahren stellte die EU-Kommission ihren Aktionsplan für die Entwicklung ökologischer Erzeugung vor. Das Ziel: Produktion und Konsum von Bioprodukten steigern und bis 2030 mindestens 25 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaften. Mehr Biodiversität, Tierschutz und höhere Einkommen für Landwirtinnen und Landwirte versprach sich die Kommission seinerzeit von ihren Plänen.

    Die Kommission hielt das 25-Prozent-Ziel ausdrücklich für machbar. Im März 2021 betrug der Anteil der Biolandwirtschaft in der EU laut Kommission zwar nur rund 9 Prozent. Manche Mitgliedstaaten wiesen demnach aber schon 2021 einen Anteil von über 25 Prozent auf, andere jedoch nur 0,5 Prozent.

    Ziele schon jetzt fast außer Reichweite

    Durch Informationskampagnen, Umfragen und Datenerhebungen will die Kommission den Konsum von Bioprodukten ankurbeln, durch Forschung und Innovation soll die Produktion gesteigert werden. Ob das reicht, um das 25-Prozent-Ziel zu erreichen, ist fraglich. Mit der aktuellen jährlichen Steigerungsrate der biologisch bewirtschafteten Agrarfläche würde 2030 EU-weit gerade einmal ein Anteil von etwa 16 Prozent erreicht werden. Das bedeutet, um das EU-Ziel zu erreichen, müsste sich die jährliche Umstellungsrate fast verdoppeln und die ökologisch bestellte Fläche im Vergleich zu heute nahezu verdreifachen.

    Angesichts stagnierender Absatzzahlen von Bioprodukten durch die Inflation und gestiegene Lebensmittelpreise erscheint ein solches Wachstum unrealistisch. Bei Umfragen geben viele EU-Bürger zwar ein hohes Interesse an Bioprodukten an. Das Kaufverhalten spricht aber eine andere Sprache, immerhin sind Bioprodukte in der Regel deutlich teurer.

    Noch deutlicher wird das hohe Ambitionsniveau der europäischen Ökolandbauziele am Beispiel von Deutschland. Die Bundesregierung hat sich noch höhere Ziele gesteckt und will bis 2030 sogar 30 Prozent Ökolandbau erreichen. 11,2 Prozent der Landwirtschaftsfläche Deutschlands werden aktuell ökologisch bewirtschaftet. Die jährliche Umstellungsrate liegt derzeit bei 3,7 Prozent, sie müsste jedoch über zwölf Prozent liegen, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel zu erreichen.

    Welche Rolle spielt die GAP?

    Die bisherigen Bemühungen scheinen also nicht ausreichend. Und die meisten nationalen Strategiepläne zur Umsetzung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) sind ebenfalls nicht auf das Ziel ausgerichtet. Dabei hatte die Kommission die Mitgliedstaaten dazu aufgerufen, die Entwicklung nationaler Ökolandbau-Aktionspläne in ihre GAP-Strategiepläne zu integrieren. Auch der deutsche GAP-Strategieplan sieht lediglich vor, neue durch die Öko-Regelungen der GAP entstandene finanzielle Spielräume auch für den Ausbau des ökologischen Landbaus zu nutzen.

    Grünen-Agrarpolitiker und EU-Abgeordneter Martin Häusling begrüßt die anvisierte Ökologisierung der Landwirtschaft zwar, bezeichnet die Kommissionspläne, die sogenannten Eco-Schemes der GAP zur Unterstützung des Ökolandbaus zu benutzen, jedoch als “Trickkiste”. Der Biolandbau dürfe durch die allgemeine Bioförderung an vielen Programmen der GAP gar nicht teilnehmen, sagt er. Die Kommission beteuert, die Direktzahlungen durch die Eco-Schemes der GAP würden Umstellung und Beibehaltung von Ökolandbau unterstützen. Häusling hat da Zweifel, da die Mindestanforderungen für die Eco-Schemes und den Ökolandbau nicht vergleichbar seien. “Ein bisschen weniger Pestizid- und Mineraldüngereinsatz sind absolut nicht gleichzusetzen mit dem Boden- und Ökosystem-fördernden Ansatz des Ökolandbaus.”

