Table.Briefing: Europe

ETS im Agrarsektor + EU-Schulden + Pestizide

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor mehr als einem Jahr hat das EU-Parlament Reformen des europäischen Wahlrechts vorgeschlagen, die Mitgliedstaaten reagierten bislang mit: Schweigen. Am kommenden Dienstag setzen sich nun die Europaminister mit den Vorschlägen auseinander. Zur Vorbereitung hatte der schwedische Ratsvorsitz vor einigen Wochen einen Fragebogen verschickt, auf den fast alle Regierungen geantwortet haben. Die Meinungen gehen allerdings “weit auseinander”, wie ein EU-Diplomat sagt.

Frankreich und Deutschland befürworten transnationale Wahllisten, ebenso wie etwa Zypern. Polen hingegen lehnt einen EU-weiten Wahlkreis mit 28 zusätzlichen Sitzen, wie ihn das Parlament fordert, entschieden ab. Beim Spitzenkandidatenprinzip verlaufen die Fronten ähnlich, wenngleich etwas weniger starr. Auch auf den vom EP vorgeschlagenen einheitlichen Wahltag am 9. Mai können sich die Länder bislang nicht einigen.

Der schwedische Vorsitz will daher am Dienstag zunächst über weniger strittige Themen diskutieren: eher technische Fragen wie der gleiche Zugang zur Wahl auch für Menschen mit Behinderung oder zur Veröffentlichung der Wahlergebnisse. Bis zur Europawahl im Juni 2024 wird es daher nichts mit der Reform, selbst 2029 wird angesichts des bisherigen Tempos eine Herausforderung.

Zur Erinnerung: Die jüngste (und weniger ambitionierte) Reform von 2018 ist noch immer nicht von allen Ländern ratifiziert worden. Spanien und Zypern fehlen, und verhindern damit, dass die Änderungen bei der anstehenden Wahl greifen. Auch Deutschland hat satte fünf Jahre gebraucht, bis es den Akt vor wenigen Wochen verabschiedet hat.

In diesem Sinne: Ich wünsche Ihnen einen dynamischen Tag und ein erholsames Wochenende!

Ihr
Till Hoppe
Bild von Till  Hoppe

Analyse

Agrarsektor: Kommission bereitet Emissionshandel vor

Seit der Ausweitung des Europäischen Emissionshandels auf die Bereiche Verkehr und Gebäude (ETS 2) ist die Landwirtschaft der einzige relevante Sektor, dessen Treibhausgas-Ausstoß weiterhin keiner Bepreisung unterworfen ist. Nach wie vor fallen die Emissionen der Agrarbranche unter die sogenannte Lastenteilung (Effort Sharing Regulation, ESR), die nationale Minderungsziele vorsieht. Erreicht werden sollten diese bislang vor allem durch eine entsprechende Ausrichtung der Fördergelder der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).

Im EU-Durchschnitt hat sich der THG-Ausstoß des Sektors nach Angaben der EU-Kommissionen allerdings seit etwa 20 Jahren kaum verändert und macht derzeit gut zehn Prozent aller Emissionen in der EU aus. Um die Klimaziele zu erreichen, muss aber auch die Landwirtschaft klimafreundlicher werden. Deshalb arbeitet die Kommission nun doch an einem Bepreisungsmodell.

100 Milliarden Euro verpufft

Grundlage bildet ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs von Ende 2021. Demnach waren in der vergangenen GAP-Förderperiode rund 100 Milliarden Euro für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen, mehr als ein Viertel des Gesamt-Budgets. Gebracht hat es: nichts.

Beispielsweise sei die GAP nicht darauf ausgerichtet, die Viehhaltung zu begrenzen, welche etwa 50 Prozent der landwirtschaftlichen Emissionen ausmache. Landwirte, die entwässerte Moorböden bewirtschaften (etwa 20 Prozent der Emissionen), seien dabei sogar noch unterstützt worden. Das widerspreche zutiefst dem gesetzlich vorgeschriebenen Verursacherprinzip, sagt Rechnungshof-Agrarexperte Jonas Kathage, Co-Autor des Berichts.

Das soll sich nun ändern, denn das Potenzial sei groß: “Die Agrarbranche inklusive ihrer Wertschöpfungskette kann der erste Sektor werden, der Klimaneutralität erreicht“, sagte Alexandre Paquot, Direktor der Generaldirektion Klima bei der EU-Kommission, bei einer Veranstaltung in Brüssel. Die Behörde hat bereits eine Studie zur Bepreisung in Auftrag gegeben, an der unter anderem das Institute for Environmental European Policy (IEEP) und das Ecologic Institute beteiligt sind.

ETS für neun Millionen Emittenten?

IEEP-Agrarexpertin und Co-Autorin Julia Bognar gibt erste Einblicke in die noch laufende Untersuchung. Klar ist, die Herausforderungen sind groß:

Vom bestehenden ETS werden etwa 10.000 Emittenten aus Industrie und Energie erfasst, die für rund 1,5 Gigatonnen CO₂-Äquivalente verantwortlich sind. Demgegenüber stehen mehr als neun Millionen, überwiegend kleine landwirtschaftliche Betriebe, die etwa 0,4 Gigatonnen CO₂-Äquivalente ausstoßen.

“Die alle miteinzubeziehen, ist verwaltungstechnisch höchst kompliziert”, sagt Bognar. Der Aufwand für die Umsetzung eines Bepreisungsmodells müsse so gering wie möglich sein, um einen sinnvollen Kosten-Nutzen-Effekt zu erzielen. Zumal es für das notwendige Monitoring der Emissionen auf den einzelnen Betrieben noch keine adäquate Lösung gebe.

Zudem stammen die Emissionen in der Landwirtschaft aus heterogenen Quellen. Die meisten entstehen in Form von Methan bei der Tierhaltung oder Lachgas durch Überdüngung. Denkbar wäre deshalb laut IEEP auch, nur einzelne Bereiche und damit zumindest einen großen Teil der Agraremissionen abzudecken. Eine weitere Möglichkeit sei, bei der Bepreisung nicht die Betriebe selbst, sondern die Wertschöpfungskette in den Blick zu nehmen und etwa bei Düngemittelherstellern (Upstream) oder bei der Milch- und Fleischverarbeitung (Downstream) anzusetzen.

Carbon Leakage befürchtet

Eine weitere Schwierigkeit: Landwirtschaftliche Produkte werden in großem Umfang international gehandelt. Ähnlich wie im bestehenden ETS könnte eine Bepreisung also dazu führen, dass emissionsintensive Produktionszweige in Drittstaaten verlagert werden (Carbon Leakage). Um das zu verhindern, könne auch im Agrarbereich eine Art Grenzausgleich (CBAM) oder Gratis-Zertifikate eingeführt werden, so Bognar. Außerdem müsse für sozialen Ausgleich gesorgt und sichergestellt werden, dass niemand zurückgelassen wird. Kleinere Betriebe könnten gegebenenfalls ganz ausgenommen werden.

Trotz aller Herausforderungen sei ein Emissionshandelssystem dennoch das einzig Richtige, konstatiert Bogner. Ein marktbasiertes Instrument sei der effizienteste Weg, um für klimafreundliche Innovationen zu sorgen und die Reduktionsziele zu erreichen. Dabei sei das Prinzip von Cap and Trade erfolgversprechender als etwa eine EU-weite Steuer auf Emissionen, was rechtlich ohnehin derzeit nicht darstellbar sei.

Auch die Bundesregierung zeigte sich bereits offen für einen Emissionshandel im Agrarbereich. Alle Sektoren sollten vom Europäischen ETS erfasst werden, hieß es kürzlich aus den Reihen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima. Das stünde nicht im Widerspruch zum Ordnungsrecht. Emissionshandel und Vorgaben zu hohen Standards könnten nur zusammen funktionieren.

DBV: “Weder vernünftig noch machbar”

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hingegen lehnt den Vorstoß rundheraus ab. “Ein ETS für die Landwirtschaft ist weder vernünftig noch machbar. Denn das Prinzip von Cap and Trade funktioniert nur, wenn die Akteure die gleichen Chancen haben, die Emissionen zu steuern und diese konkret messbar oder bestimmbar sind”, sagt Udo Hemmerling, stellvertretender DBV-Generalsekretär. Das sei in der Landwirtschaft aber nicht der Fall. Denn der Ausstoß von Methan oder Lachgas hänge stark von äußeren Faktoren wie Witterung oder Region ab.

Außerdem ließen sich die natürlichen Prozesse bei der Nahrungsmittelproduktion nicht durch alternative Technologien ersetzen, wie beispielsweise im Energiebereich. “In Deutschland hat die Landwirtschaft ihre Emissionen in den vergangenen Jahren bereits deutlich gesenkt und viele Betriebe sind bereit, ihren Ausstoß weiter zu reduzieren, wissen aber nicht, wie. Dafür bräuchten wir Veränderungen in anderen Politikbereichen, etwa im Züchtungs- oder Baurecht, und keinen Emissionshandel”, so Hemmerling.

Bis es tatsächlich zur EU-weiten Einführung eines Agrar-ETS kommt, wird es angesichts der zahlreichen Herausforderungen wohl noch dauern. Andererseits müssen bereits für die Klimaziele 2030 die Emissionen aus der Landwirtschaft deutlich gesenkt werden. Die Zeit drängt.

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Oettinger: “Es ist irrsinnig, EU-Schulden nicht auszuweisen”

Herr Oettinger, als damaliger Haushaltskommissar haben Sie den Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) vorgeschlagen. Zur anstehenden Halbzeitüberprüfung stellt sich die Frage, ob rückblickend der Schritt in die Schuldenaufnahme zu rechtfertigen war?

