Table.Briefing: Europe

EU rüstet sich für Trump + Sicherheitsstrategie für Wirtschaft + AI Act-Text wird geprüft

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Vorschlag der Kommission zur Regulierung von Pflanzen, die mit sogenannten neuen genomischen Techniken (NGT) gewonnen werden, hat die Gegenwehr der Bioanbauverbände mobilisiert. Sie und alle anderen Produzenten von Lebensmitteln, für die bislang das Siegel “ohne Gentechnik” wichtig war, haben Befürchtungen um ihr Geschäftsmodell, sollte die “Neue Gentechnik” in der EU zugelassen werden.

Der Gesetzentwurf soll dafür sorgen, dass mit neuen Techniken hergestellte Pflanzen eine Zulassung bekommen, die auch durch die Evolution oder durch konventionelle Züchtung entstehen könnten. Die Agrarunternehmen in Europa fordern grünes Licht aus Brüssel, um den Wettbewerbsnachteil auszugleichen zu Märkten wie USA und Lateinamerika, wo sie bereits erlaubt sind.

Nun deutet sich ein Kompromiss an. Die Berichterstatterin Jessica Polfjärd von der EVP schlägt vor, dass die neuen Züchtungstechniken nicht im Ökolandbau eingesetzt werden sollen. Außerdem soll das Saatgut gekennzeichnet werden. Die Abstimmung im Umweltausschuss ENVI dürfte viel Beachtung finden. Sie ist ein Hinweis dafür, ob der Kompromiss, der auch die Interessen der Biobranche wahrt, später bei der Schlussabstimmung im Plenum eine Chance hat. Kommen Sie gut durch den Tag!

Ihr
Markus Grabitz
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Analyse

EU rüstet sich für Trump-Rückkehr

“Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen”, sagte Angela Merkel. Das war 2017 und Donald Trump erst kurz im Amt als US-Präsident. Die damalige Bundeskanzlerin hielt in einem Münchner Bierzelt eine Rede, die weltweit beachtet wurde.

Es war ein Weckruf, doch sind den Worten konkrete Taten gefolgt?

Vor einem möglichen Comeback Donald Trumps werden in Brüssel am Sitz von EU und Nato wieder bange Fragen gestellt. Ist Europa diesmal vorbereitet? Es gibt die Berufseuropäer und Optimisten unter den Diplomaten, die das Glas zumindest halb voll sehen: Europa habe die Widerstandskraft gestärkt und die wichtigsten Lehren gezogen, argumentieren sie. So habe die EU das Konzept der strategischen Autonomie mit Inhalten gefüllt. Die Unternehmen haben die Lieferketten diversifiziert und Abhängigkeiten reduziert, sagt ein Diplomat.

Die EU hat nun den sogenannten strategischen Kompass, einen Aktionsplan, um die eigene Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit bis 2030 zu stärken. Und mit der Friedensfazilität erstmals einen gemeinsamen Geldtopf, um Kriegsmaterial zu kaufen – wovon insbesondere die Ukraine profitiere. Man investiert über die Verteidigungsagentur gemeinsam in Forschung und Entwicklung der Rüstung von morgen. Alles vor einigen Jahren noch unvorstellbar.

NATO-Staaten geben mehr für Verteidigung aus

Auch bei der Nato könnte ein gut gestimmter Donald Trump bei einem nächsten Gipfel positive Entwicklungen begrüßen und auf sein eigenes Konto verbuchen. Nicht mehr nur drei, sondern immerhin zehn Verbündete erreichen nun das Ziel, mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, das sich die Nato 2014 nach der russischen Krim-Annexion gesteckt hat. Aber Trump wäre nicht Trump, wenn er bei einem Comeback nicht hervorheben würde, dass die Mehrheit die Vorgabe noch immer nicht oder wie Deutschland nicht dauerhaft schafft.

Und auch bei der EU sind es bisher eher Trippelschritte Richtung Selbstständigkeit. Das zeigt sich wieder bei der mühevollen Vorbereitung der Marineoperation im Roten Meer – immerhin die wichtigste Lebensader für die europäische Wirtschaft und seit dem Krieg um Gaza den Angriffen der jemenitischen Huthi-Rebellen ausgesetzt. Die USA und Großbritannien sind derweil längst vor Ort. Oder bei den Schwierigkeiten, Ungarns Veto zu überwinden und die Mittel der Friedensfazilität aufzustocken, um weiterhin per Militärhilfe der Mitgliedstaaten die Ukraine unterstützen zu können.

Verteidigung soll Priorität der neuen Kommission werden

Es verwundert daher nicht, dass sich die kritischen Stimmen mehren, die das Glas “halb leer” und Europa schlecht gerüstet sehen. Spätestens seit der ersten Vorwahl der Republikaner in Iowa mit dem klaren Sieg von Donald Trump läuteten in Brüssel und vielen Hauptstädten die Alarmglocken, sagt Siegfried Mureșan, einflussreicher Vize-Chef der Christdemokraten im Europaparlament. Leider habe man nach der Wahl von Joe Biden die Trump-Präsidentschaft als Ausrutscher gesehen und danach kostbare Zeit verloren.

Die EU müsse den Worten jetzt auch Taten folgen lassen. Sicherheit und Verteidigung müsse eine “strategische Priorität” der nächsten Kommission sein, fordert der Rumäne. Es müsse einen eigenen Kommissar für Sicherheit und Verteidigung geben. Priorität müsse Erweiterung und Nachbarschaftspolitik gelten, um die Ukraine sowie Moldau und die Balkanstaaten möglichst rasch an die EU heranzuführen.

Ukraine-Deal auf Kosten Europas?

Der USA- und China-Experte Reinhard Bütikofer warnt davor, “mit behäbigem Fatalismus darauf zu warten, ob die Schlange zuschnappt”. Die Europäer müssten jetzt dringend über einen Plan B nachdenken, also etwa gemeinsam vereinbaren, der Ukraine alles zu liefern, was diese brauche, um sich gegen Wladimir Putin zu behaupten. Nathalie Loiseau, liberale EU-Abgeordnete aus Frankreich und enge Vertraute von Präsident Emmanuel Macron, fordert, der Kontinent müsse mehr Verantwortung übernehmen, insbesondere in seiner Nachbarschaft.

Vor allem mit Blick auf die Ukraine sind die Sorgen groß. Trump inszeniert sich gerne als Dealmaker und könnte Kiew zu Friedensverhandlungen drängen – notfalls gegen die Interessen Europas: “Die Situation in der Ukraine ist so schrecklich. Wir werden dafür sorgen, sie zu lösen”, versprach Trump jüngst. Wie genau, das ließ er offen. Eines scheint jedoch klar zu sein: Die massive Finanz- und Waffenhilfe für Kiew dürfte er so nicht fortsetzen. “Wir verschenken so viel Ausrüstung, dass wir im Moment keine Munition für uns selbst haben”, behauptete er.

Schwierige Diskussion über Wehrhaftigkeit

Druckmittel hätte Trump wohl genug. Denn auch die NATO-Unterstützung der USA könnte er als Präsident infrage stellen. Schon zum Ende seiner ersten Amtszeit soll der 77-Jährige gedroht haben, im Falle eines Angriffs auf Europa keine Militärhilfe zu leisten – und damit die Bündnisverpflichtung zu ignorieren. Das behauptete jüngst EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton bei einer Podiumsdiskussion im EU-Parlament. Der US-Kongress hat daher bereits per Gesetz vorgesorgt: Künftig darf kein Präsident die NATO-Mitgliedschaft aussetzen oder aufkündigen, ohne dass ein entsprechendes Gesetz des Kongresses oder die Zustimmung von zwei Dritteln des Senats vorliegt.

Doch die Europäer werden um eine schwierige Diskussion über ihre Wehrhaftigkeit kaum herumkommen. Kanzler Olaf Scholz wird die Kollegen aus den anderen EU-Staaten beim Sondergipfel am 1. Februar drängen, mehr Waffen und Ausrüstung an die Ukraine zu liefern. Auch auf Drängen Berlins soll die Friedensfazilität umfunktioniert werden, um gemeinsame Rüstungsbeschaffungen zu fördern. Breton lancierte zudem unlängst die Idee, einen 100 Milliarden Euro schweren europäischen Verteidigungsfonds zu schaffen.

In Berlin werden solche Ankündigungen noch zurückhaltend aufgenommen. Doch auch in der Bundesregierung schwant manchen, dass Deutschland in naher Zukunft womöglich deutlich mehr als zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung wird ausgeben müssen – womöglich im Verbund mit den europäischen Verbündeten. Trump könnte für diese bislang nur hinter den Kulissen geführte Diskussion als Katalysator wirken.

IRA: Auch EU-Firmen leiden unter Unsicherheit

Im Wettlauf um die grüne Transformation der Wirtschaft dürften die Karten mit Trump im Weißen Haus ebenfalls neu gemischt werden. Der Ex-Präsident hat mehrfach angekündigt, die industriepolitischen Programme von Joe Biden wie den Inflation Reduction Act (IRA) rückgängig zu machen. Trump bezeichnete sie mitunter als “grünen Schwindel”, der Arbeitsplätze kosten und Energie teuer machen würde. “Windräder rosten, sie verrotten, sie töten die Vögel”, sagte Trump in einem Wahlkampfvideo. Stattdessen will er Öl- und Gasexplorationen ausweiten.

Die Analysten der “Economist Intelligence Unit” rechnen aber mit breitem Widerstand gegen Trumps Pläne. “Wir gehen davon aus, dass die Privatwirtschaft sich wehren wird”, heißt es in einem Bericht. Außerdem profitieren republikanisch dominierte Gegenden des Landes besonders stark von den angestoßenen Investitionen, sodass auch zahlreiche Parteikollegen von Trump die Maßnahmen unterstützen.

Cathryn Clüver Ashbrook, Senior Advisor bei der Bertelsmann Stiftung, rechnet aber damit, dass die Republikaner den IRA dennoch zumindest in seiner jetzigen Form zurückziehen würden – allein, weil es ein Gesetz der Demokraten ist. Auch viele europäische Firmen profitierten von den Steueranreizen, “für sie würde das große Planungsunsicherheiten bedeuten”, warnt die Expertin.

