seit Anfang Juni wartet Volker Wissing auf eine Antwort auf seinen Brandbrief an Frans Timmermans. Darin pochte der Bundesverkehrsminister noch einmal auf einen konkreten Vorschlag, wie E-Fuels-only-Verbrennermotoren auch nach 2035 noch zugelassen werden können. Eine Antwort darauf hat er noch nicht erhalten, wie aus der Stellungnahme der Bundesregierung auf eine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag hervorgeht.
Nun ist Timmermans nicht mehr da und der Slowake Maroš Šefčovič übernimmt die Aufgaben zum Green Deal. Möglicherweise kann Wissing von Šefčovič mehr Engagement bei dem Thema erwarten, da Timmermans als strikter Gegner von E-Fuels in Pkw gilt. Dennoch dürfte es November werden, bis die Kommission ihren Vorschlag macht. Das hängt womöglich mit Streit zwischen den beteiligten Generaldirektionen zusammen, wie wir in unserer Analyse schreiben.
Am Montag lädt Wissing in München zudem zur E-Fuels-Konferenz der Bundesregierung ein. Regierungsvertreter der G20, EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean sowie Industrievertreter und Wissenschaftlerinnen wollen über den Markthochlauf von E-Fuels diskutieren und eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnen.
Es ist das erste internationale Forum, bei dem auch über EU-Grenzen hinaus der Dialog zu E-Fuels begonnen werden soll. E-Fuel-Befürworter erhoffen sich bessere Marktbedingungen und konzertierte Rahmenbedingungen. Umweltschützer mahnen die eingeschränkten Verfügbarkeiten des (noch) teuren Kraftstoffes an und fordern klare Priorisierung bei der Verteilung. Kommende Woche treffen beide Seiten gleich mehrfach in München aufeinander, denn am Dienstag startet auch die Automobilmesse IAA.
Genießen Sie Ihr Wochenende.
Die Kommission braucht noch Zeit für die Regelung für synthetische Kraftstoffe bei neuen Pkw und Lieferwagen. Ihr Vorschlag, wie über das Verbrennerverbot ab 2035 hinaus Neufahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) zugelassen werden können, wird nach Informationen von Table.Media frühestens im November kommen.
Den Vorschlag für Genehmigungsvorschriften für Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, hatte die Kommission gegenüber dem Bundesverkehrsministerium für den Sommer angekündigt. Der Legislativvorschlag soll im Technischen Ausschuss Kraftfahrzeuge (TCMV) den Mitgliedstaaten vorgestellt werden. Wie in Brüssel zu hören ist, wird der Vorschlag frühestens bei der TCMV-Sitzung im November präsentiert. Damit der Vorschlag in Kraft tritt, bedarf es danach der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten.
Ein Sprecher der Kommission sagte auf Anfrage von Table.Media: “Die Kommission plant, die Mitgliedstaaten in den nächsten Wochen zu konsultieren im Hinblick auf die Abstimmung, die im weiteren Verlauf des Jahres stattfinden wird.” Anschließend werde die Regelung dem Parlament und dem Rat zur Prüfung vorgelegt.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing macht Druck. Ein Ministeriumssprecher: “Wir erwarten von der Europäischen Kommission, dass sie ihrer Zusage nachkommt und zeitnah in einem ersten Schritt einen Vorschlag zur Einführung von Genehmigungsvorschriften für ,E-Fuels-Only’-Fahrzeuge vorlegt.” Das Ministerium setze darauf, dass dies vor der nächsten Sitzung des zuständigen technischen Ausschusses in Brüssel Anfang Oktober geschehe.
Grund für die Verzögerung könnte ein Dissenz zwischen den beteiligten Generaldirektionen der Kommission sein. Nach Informationen von Table.Media hatte die DG Clima ihr Veto gegen den Gesetzgebungsvorschlag der DG Grow eingelegt. Die Generaldirektion Grow (Industrie und Binnenmarkt) ist bei den E-Fuels federführend. Sie ist zuständig, weil die Öffnungsklausel für nur mit E-Fuels-betreibbare Fahrzeuge in die bestehende Gesetzgebung der Typengenehmigung (Euro 6) eingefügt werden soll. Und die DG Grow ist für die Typgenehmigung zuständig.
In der kommissionsinternen Abstimmung vom 19.7. hat die DG Clima eine ablehnende Haltung eingenommen. Sie macht mehrere Vorbehalte geltend. Am gravierendsten ist der Einwand, bei dem es um die Definition der E-Fuels geht, die auch nach dem Inkrafttreten des Verbrennerverbots von neuen Fahrzeugen verwendet werden können. Die DG Grow hatte in dem Gesetzgebungsvorschlag die Definition der Kommission aus dem Jahr 2021 für “kohlenstoffarme Kraftstoffe” übernommen. Hierbei muss eine Reduktion des CO₂-Ausstoßes von mindestens 70 Prozent garantiert sein.
Die DG Clima fordert, dass dieser Wert bei 100 Prozent liegen müsse. In dem Text heißt es: “Mit der vorgeschlagenen Definition besteht die Gefahr, dass die Markteinführung von Fahrzeugen, die ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, nach 2035 das Erreichen unserer Klimaziele behindert.” Damit werde ein Präzedenzfall geschaffen, bei dem “kohlenstoffneutrale” Technologien in Betracht gezogen werden, die nur 70 Prozent der Emissionen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen reduzierten.
E-Fuel-Hersteller verweisen dagegen darauf, dass der geforderte Wert von 100 Prozent zwar beim Betrieb, aber nicht in der Betrachtung des Lebenszyklus der Kraftstoffe möglich sei.
Womöglich ändert sich die Haltung der DG Clima gegenüber E-Fuels aber noch. Inzwischen hat der für den Green Deal zuständige Vizepräsident Frans Timmermans die Kommission verlassen. Timmermans lehnte erklärtermaßen den Einsatz von E-Fuels in Autos und Lieferwagen vehement ab. Er sah in E-Fuels eine Bedrohung der Transformation der Branche zum Elektro-Auto. Nach Timmermans Ausscheiden ist der slowakische Sozialdemokrat Maroš Šefčovič als Vize-Präsident für den Green Deal verantwortlich.
Er ist an der Sache orientiert und hat bewiesen, dass er Verständnis für die Industrie hat. Neuer Klimakommissar soll zudem der niederländische Christdemokrat Wopke Hoekstra werden. Er wäre dann auch zuständig für die DG Clima und könnte mäßigend Einfluss nehmen. Allerdings heißt es in Brüssel, Hoekstra übernehme von Timmermans dessen Kabinettchef Diederik Samsom. Samsom war NGO-Aktivist für Greenpeace, Parteichef der Sozialdemokraten in den Niederlanden und galt hinter Timmermans als Antreiber bei den Vorschlägen, die auf das Verbrennerverbot für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge hinausliefen.
Jens Gieseke (CDU), Mitglied im Umweltausschuss, sagt dazu: “Wissing hat sich im Frühjahr von Timmermans über den Tisch ziehen lassen. In Sachen E-Fuels gab es nur Versprechungen und keine festen Zusagen.” Jetzt zeige sich, dass die Kommission uneinig ist und keinen Vorschlag präsentieren kann. “Wissing steht immer noch mit leeren Händen da. Er sollte jetzt Druck auf EU-Kommissar Šefčovič machen, um endlich Ergebnisse zu liefern.” Mit Lukas Scheid
Die Reform des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) galt als das Herzstück des Fit-for-55-Pakets. Mit ihr soll ein Großteil der CO₂-Reduktion um 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 erreicht werden. Das soll zum einen über höhere CO₂-Preise geschehen, indem die Menge der Emissionsrechte am Markt schneller als zuvor verknappt wird. 2024 fallen 90 Millionen Zertifikate weg, 2026 noch einmal 27 Millionen – zusätzlich zu den sowieso schon jährlich verschwindenden Mengen. Das heißt, kommendes Jahr fließen 130 Millionen Emissionsrechte weniger auf den Markt als in den vergangenen Jahren.
