es ist eine Premiere, die allerdings mit einer Enttäuschung enden könnte. Die Staats- und Regierungschefs der EU und des Golf-Kooperationsrates (GCC) kommen heute in Brüssel auf Einladung von EU-Ratspräsident Charles Michel zu ihrem ersten Gipfeltreffen zusammen.
Die meisten Anführer der Golfstaaten dürften dem Treffen aber fernbleiben. Ebenso nicht anreisen wird auf der Seite der Europäer Bundeskanzler Olaf Scholz, der erst zum EU-Gipfel am Donnerstag nach Brüssel kommt. Fraglich ist auch, ob man sich rechtzeitig vor dem Start des Treffens auf gemeinsame Schlussfolgerungen einigen kann. Die Diplomaten wollten noch am Dienstagabend einen weiteren Versuch starten.
Dabei gibt es einiges zu bereden. Auch dank der Abkehr von russischer Energie ist die EU für die Golfstaaten zum zweitgrößten Handelspartner hinter China geworden, mit einem Volumen von rund 170 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Auf beiden Seiten gibt es Interesse, den Austausch zu vertiefen.
Die EU würde gern die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen neu lancieren, die 2008 eingefroren wurden. Die Golfstaaten zeigen aber wenig Interesse, solange die Europäer auf verbindliche Klauseln zu Menschenrechten und Umweltstandards pochen. Den Golfstaaten ist bewusst, dass sie mit Blick auf Europas Energiesicherheit inzwischen am längeren Hebel sitzen.
Neben Handel und der Diskussion über Visaerleichterungen geht es auch um heikle Geopolitik. Die Europäer würden gern Golfstaaten aus dem Einflussbereich Moskaus herauslotsen und von ihrer Lesart des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine überzeugen. Unwahrscheinlich, dass man zum Konflikt um die Ukraine am Gipfel heute eine gemeinsame Sprache findet.
Umgekehrt ist auf der Seite der Golfstaaten die Enttäuschung groß, dass die EU-Staaten sich bisher nicht auf eine kohärente Strategie zum Nahostkonflikt einigen konnten. Im Raum steht auch der Vorwurf an die Europäer, bei Gaza und Ukraine andere Maßstäbe anzulegen. Gut möglich, dass die Golfstaaten Charles Michels Einladung nur spärlich folgen, weil sie die EU als geopolitischen Player nicht richtig ernst nehmen.
Anders der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er soll persönlich zum EU-Gipfel nach Brüssel reisen. Charles Michel teilte mit, er habe Selenskyj zu dem Spitzentreffen am Donnerstag eingeladen.
Kadri Simson verabschiedete sich mit einem Lächeln und mahnenden Worten. Es werde wohl ihr letzter Energierat, sagte die estnische Kommissarin Dienstagabend in Luxemburg. Zuvor hatten die Minister vor allem über russisches Gas gestritten. Wenn der Trend der vergangenen Monate anhalte, wird die EU nach einer Analyse der Kommission acht Milliarden Kubikmeter russisches Gas mehr importieren als 2023. Das habe zu intensiven Diskussionen unter den Ministern geführt, berichtete Simson.
Noch sei der Trend aber umkehrbar und die Mitgliedstaaten hätten es in der Hand, in diesem Jahr insgesamt sogar weniger aus Russland zu importieren. “Die EU kann ohne russisches Gas auskommen”, bekräftigte die scheidende Kommissarin. Wenn die Mitgliedstaaten aber die Einfuhren fortsetzten – sogar über die ursprünglich gebuchten Pipeline-Kapazitäten hinaus – oder wenn sie sogar neue Lieferabkommen verhandelten, sei das keine Notwendigkeit, sondern “eine politische Entscheidung – und zwar eine gefährliche”. Simson: “Wir müssen uns bewusst sein, dass der Preis für den Handel mit Russland nicht nur in den Kosten für Gas liegt, sondern auch im Leben von Menschen in der Ukraine”.
Die Minister bat die Kommissarin, auf die Gasunternehmen in ihren Ländern einzuwirken, um die Geschäfte zu beenden. Auf öffentliche Bloßstellung setzt die französische Regierung – und sucht damit auch die Konfrontation mit Deutschland. Mit anderen Küstenstaaten sieht sich Frankreich seit Monaten dem Vorwurf ausgesetzt, immer mehr Flüssiggas aus Russland anzulanden.
Dies zeichne jedoch kein vollständiges Bild, heißt es in einem gemeinsamen Papier mit neun anderen Mitgliedsländern: “Tatsächlich liegt die Verantwortung für LNG-Einfuhren im Binnenmarkt bei den Gasunternehmen.” Diese hätten Terminal-Kapazitäten gebucht, um steigende Mengen an russischem Flüssiggas zu beschaffen.
Die zehn Staaten ermuntern die Kommission, künftig die Namen der importierenden Unternehmen und die beschafften Mengen zu veröffentlichen. Zwar wird Deutschland nicht ausdrücklich genannt. Es sind jedoch keine vertieften Geografie-Kenntnisse nötig, um den eigentlichen Adressaten des Schreibens zu erraten. Unterzeichnet hat das Schreiben auch die Regierung in Wien. Österreichische Unternehmen importieren über verschiedene Wege immer noch hohe Anteile an russischem Gas. Die derzeitige grüne Ministerin Leonore Gewessler hatte ein Gesetz vorgelegt, das die Unternehmen zur Umkehr zwingen soll. Ob es unter der neuen Regierung noch durchkommt, ist offen.
Allerdings haben sich längst nicht alle Mitgliedstaaten mit bedeutenden Gas-Terminals der französischen Initiative angeschlossen. So fehlen etwa die Niederlande und Belgien. Die Brüsseler Regierung hatte mit Finnland eine eigenes, schwächeres Forderungspapier eingebracht. Es zielt lediglich auf das Umschlagverbot für LNG-Transporte in Drittstaaten, das ab März 2025 für EU-Häfen gilt. Um das Verbot effektiv durchzusetzen, müssten demnach auch Unternehmen in anderen EU-Staaten ein Bilanzierungssystem für russisches Gas einführen.
Im schon gewohnten Streit um Erneuerbare versus Atomenergie hatte sich in den vergangenen Wochen der Ton verschärft. Zwar gebe es in der Energiepolitik unterschiedliche Wege, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Dienstag in Luxemburg. Sein Handeln und seine Gelder müsse Europa aber auf Prioritäten konzentrieren, und die lägen bei den Erneuerbaren, bekräftigte der Grüne jüngste Äußerungen.
Frankreichs Ministerin Agnès Pannier-Runacher revanchierte sich mit der Bemerkung, man müsse zwischen “gangbaren und nicht gangbaren Energien” unterscheiden und verwies auf tatsächliche oder vorgeschobene Probleme bei der Netzintegration und der Wettbewerbsfähigkeit – was augenscheinlich auf erneuerbare Energien gemünzt war. Damit klang die Ministerin in der mündlichen Debatte schärfer als ein Kommuniqué der Atom-Allianz mit mehreren anderen Staaten.
In den ersten 100 Tagen solle die neue Kommission einen Aktionsplan für Atomenergie und ihre Finanzierung vorlegen und bei allen relevanten Gesetzesvorschlägen wie dem Clean Industrial Deal und dem Klimaziel 2040 strikt auf Technologieneutralität achten. Pannier-Runacher selbst forderte außerdem eine Anpassung der Beihilferegeln. Eine Argumentationslinie in dem neuen Papier ist, dass Atomenergie allen EU-Staaten nutze. Dabei hatte es immer wieder Bestrebungen gegeben, günstigen Atomstrom aus abgeschriebenen Kraftwerken über Langfristlieferverträge (PPAs) einzelnen Industriezweigen in den Staaten mit AKW zugutekommen zu lassen.
Deutschland und die “Freunde der Erneuerbaren” hatten ihr Forderungspapier bereits am Montag verbreitet. Darin verlangen sie eine erneute Novelle der Governance-Verordnung und auch der Erneuerbaren-Richtlinie sowie anderer einschlägiger Gesetze für eine weitere Genehmigungsbeschleunigung und ehrgeizige Klimapolitik bis 2040.
Immerhin eine Debatte aus der Zeit der Energiekrise scheint sich vorerst erledigt zu haben. Unter den Ministern habe es keine Debatte über staatliche Eingriffe in die Energiepreise gegeben, sondern mehr über strukturelle Lösungen, sagte Ungarns Energiestaatssekretär Attila Steiner in der Pressekonferenz am Abend. Griechenland, Bulgarien und Rumänien hatten über die zuletzt stark gestiegenen Preise in Südosteuropa diskutieren lassen. Als ein Faktor galten zwischenzeitlich gestiegene Exporte in die Ukraine. Dies schloss Simson jedoch am Dienstag als Ursache aus. Wegen der stark beschädigten Leitungen seien die Exporte jüngst sogar zurückgegangen, ergänzte Steiner.
Michel Barnier lässt von seiner Regierungssprecherin einräumen: Es handele sich bei seinen Vorschlägen um einen “Kampfhaushalt, der unpopuläre Maßnahmen enthält”. Der Premier schlägt vor, Steuern auf Unternehmensgewinne und Erträge von wohlhabenden Privatpersonen deutlich zu erhöhen. So will er das hohe Haushaltsdefizit Frankreichs drücken. Damit bricht er mit den Prioritäten Emmanuel Macrons, der eine Angebotspolitik betrieben hatte. Barniers Sprecherin Maud Bregeon wirbt um Verständnis: Der Haushaltsvorschlag für 2025 solle “eine Krise verhindern, deren erste Opfer die Schwächsten unter uns wären”.