Die Pandemie war ein außergewöhnliches Ereignis, das viele Mitgliedstaaten nachhaltig berührt hat. Auch rückblickend macht das manche Maßnahme, die europäisches Haushaltsrecht berührt, nachvollziehbar. Jetzt geht es darum, wieder zu normalen Haushaltslinien zurückzukehren. Meine Kritik macht sich nicht an der Kreditaufnahme an sich fest. Unter der Voraussetzung, dass die Verschuldung einmalig bleibt und konsequent zurückgeführt wird, ist es in Ordnung.

Was kritisieren Sie?

Ich kritisiere einige Projekte, in die die Kredite geflossen sind. Zu häufig handelt es sich um wünschenswerte Projekte, die aber mit der Pandemie nichts zu tun haben. Man hätte strenger dafür sorgen müssen, dass die Schulden wirklich nur für Zukunftsprojekte gemacht werden. Jetzt muss konsequent darauf geachtet werden, dass die Schulden ab dem Jahr 2027 getilgt werden. Es wird in der Zukunft noch manche Pandemie und Naturkatastrophe geben. Ich kritisiere, dass sich die Politik der Gegenwart verschuldet und Maßnahmen ermöglicht, die sinnvoll erscheinen, aber die Tilgung auf die nächsten Generationen verschiebt.

Die Politik hatte einen Booster für den Green Deal erhofft. Was ist daraus geworden?

Investitionen in Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben zu Recht Priorität. Ich sehe aber die Absolutheit, mit der die Kommission und das Parlament, weniger der Rat, dieses Ziel verfolgen, kritisch. Ich glaube nicht daran, wenn die Kommission und der Bundeskanzler davon sprechen, dass wir ein grünes Wirtschaftswunder erleben. Wirtschaftswachstum ist nicht nur mit dem Green Deal verbunden. Der Green Deal bringt für einige Bereiche der Wirtschaft Wachstum. Für andere Bereiche ist er eine Gefahr und führt zu Deindustrialisierung.

Was fordern Sie?

Mir fehlt die Balance zwischen kluger Industriepolitik, Investitionen in Forschung und Arbeit und Klimaschutz.

Ab 2027 sollen die Kredite wieder getilgt werden, dafür sollen auch neue Eigenmittel für die EU erschlossen werden. Liegt Europa im Plan?

Unter Mario Monti wurde bereits 2014 eine hochrangige Arbeitsgruppe eingesetzt, die Vorschläge erarbeiten sollte. Man muss sagen, dass alle Vorschläge für EU-Eigenmittel stecken geblieben sind. Der EU-Haushalt ist eigentlich immer noch an die Zuführungen der Mitgliedstaaten und Zolleinnahmen gebunden. Mit der Halbzeitüberprüfung des MFR wäre jetzt die Chance, Instrumente für Eigenmittel zu schaffen – namentlich auch im Lichte der Verschuldung und der Versprechen, die Schulden zu tilgen.

Absage an weitere kreditfinanzierte Schuldenprogramme

Was ist mit den Einnahmen aus dem Emissionshandel?

Ich halte es für sinnvoll, die Einnahmen aus dem ETS teilweise oder ganz dem europäischen Haushalt zuzuführen. Der Emissionshandel arbeitet auf dem EU-Level, die Emissionsrechte werden europaweit versteigert, nur die Einnahmen gehen in die nationalen Haushalte. Das ist nicht in Ordnung. Es wird demnächst ein weiteres Emissionshandelssystem geben, ETS 2 für Verkehr und Gebäude. Da wäre es naheliegend, aus beiden Systemen die Einnahmen teils oder ganz dem EU-Budget zur Verfügung zu stellen.

Aus Frankreich, Belgien und Spanien hört man schon länger den Ruf, ein zweites kreditfinanziertes Konjunkturprogramm auf EU-Ebene aufzusetzen …

Bei Next Generation EU haben sich alle Beteiligte – Kommission, Mitgliedstaaten, die Kanzlerin und ihr damaliger Finanzminister, der heutige Bundeskanzler – klar dafür ausgesprochen, dass es bei der einmaligen Verschuldung bleibt. Die jetzige Lage, die mit Stagnation und Inflation verbunden ist, ist volkswirtschaftlich nichts Außergewöhnliches. Man muss sie mit ordnungspolitischen Maßnahmen, Bürokratieabbau und den vorhandenen finanziellen Mitteln auf nationaler und europäischer Ebene bewältigen. Es wäre denkbar ungerecht, erneut Schulden zu machen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Müssten die europäischen Schulden nicht konsequenter öffentlich ausgewiesen werden?

Es ist irrsinnig, dass das Europäische Statistikamt jeweils für jeden Mitgliedstaat die Verschuldung nach den unterschiedlichen Körperschaften berechnet und ausweist, aber die Schulden auf europäischer Ebene unterschlägt. Das ist ein Fehler. Die Märkte, die die Anleihen zeichnen, schauen doch auf die Gesamttragfähigkeit. Für einen EU-Bürger ist die Gesamtverschuldung maßgeblich, die ihn betrifft. Wir sind 440 Millionen Europäer, die Betrachtung der Tragfähigkeit muss alle Schulden umfassen. Umso mehr muss man neue Schulden auf EU-Ebene, die gar nicht in die Schuldentragfähigkeitsanalyse einbezogen werden, jetzt strikt ablehnen. 

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EU-Monitoring

26.06.-27.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Öffentliche Anhörung zum Thema Personal und andere Ressourcen bei EU-Agenturen, -Einrichtungen und Joint Undertakings. Vorläufige Tagesordnung

26.06.-27.06.2023
Rat der EU: Landwirtschaft und Fischerei
Themen: Fortschrittsbericht zur Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Meinungsaustausch zu handelsbezogenen Agrarfragen, Informationen der Präsidentschaft zur Stärkung der sektorübergreifenden Zusammenarbeit im Rahmen von One Health in Bezug auf zoonotische Gesundheitsgefahren. Vorläufige Tagesordnung

26.06.-27.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Entwurf eines Entschließungsantrags zur Klimakonferenz 2023 der Vereinten Nationen in Dubai (COP 28), Berichtsentwurf zur Wiederherstellung der Natur, Berichtsentwurf zur Luftqualität und zu sauberer Luft für Europa (Neufassung). Vorläufige Tagesordnung

26.06.-27.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Treffen des interparlamentarischen Ausschusses “Die EU-Erweiterung vorantreiben – 20 Jahre seit der Erklärung von Thessaloniki”, Berichtsentwurf zu Usbekistan, strukturierter Dialog über das Arbeitsprogramm der Kommission mit Josep Borrell (Vizepräsident der Kommission/Hoher Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik). Vorläufige Tagesordnung

26.06.-27.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
Themen: Berichtsentwurf zu gleichen Wettbewerbsbedingungen für einen nachhaltigen Luftverkehr, Berichtsentwurf zum Abkommen zwischen der EU und Japan über bestimmte Aspekte von Flugdiensten, Berichtsentwurf zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern. Vorläufige Tagesordnung

26.06.-27.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung), Berichtsentwurf zum Schutz der EU und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer, Entwurf einer Stellungnahme zu den Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz. Vorläufige Tagesordnung

26.06.2023
Kooperationsrat EU-Tadschikistan
Themen: Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Tadschikistan, Verhandlungen über ein erweitertes Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, Allgemeine und politische Fragen. Infos

26.06.2023 – 09:15 Uhr
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, Gedankenaustausch zu den Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika sowie der Karibik, Gedankenaustausch zur digitalen Diplomatie. Vorläufige Tagesordnung

27.06.2023 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch über die Vorbereitung des Europäischen Rates am 29. und 30. Juni 2023, Verabschiedung des Europäischen Semesters 2023 (integrierte länderspezifische Empfehlungen), Informationen aus Polen über die Auswirkungen des EU-Kohlenstoffmarktes auf verschiedene EU-Politiken. Vorläufige Tagesordnung

27.06.2023 – 15:00-17:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Steuerfragen (FISC)
Themen: Berichtsentwurf zur weiteren Reform der Vorschriften zur Unternehmensbesteuerung. Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Berichtsentwurf zur Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer, Budget 2023. Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Berichtsentwurf zur Förderung und Gestaltung der Berufsbildung als Instrument für den Erfolg der Arbeitnehmer und als Baustein für die EU-Wirtschaft in der neuen Industrie 4.0, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung). Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Rahmens zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen, Wirtschaftsdialog und Meinungsaustausch mit Paschal Donohoe (Präsident der Eurogruppe). Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
Themen: Berichtsentwurf zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, Entwurf einer Stellungnahme zu horizontalen Cybersicherheitsanforderungen für Produkte mit digitalen Elementen. Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Berichtsentwurf zur Lage der Grundrechte in der EU in den Jahren 2022 und 2023, Berichtsentwurf zu harmonisierten Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz), Entwurf einer Stellungnahme zu Maßnahmen für ein hohes Maß an Interoperabilität des öffentlichen Sektors in der EU (Gesetz für ein interoperables Europa). Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Talenterschließung in den Regionen Europas, Berichtsentwurf zur Kennzeichnung von ökologischem/biologischem Heimtierfutter, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Berichtsentwurf zum strategischen Kompass und weltraumgestützten Verteidigungsfähigkeiten der EU, die Rolle des Internets im russischen Krieg gegen die Ukraine (seine Auswirkungen und die Folgen für die Zukunft bewaffneter Konflikte). Vorläufige Tagesordnung

28.06.-29.06.2023
Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte (DROI)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum Bericht über die laufenden Verhandlungen über eine Statusvereinbarung über operative Tätigkeiten, die von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) in Mauretanien durchgeführt werden, Meinungsaustausch über die Menschenrechtssituation in Sri Lanka im Rahmen der APS-Überprüfung. Vorläufige Tagesordnung