Aktuell liegt der europäische CO₂-Preis bei rund 85 Euro pro Tonne CO₂. Mit Beginn des nächsten Jahres wird der CO₂-Preis also durch die Marktverknappung steigen, Experten gehen von einem Durchschnittspreis für 2024 von rund 100 Euro pro Tonne CO₂ aus – manche Prognosen rechnen sogar mit Preisen von weit über 100 Euro. Dies betrifft die Energiewirtschaft sowie die emissionsintensiven Industrien (Ölraffinerien sowie Stahl-, Eisen-, Aluminium-, Zement-, Papier- und Glasproduzenten).
Was das für die Entwicklung der Preise von Endprodukten bedeutet, ist schwer abzusehen. Zum einen, weil die tatsächlichen Kosten durch die höheren CO₂-Preise von der Emissionsintensität der verwendeten Technologie abhängen und von Anlage zu Anlage unterschiedlich sind. Zum anderen handeln die Unternehmen bereits seit vielen Jahren mit Emissionsrechten und verfügen meist noch über günstigere Zertifikate. Die Preissteigerung wirkt sich daher nicht unmittelbar aus, sondern über deutlich längere Zeiträume. Klar ist dennoch: Die Preissteigerungskurve wird in den kommenden Jahren durch die drastischeren Verknappungen steiler.
Der lange umstrittene zweite Emissionshandel für Gebäude und Verkehr kommt erst 2027. Hierzulande wird er kaum preisliche Auswirkungen haben, da Deutschland bereits in ebenjenen Sektoren einen CO₂-Preis erhebt. Der ETS 2 der EU ist durch einen Preisstabilitätsmechanismus auf 45 Euro gedeckelt. Der deutsche CO₂-Preis auf Brennstoffe zu diesem Zeitpunkt bei bis zu 65 Euro liegen.
Anders sieht es bei der Schifffahrt aus. Der maritime Sektor fällt 2024 erstmals unter das ETS. Nicht nur CO₂, sondern auch Methan- oder Ammoniakemissionen werden berücksichtigt. Zunächst werden nur 40 Prozent der Emissionen erfasst, ab 2025 bereits 70 Prozent, ab 2026 dann 100 Prozent. Das heißt, dass Reedereien für ihre Emissionen ebenfalls Zertifikate einkaufen müssen. Bis zu 120 Millionen Tonnen CO₂e sollen so bis 2030 verhindert werden, denn ein Teil des Erlöses fließt zurück in den Sektor und soll zur Dekarbonisierung der Schifffahrt beitragen.
Allerdings gibt es für Reedereien derzeit noch ein Schlupfloch, was es regulatorisch zu schließen gilt. Eine Untersuchung einer Transport-Expertin der Weltbank legt nahe, dass Reedereien ihre Transportaktivitäten stattdessen auf EU-nahe Häfen, wo der ETS nicht gilt, verschieben könnten. Somit würden mehr Emissionen durch Umfahrungen verursacht und Einnahmen der EU-Länder verhindert.
Der Flugverkehr ist theoretisch bereits seit 2012 Teil des ETS, allerdings wurden Fluglinien mit kostenlosen Emissionsrechten versorgt, um den internationalen Wettbewerb nicht zu gefährden. Für innereuropäische Flüge wird damit ab 2026 Schluss sein, was Flüge innerhalb der EU dann auch verteuern dürfte.
Die CO₂-Flottengrenzwerte hätten beinahe die Koalition in Berlin ins Wanken gebracht. Dabei greifen deren Auswirkungen regulatorisch erst 2030, wenn die Automobilhersteller die durchschnittlichen Emissionen ihrer Neuwagen um 55 Prozent gegenüber 2021 gesenkt haben müssen. Ob und in welchem Umfang E-Fuels für dieses Ziel zum Einsatz kommen, hängt von einem Vorschlag der Kommission ab, den Frans Timmermans dem Bundesverkehrsminister Volker Wissing versprochen hatte. Lesen Sie dazu eine Analyse in dieser Ausgabe.
Für die Autobauer bedeutet das heute schon, dass sie mehr E-Autos oder Hybride entwickeln müssen, um die Ziele zu erreichen. Allerdings sind sie dabei auch auf die Kaufbereitschaft der Autofahrerinnen und Autofahrer angewiesen. Und die hängt unmittelbar an den verfügbaren Lademöglichkeiten.
Die Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) soll für den europaweiten Ausbau sorgen. Bis Ende 2025 soll alle 60 Kilometer eine Ladeleistung von mindestens 400 kW installiert und bis Ende 2027 auf 600 kW erhöht werden. Für Lkw und Busse wird bis Ende 2027 eine Ladestation alle 120 Kilometer über 1400 kW bis 2800 kW vorgeschrieben. Zudem muss bis Ende 2030 alle 200 Kilometer eine Wasserstofftankstelle entstehen.
Dabei reicht es offenbar nicht, einfach nur Ladesäulen zuzubauen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnte zuletzt sogar vor einem Überangebot. Der Ausbau in Deutschland gilt ohnehin europaweit als am weitesten fortgeschritten. Die Herausforderung wird die komplette Netzabdeckung. Das bedeutet, dass durch die EU-Regeln auch an entlegenen Orten und in allen EU-Ländern der Ausbau vorangetrieben werden muss.
04.09.-05.09.2023
Informelle Ministertagung Entwicklung
Themen: Die Entwicklungsminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos
04.09.2023 – 14:30-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Berichtsentwurf zur Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität, Berichtsentwurf zur Informationssicherheit in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Vorläufige Tagesordnung
04.09.2023 – 15:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Entwurf einer Stellungnahme zu den gemeinsamen Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren, Entwurf eines Entschließungsantrags zur Überarbeitung der EU-Initiative für Bestäuber. Vorläufige Tagesordnung
04.09.2023 – 15:00-17:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Gedankenaustausch mit den Vorsitzenden des International Accounting Standards Board (IASB), der IFRS Foundation Trustees und des International Sustainability Standards Board (ISSB), Aktuelles zum digitalen Euro. Vorläufige Tagesordnung
04.09.2023 – 16:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwurf zur Entlastung des Gesamthaushaltsplans der EU 2021, Stellungnahme zur Einrichtung der Fazilität für die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
06.09.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Digitalisierung in der Sozialversicherung, Europäischer Behindertenausweis. Vorläufige Tagesordnung
07.09.2023 – 08:30-10:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Gedankenaustausch mit Jens Stoltenberg (NATO-Generalsekretär). Vorläufige Tagesordnung
07.09.2023 – 10:15-13:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Vorschlag für eine Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz, Zwischenbericht über den Vorschlag für eine Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027, Berichtsentwurf zu einer Richtlinie hinsichtlich der Grenzwerte für Blei und seine anorganischen Verbindungen und Diisocyanate, Gedankenaustausch mit der spanischen Präsidentschaft. Vorläufige Tagesordnung
09.09.-10.09.2023
G20-Gipfel
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Die Außenminister der EU-Staaten unterstützen nach Angaben von EU-Chefdiplomat Josep Borrell die Pläne für eine Ausweitung der europäischen Ausbildungsmission für die ukrainischen Streitkräfte. Die Minister befürworteten seinen Vorschlag, sich als neues Ziel zu setzen, 40.000 Soldaten auszubilden, sagte Borrell am Donnerstag nach den Beratungen im spanischen Toledo. Das derzeit gültige Ziel von 30.000 ausgebildeten ukrainischen Soldaten bis Ende des Jahres wird nach Angaben vom Mittwoch bereits Ende Oktober erreicht.
Die Ausbildungsmission der EU war im vergangenen November von den Außenministern der Mitgliedstaaten beschlossen worden. Damals hatte es geheißen, es sollten erst einmal bis zu 15.000 ukrainische Soldaten in Deutschland, Polen und anderen EU-Ländern ausgebildet werden. Später wurde das Ziel dann auf 30.000 hochgeschraubt. dpa
Die Nominierung des niederländischen Außenministers Wopke Hoekstra zum neuen EU-Kommissar für Klimaschutz trifft in seiner Heimat auf zunehmenden Widerstand. Eine Petition gegen seine Ernennung war am Donnerstag bereits von mehr als 30 000 Menschen unterzeichnet worden. Das meldete die Bürgerbewegung De GoedeZaak (Die gute Sache). Kritik gibt es auch in Hoekstras eigener Partei, der christdemokratischen CDA, sowie in Umweltschutzorganisationen.