Das Parlament soll schon am 19. November über den Etat abstimmen. Ob mit oder ohne Zustimmung, danach geht der Entwurf an den Senat. Dieser prüft und soll bis spätestens 21. Dezember abschließend entscheiden. Die Vorschläge sorgen für Verwirrung im Lager von Präsident Macron. “Es gibt viel zu viele Steuern”, beklagt der ehemalige Innenminister Gérald Darmanin. Wenige Tage zuvor hatten Abgeordnete aus dem Macron-Lager einen “Gegenhaushalt” zu dem Vorschlag der beiden verantwortlichen Minister, Laurent Saint-Martin (Haushalt) und Antoine Armand (Wirtschaft) präsentiert.
Um die Verwirrung perfekt zu machen: Der Chef der zentristischen MoDem-Partei, François Bayrou – normalerweise ein Verbündeter Macron – verteidigte Michel Barnier. Es sei “bemerkenswert”, wenn ausgerechnet das Lager, das bis zu den Wahlen noch die Mehrheit stellte, “die neue Regierung für Anstrengungen kritisieren würde”, die eigenen Fehler auszubügeln.
Das Defizit im Etat hat Ausmaße angenommen, die außergewöhnliche Maßnahmen dringend nahelegen. Ende des zweiten Quartals betrug die französische Staatsverschuldung 3.284 Milliarden Euro. Dies entspricht 112 Prozent der französischen Wirtschaftsleistung (BIP), verglichen mit 110,5 Prozent im ersten Quartal. Barnier muss die Einnahmen um 60 Milliarden Euro steigern. Sein Haushaltsvorschlag sieht fast 30 Milliarden Euro an Steuererhöhungen vor.
Dies stellt einen Bruch mit einem politischen Tabu Macrons dar. Es ist das Ende der Angebotspolitik, die der Präsident der Republik seit seinem Amtsantritt 2017 konsequent verfolgt hatte, erklären die beiden Wirtschaftswissenschaftler Denis Ferrand und Olivier Redoulès.
Diese Politik hatte Emmanuel Macron mit der Senkung der Steuern und der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes begonnen. Sie wurde fünf Jahre später durch die Reform der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung bekräftigt. Ziel war es, ausländische Investitionen anzuziehen und die Investitionen anzukurbeln.
Diese Politik wird von der Europäischen Kommission und den Ratingagenturen überwacht. So behielt die Ratingagentur Fitch am Freitag (11. Oktober) zwar das AA-Rating für Frankreich bei. Sie versah es jedoch mit einem negativen Ausblick, was bedeutet, dass sie in Zukunft eine Herabstufung in Erwägung zieht. “Die Risiken im Zusammenhang mit der Haushaltspolitik haben sich seit unserer letzten Überprüfung erhöht”, erklärt Fitch. Zuvor hatte die Agentur im April die französischen Staatsfinanzen beurteilt.
Dieses Jahr wird das Defizit über die Sechs-Prozent-Marke klettern. Die Regierung will es 2025 auf fünf Prozent und bis 2029 unter drei Prozent senken. Fitch glaubt nicht daran: Die Agentur hat ihre Defizitprognosen für Frankreich für 2025 und 2026 “auf 5,4 Prozent des BIP” erhöht. “Wir erwarten nicht, dass die Regierung ihre überarbeiteten mittelfristigen Defizitprognosen einhält, um das Defizit bis 2029 unter drei Prozent des BIP zu senken”, schreibt die Agentur. “Eine starke politische Fragmentierung und eine Minderheitsregierung erschweren es Frankreich, nachhaltige Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen umzusetzen.” Nach Fitch wird Moody’s am 25. Oktober eine Bewertung abgeben, S&P Global folgt am 29. November.
Die Franzosen stellen sich zwei Fragen: Was ist die Ursache dafür, dass die Staatsfinanzen dermaßen aus dem Ruder gelaufen sind? Und: Warum hat die frühere Regierung so lange geschwiegen? In den Medien heißt es, dass es bereits seit Herbst 2023 interne Vermerke im Wirtschaftsministerium gab, die auf das Abrutschen der Finanzen hindeuteten. Politische Kämpfe innerhalb des Präsidentenlagers hätten die notwendigen Entscheidungen aber verzögert.
Der öffentliche Sender France 2 hat eine Reaktion von Bruno Le Maire erhalten, die in Frankreich Fragen aufwirft. “Die Wahrheit wird später ans Licht kommen”, heißt es darin vielsagend. Immerhin: Am Dienstag hat das Parlament den Weg für einen Untersuchungsausschuss freigemacht. Der Untersuchungsauftrag: Was sind die Ursachen für den Absturz in der Haushaltspolitik?
Die neuen EU-Kommissare dürfen ihre Kabinette nicht mehr überwiegend mit Landsleuten besetzen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verpflichtet die einfachen Kommissare dazu, nicht mehr als zwei ihrer sechs Kabinettsmitglieder aus dem gleichen Mitgliedsland zu berufen. Für die Exekutiv-Vizepräsidenten liegt die Grenze bei drei (von neun), für das Präsidentenkabinett von der Leyens bei vier (von zwölf).
Vorgaben wie diese finden sich in einem internen Prinzipienkatalog für die neuen Kabinette, der Table.Briefings vorliegt. Zuerst hatte Politico darüber berichtet. Von der Leyen will damit die Diversität in ihrer Kommission gewährleisten. So sollen die Kabinette der Kommissare mindestens drei unterschiedliche Nationalitäten repräsentieren, die der Vizepräsidenten mindestens vier. Wie 2019 sind die Kommissare angehalten, mindestens so viele Frauen wie Männer in ihren engsten Mitarbeiterkreis zu holen.
Die Mitgliedstaaten haben großes Interesse daran, Landsleute in den Kabinetten zu platzieren. Diese sind zwar der Europäischen Union und nicht den nationalen Regierungen verpflichtet, haben aber eher ein offenes Ohr für deren Anliegen.
In der vergangenen Legislatur waren Deutsche in den meisten der 27 Kabinetten vertreten*. In der neuen Amtszeit kommen mehrere Kabinettschefs aus Deutschland, darunter Björn Seibert (Kabinett von der Leyen), Michael Hager (Kabinett Dombrovskis) und Bernd Biervert (Kabinett Šefčovič). Wer die Übergangsteams der designierten neuen Kommissare leiten wird, finden Sie hier.
Von der Leyen schreibt zudem vor, dass die neuen Kabinettschefs und mindestens drei weitere Mitarbeiter eine Sicherheitsüberprüfung durch die Behörden ihrer Heimatländer durchlaufen sollen. Das ist Voraussetzung, um mit Geheiminformationen umgehen zu dürfen. tho
*In der ersten Fassung des Artikels hatten wir geschrieben, dass Deutsche in alle 27 Kabinetten vertreten gewesen seien. Das ist nicht korrekt.
Die Europäische Kommission wird in ihrer neuen Amtszeit Maßnahmen vorschlagen, um den Standpunkt der EU zur Migration zu verschärfen. Das ist eine Reaktion auf den Druck von Regierungen in der gesamten Union, für die irreguläre Ankünfte zu einem großen politischen und sicherheitspolitischen Problem geworden sind.
Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich am 17. und 18. Oktober, um über Migration zu diskutieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, schrieb ihnen, dass die Kommission beabsichtige, zehn Punkte anzugehen, um den 27 Mitgliedstaaten der Union bei der Bewältigung der Migrationsherausforderungen zu helfen. “In der kommenden Amtszeit wird die Kommission weiterhin sicherstellen, dass wir fair und entschlossen in der Migrationspolitik sind und damit auf eine Herausforderung reagieren, die wir alle als europäisch betrachten“, schrieb sie.
Die Zahl der irregulären Migranten, die im vergangenen Jahr in Europa ankamen, war weniger als ein Drittel der einen Million Menschen auf dem Höhepunkt der Migrationskrise im Jahr 2015. Dennoch bleibt Migration ein sehr sensibles Thema, das Wahlen in den meisten europäischen Ländern beeinflusst und rechtspopuläre Stimmung verstärkt.
Deutschland, besorgt über eine öffentliche Meinung gegen irreguläre Migration im Vorfeld der Wahlen im kommenden Jahr, hat Grenzkontrollen mit allen Nachbarn eingeführt und damit die Freizügigkeit im Pass-freien Schengen-Raum ausgesetzt. Auch Frankreich, Dänemark, Schweden, Österreich, Italien und Slowenien haben Grenzkontrollen eingeführt.
Polen, das im Mai Präsidentschaftswahlen hat, will vorübergehend die Asylrechte für Migranten aussetzen, die aus Belarus, einem Verbündeten Russlands, kommen – ein Schritt, den viele als Verletzung der EU-Grundrechtecharta ansehen. Angesichts von Migranten, die von Russland über die Grenze gedrängt werden, setzte Finnland solche Asylrechte im Juli aus.