28.06.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mitteilung zum Klimawandel, Umweltzerstörung und Sicherheit und Verteidigung, offene Finanzen und Zahlungen (Verordnung über den Zugang zu Finanzdaten, Überarbeitung der EU-Vorschriften für Zahlungsdienste). Vorläufige Tagesordnung

28.06.2023 – 09:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt, Entwurf einer Stellungnahme zur Durchführung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps 2021-2027, humanitäre Lage in Syrien und der Region nach der siebten Brüsseler Konferenz. Vorläufige Tagesordnung

28.06.2023 – 11:30-12:30 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Gedankenaustausch mit Elena Flores (Vorsitzende des InvestEU-Lenkungsausschusses). Vorläufige Tagesordnung

28.06.2023 – 17:00-18:00 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET), des Ausschusses für Menschenrechte (DROI) und des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
Themen: Strukturierter Dialog über das Arbeitsprogramm der Kommission mit Olivér Várhelyi (Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung). Vorläufige Tagesordnung

29.06.-30.06.2023
Europäischer Rat
Themen: Russische Invasion in die Ukraine (Reaktion der EU), Industriepolitik der EU, Migrations- und Asylpolitik der EU. Infos

29.06.2023
EuGH-Schlussanträge zu wiederholten Asylanträgen
Themen: Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat über die Klage eines Syrers zu entscheiden, dessen erneuter Asylantrag mangels neuer Umstände als unzulässig abgelehnt wurde. Es möchte vom Gerichtshof wissen, ob ein zwischenzeitlich ergangenes Vorabentscheidungsurteil, in dem der Gerichtshof das Unionsrecht in Bezug auf Asyl für Militärdienstverweigerer ausgelegt hat, als neuer Umstand anzusehen ist. Sollte dem so sein, müsste erneut geprüft werden, ob der Betroffene als Flüchtling anzuerkennen ist. Das Verwaltungsgericht möchte außerdem wissen, ob es an Stelle der Asylbehörde selbst über die Anerkennung als Flüchtling entscheiden kann. Vorabentscheidungsersuchen

News

Pestizide (SUR): Kommission bleibt Antworten schuldig

Ein Leak der erweiterten Folgenabschätzung der Kommission zur Pestizidverordnung (SUR) löst bei den Co-Gesetzgebern Enttäuschung aus. Das 220 Seiten umfassende Dokument bleibe viele Antworten schuldig, heißt es in Brüssel. Sowohl der Rat als auch der federführende Agrarausschuss im Parlament hatten die Folgenabschätzung zum Vorschlag der Kommission bemängelt und angemahnt, dass die Kommission die Folgen der vorgeschlagenen Maßnahmen für die landwirtschaftliche Nutzfläche und die Nahrungsmittelproduktion deutlich macht.

Die Kommission will mit dem Vorschlag durchsetzen, dass bis 2030 der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln halbiert sowie ihr Einsatz in Schutzgebieten ganz verboten wird. Auch ökologisch besonders bedenkliche Pestizide sollen komplett untersagt werden.

Einbußen bei Tomaten, Hopfen und Wein

In dem Text räumt die Kommission zwar ein, dass die Maßnahmen zu Einbußen bei Weintrauben, Hopfen und Tomaten führen könnten. Dabei handelt es sich allerdings nur um drei Sonderkulturen. Welche Folgen die Maßnahmen für den Anbau von Getreide haben, das wird nicht ausgeführt. Es wird auch nicht deutlich, auf wie viel Hektar der insgesamt 105 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in der EU Einschränkungen zu erwarten sind.

Der Bericht skizziert einige Kompromisse. So könne man über die Definition der Schutzgebiete diskutieren. Auch sei denkbar, nur die gefährlichsten Pflanzenschutzmittel auf den landwirtschaftlichen Flächen zu verbieten, die als ökologisch besonders sensibel gelten.  

Zunächst hatte die Kommission angekündigt, die erweiterte Folgenabschätzung am 5. Juli zu präsentieren zeitgleich mit einem größeren Paket von Vorschlägen zur Agrarpolitik. Doch jetzt heißt es in Brüssel, die Kommission könnte den Bericht bereits zum letzten Agrarrat unter schwedischer Ratspräsidentschaft am Dienstag vorlegen. mgr

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Kritik an neuer Strategie zur wirtschaftlichen Sicherheit

Die neue, vor allem auf China abzielende Strategie zur wirtschaftlichen Sicherheit stößt auf Kritik. Die EU-Kommission überschreite mit der Strategie, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag vorgelegt hatte, ihre Kompetenzen, sagte ein EU-Diplomat in Brüssel. Die Definition von Sicherheitsrisiken sei eine nationale Aufgabe, zudem müsse man sich vor Eingriffen in den Markt hüten.

Vorbehalte äußerte auch Guntram Wolff, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Grundsätzlich sei es zwar richtig, dass sich die Kommission um China und das “De-Risking” kümmere, sagte Wolff zu Table.Media. Allerdings verfüge die EU-Kommission nicht über die nötige Expertise, um Sicherheitsrisiken zu definieren. Die Abgrenzung zwischen hinnehmbaren und harten Risiken sei “nicht trivial”. Beim Umgang mit Grauzonen müsse man sehr vorsichtig sein.

Schwieriger Balanceakt für Berlin

Die wachsenden Risiken im Handel mit China seien vor allem für Deutschland ein Problem, so Wolff. Das größte EU-Land müsse einen schwierigen “Balanceakt” versuchen und zwischen ökonomischen Chancen und Risiken abwägen. Die Bundesregierung betont bisher die Chancen. Zentral sei, “dass wir sowohl unsere Lieferanten als auch unsere Absatzmärkte weiter diversifizieren”, sagte Kanzler Olaf Scholz gestern in seiner Regierungserklärung im Bundestag. “Nicht weniger Handel, weniger Austausch, lautet die Devise, sondern noch mehr Handel und breitere Beziehungen.”

Mit Spannung wird nun die China-Debatte beim Europäischen Rat in der kommenden Woche erwartet. Ratspräsident Charles Michel plant eine längere Aussprache und würde gern Empfehlungen beschließen. Deutschland und andere EU-Staaten stehen jedoch auf der Bremse. Die EU-Strategie sei noch zu vage, für Beschlüsse sei es zu früh, heißt es in Berlin. Im Entwurf für die Gipfel-Schlussfolgerungen fällt die China-Passage denn auch sehr knapp aus. ebo

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Berlin verschleppt Energie- und Klimaplan

Der zentrale Fahrplan der Bundesregierung zur Erreichung der europäischen Klimaziele 2030 verzögert sich. Bis zum 30. Juni müssen die EU-Mitgliedstaaten der Kommission Entwürfe ihrer Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) vorlegen. Deutschland werde den Entwurf aber voraussichtlich erst im Sommer – wahrscheinlich im Juli – übermitteln, sagte am Donnerstag ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Umweltverbände kritisieren zudem mangelnde Beteiligung.

“Während in vielen anderen EU-Ländern erste Konsultationen mit der Zivilgesellschaft laufen und erste Entwürfe veröffentlicht worden sind, ist in Deutschland bisher nichts von Transparenz oder Partizipation zu sehen”, sagt Sylwia Andralojc-Bodych von Germanwatch. Die Verbände fordern eine Beteiligung noch vor dem Einreichen des NECP-Entwurfes, rechnen aber nach eigenen Angaben erst Ende des Jahres mit einer öffentlichen Konsultation.

Umweltverbände beklagen ausbleibende Beteiligung

Die Kommission misst der ersten Neuauflage der Pläne seit 2019 hohe Bedeutung bei. “In den vergangenen Monaten haben wir politische Vereinbarungen getroffen, die aktualisierte Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz vorsehen. Die nationalen Pläne sollten diese Änderungen bereits widerspiegeln“, sagte Energiekommissarin Kadri Simson im April bei einem Strategietreffen der Behörde zur Zukunft der Energieunion.

Nach den Entwürfen müssen die Mitgliedstaaten bis Juni 2024 die endgültigen Versionen ihrer NECPs vorlegen. Sie dienen als Gradmesser, ob die Mitgliedstaaten auf dem richtigen Pfad sind, um die Energie- und Klimaziele für 2030 zu erreichen. Der NGO Climate Action Network wäre es sogar am liebsten, wenn die Mitgliedstaaten in den Plänen über die Ziele von Fit for 55 hinausgingen. “Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, müsste die EU ihre Emissionen um mindestens 65 Prozent senken”, sagt Cornelia Maarfield von CAN Europe. ber

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Gipfel in Paris: Debatten über globale Finanzbeziehungen

Entwicklungsländer sollen im Kampf gegen den Klimawandel und ihre oft drückend hohen Schulden nicht alleine gelassen werden. Das versicherten zahlreiche Vertreter internationaler Organisationen am Donnerstag zu Beginn eines zweitägigen Gipfeltreffens in Paris, das die weltweiten Finanzbeziehungen neu ordnen will. Vor allem afrikanische Staaten brauchen dringend Hilfe. Konkrete Beschlüsse werden allerdings nicht erwartet. Es dürfte eher auf Bekenntnisse zur Unterstützung armer Länder hinauslaufen.

Gastgeber der Konferenz ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er sagte, es sei Zeit zu handeln, sonst werde Vertrauen zerstört. Die Konferenz soll einen Fahrplan für die nächsten 18 bis 24 Monate entwickeln.

“Wir brauchen ein robustes und vorhersehbares Sicherheitsnetz im Finanzbereich”, sagte Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed. Es seien günstigere Finanzierungsmöglichkeiten und mehr Zuschüsse nötig, die dann nicht zurückgezahlt werden müssten. Afrikanische Staaten seien mit nie dagewesenen Finanzierungsengpässen konfrontiert. Dadurch würden ihre Verwundbarkeiten noch deutlicher. UN-Generalsekretär António Guterres kritisierte, die internationale Finanzarchitektur sei kein funktionierendes Sicherheitsnetz für Entwicklungsländer. Das System sei aus der Zeit gefallen und nicht gerecht.