    Biolandbau vs. Selbstversorgung

    Die nächste Frage lautet: Macht das Ziel von 25 Prozent Biolandwirtschaft aus Sicht der Ernährungssicherheit Sinn? Die Ertragsunterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft sind teils immens. Und die EU strebt einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad durch europäische Agrarprodukte an, was durch 25 Prozent Bio und den geringeren Ertrag erschwert werden könnte. Deshalb warnt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV): “Bei einer großflächigen Umstellung ist davon auszugehen, dass der Import von preisgünstigen Lebensmitteln aus dem nicht-europäischen Ausland noch weiter zunehmen würde.” Das gelte auch für Öko-Produkte, so Krüsken.

    Norbert Lins (CDU), Vorsitzende des Agrarausschusses im EU-Parlament, geht ebenfalls davon aus, dass eine vollständige Umstellung auf Bio negative Auswirkungen auf den Selbstversorgungsgrad hätte. “Wir müssen weg von der Debatte Bio oder Nicht-Bio und hin zu einer realistischeren und an den jeweiligen Standort noch besser angepassten Landwirtschaft.”

    Grünen-Politiker Häusling hält das für eine “Erzählung der Industrie”. “Die intensive konventionelle Landwirtschaft bringt zwar kurzfristig höhere Erträge, führt aber aufgrund von Bodenverarmung und Übernutzung von Ökosystem langfristig zu schwindenden Ernten und hohen sozialen Kosten.” Zwar liege die Ertragsdifferenz zwischen der biologischen und konventionellen Bewirtschaftung durchschnittlich über alle Kulturen hinweg bei etwa 16 Prozent. Doch Häusling plädiert für eine weitreichende Änderung der Flächennutzung sowie des Umgangs mit Lebensmitteln: weniger Getreide in den Futtertrog, mehr für die menschliche Ernährung, weniger Fläche für die Produktion von Agrotreibstoffen und weniger Lebensmittelabfälle.

    Wer soll so viel Bio kaufen?

    Es stellt sich zudem die Frage, ob größere Mengen an Bioprodukten überhaupt gekauft würden. Für Krüsken vom DBV ist klar: Das entscheidet der Markt. “Sollten die Verbraucher im entsprechenden Maß zu Öko-Produkten greifen, werden sich die Landwirte dem Verbraucherverhalten anpassen.” Derzeit sehe man allerdings eher den gegenteiligen Trend – wie bei allen Produkten, die sich über Regionalität oder höhere Standards definierten, sagt Krüsken. “Die Inflationsdebatte treibt die Preisorientierung der Verbraucher.”

    CDU-Mann Lins argumentiert ähnlich: “Eine Umstellung auf Bio ohne den entsprechenden Markt und Kunden, die bereit sind, dafür tiefer in die Tasche zu greifen, bringt weder dem Landwirt etwas noch bringt es uns dem 25-Prozent-Ziel näher.” Häusling sieht dagegen insbesondere die Kommission in der Verantwortung. Es fehle noch immer an Aufklärungskampagnen sowie an Geldern für die Forschung. Von den 48 Millionen Euro an EU-Forschungsgeldern für nachhaltige Landwirtschaft im Jahr 2023 würden nur rund 28 Millionen in die Forschung des Ökolandbaus gehen. “Und bei der Gießkannenvergabe von 290 Milliarden Euro allein für GAP-Direktzahlungen, größtenteils gekoppelt an die Anzahl der Hektare, sehe ich die EU deutlich in der Pflicht zum Umsteuern.”

    • Ökologische Landwirtschaft

    Interview

    “Berlins China-Strategie stärkt die EU-Politik”

    Als Leiter der Asien-Abteilung des Europäischen Auswärtigen Dienstes hat Gunnar Wiegand die China-Politik der EU entscheidend mitgelenkt.