In der Petition wird das Parlament aufgerufen, einen Kandidaten zu nominieren, der Klimaschutz ernst nehme. Hoekstra, der früher auch beim Ölkonzern Shell gearbeitet hatte, habe sich weder als Finanzminister noch als Außenminister als Klimaschützer hervorgetan, schreibt die Bürgerbewegung. “Obwohl Hoekstra weder Wissen, Können noch den Willen hat, gegen eine totale Klimakatastrophe vorzugehen, wird gerade er als EU-Kommissar nominiert.”
Der Außenminister soll Nachfolger des Niederländers Frans Timmermans werden. Der Sozialdemokrat wurde Spitzenkandidat des rot-grünen Wahlbündnisses für die Parlamentswahl im November.
Ministerpräsident Mark Rutte hatte überraschend Hoekstra für den Posten vorgeschlagen. Die EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen hatte ihn am Dienstag nominiert. Hoekstra muss nun noch vom Europäischen Parlament die Zustimmung erhalten. Auch dort hatte es vor allem von sozialdemokratischen und grünen Abgeordneten Kritik gegeben. dpa
Innerhalb des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) verkleinert sich der Kandidaten-Kreis für die Nachfolge von Asien-Direktor Gunnar Wiegand. Im engeren Rennen um die Position seien die bisherige Stellvertreterin Wiegands, Paola Pampaloni, der schwedische Diplomat Niclas Kvarnström und die lettische Diplomatin Baiba Braže, bestätigten am Donnerstag EU-Kreise. Demnach soll bis Mitte September eine Entscheidung über Besetzung getroffen werden.
Während Pampaloni für eine Fortsetzung der bisherigen China-Politik des EADstehen würde, würden Kvarnström und Braže mutmaßlich Veränderungen im Vorgehen der EU gegenüber Peking bedeuten. Kvarnström leitet derzeit die Asien-Pazifik-Abteilung des Auswärtigen Amts in Schweden und könnte einen größeren Fokus auf die Indo-Pazifik-Agenda des EAD legen. Braže war bis Juli stellvertretende Generalsekretärin bei der Nato und könnte damit einen stärkeren sicherheitspolitischen Aspekt einbringen. Sie hat bisher nicht mit einem Asien-Fokus gearbeitet. ari
Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hat sich im Agrarausschuss unklar zum Importverbot für ukrainisches Getreide in die direkten Anrainerstaaten geäußert. Er persönlich sei dafür, dass das bis zum 15. September befristete Importverbot nach Polen, Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien verlängert werde. Er spreche hier aber nicht für die Kommission, fügte der Kommissar aus Polen hinzu. Es wird damit gerechnet, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Handelskommissar Valdis Dombrovskis an einer Lösung arbeiten, um die Importverbote auslaufen zu lassen.
Außerdem schlug der Kommissar vor, Transportbeihilfen in Höhe von 30 Euro je Tonne bei ukrainischem Getreide zu zahlen, das über eine EU-Grenze die Ukraine verlässt. Transportbeihilfen fordert Norbert Lins (CDU), Chef des Agrarausschusses, seit Monaten. Er verlangt aber, dass die Transportbeihilfen vorrangig für ukrainisches Brotgetreide gezahlt werden, das in Länder des globalen Süden geht, wo es dringend gebraucht werde. mgr
Deutschland ist bei unteren und mittleren Führungspositionen auf EU-Ebene stark unterrepräsentiert. Ein Grund dafür ist die geringe Zahl an Bewerbungen für die Auswahlverfahren. Das geht aus dem “Achten Bericht der Bundesregierung zur deutschen Personalpräsenz in internationalen Organisationen” hervor, den die Bundesregierung Mitte August angenommen hat.
Demnach will die Ampel-Koalition strategisch wichtige Positionen in internationalen Organisationen mit Deutschen besetzen. Im Berichtszeitraum 2021 und 2022 mindestens 8.000 Deutsche in rund 300 Institutionen tätig. Die Regierung plant, “quantitativ mindestens die Anteile zu halten und den Ein- und Aufstieg von jungen Fach- und Führungskräften zu fördern”.
Als Grund nennt sie drei Herausforderungen: Schwellen- und Entwicklungsländer würden auf stärkere Repräsentation in den UN drängen, internationale Organisationen seien für deutsche Fach- und Führungskräfte potenziell weniger attraktiv als andere Stellen. Außerdem werde in den kommenden Jahren die Zahl der Pensionierungen deutlich steigen. Bei unteren und mittleren Führungspositionen auf EU-Ebene, etwa in der Verwaltung des Parlaments und im Auswärtigen Dienst, sei die Bundesrepublik zudem stark unterrepräsentiert. Als Problem wird die geringe Zahl an Bewerbern für die Auswahlverfahren genannt, “was auf deren Länge und Komplexität sowie die guten Arbeitsmarktbedingungen in Deutschland zurückzuführen sein dürfte”, wie es in dem Bericht heißt.
Derzeit werden viele bedeutende Institutionen von Deutschen geleitet. Neben Ursula von der Leyen (EU-Kommission) zu nennen sind Helga Maria Schmid (OSZE-Generalsekretärin), Achim Steiner (Leiter des Entwicklungsprogramms der UN) und Werner Hoyer (Europäische Investitionsbank, hört zum Jahresende auf). Der frühere Bundesentwicklungsminister Gerd Müller leitet inzwischen die UN-Organisation für industrielle Entwicklung. Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP im Übrigen vereinbart, mehr Frauen in internationale Führungspositionen zu entsenden. okb
Die von der EU-Kommission geplanten neuen europäischen Schuldenregeln stehen laut einer Analyse dem Erreichen von Klimazielen im Weg. Die von der Brüsseler Behörde geforderten Regeln “gefährden die öffentlichen Investitionen, die zur Bekämpfung des Klimawandels notwendig sind“, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der New Economics Foundation (NEF).
Auch die am stärksten verschuldeten Länder der EU könnten den Berechnungen der Autoren zufolge mindestens 135 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für grüne Investitionen ausgeben und ihre Schuldenlast in den 2030er Jahren trotzdem senken. Diese Ausgaben seien notwendig, wenn die Mitgliedstaaten die Klimaziele der EU erreichen wollten.
Derzeit wird in der EU über eine Reform der Schuldenregeln verhandelt. Sie schreiben den Staaten Obergrenzen vor. Im Kern sehen sie vor, Schulden bei maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und Haushaltsdefizite unter 3 Prozent zu halten. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden die bislang geltenden Regeln bis 2024 ausgesetzt. In Mitte April präsentierten Reformvorschlägen hatte die Kommission vorgeschlagen, hoch verschuldeten Ländern mehr Flexibilität beim Abbau von Schulden und Defiziten einzuräumen. Die Positionen der Staaten dazu gehen teils weit auseinander.
Die bislang vorgeschlagenen Regeln würden Länder davon abhalten, grüne Investitionen zu tätigen, die langfristig mehr Wert schaffen, schrieben die Autoren: Eine Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeige, dass grüne Investitionen im Vergleich zu anderen öffentlichen Investitionen einen überdurchschnittlich positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben.
Darauf aufbauend kommen die Autoren zu dem Schluss, “dass die Schuldenquote der Länder sinkt, selbst wenn sie grüne Investitionen tätigen und gleichzeitig ein Defizit haben”. Würden die Ausgaben zur Eindämmung des Klimawandels jetzt eingeschränkt werden, bedeute dies, dass die Regierungen in Zukunft mehr Geld für die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels ausgeben müssten, so die Autoren. dpa
Nach dem ersten Treffen der Trilogverhandlungen um die neue Ökodesign-Verordnung am Mittwoch sind die folgenden Termine bekannt geworden. Laut Informationen von Table.Media sollen voraussichtlich am 10. Oktober und am 5. Dezember die kommenden Treffen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission stattfinden.