Von der Leyen fordert globale CO₂-Bepreisung

Auf Wunsch Macrons war China ausdrücklich zu dem Gipfel geladen worden. Denn die Volksrepublik, die der weltweit größte bilaterale Gläubiger ist, drängt darauf, dass Kreditgeber wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds einen Teil der Verluste auffangen, sollten Länder ihre Schulden nicht tilgen können. Die Finanzinstitutionen und reichere Länder lehnen das ab. 

Debattiert wurde auch über Partnerschaften für grünes Wachstum und einen Preis für CO₂ im Kampf gegen den Klimawandel. Die internationale Gemeinschaft müsse nach Möglichkeiten suchen, eine globale CO₂-Bepreisung einzuführen, um den Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft zu beschleunigen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie formulierte das Ziel, “mindestens 60 Prozent der weltweiten Emissionen durch Preismechanismen für Kohlenstoff zu decken”. Ein Teil der Einnahmen solle für die Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel verwendet werden, sagte sie.

Am ersten Tag des Gipfels sprachen die Teilnehmer auch über eine mögliche Besteuerung des Seeverkehrs. Weder China noch die USA hatten sich jedoch positiv zu dem Vorstoß geäußert, wie Table.Media vor Ort erfuhr. Die meisten Länder, die diese Idee unterstützen, kommen aus Europa, Asien und der Pazifikregion. rtr/cst/ari

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Kosovo-Krisentreffen in Brüssel: “Notwendigkeit von Neuwahlen”

Ein von der EU vermittelter Krisengipfel mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti hat keinen Durchbruch gebracht. Man habe sich auf die Notwendigkeit von Neuwahlen in den vier Gemeinden des serbisch bewohnten Nord-Kosovos geeinigt, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstagabend im Anschluss an die Gespräche. “Wir sind da noch nicht angelangt, aber zumindest wissen wir, wie wir vorgehen”, fügte er hinzu.

Borrell und der EU-Balkansondergesandte Miroslav Lajčák verhandelten mehr als vier Stunden lang getrennt mit Vučić und Kurti. “Wir haben mögliche Wege identifiziert, um voranzukommen“, sagte Borrell, “aber beide Seiten müssen ihre Verpflichtungen erfüllen.” Das Kosovo solle etwa auf Vorwürfe von Übergriffen bei den jüngsten Festnahmen mutmaßlicher serbischer Gewalttäter reagieren. Auch solle die EU-Rechtsstaatsmission Eulex bei der Überprüfung derartiger Vorwürfe eine “robustere Rolle” spielen, so Borrell.

Seit Monaten Spannungen

Zwischen dem Kosovo und Serbien schaukeln sich die Spannungen seit Monaten hoch. Ende Mai hatten gewalttätige Serben im Nord-Kosovo Soldaten einer KFOR-Einheit angegriffen. Bei den Zusammenstößen gab es Dutzende Verletzte auf beiden Seiten. Auslöser des Konflikts war die Einsetzung albanischstämmiger Bürgermeister, die aus Wahlen hervorgegangen waren, die die Serben auf Geheiß Belgrads boykottiert hatten. Die EU und die USA, an sich Verbündete des Kosovos, verlangen seit den Zusammenstößen im Norden den Rückzug der kosovarischen Sonderpolizei, die die neuen Bürgermeister bei ihrer Amtsübernahme geschützt hatte.

Das Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien erkennt dies nicht an und verlangt die Rückgabe seiner ehemaligen Provinz. Im Norden des Kosovos leben fast ausschließlich ethnische Serben, im Rest des Landes fast nur ethnische Albaner. dpa

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EU-Kartellwächter prüfen Amazons Kauf von iRobot

Die EU-Kommission wird Insidern zufolge die geplante Übernahme des Saugroboter-Herstellers iRobot durch Amazon wohl genauer unter die Lupe nehmen. Die vorläufige Prüfung des 1,7 Milliarden Dollar schweren Deals solle bis zum 6. Juli abgeschlossen werden, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen. Anschließend gingen die Kartellwächter in die Tiefe.

Vergangene Woche hatte die britische Wettbewerbsaufsicht CMA dem Kauf des Anbieters von “Roomba”-Saugrobotern durch den US-Online-Händler grünes Licht gegeben. rtr

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Presseschau

EU’s von der Leyen urges world to examine global carbon pricing REUTERS
Ungarn verletzt mit Asylregel EU-Recht ZEIT
EU warnt vor übertragbaren Krankheiten durch Mücken WELT
Scholz verteidigt europäischen Asylkompromiss als “historische Einigung” WELT
Kartellamt überprüft Stromversorger auf Missbrauch von Staatshilfen ZEIT
EU-Verbraucherverbände werfen Airlines Greenwashing vor – und reichen Beschwerde ein SPIEGEL
EU zahlt weitere 1,5 Milliarden Euro Hilfe an Ukraine FINANZEN
EU-Kommission: Ukraine macht Fortschritte hin zu Beitrittsgesprächen HANDELSBLATT
EZB warnt EU vor Nutzung eingefrorenen russischen Vermögens HANDELSBLATT
France looks to hike offshore wind target above 40 GW EURACTIV
Die EU und Großbritannien haben 1.000 Tonnen eines verbotenen Pestizids an ärmere Länder verkauft EURONEWS
Draft EU plans to allow spying on journalists are dangerous, warn critics THEGUARDIAN
EU-Rat erwägt europaweite Plattform für Cyberschwachstellen EURACTIV
Europe takes its fight against Big Tech to CEOs’ turf: San Francisco WASHINGTONPOST
Romania has strong pool of renewable energy, transport projects for EU funds, European Investment Bank official says REUTERS

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Fabian Ehmann: Klimaschutz in Rheinland-Pfalz

Fabian Ehmann ist europapolitischer sowie energie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz.

Die Energiewende, der Klimaschutz, der Erhalt der Biodiversität – das sind die Themen, die Fabian Ehmann besonders bewegen. Mit Blick auf den Green Deal sagt er: “Wir können die Klimakrise und die Artenkrise nur bewältigen, indem wir auf europäischer Ebene die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.”

Der gebürtige Mainzer ist europapolitischer sowie energie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz. Ob es um das Verbrenner-Aus, die Weiterentwicklung des Emissionshandels, den Ausbau der erneuerbaren Energien oder das Renaturierungsgesetz geht – der Landtagsabgeordnete steht in engem Kontakt zu Europapolitikern seiner Partei, um einzuschätzen, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen für sein Bundesland haben werden. 

Lehren für die Lieferketten der Zukunft

Kürzlich erst habe er sich beispielsweise mit Wirtschaftsvertretern und der Vorsitzenden des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Anna Cavazzini, über die Auswirkungen des EU-Lieferkettengesetzes und die Sorgfaltspflicht der Unternehmen für faire Lieferketten ausgetauscht. “Während der Corona-Pandemie haben sich Lieferketten als nicht resilient genug erwiesen”, sagt er. Daraus sollte die Wirtschaft Lehren für die Zukunft ziehen: “Zu einem verantwortlichen Umgang mit dem Thema gehört, dass Unternehmen bei der Aufstellung der Lieferketten für Produkte, die in Europa produziert oder verkauft werden, mehr auf Menschenrechte, Gesundheit und Umwelt achten.”

Aktuell bringt Fabian Ehmann ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von 250 Millionen Euro mit seiner Fraktion und dem Klimaschutzministerium auf den Weg, das Kommunen in Rheinland-Pfalz für den Klimaschutz nutzen sollen. 

Wie plane ich eine Fotovoltaik- oder Windenergieanlage? Wie stelle ich regionale und kommunale Energie- und Klimaschutzkonzepte auf? Das sind Fragen, mit denen sich Fabian Ehmann schon im Studium der Energiewirtschaft und der erneuerbaren Energien befasste und mit denen er auch als Landtagsabgeordneter noch zu tun hat. Parallel zum Studium begann er, für Fridays for Future auf die Straße zu gehen und sich politisch zu engagieren, zunächst in der Grünen Jugend.

Projektentwickler in der Windenergie

Rund ein Jahr war er nach Abschluss des Masterstudiums als Projektentwickler in der Windenergie tätig, bevor er 2021 in den Landtag gewählt wurde. Dort engagiert er sich unter anderem für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.  

Auch privat achtet Fabian Ehmann auf Nachhaltigkeit. “Ich bin überzeugter Bus-, Straßenbahn- und Bahnfahrer und kaufe fair gehandelte Kleidung und Biolebensmittel”, sagt er. In seiner Freizeit besucht er gerne Heavy-Metal-Konzerte und geht ins Fitnessstudio. Darüber hinaus engagiert sich Ehmann ehrenamtlich. Für die parteiungebundene Bürgerinitiative Europa-Union organisiert er zum Beispiel gelegentlich Abendessen mit Europaabgeordneten zu Themen wie dem Renaturierungsgesetz oder der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Janna Degener-Storr

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    vor mehr als einem Jahr hat das EU-Parlament Reformen des europäischen Wahlrechts vorgeschlagen, die Mitgliedstaaten reagierten bislang mit: Schweigen. Am kommenden Dienstag setzen sich nun die Europaminister mit den Vorschlägen auseinander. Zur Vorbereitung hatte der schwedische Ratsvorsitz vor einigen Wochen einen Fragebogen verschickt, auf den fast alle Regierungen geantwortet haben. Die Meinungen gehen allerdings “weit auseinander”, wie ein EU-Diplomat sagt.