    Berlin hat erst vor ein paar Wochen seine China-Strategie veröffentlicht. Welche Impulse hat diese denn für Brüssel gegeben?

    Die Kollegen in Deutschland haben eine sehr umfassende Strategie erarbeitet. Hier hat einer der wichtigsten europäischen Partner einen wichtigen Beitrag im Rahmen der europäischen Positionierung zu China geleistet. Die Strategie ist Teil der gemeinsamen EU-Position gegenüber China – und unterstützt und verstärkt diese, indem sie die EU-Strategie in die Notwendigkeiten und Möglichkeiten eines Mitgliedstaates übersetzt. Und zwar für die nationale, landes- und kommunale Ebene, für die offiziellen Institutionen, ebenso wie für Universitäten oder für Unternehmen. Für mich ist das ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung der EU und deren Politik gegenüber Peking. Es ist keine Abweichung oder ein neuer Impuls, sondern es ist die Umsetzung dessen, was im europäischen Rahmen steht. Ich bin froh, dass jetzt auch Deutschland das so gemacht hat, wie andere Mitgliedstaaten schon zuvor.

    Im kommenden Jahr steht die Europawahl an. Denke Sie, China wird dabei und bei den Wahlkampagnen eine Rolle spielen? 

    Traditionell sind ja außen- und sicherheitspolitische Themen ganz selten überhaupt von wahlentscheidender Bedeutung. Ich denke, China spielt dabei eher mittelbar eine Rolle, und zwar insbesondere, wenn es um die wirtschaftlichen Verbindungen und Abhängigkeiten zwischen beiden Seiten geht.

    Gibt es denn den Ansatz für die Europawahl, und auch generell, mehr gegen chinesische Desinformationen zu unternehmen? Gerade auf Plattformen wie X, besser bekannt als Twitter, sprießen diese ja ohne jegliche Einordnung. 

    Im jüngsten EEAS-Report zu Desinformation gab es ein Kapitel zur chinesischen Unterstützung für russische Informationsmanipulation. Wir haben bewusst chinesische Publikationen und Aktionen in den Sozialmedien eingebunden, angesichts ihrer stetig wachsenden Bedeutung. Und das vor allem in Ländern, wo China oftmals ein effizienter Verstärker von russischer Desinformation ist. Es ist wichtig, das nicht nur diplomatisch anzusprechen, wann immer die Möglichkeit besteht, sondern das auch konkret zu widerlegen, unter anderem mit Reaktionen in den sozialen Medien. Wir müssen hier die Dinge aktiv klarstellen.  

    Klarstellen kann man nur, wenn es Fakten gibt. Das ist zum Beispiel im Fall des verschwundenen Außenminister Qin Gang nicht möglich, da sein Verbleib immer noch unklar ist. Die Gerüchteküche brodelt. Hat man Ihnen dazu mehr Informationen gegeben? Der Besuch des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell musste ja deshalb verschoben werden. 

    Da muss ich Sie enttäuschen. Wir sind relativ kurzfristig darüber informiert worden, dass der Besuch nicht mehr machbar war. Und anschließend wurde der Eindruck erweckt, dass es sich um ein gesundheitsbezogenes Problem handele. Was, nach wie vor, nicht ganz auszuschließen ist. Aber wir werden uns nicht zu dieser Frage äußern, denn das können nur die kompetenten chinesischen Stellen. 

    Gibt es bereits einen Termin für den EU-China-Gipfel?

    Es ist geplant, den Gipfel in diesem Jahr abzuhalten, der Termin ist aber noch nicht festgelegt.

    Haben Sie denn ein persönliches Highlight Ihrer Zeit als Asiendirektor des EEAS? 

    Da gibt es ziemlich viele. Eines war aber sicher, zu sehen, wie stark die Union jetzt bereit ist, sich breiter aufzustellen und proaktiv in eine so weit entfernte, aber immer enger mit uns verbundene Weltregion zu gehen. Dazu gehört als Highlight, dass wir 2021 mit allen Mitgliedsstaaten eine neue EU-Indo-Pazifik-Strategie erarbeitet haben, die wir 2022 trotz des beginnenden russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auch voll begonnen haben, umzusetzen. Nirgendwo wurde das deutlicher als mit dem ersten Ministerforum für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum am 22. Februar in Paris, kurz vor dem Beginn der russischen Invasion. Europa konnte global handeln, trotz drohenden Krieges in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Das war für mich ein wichtiger Punkt.

