Zoll oder kein Zoll, das ist die Frage! Es ist die Frage, die sich aktuell vor allem Mexiko und Kanada stellen. Gestern konnten die beiden US-Nachbarn den angekündigten Zoll um einen Monat hinausschieben. Was die Zölle für die EU wirtschaftlich bedeuten würden, ist noch unklar. Mexiko und Kanada exportieren Autos im Wert von 34 Milliarden, respektive 27 Milliarden Dollar in die USA. Wenn diese plötzlich einen neuen Zielmarkt suchen müssen, wäre das für europäische Autohersteller jedenfalls nicht erfreulich.
Die EU erwartet derweil gespannt den 1. April. Dann sollen Beamte US-Präsident Donald Trump Bericht erstatten, über das Handelsdefizit mit der EU und über die potenzielle Staatsfinanzierung durch Importzölle. Es kann aber auch vorher schon knallen – bei Trump weiß man es nie. Am gestrigen informellen Gipfeltreffen in Brüssel zeigten sich die Staats- und Regierungschefs entschlossen, gegenüber Trump geeint aufzutreten – lesen Sie dazu Stephan Israels heutige Analyse.
Am heutigen Dienstag werden sich auch die Industrie- und Handelsminister der EU gegenseitig Mut zusprechen. In Warschau treffen sie sich zu einem informellen, gemeinsamen Jumbo-Rat, um das Silodenken zwischen Handels- und Industriepolitik aufzubrechen. “Es ist offensichtlich geworden, dass wir beginnen müssen, diese beiden Politikfelder zu verbinden, um das Problem der europäischen Wettbewerbsfähigkeit holistisch anzugehen”, schreibt die polnische Ratspräsidentschaft in einem Vorbereitungsdokument.
Eine weitere Diskussion heute wird sich um die Integration der Beitrittskandidaten in europäische Lieferketten drehen. Speziell für Polen ist es ein Anliegen, dass EU-Firmen in der Ukraine auf ein “Level Playing Field” zählen können. Die polnische Regierung will verhindern, dass die Ukraine den präferentiellen EU-Marktzugang, den sie aktuell genießt, nutzen kann, ohne dass polnische Firmen in der Ukraine die gleichen Wettbewerbsbedingungen wie ukrainische Firmen in Polen genießen.
Viele Grüße aus Warschau,
“Wir müssen mehr tun, schneller werden und gemeinsam handeln”, sagte EU-Ratspräsident António Costa am Ende des ersten Verteidigungsgipfels in Brüssel. Russlands Krieg in der Ukraine und die hybriden Angriffe machten eine europäische Antwort nötig, um die Sicherheit für alle Bürger und für den Kontinent zu garantieren.
Die Klausurtagung soll Leitlinien für das Weißbuch zur Verteidigung liefern, das die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am 19. März präsentieren wird. Man werde sich auf die wichtigsten Fähigkeitslücken konzentrieren, in Absprache mit der Nato und in Bereichen, wo Europa Mehrwert bieten könne, sagte António Costa. Der EU-Ratspräsident erwähnte konkret eine europäische Raketenabwehr, weitreichende Präzisionswaffen und militärische Mobilität.
An zweiter Stelle auf der Agenda der Klausur stand das heikle Thema der Finanzierung: Europa müsse private und öffentliche Gelder mobilisieren, sagte António Costa. Der Ratspräsident erwähnte dabei alle Optionen von einer stärkeren Rolle der Europäischen Investitionsbank, über Möglichkeiten, den Mitgliedstaaten weitere Flexibilität bei der Anwendung der Haushaltskriterien des Stabilitätspakts zu gewähren, bis zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und innovativen Instrumenten, das Stichwort für gemeinsame Schulden. So könnte etwa bei einer europäischen Raketenabwehr eine europäische Finanzierung diskutiert werden.
Wobei das Lager der Gegner von Verteidigungsbonds weiter zu schrumpfen scheint. Nach Dänemark hat am Gipfel auch Finnland signalisiert, für alle Optionen offen zu sein: Russland sei eine permanente und existenzielle Bedrohung für die EU und ihre Mitgliedstaaten, sagte der finnische Regierungschef Petteri Orpo in Brüssel. Seine Regierung sei offen für verschiedene Lösungen, wie gemeinsame Verteidigung finanziert werden könne. Es werde auch gemeinsames europäisches Geld brauchen.
Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis forderte in einem Gastbeitrag in der Financial Times gemeinsame Verteidigungsausgaben in der Höhe von mindestens 100 Milliarden Euro. Der Vorstoß kommt eine Woche nachdem die vier Frontstaaten Litauen, Estland, Lettland und Polen ein Papier mit einer identischen Forderung präsentiert hatten. Wenn die EU ein Pol des Friedens und der Stabilität bleiben wolle, müsse sie eine robuste, einheitliche und glaubwürdige Abschreckungsfähigkeit aufbauen, sagte Mitsotakis. Es gebe keine Zeit zu verlieren.
Ganz anders Olaf Scholz, der seine Absage zu Eurobonds bekräftigte: Die EU habe nicht die Perspektive, gemeinsame Schulden aufzunehmen. Der Bundeskanzler legte den Fokus auf eine nationale Finanzierung: “Ich plädiere dafür, dass alle Staaten jetzt zwei Prozent für Verteidigung ausgeben.” Deutschland habe das zwei Prozent-Ziel mithilfe des Sondervermögens erreicht und werde ab 2028 weiter nach Mitteln suchen müssen, um dauerhaft den Bundeswehrhaushalt um 30 Milliarden Euro zu verbessern. Außerdem brauche es konkrete Verabredungen, wie die Verteidigungsindustrie gestärkt werden könne: “Wir haben heute eine große Aufsplitterung, ganz anders als in den USA.”