    Frankreich und Deutschland befürworten transnationale Wahllisten, ebenso wie etwa Zypern. Polen hingegen lehnt einen EU-weiten Wahlkreis mit 28 zusätzlichen Sitzen, wie ihn das Parlament fordert, entschieden ab. Beim Spitzenkandidatenprinzip verlaufen die Fronten ähnlich, wenngleich etwas weniger starr. Auch auf den vom EP vorgeschlagenen einheitlichen Wahltag am 9. Mai können sich die Länder bislang nicht einigen.

    Der schwedische Vorsitz will daher am Dienstag zunächst über weniger strittige Themen diskutieren: eher technische Fragen wie der gleiche Zugang zur Wahl auch für Menschen mit Behinderung oder zur Veröffentlichung der Wahlergebnisse. Bis zur Europawahl im Juni 2024 wird es daher nichts mit der Reform, selbst 2029 wird angesichts des bisherigen Tempos eine Herausforderung.

    Zur Erinnerung: Die jüngste (und weniger ambitionierte) Reform von 2018 ist noch immer nicht von allen Ländern ratifiziert worden. Spanien und Zypern fehlen, und verhindern damit, dass die Änderungen bei der anstehenden Wahl greifen. Auch Deutschland hat satte fünf Jahre gebraucht, bis es den Akt vor wenigen Wochen verabschiedet hat.

    In diesem Sinne: Ich wünsche Ihnen einen dynamischen Tag und ein erholsames Wochenende!

    Ihr
    Till Hoppe
    Bild von Till  Hoppe

    Analyse

    Agrarsektor: Kommission bereitet Emissionshandel vor

    Seit der Ausweitung des Europäischen Emissionshandels auf die Bereiche Verkehr und Gebäude (ETS 2) ist die Landwirtschaft der einzige relevante Sektor, dessen Treibhausgas-Ausstoß weiterhin keiner Bepreisung unterworfen ist. Nach wie vor fallen die Emissionen der Agrarbranche unter die sogenannte Lastenteilung (Effort Sharing Regulation, ESR), die nationale Minderungsziele vorsieht. Erreicht werden sollten diese bislang vor allem durch eine entsprechende Ausrichtung der Fördergelder der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).

    Im EU-Durchschnitt hat sich der THG-Ausstoß des Sektors nach Angaben der EU-Kommissionen allerdings seit etwa 20 Jahren kaum verändert und macht derzeit gut zehn Prozent aller Emissionen in der EU aus. Um die Klimaziele zu erreichen, muss aber auch die Landwirtschaft klimafreundlicher werden. Deshalb arbeitet die Kommission nun doch an einem Bepreisungsmodell.

    100 Milliarden Euro verpufft

    Grundlage bildet ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs von Ende 2021. Demnach waren in der vergangenen GAP-Förderperiode rund 100 Milliarden Euro für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen, mehr als ein Viertel des Gesamt-Budgets. Gebracht hat es: nichts.

    Beispielsweise sei die GAP nicht darauf ausgerichtet, die Viehhaltung zu begrenzen, welche etwa 50 Prozent der landwirtschaftlichen Emissionen ausmache. Landwirte, die entwässerte Moorböden bewirtschaften (etwa 20 Prozent der Emissionen), seien dabei sogar noch unterstützt worden. Das widerspreche zutiefst dem gesetzlich vorgeschriebenen Verursacherprinzip, sagt Rechnungshof-Agrarexperte Jonas Kathage, Co-Autor des Berichts.

    Das soll sich nun ändern, denn das Potenzial sei groß: “Die Agrarbranche inklusive ihrer Wertschöpfungskette kann der erste Sektor werden, der Klimaneutralität erreicht“, sagte Alexandre Paquot, Direktor der Generaldirektion Klima bei der EU-Kommission, bei einer Veranstaltung in Brüssel. Die Behörde hat bereits eine Studie zur Bepreisung in Auftrag gegeben, an der unter anderem das Institute for Environmental European Policy (IEEP) und das Ecologic Institute beteiligt sind.

    ETS für neun Millionen Emittenten?

    IEEP-Agrarexpertin und Co-Autorin Julia Bognar gibt erste Einblicke in die noch laufende Untersuchung. Klar ist, die Herausforderungen sind groß:

    Vom bestehenden ETS werden etwa 10.000 Emittenten aus Industrie und Energie erfasst, die für rund 1,5 Gigatonnen CO₂-Äquivalente verantwortlich sind. Demgegenüber stehen mehr als neun Millionen, überwiegend kleine landwirtschaftliche Betriebe, die etwa 0,4 Gigatonnen CO₂-Äquivalente ausstoßen.

    “Die alle miteinzubeziehen, ist verwaltungstechnisch höchst kompliziert”, sagt Bognar. Der Aufwand für die Umsetzung eines Bepreisungsmodells müsse so gering wie möglich sein, um einen sinnvollen Kosten-Nutzen-Effekt zu erzielen. Zumal es für das notwendige Monitoring der Emissionen auf den einzelnen Betrieben noch keine adäquate Lösung gebe.

    Zudem stammen die Emissionen in der Landwirtschaft aus heterogenen Quellen. Die meisten entstehen in Form von Methan bei der Tierhaltung oder Lachgas durch Überdüngung. Denkbar wäre deshalb laut IEEP auch, nur einzelne Bereiche und damit zumindest einen großen Teil der Agraremissionen abzudecken. Eine weitere Möglichkeit sei, bei der Bepreisung nicht die Betriebe selbst, sondern die Wertschöpfungskette in den Blick zu nehmen und etwa bei Düngemittelherstellern (Upstream) oder bei der Milch- und Fleischverarbeitung (Downstream) anzusetzen.

    Carbon Leakage befürchtet

    Eine weitere Schwierigkeit: Landwirtschaftliche Produkte werden in großem Umfang international gehandelt. Ähnlich wie im bestehenden ETS könnte eine Bepreisung also dazu führen, dass emissionsintensive Produktionszweige in Drittstaaten verlagert werden (Carbon Leakage). Um das zu verhindern, könne auch im Agrarbereich eine Art Grenzausgleich (CBAM) oder Gratis-Zertifikate eingeführt werden, so Bognar. Außerdem müsse für sozialen Ausgleich gesorgt und sichergestellt werden, dass niemand zurückgelassen wird. Kleinere Betriebe könnten gegebenenfalls ganz ausgenommen werden.

    Trotz aller Herausforderungen sei ein Emissionshandelssystem dennoch das einzig Richtige, konstatiert Bogner. Ein marktbasiertes Instrument sei der effizienteste Weg, um für klimafreundliche Innovationen zu sorgen und die Reduktionsziele zu erreichen. Dabei sei das Prinzip von Cap and Trade erfolgversprechender als etwa eine EU-weite Steuer auf Emissionen, was rechtlich ohnehin derzeit nicht darstellbar sei.

    Auch die Bundesregierung zeigte sich bereits offen für einen Emissionshandel im Agrarbereich. Alle Sektoren sollten vom Europäischen ETS erfasst werden, hieß es kürzlich aus den Reihen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klima. Das stünde nicht im Widerspruch zum Ordnungsrecht. Emissionshandel und Vorgaben zu hohen Standards könnten nur zusammen funktionieren.

    DBV: “Weder vernünftig noch machbar”

    Der Deutsche Bauernverband (DBV) hingegen lehnt den Vorstoß rundheraus ab. “Ein ETS für die Landwirtschaft ist weder vernünftig noch machbar. Denn das Prinzip von Cap and Trade funktioniert nur, wenn die Akteure die gleichen Chancen haben, die Emissionen zu steuern und diese konkret messbar oder bestimmbar sind”, sagt Udo Hemmerling, stellvertretender DBV-Generalsekretär. Das sei in der Landwirtschaft aber nicht der Fall. Denn der Ausstoß von Methan oder Lachgas hänge stark von äußeren Faktoren wie Witterung oder Region ab.

    Außerdem ließen sich die natürlichen Prozesse bei der Nahrungsmittelproduktion nicht durch alternative Technologien ersetzen, wie beispielsweise im Energiebereich. “In Deutschland hat die Landwirtschaft ihre Emissionen in den vergangenen Jahren bereits deutlich gesenkt und viele Betriebe sind bereit, ihren Ausstoß weiter zu reduzieren, wissen aber nicht, wie. Dafür bräuchten wir Veränderungen in anderen Politikbereichen, etwa im Züchtungs- oder Baurecht, und keinen Emissionshandel”, so Hemmerling.

    Bis es tatsächlich zur EU-weiten Einführung eines Agrar-ETS kommt, wird es angesichts der zahlreichen Herausforderungen wohl noch dauern. Andererseits müssen bereits für die Klimaziele 2030 die Emissionen aus der Landwirtschaft deutlich gesenkt werden. Die Zeit drängt.

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    Oettinger: “Es ist irrsinnig, EU-Schulden nicht auszuweisen”

    Herr Oettinger, als damaliger Haushaltskommissar haben Sie den Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) vorgeschlagen. Zur anstehenden Halbzeitüberprüfung stellt sich die Frage, ob rückblickend der Schritt in die Schuldenaufnahme zu rechtfertigen war?

    Die Pandemie war ein außergewöhnliches Ereignis, das viele Mitgliedstaaten nachhaltig berührt hat. Auch rückblickend macht das manche Maßnahme, die europäisches Haushaltsrecht berührt, nachvollziehbar. Jetzt geht es darum, wieder zu normalen Haushaltslinien zurückzukehren. Meine Kritik macht sich nicht an der Kreditaufnahme an sich fest. Unter der Voraussetzung, dass die Verschuldung einmalig bleibt und konsequent zurückgeführt wird, ist es in Ordnung.

    Was kritisieren Sie?