Die EU hat im Mai einen neuen Regelungssatz und Prozesse für den Umgang mit Migration vereinbart. Die vollständige Umsetzung des Migrationspakts soll jedoch erst Mitte 2026 erfolgen. Das versetzt die Union in eine komplizierte Übergangsphase.
In ihrem Schreiben an die europäischen Staats- und Regierungschefs schlug von der Leyen vor, die Umsetzung des Pakts zu beschleunigen, um den Regierungen zu helfen, ihre Registrierungssysteme und Aufnahmeeinrichtungen besser zu verwalten. Dies würde bei Asylverfahren für Sicherheitsfälle und missbräuchliche oder unbegründete Asylanträge an den Grenzen helfen und Lücken zwischen dem Asyl- und Rückführungsprozess schließen, sagte sie.
Sie schlug auch vor, mehr Abkommen mit Herkunfts- oder Transitländern der Migranten abzuschließen, um diese dort zu stoppen. Ähnliche EU-Vereinbarungen gibt es mit der Türkei, Tunesien oder Libyen, deren Regierungen von der EU Geld erhalten, um illegale Überfahrten und Schmuggel einzudämmen. Von der Leyen nannte Ägypten, Marokko, Algerien, Mauretanien, Senegal und Mali als Länder, mit denen die EU zusammenarbeiten sollte.
In einer politischen Kehrtwende im Vergleich zu den Vorjahren schlug sie vor, Migranten, die kein Aufenthaltsrecht in der EU haben, in “Rücknahmezentren” in Ländern außerhalb der EU zu schicken, mit denen die Union entsprechende Abkommen treffen wird. “Wir sollten … mögliche Wege für die Entwicklung von Rücknahmezentren außerhalb der EU prüfen, insbesondere im Hinblick auf einen neuen Gesetzgebungsvorschlag zu Rückführungen”, schrieb sie in dem Brief.
Sie verwies auf eine Vereinbarung zwischen Italien und Albanien als mögliches Modell, nach dem Italien bis zu 36.000 irreguläre Migranten pro Jahr in zwei Einrichtungen in Albanien schicken kann, wo diese auf ihre Abschiebung warten sollen. Das erste italienische Schiff mit Migranten nach Albanien legte am Montag ab. rtr
Maroš Šefčovič kam mit einer klaren Ansage: Die Verhandlungen mit der Schweiz müssten bis Ende des Jahres abgeschlossen werden, und zwar ohne die von der Schweiz gewünschte Schutzklausel bei der Zuwanderung von EU-Bürgern. Der Vizepräsident der EU-Kommission hat am Dienstag die Vertreter der Mitgliedstaaten über den Stand der Gespräche mit Bern informiert. Und holte sich dabei die politische Unterstützung für den Schlussspurt der Verhandlungen.
In 120 Treffen sei man weit vorangekommen, sagte Šefčovič. Nun gelte es, sich auf die “letzte Meile” zu konzentrieren und Lösungen für die offenen Fragen zu finden. Der Kommissionsvize erwähnte konkret die Personenfreizügigkeit und den Schweizer Beitrag zur EU-Kohäsionspolitik als größte Hürden. Ein Abschluss bis Jahresende sei angesichts des Momentums und des bisherigen Fortschritts möglich.
Klar ist dabei die Absage zur Schweizer Forderung nach einer Möglichkeit, die Zuwanderung aus der EU zu begrenzen: “Es hat keine Unterstützung für eine einseitige Schutzklausel geben”, berichtete Šefčovič nach dem Austausch mit den Ministern. Und im Übrigen habe man der Schweizer Seite diese Absage bei mehreren Gelegenheiten schon klar kommuniziert.
Viel Überzeugungsarbeit hat der Slowake im Kreis der Mitgliedstaaten nicht leisten müssen. Die EU sei kein “Menu à la carte”, sagte etwa Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel zur Frage der Schutzklausel. Rosinenpicken sei im Binnenmarkt nicht möglich, die Regeln würden für alle gelten. Ähnlich der Tenor bei der Vorbereitung des Ministertreffens im Kreis der EU-Botschafter: Die Schweizer Idee einer Schutzklausel liege außerhalb der Kompromisszone, auf die man sich im Vorfeld geeinigt habe.
Dieses “common understanding” ist der Verhandlungsrahmen, von dem auch die Minister nicht abweichen wollen. Die EU habe sich bei der Personenfreizügigkeit schon flexibel gezeigt und der Schweiz verschiedene Ausnahmen zugestanden. Eine Schutzklausel sei deshalb nicht akzeptabel. Verschiedene Mitgliedstaaten fordern zudem, dass die Kommission das Prinzip der Nichtdiskriminierung bei der Personenfreizügigkeit durchsetzt. Konkret geht es darum, dass auch Bürgerinnen und Bürger der neueren EU-Staaten nach fünf Jahren Anspruch auf eine ständige Aufenthaltsgenehmigung der Schweiz haben sollen.
Maroš Šefčovič hob jedoch auch die Fortschritte bei den Verhandlungen hervor – etwa bei den lange umstrittenen institutionellen Fragen, mit der Rolle des Europäischen Gerichtshof als Streitschlichter letzter Instanz und der dynamischen Rechtsübernahme durch die Schweiz. Bei den staatlichen Beihilfen soll die Schweiz äquivalente Regeln zur EU einhalten, überwacht durch eine unabhängige Behörde. Beim Strom ist die Schweiz laut Kommission bereit, entscheidende Elemente des Strommarktdesigns der EU zu übernehmen. Offene Punkte gebe es noch bei den Kompetenzen der Regulierer und bei bestehenden Subventionen in der Schweiz.
Geeinigt hat man sich auch, dass die Schweiz künftig regelmäßig und ohne Lücken ihren Kohäsionsbeitrag leistet – als Preis für die Teilnahme am Binnenmarkt. Dies ist auch ein Anliegen, das von den neueren Mitgliedstaaten Osteuropas in den Vorgesprächen betont wurde. Maroš Šefčovič beklagte jedoch vor den EU-Ministern, dass die Schweiz sich bislang auf keine Höhe für den regelmäßigen Kohäsionsbeitrag festlegen wolle. Der Bundesrat wolle sich diese Frage wohl für die Schlussrunde vorbehalten, heißt es in internen Papieren.
Umgekehrt bremst die EU-Kommission bei der Schweizer Beteiligung an europäischen Programmen wie jenem zur Forschung. Horizon Europe will die EU-Kommission auch im Schlussspurt der Verhandlungen als Hebel nutzen. Ebenso wie das Interesse der Schweiz an Abkommen in den Bereichen Lebensmittel, Elektrizität sowie Gesundheit. Ziel sei ein ausgewogenes Gesamtpaket. Umgekehrt will die EU sicherstellen, dass die Schweiz internationale Zugverbindungen auf ihren Schienen auch praktisch zulässt, nicht nur theoretisch.
Der Großteil der Mitgliedstaaten drängt darauf, am Gesamtpaket auch mit den neuen Abkommen festzuhalten – und nicht etwa den Strom auszuklammern, wie das politische Kreise in der Schweiz fordern. Maroš Šefčovič machte gegenüber den Mitgliedstaaten klar, dass die Zeit dränge. Die Schweiz habe es nicht eilig und sehe weniger Anpassungsbedarf als die EU. Zudem werde sich mit Blick auf die Volksabstimmung über eine zuwanderungskritische Initiative das politische Klima verschlechtern.
Brüssel setzt insbesondere darauf, dass es vor dem 6. November noch Bewegung gibt. Dann will die Schweizer Regierung ihrerseits eine Zwischenbilanz ziehen. Die EU-Kommission rechnet damit, dass der Schweizer Chefunterhändler Patric Franzen sich dort die Zustimmung für letzte Kompromisse holen wird. So könnte es mit einem Abschluss Ende des Jahres tatsächlich klappen. sti
Mehrere EU-Länder haben vor möglichem Betrug bei Biodiesel-Einfuhren gewarnt. Beim Treffen der Energieminister am Dienstag wies Irland gemeinsam mit Deutschland, Belgien und den Niederlanden darauf hin, dass Biodiesel-Importe aus angeblichen Reststoffen der Palmölproduktion in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen seien. Zu beobachten sei das, seit die EU Anreize für die Produktion von Biodiesel aus Rest- und Abfallstoffen gesetzt habe.
In Deutschland etwa habe sich der Einsatz von Biokraftstoffen aus leeren Palmfruchtbündeln oder Abwasser aus Palmölmühlen zwischen 2021 und 2022 fast verfünffacht, erklärte die stellvertretende Ständige Vertreterin bei der EU, Helen Winter. Der Anstieg erscheine “unverhältnismäßig groß im Vergleich zur geschätzten, weltweit verfügbaren Menge“, argumentierte der irische Umweltminister Eamon Ryan. Die Kommission müsse untersuchen, ob Betrug vorliege, und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen – auch, um europäische Biodiesel-Hersteller vor unlauterer Konkurrenz zu schützen.
EU-Energiekommissarin Kadri Simson dämpfte jedoch die Hoffnung auf Gegenmaßnahmen aus Brüssel. Der Handlungsspielraum der Kommission sei begrenzt, weil man in Ländern außerhalb der EU keine Vollzugsgewalt habe. Gleichzeitig habe man die Kontrollen bereits durch die Schaffung einer Unionsdatenbank für Biokraftstoffe (UDB) verbessert, die seit Anfang des Jahres aktiv sei. Simson kündigte an, die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zum Thema vorzuschlagen.