Das Auftakttreffen in dieser Woche diente einer allgemeinen Aussprache und einem ersten Austausch der Prioritäten. Die Verhandlungen um die Verordnung, die neue Vorgaben für ein nachhaltigeres Design fast aller Produkte auf dem EU-Binnenmarkt schafft, sind eine der Prioritäten der spanischen Ratspräsidentschaft. leo
Was werden die Schwerpunkte der nächsten SOTEU (State of the European Union) sein, um den Jargon in der europäischen Bubble zu verwenden? In Brüssel wird derzeit viel spekuliert. Die Meinungen gehen auseinander, aber alle sind sich einig, dass von der Leyens Rede am 13. September den Zyklus schließen wird, den sie im Dezember 2019 mit ihrem berühmten “Europe’s ‘man on the moon’ moment” eröffnet hat, als sie den Green Deal der Öffentlichkeit präsentierte.
Während die Klimamission dieser europäischen Apollo 11 praktisch abgeschlossen ist, sind die Punkte Landwirtschaft und Biodiversität nicht nur weit davon entfernt, sondern haben sich zu politischem Dynamit entwickelt. Jeder erinnert sich noch an die wütende Schlacht um den Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Natur. Andere Dossiers im Zusammenhang mit der Landwirtschaft und dem Green Deal haben ähnlich hohe Sprengkraft: das Sustainable Food System, Glyphosat, Industrieemissionen – um nur einige zu nennen.
Zwei Tage nach der SOTEU-Rede wird die EU-Kommission den Entwurf eines Durchführungsrechtsaktes zur Verlängerung der Zulassung von Glyphosat veröffentlichen. Das Dokument befinde sich “in der internen Konsultationsphase” und werde “sehr bald” verteilt, sagte eine Vertreterin der Exekutive am Mittwoch vor dem Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments. Die Beamtin erklärte, der Text werde vor der Sitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz (Scopaff), die für den 15. September angesetzt ist, veröffentlicht. “Der Prozess ist äußerst transparent”, versicherte sie als Antwort auf die Kritik mehrerer Europaabgeordneter von der linken Seite des Plenarsaals.
Dann wird von der Leyen am 19. September auf einer landwirtschaftlichen Veranstaltung ihrer Fraktion, der EVP, sprechen – derselben Fraktion, die die Fronde gegen den Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Natur angeführt hat.
Heißt das, die Zeit der großen Demonstrationen mit Traktoren und Dungschüttungen, die die 1990er-Jahre prägten, ist vorbei? “Alle haben Angst vor den Landwirten“, sagte ein Insider der europäischen Politik vor kurzem. Die Zahl der Landwirte ist zwar rückläufig (in Frankreich ist ihre Zahl von 1,6 Millionen im Jahr 1986 auf 400.000 im Jahr 2019 gesunken), aber sie lassen ihre Traktoren lieber in der Garage, um in die Politik einzusteigen.
Auf europäischer Ebene sind nämlich viele Landwirte und Viehzüchter im parlamentarischen Agri-Ausschuss vertreten. Auch auf lokaler Ebene sind sie präsent. In Frankreich stellen die Landwirte zwar nur noch 1,5 Prozent der Erwerbsbevölkerung, aber immer noch 11 Prozent der Bürgermeister und drei Prozent der Regionalräte. Und sie sind auch in Bankinstituten wie dem Crédit Agricole und in Genossenschaften vertreten.
Aber voilà, der Green Deal hat dazu beigetragen, die institutionellen Karten neu zu mischen, insbesondere im Hinblick auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Vor dem Green Deal wurde die GAP nämlich zwischen einer kleinen Anzahl von Akteuren ausgehandelt: den Landwirtschaftsministerien, die im Rat der EU (AGRIFISH) vereint waren, der Landwirtschaftsabteilung der Kommission (DG AGRI) und, seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) im Parlament.
Nun hat im Parlament der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) eine geteilte Zuständigkeit für Artikel erhalten, die sich mit Klima- und Umweltfragen befassen. Mit anderen Worten: AGRI ist weiterhin für alle Landwirtschafts-Dossiers zuständig ist, muss in einigen Dossiers aber mit dem ENVI zusammenarbeiten, was im Ausschuss für mehr als nur Zähneknirschen sorgt.
Und in der Kommission wurde das Monopol der DG AGRI durch den landwirtschaftlichen Ableger des Green Deals, der Strategie “Farm to Fork”, durchkreuzt. So nahmen der damals zuständige Vizepräsident Frans Timmermans und Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski an den Verhandlungen über die GAP teil. Auch da war Zähneknirschen zu hören.
Angesichts des politischen Gewichts der Agrardossiers bleibt der Präsidentin der Europäischen Kommission also die Möglichkeit, diese Dossiers entweder direkt in ihrer Rede zu erwähnen. Oder sie verschweigt sie. Dies wäre auch eine politische und strategische Entscheidung.
Auf Frankreichs Straßen könnte ein neues Verkehrsschild ab sofort für Verwirrung bei Fußballfans sorgen: Eine eigene Fahrspur für den HSV? Die weiße Raute auf blauem Grund hat jedoch einen anderen Zweck: Sie kennzeichnet Fahrstreifen, auf denen mittels effizienterer Fahrzeugnutzung die Umweltbilanz im Straßenverkehr verbessert werden soll. Fahrgemeinschaften, Busse, E-Autos – sie alle haben hier freie Fahrt. In und um Lyon, Grenoble und Straßburg gibt es solche Fahrspuren seit einigen Monaten; Rennes und Nantes arbeiten an der Umsetzung.
Da sich bislang kaum jemand an diese neuen Regeln hält, werden nun auch Blitzer installiert. Wer das Schild missachtet, muss mit einem Bußgeld von 135 Euro rechnen. Geblitzt werden Fahrerinnen und Fahrer, die ganz allein im Auto sitzen und verbotenerweise die linke Fahrspur nutzen, die im Berufsverkehr für Fahrgemeinschaften oder Autos mit mindestens zwei Insassen reserviert ist. Auch Elektroautos mit grüner französischer Umweltplakette steht die Spur unabhängig von der Zahl der Insassen offen.
Denn wie das Pariser Umweltministerium kürzlich mitteilte, wird die bislang von der Polizei sporadisch überprüfte Regelung derart oft missachtet, dass der erhoffte Erfolg der separaten Fahrspuren gefährdet ist. Die Radarkameras können erfassen, ob eine oder mehrere Personen im Wagen sitzen. Das Ministerium verspricht sich von den gesonderten Fahrspuren vor allem einen reduzierten Schadstoffausstoß.
Wie die Sprecherin der Stadt Straßburg, Laura Martin, sagte, wolle man die Zahl der Pendler reduzieren, die alleine im Auto in die Elsassmetropole fahren. Derzeit würden in der Stadt 37,5 Prozent aller Wege per Auto zurückgelegt. Durchschnittlich sei ein Auto mit 1,4 Menschen besetzt.
Dazu trägt wohl auch der Fahrdienst des EU-Parlaments bei, der regelmäßig zwischen Brüssel und Straßburg pendelt. In der Vergangenheit war kritisiert worden, dass viele der Autos leer in Straßburg ankämen, um dort für Fahrten zwischen Flughafen und Parlamentsgebäude eingesetzt zu werden. Die meisten Fahrzeuge sollen laut Angaben des Parlaments allerdings E-Autos sein – auch mit nur einem Insassen steht ihnen in diesem Fall die neue Umwelt-Fahrspur also frei.
Vielleicht führt die Maßnahme in Frankreich ja auch zu einem Boom für Mitfahrzentralen wie BlaBlaCar? Oder gar zur einer Renaissance für Tramper. leo/mit dpa
seit Anfang Juni wartet Volker Wissing auf eine Antwort auf seinen Brandbrief an Frans Timmermans. Darin pochte der Bundesverkehrsminister noch einmal auf einen konkreten Vorschlag, wie E-Fuels-only-Verbrennermotoren auch nach 2035 noch zugelassen werden können. Eine Antwort darauf hat er noch nicht erhalten, wie aus der Stellungnahme der Bundesregierung auf eine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag hervorgeht.