Der erste Verteidigungsgipfel der EU wurde von Donald Trump und seiner Ankündigung überschattet, Strafzölle gegen Europas Industrie zu verhängen. Polens Regierungschef Donald Tusk sprach von einem “grausamen Paradox”: Der Westen müsse sich gegen Russlands Aggression sowie Chinas Expansion wehren, und gleichzeitig suchten Verbündete einen Grund für einen Konflikt: Es müsse alles getan werden, um “diesen dummen und absolut unnötigen” Handelskrieg abzuwenden.
Deutlich wurde auch Luxemburgs Regierungschef Luc Frieden: Europa sei nicht schwächer als die USA: “Wenn jemand einen Handelskonflikt will, dann kriegt er ihn.” Europa werde mit den gleichen Waffen antworten, wenn Trump mit seinen Zöllen Ernst mache. Bei einem Handelskrieg zwischen der EU und den USA würde China zum lachenden Dritten werden, sagte Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg. Auf der einen Seite die Kriegsgefahr durch ein aggressives Russland, auf der anderen ein drohender Handelskrieg mit den USA, die Position der Europäer ist wenig beneidenswert.
Das ging schnell: Nur zwei Stunden nach seiner Vereidigung als Premierminister durch den belgischen König traf Bart De Wever am Montag schon beim informellen EU-Gipfel in Brüssel ein. “Ich nehme an, dass ich mich hier erst einmal vorstellen muss”, sagte der neue belgische Regierungschef. Zudem kündigte er einige wichtige Weichenstellungen an.
So will De Wever das belgische Budgetdefizit abbauen, zugleich aber die Verteidigungsausgaben steigern, um die Nato-Vorgabe von mindestens zwei Prozent des BIP zu erreichen. Das ist die Quadratur des Kreises – ohne massive Kürzungen in anderen Bereichen wird sie nicht gelingen.
Dies war auch ein Grund dafür, weshalb die Regierungsbildung in Belgien immerhin 236 Tage brauchte und die zunächst gesetzte Frist zur Jahreswende verfehlt wurde. Ein weiterer Grund ist die heterogene Koalition, die der einst gefürchtete flämische Separatist De Wever bilden musste, um sich in dem tief zerrissenen Belgien eine Mehrheit zu sichern und das Land doch noch zu führen.
Die Koalition umfasst nun neben De Wevers rechtslastiger und ausländerfeindlicher N-VA die liberale Partei MR und die Zentrumspartei Les Engagés aus der französischsprachigen Wallonie sowie die flämischen Christdemokraten (CD&V) und Sozialdemokraten (Vooruit).
Das ungewöhnliche Bündnis nennt sich “Arizona” – wegen der Farben der Parteien: Orange (CD&V), Blau (MR und Les Engagés), Rot (Vooruit) und Gelb (N-VA). Diese Farben stimmen mit jenen des US-Bundesstaats überein. So richtig miteinander harmonieren wollen sie aber nicht. Das zeigt sich schon an der Besetzung der neuen belgischen Regierung.
De Wevers flämische Nationalisten haben die wichtigsten Posten ergattert. Neben dem Premierminister stellt die N-VA den Verteidigungsminister Theo Francken, Migrationsministerin Anneleen Van Bossuyt sowie Finanzminister Jan Jambon. Jambon war bereits zwischen 2014 und 2018 unter dem damaligen liberalen Regierungschef Charles Michel Innenminister, Francken war Staatssekretär für Asyl und Migration. Neuer Außenminister wird Maxime Prévot von der Partei Les Engagés.
Vom MR zieht David Clarinval als Vize-Premier in die Regierung ein. Er wird für Wirtschaft, Landwirtschaft und Beschäftigung zuständig sein. Interims-Außenminister Bernard Quintin übernimmt das Innenressort, Mathieu Bihet zieht als Energieminister ins Kabinett ein.
Der liberale MR stellt außerdem die Mittelstands-Ministerin: Die 26-jährige Nachwuchs-Politikerin Eléonore Simonet, bisher Anwältin in Brüssel, soll sich künftig auch um kleine und mittlere Unternehmen kümmern. Zur allgemeinen Überraschung ist MR-Chef Georges-Louis Bouchez nicht in die Regierung eingetreten. Er zieht es vor, weiter die wallonischen Liberalen zu führen. Zudem noch Minister zu werden, hätte eine übermäßige Ämterhäufung bedeutet, heißt es in Brüssel.
Allerdings könnte es für De Wever und seine Arizona-Koalition noch zum Problem werden, dass ein Schwergewicht wie Bouchez nicht der Regierung angehört. Er hatte die Koalitionsverhandlungen über weite Strecken geprägt.
Ein weiteres Problem dürften die angekündigten Budgetkürzungen werden. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind bereits mehrfach “präventiv” gegen den befürchteten Sozialabbau in den Streik getreten. Für Februar haben die Gewerkschaften weitere landesweite Proteste angekündigt.
Belgien muss sich auf unruhige Zeiten einstellen, denn auch einige Sofortmaßnahmen sind unpopulär. So hat die neue Regierung angekündigt, Gewinne aus Aktienverkäufen mit zehn Prozent zu versteuern, sobald diese 10.000 Euro überschreiten. Eine solche Gewinnsteuer, die die flämischen Sozialdemokraten gefordert hatten, war bis zuletzt umstritten. Außerdem wird die Zahlung von Arbeitslosengeld auf zwei Jahre begrenzt und der vorgezogene Ruhestand mit einem “Malus” auf die Rente bestraft. Auch die Raucher müssen mit Einschränkungen rechnen: Sie dürfen künftig nicht mehr auf Restaurant-Terrassen qualmen.