Trump will Zollring um die US-Wirtschaft legen

Noch stärker als bislang müsste die EU, immerhin der zweitgrößte Handelspartner der Vereinigten Staaten, jedoch mit Strafzöllen rechnen. Mit seinen Beratern diskutiert Trump bereits den Plan, einen “Ring um die amerikanische Wirtschaft” zu legen. Seine jüngste Idee: ein Basiszoll in Höhe von zehn Prozent für alle. Zuletzt lag der amerikanische Durchschnitt bei 3,4 Prozent.

US-Wirtschaftsvertreter warnen bereits vor einem möglichen Handelskrieg, der über die Stahl- und Aluminiumzölle aus Trumps erster Amtszeit hinausgeht. Zölle zu erheben und keine Abkommen mehr zu schließen, das bedeute, “unserer eigenen Wirtschaft Schaden zuzufügen”, sagte Suzanne Clark, Präsidentin der amerikanischen Handelskammer, vor wenigen Tagen beim virtuellen Jahrestreffen.

Clüver Ashbrook rät daher: “Die EU sollte versuchen, weitere Verbündete wie die Mercosur-Staaten, Indien oder Australien in strategischen Fragen zu gewinnen, die auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit einzahlen”. Leider sei sie dabei zuletzt aber nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Mit Laurin Meyer

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EU-Strategie: Brüssel will Technologie vor China schützen

Die EU-Kommission wird am Mittwoch ihre Vision für eine wirtschaftliche Risikominderung vorlegen. Das Paket für wirtschaftliche Sicherheit umfasst Initiativen in fünf Bereichen. Ziel der Brüsseler Strategie ist es, der wachsenden Bereitschaft Chinas und Russlands entgegenzutreten, Handel und kritische Lieferketten geopolitisch zu nutzen. Der Entwurf des wirtschaftlichen Sicherheitspakets liegt Table.Media vor. Zuvor hatten Bloomberg und Politico über die Pläne berichtet.

Die Veröffentlichung des Pakets folgt auf die Ankündigung einer Strategie im Juni. Dass Peking im Fokus der Bemühungen steht, sprach damals allerdings nur Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager offen aus. In den Dokumenten zur Strategie wird China nur einmal namentlich genannt. Es handele sich um eine länderunabhängige Strategie – aber mit “geopolitischem Filter”, hatte Vestager betont.

Mindeststandards für die Prüfung von Investitionen erwartet

Das Paket enthält Initiativen für:

  • eine Verschärfung der Verordnung über ausländische Direktinvestitionen: Die EU-Kommission will alle Mitgliedstaaten dazu verpflichten, ausländische Investitionen auf Risiken für die Sicherheit und Ordnung zu prüfen und eventuelle Lücken zu schließen. Eine seit gut drei Jahren geltende Verordnung zum Investment Screening gibt es, die EU-Kommission will sie überarbeiten. Denn bislang haben nur 21 der 27 Staaten entsprechende behördliche Strukturen eingerichtet. Die seit 2020 geltende Verordnung hatte einen Kooperationsmechanismus geschaffen, damit die Mitgliedstaaten untereinander Informationen über problematische Investitionen austauschen konnten. Die Regierungen behielten aber viel Spielraum, etwa welche Investments sie als kritisch einstufen, oder wie sie festlegen, ob ein Investor aus einem Drittstaat außerhalb der EU kontrolliert wird, kritisierte der Europäische Rechnungshof. Die Brüsseler Behörde will nun Mindeststandards festschreiben, die nationale Behörden bei ihren Prüfungen beachten müssen. Im Fokus stehen dabei Investitionen in europäische Unternehmen, die an wichtigen EU-Programmen beteiligt sind oder in bestimmten Sektoren agieren, die von besonderer Bedeutung für die Sicherheit und Ordnung sind. Andere Mitgliedstaaten und die Kommission können zudem eigene Einschätzungen zu einer geplanten Investition in einem anderen EU-Land abgeben. Der Kommissionsvorschlag will hier nachschärfen, damit die prüfende Behörde diese Meinungen auch tatsächlich berücksichtigt.
  • bessere Kontrolle, um die Weitergabe von sensiblem Knowhow durch europäische Investitionen im Ausland zu verhindern: Auch Investments europäischer Unternehmen in Drittstaaten sollten unter bestimmten Bedingungen unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Den Gesetzesvorschlag für solche sogenannten Outbound Investments hat die Behörde aber zunächst zurückgestellt, wie Table.Media bereits exklusiv berichtet hatte. Stattdessen legt sie ein Weißbuch vor. Die Diskussionen in der Expertengruppe hätten ergeben, dass noch mehr Vorarbeit nötig sei, heißt es in der Mitteilung. Man wolle den weiteren Handlungsbedarf gemeinsam mit den Mitgliedstaaten nach zwölf Monaten bewerten. 
  • mehr Unterstützung der Erforschung von Dual-Use-Technologien: Die Europäische Kommission schlägt in einem Weißbuch Schritte zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit Technologien mit doppeltem Verwendungszweck vor. Dabei handelt es sich um Technologien, die für zivile als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden können. So möchte die EU-Kommission die Synergie zwischen ziviler und militärischer Forschung fördern und die bereits bestehende EU-Förderung in Programmen verbessern, beispielsweise das EU Defence Innovation Scheme (EUDIS) im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds (EDF). Auch die Möglichkeit eines speziellen Instruments mit Schwerpunkt auf Dual-Use-Forschung und -Entwicklung wird erwähnt.
  • vermehrte Koordinierung der Ausfuhrkontrollen von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck: Ein weiterer Teil des Pakets betrifft ein Weißbuch über die Ausfuhrkontrolle von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, um die Sicherheit der EU zu gewährleisten.
  • Ideen zur Verbesserung der Forschungssicherheit: Die EU-Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, einen politischen Rahmen für Forschungssicherheit zu schaffen, “der auf einem gesamtstaatlichen Ansatz basiert, Unterstützungsstrukturen schafft und Schutzmaßnahmen durch Finanzierung einführt”, wie es im Entwurf der EU-Kommunikation heißt. Es müsse zudem Anreize für Universitäten und andere öffentliche und private Forschungseinrichtungen geschaffen werden, Forschungssicherheitsberater für Due-Diligence- und Risikoprüfungen einzuführen.

Vier Risiko-Kategorien

Der Ansatz basiert auf drei Säulen: Förderung, Schutz, Partnerschaft – in der englischen Version mit der Alliteration “promoting, protecting, partnering” zusammengefasst. Zudem identifiziert die Strategie vier vorrangige Risikokategorien, darunter Risiken in Lieferketten, physische und Cyber-Sicherheit kritischer Infrastrukturen, technologische Sicherheit und das Risiko der Instrumentalisierung wirtschaftlicher Abhängigkeiten.

Bei vielen Vorschlägen handelt es sich um Stellungnahmen und Empfehlungen, deren Umsetzung in bindende Vorgaben eine Weile dauern kann. Auch wie die EU-Staaten die Initiativen annehmen, spielt eine Rolle – denn ein großer Teil der Punkte fällt in die Kompetenz der EU-Hauptstädte. Auch die Zusammensetzung der nächsten EU-Kommission und wie diese das Vorhaben dann verfolgt, wird eine wichtige Rolle spielen. Zudem sind an dem Entwurf noch Änderungen möglich.

Die neue Strategie zielt darauf ab, “Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit der EU zu bekämpfen”, heißt es in dem Entwurf. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, “dass die EU ein äußerst attraktives Ziel für Unternehmen und Investitionen bleibt”. Ziel sei es, die Fähigkeit der EU und der Mitgliedstaaten zu stärken, “laufende Risikobewertungen im Zusammenhang mit Lieferketten, Technologien, Infrastrukturen und wirtschaftlichem Zwang” anzugehen.

Die Strategie für wirtschaftliche Sicherheit bedeutet generell ein Novum für Brüssel. Die EU vereint damit erstmals die Themen Sicherheit und Handel in einer Strategie.

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Termine

24.01.2024 – 09:00-18:00 Uhr, Berlin
RS Medical Consult, Seminar Künstliche Intelligenz und Medizin – Wie verändert sich das Gesundheitswesen
RS Medical Consult lädt zentrale Akteure des Gesundheitswesens ein, um das Verhältnis von künstlicher Intelligenz und Medizin zu beleuchten. INFOS & ANMELDUNG

24.01.2024 – 10:00-13:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
ERCST, Roundtable Future of the EU ETS
The Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) discusses the revised EU ETS Directive. INFOS & ANMELDUNG

24.01.2024 – 14:00-15:00 Uhr, online
FSR, Presentation Better regulation for the green transition
The Florence School of Regulation (FSR) explores the challenges governments face and presents good practices for environmental and other regulations to ensure that all policy instruments coherently pursue environmental goals. INFOS & REGISTRATION

24.01.2024 – 16:00 Uhr, online
CLEPA, Seminar Generative AI and automotive innovation
The European Association of Automotive Suppliers (CLEPA) provides informative sessions to keep members at the forefront of the latest industry developments. INFOS & REGISTRATION

24.01.2024 – 18:00-20:00 Uhr, Halle
FNF, Podiumsdiskussion Künstliche Intelligenz im Militär – Chancen, Risiken, Herausforderungen
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) diskutiert die Bedeutung von künstlicher Intelligenz für die militärische Praxis. INFOS & ANMELDUNG

24.01.2024 – 19:00 Uhr, München
FAA, Discussion The 2024 U.S. Elections – A Bipartisan Outlook on Key Issues, Key States, and the Electoral Process
The Federal Aviation Administration (FAA) provides insights and analyses on Democratic and Republican electoral prospects across the US. INFOS & REGISTRATION

24.01.2024 – 19:00-20:30 Uhr, online
FNF, Vortrag Die arabische Welt im Spannungsfeld zwischen der Volksrepublik China und den USA
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) geht der Frage nach, welche Folgen die zunehmende Bedeutung Chinas für die Weltpolitik hat. INFOS & ANMELDUNG

25.01.2024 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Emissionsfaktoren der Fernwärme
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) informiert über CO2-Emissionsfaktoren für Fernwärmenetze. INFOS & ANMELDUNG