Nun ist Timmermans nicht mehr da und der Slowake Maroš Šefčovič übernimmt die Aufgaben zum Green Deal. Möglicherweise kann Wissing von Šefčovič mehr Engagement bei dem Thema erwarten, da Timmermans als strikter Gegner von E-Fuels in Pkw gilt. Dennoch dürfte es November werden, bis die Kommission ihren Vorschlag macht. Das hängt womöglich mit Streit zwischen den beteiligten Generaldirektionen zusammen, wie wir in unserer Analyse schreiben.
Am Montag lädt Wissing in München zudem zur E-Fuels-Konferenz der Bundesregierung ein. Regierungsvertreter der G20, EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean sowie Industrievertreter und Wissenschaftlerinnen wollen über den Markthochlauf von E-Fuels diskutieren und eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnen.
Es ist das erste internationale Forum, bei dem auch über EU-Grenzen hinaus der Dialog zu E-Fuels begonnen werden soll. E-Fuel-Befürworter erhoffen sich bessere Marktbedingungen und konzertierte Rahmenbedingungen. Umweltschützer mahnen die eingeschränkten Verfügbarkeiten des (noch) teuren Kraftstoffes an und fordern klare Priorisierung bei der Verteilung. Kommende Woche treffen beide Seiten gleich mehrfach in München aufeinander, denn am Dienstag startet auch die Automobilmesse IAA.
Genießen Sie Ihr Wochenende.
Die Kommission braucht noch Zeit für die Regelung für synthetische Kraftstoffe bei neuen Pkw und Lieferwagen. Ihr Vorschlag, wie über das Verbrennerverbot ab 2035 hinaus Neufahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) zugelassen werden können, wird nach Informationen von Table.Media frühestens im November kommen.
Den Vorschlag für Genehmigungsvorschriften für Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, hatte die Kommission gegenüber dem Bundesverkehrsministerium für den Sommer angekündigt. Der Legislativvorschlag soll im Technischen Ausschuss Kraftfahrzeuge (TCMV) den Mitgliedstaaten vorgestellt werden. Wie in Brüssel zu hören ist, wird der Vorschlag frühestens bei der TCMV-Sitzung im November präsentiert. Damit der Vorschlag in Kraft tritt, bedarf es danach der Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten.
Ein Sprecher der Kommission sagte auf Anfrage von Table.Media: “Die Kommission plant, die Mitgliedstaaten in den nächsten Wochen zu konsultieren im Hinblick auf die Abstimmung, die im weiteren Verlauf des Jahres stattfinden wird.” Anschließend werde die Regelung dem Parlament und dem Rat zur Prüfung vorgelegt.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing macht Druck. Ein Ministeriumssprecher: “Wir erwarten von der Europäischen Kommission, dass sie ihrer Zusage nachkommt und zeitnah in einem ersten Schritt einen Vorschlag zur Einführung von Genehmigungsvorschriften für ,E-Fuels-Only’-Fahrzeuge vorlegt.” Das Ministerium setze darauf, dass dies vor der nächsten Sitzung des zuständigen technischen Ausschusses in Brüssel Anfang Oktober geschehe.
Grund für die Verzögerung könnte ein Dissenz zwischen den beteiligten Generaldirektionen der Kommission sein. Nach Informationen von Table.Media hatte die DG Clima ihr Veto gegen den Gesetzgebungsvorschlag der DG Grow eingelegt. Die Generaldirektion Grow (Industrie und Binnenmarkt) ist bei den E-Fuels federführend. Sie ist zuständig, weil die Öffnungsklausel für nur mit E-Fuels-betreibbare Fahrzeuge in die bestehende Gesetzgebung der Typengenehmigung (Euro 6) eingefügt werden soll. Und die DG Grow ist für die Typgenehmigung zuständig.
In der kommissionsinternen Abstimmung vom 19.7. hat die DG Clima eine ablehnende Haltung eingenommen. Sie macht mehrere Vorbehalte geltend. Am gravierendsten ist der Einwand, bei dem es um die Definition der E-Fuels geht, die auch nach dem Inkrafttreten des Verbrennerverbots von neuen Fahrzeugen verwendet werden können. Die DG Grow hatte in dem Gesetzgebungsvorschlag die Definition der Kommission aus dem Jahr 2021 für “kohlenstoffarme Kraftstoffe” übernommen. Hierbei muss eine Reduktion des CO₂-Ausstoßes von mindestens 70 Prozent garantiert sein.
Die DG Clima fordert, dass dieser Wert bei 100 Prozent liegen müsse. In dem Text heißt es: “Mit der vorgeschlagenen Definition besteht die Gefahr, dass die Markteinführung von Fahrzeugen, die ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, nach 2035 das Erreichen unserer Klimaziele behindert.” Damit werde ein Präzedenzfall geschaffen, bei dem “kohlenstoffneutrale” Technologien in Betracht gezogen werden, die nur 70 Prozent der Emissionen im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen reduzierten.
E-Fuel-Hersteller verweisen dagegen darauf, dass der geforderte Wert von 100 Prozent zwar beim Betrieb, aber nicht in der Betrachtung des Lebenszyklus der Kraftstoffe möglich sei.
Womöglich ändert sich die Haltung der DG Clima gegenüber E-Fuels aber noch. Inzwischen hat der für den Green Deal zuständige Vizepräsident Frans Timmermans die Kommission verlassen. Timmermans lehnte erklärtermaßen den Einsatz von E-Fuels in Autos und Lieferwagen vehement ab. Er sah in E-Fuels eine Bedrohung der Transformation der Branche zum Elektro-Auto. Nach Timmermans Ausscheiden ist der slowakische Sozialdemokrat Maroš Šefčovič als Vize-Präsident für den Green Deal verantwortlich.
Er ist an der Sache orientiert und hat bewiesen, dass er Verständnis für die Industrie hat. Neuer Klimakommissar soll zudem der niederländische Christdemokrat Wopke Hoekstra werden. Er wäre dann auch zuständig für die DG Clima und könnte mäßigend Einfluss nehmen. Allerdings heißt es in Brüssel, Hoekstra übernehme von Timmermans dessen Kabinettchef Diederik Samsom. Samsom war NGO-Aktivist für Greenpeace, Parteichef der Sozialdemokraten in den Niederlanden und galt hinter Timmermans als Antreiber bei den Vorschlägen, die auf das Verbrennerverbot für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge hinausliefen.
Jens Gieseke (CDU), Mitglied im Umweltausschuss, sagt dazu: “Wissing hat sich im Frühjahr von Timmermans über den Tisch ziehen lassen. In Sachen E-Fuels gab es nur Versprechungen und keine festen Zusagen.” Jetzt zeige sich, dass die Kommission uneinig ist und keinen Vorschlag präsentieren kann. “Wissing steht immer noch mit leeren Händen da. Er sollte jetzt Druck auf EU-Kommissar Šefčovič machen, um endlich Ergebnisse zu liefern.” Mit Lukas Scheid
Die Reform des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) galt als das Herzstück des Fit-for-55-Pakets. Mit ihr soll ein Großteil der CO₂-Reduktion um 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990 erreicht werden. Das soll zum einen über höhere CO₂-Preise geschehen, indem die Menge der Emissionsrechte am Markt schneller als zuvor verknappt wird. 2024 fallen 90 Millionen Zertifikate weg, 2026 noch einmal 27 Millionen – zusätzlich zu den sowieso schon jährlich verschwindenden Mengen. Das heißt, kommendes Jahr fließen 130 Millionen Emissionsrechte weniger auf den Markt als in den vergangenen Jahren.