Deutlich rechts blinkt die Arizona-Koalition in der Asyl- und Migrationspolitik. Sie will nicht nur die Einwanderung beschränken und die Einbürgerung erschweren. Vorgesehen ist auch, die Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber zu verringern – dabei ist die Zahl der Plätze schon jetzt unzureichend. Die belgischen Behörden sollen auf der Suche nach irregulären Migranten künftig auch Wohnungen durchsuchen dürfen. Auch dies war in den Koalitionsverhandlungen umstritten und dürfte noch für Ärger sorgen.
Die Opposition ist bereits auf den Barrikaden. “Wo sind die Frauen?”, fragte der Chef der wallonischen Sozialisten, Paul Magnette, nach der Vorstellung des neuen Kabinetts. Dass Frauen darin unterrepräsentiert sind und die wenigen Ministerinnen auf dem offiziellen “Familienfoto” in die zweite Reihe verbannt wurden, sei symptomatisch, sagte Magnette. Für ihn ist die neue Mitte-Rechts-Regierung synonym mit einem Abbau der Frauenrechte. Außerdem seien alle wichtigen Posten an Flamen vergeben worden, kritisiert der Oppositionsführer aus der Wallonie.
Tatsächlich hat der neue Premier De Wever viele wichtige Ministerien mit flämischen Parteifreunden besetzt. Zudem hat er eine Staatsreform angekündigt. Damit sollen weitere föderale Kompetenzen auf die Regionen – und damit auch nach Flandern – zurückverlagert werden. Auf die Details darf man gespannt sein. De Wever hat sich vorbehalten, sie persönlich auszuarbeiten.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk steht mit seiner breiten linksliberalen Regierungskoalition, die seit Dezember 2023 im Amt ist, vor erheblichen Herausforderungen. In den Umfragen steigt der Zuspruch für die politischen Gegner von der PiS (Recht- und Gerechtigkeit) und der rechten Partei Konfederacja stetig an. Die PiS hat die Bürgerplattform (PO) des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Rates, der der EVP-Parteienfamilie angehört, in den Umfragen sogar überholt.
Für den liberalen Präsidentschaftskandidaten Rafal Trzaskowski, der im Mai gegen den Favoriten des konservativen Lagers Karol Nawrocki in der Direktwahl antreten wird, ist die abnehmende Popularität der Regierung eine Belastung. Noch führt Trzaskowski in den Wahlumfragen, aber der anfängliche zweistellige Vorsprung ist in den letzten Wochen zusammengeschmolzen.
Die Durchschnittswerte bei den Umfragen, die in der vierten Januarwoche durchgeführt wurden, gehen von einem Wahlsieg Trzaskowskis im zweiten Wahlgang aus. Dabei dürfte der liberale Politiker mit durchschnittlich 49,6 Prozent rechnen. Der konservative Nawrocki hat sich auf 39,9 Prozent hochgearbeitet. Ende Dezember lag der Kandidat der Regierungskoalition mit 56,2 Prozent noch deutlich weiter vorn. Der Vorsprung schmilzt dahin und zwingt das linksliberale Lager dazu, sich von den eigenen Positionen zu entfernen.
Die Kritik an dem kostspieligen europäischen Green Deal, das Ausbleiben wichtiger Infrastrukturprojekte und ein anhaltend hohes Preisniveau gehören zu den Problemen der Regierung. Gesellschaftspolitisch kommt die Regierung, die mit progressiven Ideen, wie der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, Gleichstellung von Frauen sowie sexuellen Minderheiten angetreten ist, nicht weiter.
Tusk ist entschlossen, die Stimmen der konservativen Mitte zurückzugewinnen. Das geht auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Die Regierung trat mit lauten Forderungen nach Abrechnung mit der Vorgängerregierung an. Man wollte besser, europäischer und offener sein und Polen damit klar dauerhaft in der europäischen Familie verankern.
Formuliert wurden insgesamt 100 konkrete Forderungen, die in den ersten 100 Tagen der Regierungszeit umgesetzt werden sollten. Davon sind lediglich einige einzelne Maßnahmen realisiert worden. “Ich betrachte es als eine Metapher”, sagte der im Frühjahr 2024 noch amtierende Minister für Wissenschaft und Hochschulbildung, Dariusz Wieczorek. Kurze Zeit später stolperte der Linkspolitiker über eine Datenschutzaffäre.
Selbst Autoritäten wie Radosław Markowski von der Polnischen Akademie der Wissenschaften, der nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber der PiS machte, kritisieren die Koalition von Tusk. “Die Ungeduld wächst und die Menschen sind unzufrieden”, kommentierte Markowski.
Der Ministerpräsident hat den Green Deal der EU während seiner Rede vor dem Europäischen Parlament am 23. Januar scharf kritisiert: “Europa darf nicht zu einem Kontinent naiver Menschen und Ideen werden. Wenn wir bankrottgehen, wird sich niemand mehr um die natürliche Umwelt und das Klima scheren.” Diese Kehrtwende ist umso deutlicher, als dass noch vor einem Jahr die stellvertretende Umweltministerin Urszula Zielińska sagte: “Wir müssen uns unbedingt ehrgeizige Ziele setzen und auch ein Emissionsreduktionsziel von 90 Prozent (bis 2040) festlegen.”
Die Zugeständnisse an den konservativen Teil der Bevölkerung häufen sich. Im November stand noch fest, dass an den Schulen die Gesundheitsbildung als Pflichtfach eingeführt werden sollte. Parallel dazu wurde der Umfang des Religionsunterrichts reduziert. Ab dem 1. September 2025 sollten jeweils eine statt zwei Unterrichtsstunden Religions- oder Ethikunterricht pro Woche stattfinden. Die polnische Ministerin für nationale Bildung, Barbara Nowacka, betonte, dass jedes Kind die gleiche Bandbreite an Informationen erhalten sollte, “die auf Wissen und nicht auf Aberglauben beruhen”.