25.01.2024 – 10:30-12:00 Uhr, online
DIHK, Seminar Die neue EU-Entwaldungsverordnung
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) informiert darüber, wer künftig eine entwaldungsfreie Lieferkette nachweisen muss, welche Anforderungen an den Nachweis gestellt werden und wie eine weltschonende Beschaffung ausgestaltet werden kann. INFOS & ANMELDUNG

25.01.2024 – 11:00 Uhr, online
EBD De-Briefing AGRIFISH
Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) diskutiert die Ergebnisse des Rats der EU Landwirtschaft und Fischerei vom 23. Januar. INFOS & ANMELDUNG

25.01.2023 – 14:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
ERCST, Roundtable The CRCF trilogues and the Industrial Carbon Removal strategy: where are we headed?
The Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) aims to discuss the most recent developments of the Certification Framework for Carbon Removals (CRCF) and the Industrial Carbon Management strategy. INFOS & REGISTRATION

25.01.2024 – 16:00-17:30 Uhr, online
FNF, Diskussion Was Frankreich bewegt – Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Fokus
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) analysiert und diskutiert die politische Lage in Frankreich im Hinblick auf Sicherheits- und Verteidigungspolitik. INFOS & ANMELDUNG

25.01.2024 – 16:00-17:30 Uhr, Tübingen
FNF, Diskussion Krieg ohne Ende? Russlands Eroberungsdrang, der Überlebenskampf der Ukraine und die deutsche Politik
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) diskutiert die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg. INFOS & ANMELDUNG

News

Einigung der EU-Außenminister auf Marinemission im Roten Meer

Die EU-Staaten haben eine politische Grundsatzeinigung zugunsten eines Militäreinsatzes zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer erzielt. Allerdings könne er noch nicht sagen, wann die Marinemission starten wird, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Außenministertreffen in Brüssel. Zugleich dämpfte Borrell die Hoffnung auf eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt. “Wir sind in einer Vorphase”, sagte er.

An dem Ratstreffen nahmen der israelische Chefdiplomat Israel Katz sowie seine Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien sowie von der palästinensischen Autonomiebehörde teil. Auch der Generalsekretär der Arabischen Liga war geladen, um über den Krieg in Gaza und die Eskalation im Nahen Osten zu reden. Außenministerin Annalena Baerbock warb für einen schnellen Abschluss der Vorbereitungen für der geplanten EU-Marinemission.

Die letzten Details müssten jetzt dringend geklärt werden, sagte sie in Brüssel. Mit den willkürlichen Angriffen der Huthi “werde auch eine der zentralen Adern der freien Seefahrt und damit auch des Welthandels” attackiert. Deutschland will sich mit der Fregatte “Hessen” an der Militäroperation beteiligen. Allerdings muss der Bundestag nach dem Abschluss der EU-Planungen noch ein entsprechendes Mandat erteilen.

EU entsendet Kriegsschiffe und luftgestützte Frühwarnsysteme

Der geplanten neuen Mission habe niemand widersprochen, sagte Borrell. Dennoch könne es sein, dass einige EU-Länder nicht mitmachen. Welche das sein könnten, ließ er offen. Zuletzt hatte sich Spanien gegen eine Beteiligung ausgesprochen. Nun macht Madrid den Weg frei. Allerdings seien noch einige Aufgaben zu erledigen, so Borrell. “Wir müssen einen Rechtstext vorlegen und die operativen Regeln aufstellen.” Dies könne einige Zeit dauern.

Unklar ist auch noch, wer das Kommando übernehmen soll. Bei den letzten Marinemissionen waren Spanien und Frankreich in den Lead gegangen. Der Militäreinsatz im Roten Meer gilt jedoch als gefährlicher als bisherige Missionen. Es geht darum, die Angriffe von militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen zu beenden und die zivile Schifffahrt zu schützen. Dafür will die EU Kriegsschiffe und luftgestützte Frühwarnsysteme entsenden.

Weniger entschlossen zeigte sich die EU im Streit um den Krieg in Gaza. Die Außenminister sprachen sich zwar erneut für eine Zweistaatenlösung aus. Sie erhöhten auch den Druck auf Israel, sich einer solchen Lösung anzuschließen. Die Aussagen des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahus seien “besorgniserregend”, sagte Frankreichs neuer Außenminister Stéphane Séjourné. Die Palästinenser hätten ein Anrecht auf einen eigenen Staat.

Israels Außenminister verhindert Debatte über Zweistaatenlösung

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die Zweistaaten-Idee “die einzige Lösung”. “All diejenigen, die davon nichts wissen wollen, haben bisher keine Alternative auf den Weg gebracht”, sagte sie. Allerdings fand ein Zehn-Punkte-Plan Borrells keine Mehrheit. Demnach sollen die EU, die USA und die UNO eine “vorbereitende Friedenskonferenz” einberufen und einen internationalen Plan zur Konfliktlösung ausarbeiten.

Die “Konfliktparteien”, also Israel und Palästina, sollten in die Verhandlungen erst eingeschaltet werden, wenn der Friedensplan vorliegt. Danach sollen sie, so Borrells Vorschlag, die letzten Details untereinander aushandeln. “Wir sollten nicht mehr vom Friedensprozess sprechen, sondern die Umsetzung der Zweistaatenlösung voranbringen”, begründete er seinen Vorstoß. Doch der israelische Außenminister Israel Katz blockte ihn ab.

Katz wich nicht nur der Debatte über eine Zweistaatenlösung aus. Er versuchte auch, das Gespräch auf andere Themen zu lenken. Bei seiner Ankunft im Brüsseler Ratsgebäude präsentierte er das Foto eines von der Hamas nach Gaza verschleppten Babys. Bei seinem Treffen mit den EU-Ministern zeigte Katz dann zwei Videos- eins zeigte das Projekt einer künstlichen Insel vor dem Gazastreifen, das andere eine Schienenverbindung vom Nahen Osten nach Indien.

“Der Minister hätte seine Zeit besser nützen können”, sagte Borrell bei der abschließenden Pressekonferenz. Kritik kam auch von Riyad Malki, dem Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, den die EU-Minister separat empfangen haben. Also nicht im Beisein von Katz. Sein vordringlichstes Anliegen, ein Waffenstillstand, habe die EU nicht aufgegriffen, sagte er. Außerdem hätten es die Europäer versäumt, Netanjahu für seine Politik klar zu verurteilen. eb

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Wirtschaftsverbände fordern Abkehr von EU-Sorgfaltspflichtengesetz

Mehrere Wirtschaftsverbände haben die Bundesregierung und die EU-Ratspräsidentschaft aufgefordert, das EU-Sorgfaltspflichtengesetz (CSDDD) in seiner aktuellen Form abzulehnen. In einem gemeinsamen Schreiben drängen der VCI, VDMA, ZVEI, BGA, Gesamtmetall, der Mittelstandsverbund ZGV, die Stiftung Familienunternehmen und Politik sowie Textil+Mode darauf, die europäische Richtlinie “zu stoppen”.

Bereits das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zeige, dass die “Verrechtlichung und Bürokratisierung der Prozesse die Unternehmen über Gebühr belasten”, heißt es in dem Schreiben. Zudem würde das Gesetz nicht einmal ein europäisches Level-Playing-Field schaffen, da keine Vollharmonisierung vorgesehen sei. “Für deutsche Unternehmen würde es eine Reihe bestehender Maßgaben verschärfen und dadurch gerade mittelständische Unternehmen endgültig überlasten, ihnen teils Unmögliches abverlangen“, schreiben die Verbände.

“Unternehmen über Gebühr belastet”

Insbesondere kritisieren die Verbände die beschlossene zivilrechtliche Haftung: “Es ist schlicht praxisfremd zu verlangen, dass Unternehmen aus den EU-Mitgliedstaaten für Pflichtverletzungen haften sollen, die in ihren Lieferketten geschehen – und dies noch weltweit.” Die oft unkalkulierbaren Risiken könnten dazu führen, dass Unternehmen sich aus bestimmten Regionen zurückzögen, warnen die Verbände.

Darüber hinaus missbilligen sie die Verpflichtung für Unternehmen, fast alle Stufen ihrer Lieferketten zu kontrollieren. Dies sei angesichts der teils fünf- bis sechsstelligen Zahl an Zulieferern, von denen jährlich ein Teil wechsele, zu kostspielig, wenn überhaupt umsetzbar. Sie fordern zudem eine Ausnahme für alle im EU-Binnenmarkt ansässigen Zulieferer und Kunden. Auch die Verpflichtung, Geschäftskunden zu überprüfen, müsse verhindert werden.

Die EU-Mitgliedstaaten hatten sich am 14. Dezember bereits mit dem Parlament auf einen finalen Gesetzestext geeinigt. Beide Institutionen müssen die Einigung nun noch formal annehmen. Der Rat arbeitet daran bereits auf der Arbeitsebene, im Februar werden sich voraussichtlich die EU-Botschafter damit befassen.

Keine Einigung bei Treffen im Kanzleramt

Die Positionierung der Bundesregierung steht noch nicht fest. Bei einem Gespräch im Kanzleramt konnten sich Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, Arbeitsminister Hubertus Heil, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Justizminister Marco Buschmann am Freitag nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Dies erfuhr Table.Media aus Regierungskreisen. Das Treffen war nach der Kritik von FDP-Chef Christian Lindner am deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und dem ablehnenden Votum des FDP-Präsidiums für die CSDDD anberaumt worden.

Die vier Minister sprachen unter anderem darüber, welche Verbesserungen die europäische gegenüber der deutschen Regelung für Unternehmen mit sich bringen könnte, etwa bei den Berichtspflichten. Laut dem LkSG berichten Unternehmen über ihre Risikoanalysen an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Künftig könnten die Berichte Bestandteil des Geschäftsberichts werden, die von Wirtschaftsprüfern attestiert werden. Das Bafa bliebe unter anderem für die Überprüfung von Beschwerden zuständig.  Darüber hinaus dürfte es weitere Vereinfachungen geben, was etwa neue Möglichkeiten der Priorisierung von Regionen nach Risiken anbelangt oder der Nutzung von Audits.