Anders als die anderen an dem Vorstoß beteiligten Länder sprach sich Winter derweil auch dafür aus, Biokraftstoffe aus den betroffenen Palmölabfällen aus der Liste sogenannter “fortschrittlicher” Biokraftstoffe zu streichen. Für deren Nutzung setzt die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU besondere Anreize, weil ihre Produktion nicht in Konkurrenz zur Erzeugung von Nahrungsmitteln steht.
Unter anderem gegen China gibt es bereits seit Längerem Betrugsvorwürfe. Europäische Hersteller werfen chinesischen Firmen vor, aus Palmöl gewonnenen Biodiesel aus anderen asiatischen Staaten umzuetikettieren und nach Europa weiterzuverkaufen. Seit Mitte August erhebt die EU-Kommission Strafzölle auf Biodiesel aus China, allerdings wegen Dumping-, nicht wegen Betrugsvorwürfen. Branchenvertreter fordern seither von der EU, auch den Betrugsvorwürfen stärker nachzugehen. jd
Der deutsche Gesetzentwurf zur Umsetzung der CSRD-Richtlinie könnte gegen die Charta der Grundrechte der EU verstoßen. Nach Auffassung der Kanzlei Noerr würde damit die Berufs- und Unternehmerfreiheit eingeschränkt, weil unabhängige technische Dienstleister davon ausgeschlossen würden, Nachhaltigkeitsberichte prüfen zu können. Das schreibt Noerr in einer juristischen Stellungnahme, die der TÜV-Verband in Auftrag gegeben hat und die Table.Briefings vorliegt.
Der Vorschlag der Bundesregierung, der aktuell im Bundestag liegt und am heutigen Mittwoch in einer Anhörung des Rechtsausschusses verhandelt wird, sieht vor, dass lediglich Wirtschaftsprüfer die Dienstleistung übernehmen dürfen. Laut dem Gutachter Thomas Klindt und der Anwältin Luca Hartmann sind aber “unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen zwingend einzubeziehen”. Das Argument der Regierung, dass deren Tätigkeit nicht gleichwertig sei, sei falsch. Sie sei “dezidiert als gleichwertig zu betrachten”. Es sei “kein juristischer Grund ersichtlich, warum lediglich Wirtschaftsprüfer in diesem Bereich agieren dürfen”.
Die Juristen verweisen auf EU-Länder wie Rumänien, Estland, Griechenland und Ungarn, die technische Sachverständige in ihren nationalen Umsetzungsgesetzen berücksichtigen. Der deutsche Gesetzentwurf hingegen “entspricht nicht dem in der CSRD angelegten Harmonisierungsgedanken und führt zu einer Zersplitterung des Rechts”. Und: “Es wäre eine erstaunliche Behauptung, dass in jenen Ländern, nicht aber in Deutschland, der nationale Gesetzgeber unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen als gleichwertig (ein)schätzen kann.”
Weiter heißt es, dass es zu einer Wettbewerbsverzerrung komme, unter anderem, weil unter den Wirtschaftsprüfern lediglich die großen, “Big 4” genannt, die Leistungen anbieten könnten – kleine und mittelständische “kommen dagegen zu kurz”. In der Konsequenz bedeute dies, dass benachteiligte Unternehmen klagen könnten, wenn der Gesetzentwurf nicht geändert werden sollte. “Insbesondere kann beim Europäischen Gerichtshof im Wege der allgemeinen Verfahren vorgegangen werden.”
In den vergangenen Monaten hatten zahlreiche Wirtschaftsverbände für eine Öffnung bei den Prüfungen plädiert. Zuletzt kritisierte auch der Bundesrat die Regelung der Bundesregierung. Das für die Umsetzung zuständige Bundesjustizministerium wiederholte auf Anfrage seine zuvor geäußerte Argumentation, wonach es “bislang keine gleichwertigen rechtlichen Anforderungen für unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen” gäbe. Ihre Zulassung sei deshalb “nach gegenwärtiger Rechtslage unionsrechtlich nicht möglich”. Man werde sie aber bei einer späteren Gesetzesnovelle prüfen.
Der SPD-Berichterstatter Esra Limbacher sagte: “Ich bin mir sicher, dass wir in den Gesprächen im parlamentarischen Verfahren und im Nachgang der öffentlichen Anhörung eine sehr gute Lösung finden werden.” Unternehmen müssten “eine breite Auswahl an Prüfern” haben. Unter dem Gebot der Gleichwertigkeit würde er “alle rechtlichen Stellungnahmen ernst nehmen und sie berücksichtigen”. maw
Am Morgen des 14. August bekam Costas Kadis einen Anruf und einen Tag Bedenkzeit. Der zyprische Präsident Nikos Christodoloudis bat ihm an, als EU-Kommissar nach Brüssel zu gehen. Für den 57-jährigen Kadis kam die Option überraschend. Nachdem er im Februar 2023 aus dem Amt des Agrar- und Umweltministers geschieden war, hatte er sich auf eine Zukunft an der Universität eingestellt.
Der Professor für den Erhalt von Biodiversität an der privaten zyprischen Frederick University beriet sich erst einmal mit seiner Frau und den beiden Kindern, ehe er zusagte. Am Schluss überwog die Lust auf eine neue Herausforderung. “Es war eine sehr schwierige Entscheidung”, sagt Kadis.
Viele in Zypern waren überrascht, dass Präsident Christodoloudis ausgerechnet Kadis nach Brüssel schickt. Manche sahen in dem EU-Posten eine Belohnung für Kadis’ Treue zum Präsidenten. Der parteilose Kadis hatte Christodoloudis im Wahlkampf im vergangenen Jahr unterstützt, nachdem der aus der konservativen Regierungspartei Dimokratia Synergasmos (Disy) ausgetreten war. Christodoloudis trat gegen den Disy-Kandidaten an und gewann die Präsidentschaftswahl. Kadis beteuert, dass sein Job kein später Dank gewesen sei, es habe keinerlei Tauschgeschäft gegeben. “Hand aufs Herz”, fügte er in einem Interview mit der Tageszeitung Kathimerini ein wenig theatralisch hinzu.
Der Mann mit der randlosen Brille sagt von sich selbst: “Ich habe nie eine Karriere in der Politik geplant.” Für so wenig politischen Ehrgeiz hat er erstaunlich viel Zeit in Ministerämtern verbracht. Zunächst war er für Gesundheit zuständig, dann für Bildung. Seine politischen Überzeugungen stünden denen der EVP nahe.
Christodoloudis, der Brüssel aus seinem Posten als Diplomat an der zyprischen Vertretung gut kennt, wusste freilich, dass er mit einem Technokraten wie Kadis bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Gefallen stoßen würde. Ein Akademiker mit Expertise in Umweltfragen, der keinerlei Neigung zu politischen Machtspielchen zeigt, passte gut in von der Leyens Personaltableau. Kadis soll sich künftig um Fischerei und Ozeane kümmern. Das Thema Meer hatte er selbst öffentlich als Präferenz aufgelistet, nachdem seine Ernennung bekannt wurde.
Schon als Post-Graduate-Student hatte sich Costas Kadis mit der Ökologie des Mittelmeers befasst. Als Zyprer hat er ohnehin eine Affinität zum Thema Ozeane und Umwelt. Der geteilte Inselstaat leidet unter dem Klimawandel so sehr, dass die Strände dort Prognosen zufolge bis zum Jahr 2100 verschwinden könnten.
Umweltexperten bedauern, dass von der Leyen die Ressorts Umwelt und Meere getrennt hat. In ihrem Mission Letter fordert sie Kadis unter anderem dazu auf, einen Europäischen Ozean Pakt zu schaffen, der dafür sorgen soll, dass alle Politikfelder, die mit den Meeren zu tun haben, ineinander greifen. Kadis soll auch darüber wachen, dass die Gemeinsame Fischereipolitik effektiv umgesetzt wird – und mit Horizon 2040 eine Zukunftsvision dafür schaffen.
Nichtregierungsorganisationen weisen darauf hin, dass bisher die Gesetze, die Meere betreffen, viel zu wenig überwacht wurden. “Wenn der designierte Kommissar Kadis in seinem Mandat Erfolg haben soll, dann muss er Anstrengungen verstärken, damit bestehende Gesetze eingehalten werden“, fordert etwa John Condon von ClientEarth. Ein Zusammenschluss führender NGOs äußerte Bedenken, dass das Wohlbefinden der Ozeane in von der Leyens Kommission “nur auf dem Papier” existiere.
Bei seiner Anhörung im Parlament dürfte ein Skandal um eine Müllaufbereitungsanlage zur Sprache kommen. 2015 erhielt Zypern von der EU mehr als 46 Millionen Euro, um die Anlage zu errichten, wie Politico berichtete. Der Treibstoff, der dabei entstand, sei entgegen der Absprachen nie verkauft, sondern vergraben worden. Costas Kadis weist jede Verantwortung dafür von sich. Das Umweltministerium verweist auf eine juristische Auseinandersetzung mit dem zuständigen Subunternehmer. Die Abgeordneten dürften Fragen dazu haben. Silke Wettach
es ist eine Premiere, die allerdings mit einer Enttäuschung enden könnte. Die Staats- und Regierungschefs der EU und des Golf-Kooperationsrates (GCC) kommen heute in Brüssel auf Einladung von EU-Ratspräsident Charles Michel zu ihrem ersten Gipfeltreffen zusammen.