Aktuell liegt der europäische CO₂-Preis bei rund 85 Euro pro Tonne CO₂. Mit Beginn des nächsten Jahres wird der CO₂-Preis also durch die Marktverknappung steigen, Experten gehen von einem Durchschnittspreis für 2024 von rund 100 Euro pro Tonne CO₂ aus – manche Prognosen rechnen sogar mit Preisen von weit über 100 Euro. Dies betrifft die Energiewirtschaft sowie die emissionsintensiven Industrien (Ölraffinerien sowie Stahl-, Eisen-, Aluminium-, Zement-, Papier- und Glasproduzenten).
Was das für die Entwicklung der Preise von Endprodukten bedeutet, ist schwer abzusehen. Zum einen, weil die tatsächlichen Kosten durch die höheren CO₂-Preise von der Emissionsintensität der verwendeten Technologie abhängen und von Anlage zu Anlage unterschiedlich sind. Zum anderen handeln die Unternehmen bereits seit vielen Jahren mit Emissionsrechten und verfügen meist noch über günstigere Zertifikate. Die Preissteigerung wirkt sich daher nicht unmittelbar aus, sondern über deutlich längere Zeiträume. Klar ist dennoch: Die Preissteigerungskurve wird in den kommenden Jahren durch die drastischeren Verknappungen steiler.
Der lange umstrittene zweite Emissionshandel für Gebäude und Verkehr kommt erst 2027. Hierzulande wird er kaum preisliche Auswirkungen haben, da Deutschland bereits in ebenjenen Sektoren einen CO₂-Preis erhebt. Der ETS 2 der EU ist durch einen Preisstabilitätsmechanismus auf 45 Euro gedeckelt. Der deutsche CO₂-Preis auf Brennstoffe zu diesem Zeitpunkt bei bis zu 65 Euro liegen.
Anders sieht es bei der Schifffahrt aus. Der maritime Sektor fällt 2024 erstmals unter das ETS. Nicht nur CO₂, sondern auch Methan- oder Ammoniakemissionen werden berücksichtigt. Zunächst werden nur 40 Prozent der Emissionen erfasst, ab 2025 bereits 70 Prozent, ab 2026 dann 100 Prozent. Das heißt, dass Reedereien für ihre Emissionen ebenfalls Zertifikate einkaufen müssen. Bis zu 120 Millionen Tonnen CO₂e sollen so bis 2030 verhindert werden, denn ein Teil des Erlöses fließt zurück in den Sektor und soll zur Dekarbonisierung der Schifffahrt beitragen.
Allerdings gibt es für Reedereien derzeit noch ein Schlupfloch, was es regulatorisch zu schließen gilt. Eine Untersuchung einer Transport-Expertin der Weltbank legt nahe, dass Reedereien ihre Transportaktivitäten stattdessen auf EU-nahe Häfen, wo der ETS nicht gilt, verschieben könnten. Somit würden mehr Emissionen durch Umfahrungen verursacht und Einnahmen der EU-Länder verhindert.
Der Flugverkehr ist theoretisch bereits seit 2012 Teil des ETS, allerdings wurden Fluglinien mit kostenlosen Emissionsrechten versorgt, um den internationalen Wettbewerb nicht zu gefährden. Für innereuropäische Flüge wird damit ab 2026 Schluss sein, was Flüge innerhalb der EU dann auch verteuern dürfte.
Die CO₂-Flottengrenzwerte hätten beinahe die Koalition in Berlin ins Wanken gebracht. Dabei greifen deren Auswirkungen regulatorisch erst 2030, wenn die Automobilhersteller die durchschnittlichen Emissionen ihrer Neuwagen um 55 Prozent gegenüber 2021 gesenkt haben müssen. Ob und in welchem Umfang E-Fuels für dieses Ziel zum Einsatz kommen, hängt von einem Vorschlag der Kommission ab, den Frans Timmermans dem Bundesverkehrsminister Volker Wissing versprochen hatte. Lesen Sie dazu eine Analyse in dieser Ausgabe.
Für die Autobauer bedeutet das heute schon, dass sie mehr E-Autos oder Hybride entwickeln müssen, um die Ziele zu erreichen. Allerdings sind sie dabei auch auf die Kaufbereitschaft der Autofahrerinnen und Autofahrer angewiesen. Und die hängt unmittelbar an den verfügbaren Lademöglichkeiten.
Die Alternative Fuel Infrastructure Regulation (AFIR) soll für den europaweiten Ausbau sorgen. Bis Ende 2025 soll alle 60 Kilometer eine Ladeleistung von mindestens 400 kW installiert und bis Ende 2027 auf 600 kW erhöht werden. Für Lkw und Busse wird bis Ende 2027 eine Ladestation alle 120 Kilometer über 1400 kW bis 2800 kW vorgeschrieben. Zudem muss bis Ende 2030 alle 200 Kilometer eine Wasserstofftankstelle entstehen.
Dabei reicht es offenbar nicht, einfach nur Ladesäulen zuzubauen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnte zuletzt sogar vor einem Überangebot. Der Ausbau in Deutschland gilt ohnehin europaweit als am weitesten fortgeschritten. Die Herausforderung wird die komplette Netzabdeckung. Das bedeutet, dass durch die EU-Regeln auch an entlegenen Orten und in allen EU-Ländern der Ausbau vorangetrieben werden muss.
04.09.-05.09.2023
Informelle Ministertagung Entwicklung
Themen: Die Entwicklungsminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos
04.09.2023 – 14:30-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE)
Themen: Berichtsentwurf zur Erweiterung der Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität, Berichtsentwurf zur Informationssicherheit in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, Entwurf einer Stellungnahme zum Umsetzungsbericht über das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich. Vorläufige Tagesordnung
04.09.2023 – 15:00-18:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Entwurf einer Stellungnahme zu den gemeinsamen Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren, Entwurf eines Entschließungsantrags zur Überarbeitung der EU-Initiative für Bestäuber. Vorläufige Tagesordnung
04.09.2023 – 15:00-17:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Gedankenaustausch mit den Vorsitzenden des International Accounting Standards Board (IASB), der IFRS Foundation Trustees und des International Sustainability Standards Board (ISSB), Aktuelles zum digitalen Euro. Vorläufige Tagesordnung
04.09.2023 – 16:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwurf zur Entlastung des Gesamthaushaltsplans der EU 2021, Stellungnahme zur Einrichtung der Fazilität für die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
06.09.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Digitalisierung in der Sozialversicherung, Europäischer Behindertenausweis. Vorläufige Tagesordnung
07.09.2023 – 08:30-10:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET)
Themen: Gedankenaustausch mit Jens Stoltenberg (NATO-Generalsekretär). Vorläufige Tagesordnung
07.09.2023 – 10:15-13:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Vorschlag für eine Richtlinie über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest am Arbeitsplatz, Zwischenbericht über den Vorschlag für eine Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027, Berichtsentwurf zu einer Richtlinie hinsichtlich der Grenzwerte für Blei und seine anorganischen Verbindungen und Diisocyanate, Gedankenaustausch mit der spanischen Präsidentschaft. Vorläufige Tagesordnung
09.09.-10.09.2023
G20-Gipfel
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der G-20-Staaten kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Die Außenminister der EU-Staaten unterstützen nach Angaben von EU-Chefdiplomat Josep Borrell die Pläne für eine Ausweitung der europäischen Ausbildungsmission für die ukrainischen Streitkräfte. Die Minister befürworteten seinen Vorschlag, sich als neues Ziel zu setzen, 40.000 Soldaten auszubilden, sagte Borrell am Donnerstag nach den Beratungen im spanischen Toledo. Das derzeit gültige Ziel von 30.000 ausgebildeten ukrainischen Soldaten bis Ende des Jahres wird nach Angaben vom Mittwoch bereits Ende Oktober erreicht.