    Welche Entwicklungen halten Sie noch für wichtig?

    Dass wir die Global-Gateway-Initiative nun langsam in die richtige Richtung bekommen haben und es eine ganze Reihe von konkreten Flaggschiff-Projekten gibt, die die grüne und digitale Transition voranbringen sowie zur Infrastrukturentwicklung und Konnektivität beitragen. Ich könnte Ihnen noch sehr viel mehr nennen, aber ich glaube, das sind ganz gute Highlights. Es gab in der Zeit aber auch eine Reihe von sehr negativen Erfahrungen, wie beispielsweise der Militärputsch in Myanmar oder die Entwicklungen in Afghanistan. Auch dass es immer mehr Interkontinentalraketen aus Nordkorea gibt, aber keinen Dialog mehr, ist besorgniserregend.  

    Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger denn mit für die Position? 

    Meiner Nachfolgerin oder meinem Nachfolger möchte ich vor allem raten, auch mittel- und langfristig zu denken und Dinge entsprechend vorzubereiten und nicht nur auf die aktuelle Lage zu blicken. Ich glaube, das ist ein wesentliches Manko unserer kollektiven Entscheidungsfindung, bei der man immer wieder versucht, sich zu einem Thema im Detail zu positionieren. Und in der Kompromissfindung zwischen allen Mitgliedsstaaten geht der Blick für das Ganze verloren. Das trifft nicht nur auf China zu. 

    Steht die Nachfolge denn schon fest?

    Ich kann Ihnen nur sagen, dass die oder der Beste ausgewählt wird und dass der Auswahlprozess in vollem Gange ist.

    Gunnar Wiegand war von Januar 2016 bis August 2023 Leiter der Asienabteilung beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS). Zuvor war er stellvertretender Leiter für die Abteilung Europa und Zentralasien sowie Direktor der Abteilung für Russland, Östliche Partnerschaft, Zentralasien und OSZE beim EEAS. Vor seinem Eintritt beim EEAS war Wiegand seit 1990 in verschiedenen Funktionen im Zusammenhang mit Außenbeziehungen und Handelspolitik bei der Europäischen Kommission tätig.

    Wiegand wird nach der Sommerpause Visiting Professor am College of Europe im belgischen Brügge. Er wird dort Teil des Departments für EU International Relations and Diplomacy Studies.

    • EEAS
    • OSZE
    Translation missing.

    Termine

    16.08.2023 – 09:00-12:30 Uhr, online
    ASEW, Seminar Stakeholder- und Partnerkommunikation – Erfolgsfaktor in der kommunalen Wärmeplanung
    Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt den Ansatz des issue-fokussierten Multi-Stakeholder-Managements als Form der Kommunikation mit potenziellen Partnern in Theorie und Praxis der kommunalen Wärmeplanung vor. INFOS & ANMELDUNG

    16.08.2023 – 12:00-18:00 Uhr, Düsseldorf
    Eco, Roundtable 6G: UMTS, LTE, 5G – viele Verheißungen und 6G macht sie alle wahr?
    Expertinnen und Experten unter anderem von der Deutschen Telekom, der Universität Bochum und Siemens diskutieren über das Potenzial von 6G für Industrie, Dienstleistungsbranche und Kommunikation. INFOS & ANMELDUNG

    17.08.2023 – 07:30-16:30 Uhr, Düsseldorf/online
    Transatlantic AI eXchange, conference European AI Summit 2023
    This conference brings together artificial intelligence (AI) experts from Europe and the United States to facilitate knowledge exchanges through presentations and discussions on a range of AI domains. INFO & REGISTRATION