Die Koalitionspartner seien bemüht, eine Lösung zu finden, die es der FDP ermögliche, der Richtlinie doch noch zuzustimmen. Dazu könnte die schnellere Umsetzung der CSDDD in Deutschland gehören, damit die Unternehmen früher von deren Vereinfachungen profitieren. Gleichzeitig bringt die CSDDD allerdings in einigen Punkten eine Verschärfung gegenüber dem LKSG mit. So werden etwa mehr Unternehmen erfasst und der Zugang für Betroffene vor Gerichten vereinfacht. cd, leo

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AI Act: Finaler Text ist jetzt in der Prüfung

Die Bundesregierung, zahlreiche Verbände und Nicht-Regierungsorganisationen haben seit dem Wochenende reichlich Lesestoff: Die belgische Ratspräsidentschaft hat die lang erwartete schriftliche Fassung des AI Acts verschickt. Das Vier-Spalten-Dokument hat in der PDF-Version 892 Seiten. Dabei ist offen, ob der mühsam erarbeitete Kompromiss zur KI-Verordnung in Parlament und Rat tatsächlich eine Mehrheit erhält.

Der jetzt verschickte Text basiert auf der politischen Einigung im Trilog zum AI Act. Sie erfolgte nach einem Verhandlungsmarathon in der Nacht zum 9. Dezember 2023 nur mündlich. Eine erste schriftliche Fassung lag erst kurz vor Weihnachten vor. Anschließend klärten die Verhandlungsteams auf technischer Ebene die Details. Dabei zeigten sich erneut erhebliche Differenzen zwischen den Positionen von Rat und Parlament.

Wahrscheinlich enthält sich die Bundesregierung im Rat

Es spricht einiges dafür, dass die Bundesregierung sich nicht auf ein Votum im Rat wird einigen können. Die Federführung liegt bei den Bundesministerien für Wirtschaft und Justiz. Robert Habecks (Grüne) BMWK wird wohl zustimmen. Man werde den finalen Text “prüfen und sich anschließend zum deutschen Abstimmungsverhalten koordinieren”, hieß es am Montag von dort. Zentral sei für die Bundesregierung eine innovationsfreundliche Regulierung, die Akzeptanz und Vertrauen in die Technologie schafft. Widerstand ist dagegen aus Volker Wissings (FDP) Digitalministerium zu erwarten, das vor allem die Regulierung von Allzweck-KI-Modellen (GPAI Models) ablehnt.

Allgemein erwartet wird, dass Frankreich im Rat gegen den AI Act stimmen wird, während Deutschland sich enthält. Wie viele Mitgliedstaaten sich Frankreich anschließen, ist offen. Doch es ist eher unwahrscheinlich, dass eine Mehrheit im Rat so kurz vor den Europawahlen 2024 das Gesetz platzen lässt, das viele als geostrategisch wichtig und wegweisend betrachten.

Keine einheitlichen Linien in den Fraktionen

Auch im EU-Parlament ist das Abstimmungsverhalten schwer vorhersehbar. Das Parlament musste einige Kompromisse machen, die einige nicht hinnehmen wollen. Schattenberichterstatterin Svenja Hahn und mit ihr wohl weitere FDP-Abgeordneten wollen das Gesetz ablehnen. Die Regelungen zur biometrischen Erkennung im öffentlichen Raum stellten eine Bedrohung für die Bürgerrechte dar. Da der Renew-Abgeordnete Dragoş Tudorache jedoch einer der beiden Berichterstatter ist, wird die Renew-Fraktion nicht einheitlich abstimmen.

Auch aus der S&D, der Fraktion des zweiten Berichterstatters Brando Benifei wird Zustimmung erwartet. Im Libe-Ausschuss sagte Birgit Sippel (SPD) am Montag, man müsse manches kritisch sehen, wie etwa die biometrische Überwachung im öffentlichen Raum. Doch es gebe auch viel, worauf man stolz sein könne.

Abstimmung im Parlament wird kein Selbstläufer

Der Schattenberichterstatter Axel Voss (CDU) sagte, er sei zufrieden, dass es geglückt sei, die diametralen Positionen zu einem Kompromiss zu bringen. Er kritisierte jedoch, dass das Gesetz keine Rechtssicherheit schaffe. Man habe aus den Erfahrungen mit der DSGVO nichts gelernt. Voss erwartet Auslegungsprobleme und ein Kompetenzchaos bei der Überwachung, was nicht gut sei für den Binnenmarkt: “Da hätten wir mutiger sein müssen.”

Schattenberichterstatter Sergey Lagodinsky (Grüne), der sich für die Zustimmung starkmacht, erklärte, dass auch er sich gerade bei der biometrischen Überwachung strengere Anforderungen gewünscht hätte. Er könne aber ruhiger schlafen, da das Gesetz Mindeststandards schaffe und es dann “keinen wilden Westen” mehr für die Überwachung mit KI gebe. Jeder Mitgliedstaat sei frei, strengere Vorschriften festzulegen.

Dennoch, die Fraktion der Grünen/EFA wird auch nicht einheitlich stimmen, denn die Piratenpartei wird dagegen votieren. Patrick Breyer ist überzeugt, dass die biometrische Massenüberwachung “Europa in eine dystopische Zukunft eines misstrauischen High-Tech-Überwachungsstaats nach chinesischem Vorbild” führt.

Viel Zeit bleibt für die Prüfung des Textes ohnehin nicht. Ende Februar oder Anfang März sollen die Abstimmungen zum AI Act im Plenum und im Rat stattfinden. vis

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Macron über Schäuble: Frankreich hat einen Freund verloren

Emmanuel Macron hat im Bundestag beim Staatsakt für Wolfgang Schäuble dessen Verdienste um die deutsch-französischen Beziehungen gewürdigt. Deutschland habe einen Staatsmann verloren, Europa eine Säule und Frankreich einen Freund, sagte der Präsident in seiner in weiten Teilen auf Deutsch gehaltenen Rede. Dass im Bundestag zu diesem Anlass die Stimme eines Franzosen zu hören sei, das sei “der Freundschaft dieses großen Deutschen” zu verdanken. Über Schäuble und den kurz danach verstorbenen Jacques Delors sagte er: Im Abstand nur einer Nacht seien zwei europäische Vordenker verschieden. Er ehrte sie als Bindeglieder, die “für ihre Länder und Europa alles gegeben haben”. Beide erhielten im Abstand von genau 20 Jahren auch den Karlspreis, zuletzt Schäuble 2012.

Der Tag des Staatsakts fiel auf mehrere Jahrestage. An einem 22. Januar wurde neben dem Élysée-Vertrag auch der Vertrag von Aachen als Zeichen der Freundschaft zwischen beiden Staaten unterzeichnet. Am 22. Januar 2018 sprach Schäuble, der als treibende Kraft hinter der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung gilt, zudem vor der Nationalversammlung in Paris. Macron wurde beim Staatsakt von einer großen Delegation aus Kabinetts- und Parlamentsmitgliedern begleitet, darunter Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire. okb

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Presseschau

Treffen der EU-Außenminister in Brüssel: Europa drängt Israel zu Zweistaatenlösung TAGESSPIEGEL
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So will die EU den Tech-Sektor vor China schützen HANDELSZEITUNG
Wie Italien seine Flüchtlinge nach Albanien verfrachten will FAZ
Zweithöchste Zahl an Asylanträgen pro Kopf in Österreich ORF
Justizreform: EU-Kommission droht Slowakei ORF
Seit Montag in Tschechien gültig: Digitaler Personalausweis soll Interaktion mit Ämtern erleichtern RADIO CZ
Bulgaria, Greece seeks funds from EU, NATO to build key roads EURACTIV
Poland secures EU concession to limit food exports from Ukraine FT
Einbürgerung: Fast 12.000 Menschen erhalten den Luxemburger Pass L’ESSENTIEL
Wo es in Luxemburg in puncto Rechtsstaatlichkeit noch hakt LUXEMBURGER WORT
Österreichisches Kandidaten-Quintett für die EU-Wahl ist komplett DIE PRESSE
Climate ministry: Estonian needs electricity storage facilities ERR.EE
Fünf Jahre Aachener Vertrag: Berlin und Paris: Ziemlich fremde Freunde? ZDF
Frankreich plant Schuluniform auf Probe – so läuft’s im Elsass SWR

Dessert

Familien-Partei, hier ist der Name Programm. Bei der Familien-Partei, die mit einem Abgeordneten im Europaparlament vertreten ist, findet jetzt ein Generationenwechsel statt. Das ist wörtlich zu nehmen. Der Vorsitzende der Partei, Helmut Geuking, legt sein Mandat als Europaabgeordneter nieder und übergibt an seinen Sohn. Niels Geuking, Schriftführer der Partei, wird in der nächsten Sitzungswoche in Straßburg erstmals im Plenum Platz nehmen.

Geuking senior ist 60 Jahre alt, Geuking junior übernimmt mit 31 Jahren. Es handelt sich nicht um Nepotismus, es geht mit rechten Dingen zu. Geuking junior ist Nachrücker für Geuking senior. Die Parlamentsverwaltung ist bereits informiert. Die Weitergabe des Mandates in der eigenen Familie dürfte es wohl nur in der familienorientierten Kleinstpartei geben.

Pöttering gelang der Generationswechsel nicht

Im CDU-Landesverband Niedersachsen war ein ähnlicher Versuch 2013 gescheitert. Benedict Pöttering, der Sohn des langjährigen Europaabgeordneten Hans-Gert Pöttering, trat bei der Landesdelegiertenversammlung 2013 an und wollte Kandidat werden. Hans-Gert Pötering, der ehemalige Parlamentspräsident, hätte es nach 35 Jahren im Europaparlament wohl gern gesehen, wenn sein Sohn übernommen hätte.