Die Ausbildungsmission der EU war im vergangenen November von den Außenministern der Mitgliedstaaten beschlossen worden. Damals hatte es geheißen, es sollten erst einmal bis zu 15.000 ukrainische Soldaten in Deutschland, Polen und anderen EU-Ländern ausgebildet werden. Später wurde das Ziel dann auf 30.000 hochgeschraubt. dpa
Die Nominierung des niederländischen Außenministers Wopke Hoekstra zum neuen EU-Kommissar für Klimaschutz trifft in seiner Heimat auf zunehmenden Widerstand. Eine Petition gegen seine Ernennung war am Donnerstag bereits von mehr als 30 000 Menschen unterzeichnet worden. Das meldete die Bürgerbewegung De GoedeZaak (Die gute Sache). Kritik gibt es auch in Hoekstras eigener Partei, der christdemokratischen CDA, sowie in Umweltschutzorganisationen.
In der Petition wird das Parlament aufgerufen, einen Kandidaten zu nominieren, der Klimaschutz ernst nehme. Hoekstra, der früher auch beim Ölkonzern Shell gearbeitet hatte, habe sich weder als Finanzminister noch als Außenminister als Klimaschützer hervorgetan, schreibt die Bürgerbewegung. “Obwohl Hoekstra weder Wissen, Können noch den Willen hat, gegen eine totale Klimakatastrophe vorzugehen, wird gerade er als EU-Kommissar nominiert.”
Der Außenminister soll Nachfolger des Niederländers Frans Timmermans werden. Der Sozialdemokrat wurde Spitzenkandidat des rot-grünen Wahlbündnisses für die Parlamentswahl im November.
Ministerpräsident Mark Rutte hatte überraschend Hoekstra für den Posten vorgeschlagen. Die EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen hatte ihn am Dienstag nominiert. Hoekstra muss nun noch vom Europäischen Parlament die Zustimmung erhalten. Auch dort hatte es vor allem von sozialdemokratischen und grünen Abgeordneten Kritik gegeben. dpa
Innerhalb des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) verkleinert sich der Kandidaten-Kreis für die Nachfolge von Asien-Direktor Gunnar Wiegand. Im engeren Rennen um die Position seien die bisherige Stellvertreterin Wiegands, Paola Pampaloni, der schwedische Diplomat Niclas Kvarnström und die lettische Diplomatin Baiba Braže, bestätigten am Donnerstag EU-Kreise. Demnach soll bis Mitte September eine Entscheidung über Besetzung getroffen werden.
Während Pampaloni für eine Fortsetzung der bisherigen China-Politik des EADstehen würde, würden Kvarnström und Braže mutmaßlich Veränderungen im Vorgehen der EU gegenüber Peking bedeuten. Kvarnström leitet derzeit die Asien-Pazifik-Abteilung des Auswärtigen Amts in Schweden und könnte einen größeren Fokus auf die Indo-Pazifik-Agenda des EAD legen. Braže war bis Juli stellvertretende Generalsekretärin bei der Nato und könnte damit einen stärkeren sicherheitspolitischen Aspekt einbringen. Sie hat bisher nicht mit einem Asien-Fokus gearbeitet. ari
Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hat sich im Agrarausschuss unklar zum Importverbot für ukrainisches Getreide in die direkten Anrainerstaaten geäußert. Er persönlich sei dafür, dass das bis zum 15. September befristete Importverbot nach Polen, Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien verlängert werde. Er spreche hier aber nicht für die Kommission, fügte der Kommissar aus Polen hinzu. Es wird damit gerechnet, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Handelskommissar Valdis Dombrovskis an einer Lösung arbeiten, um die Importverbote auslaufen zu lassen.
Außerdem schlug der Kommissar vor, Transportbeihilfen in Höhe von 30 Euro je Tonne bei ukrainischem Getreide zu zahlen, das über eine EU-Grenze die Ukraine verlässt. Transportbeihilfen fordert Norbert Lins (CDU), Chef des Agrarausschusses, seit Monaten. Er verlangt aber, dass die Transportbeihilfen vorrangig für ukrainisches Brotgetreide gezahlt werden, das in Länder des globalen Süden geht, wo es dringend gebraucht werde. mgr
Deutschland ist bei unteren und mittleren Führungspositionen auf EU-Ebene stark unterrepräsentiert. Ein Grund dafür ist die geringe Zahl an Bewerbungen für die Auswahlverfahren. Das geht aus dem “Achten Bericht der Bundesregierung zur deutschen Personalpräsenz in internationalen Organisationen” hervor, den die Bundesregierung Mitte August angenommen hat.
Demnach will die Ampel-Koalition strategisch wichtige Positionen in internationalen Organisationen mit Deutschen besetzen. Im Berichtszeitraum 2021 und 2022 mindestens 8.000 Deutsche in rund 300 Institutionen tätig. Die Regierung plant, “quantitativ mindestens die Anteile zu halten und den Ein- und Aufstieg von jungen Fach- und Führungskräften zu fördern”.
Als Grund nennt sie drei Herausforderungen: Schwellen- und Entwicklungsländer würden auf stärkere Repräsentation in den UN drängen, internationale Organisationen seien für deutsche Fach- und Führungskräfte potenziell weniger attraktiv als andere Stellen. Außerdem werde in den kommenden Jahren die Zahl der Pensionierungen deutlich steigen. Bei unteren und mittleren Führungspositionen auf EU-Ebene, etwa in der Verwaltung des Parlaments und im Auswärtigen Dienst, sei die Bundesrepublik zudem stark unterrepräsentiert. Als Problem wird die geringe Zahl an Bewerbern für die Auswahlverfahren genannt, “was auf deren Länge und Komplexität sowie die guten Arbeitsmarktbedingungen in Deutschland zurückzuführen sein dürfte”, wie es in dem Bericht heißt.
Derzeit werden viele bedeutende Institutionen von Deutschen geleitet. Neben Ursula von der Leyen (EU-Kommission) zu nennen sind Helga Maria Schmid (OSZE-Generalsekretärin), Achim Steiner (Leiter des Entwicklungsprogramms der UN) und Werner Hoyer (Europäische Investitionsbank, hört zum Jahresende auf). Der frühere Bundesentwicklungsminister Gerd Müller leitet inzwischen die UN-Organisation für industrielle Entwicklung. Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP im Übrigen vereinbart, mehr Frauen in internationale Führungspositionen zu entsenden. okb
Die von der EU-Kommission geplanten neuen europäischen Schuldenregeln stehen laut einer Analyse dem Erreichen von Klimazielen im Weg. Die von der Brüsseler Behörde geforderten Regeln “gefährden die öffentlichen Investitionen, die zur Bekämpfung des Klimawandels notwendig sind“, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der New Economics Foundation (NEF).
Auch die am stärksten verschuldeten Länder der EU könnten den Berechnungen der Autoren zufolge mindestens 135 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für grüne Investitionen ausgeben und ihre Schuldenlast in den 2030er Jahren trotzdem senken. Diese Ausgaben seien notwendig, wenn die Mitgliedstaaten die Klimaziele der EU erreichen wollten.
Derzeit wird in der EU über eine Reform der Schuldenregeln verhandelt. Sie schreiben den Staaten Obergrenzen vor. Im Kern sehen sie vor, Schulden bei maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und Haushaltsdefizite unter 3 Prozent zu halten. Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden die bislang geltenden Regeln bis 2024 ausgesetzt. In Mitte April präsentierten Reformvorschlägen hatte die Kommission vorgeschlagen, hoch verschuldeten Ländern mehr Flexibilität beim Abbau von Schulden und Defiziten einzuräumen. Die Positionen der Staaten dazu gehen teils weit auseinander.
Die bislang vorgeschlagenen Regeln würden Länder davon abhalten, grüne Investitionen zu tätigen, die langfristig mehr Wert schaffen, schrieben die Autoren: Eine Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) zeige, dass grüne Investitionen im Vergleich zu anderen öffentlichen Investitionen einen überdurchschnittlich positiven Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben.
Darauf aufbauend kommen die Autoren zu dem Schluss, “dass die Schuldenquote der Länder sinkt, selbst wenn sie grüne Investitionen tätigen und gleichzeitig ein Defizit haben”. Würden die Ausgaben zur Eindämmung des Klimawandels jetzt eingeschränkt werden, bedeute dies, dass die Regierungen in Zukunft mehr Geld für die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels ausgeben müssten, so die Autoren. dpa
Nach dem ersten Treffen der Trilogverhandlungen um die neue Ökodesign-Verordnung am Mittwoch sind die folgenden Termine bekannt geworden. Laut Informationen von Table.Media sollen voraussichtlich am 10. Oktober und am 5. Dezember die kommenden Treffen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission stattfinden.