Wenige Wochen später blieb davon nicht viel. Die Schulen werden zwar Gesundheitsbildung anbieten, aber die Teilnahme wird nicht verpflichtend sein. Die Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna räumt ein, dass das Pflichtfach Gesundheitserziehung dem Präsidentschaftswahlkampf zum Opfer gefallen ist. Sie wies darauf hin, dass es politische Gegner waren, die Protestaktionen gegen den Gesundheitsunterricht gestartet haben, weil der Unterricht sexuelle Aufklärung beinhaltet.
Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sind die Kriegsflüchtlinge aus dem schwer umkämpften Nachbarland Polens zum Spielball des Wahlkampfs geworden. Der gesellschaftliche Konsens in Bezug auf die Notwendigkeit der Hilfen für die Kriegsflüchtlinge gerät ins Wanken. Die Auszahlung des Kindergeldes an nicht arbeitstätige Ukrainer und Kinder, die nicht in Polen wohnen, wird inzwischen scharf diskutiert. Trzaskowski schlug vor, Kindergeld nur an jene Ukrainer auszuzahlen, die in Polen arbeiten und Steuern zahlen.
Der liberale Politiker fügte hinzu, dass Polen die Fehler der anderen westlichen Länder wie Deutschland oder Schweden vermeiden sollte, die den Zuzug in die Sozialsysteme gefördert hätten. Von polnischer Regierungsseite heißt es: Die Ukrainer müssten verstehen, dass der polnische Standpunkt in Bezug auf die Kriegsverbrechen, die die Ukrainer an den Polen während des Zweiten Weltkrieges verübt haben, anerkannt und einbezogen werden müsse, wenn die Ukraine weiterhin auf die Unterstützung Polens zählen wolle.
Tusk läuft Gefahr, viele seiner angekündigten Reformen des polnischen Justiz- und Mediensystems nicht durchführen zu können, wenn der künftige polnische Staatspräsident Nawrocki heißt und seine Unterschrift unter den aus Sicht der Regierung notwendigen Gesetzen verweigert. Das polnische Regierungssystem ist von der Dualität der beiden Machtzentren – Regierung und Staatspräsident – bestimmt. Ohne eine Zusammenarbeit beider Exekutivgewalten dürften grundsätzliche Änderungen und Reformen, die Tusk will, nicht durchführbar sein.
Für die polnische Innenpolitik könnte das auf Jahre hinaus zur Stagnation führen. Und das, obwohl die linksliberale Koalition versprochen hatte, Polen zu verändern und die von der PiS eingesetzten Institutionen und Praktiken endgültig aus dem öffentlichen Leben Polens zu verbannen. Aleksandra Fedorska
05.02.2025 – 10:00-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Discussion Green Claims Directive (GCD) trilogues – How does the GCD connect to (Voluntary) Carbon Markets?
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) looks at the GCD proposal for a directive on substantiation and communication of explicit environmental claims. INFOS & REGISTRATION
05.02.2025 – 13:00 Uhr, Berlin/online
DKG, Pressekonferenz Klimaneutralität der deutschen Krankenhäuser – eine Frage des Geldes
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beschäftigt sich mit den Bemühungen der deutschen Krankenhäuser, sich klimaneutral aufzustellen. ANMELDUNG
05.02.2025 – 16:40-18:10 Uhr, Dresden
KAS, Vortrag Die US-Präsidentschaftswahl 2024 und die künftige Rolle der USA in der internationalen Gemeinschaft
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die künftige Rolle der USA in der internationalen Gemeinschaft. INFOS & ANMELDUNG
05.02.2025 – 19:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Land Bayern, Brüssel (Belgien) Sicherheit und Verteidigung in Europa. Aktuelle Herausforderungen an Politik und Industrie
Das Land Bayern diskutiert die Herausforderungen der europäischen Sicherheitspolitik. ANMELDUNG
06.02.2025 – 10:00-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Roundtable Future of Emissions Trading in the EU: Price Signal and Competitiveness
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) discusses the future of the Emissions Trading in the EU. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 15:00-16:30 Uhr, online
FEAD, Seminar PFAS and Waste: a webinar about Current Challenges and Future European Initiatives
The European Waste Management Association (FEAD) features a critical review of the current and proposed European regulatory framework. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 15:00-16:30 Uhr, online
HE Clean hydrogen, a catalyst for the next Clean Industrial Deal
Hydrogen Europe (HE) proposes clear recommendations for a competitive and sustainable hydrogen economy. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 18:00-19.30 Uhr, Stuttgart
Podiumsdiskussion Wettbewerbsfähig trotz Dekarbonisierung? Ein neuer Plan für nachhaltigen Wohlstand in Europa
Barbara Gessler, Komissionsvertreterin der EU in Deutschland, diskutiert über die Wettbewerbsfähigkeit Europas trotz der Dekarbonisierung und die Notwendigkeit klarer EU-Rahmenbedingungen für Innovation und nachhaltiger Wirtschaft. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 09:30 – 12:15, Ellwangen
Podiumsdiskussion Agrarpolitik im Dialog- Perspektiven für die Landwirtschaft
Der EUROPoint Ostalb und der Geschäftsbereich Landwirtschaft des Ostalbkreises laden zu einer Veranstaltung ein, bei der Wolfgang Bücherl, Leiter der Regionalvertretung der EU-Kommission in München, sowie weitere Experten die Zukunft der Landwirtschaft im Hinblick auf Klimawandel, Naturschutz und Agrarpolitik diskutieren. INFOS & REGISTRATION
Der französische Premierminister François Bayrou hat den fälligen Haushalt für 2025 ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung gedrückt. Der Vorsitzende der Minderheitsregierung nutzte dafür einen entsprechenden Sonderartikel der Verfassung. Dem Mitte-Rechts-Kabinett steht damit nun ein weiteres Misstrauensvotum bevor. Es wird allerdings erwartet, dass die Regierung die Abstimmung übersteht.