    17.08.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
    Kommunalberatung Klimafolgenanpassung NRW, Seminar Klimaanpassungs-Check für Kommunen in NRW
    Neben einem Impulsvortrag der NRW-Umweltministerin bietet das Webinar eine Einführung in den Klimaanpassungscheck für Kommunen, Einblicke in Erfahrungen aus der kommunalen Praxis sowie die Möglichkeit zum Austausch. INFOS & ANMELDUNG

    17.08.2023 – 10:00-11:30 Uhr, online
    ASEW, Seminar Die neue Nachhaltigkeitsberichtspflicht
    Das Webinar der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) thematisiert die vom EU-Parlament verabschiedete Nachhaltigkeitsberichtspflicht (CSRD) und erörtert, was diese für Energieversorgungsunternehmen konkret bedeutet. INFOS & ANMELDUNG

    17.08.2023 – 14:40-16:00 Uhr, Düsseldorf
    digihub, fair Digital Demo Day
    At Germany’s largest B2B Startup conference, over 250 startups will present their products and latest technologies, accompanied by a diverse conference program, interactive workshops, and networking opportunities.  INFO & REGISTRATION

    News

    Rumänien will Transitkapazität für ukrainisches Getreide verdoppeln

    Rumänien will die monatliche Transitkapazität für ukrainisches Getreide zu seinem wichtigsten Schwarzmeerhafen Constanta in den kommenden Monaten auf 4 Millionen Tonnen verdoppeln, insbesondere über die Donau, sagte Verkehrsminister Sorin Grindeanu. Bevor sich Russland aus dem Getreide-Abkommen mit der Ukraine zurückzog, entfiel auf die Donauhäfen rund ein Viertel der ukrainischen Getreideexporte. Das Getreide wird auf Lastkähne verladen, flussabwärts durch Rumänien transportiert und vom rumänischen Schwarzmeerhafen Constanta weiterbefördert.

    Durch die Einstellung von mehr Personal zur Erleichterung der Durchfahrt von Schiffen in den Sulina-Kanal der Donau und durch von der EU finanzierte Infrastrukturprojekte, könnte Rumänien die Transitkapazität erhöhen, erklärte Grindeanu gegenüber der Presse. “Ich habe die Bedeutung der rumänischen Schienen-, Straßen- und Seeverkehrswege für die Aufrechterhaltung eines konstanten Flusses für ukrainische Exporte hervorgehoben”, sagte Grindeanu nach einem Treffen mit Vertretern der EU, der USA, Moldawiens und der Ukraine in der Donaustadt Galati.

    Ukraine will mehr Umladeplätze in Rumänien

    Grindeanu kündigte an, dass die rumänische Donauverwaltung bis Ende August 60 Lotsen haben werde, die Schiffe in den und aus dem Sulina-Kanal bringen. Ein von der EU finanziertes Projekt, das die Schifffahrt auf der Sulina bei Nacht ermöglichen soll, werde voraussichtlich im Oktober abgeschlossen sein, sagte er. “Wenn alle diese Investitionen getätigt sind und die Zahl der Lotsen steigt, werden neben Reni und Izmail automatisch auch die rumänischen Häfen Galati und Braila genutzt.”

    Der bei dem Treffen anwesende stellvertretende ukrainische Ministerpräsident Oleksandr Kubrakov sagte, die Donau bleibe eine der wichtigsten und attraktivsten Logistikrouten für den Export ukrainischer Agrarprodukte. “Die Ukraine ist auch an der Möglichkeit interessiert, in den rumänischen Hoheitsgewässern, insbesondere in der Nähe des Hafens von Constanta und des Sulina-Kanals, zusätzliche Plätze für die Umladung von Schiffen auf der Straße einzurichten”, sagte er. Man habe die rumänische Seite zudem gebeten, dafür zu sorgen, dass mindestens 14 Schiffe pro Tag von und zu den ukrainischen Häfen an der Donau durch den Sulina-Kanal abgefertigt würden. rtr

    • Agrarpolitik
    • Landwirtschaft
    • Rumänien

    Lindner sagt bei Kiew-Besuch weitere Hilfe zu

    Bei seinem ersten Besuch in der Ukraine seit Beginn der russischen Militäroffensive im Februar 2022 hat Bundesfinanzminister Christian Lindner dem Land weitere Unterstützung zugesagt. “Wir wissen, dass die Ukraine auch unsere Werte verteidigt und mit ihnen die europäische Friedens- und Freiheitsordnung insgesamt”, sagte der FDP-Chef am Montag in Kiew nach Gesprächen im ukrainischen Finanzministerium.