Doch Sohn Benedict verlor denkbar knapp gegen Jens Gieseke, der 2014 in Straßburg einzog und sich einen Namen als Verkehrsexperte gemacht hat. Aber zurück zu den Geukings: Vater und Sohn erklären in einem Video, das sie auf Youtube gepostet haben, die Hintergründe: Der Schritt sei nicht als “Rücktritt” zu verstehen, sondern als “Erweiterung des Mandates auf zwei Personen, also auf vier Schultern”. Geuking senior werde die Büros in Straßburg und Brüssel nutzen, die ihm als Ex-MEP zustünden. Er werde auch weiter die Sitzungen besuchen, allerdings zukünftig unentgeltlich. Vater und Sohn kündigen an, “Hand in Hand zusammenzuarbeiten zum Wohle der Menschen”.  Vater und Sohn also als MEP-Doppelpack. Ein Mandat in zweifacher Gestalt, wenn man so will. Festzuhalten bleibt: Bei den Abstimmungen bekommt die Familienpartei nicht mehr Gewicht. Die Doppel-Geukings dürfen nur eine Stimme abgeben. Markus Grabitz

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    der Vorschlag der Kommission zur Regulierung von Pflanzen, die mit sogenannten neuen genomischen Techniken (NGT) gewonnen werden, hat die Gegenwehr der Bioanbauverbände mobilisiert. Sie und alle anderen Produzenten von Lebensmitteln, für die bislang das Siegel “ohne Gentechnik” wichtig war, haben Befürchtungen um ihr Geschäftsmodell, sollte die “Neue Gentechnik” in der EU zugelassen werden.

    Der Gesetzentwurf soll dafür sorgen, dass mit neuen Techniken hergestellte Pflanzen eine Zulassung bekommen, die auch durch die Evolution oder durch konventionelle Züchtung entstehen könnten. Die Agrarunternehmen in Europa fordern grünes Licht aus Brüssel, um den Wettbewerbsnachteil auszugleichen zu Märkten wie USA und Lateinamerika, wo sie bereits erlaubt sind.

    Nun deutet sich ein Kompromiss an. Die Berichterstatterin Jessica Polfjärd von der EVP schlägt vor, dass die neuen Züchtungstechniken nicht im Ökolandbau eingesetzt werden sollen. Außerdem soll das Saatgut gekennzeichnet werden. Die Abstimmung im Umweltausschuss ENVI dürfte viel Beachtung finden. Sie ist ein Hinweis dafür, ob der Kompromiss, der auch die Interessen der Biobranche wahrt, später bei der Schlussabstimmung im Plenum eine Chance hat. Kommen Sie gut durch den Tag!

    Ihr
    Markus Grabitz
    Bild von Markus  Grabitz

    Analyse

    EU rüstet sich für Trump-Rückkehr

    “Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen”, sagte Angela Merkel. Das war 2017 und Donald Trump erst kurz im Amt als US-Präsident. Die damalige Bundeskanzlerin hielt in einem Münchner Bierzelt eine Rede, die weltweit beachtet wurde.

    Es war ein Weckruf, doch sind den Worten konkrete Taten gefolgt?

    Vor einem möglichen Comeback Donald Trumps werden in Brüssel am Sitz von EU und Nato wieder bange Fragen gestellt. Ist Europa diesmal vorbereitet? Es gibt die Berufseuropäer und Optimisten unter den Diplomaten, die das Glas zumindest halb voll sehen: Europa habe die Widerstandskraft gestärkt und die wichtigsten Lehren gezogen, argumentieren sie. So habe die EU das Konzept der strategischen Autonomie mit Inhalten gefüllt. Die Unternehmen haben die Lieferketten diversifiziert und Abhängigkeiten reduziert, sagt ein Diplomat.

    Die EU hat nun den sogenannten strategischen Kompass, einen Aktionsplan, um die eigene Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit bis 2030 zu stärken. Und mit der Friedensfazilität erstmals einen gemeinsamen Geldtopf, um Kriegsmaterial zu kaufen – wovon insbesondere die Ukraine profitiere. Man investiert über die Verteidigungsagentur gemeinsam in Forschung und Entwicklung der Rüstung von morgen. Alles vor einigen Jahren noch unvorstellbar.

    NATO-Staaten geben mehr für Verteidigung aus

    Auch bei der Nato könnte ein gut gestimmter Donald Trump bei einem nächsten Gipfel positive Entwicklungen begrüßen und auf sein eigenes Konto verbuchen. Nicht mehr nur drei, sondern immerhin zehn Verbündete erreichen nun das Ziel, mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, das sich die Nato 2014 nach der russischen Krim-Annexion gesteckt hat. Aber Trump wäre nicht Trump, wenn er bei einem Comeback nicht hervorheben würde, dass die Mehrheit die Vorgabe noch immer nicht oder wie Deutschland nicht dauerhaft schafft.

    Und auch bei der EU sind es bisher eher Trippelschritte Richtung Selbstständigkeit. Das zeigt sich wieder bei der mühevollen Vorbereitung der Marineoperation im Roten Meer – immerhin die wichtigste Lebensader für die europäische Wirtschaft und seit dem Krieg um Gaza den Angriffen der jemenitischen Huthi-Rebellen ausgesetzt. Die USA und Großbritannien sind derweil längst vor Ort. Oder bei den Schwierigkeiten, Ungarns Veto zu überwinden und die Mittel der Friedensfazilität aufzustocken, um weiterhin per Militärhilfe der Mitgliedstaaten die Ukraine unterstützen zu können.

    Verteidigung soll Priorität der neuen Kommission werden

    Es verwundert daher nicht, dass sich die kritischen Stimmen mehren, die das Glas “halb leer” und Europa schlecht gerüstet sehen. Spätestens seit der ersten Vorwahl der Republikaner in Iowa mit dem klaren Sieg von Donald Trump läuteten in Brüssel und vielen Hauptstädten die Alarmglocken, sagt Siegfried Mureșan, einflussreicher Vize-Chef der Christdemokraten im Europaparlament. Leider habe man nach der Wahl von Joe Biden die Trump-Präsidentschaft als Ausrutscher gesehen und danach kostbare Zeit verloren.

    Die EU müsse den Worten jetzt auch Taten folgen lassen. Sicherheit und Verteidigung müsse eine “strategische Priorität” der nächsten Kommission sein, fordert der Rumäne. Es müsse einen eigenen Kommissar für Sicherheit und Verteidigung geben. Priorität müsse Erweiterung und Nachbarschaftspolitik gelten, um die Ukraine sowie Moldau und die Balkanstaaten möglichst rasch an die EU heranzuführen.

    Ukraine-Deal auf Kosten Europas?

    Der USA- und China-Experte Reinhard Bütikofer warnt davor, “mit behäbigem Fatalismus darauf zu warten, ob die Schlange zuschnappt”. Die Europäer müssten jetzt dringend über einen Plan B nachdenken, also etwa gemeinsam vereinbaren, der Ukraine alles zu liefern, was diese brauche, um sich gegen Wladimir Putin zu behaupten. Nathalie Loiseau, liberale EU-Abgeordnete aus Frankreich und enge Vertraute von Präsident Emmanuel Macron, fordert, der Kontinent müsse mehr Verantwortung übernehmen, insbesondere in seiner Nachbarschaft.

    Vor allem mit Blick auf die Ukraine sind die Sorgen groß. Trump inszeniert sich gerne als Dealmaker und könnte Kiew zu Friedensverhandlungen drängen – notfalls gegen die Interessen Europas: “Die Situation in der Ukraine ist so schrecklich. Wir werden dafür sorgen, sie zu lösen”, versprach Trump jüngst. Wie genau, das ließ er offen. Eines scheint jedoch klar zu sein: Die massive Finanz- und Waffenhilfe für Kiew dürfte er so nicht fortsetzen. “Wir verschenken so viel Ausrüstung, dass wir im Moment keine Munition für uns selbst haben”, behauptete er.

    Schwierige Diskussion über Wehrhaftigkeit

    Druckmittel hätte Trump wohl genug. Denn auch die NATO-Unterstützung der USA könnte er als Präsident infrage stellen. Schon zum Ende seiner ersten Amtszeit soll der 77-Jährige gedroht haben, im Falle eines Angriffs auf Europa keine Militärhilfe zu leisten – und damit die Bündnisverpflichtung zu ignorieren. Das behauptete jüngst EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton bei einer Podiumsdiskussion im EU-Parlament. Der US-Kongress hat daher bereits per Gesetz vorgesorgt: Künftig darf kein Präsident die NATO-Mitgliedschaft aussetzen oder aufkündigen, ohne dass ein entsprechendes Gesetz des Kongresses oder die Zustimmung von zwei Dritteln des Senats vorliegt.

    Doch die Europäer werden um eine schwierige Diskussion über ihre Wehrhaftigkeit kaum herumkommen. Kanzler Olaf Scholz wird die Kollegen aus den anderen EU-Staaten beim Sondergipfel am 1. Februar drängen, mehr Waffen und Ausrüstung an die Ukraine zu liefern. Auch auf Drängen Berlins soll die Friedensfazilität umfunktioniert werden, um gemeinsame Rüstungsbeschaffungen zu fördern. Breton lancierte zudem unlängst die Idee, einen 100 Milliarden Euro schweren europäischen Verteidigungsfonds zu schaffen.

    In Berlin werden solche Ankündigungen noch zurückhaltend aufgenommen. Doch auch in der Bundesregierung schwant manchen, dass Deutschland in naher Zukunft womöglich deutlich mehr als zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung wird ausgeben müssen – womöglich im Verbund mit den europäischen Verbündeten. Trump könnte für diese bislang nur hinter den Kulissen geführte Diskussion als Katalysator wirken.

    IRA: Auch EU-Firmen leiden unter Unsicherheit

    Im Wettlauf um die grüne Transformation der Wirtschaft dürften die Karten mit Trump im Weißen Haus ebenfalls neu gemischt werden. Der Ex-Präsident hat mehrfach angekündigt, die industriepolitischen Programme von Joe Biden wie den Inflation Reduction Act (IRA) rückgängig zu machen. Trump bezeichnete sie mitunter als “grünen Schwindel”, der Arbeitsplätze kosten und Energie teuer machen würde. “Windräder rosten, sie verrotten, sie töten die Vögel”, sagte Trump in einem Wahlkampfvideo. Stattdessen will er Öl- und Gasexplorationen ausweiten.

    Die Analysten der “Economist Intelligence Unit” rechnen aber mit breitem Widerstand gegen Trumps Pläne. “Wir gehen davon aus, dass die Privatwirtschaft sich wehren wird”, heißt es in einem Bericht. Außerdem profitieren republikanisch dominierte Gegenden des Landes besonders stark von den angestoßenen Investitionen, sodass auch zahlreiche Parteikollegen von Trump die Maßnahmen unterstützen.