Der Haushaltsplan der Regierung sieht vor, das Staatsdefizit erheblich zu senken – unter anderem durch weniger öffentliche Ausgaben. Wegen einer zu hohen Neuverschuldung läuft ein Defizitverfahren der EU-Kommission gegen Europas zweitgrößte Volkswirtschaft.
Bevor der Sparhaushalt endgültig verabschiedet ist, muss er noch weitere Hürden passieren. Denn die linke Partei La France Insoumise beantragte prompt ein Misstrauensvotum wegen des durchgedrückten Haushalts. Darüber wird voraussichtlich am Mittwoch abgestimmt. Sollte eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entziehen, wäre auch der Haushalt durchgefallen. Dies gilt jedoch als unwahrscheinlich, da die Sozialisten sich hinter die Mitte-Rechts-Regierung stellen wollen.
Scheitert das Misstrauensvotum, ist der Haushalt in der Nationalversammlung angenommen. Er muss dann noch in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, endgültig verabschiedet werden. Die Zustimmung im konservativ geprägten Oberhaus gilt als sicher. dpa
Die S&D-Fraktion fordert Haushaltskommissar Piotr Serafin auf, nicht nur die Finanzierung von Umwelt-NGOs aus dem Haushaltsjahr 2023 unter die Lupe zu nehmen. Es müssten weitere Verträge mit allen Begünstigten der Generaldirektionen untersucht werden:
Die Sozialdemokraten kritisierten die EVP, sich nur auf Nichtregierungsorganisationen konzentriert zu haben. “Was die EVP tut ist unerhört”, erklärte S&D-Fraktionsvize Mohammed Chahim. Monika Hohlmeier (CSU) hatte Verträge der Kommission mit Umwelt-NGOs aus dem LIFE-Programm kritisiert, weil sie umstrittene inhaltliche Positionen aufwiesen und weil die NGOs angehalten wurden, das Europaparlament zu lobbyieren. Chahim kritisierte weiter, die EVP versuche “zu unterstellen, dass NGOs unangemessenen Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess haben, da sie von der Europäischen Kommission finanziert werden.” mgr
Ein Konsortium aus 20 europäischen Forschungsinstituten, Unternehmen und Hochleistungsrechenzentren startet das Projekt OpenEuroLLM. Ziel ist die Entwicklung leistungsfähiger Open-Source-Sprachmodelle für alle Amtssprachen der EU. Die Kommission hat dem Projekt das STEP-Label (Strategische Technologien für Europa) verliehen.
OpenEuroLLM soll den Zugang zu KI-Technologien erleichtern und europäische Unternehmen sowie öffentliche Institutionen stärken. Die Unternehmen wollen die erste Familie großer offener Sprachmodelle entwickeln, die alle aktuellen und zukünftigen Amtssprachen der EU abdecken. Die Trainingsdaten, der Code und die Evaluierungsmethoden sollen offen zugänglich sein.
Das Projekt verfügt über ein Budget von 37,4 Millionen Euro, davon 20,6 Millionen aus dem EU-Programm Digital Europe. Rechenkapazität stellen unter anderem das Barcelona Supercomputing Center und weitere europäische Hochleistungsrechenzentren (EuroHPC) bereit.
Hans Uszkoreit, wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), nannte das OpenEuroLLM im Gespräch mit Table Briefings “einen Lichtstreifen am Horizont“. In dem Projekt seien 20 ausgezeichnete Forschungszentren vertreten und das Projekt sei mit beachtlicher KI-Rechenkapazität versorgt. “Bis es dahin kam, hat aber wieder viel zu lange gedauert”, kritisierte er. “Da musste erst viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.”
Mit dem STEP-Label kennzeichnet die Kommission strategische EU-Technologieprojekte und erleichtert den Zugang zu weiteren Finanzierungen. Die Karls-Universität in Prag koordiniert OpenEuroLLM. Aus Deutschland beteiligen sich Partner wie Aleph Alpha, Fraunhofer IAIS und das Forschungszentrum Jülich. vis
Der Euromat 2025, die digitale Wahlhilfe für die Bundestagswahl, ist ab sofort online unter www.euromat.info. Der Euromat bezieht alle Aussagen in den Wahlprogrammen der im Bundestag vertretenen Parteien zur Europapolitik ein. Er ist in englischer und deutscher Sprache verfügbar. Entscheidungen auf nationaler Ebene beeinflussten stark politische Entscheidungen auf europäischer Ebene und umgekehrt. “Deswegen ist die Bundestagswahl auch eine Europawahl, und der Euromat die einzige Wahlhilfe, die rein auf europäische Themen fokussiert”, schreiben die vier Organisationen, die die Wahlhilfe entwickelt haben:
EU-Subventionen für kleine Betriebe sind laut Forschern nur dann sinnvoll, wenn sie die jeweilige Region stärken. Das schreiben Wissenschaftler der französischen Institute IDDRI und INRAE in einer Studie, die sie EU-Abgeordneten kürzlich vorstellten. Subventionen auf kleine Höfe zu fokussieren, berge das Risiko, ineffiziente Betriebe zu fördern. Denn tendenziell gelte in der EU: je größer ein Agrarbetrieb, desto rentabler.
Die Autoren stellen sich damit teils gegen den strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft. Das EU-Verbändegremium fordert, die Einkommensstütze stärker an die sozioökonomischen Bedarfe der Betriebe anzupassen. Das finden die Forscher mit ihrer neuen Studie aber nur gerechtfertigt, wenn kleine Betriebe einen Mehrwert bringen. Dazu zähle die Stärkung ländlicher Räume, regionaler Vertriebsketten, vielfältiger Landschaften oder besonders nachhaltiger Produktionsweisen. Um das sicherzustellen, empfehlen sie “mehr statt weniger Konditionalität“.