    Ich kritisiere einige Projekte, in die die Kredite geflossen sind. Zu häufig handelt es sich um wünschenswerte Projekte, die aber mit der Pandemie nichts zu tun haben. Man hätte strenger dafür sorgen müssen, dass die Schulden wirklich nur für Zukunftsprojekte gemacht werden. Jetzt muss konsequent darauf geachtet werden, dass die Schulden ab dem Jahr 2027 getilgt werden. Es wird in der Zukunft noch manche Pandemie und Naturkatastrophe geben. Ich kritisiere, dass sich die Politik der Gegenwart verschuldet und Maßnahmen ermöglicht, die sinnvoll erscheinen, aber die Tilgung auf die nächsten Generationen verschiebt.

    Die Politik hatte einen Booster für den Green Deal erhofft. Was ist daraus geworden?

    Investitionen in Nachhaltigkeit und Klimaschutz haben zu Recht Priorität. Ich sehe aber die Absolutheit, mit der die Kommission und das Parlament, weniger der Rat, dieses Ziel verfolgen, kritisch. Ich glaube nicht daran, wenn die Kommission und der Bundeskanzler davon sprechen, dass wir ein grünes Wirtschaftswunder erleben. Wirtschaftswachstum ist nicht nur mit dem Green Deal verbunden. Der Green Deal bringt für einige Bereiche der Wirtschaft Wachstum. Für andere Bereiche ist er eine Gefahr und führt zu Deindustrialisierung.

    Was fordern Sie?

    Mir fehlt die Balance zwischen kluger Industriepolitik, Investitionen in Forschung und Arbeit und Klimaschutz.

    Ab 2027 sollen die Kredite wieder getilgt werden, dafür sollen auch neue Eigenmittel für die EU erschlossen werden. Liegt Europa im Plan?

    Unter Mario Monti wurde bereits 2014 eine hochrangige Arbeitsgruppe eingesetzt, die Vorschläge erarbeiten sollte. Man muss sagen, dass alle Vorschläge für EU-Eigenmittel stecken geblieben sind. Der EU-Haushalt ist eigentlich immer noch an die Zuführungen der Mitgliedstaaten und Zolleinnahmen gebunden. Mit der Halbzeitüberprüfung des MFR wäre jetzt die Chance, Instrumente für Eigenmittel zu schaffen – namentlich auch im Lichte der Verschuldung und der Versprechen, die Schulden zu tilgen.

    Absage an weitere kreditfinanzierte Schuldenprogramme

    Was ist mit den Einnahmen aus dem Emissionshandel?

    Ich halte es für sinnvoll, die Einnahmen aus dem ETS teilweise oder ganz dem europäischen Haushalt zuzuführen. Der Emissionshandel arbeitet auf dem EU-Level, die Emissionsrechte werden europaweit versteigert, nur die Einnahmen gehen in die nationalen Haushalte. Das ist nicht in Ordnung. Es wird demnächst ein weiteres Emissionshandelssystem geben, ETS 2 für Verkehr und Gebäude. Da wäre es naheliegend, aus beiden Systemen die Einnahmen teils oder ganz dem EU-Budget zur Verfügung zu stellen.

    Aus Frankreich, Belgien und Spanien hört man schon länger den Ruf, ein zweites kreditfinanziertes Konjunkturprogramm auf EU-Ebene aufzusetzen …

    Bei Next Generation EU haben sich alle Beteiligte – Kommission, Mitgliedstaaten, die Kanzlerin und ihr damaliger Finanzminister, der heutige Bundeskanzler – klar dafür ausgesprochen, dass es bei der einmaligen Verschuldung bleibt. Die jetzige Lage, die mit Stagnation und Inflation verbunden ist, ist volkswirtschaftlich nichts Außergewöhnliches. Man muss sie mit ordnungspolitischen Maßnahmen, Bürokratieabbau und den vorhandenen finanziellen Mitteln auf nationaler und europäischer Ebene bewältigen. Es wäre denkbar ungerecht, erneut Schulden zu machen, um die Wirtschaft anzukurbeln.

    Müssten die europäischen Schulden nicht konsequenter öffentlich ausgewiesen werden?

    Es ist irrsinnig, dass das Europäische Statistikamt jeweils für jeden Mitgliedstaat die Verschuldung nach den unterschiedlichen Körperschaften berechnet und ausweist, aber die Schulden auf europäischer Ebene unterschlägt. Das ist ein Fehler. Die Märkte, die die Anleihen zeichnen, schauen doch auf die Gesamttragfähigkeit. Für einen EU-Bürger ist die Gesamtverschuldung maßgeblich, die ihn betrifft. Wir sind 440 Millionen Europäer, die Betrachtung der Tragfähigkeit muss alle Schulden umfassen. Umso mehr muss man neue Schulden auf EU-Ebene, die gar nicht in die Schuldentragfähigkeitsanalyse einbezogen werden, jetzt strikt ablehnen. 

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    • NextGenerationEU

    EU-Monitoring

    26.06.-27.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
    Themen: Öffentliche Anhörung zum Thema Personal und andere Ressourcen bei EU-Agenturen, -Einrichtungen und Joint Undertakings. Vorläufige Tagesordnung

    26.06.-27.06.2023
    Rat der EU: Landwirtschaft und Fischerei
    Themen: Fortschrittsbericht zur Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Meinungsaustausch zu handelsbezogenen Agrarfragen, Informationen der Präsidentschaft zur Stärkung der sektorübergreifenden Zusammenarbeit im Rahmen von One Health in Bezug auf zoonotische Gesundheitsgefahren. Vorläufige Tagesordnung

    26.06.-27.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
    Themen: Entwurf eines Entschließungsantrags zur Klimakonferenz 2023 der Vereinten Nationen in Dubai (COP 28), Berichtsentwurf zur Wiederherstellung der Natur, Berichtsentwurf zur Luftqualität und zu sauberer Luft für Europa (Neufassung). Vorläufige Tagesordnung

    26.06.-27.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
    Themen: Treffen des interparlamentarischen Ausschusses “Die EU-Erweiterung vorantreiben – 20 Jahre seit der Erklärung von Thessaloniki”, Berichtsentwurf zu Usbekistan, strukturierter Dialog über das Arbeitsprogramm der Kommission mit Josep Borrell (Vizepräsident der Kommission/Hoher Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik). Vorläufige Tagesordnung

    26.06.-27.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN)
    Themen: Berichtsentwurf zu gleichen Wettbewerbsbedingungen für einen nachhaltigen Luftverkehr, Berichtsentwurf zum Abkommen zwischen der EU und Japan über bestimmte Aspekte von Flugdiensten, Berichtsentwurf zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern. Vorläufige Tagesordnung

    26.06.-27.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung), Berichtsentwurf zum Schutz der EU und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer, Entwurf einer Stellungnahme zu den Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz. Vorläufige Tagesordnung

    26.06.2023
    Kooperationsrat EU-Tadschikistan
    Themen: Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Tadschikistan, Verhandlungen über ein erweitertes Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, Allgemeine und politische Fragen. Infos

    26.06.2023 – 09:15 Uhr
    Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
    Themen: Gedankenaustausch zu Russlands Aggression gegen die Ukraine, Gedankenaustausch zu den Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika sowie der Karibik, Gedankenaustausch zur digitalen Diplomatie. Vorläufige Tagesordnung

    27.06.2023 – 10:00 Uhr
    Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
    Themen: Gedankenaustausch über die Vorbereitung des Europäischen Rates am 29. und 30. Juni 2023, Verabschiedung des Europäischen Semesters 2023 (integrierte länderspezifische Empfehlungen), Informationen aus Polen über die Auswirkungen des EU-Kohlenstoffmarktes auf verschiedene EU-Politiken. Vorläufige Tagesordnung

    27.06.2023 – 15:00-17:00 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Steuerfragen (FISC)
    Themen: Berichtsentwurf zur weiteren Reform der Vorschriften zur Unternehmensbesteuerung. Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
    Themen: Berichtsentwurf zur Inanspruchnahme des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer, Budget 2023. Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
    Themen: Berichtsentwurf zur Förderung und Gestaltung der Berufsbildung als Instrument für den Erfolg der Arbeitnehmer und als Baustein für die EU-Wirtschaft in der neuen Industrie 4.0, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Ökosystems der Fertigung von Netto-Null-Technologieprodukten (Netto-Null-Industrie-Verordnung). Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, Entwurf einer Stellungnahme zur Schaffung eines Rahmens zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen, Wirtschaftsdialog und Meinungsaustausch mit Paschal Donohoe (Präsident der Eurogruppe). Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO)
    Themen: Berichtsentwurf zur Schaffung eines Notfallinstruments für den Binnenmarkt, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, Entwurf einer Stellungnahme zu horizontalen Cybersicherheitsanforderungen für Produkte mit digitalen Elementen. Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
    Themen: Berichtsentwurf zur Lage der Grundrechte in der EU in den Jahren 2022 und 2023, Berichtsentwurf zu harmonisierten Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz), Entwurf einer Stellungnahme zu Maßnahmen für ein hohes Maß an Interoperabilität des öffentlichen Sektors in der EU (Gesetz für ein interoperables Europa). Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Talenterschließung in den Regionen Europas, Berichtsentwurf zur Kennzeichnung von ökologischem/biologischem Heimtierfutter, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
    Themen: Berichtsentwurf zum strategischen Kompass und weltraumgestützten Verteidigungsfähigkeiten der EU, die Rolle des Internets im russischen Krieg gegen die Ukraine (seine Auswirkungen und die Folgen für die Zukunft bewaffneter Konflikte). Vorläufige Tagesordnung

    28.06.-29.06.2023
    Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte (DROI)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum Bericht über die laufenden Verhandlungen über eine Statusvereinbarung über operative Tätigkeiten, die von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) in Mauretanien durchgeführt werden, Meinungsaustausch über die Menschenrechtssituation in Sri Lanka im Rahmen der APS-Überprüfung. Vorläufige Tagesordnung