    “Deshalb darf die Ukraine weiter darauf rechnen, dass Deutschland im internationalen Verbund, aber auch bilateral unterstützen wird.” Es sei bereits eine Größenordnung von 22 Milliarden Euro mobilisiert worden für unterschiedliche Bereiche der Unterstützung. “Für die nächsten Jahre haben wir in unseren Haushaltsplanungen eine Fortsetzung der Unterstützung der Ukraine bereits fest eingeplant”, sagte Lindner zu.

    Partner- statt Gebernation

    Der Finanzminister war am Morgen mit dem Zug zu einem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Er komme nicht als Vertreter einer Gebernation, sondern als Vertreter einer Partnernation, sagte Lindner. Deutschland wolle mehr tun als humanitär, militärisch und finanziell zu unterstützen. “Wir wollen unsere Beiträge dazu leisten, dass die Ukraine eine prosperierende Zukunft hat, insbesondere dann, wenn hoffentlich bald der schreckliche Krieg von der Ukraine gewonnen sein wird”, sagte Lindner.

    Die beiden Finanzministerien würden daher enger zusammenarbeiten, etwa im Bereich der Finanzaufsicht, des Finanzmarkts und des Kreditwesens. Dies solle auch beim Zoll und beim Management von Staatsbeteiligungen und ihrer Privatisierung geschehen, was in der Ukraine ein sehr großes und in Deutschland immer noch ein bedeutsames Thema sei. rtr

    • Christian Lindner
    • Ukraine-Krieg

    Lettland: Regierungschef Kariņš kündigt Rücktritt an

    Der lettische Ministerpräsident Krišjānis Kariņš hat wegen Streitigkeiten in der regierenden Koalition seinen Rücktritt angekündigt. Er werde seine und die Demission seines Kabinetts am Donnerstag beim Präsidenten einreichen, sagte Karins am Montag bei einer Pressekonferenz in Riga. Kariņš mitte-rechts Partei der Einheit hatte die Wahl im Oktober 2022 gewonnen. Zusammen mit der konservativen Nationalen Allianz und einer Liste kleinerer Parteien führt er seitdem die Regierung mit knapper Mehrheit im Parlament.

    Erste Risse in der Koalition taten sich bereits im Mai auf, als es den Regierungsparteien nicht gelang, sich auf einen Kandidaten für die Präsidentenwahl in der baltischen Republik zu verständigen. Kariņš warf seinen Partnern jetzt vor, die Regierungsarbeit für mehr Wohlstand und wirtschaftliches Wachstum zu blockieren, wie er auf der Medienplattform X – früher Twitter – schrieb. Am vergangenen Freitag hatte sich der Ministerpräsident noch vergeblich darum bemüht, weitere Parteien in die Regierung einzubinden.

    Kariņš kündigte an, seine Partei werde am Mittwoch einen neuen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs auswählen. Dieser müsste von Präsident Edgars Rinkēvičs mit der Regierungsbildung beauftragt und im Fall eines Erfolges vom Parlament bestätigt werden. Die nächste Parlamentswahl in Lettland ist turnusgemäß im Jahr 2026. rtr

    • Europäischer Rat
    • Europapolitik
    • Lettland

    Journalistenverband rät Medienschaffenden von Türkei-Reisen ab

    Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Medienschaffenden von beruflichen wie privaten Reisen in die Türkei abgeraten. Die vorübergehende Festnahme der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut bei ihrer Einreise in die Türkei Anfang August zeige “ein weiteres Mal, dass die Erdogan-Autokratie ihre Kritiker als militante Staatsfeinde betrachtet und verfolgt, wenn sie die Möglichkeit dazu hat”, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