Große Betriebe hingegen sollen von industriepolitischen Instrumenten profitieren. Zum Beispiel durch Förderung für Investitionen, Forschung und Entwicklung oder Beratungsdienste. Mindestpreisen für Agrarerzeugnisse erteilen die Forscher eine Absage. Neben handelspolitischen Bedenken führen sie an: Je mehr ein Betrieb verkaufe, desto stärker profitiere er – große Betriebe würden also bevorzugt.
Im Agrarausschuss sorgte die Studie für Streit. Die französischen Institute schlagen auch mehr Umwelt- und Klimaschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik vor. Die konservativen und rechten Fraktionen kritisierten die Autoren der Studie. Der Südtiroler Europaabgeordnete und EVP-Agrarsprecher Herbert Dorfmann etwa warf den Autoren vor, politische Meinungen statt wissenschaftliche Ergebnisse wiederzugeben. Die Sozialdemokratin Camilla Laureti rief dagegen dazu auf, die Studie zu nutzen, um an der Lösung der Zielkonflikte zu arbeiten, mit denen die Landwirtschaft konfrontiert sei. jd
Die EU-Kommission und das Amt der EU für geistiges Eigentum haben einen Fonds für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) neu aufgelegt, um sie beim Schutz ihrer immateriellen Vermögenswerte finanziell zu unterstützen. Wie die Kommission am Montag mitteilte, soll das Zuschussprogramm den KMU dabei helfen, “ihre Rechte an geistigem Eigentum zu schützen, darunter Patente, Marken, gewerbliche Muster und Modelle sowie Pflanzenzüchtungen.”
Nach dem Erfolg früherer Aufrufe sei der diesjährige Fonds so gestaltet, dass er noch mehr KMU erreiche. Ab diesem Montag können die Unternehmen demnach Zuschüsse in Höhe von bis zu 1.000 Euro für die Patentanmeldung, 1.500 Euro für Rechtskosten für die Ausarbeitung und Einreichung europäischer Patentanmeldungen und bis zu 750 Euro für die Marken- oder Geschmacksmustereintragung erhalten. mbn
Seit dem 2. Februar 2025 sind die ersten Verbote aus dem AI Act in Kraft getreten. Darunter fallen der Einsatz von KI-Systemen zur unterschwelligen Manipulation, das Social Scoring nach chinesischem Vorbild sowie der Einsatz biometrischer Fernidentifikation in Echtzeit in öffentlichen Räumen, abgesehen von wenigen klar definierten Ausnahmen. Diese Maßnahmen sind richtig und notwendig. Sie stehen für das Bemühen der EU, künstliche Intelligenz auf ein ethisches Fundament zu stellen und Verbraucherrechte zu schützen.
Ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen für KI, der auf Ethik, Diversität und Datensicherheit setzt, ist ausdrücklich zu begrüßen. Doch die Regulierung muss auch praxistauglich sein. Hier offenbart sich eine gefährliche Schwäche des AI Act: Die Regelungen sind in Teilen zu unklar, zu vage formuliert und bergen die Gefahr einer uneinheitlichen nationalen Umsetzung.
Der Einsatz von KI ist in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung, um als industriegeprägte Nation den Sprung in das neue Zeitalter zu schaffen. Die Verbindung des exzellenten Engineering-Know-hows in Deutschland mit neuem Digital-Know-how kann dazu beitragen, den Trend des zurückgehenden Produktivitätswachstums umzukehren. Neue digitale Geschäftsmodelle eröffnen in allen Branchen dynamische Wachstumschancen – das autonome Fahren ist nur ein Beispiel von vielen.
Diese Chancen müssen wir nutzen, weil Deutschland aktuell von seiner Substanz lebt. Von 2001 bis 2020 lag die jährliche Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität laut Erhebungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nur knapp über null Prozent, von 2021 bis 2023 bei 0,8 Prozent. KI hat das Potenzial, das Produktivitätswachstum in der Spitze um rund 1,3 Prozent pro Jahr zu erhöhen – die Bruttowertschöpfung in Deutschland stiege damit laut einer aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft um 330 Milliarden Euro.
Innovative Unternehmen, die KI einsetzen, erzielen laut einer aktuellen Studie des IW im Auftrag der unter dem Dach des Eco-Verbands gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen bereits 32 Prozent ihres Umsatzes mit neuen Produkten oder Dienstleistungen. Bei innovativen Unternehmen, die keine KI einsetzen, liegt der Anteil bei 25 Prozent.
Die Entwicklung und der Einsatz von KI sind also nicht einfach nur ein “Nice-to-have” für einige besonders innovative Unternehmen, sondern werden in den nächsten Jahren zur branchenübergreifenden Grundvoraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum der deutschen und europäischen Wirtschaft sein. Ein praxistauglicher Rechtsrahmen ist daher essenziell für den Wirtschaftsstandort Europa.
Leider lässt die Umsetzung des AI Acts in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Deutschland, auf sich warten. Während die EU mit dem AI Act einen übergreifenden Rechtsrahmen für künstliche Intelligenz schafft, gibt es in der nationalen Umsetzung noch erhebliche Unsicherheiten. So bleiben sowohl die Standardisierung technischer Vorgaben als auch die genaue Definition von KI-Systemen unklar. Für deutsche Unternehmen – vornehmlich für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – bedeutet dies eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
Wer jetzt investiert, kann nicht sicher sein, dass seine KI-Lösungen langfristig regelkonform sind. Fehlt es an klaren technischen Standards, droht ein regulatorisches Vakuum, das Innovation hemmt und statt Rechtssicherheit zusätzliche Unsicherheit schafft.
Noch schwerer wiegt, dass sich die nationale Umsetzung des AI Acts stark unterscheiden könnte. Anstatt eines einheitlichen Marktes droht ein Flickenteppich an Vorschriften, der den europäischen Binnenmarkt nicht stärkt, sondern fragmentiert. Das Ergebnis: Mehr Bürokratie, höhere Kosten und ein Standortnachteil für Unternehmen, die bereits heute massiv unter Regulierungsdruck stehen.