    28.06.2023
    Wöchentliche Kommissionssitzung
    Themen: Mitteilung zum Klimawandel, Umweltzerstörung und Sicherheit und Verteidigung, offene Finanzen und Zahlungen (Verordnung über den Zugang zu Finanzdaten, Überarbeitung der EU-Vorschriften für Zahlungsdienste). Vorläufige Tagesordnung

    28.06.2023 – 09:00-18:00 Uhr
    Sitzung des Ausschusses für Entwicklung (DEVE)
    Themen: Entwurf einer Stellungnahme zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt, Entwurf einer Stellungnahme zur Durchführung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps 2021-2027, humanitäre Lage in Syrien und der Region nach der siebten Brüsseler Konferenz. Vorläufige Tagesordnung

    28.06.2023 – 11:30-12:30 Uhr
    Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
    Themen: Gedankenaustausch mit Elena Flores (Vorsitzende des InvestEU-Lenkungsausschusses). Vorläufige Tagesordnung

    28.06.2023 – 17:00-18:00 Uhr
    Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET), des Ausschusses für Menschenrechte (DROI) und des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE)
    Themen: Strukturierter Dialog über das Arbeitsprogramm der Kommission mit Olivér Várhelyi (Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung). Vorläufige Tagesordnung

    29.06.-30.06.2023
    Europäischer Rat
    Themen: Russische Invasion in die Ukraine (Reaktion der EU), Industriepolitik der EU, Migrations- und Asylpolitik der EU. Infos

    29.06.2023
    EuGH-Schlussanträge zu wiederholten Asylanträgen
    Themen: Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat über die Klage eines Syrers zu entscheiden, dessen erneuter Asylantrag mangels neuer Umstände als unzulässig abgelehnt wurde. Es möchte vom Gerichtshof wissen, ob ein zwischenzeitlich ergangenes Vorabentscheidungsurteil, in dem der Gerichtshof das Unionsrecht in Bezug auf Asyl für Militärdienstverweigerer ausgelegt hat, als neuer Umstand anzusehen ist. Sollte dem so sein, müsste erneut geprüft werden, ob der Betroffene als Flüchtling anzuerkennen ist. Das Verwaltungsgericht möchte außerdem wissen, ob es an Stelle der Asylbehörde selbst über die Anerkennung als Flüchtling entscheiden kann. Vorabentscheidungsersuchen

    News

    Pestizide (SUR): Kommission bleibt Antworten schuldig

    Ein Leak der erweiterten Folgenabschätzung der Kommission zur Pestizidverordnung (SUR) löst bei den Co-Gesetzgebern Enttäuschung aus. Das 220 Seiten umfassende Dokument bleibe viele Antworten schuldig, heißt es in Brüssel. Sowohl der Rat als auch der federführende Agrarausschuss im Parlament hatten die Folgenabschätzung zum Vorschlag der Kommission bemängelt und angemahnt, dass die Kommission die Folgen der vorgeschlagenen Maßnahmen für die landwirtschaftliche Nutzfläche und die Nahrungsmittelproduktion deutlich macht.

    Die Kommission will mit dem Vorschlag durchsetzen, dass bis 2030 der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln halbiert sowie ihr Einsatz in Schutzgebieten ganz verboten wird. Auch ökologisch besonders bedenkliche Pestizide sollen komplett untersagt werden.

    Einbußen bei Tomaten, Hopfen und Wein

    In dem Text räumt die Kommission zwar ein, dass die Maßnahmen zu Einbußen bei Weintrauben, Hopfen und Tomaten führen könnten. Dabei handelt es sich allerdings nur um drei Sonderkulturen. Welche Folgen die Maßnahmen für den Anbau von Getreide haben, das wird nicht ausgeführt. Es wird auch nicht deutlich, auf wie viel Hektar der insgesamt 105 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in der EU Einschränkungen zu erwarten sind.

    Der Bericht skizziert einige Kompromisse. So könne man über die Definition der Schutzgebiete diskutieren. Auch sei denkbar, nur die gefährlichsten Pflanzenschutzmittel auf den landwirtschaftlichen Flächen zu verbieten, die als ökologisch besonders sensibel gelten.  

    Zunächst hatte die Kommission angekündigt, die erweiterte Folgenabschätzung am 5. Juli zu präsentieren zeitgleich mit einem größeren Paket von Vorschlägen zur Agrarpolitik. Doch jetzt heißt es in Brüssel, die Kommission könnte den Bericht bereits zum letzten Agrarrat unter schwedischer Ratspräsidentschaft am Dienstag vorlegen. mgr

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    • Pestizide

    Kritik an neuer Strategie zur wirtschaftlichen Sicherheit

    Die neue, vor allem auf China abzielende Strategie zur wirtschaftlichen Sicherheit stößt auf Kritik. Die EU-Kommission überschreite mit der Strategie, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag vorgelegt hatte, ihre Kompetenzen, sagte ein EU-Diplomat in Brüssel. Die Definition von Sicherheitsrisiken sei eine nationale Aufgabe, zudem müsse man sich vor Eingriffen in den Markt hüten.

    Vorbehalte äußerte auch Guntram Wolff, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Grundsätzlich sei es zwar richtig, dass sich die Kommission um China und das “De-Risking” kümmere, sagte Wolff zu Table.Media. Allerdings verfüge die EU-Kommission nicht über die nötige Expertise, um Sicherheitsrisiken zu definieren. Die Abgrenzung zwischen hinnehmbaren und harten Risiken sei “nicht trivial”. Beim Umgang mit Grauzonen müsse man sehr vorsichtig sein.

    Schwieriger Balanceakt für Berlin

    Die wachsenden Risiken im Handel mit China seien vor allem für Deutschland ein Problem, so Wolff. Das größte EU-Land müsse einen schwierigen “Balanceakt” versuchen und zwischen ökonomischen Chancen und Risiken abwägen. Die Bundesregierung betont bisher die Chancen. Zentral sei, “dass wir sowohl unsere Lieferanten als auch unsere Absatzmärkte weiter diversifizieren”, sagte Kanzler Olaf Scholz gestern in seiner Regierungserklärung im Bundestag. “Nicht weniger Handel, weniger Austausch, lautet die Devise, sondern noch mehr Handel und breitere Beziehungen.”

    Mit Spannung wird nun die China-Debatte beim Europäischen Rat in der kommenden Woche erwartet. Ratspräsident Charles Michel plant eine längere Aussprache und würde gern Empfehlungen beschließen. Deutschland und andere EU-Staaten stehen jedoch auf der Bremse. Die EU-Strategie sei noch zu vage, für Beschlüsse sei es zu früh, heißt es in Berlin. Im Entwurf für die Gipfel-Schlussfolgerungen fällt die China-Passage denn auch sehr knapp aus. ebo

    • China
    • Sicherheitspolitik

    Berlin verschleppt Energie- und Klimaplan

    Der zentrale Fahrplan der Bundesregierung zur Erreichung der europäischen Klimaziele 2030 verzögert sich. Bis zum 30. Juni müssen die EU-Mitgliedstaaten der Kommission Entwürfe ihrer Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) vorlegen. Deutschland werde den Entwurf aber voraussichtlich erst im Sommer – wahrscheinlich im Juli – übermitteln, sagte am Donnerstag ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Umweltverbände kritisieren zudem mangelnde Beteiligung.

    “Während in vielen anderen EU-Ländern erste Konsultationen mit der Zivilgesellschaft laufen und erste Entwürfe veröffentlicht worden sind, ist in Deutschland bisher nichts von Transparenz oder Partizipation zu sehen”, sagt Sylwia Andralojc-Bodych von Germanwatch. Die Verbände fordern eine Beteiligung noch vor dem Einreichen des NECP-Entwurfes, rechnen aber nach eigenen Angaben erst Ende des Jahres mit einer öffentlichen Konsultation.

    Umweltverbände beklagen ausbleibende Beteiligung

    Die Kommission misst der ersten Neuauflage der Pläne seit 2019 hohe Bedeutung bei. “In den vergangenen Monaten haben wir politische Vereinbarungen getroffen, die aktualisierte Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz vorsehen. Die nationalen Pläne sollten diese Änderungen bereits widerspiegeln“, sagte Energiekommissarin Kadri Simson im April bei einem Strategietreffen der Behörde zur Zukunft der Energieunion.

    Nach den Entwürfen müssen die Mitgliedstaaten bis Juni 2024 die endgültigen Versionen ihrer NECPs vorlegen. Sie dienen als Gradmesser, ob die Mitgliedstaaten auf dem richtigen Pfad sind, um die Energie- und Klimaziele für 2030 zu erreichen. Der NGO Climate Action Network wäre es sogar am liebsten, wenn die Mitgliedstaaten in den Plänen über die Ziele von Fit for 55 hinausgingen. “Um die Pariser Klimaziele einzuhalten, müsste die EU ihre Emissionen um mindestens 65 Prozent senken”, sagt Cornelia Maarfield von CAN Europe. ber

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    Gipfel in Paris: Debatten über globale Finanzbeziehungen

    Entwicklungsländer sollen im Kampf gegen den Klimawandel und ihre oft drückend hohen Schulden nicht alleine gelassen werden. Das versicherten zahlreiche Vertreter internationaler Organisationen am Donnerstag zu Beginn eines zweitägigen Gipfeltreffens in Paris, das die weltweiten Finanzbeziehungen neu ordnen will. Vor allem afrikanische Staaten brauchen dringend Hilfe. Konkrete Beschlüsse werden allerdings nicht erwartet. Es dürfte eher auf Bekenntnisse zur Unterstützung armer Länder hinauslaufen.

    Gastgeber der Konferenz ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er sagte, es sei Zeit zu handeln, sonst werde Vertrauen zerstört. Die Konferenz soll einen Fahrplan für die nächsten 18 bis 24 Monate entwickeln.