Die meisten Anführer der Golfstaaten dürften dem Treffen aber fernbleiben. Ebenso nicht anreisen wird auf der Seite der Europäer Bundeskanzler Olaf Scholz, der erst zum EU-Gipfel am Donnerstag nach Brüssel kommt. Fraglich ist auch, ob man sich rechtzeitig vor dem Start des Treffens auf gemeinsame Schlussfolgerungen einigen kann. Die Diplomaten wollten noch am Dienstagabend einen weiteren Versuch starten.
Dabei gibt es einiges zu bereden. Auch dank der Abkehr von russischer Energie ist die EU für die Golfstaaten zum zweitgrößten Handelspartner hinter China geworden, mit einem Volumen von rund 170 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Auf beiden Seiten gibt es Interesse, den Austausch zu vertiefen.
Die EU würde gern die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen neu lancieren, die 2008 eingefroren wurden. Die Golfstaaten zeigen aber wenig Interesse, solange die Europäer auf verbindliche Klauseln zu Menschenrechten und Umweltstandards pochen. Den Golfstaaten ist bewusst, dass sie mit Blick auf Europas Energiesicherheit inzwischen am längeren Hebel sitzen.
Neben Handel und der Diskussion über Visaerleichterungen geht es auch um heikle Geopolitik. Die Europäer würden gern Golfstaaten aus dem Einflussbereich Moskaus herauslotsen und von ihrer Lesart des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine überzeugen. Unwahrscheinlich, dass man zum Konflikt um die Ukraine am Gipfel heute eine gemeinsame Sprache findet.
Umgekehrt ist auf der Seite der Golfstaaten die Enttäuschung groß, dass die EU-Staaten sich bisher nicht auf eine kohärente Strategie zum Nahostkonflikt einigen konnten. Im Raum steht auch der Vorwurf an die Europäer, bei Gaza und Ukraine andere Maßstäbe anzulegen. Gut möglich, dass die Golfstaaten Charles Michels Einladung nur spärlich folgen, weil sie die EU als geopolitischen Player nicht richtig ernst nehmen.
Anders der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er soll persönlich zum EU-Gipfel nach Brüssel reisen. Charles Michel teilte mit, er habe Selenskyj zu dem Spitzentreffen am Donnerstag eingeladen.
Kadri Simson verabschiedete sich mit einem Lächeln und mahnenden Worten. Es werde wohl ihr letzter Energierat, sagte die estnische Kommissarin Dienstagabend in Luxemburg. Zuvor hatten die Minister vor allem über russisches Gas gestritten. Wenn der Trend der vergangenen Monate anhalte, wird die EU nach einer Analyse der Kommission acht Milliarden Kubikmeter russisches Gas mehr importieren als 2023. Das habe zu intensiven Diskussionen unter den Ministern geführt, berichtete Simson.
Noch sei der Trend aber umkehrbar und die Mitgliedstaaten hätten es in der Hand, in diesem Jahr insgesamt sogar weniger aus Russland zu importieren. “Die EU kann ohne russisches Gas auskommen”, bekräftigte die scheidende Kommissarin. Wenn die Mitgliedstaaten aber die Einfuhren fortsetzten – sogar über die ursprünglich gebuchten Pipeline-Kapazitäten hinaus – oder wenn sie sogar neue Lieferabkommen verhandelten, sei das keine Notwendigkeit, sondern “eine politische Entscheidung – und zwar eine gefährliche”. Simson: “Wir müssen uns bewusst sein, dass der Preis für den Handel mit Russland nicht nur in den Kosten für Gas liegt, sondern auch im Leben von Menschen in der Ukraine”.
Die Minister bat die Kommissarin, auf die Gasunternehmen in ihren Ländern einzuwirken, um die Geschäfte zu beenden. Auf öffentliche Bloßstellung setzt die französische Regierung – und sucht damit auch die Konfrontation mit Deutschland. Mit anderen Küstenstaaten sieht sich Frankreich seit Monaten dem Vorwurf ausgesetzt, immer mehr Flüssiggas aus Russland anzulanden.
Dies zeichne jedoch kein vollständiges Bild, heißt es in einem gemeinsamen Papier mit neun anderen Mitgliedsländern: “Tatsächlich liegt die Verantwortung für LNG-Einfuhren im Binnenmarkt bei den Gasunternehmen.” Diese hätten Terminal-Kapazitäten gebucht, um steigende Mengen an russischem Flüssiggas zu beschaffen.
Die zehn Staaten ermuntern die Kommission, künftig die Namen der importierenden Unternehmen und die beschafften Mengen zu veröffentlichen. Zwar wird Deutschland nicht ausdrücklich genannt. Es sind jedoch keine vertieften Geografie-Kenntnisse nötig, um den eigentlichen Adressaten des Schreibens zu erraten. Unterzeichnet hat das Schreiben auch die Regierung in Wien. Österreichische Unternehmen importieren über verschiedene Wege immer noch hohe Anteile an russischem Gas. Die derzeitige grüne Ministerin Leonore Gewessler hatte ein Gesetz vorgelegt, das die Unternehmen zur Umkehr zwingen soll. Ob es unter der neuen Regierung noch durchkommt, ist offen.
Allerdings haben sich längst nicht alle Mitgliedstaaten mit bedeutenden Gas-Terminals der französischen Initiative angeschlossen. So fehlen etwa die Niederlande und Belgien. Die Brüsseler Regierung hatte mit Finnland eine eigenes, schwächeres Forderungspapier eingebracht. Es zielt lediglich auf das Umschlagverbot für LNG-Transporte in Drittstaaten, das ab März 2025 für EU-Häfen gilt. Um das Verbot effektiv durchzusetzen, müssten demnach auch Unternehmen in anderen EU-Staaten ein Bilanzierungssystem für russisches Gas einführen.
Im schon gewohnten Streit um Erneuerbare versus Atomenergie hatte sich in den vergangenen Wochen der Ton verschärft. Zwar gebe es in der Energiepolitik unterschiedliche Wege, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Dienstag in Luxemburg. Sein Handeln und seine Gelder müsse Europa aber auf Prioritäten konzentrieren, und die lägen bei den Erneuerbaren, bekräftigte der Grüne jüngste Äußerungen.
Frankreichs Ministerin Agnès Pannier-Runacher revanchierte sich mit der Bemerkung, man müsse zwischen “gangbaren und nicht gangbaren Energien” unterscheiden und verwies auf tatsächliche oder vorgeschobene Probleme bei der Netzintegration und der Wettbewerbsfähigkeit – was augenscheinlich auf erneuerbare Energien gemünzt war. Damit klang die Ministerin in der mündlichen Debatte schärfer als ein Kommuniqué der Atom-Allianz mit mehreren anderen Staaten.
In den ersten 100 Tagen solle die neue Kommission einen Aktionsplan für Atomenergie und ihre Finanzierung vorlegen und bei allen relevanten Gesetzesvorschlägen wie dem Clean Industrial Deal und dem Klimaziel 2040 strikt auf Technologieneutralität achten. Pannier-Runacher selbst forderte außerdem eine Anpassung der Beihilferegeln. Eine Argumentationslinie in dem neuen Papier ist, dass Atomenergie allen EU-Staaten nutze. Dabei hatte es immer wieder Bestrebungen gegeben, günstigen Atomstrom aus abgeschriebenen Kraftwerken über Langfristlieferverträge (PPAs) einzelnen Industriezweigen in den Staaten mit AKW zugutekommen zu lassen.
Deutschland und die “Freunde der Erneuerbaren” hatten ihr Forderungspapier bereits am Montag verbreitet. Darin verlangen sie eine erneute Novelle der Governance-Verordnung und auch der Erneuerbaren-Richtlinie sowie anderer einschlägiger Gesetze für eine weitere Genehmigungsbeschleunigung und ehrgeizige Klimapolitik bis 2040.
Immerhin eine Debatte aus der Zeit der Energiekrise scheint sich vorerst erledigt zu haben. Unter den Ministern habe es keine Debatte über staatliche Eingriffe in die Energiepreise gegeben, sondern mehr über strukturelle Lösungen, sagte Ungarns Energiestaatssekretär Attila Steiner in der Pressekonferenz am Abend. Griechenland, Bulgarien und Rumänien hatten über die zuletzt stark gestiegenen Preise in Südosteuropa diskutieren lassen. Als ein Faktor galten zwischenzeitlich gestiegene Exporte in die Ukraine. Dies schloss Simson jedoch am Dienstag als Ursache aus. Wegen der stark beschädigten Leitungen seien die Exporte jüngst sogar zurückgegangen, ergänzte Steiner.
Michel Barnier lässt von seiner Regierungssprecherin einräumen: Es handele sich bei seinen Vorschlägen um einen “Kampfhaushalt, der unpopuläre Maßnahmen enthält”. Der Premier schlägt vor, Steuern auf Unternehmensgewinne und Erträge von wohlhabenden Privatpersonen deutlich zu erhöhen. So will er das hohe Haushaltsdefizit Frankreichs drücken. Damit bricht er mit den Prioritäten Emmanuel Macrons, der eine Angebotspolitik betrieben hatte. Barniers Sprecherin Maud Bregeon wirbt um Verständnis: Der Haushaltsvorschlag für 2025 solle “eine Krise verhindern, deren erste Opfer die Schwächsten unter uns wären”.