Während Europa mit dem AI Act auf strikte Regulierung und überstaatliche Kontrolle setzt, verfolgen die USA einen dezentralen und marktorientierten Ansatz. Dort liegt die Verantwortung zunehmend bei den Bundesstaaten. Das bedeutet: In Kalifornien gelten bereits heute besonders strenge Regeln für KI, insbesondere im Bereich Datenschutz und automatisierte Entscheidungsfindung. Texas und Florida hingegen setzen auf eine unternehmensfreundliche, innovationsfördernde Regulierung mit minimalen Eingriffen.
Dieser regulatorische Kontrast kann nicht ignoriert werden. Während in den USA Flexibilität und marktwirtschaftliche Dynamik gefördert werden, kämpft Europa mit schwerfälligen bürokratischen Strukturen und regulatorischer Unsicherheit. Das Risiko ist real, dass Investitionen in KI zunehmend außerhalb Europas stattfinden. Unternehmen könnten sich Standorte mit vorteilhafteren Rahmenbedingungen suchen – mit langfristigen negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Entscheidend ist jetzt eine schnelle, einheitliche Standardisierung auf EU-Ebene, um Unternehmen Planungssicherheit zu geben. Gleichzeitig braucht es eine präzisere Definition von KI-Systemen, damit nicht unnötig Softwarelösungen unter restriktive Vorgaben fallen und der Spielraum für Innovation nicht künstlich eingeschränkt wird.
Ebenso ist eine enge Abstimmung zwischen dem AI Act und dem Code of Practice erforderlich, um Doppelregulierungen und übermäßige Bürokratielasten zu vermeiden. Zusätzlich müssen gezielte Maßnahmen zur Förderung von Investitionen und Innovationen in Deutschland ergriffen werden, damit der Standort im globalen Wettbewerb bestehen kann.
Der AI Act bietet Europa die historische Möglichkeit, sich als führender KI-Standort zu positionieren. Doch dieser Anspruch kann nur erfüllt werden, wenn die Regulierung praxistauglich ist und Unternehmen klare, verlässliche Rahmenbedingungen vorfinden. Schwammige Vorgaben und nationale Unsicherheiten konterkarieren die positiven Ansätze des Gesetzes und drohen, statt Rechtssicherheit neue Hindernisse zu bringen. Die EU hat sich hohe Ziele gesetzt – jetzt muss sie liefern.
Alexander Rabe verantwortet als Geschäftsführer seit 2018 die strategisch-inhaltliche, politische als auch kommunikative Positionierung des Eco-Verbands der Internetwirtschaft an den Standorten Berlin, Brüssel und Köln. Rabe kam 2016 als Geschäftsbereichsleiter Politik, Recht und Regulierung zum eco und leitete das Hauptstadtbüro des eco in Berlin. Rabe ist Mitinitiator der 2018 unter dem Dach des eco gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland.
Matthew Baldwin ist der Leiter der neuen Housing Task Force der Kommission, die zum 1. Februar ihre Arbeit aufgenommen hat. Er wird nach eigenen Angaben das rund 20-köpfige Team leiten. Erfahrung an der Spitze einer Arbeitsgruppe bringt der gebürtige Brite mit: Zuletzt stand Baldwin der Energy Task Force der Kommission vor, die den Ausstieg aus russischem Gas in den Mitgliedstaaten begleitete.
Erfahrungen in Sachen Wohnen hat der erfahrene Kommissionsbeamte hingegen eher weniger: Seine Arbeitsschwerpunkte waren bisher Energie und Handel. Die Housing Task Force soll die verschiedenen Bemühungen der Kommission zum Thema Wohnen koordinieren und Wohnkommissar Dan Jørgensen unter anderem bei der Ausarbeitung und Umsetzung des ersten europäischen Plans für erschwinglichen Wohnraum unterstützen.
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Diesen Satz, mehr Stoßseufzer als echte Frage, kennt in Brüssel so gut wie jeder. “Wen rufe ich an, wenn ich mit Europa sprechen will?”, soll der frühere US-Außenminister Henry Kissinger einst gesagt haben. Es war eine zarte Erinnerung, dass die EU mitsamt ihrer Kompetenzen und Machtverteilung von außen schwer zu durchschauen ist.
Die umgekehrte Frage macht in diesen Tagen zahlreiche Entscheider in Brüssel ratlos. Wen rufe ich an, wenn ich mit Donald Trump sprechen will? Oder wenn ich wenigstens wissen will, was er in den kommenden Wochen und Monaten mit Europa plant? Bisher hat wohl keiner in der EU-Hauptstadt eine passende Telefonnummer gefunden. “Niemand hat Zugang”, sagt ein Insider. “Wir kennen diese Leute um Trump nicht.“
Nach Regierungswechseln in Demokratien können sich Politiker und ihre Zuarbeiter normalerweise auf ihre Netzwerke verlassen. Sie kennen jemanden, der jemanden kennt, der künftig an einer Schaltstelle sitzen wird. In diesen Tagen machen dagegen viele in Brüssel eine bittere Erfahrung: Ihre Netzwerke sind schlicht wertlos.
Auch über zwei und drei Ecken dringen sie nicht in den Zirkel um Donald Trump vor. “Wie sollen wir jemanden erreichen, der bei Fox News arbeitet?”, sagt ein Brüsseler Player. Es fehlen gemeinsame Bekannte. Trumps Personalauswahl spiegelt sehr deutlich seine Abneigung gegen ausgewiesene Experten wider. Vor allem das Personal im Finanz- und Handelsministerium ist in Europa unbekannt. Diplomaten kritisieren, dass die EU-Kommission nicht recht herausrücken wolle, mit wem sie eigentlich spreche.