    Wenn selbst die parlamentarische Immunität einer Abgeordneten nicht vor einer Festnahme schütze, sei die Gefahr für Journalistinnen und Journalisten umso größer. Überall sagte weiter: “Wer sich als Journalist schon einmal kritisch in den eigenen Beträgen und in den sozialen Netzwerken über die Türkei, ihren Präsidenten oder die Regierungspartei AKP geäußert hat, sollte sich von dem Land fernhalten.” Alles andere sei ein unkalkulierbares Risiko.

    Wegen “Terrorpropaganda” festgenommen

    Die Linke-Politikerin Akbulut war am 3. August in der Türkei kurzzeitig festgenommen worden. Ein von den türkischen Behörden wieder gelöschter Haftbefehl sei wegen “angeblicher Terrorpropaganda” ausgestellt worden, sagte Akbulut der Zeitung Mannheimer Morgen. Sie verwies auf ihren kurdisch-alevitischen Hintergrund. Die deutsche Botschaft in Ankara und das Auswärtige Amt hätten sich eingeschaltet und damit ihre Freilassung bewirkt.

    Akbulut sitzt seit 2017 im Bundestag. Sie ist in der Türkei geboren. Sie hat sich wiederholt kritisch über die türkische Regierung geäußert und setzt sich für eine Aufhebung des deutschen Betätigungsverbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK ein. Die PKK ist in der Türkei, aber auch in der EU als Terrororganisation eingestuft. dpa

    • Medienfreiheit
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    • Türkei

    Presseschau

    Wagner-Söldner rekrutieren in EU-Land? Polen nimmt zwei Russen fest MORGENPOST
    Explosion an rumänischem Küstenort – offenbar wegen russischer Seemine TAGESSPIEGEL
    Weichen gestellt – Einigung im Trilog zum EU-Bankenpaket: Der Umsetzung von Basel IV/CRR III steht nichts mehr im Weg DER-BANK-BLOG
    Ukraine hilft EU beim Gasspeichern BOERSEN-ZEITUNG
    Meinung – Europa: Die Mitschuld der EU am Aufstieg der AfD WELT
    Meinung: Scheitern in Afghanistan und Mali – Europa steht vor neuen Aufgaben FR
    EU- und Nato-Partner: Lettischer Regierungschef kündigt seinen Rücktritt an AUGSBURGER-ALLGEMEINE
    Experte: USA und EU wollen Putin-Freund Milorad Dodik nur noch loswerden WEB
    Wasserstoff-Wettlauf zwischen der EU und den USA TAGESSPIEGEL
    EU will einfachere Buchungen internationaler Zugreisen REPORT-K
    Projekt “Exfiles” der EU: Forscher knacken Hunderte Kryptohandys SPIEGEL
    Vorsorge: Deutsche Banken – Über 2,6 Milliarden Euro für EU-Krisentopf RNZ
    Bring Fans and Skip the Sights: Vacationing in Scorching Hot Europe NYTIMES
    Threads: Metas Twitter-Klon könnte bald auch in die EU kommen T3N
    Ätna-Ausbruch: Flughafen in Catania gesperrt MERKUR
    Storm Hans: railway bridge collapses in southern Norway THEGUARDIAN

    Heads

    Hans Christoph Atzpodien – Chef-Lobbyist der deutschen Rüstungsindustrie 

    Hans Christoph Atzpodien ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV).

    Hans Christoph Atzpodien weiß, wie man sich in der wohl unliebsamsten aller Branchen bewegt – rechtlich, strategisch, aber vor allem argumentativ. Wofür er Energie investiert – in die Verhinderung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes etwa -, oder wann er es auch mal gut sein lässt – gegenüber den Medien zum Beispiel.

    Atzpodien, 1955 in Düren in der Eifel geboren und promovierter Jurist, ist seit 2017 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) und dessen Gründungsmitglied. Der 2009 gegründete Lobbyverband vereint mehr als 200 deutsche Rüstungsfirmen, darunter Schwergewichte wie Airbus Defence, MBDA, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann, ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) und Diehl Defence.

    Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie

    Zusammen ist man eben stärker – nicht zuletzt gegenüber der Bundesregierung, die Rüstungsexporte noch in dieser Legislaturperiode strenger per Gesetz kontrollieren will. Das sieht der oberste Vertreter einer Branche, die sehr auf das Exportgeschäft und internationale Zusammenarbeit angewiesen ist, entsprechend kritisch. “Dieses Instrument ist im Zweifel eher kooperationsschädlich”, sagt der 68-Jährige. “Europäische Kooperationen funktionieren nur, wenn die Kunden dasselbe Gerät wollen. Dafür muss die Politik in den entsprechenden Ländern sorgen und alle Hürden aus dem Weg räumen. Zu diesen Hürden gehören auch unterschiedliche Vorstellungen über den Rüstungsexport.”

    Und man ist stärker gegenüber den EU-Institutionen, die Druck machen beim Klimaschutz. So plädiert Atzpodien dafür, Waffen in die Nachhaltigkeits-Taxonomie der EU aufzunehmen, um Investoren zu signalisieren, dass es sich um eine nachhaltige Anlagemöglichkeit handele. “Ohne Waffen keine Verteidigungsbereitschaft und auch kein Frieden”, so Atzpodiens Argumentation – oder auch: “Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit”.

    Eine Branche im Fokus

    Ohne Zweifel, der 24. Februar 2022 bedeutete auch für die deutsche Rüstungsindustrie eine Zeitenwende: Waffenlieferungen an die Ukraine, die Ausstattung der Bundeswehr – die Sicherheits- und Verteidigungsbranche steht seitdem gar nicht so schlecht da in der Öffentlichkeit, könnte man meinen. Ob sich das Image der Branche in der Bevölkerung dadurch aber wirklich verbessert habe?

    Dazu holt Atzpodien aus, erklärt, woher der schlechte Ruf überhaupt komme. So sei es die Bundesregierung, die Waffenexporte auch an Nicht-Nato-Länder genehmige, der Bevölkerung aber nicht erkläre, warum. Das falle dann zurück auf die Branche. Beispiel Algerien: “Da haben wir seinerzeit von ThyssenKrupp Marine Systems Fregatten hinverkauft. Warum hat die Bundesregierung das genehmigt? Weil sie Algerien als stabilisierenden Faktor im westlichen Mittelmeer ansah.”

    Nach den politischen Grundsätzen der Bundesregierung würden Waffen aus Deutschland nur dann exportiert, wenn die Bundesregierung daran ein außen- und sicherheitspolitisches Interesse habe, erklärt Atzpodien. “Da auch wir wollen, dass unsere Produkte nicht in falsche Hände geraten, stehen wir da absolut dahinter.” Auch am Beispiel Ukraine sehe man, dass es die Bundesregierung sei, die über Exporte entscheide, nicht die Industrie.

    Bei TKMS für U-Boot-Deals zuständig

    1982 war Atzpodien bei der damaligen Otto Wolff AG eingestiegen, die später im Thyssen-Konzern aufging. 2007 wurde er Vorstandsvorsitzender von ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS). In seine Zeit an der Konzernspitze fallen umstrittene U-Boot-Deals mit der israelischen und ägyptischen Regierung. 2016 musste Atzpodien TKMS verlassen, nachdem ein milliardenschwerer U-Boot-Auftrag aus Australien an den französischen Konkurrenten DCNS ging.

    Ob sich der Ruf der Rüstungsbranche seit Beginn des Ukraine-Kriegs denn nun verbessert habe? Eine direkte Antwort darauf gibt Atzpodien nicht. Das Medieninteresse sei zwar gestiegen, aber er komme weiterhin längst nicht überall zu Wort, versuche es allerdings inzwischen auch nicht mehr so oft wie früher. Lisa-Martina Klein

    • Sicherheitspolitik
    • Verteidigungspolitik

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

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