    “Wir brauchen ein robustes und vorhersehbares Sicherheitsnetz im Finanzbereich”, sagte Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed. Es seien günstigere Finanzierungsmöglichkeiten und mehr Zuschüsse nötig, die dann nicht zurückgezahlt werden müssten. Afrikanische Staaten seien mit nie dagewesenen Finanzierungsengpässen konfrontiert. Dadurch würden ihre Verwundbarkeiten noch deutlicher. UN-Generalsekretär António Guterres kritisierte, die internationale Finanzarchitektur sei kein funktionierendes Sicherheitsnetz für Entwicklungsländer. Das System sei aus der Zeit gefallen und nicht gerecht.

    Von der Leyen fordert globale CO₂-Bepreisung

    Auf Wunsch Macrons war China ausdrücklich zu dem Gipfel geladen worden. Denn die Volksrepublik, die der weltweit größte bilaterale Gläubiger ist, drängt darauf, dass Kreditgeber wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds einen Teil der Verluste auffangen, sollten Länder ihre Schulden nicht tilgen können. Die Finanzinstitutionen und reichere Länder lehnen das ab. 

    Debattiert wurde auch über Partnerschaften für grünes Wachstum und einen Preis für CO₂ im Kampf gegen den Klimawandel. Die internationale Gemeinschaft müsse nach Möglichkeiten suchen, eine globale CO₂-Bepreisung einzuführen, um den Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft zu beschleunigen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie formulierte das Ziel, “mindestens 60 Prozent der weltweiten Emissionen durch Preismechanismen für Kohlenstoff zu decken”. Ein Teil der Einnahmen solle für die Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel verwendet werden, sagte sie.

    Am ersten Tag des Gipfels sprachen die Teilnehmer auch über eine mögliche Besteuerung des Seeverkehrs. Weder China noch die USA hatten sich jedoch positiv zu dem Vorstoß geäußert, wie Table.Media vor Ort erfuhr. Die meisten Länder, die diese Idee unterstützen, kommen aus Europa, Asien und der Pazifikregion. rtr/cst/ari

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    Kosovo-Krisentreffen in Brüssel: “Notwendigkeit von Neuwahlen”

    Ein von der EU vermittelter Krisengipfel mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti hat keinen Durchbruch gebracht. Man habe sich auf die Notwendigkeit von Neuwahlen in den vier Gemeinden des serbisch bewohnten Nord-Kosovos geeinigt, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstagabend im Anschluss an die Gespräche. “Wir sind da noch nicht angelangt, aber zumindest wissen wir, wie wir vorgehen”, fügte er hinzu.

    Borrell und der EU-Balkansondergesandte Miroslav Lajčák verhandelten mehr als vier Stunden lang getrennt mit Vučić und Kurti. “Wir haben mögliche Wege identifiziert, um voranzukommen“, sagte Borrell, “aber beide Seiten müssen ihre Verpflichtungen erfüllen.” Das Kosovo solle etwa auf Vorwürfe von Übergriffen bei den jüngsten Festnahmen mutmaßlicher serbischer Gewalttäter reagieren. Auch solle die EU-Rechtsstaatsmission Eulex bei der Überprüfung derartiger Vorwürfe eine “robustere Rolle” spielen, so Borrell.

    Seit Monaten Spannungen

    Zwischen dem Kosovo und Serbien schaukeln sich die Spannungen seit Monaten hoch. Ende Mai hatten gewalttätige Serben im Nord-Kosovo Soldaten einer KFOR-Einheit angegriffen. Bei den Zusammenstößen gab es Dutzende Verletzte auf beiden Seiten. Auslöser des Konflikts war die Einsetzung albanischstämmiger Bürgermeister, die aus Wahlen hervorgegangen waren, die die Serben auf Geheiß Belgrads boykottiert hatten. Die EU und die USA, an sich Verbündete des Kosovos, verlangen seit den Zusammenstößen im Norden den Rückzug der kosovarischen Sonderpolizei, die die neuen Bürgermeister bei ihrer Amtsübernahme geschützt hatte.

    Das Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien erkennt dies nicht an und verlangt die Rückgabe seiner ehemaligen Provinz. Im Norden des Kosovos leben fast ausschließlich ethnische Serben, im Rest des Landes fast nur ethnische Albaner. dpa

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    EU-Kartellwächter prüfen Amazons Kauf von iRobot

    Die EU-Kommission wird Insidern zufolge die geplante Übernahme des Saugroboter-Herstellers iRobot durch Amazon wohl genauer unter die Lupe nehmen. Die vorläufige Prüfung des 1,7 Milliarden Dollar schweren Deals solle bis zum 6. Juli abgeschlossen werden, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen. Anschließend gingen die Kartellwächter in die Tiefe.

    Vergangene Woche hatte die britische Wettbewerbsaufsicht CMA dem Kauf des Anbieters von “Roomba”-Saugrobotern durch den US-Online-Händler grünes Licht gegeben. rtr

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    Presseschau

    EU’s von der Leyen urges world to examine global carbon pricing REUTERS
    Ungarn verletzt mit Asylregel EU-Recht ZEIT
    EU warnt vor übertragbaren Krankheiten durch Mücken WELT
    Scholz verteidigt europäischen Asylkompromiss als “historische Einigung” WELT
    Kartellamt überprüft Stromversorger auf Missbrauch von Staatshilfen ZEIT
    EU-Verbraucherverbände werfen Airlines Greenwashing vor – und reichen Beschwerde ein SPIEGEL
    EU zahlt weitere 1,5 Milliarden Euro Hilfe an Ukraine FINANZEN
    EU-Kommission: Ukraine macht Fortschritte hin zu Beitrittsgesprächen HANDELSBLATT
    EZB warnt EU vor Nutzung eingefrorenen russischen Vermögens HANDELSBLATT
    France looks to hike offshore wind target above 40 GW EURACTIV
    Die EU und Großbritannien haben 1.000 Tonnen eines verbotenen Pestizids an ärmere Länder verkauft EURONEWS
    Draft EU plans to allow spying on journalists are dangerous, warn critics THEGUARDIAN
    EU-Rat erwägt europaweite Plattform für Cyberschwachstellen EURACTIV
    Europe takes its fight against Big Tech to CEOs’ turf: San Francisco WASHINGTONPOST
    Romania has strong pool of renewable energy, transport projects for EU funds, European Investment Bank official says REUTERS

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    Fabian Ehmann: Klimaschutz in Rheinland-Pfalz

    Fabian Ehmann ist europapolitischer sowie energie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz.

    Die Energiewende, der Klimaschutz, der Erhalt der Biodiversität – das sind die Themen, die Fabian Ehmann besonders bewegen. Mit Blick auf den Green Deal sagt er: “Wir können die Klimakrise und die Artenkrise nur bewältigen, indem wir auf europäischer Ebene die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.”

    Der gebürtige Mainzer ist europapolitischer sowie energie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz. Ob es um das Verbrenner-Aus, die Weiterentwicklung des Emissionshandels, den Ausbau der erneuerbaren Energien oder das Renaturierungsgesetz geht – der Landtagsabgeordnete steht in engem Kontakt zu Europapolitikern seiner Partei, um einzuschätzen, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen für sein Bundesland haben werden. 

    Lehren für die Lieferketten der Zukunft

    Kürzlich erst habe er sich beispielsweise mit Wirtschaftsvertretern und der Vorsitzenden des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Anna Cavazzini, über die Auswirkungen des EU-Lieferkettengesetzes und die Sorgfaltspflicht der Unternehmen für faire Lieferketten ausgetauscht. “Während der Corona-Pandemie haben sich Lieferketten als nicht resilient genug erwiesen”, sagt er. Daraus sollte die Wirtschaft Lehren für die Zukunft ziehen: “Zu einem verantwortlichen Umgang mit dem Thema gehört, dass Unternehmen bei der Aufstellung der Lieferketten für Produkte, die in Europa produziert oder verkauft werden, mehr auf Menschenrechte, Gesundheit und Umwelt achten.”

    Aktuell bringt Fabian Ehmann ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von 250 Millionen Euro mit seiner Fraktion und dem Klimaschutzministerium auf den Weg, das Kommunen in Rheinland-Pfalz für den Klimaschutz nutzen sollen. 

    Wie plane ich eine Fotovoltaik- oder Windenergieanlage? Wie stelle ich regionale und kommunale Energie- und Klimaschutzkonzepte auf? Das sind Fragen, mit denen sich Fabian Ehmann schon im Studium der Energiewirtschaft und der erneuerbaren Energien befasste und mit denen er auch als Landtagsabgeordneter noch zu tun hat. Parallel zum Studium begann er, für Fridays for Future auf die Straße zu gehen und sich politisch zu engagieren, zunächst in der Grünen Jugend.

    Projektentwickler in der Windenergie

    Rund ein Jahr war er nach Abschluss des Masterstudiums als Projektentwickler in der Windenergie tätig, bevor er 2021 in den Landtag gewählt wurde. Dort engagiert er sich unter anderem für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.  

    Auch privat achtet Fabian Ehmann auf Nachhaltigkeit. “Ich bin überzeugter Bus-, Straßenbahn- und Bahnfahrer und kaufe fair gehandelte Kleidung und Biolebensmittel”, sagt er. In seiner Freizeit besucht er gerne Heavy-Metal-Konzerte und geht ins Fitnessstudio. Darüber hinaus engagiert sich Ehmann ehrenamtlich. Für die parteiungebundene Bürgerinitiative Europa-Union organisiert er zum Beispiel gelegentlich Abendessen mit Europaabgeordneten zu Themen wie dem Renaturierungsgesetz oder der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Janna Degener-Storr

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    Europe.Table Redaktion

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