    Cathryn Clüver Ashbrook, Senior Advisor bei der Bertelsmann Stiftung, rechnet aber damit, dass die Republikaner den IRA dennoch zumindest in seiner jetzigen Form zurückziehen würden – allein, weil es ein Gesetz der Demokraten ist. Auch viele europäische Firmen profitierten von den Steueranreizen, “für sie würde das große Planungsunsicherheiten bedeuten”, warnt die Expertin.

    Trump will Zollring um die US-Wirtschaft legen

    Noch stärker als bislang müsste die EU, immerhin der zweitgrößte Handelspartner der Vereinigten Staaten, jedoch mit Strafzöllen rechnen. Mit seinen Beratern diskutiert Trump bereits den Plan, einen “Ring um die amerikanische Wirtschaft” zu legen. Seine jüngste Idee: ein Basiszoll in Höhe von zehn Prozent für alle. Zuletzt lag der amerikanische Durchschnitt bei 3,4 Prozent.

    US-Wirtschaftsvertreter warnen bereits vor einem möglichen Handelskrieg, der über die Stahl- und Aluminiumzölle aus Trumps erster Amtszeit hinausgeht. Zölle zu erheben und keine Abkommen mehr zu schließen, das bedeute, “unserer eigenen Wirtschaft Schaden zuzufügen”, sagte Suzanne Clark, Präsidentin der amerikanischen Handelskammer, vor wenigen Tagen beim virtuellen Jahrestreffen.

    Clüver Ashbrook rät daher: “Die EU sollte versuchen, weitere Verbündete wie die Mercosur-Staaten, Indien oder Australien in strategischen Fragen zu gewinnen, die auf die europäische Wettbewerbsfähigkeit einzahlen”. Leider sei sie dabei zuletzt aber nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Mit Laurin Meyer

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    EU-Strategie: Brüssel will Technologie vor China schützen

    Die EU-Kommission wird am Mittwoch ihre Vision für eine wirtschaftliche Risikominderung vorlegen. Das Paket für wirtschaftliche Sicherheit umfasst Initiativen in fünf Bereichen. Ziel der Brüsseler Strategie ist es, der wachsenden Bereitschaft Chinas und Russlands entgegenzutreten, Handel und kritische Lieferketten geopolitisch zu nutzen. Der Entwurf des wirtschaftlichen Sicherheitspakets liegt Table.Media vor. Zuvor hatten Bloomberg und Politico über die Pläne berichtet.

    Die Veröffentlichung des Pakets folgt auf die Ankündigung einer Strategie im Juni. Dass Peking im Fokus der Bemühungen steht, sprach damals allerdings nur Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager offen aus. In den Dokumenten zur Strategie wird China nur einmal namentlich genannt. Es handele sich um eine länderunabhängige Strategie – aber mit “geopolitischem Filter”, hatte Vestager betont.

    Mindeststandards für die Prüfung von Investitionen erwartet

    Das Paket enthält Initiativen für:

    • eine Verschärfung der Verordnung über ausländische Direktinvestitionen: Die EU-Kommission will alle Mitgliedstaaten dazu verpflichten, ausländische Investitionen auf Risiken für die Sicherheit und Ordnung zu prüfen und eventuelle Lücken zu schließen. Eine seit gut drei Jahren geltende Verordnung zum Investment Screening gibt es, die EU-Kommission will sie überarbeiten. Denn bislang haben nur 21 der 27 Staaten entsprechende behördliche Strukturen eingerichtet. Die seit 2020 geltende Verordnung hatte einen Kooperationsmechanismus geschaffen, damit die Mitgliedstaaten untereinander Informationen über problematische Investitionen austauschen konnten. Die Regierungen behielten aber viel Spielraum, etwa welche Investments sie als kritisch einstufen, oder wie sie festlegen, ob ein Investor aus einem Drittstaat außerhalb der EU kontrolliert wird, kritisierte der Europäische Rechnungshof. Die Brüsseler Behörde will nun Mindeststandards festschreiben, die nationale Behörden bei ihren Prüfungen beachten müssen. Im Fokus stehen dabei Investitionen in europäische Unternehmen, die an wichtigen EU-Programmen beteiligt sind oder in bestimmten Sektoren agieren, die von besonderer Bedeutung für die Sicherheit und Ordnung sind. Andere Mitgliedstaaten und die Kommission können zudem eigene Einschätzungen zu einer geplanten Investition in einem anderen EU-Land abgeben. Der Kommissionsvorschlag will hier nachschärfen, damit die prüfende Behörde diese Meinungen auch tatsächlich berücksichtigt.
    • bessere Kontrolle, um die Weitergabe von sensiblem Knowhow durch europäische Investitionen im Ausland zu verhindern: Auch Investments europäischer Unternehmen in Drittstaaten sollten unter bestimmten Bedingungen unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Den Gesetzesvorschlag für solche sogenannten Outbound Investments hat die Behörde aber zunächst zurückgestellt, wie Table.Media bereits exklusiv berichtet hatte. Stattdessen legt sie ein Weißbuch vor. Die Diskussionen in der Expertengruppe hätten ergeben, dass noch mehr Vorarbeit nötig sei, heißt es in der Mitteilung. Man wolle den weiteren Handlungsbedarf gemeinsam mit den Mitgliedstaaten nach zwölf Monaten bewerten. 
    • mehr Unterstützung der Erforschung von Dual-Use-Technologien: Die Europäische Kommission schlägt in einem Weißbuch Schritte zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Zusammenhang mit Technologien mit doppeltem Verwendungszweck vor. Dabei handelt es sich um Technologien, die für zivile als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden können. So möchte die EU-Kommission die Synergie zwischen ziviler und militärischer Forschung fördern und die bereits bestehende EU-Förderung in Programmen verbessern, beispielsweise das EU Defence Innovation Scheme (EUDIS) im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds (EDF). Auch die Möglichkeit eines speziellen Instruments mit Schwerpunkt auf Dual-Use-Forschung und -Entwicklung wird erwähnt.
    • vermehrte Koordinierung der Ausfuhrkontrollen von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck: Ein weiterer Teil des Pakets betrifft ein Weißbuch über die Ausfuhrkontrolle von Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, um die Sicherheit der EU zu gewährleisten.
    • Ideen zur Verbesserung der Forschungssicherheit: Die EU-Kommission empfiehlt den Mitgliedstaaten, einen politischen Rahmen für Forschungssicherheit zu schaffen, “der auf einem gesamtstaatlichen Ansatz basiert, Unterstützungsstrukturen schafft und Schutzmaßnahmen durch Finanzierung einführt”, wie es im Entwurf der EU-Kommunikation heißt. Es müsse zudem Anreize für Universitäten und andere öffentliche und private Forschungseinrichtungen geschaffen werden, Forschungssicherheitsberater für Due-Diligence- und Risikoprüfungen einzuführen.

    Vier Risiko-Kategorien

    Der Ansatz basiert auf drei Säulen: Förderung, Schutz, Partnerschaft – in der englischen Version mit der Alliteration “promoting, protecting, partnering” zusammengefasst. Zudem identifiziert die Strategie vier vorrangige Risikokategorien, darunter Risiken in Lieferketten, physische und Cyber-Sicherheit kritischer Infrastrukturen, technologische Sicherheit und das Risiko der Instrumentalisierung wirtschaftlicher Abhängigkeiten.

    Bei vielen Vorschlägen handelt es sich um Stellungnahmen und Empfehlungen, deren Umsetzung in bindende Vorgaben eine Weile dauern kann. Auch wie die EU-Staaten die Initiativen annehmen, spielt eine Rolle – denn ein großer Teil der Punkte fällt in die Kompetenz der EU-Hauptstädte. Auch die Zusammensetzung der nächsten EU-Kommission und wie diese das Vorhaben dann verfolgt, wird eine wichtige Rolle spielen. Zudem sind an dem Entwurf noch Änderungen möglich.

    Die neue Strategie zielt darauf ab, “Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit der EU zu bekämpfen”, heißt es in dem Entwurf. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, “dass die EU ein äußerst attraktives Ziel für Unternehmen und Investitionen bleibt”. Ziel sei es, die Fähigkeit der EU und der Mitgliedstaaten zu stärken, “laufende Risikobewertungen im Zusammenhang mit Lieferketten, Technologien, Infrastrukturen und wirtschaftlichem Zwang” anzugehen.

    Die Strategie für wirtschaftliche Sicherheit bedeutet generell ein Novum für Brüssel. Die EU vereint damit erstmals die Themen Sicherheit und Handel in einer Strategie.

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    Termine

    24.01.2024 – 09:00-18:00 Uhr, Berlin
    RS Medical Consult, Seminar Künstliche Intelligenz und Medizin – Wie verändert sich das Gesundheitswesen
    RS Medical Consult lädt zentrale Akteure des Gesundheitswesens ein, um das Verhältnis von künstlicher Intelligenz und Medizin zu beleuchten. INFOS & ANMELDUNG

    24.01.2024 – 10:00-13:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
    ERCST, Roundtable Future of the EU ETS
    The Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) discusses the revised EU ETS Directive. INFOS & ANMELDUNG

    24.01.2024 – 14:00-15:00 Uhr, online
    FSR, Presentation Better regulation for the green transition
    The Florence School of Regulation (FSR) explores the challenges governments face and presents good practices for environmental and other regulations to ensure that all policy instruments coherently pursue environmental goals. INFOS & REGISTRATION

    24.01.2024 – 16:00 Uhr, online
    CLEPA, Seminar Generative AI and automotive innovation
    The European Association of Automotive Suppliers (CLEPA) provides informative sessions to keep members at the forefront of the latest industry developments. INFOS & REGISTRATION

    24.01.2024 – 18:00-20:00 Uhr, Halle
    FNF, Podiumsdiskussion Künstliche Intelligenz im Militär – Chancen, Risiken, Herausforderungen
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) diskutiert die Bedeutung von künstlicher Intelligenz für die militärische Praxis. INFOS & ANMELDUNG

    24.01.2024 – 19:00 Uhr, München
    FAA, Discussion The 2024 U.S. Elections – A Bipartisan Outlook on Key Issues, Key States, and the Electoral Process
    The Federal Aviation Administration (FAA) provides insights and analyses on Democratic and Republican electoral prospects across the US. INFOS & REGISTRATION