Das Parlament soll schon am 19. November über den Etat abstimmen. Ob mit oder ohne Zustimmung, danach geht der Entwurf an den Senat. Dieser prüft und soll bis spätestens 21. Dezember abschließend entscheiden. Die Vorschläge sorgen für Verwirrung im Lager von Präsident Macron. “Es gibt viel zu viele Steuern”, beklagt der ehemalige Innenminister Gérald Darmanin. Wenige Tage zuvor hatten Abgeordnete aus dem Macron-Lager einen “Gegenhaushalt” zu dem Vorschlag der beiden verantwortlichen Minister, Laurent Saint-Martin (Haushalt) und Antoine Armand (Wirtschaft) präsentiert.
Um die Verwirrung perfekt zu machen: Der Chef der zentristischen MoDem-Partei, François Bayrou – normalerweise ein Verbündeter Macron – verteidigte Michel Barnier. Es sei “bemerkenswert”, wenn ausgerechnet das Lager, das bis zu den Wahlen noch die Mehrheit stellte, “die neue Regierung für Anstrengungen kritisieren würde”, die eigenen Fehler auszubügeln.
Das Defizit im Etat hat Ausmaße angenommen, die außergewöhnliche Maßnahmen dringend nahelegen. Ende des zweiten Quartals betrug die französische Staatsverschuldung 3.284 Milliarden Euro. Dies entspricht 112 Prozent der französischen Wirtschaftsleistung (BIP), verglichen mit 110,5 Prozent im ersten Quartal. Barnier muss die Einnahmen um 60 Milliarden Euro steigern. Sein Haushaltsvorschlag sieht fast 30 Milliarden Euro an Steuererhöhungen vor.
Dies stellt einen Bruch mit einem politischen Tabu Macrons dar. Es ist das Ende der Angebotspolitik, die der Präsident der Republik seit seinem Amtsantritt 2017 konsequent verfolgt hatte, erklären die beiden Wirtschaftswissenschaftler Denis Ferrand und Olivier Redoulès.
Diese Politik hatte Emmanuel Macron mit der Senkung der Steuern und der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes begonnen. Sie wurde fünf Jahre später durch die Reform der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung bekräftigt. Ziel war es, ausländische Investitionen anzuziehen und die Investitionen anzukurbeln.
Diese Politik wird von der Europäischen Kommission und den Ratingagenturen überwacht. So behielt die Ratingagentur Fitch am Freitag (11. Oktober) zwar das AA-Rating für Frankreich bei. Sie versah es jedoch mit einem negativen Ausblick, was bedeutet, dass sie in Zukunft eine Herabstufung in Erwägung zieht. “Die Risiken im Zusammenhang mit der Haushaltspolitik haben sich seit unserer letzten Überprüfung erhöht”, erklärt Fitch. Zuvor hatte die Agentur im April die französischen Staatsfinanzen beurteilt.
Dieses Jahr wird das Defizit über die Sechs-Prozent-Marke klettern. Die Regierung will es 2025 auf fünf Prozent und bis 2029 unter drei Prozent senken. Fitch glaubt nicht daran: Die Agentur hat ihre Defizitprognosen für Frankreich für 2025 und 2026 “auf 5,4 Prozent des BIP” erhöht. “Wir erwarten nicht, dass die Regierung ihre überarbeiteten mittelfristigen Defizitprognosen einhält, um das Defizit bis 2029 unter drei Prozent des BIP zu senken”, schreibt die Agentur. “Eine starke politische Fragmentierung und eine Minderheitsregierung erschweren es Frankreich, nachhaltige Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen umzusetzen.” Nach Fitch wird Moody’s am 25. Oktober eine Bewertung abgeben, S&P Global folgt am 29. November.
Die Franzosen stellen sich zwei Fragen: Was ist die Ursache dafür, dass die Staatsfinanzen dermaßen aus dem Ruder gelaufen sind? Und: Warum hat die frühere Regierung so lange geschwiegen? In den Medien heißt es, dass es bereits seit Herbst 2023 interne Vermerke im Wirtschaftsministerium gab, die auf das Abrutschen der Finanzen hindeuteten. Politische Kämpfe innerhalb des Präsidentenlagers hätten die notwendigen Entscheidungen aber verzögert.
Der öffentliche Sender France 2 hat eine Reaktion von Bruno Le Maire erhalten, die in Frankreich Fragen aufwirft. “Die Wahrheit wird später ans Licht kommen”, heißt es darin vielsagend. Immerhin: Am Dienstag hat das Parlament den Weg für einen Untersuchungsausschuss freigemacht. Der Untersuchungsauftrag: Was sind die Ursachen für den Absturz in der Haushaltspolitik?
Die neuen EU-Kommissare dürfen ihre Kabinette nicht mehr überwiegend mit Landsleuten besetzen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verpflichtet die einfachen Kommissare dazu, nicht mehr als zwei ihrer sechs Kabinettsmitglieder aus dem gleichen Mitgliedsland zu berufen. Für die Exekutiv-Vizepräsidenten liegt die Grenze bei drei (von neun), für das Präsidentenkabinett von der Leyens bei vier (von zwölf).
Vorgaben wie diese finden sich in einem internen Prinzipienkatalog für die neuen Kabinette, der Table.Briefings vorliegt. Zuerst hatte Politico darüber berichtet. Von der Leyen will damit die Diversität in ihrer Kommission gewährleisten. So sollen die Kabinette der Kommissare mindestens drei unterschiedliche Nationalitäten repräsentieren, die der Vizepräsidenten mindestens vier. Wie 2019 sind die Kommissare angehalten, mindestens so viele Frauen wie Männer in ihren engsten Mitarbeiterkreis zu holen.
Die Mitgliedstaaten haben großes Interesse daran, Landsleute in den Kabinetten zu platzieren. Diese sind zwar der Europäischen Union und nicht den nationalen Regierungen verpflichtet, haben aber eher ein offenes Ohr für deren Anliegen.
In der vergangenen Legislatur waren Deutsche in den meisten der 27 Kabinetten vertreten*. In der neuen Amtszeit kommen mehrere Kabinettschefs aus Deutschland, darunter Björn Seibert (Kabinett von der Leyen), Michael Hager (Kabinett Dombrovskis) und Bernd Biervert (Kabinett Šefčovič). Wer die Übergangsteams der designierten neuen Kommissare leiten wird, finden Sie hier.
Von der Leyen schreibt zudem vor, dass die neuen Kabinettschefs und mindestens drei weitere Mitarbeiter eine Sicherheitsüberprüfung durch die Behörden ihrer Heimatländer durchlaufen sollen. Das ist Voraussetzung, um mit Geheiminformationen umgehen zu dürfen. tho
*In der ersten Fassung des Artikels hatten wir geschrieben, dass Deutsche in alle 27 Kabinetten vertreten gewesen seien. Das ist nicht korrekt.
Die Europäische Kommission wird in ihrer neuen Amtszeit Maßnahmen vorschlagen, um den Standpunkt der EU zur Migration zu verschärfen. Das ist eine Reaktion auf den Druck von Regierungen in der gesamten Union, für die irreguläre Ankünfte zu einem großen politischen und sicherheitspolitischen Problem geworden sind.
Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich am 17. und 18. Oktober, um über Migration zu diskutieren. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, schrieb ihnen, dass die Kommission beabsichtige, zehn Punkte anzugehen, um den 27 Mitgliedstaaten der Union bei der Bewältigung der Migrationsherausforderungen zu helfen. “In der kommenden Amtszeit wird die Kommission weiterhin sicherstellen, dass wir fair und entschlossen in der Migrationspolitik sind und damit auf eine Herausforderung reagieren, die wir alle als europäisch betrachten“, schrieb sie.
Die Zahl der irregulären Migranten, die im vergangenen Jahr in Europa ankamen, war weniger als ein Drittel der einen Million Menschen auf dem Höhepunkt der Migrationskrise im Jahr 2015. Dennoch bleibt Migration ein sehr sensibles Thema, das Wahlen in den meisten europäischen Ländern beeinflusst und rechtspopuläre Stimmung verstärkt.
Deutschland, besorgt über eine öffentliche Meinung gegen irreguläre Migration im Vorfeld der Wahlen im kommenden Jahr, hat Grenzkontrollen mit allen Nachbarn eingeführt und damit die Freizügigkeit im Pass-freien Schengen-Raum ausgesetzt. Auch Frankreich, Dänemark, Schweden, Österreich, Italien und Slowenien haben Grenzkontrollen eingeführt.
Polen, das im Mai Präsidentschaftswahlen hat, will vorübergehend die Asylrechte für Migranten aussetzen, die aus Belarus, einem Verbündeten Russlands, kommen – ein Schritt, den viele als Verletzung der EU-Grundrechtecharta ansehen. Angesichts von Migranten, die von Russland über die Grenze gedrängt werden, setzte Finnland solche Asylrechte im Juli aus.