Das Auftakttreffen in dieser Woche diente einer allgemeinen Aussprache und einem ersten Austausch der Prioritäten. Die Verhandlungen um die Verordnung, die neue Vorgaben für ein nachhaltigeres Design fast aller Produkte auf dem EU-Binnenmarkt schafft, sind eine der Prioritäten der spanischen Ratspräsidentschaft. leo
Was werden die Schwerpunkte der nächsten SOTEU (State of the European Union) sein, um den Jargon in der europäischen Bubble zu verwenden? In Brüssel wird derzeit viel spekuliert. Die Meinungen gehen auseinander, aber alle sind sich einig, dass von der Leyens Rede am 13. September den Zyklus schließen wird, den sie im Dezember 2019 mit ihrem berühmten “Europe’s ‘man on the moon’ moment” eröffnet hat, als sie den Green Deal der Öffentlichkeit präsentierte.
Während die Klimamission dieser europäischen Apollo 11 praktisch abgeschlossen ist, sind die Punkte Landwirtschaft und Biodiversität nicht nur weit davon entfernt, sondern haben sich zu politischem Dynamit entwickelt. Jeder erinnert sich noch an die wütende Schlacht um den Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Natur. Andere Dossiers im Zusammenhang mit der Landwirtschaft und dem Green Deal haben ähnlich hohe Sprengkraft: das Sustainable Food System, Glyphosat, Industrieemissionen – um nur einige zu nennen.
Zwei Tage nach der SOTEU-Rede wird die EU-Kommission den Entwurf eines Durchführungsrechtsaktes zur Verlängerung der Zulassung von Glyphosat veröffentlichen. Das Dokument befinde sich “in der internen Konsultationsphase” und werde “sehr bald” verteilt, sagte eine Vertreterin der Exekutive am Mittwoch vor dem Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments. Die Beamtin erklärte, der Text werde vor der Sitzung des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz (Scopaff), die für den 15. September angesetzt ist, veröffentlicht. “Der Prozess ist äußerst transparent”, versicherte sie als Antwort auf die Kritik mehrerer Europaabgeordneter von der linken Seite des Plenarsaals.
Dann wird von der Leyen am 19. September auf einer landwirtschaftlichen Veranstaltung ihrer Fraktion, der EVP, sprechen – derselben Fraktion, die die Fronde gegen den Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Natur angeführt hat.
Heißt das, die Zeit der großen Demonstrationen mit Traktoren und Dungschüttungen, die die 1990er-Jahre prägten, ist vorbei? “Alle haben Angst vor den Landwirten“, sagte ein Insider der europäischen Politik vor kurzem. Die Zahl der Landwirte ist zwar rückläufig (in Frankreich ist ihre Zahl von 1,6 Millionen im Jahr 1986 auf 400.000 im Jahr 2019 gesunken), aber sie lassen ihre Traktoren lieber in der Garage, um in die Politik einzusteigen.
Auf europäischer Ebene sind nämlich viele Landwirte und Viehzüchter im parlamentarischen Agri-Ausschuss vertreten. Auch auf lokaler Ebene sind sie präsent. In Frankreich stellen die Landwirte zwar nur noch 1,5 Prozent der Erwerbsbevölkerung, aber immer noch 11 Prozent der Bürgermeister und drei Prozent der Regionalräte. Und sie sind auch in Bankinstituten wie dem Crédit Agricole und in Genossenschaften vertreten.
Aber voilà, der Green Deal hat dazu beigetragen, die institutionellen Karten neu zu mischen, insbesondere im Hinblick auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Vor dem Green Deal wurde die GAP nämlich zwischen einer kleinen Anzahl von Akteuren ausgehandelt: den Landwirtschaftsministerien, die im Rat der EU (AGRIFISH) vereint waren, der Landwirtschaftsabteilung der Kommission (DG AGRI) und, seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, dem Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) im Parlament.
Nun hat im Parlament der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) eine geteilte Zuständigkeit für Artikel erhalten, die sich mit Klima- und Umweltfragen befassen. Mit anderen Worten: AGRI ist weiterhin für alle Landwirtschafts-Dossiers zuständig ist, muss in einigen Dossiers aber mit dem ENVI zusammenarbeiten, was im Ausschuss für mehr als nur Zähneknirschen sorgt.
Und in der Kommission wurde das Monopol der DG AGRI durch den landwirtschaftlichen Ableger des Green Deals, der Strategie “Farm to Fork”, durchkreuzt. So nahmen der damals zuständige Vizepräsident Frans Timmermans und Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski an den Verhandlungen über die GAP teil. Auch da war Zähneknirschen zu hören.
Angesichts des politischen Gewichts der Agrardossiers bleibt der Präsidentin der Europäischen Kommission also die Möglichkeit, diese Dossiers entweder direkt in ihrer Rede zu erwähnen. Oder sie verschweigt sie. Dies wäre auch eine politische und strategische Entscheidung.
Auf Frankreichs Straßen könnte ein neues Verkehrsschild ab sofort für Verwirrung bei Fußballfans sorgen: Eine eigene Fahrspur für den HSV? Die weiße Raute auf blauem Grund hat jedoch einen anderen Zweck: Sie kennzeichnet Fahrstreifen, auf denen mittels effizienterer Fahrzeugnutzung die Umweltbilanz im Straßenverkehr verbessert werden soll. Fahrgemeinschaften, Busse, E-Autos – sie alle haben hier freie Fahrt. In und um Lyon, Grenoble und Straßburg gibt es solche Fahrspuren seit einigen Monaten; Rennes und Nantes arbeiten an der Umsetzung.
Da sich bislang kaum jemand an diese neuen Regeln hält, werden nun auch Blitzer installiert. Wer das Schild missachtet, muss mit einem Bußgeld von 135 Euro rechnen. Geblitzt werden Fahrerinnen und Fahrer, die ganz allein im Auto sitzen und verbotenerweise die linke Fahrspur nutzen, die im Berufsverkehr für Fahrgemeinschaften oder Autos mit mindestens zwei Insassen reserviert ist. Auch Elektroautos mit grüner französischer Umweltplakette steht die Spur unabhängig von der Zahl der Insassen offen.
Denn wie das Pariser Umweltministerium kürzlich mitteilte, wird die bislang von der Polizei sporadisch überprüfte Regelung derart oft missachtet, dass der erhoffte Erfolg der separaten Fahrspuren gefährdet ist. Die Radarkameras können erfassen, ob eine oder mehrere Personen im Wagen sitzen. Das Ministerium verspricht sich von den gesonderten Fahrspuren vor allem einen reduzierten Schadstoffausstoß.
Wie die Sprecherin der Stadt Straßburg, Laura Martin, sagte, wolle man die Zahl der Pendler reduzieren, die alleine im Auto in die Elsassmetropole fahren. Derzeit würden in der Stadt 37,5 Prozent aller Wege per Auto zurückgelegt. Durchschnittlich sei ein Auto mit 1,4 Menschen besetzt.
Dazu trägt wohl auch der Fahrdienst des EU-Parlaments bei, der regelmäßig zwischen Brüssel und Straßburg pendelt. In der Vergangenheit war kritisiert worden, dass viele der Autos leer in Straßburg ankämen, um dort für Fahrten zwischen Flughafen und Parlamentsgebäude eingesetzt zu werden. Die meisten Fahrzeuge sollen laut Angaben des Parlaments allerdings E-Autos sein – auch mit nur einem Insassen steht ihnen in diesem Fall die neue Umwelt-Fahrspur also frei.
Vielleicht führt die Maßnahme in Frankreich ja auch zu einem Boom für Mitfahrzentralen wie BlaBlaCar? Oder gar zur einer Renaissance für Tramper. leo/mit dpa