    24.01.2024 – 19:00-20:30 Uhr, online
    FNF, Vortrag Die arabische Welt im Spannungsfeld zwischen der Volksrepublik China und den USA
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) geht der Frage nach, welche Folgen die zunehmende Bedeutung Chinas für die Weltpolitik hat. INFOS & ANMELDUNG

    25.01.2024 – 10:00-12:00 Uhr, online
    ASEW, Seminar Emissionsfaktoren der Fernwärme
    Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) informiert über CO2-Emissionsfaktoren für Fernwärmenetze. INFOS & ANMELDUNG

    25.01.2024 – 10:30-12:00 Uhr, online
    DIHK, Seminar Die neue EU-Entwaldungsverordnung
    Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) informiert darüber, wer künftig eine entwaldungsfreie Lieferkette nachweisen muss, welche Anforderungen an den Nachweis gestellt werden und wie eine weltschonende Beschaffung ausgestaltet werden kann. INFOS & ANMELDUNG

    25.01.2024 – 11:00 Uhr, online
    EBD De-Briefing AGRIFISH
    Die Europäische Bewegung Deutschland (EBD) diskutiert die Ergebnisse des Rats der EU Landwirtschaft und Fischerei vom 23. Januar. INFOS & ANMELDUNG

    25.01.2023 – 14:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
    ERCST, Roundtable The CRCF trilogues and the Industrial Carbon Removal strategy: where are we headed?
    The Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) aims to discuss the most recent developments of the Certification Framework for Carbon Removals (CRCF) and the Industrial Carbon Management strategy. INFOS & REGISTRATION

    25.01.2024 – 16:00-17:30 Uhr, online
    FNF, Diskussion Was Frankreich bewegt – Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Fokus
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) analysiert und diskutiert die politische Lage in Frankreich im Hinblick auf Sicherheits- und Verteidigungspolitik. INFOS & ANMELDUNG

    25.01.2024 – 16:00-17:30 Uhr, Tübingen
    FNF, Diskussion Krieg ohne Ende? Russlands Eroberungsdrang, der Überlebenskampf der Ukraine und die deutsche Politik
    Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) diskutiert die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg. INFOS & ANMELDUNG

    News

    Einigung der EU-Außenminister auf Marinemission im Roten Meer

    Die EU-Staaten haben eine politische Grundsatzeinigung zugunsten eines Militäreinsatzes zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer erzielt. Allerdings könne er noch nicht sagen, wann die Marinemission starten wird, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Außenministertreffen in Brüssel. Zugleich dämpfte Borrell die Hoffnung auf eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt. “Wir sind in einer Vorphase”, sagte er.

    An dem Ratstreffen nahmen der israelische Chefdiplomat Israel Katz sowie seine Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien sowie von der palästinensischen Autonomiebehörde teil. Auch der Generalsekretär der Arabischen Liga war geladen, um über den Krieg in Gaza und die Eskalation im Nahen Osten zu reden. Außenministerin Annalena Baerbock warb für einen schnellen Abschluss der Vorbereitungen für der geplanten EU-Marinemission.

    Die letzten Details müssten jetzt dringend geklärt werden, sagte sie in Brüssel. Mit den willkürlichen Angriffen der Huthi “werde auch eine der zentralen Adern der freien Seefahrt und damit auch des Welthandels” attackiert. Deutschland will sich mit der Fregatte “Hessen” an der Militäroperation beteiligen. Allerdings muss der Bundestag nach dem Abschluss der EU-Planungen noch ein entsprechendes Mandat erteilen.

    EU entsendet Kriegsschiffe und luftgestützte Frühwarnsysteme

    Der geplanten neuen Mission habe niemand widersprochen, sagte Borrell. Dennoch könne es sein, dass einige EU-Länder nicht mitmachen. Welche das sein könnten, ließ er offen. Zuletzt hatte sich Spanien gegen eine Beteiligung ausgesprochen. Nun macht Madrid den Weg frei. Allerdings seien noch einige Aufgaben zu erledigen, so Borrell. “Wir müssen einen Rechtstext vorlegen und die operativen Regeln aufstellen.” Dies könne einige Zeit dauern.

    Unklar ist auch noch, wer das Kommando übernehmen soll. Bei den letzten Marinemissionen waren Spanien und Frankreich in den Lead gegangen. Der Militäreinsatz im Roten Meer gilt jedoch als gefährlicher als bisherige Missionen. Es geht darum, die Angriffe von militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen zu beenden und die zivile Schifffahrt zu schützen. Dafür will die EU Kriegsschiffe und luftgestützte Frühwarnsysteme entsenden.

    Weniger entschlossen zeigte sich die EU im Streit um den Krieg in Gaza. Die Außenminister sprachen sich zwar erneut für eine Zweistaatenlösung aus. Sie erhöhten auch den Druck auf Israel, sich einer solchen Lösung anzuschließen. Die Aussagen des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahus seien “besorgniserregend”, sagte Frankreichs neuer Außenminister Stéphane Séjourné. Die Palästinenser hätten ein Anrecht auf einen eigenen Staat.

    Israels Außenminister verhindert Debatte über Zweistaatenlösung

    Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte die Zweistaaten-Idee “die einzige Lösung”. “All diejenigen, die davon nichts wissen wollen, haben bisher keine Alternative auf den Weg gebracht”, sagte sie. Allerdings fand ein Zehn-Punkte-Plan Borrells keine Mehrheit. Demnach sollen die EU, die USA und die UNO eine “vorbereitende Friedenskonferenz” einberufen und einen internationalen Plan zur Konfliktlösung ausarbeiten.

    Die “Konfliktparteien”, also Israel und Palästina, sollten in die Verhandlungen erst eingeschaltet werden, wenn der Friedensplan vorliegt. Danach sollen sie, so Borrells Vorschlag, die letzten Details untereinander aushandeln. “Wir sollten nicht mehr vom Friedensprozess sprechen, sondern die Umsetzung der Zweistaatenlösung voranbringen”, begründete er seinen Vorstoß. Doch der israelische Außenminister Israel Katz blockte ihn ab.

    Katz wich nicht nur der Debatte über eine Zweistaatenlösung aus. Er versuchte auch, das Gespräch auf andere Themen zu lenken. Bei seiner Ankunft im Brüsseler Ratsgebäude präsentierte er das Foto eines von der Hamas nach Gaza verschleppten Babys. Bei seinem Treffen mit den EU-Ministern zeigte Katz dann zwei Videos- eins zeigte das Projekt einer künstlichen Insel vor dem Gazastreifen, das andere eine Schienenverbindung vom Nahen Osten nach Indien.

    “Der Minister hätte seine Zeit besser nützen können”, sagte Borrell bei der abschließenden Pressekonferenz. Kritik kam auch von Riyad Malki, dem Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, den die EU-Minister separat empfangen haben. Also nicht im Beisein von Katz. Sein vordringlichstes Anliegen, ein Waffenstillstand, habe die EU nicht aufgegriffen, sagte er. Außerdem hätten es die Europäer versäumt, Netanjahu für seine Politik klar zu verurteilen. eb

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    Wirtschaftsverbände fordern Abkehr von EU-Sorgfaltspflichtengesetz

    Mehrere Wirtschaftsverbände haben die Bundesregierung und die EU-Ratspräsidentschaft aufgefordert, das EU-Sorgfaltspflichtengesetz (CSDDD) in seiner aktuellen Form abzulehnen. In einem gemeinsamen Schreiben drängen der VCI, VDMA, ZVEI, BGA, Gesamtmetall, der Mittelstandsverbund ZGV, die Stiftung Familienunternehmen und Politik sowie Textil+Mode darauf, die europäische Richtlinie “zu stoppen”.

    Bereits das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zeige, dass die “Verrechtlichung und Bürokratisierung der Prozesse die Unternehmen über Gebühr belasten”, heißt es in dem Schreiben. Zudem würde das Gesetz nicht einmal ein europäisches Level-Playing-Field schaffen, da keine Vollharmonisierung vorgesehen sei. “Für deutsche Unternehmen würde es eine Reihe bestehender Maßgaben verschärfen und dadurch gerade mittelständische Unternehmen endgültig überlasten, ihnen teils Unmögliches abverlangen“, schreiben die Verbände.

    “Unternehmen über Gebühr belastet”

    Insbesondere kritisieren die Verbände die beschlossene zivilrechtliche Haftung: “Es ist schlicht praxisfremd zu verlangen, dass Unternehmen aus den EU-Mitgliedstaaten für Pflichtverletzungen haften sollen, die in ihren Lieferketten geschehen – und dies noch weltweit.” Die oft unkalkulierbaren Risiken könnten dazu führen, dass Unternehmen sich aus bestimmten Regionen zurückzögen, warnen die Verbände.

    Darüber hinaus missbilligen sie die Verpflichtung für Unternehmen, fast alle Stufen ihrer Lieferketten zu kontrollieren. Dies sei angesichts der teils fünf- bis sechsstelligen Zahl an Zulieferern, von denen jährlich ein Teil wechsele, zu kostspielig, wenn überhaupt umsetzbar. Sie fordern zudem eine Ausnahme für alle im EU-Binnenmarkt ansässigen Zulieferer und Kunden. Auch die Verpflichtung, Geschäftskunden zu überprüfen, müsse verhindert werden.

    Die EU-Mitgliedstaaten hatten sich am 14. Dezember bereits mit dem Parlament auf einen finalen Gesetzestext geeinigt. Beide Institutionen müssen die Einigung nun noch formal annehmen. Der Rat arbeitet daran bereits auf der Arbeitsebene, im Februar werden sich voraussichtlich die EU-Botschafter damit befassen.

    Keine Einigung bei Treffen im Kanzleramt

    Die Positionierung der Bundesregierung steht noch nicht fest. Bei einem Gespräch im Kanzleramt konnten sich Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, Arbeitsminister Hubertus Heil, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Justizminister Marco Buschmann am Freitag nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Dies erfuhr Table.Media aus Regierungskreisen. Das Treffen war nach der Kritik von FDP-Chef Christian Lindner am deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und dem ablehnenden Votum des FDP-Präsidiums für die CSDDD anberaumt worden.