Die EU hat im Mai einen neuen Regelungssatz und Prozesse für den Umgang mit Migration vereinbart. Die vollständige Umsetzung des Migrationspakts soll jedoch erst Mitte 2026 erfolgen. Das versetzt die Union in eine komplizierte Übergangsphase.
In ihrem Schreiben an die europäischen Staats- und Regierungschefs schlug von der Leyen vor, die Umsetzung des Pakts zu beschleunigen, um den Regierungen zu helfen, ihre Registrierungssysteme und Aufnahmeeinrichtungen besser zu verwalten. Dies würde bei Asylverfahren für Sicherheitsfälle und missbräuchliche oder unbegründete Asylanträge an den Grenzen helfen und Lücken zwischen dem Asyl- und Rückführungsprozess schließen, sagte sie.
Sie schlug auch vor, mehr Abkommen mit Herkunfts- oder Transitländern der Migranten abzuschließen, um diese dort zu stoppen. Ähnliche EU-Vereinbarungen gibt es mit der Türkei, Tunesien oder Libyen, deren Regierungen von der EU Geld erhalten, um illegale Überfahrten und Schmuggel einzudämmen. Von der Leyen nannte Ägypten, Marokko, Algerien, Mauretanien, Senegal und Mali als Länder, mit denen die EU zusammenarbeiten sollte.
In einer politischen Kehrtwende im Vergleich zu den Vorjahren schlug sie vor, Migranten, die kein Aufenthaltsrecht in der EU haben, in “Rücknahmezentren” in Ländern außerhalb der EU zu schicken, mit denen die Union entsprechende Abkommen treffen wird. “Wir sollten … mögliche Wege für die Entwicklung von Rücknahmezentren außerhalb der EU prüfen, insbesondere im Hinblick auf einen neuen Gesetzgebungsvorschlag zu Rückführungen”, schrieb sie in dem Brief.
Sie verwies auf eine Vereinbarung zwischen Italien und Albanien als mögliches Modell, nach dem Italien bis zu 36.000 irreguläre Migranten pro Jahr in zwei Einrichtungen in Albanien schicken kann, wo diese auf ihre Abschiebung warten sollen. Das erste italienische Schiff mit Migranten nach Albanien legte am Montag ab. rtr
Maroš Šefčovič kam mit einer klaren Ansage: Die Verhandlungen mit der Schweiz müssten bis Ende des Jahres abgeschlossen werden, und zwar ohne die von der Schweiz gewünschte Schutzklausel bei der Zuwanderung von EU-Bürgern. Der Vizepräsident der EU-Kommission hat am Dienstag die Vertreter der Mitgliedstaaten über den Stand der Gespräche mit Bern informiert. Und holte sich dabei die politische Unterstützung für den Schlussspurt der Verhandlungen.
In 120 Treffen sei man weit vorangekommen, sagte Šefčovič. Nun gelte es, sich auf die “letzte Meile” zu konzentrieren und Lösungen für die offenen Fragen zu finden. Der Kommissionsvize erwähnte konkret die Personenfreizügigkeit und den Schweizer Beitrag zur EU-Kohäsionspolitik als größte Hürden. Ein Abschluss bis Jahresende sei angesichts des Momentums und des bisherigen Fortschritts möglich.
Klar ist dabei die Absage zur Schweizer Forderung nach einer Möglichkeit, die Zuwanderung aus der EU zu begrenzen: “Es hat keine Unterstützung für eine einseitige Schutzklausel geben”, berichtete Šefčovič nach dem Austausch mit den Ministern. Und im Übrigen habe man der Schweizer Seite diese Absage bei mehreren Gelegenheiten schon klar kommuniziert.
Viel Überzeugungsarbeit hat der Slowake im Kreis der Mitgliedstaaten nicht leisten müssen. Die EU sei kein “Menu à la carte”, sagte etwa Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel zur Frage der Schutzklausel. Rosinenpicken sei im Binnenmarkt nicht möglich, die Regeln würden für alle gelten. Ähnlich der Tenor bei der Vorbereitung des Ministertreffens im Kreis der EU-Botschafter: Die Schweizer Idee einer Schutzklausel liege außerhalb der Kompromisszone, auf die man sich im Vorfeld geeinigt habe.
Dieses “common understanding” ist der Verhandlungsrahmen, von dem auch die Minister nicht abweichen wollen. Die EU habe sich bei der Personenfreizügigkeit schon flexibel gezeigt und der Schweiz verschiedene Ausnahmen zugestanden. Eine Schutzklausel sei deshalb nicht akzeptabel. Verschiedene Mitgliedstaaten fordern zudem, dass die Kommission das Prinzip der Nichtdiskriminierung bei der Personenfreizügigkeit durchsetzt. Konkret geht es darum, dass auch Bürgerinnen und Bürger der neueren EU-Staaten nach fünf Jahren Anspruch auf eine ständige Aufenthaltsgenehmigung der Schweiz haben sollen.
Maroš Šefčovič hob jedoch auch die Fortschritte bei den Verhandlungen hervor – etwa bei den lange umstrittenen institutionellen Fragen, mit der Rolle des Europäischen Gerichtshof als Streitschlichter letzter Instanz und der dynamischen Rechtsübernahme durch die Schweiz. Bei den staatlichen Beihilfen soll die Schweiz äquivalente Regeln zur EU einhalten, überwacht durch eine unabhängige Behörde. Beim Strom ist die Schweiz laut Kommission bereit, entscheidende Elemente des Strommarktdesigns der EU zu übernehmen. Offene Punkte gebe es noch bei den Kompetenzen der Regulierer und bei bestehenden Subventionen in der Schweiz.
Geeinigt hat man sich auch, dass die Schweiz künftig regelmäßig und ohne Lücken ihren Kohäsionsbeitrag leistet – als Preis für die Teilnahme am Binnenmarkt. Dies ist auch ein Anliegen, das von den neueren Mitgliedstaaten Osteuropas in den Vorgesprächen betont wurde. Maroš Šefčovič beklagte jedoch vor den EU-Ministern, dass die Schweiz sich bislang auf keine Höhe für den regelmäßigen Kohäsionsbeitrag festlegen wolle. Der Bundesrat wolle sich diese Frage wohl für die Schlussrunde vorbehalten, heißt es in internen Papieren.
Umgekehrt bremst die EU-Kommission bei der Schweizer Beteiligung an europäischen Programmen wie jenem zur Forschung. Horizon Europe will die EU-Kommission auch im Schlussspurt der Verhandlungen als Hebel nutzen. Ebenso wie das Interesse der Schweiz an Abkommen in den Bereichen Lebensmittel, Elektrizität sowie Gesundheit. Ziel sei ein ausgewogenes Gesamtpaket. Umgekehrt will die EU sicherstellen, dass die Schweiz internationale Zugverbindungen auf ihren Schienen auch praktisch zulässt, nicht nur theoretisch.
Der Großteil der Mitgliedstaaten drängt darauf, am Gesamtpaket auch mit den neuen Abkommen festzuhalten – und nicht etwa den Strom auszuklammern, wie das politische Kreise in der Schweiz fordern. Maroš Šefčovič machte gegenüber den Mitgliedstaaten klar, dass die Zeit dränge. Die Schweiz habe es nicht eilig und sehe weniger Anpassungsbedarf als die EU. Zudem werde sich mit Blick auf die Volksabstimmung über eine zuwanderungskritische Initiative das politische Klima verschlechtern.
Brüssel setzt insbesondere darauf, dass es vor dem 6. November noch Bewegung gibt. Dann will die Schweizer Regierung ihrerseits eine Zwischenbilanz ziehen. Die EU-Kommission rechnet damit, dass der Schweizer Chefunterhändler Patric Franzen sich dort die Zustimmung für letzte Kompromisse holen wird. So könnte es mit einem Abschluss Ende des Jahres tatsächlich klappen. sti
Mehrere EU-Länder haben vor möglichem Betrug bei Biodiesel-Einfuhren gewarnt. Beim Treffen der Energieminister am Dienstag wies Irland gemeinsam mit Deutschland, Belgien und den Niederlanden darauf hin, dass Biodiesel-Importe aus angeblichen Reststoffen der Palmölproduktion in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen seien. Zu beobachten sei das, seit die EU Anreize für die Produktion von Biodiesel aus Rest- und Abfallstoffen gesetzt habe.
In Deutschland etwa habe sich der Einsatz von Biokraftstoffen aus leeren Palmfruchtbündeln oder Abwasser aus Palmölmühlen zwischen 2021 und 2022 fast verfünffacht, erklärte die stellvertretende Ständige Vertreterin bei der EU, Helen Winter. Der Anstieg erscheine “unverhältnismäßig groß im Vergleich zur geschätzten, weltweit verfügbaren Menge“, argumentierte der irische Umweltminister Eamon Ryan. Die Kommission müsse untersuchen, ob Betrug vorliege, und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen – auch, um europäische Biodiesel-Hersteller vor unlauterer Konkurrenz zu schützen.
EU-Energiekommissarin Kadri Simson dämpfte jedoch die Hoffnung auf Gegenmaßnahmen aus Brüssel. Der Handlungsspielraum der Kommission sei begrenzt, weil man in Ländern außerhalb der EU keine Vollzugsgewalt habe. Gleichzeitig habe man die Kontrollen bereits durch die Schaffung einer Unionsdatenbank für Biokraftstoffe (UDB) verbessert, die seit Anfang des Jahres aktiv sei. Simson kündigte an, die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zum Thema vorzuschlagen.