    Die vier Minister sprachen unter anderem darüber, welche Verbesserungen die europäische gegenüber der deutschen Regelung für Unternehmen mit sich bringen könnte, etwa bei den Berichtspflichten. Laut dem LkSG berichten Unternehmen über ihre Risikoanalysen an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Künftig könnten die Berichte Bestandteil des Geschäftsberichts werden, die von Wirtschaftsprüfern attestiert werden. Das Bafa bliebe unter anderem für die Überprüfung von Beschwerden zuständig.  Darüber hinaus dürfte es weitere Vereinfachungen geben, was etwa neue Möglichkeiten der Priorisierung von Regionen nach Risiken anbelangt oder der Nutzung von Audits.

    Die Koalitionspartner seien bemüht, eine Lösung zu finden, die es der FDP ermögliche, der Richtlinie doch noch zuzustimmen. Dazu könnte die schnellere Umsetzung der CSDDD in Deutschland gehören, damit die Unternehmen früher von deren Vereinfachungen profitieren. Gleichzeitig bringt die CSDDD allerdings in einigen Punkten eine Verschärfung gegenüber dem LKSG mit. So werden etwa mehr Unternehmen erfasst und der Zugang für Betroffene vor Gerichten vereinfacht. cd, leo

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    AI Act: Finaler Text ist jetzt in der Prüfung

    Die Bundesregierung, zahlreiche Verbände und Nicht-Regierungsorganisationen haben seit dem Wochenende reichlich Lesestoff: Die belgische Ratspräsidentschaft hat die lang erwartete schriftliche Fassung des AI Acts verschickt. Das Vier-Spalten-Dokument hat in der PDF-Version 892 Seiten. Dabei ist offen, ob der mühsam erarbeitete Kompromiss zur KI-Verordnung in Parlament und Rat tatsächlich eine Mehrheit erhält.

    Der jetzt verschickte Text basiert auf der politischen Einigung im Trilog zum AI Act. Sie erfolgte nach einem Verhandlungsmarathon in der Nacht zum 9. Dezember 2023 nur mündlich. Eine erste schriftliche Fassung lag erst kurz vor Weihnachten vor. Anschließend klärten die Verhandlungsteams auf technischer Ebene die Details. Dabei zeigten sich erneut erhebliche Differenzen zwischen den Positionen von Rat und Parlament.

    Wahrscheinlich enthält sich die Bundesregierung im Rat

    Es spricht einiges dafür, dass die Bundesregierung sich nicht auf ein Votum im Rat wird einigen können. Die Federführung liegt bei den Bundesministerien für Wirtschaft und Justiz. Robert Habecks (Grüne) BMWK wird wohl zustimmen. Man werde den finalen Text “prüfen und sich anschließend zum deutschen Abstimmungsverhalten koordinieren”, hieß es am Montag von dort. Zentral sei für die Bundesregierung eine innovationsfreundliche Regulierung, die Akzeptanz und Vertrauen in die Technologie schafft. Widerstand ist dagegen aus Volker Wissings (FDP) Digitalministerium zu erwarten, das vor allem die Regulierung von Allzweck-KI-Modellen (GPAI Models) ablehnt.

    Allgemein erwartet wird, dass Frankreich im Rat gegen den AI Act stimmen wird, während Deutschland sich enthält. Wie viele Mitgliedstaaten sich Frankreich anschließen, ist offen. Doch es ist eher unwahrscheinlich, dass eine Mehrheit im Rat so kurz vor den Europawahlen 2024 das Gesetz platzen lässt, das viele als geostrategisch wichtig und wegweisend betrachten.

    Keine einheitlichen Linien in den Fraktionen

    Auch im EU-Parlament ist das Abstimmungsverhalten schwer vorhersehbar. Das Parlament musste einige Kompromisse machen, die einige nicht hinnehmen wollen. Schattenberichterstatterin Svenja Hahn und mit ihr wohl weitere FDP-Abgeordneten wollen das Gesetz ablehnen. Die Regelungen zur biometrischen Erkennung im öffentlichen Raum stellten eine Bedrohung für die Bürgerrechte dar. Da der Renew-Abgeordnete Dragoş Tudorache jedoch einer der beiden Berichterstatter ist, wird die Renew-Fraktion nicht einheitlich abstimmen.

    Auch aus der S&D, der Fraktion des zweiten Berichterstatters Brando Benifei wird Zustimmung erwartet. Im Libe-Ausschuss sagte Birgit Sippel (SPD) am Montag, man müsse manches kritisch sehen, wie etwa die biometrische Überwachung im öffentlichen Raum. Doch es gebe auch viel, worauf man stolz sein könne.

    Abstimmung im Parlament wird kein Selbstläufer

    Der Schattenberichterstatter Axel Voss (CDU) sagte, er sei zufrieden, dass es geglückt sei, die diametralen Positionen zu einem Kompromiss zu bringen. Er kritisierte jedoch, dass das Gesetz keine Rechtssicherheit schaffe. Man habe aus den Erfahrungen mit der DSGVO nichts gelernt. Voss erwartet Auslegungsprobleme und ein Kompetenzchaos bei der Überwachung, was nicht gut sei für den Binnenmarkt: “Da hätten wir mutiger sein müssen.”

    Schattenberichterstatter Sergey Lagodinsky (Grüne), der sich für die Zustimmung starkmacht, erklärte, dass auch er sich gerade bei der biometrischen Überwachung strengere Anforderungen gewünscht hätte. Er könne aber ruhiger schlafen, da das Gesetz Mindeststandards schaffe und es dann “keinen wilden Westen” mehr für die Überwachung mit KI gebe. Jeder Mitgliedstaat sei frei, strengere Vorschriften festzulegen.

    Dennoch, die Fraktion der Grünen/EFA wird auch nicht einheitlich stimmen, denn die Piratenpartei wird dagegen votieren. Patrick Breyer ist überzeugt, dass die biometrische Massenüberwachung “Europa in eine dystopische Zukunft eines misstrauischen High-Tech-Überwachungsstaats nach chinesischem Vorbild” führt.

    Viel Zeit bleibt für die Prüfung des Textes ohnehin nicht. Ende Februar oder Anfang März sollen die Abstimmungen zum AI Act im Plenum und im Rat stattfinden. vis

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    Macron über Schäuble: Frankreich hat einen Freund verloren

    Emmanuel Macron hat im Bundestag beim Staatsakt für Wolfgang Schäuble dessen Verdienste um die deutsch-französischen Beziehungen gewürdigt. Deutschland habe einen Staatsmann verloren, Europa eine Säule und Frankreich einen Freund, sagte der Präsident in seiner in weiten Teilen auf Deutsch gehaltenen Rede. Dass im Bundestag zu diesem Anlass die Stimme eines Franzosen zu hören sei, das sei “der Freundschaft dieses großen Deutschen” zu verdanken. Über Schäuble und den kurz danach verstorbenen Jacques Delors sagte er: Im Abstand nur einer Nacht seien zwei europäische Vordenker verschieden. Er ehrte sie als Bindeglieder, die “für ihre Länder und Europa alles gegeben haben”. Beide erhielten im Abstand von genau 20 Jahren auch den Karlspreis, zuletzt Schäuble 2012.

    Der Tag des Staatsakts fiel auf mehrere Jahrestage. An einem 22. Januar wurde neben dem Élysée-Vertrag auch der Vertrag von Aachen als Zeichen der Freundschaft zwischen beiden Staaten unterzeichnet. Am 22. Januar 2018 sprach Schäuble, der als treibende Kraft hinter der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung gilt, zudem vor der Nationalversammlung in Paris. Macron wurde beim Staatsakt von einer großen Delegation aus Kabinetts- und Parlamentsmitgliedern begleitet, darunter Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire. okb

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    Dessert

    Familien-Partei, hier ist der Name Programm. Bei der Familien-Partei, die mit einem Abgeordneten im Europaparlament vertreten ist, findet jetzt ein Generationenwechsel statt. Das ist wörtlich zu nehmen. Der Vorsitzende der Partei, Helmut Geuking, legt sein Mandat als Europaabgeordneter nieder und übergibt an seinen Sohn. Niels Geuking, Schriftführer der Partei, wird in der nächsten Sitzungswoche in Straßburg erstmals im Plenum Platz nehmen.

    Geuking senior ist 60 Jahre alt, Geuking junior übernimmt mit 31 Jahren. Es handelt sich nicht um Nepotismus, es geht mit rechten Dingen zu. Geuking junior ist Nachrücker für Geuking senior. Die Parlamentsverwaltung ist bereits informiert. Die Weitergabe des Mandates in der eigenen Familie dürfte es wohl nur in der familienorientierten Kleinstpartei geben.

    Pöttering gelang der Generationswechsel nicht

    Im CDU-Landesverband Niedersachsen war ein ähnlicher Versuch 2013 gescheitert. Benedict Pöttering, der Sohn des langjährigen Europaabgeordneten Hans-Gert Pöttering, trat bei der Landesdelegiertenversammlung 2013 an und wollte Kandidat werden. Hans-Gert Pötering, der ehemalige Parlamentspräsident, hätte es nach 35 Jahren im Europaparlament wohl gern gesehen, wenn sein Sohn übernommen hätte.

    Doch Sohn Benedict verlor denkbar knapp gegen Jens Gieseke, der 2014 in Straßburg einzog und sich einen Namen als Verkehrsexperte gemacht hat. Aber zurück zu den Geukings: Vater und Sohn erklären in einem Video, das sie auf Youtube gepostet haben, die Hintergründe: Der Schritt sei nicht als “Rücktritt” zu verstehen, sondern als “Erweiterung des Mandates auf zwei Personen, also auf vier Schultern”. Geuking senior werde die Büros in Straßburg und Brüssel nutzen, die ihm als Ex-MEP zustünden. Er werde auch weiter die Sitzungen besuchen, allerdings zukünftig unentgeltlich. Vater und Sohn kündigen an, “Hand in Hand zusammenzuarbeiten zum Wohle der Menschen”.  Vater und Sohn also als MEP-Doppelpack. Ein Mandat in zweifacher Gestalt, wenn man so will. Festzuhalten bleibt: Bei den Abstimmungen bekommt die Familienpartei nicht mehr Gewicht. Die Doppel-Geukings dürfen nur eine Stimme abgeben. Markus Grabitz

    Europe.Table Redaktion

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