Anders als die anderen an dem Vorstoß beteiligten Länder sprach sich Winter derweil auch dafür aus, Biokraftstoffe aus den betroffenen Palmölabfällen aus der Liste sogenannter “fortschrittlicher” Biokraftstoffe zu streichen. Für deren Nutzung setzt die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU besondere Anreize, weil ihre Produktion nicht in Konkurrenz zur Erzeugung von Nahrungsmitteln steht.
Unter anderem gegen China gibt es bereits seit Längerem Betrugsvorwürfe. Europäische Hersteller werfen chinesischen Firmen vor, aus Palmöl gewonnenen Biodiesel aus anderen asiatischen Staaten umzuetikettieren und nach Europa weiterzuverkaufen. Seit Mitte August erhebt die EU-Kommission Strafzölle auf Biodiesel aus China, allerdings wegen Dumping-, nicht wegen Betrugsvorwürfen. Branchenvertreter fordern seither von der EU, auch den Betrugsvorwürfen stärker nachzugehen. jd
Der deutsche Gesetzentwurf zur Umsetzung der CSRD-Richtlinie könnte gegen die Charta der Grundrechte der EU verstoßen. Nach Auffassung der Kanzlei Noerr würde damit die Berufs- und Unternehmerfreiheit eingeschränkt, weil unabhängige technische Dienstleister davon ausgeschlossen würden, Nachhaltigkeitsberichte prüfen zu können. Das schreibt Noerr in einer juristischen Stellungnahme, die der TÜV-Verband in Auftrag gegeben hat und die Table.Briefings vorliegt.
Der Vorschlag der Bundesregierung, der aktuell im Bundestag liegt und am heutigen Mittwoch in einer Anhörung des Rechtsausschusses verhandelt wird, sieht vor, dass lediglich Wirtschaftsprüfer die Dienstleistung übernehmen dürfen. Laut dem Gutachter Thomas Klindt und der Anwältin Luca Hartmann sind aber “unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen zwingend einzubeziehen”. Das Argument der Regierung, dass deren Tätigkeit nicht gleichwertig sei, sei falsch. Sie sei “dezidiert als gleichwertig zu betrachten”. Es sei “kein juristischer Grund ersichtlich, warum lediglich Wirtschaftsprüfer in diesem Bereich agieren dürfen”.
Die Juristen verweisen auf EU-Länder wie Rumänien, Estland, Griechenland und Ungarn, die technische Sachverständige in ihren nationalen Umsetzungsgesetzen berücksichtigen. Der deutsche Gesetzentwurf hingegen “entspricht nicht dem in der CSRD angelegten Harmonisierungsgedanken und führt zu einer Zersplitterung des Rechts”. Und: “Es wäre eine erstaunliche Behauptung, dass in jenen Ländern, nicht aber in Deutschland, der nationale Gesetzgeber unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen als gleichwertig (ein)schätzen kann.”
Weiter heißt es, dass es zu einer Wettbewerbsverzerrung komme, unter anderem, weil unter den Wirtschaftsprüfern lediglich die großen, “Big 4” genannt, die Leistungen anbieten könnten – kleine und mittelständische “kommen dagegen zu kurz”. In der Konsequenz bedeute dies, dass benachteiligte Unternehmen klagen könnten, wenn der Gesetzentwurf nicht geändert werden sollte. “Insbesondere kann beim Europäischen Gerichtshof im Wege der allgemeinen Verfahren vorgegangen werden.”
In den vergangenen Monaten hatten zahlreiche Wirtschaftsverbände für eine Öffnung bei den Prüfungen plädiert. Zuletzt kritisierte auch der Bundesrat die Regelung der Bundesregierung. Das für die Umsetzung zuständige Bundesjustizministerium wiederholte auf Anfrage seine zuvor geäußerte Argumentation, wonach es “bislang keine gleichwertigen rechtlichen Anforderungen für unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen” gäbe. Ihre Zulassung sei deshalb “nach gegenwärtiger Rechtslage unionsrechtlich nicht möglich”. Man werde sie aber bei einer späteren Gesetzesnovelle prüfen.
Der SPD-Berichterstatter Esra Limbacher sagte: “Ich bin mir sicher, dass wir in den Gesprächen im parlamentarischen Verfahren und im Nachgang der öffentlichen Anhörung eine sehr gute Lösung finden werden.” Unternehmen müssten “eine breite Auswahl an Prüfern” haben. Unter dem Gebot der Gleichwertigkeit würde er “alle rechtlichen Stellungnahmen ernst nehmen und sie berücksichtigen”. maw
Am Morgen des 14. August bekam Costas Kadis einen Anruf und einen Tag Bedenkzeit. Der zyprische Präsident Nikos Christodoloudis bat ihm an, als EU-Kommissar nach Brüssel zu gehen. Für den 57-jährigen Kadis kam die Option überraschend. Nachdem er im Februar 2023 aus dem Amt des Agrar- und Umweltministers geschieden war, hatte er sich auf eine Zukunft an der Universität eingestellt.
Der Professor für den Erhalt von Biodiversität an der privaten zyprischen Frederick University beriet sich erst einmal mit seiner Frau und den beiden Kindern, ehe er zusagte. Am Schluss überwog die Lust auf eine neue Herausforderung. “Es war eine sehr schwierige Entscheidung”, sagt Kadis.
Viele in Zypern waren überrascht, dass Präsident Christodoloudis ausgerechnet Kadis nach Brüssel schickt. Manche sahen in dem EU-Posten eine Belohnung für Kadis’ Treue zum Präsidenten. Der parteilose Kadis hatte Christodoloudis im Wahlkampf im vergangenen Jahr unterstützt, nachdem der aus der konservativen Regierungspartei Dimokratia Synergasmos (Disy) ausgetreten war. Christodoloudis trat gegen den Disy-Kandidaten an und gewann die Präsidentschaftswahl. Kadis beteuert, dass sein Job kein später Dank gewesen sei, es habe keinerlei Tauschgeschäft gegeben. “Hand aufs Herz”, fügte er in einem Interview mit der Tageszeitung Kathimerini ein wenig theatralisch hinzu.
Der Mann mit der randlosen Brille sagt von sich selbst: “Ich habe nie eine Karriere in der Politik geplant.” Für so wenig politischen Ehrgeiz hat er erstaunlich viel Zeit in Ministerämtern verbracht. Zunächst war er für Gesundheit zuständig, dann für Bildung. Seine politischen Überzeugungen stünden denen der EVP nahe.
Christodoloudis, der Brüssel aus seinem Posten als Diplomat an der zyprischen Vertretung gut kennt, wusste freilich, dass er mit einem Technokraten wie Kadis bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Gefallen stoßen würde. Ein Akademiker mit Expertise in Umweltfragen, der keinerlei Neigung zu politischen Machtspielchen zeigt, passte gut in von der Leyens Personaltableau. Kadis soll sich künftig um Fischerei und Ozeane kümmern. Das Thema Meer hatte er selbst öffentlich als Präferenz aufgelistet, nachdem seine Ernennung bekannt wurde.
Schon als Post-Graduate-Student hatte sich Costas Kadis mit der Ökologie des Mittelmeers befasst. Als Zyprer hat er ohnehin eine Affinität zum Thema Ozeane und Umwelt. Der geteilte Inselstaat leidet unter dem Klimawandel so sehr, dass die Strände dort Prognosen zufolge bis zum Jahr 2100 verschwinden könnten.
Umweltexperten bedauern, dass von der Leyen die Ressorts Umwelt und Meere getrennt hat. In ihrem Mission Letter fordert sie Kadis unter anderem dazu auf, einen Europäischen Ozean Pakt zu schaffen, der dafür sorgen soll, dass alle Politikfelder, die mit den Meeren zu tun haben, ineinander greifen. Kadis soll auch darüber wachen, dass die Gemeinsame Fischereipolitik effektiv umgesetzt wird – und mit Horizon 2040 eine Zukunftsvision dafür schaffen.
Nichtregierungsorganisationen weisen darauf hin, dass bisher die Gesetze, die Meere betreffen, viel zu wenig überwacht wurden. “Wenn der designierte Kommissar Kadis in seinem Mandat Erfolg haben soll, dann muss er Anstrengungen verstärken, damit bestehende Gesetze eingehalten werden“, fordert etwa John Condon von ClientEarth. Ein Zusammenschluss führender NGOs äußerte Bedenken, dass das Wohlbefinden der Ozeane in von der Leyens Kommission “nur auf dem Papier” existiere.
Bei seiner Anhörung im Parlament dürfte ein Skandal um eine Müllaufbereitungsanlage zur Sprache kommen. 2015 erhielt Zypern von der EU mehr als 46 Millionen Euro, um die Anlage zu errichten, wie Politico berichtete. Der Treibstoff, der dabei entstand, sei entgegen der Absprachen nie verkauft, sondern vergraben worden. Costas Kadis weist jede Verantwortung dafür von sich. Das Umweltministerium verweist auf eine juristische Auseinandersetzung mit dem zuständigen Subunternehmer. Die Abgeordneten dürften Fragen dazu haben. Silke Wettach