Selbst wenn es Brüsseler Beamten gelingt, in das weitere Umfeld von Trump vordringen, so erhalten sie widersprüchliche Antworten. Was er mit Europa vorhat? Die zweite und dritte Reihe vermag dazu nichts Verlässliches zu sagen. Und Trumps Minister sind offenbar explizit angehalten, vor ihrer Bestätigung durch den Senat nicht mit Ausländern zu reden.
Bereits in der ersten Amtszeit von Trump hatten die Europäer Mühe, den Kontakt über den Atlantik zu halten. So mancher Politiker wurde dabei kreativ. So wird in Brüssel erzählt, wie der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier über den damaligen Finanzminister Hank Paulson Kontakt zu Trumps oberstem Wirtschaftsberater Larry Kudlow geknüpft habe. Aber selbst das Spiel über Bande werde diesmal schwerer, heißt es in Brüssel. Als hätte sich Team Trump noch einmal ein bisschen mehr vom Mainstream verabschiedet.
Kissinger, 2023 gestorben, hat mit Ende 80 übrigens öffentlich eingestanden, dass er den Satz über die EU nie gesagt habe. Weil er ihm aber gefiel, hatte er sich über Jahrzehnte nicht gegen die Zuschreibung gewehrt. Er konnte nicht ahnen, wie wenig im Jahr 2025 über den Atlantik telefoniert werden würde. Silke Wettach
Zoll oder kein Zoll, das ist die Frage! Es ist die Frage, die sich aktuell vor allem Mexiko und Kanada stellen. Gestern konnten die beiden US-Nachbarn den angekündigten Zoll um einen Monat hinausschieben. Was die Zölle für die EU wirtschaftlich bedeuten würden, ist noch unklar. Mexiko und Kanada exportieren Autos im Wert von 34 Milliarden, respektive 27 Milliarden Dollar in die USA. Wenn diese plötzlich einen neuen Zielmarkt suchen müssen, wäre das für europäische Autohersteller jedenfalls nicht erfreulich.
Die EU erwartet derweil gespannt den 1. April. Dann sollen Beamte US-Präsident Donald Trump Bericht erstatten, über das Handelsdefizit mit der EU und über die potenzielle Staatsfinanzierung durch Importzölle. Es kann aber auch vorher schon knallen – bei Trump weiß man es nie. Am gestrigen informellen Gipfeltreffen in Brüssel zeigten sich die Staats- und Regierungschefs entschlossen, gegenüber Trump geeint aufzutreten – lesen Sie dazu Stephan Israels heutige Analyse.
Am heutigen Dienstag werden sich auch die Industrie- und Handelsminister der EU gegenseitig Mut zusprechen. In Warschau treffen sie sich zu einem informellen, gemeinsamen Jumbo-Rat, um das Silodenken zwischen Handels- und Industriepolitik aufzubrechen. “Es ist offensichtlich geworden, dass wir beginnen müssen, diese beiden Politikfelder zu verbinden, um das Problem der europäischen Wettbewerbsfähigkeit holistisch anzugehen”, schreibt die polnische Ratspräsidentschaft in einem Vorbereitungsdokument.
Eine weitere Diskussion heute wird sich um die Integration der Beitrittskandidaten in europäische Lieferketten drehen. Speziell für Polen ist es ein Anliegen, dass EU-Firmen in der Ukraine auf ein “Level Playing Field” zählen können. Die polnische Regierung will verhindern, dass die Ukraine den präferentiellen EU-Marktzugang, den sie aktuell genießt, nutzen kann, ohne dass polnische Firmen in der Ukraine die gleichen Wettbewerbsbedingungen wie ukrainische Firmen in Polen genießen.
Viele Grüße aus Warschau,
“Wir müssen mehr tun, schneller werden und gemeinsam handeln”, sagte EU-Ratspräsident António Costa am Ende des ersten Verteidigungsgipfels in Brüssel. Russlands Krieg in der Ukraine und die hybriden Angriffe machten eine europäische Antwort nötig, um die Sicherheit für alle Bürger und für den Kontinent zu garantieren.
Die Klausurtagung soll Leitlinien für das Weißbuch zur Verteidigung liefern, das die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am 19. März präsentieren wird. Man werde sich auf die wichtigsten Fähigkeitslücken konzentrieren, in Absprache mit der Nato und in Bereichen, wo Europa Mehrwert bieten könne, sagte António Costa. Der EU-Ratspräsident erwähnte konkret eine europäische Raketenabwehr, weitreichende Präzisionswaffen und militärische Mobilität.
An zweiter Stelle auf der Agenda der Klausur stand das heikle Thema der Finanzierung: Europa müsse private und öffentliche Gelder mobilisieren, sagte António Costa. Der Ratspräsident erwähnte dabei alle Optionen von einer stärkeren Rolle der Europäischen Investitionsbank, über Möglichkeiten, den Mitgliedstaaten weitere Flexibilität bei der Anwendung der Haushaltskriterien des Stabilitätspakts zu gewähren, bis zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und innovativen Instrumenten, das Stichwort für gemeinsame Schulden. So könnte etwa bei einer europäischen Raketenabwehr eine europäische Finanzierung diskutiert werden.
Wobei das Lager der Gegner von Verteidigungsbonds weiter zu schrumpfen scheint. Nach Dänemark hat am Gipfel auch Finnland signalisiert, für alle Optionen offen zu sein: Russland sei eine permanente und existenzielle Bedrohung für die EU und ihre Mitgliedstaaten, sagte der finnische Regierungschef Petteri Orpo in Brüssel. Seine Regierung sei offen für verschiedene Lösungen, wie gemeinsame Verteidigung finanziert werden könne. Es werde auch gemeinsames europäisches Geld brauchen.
Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis forderte in einem Gastbeitrag in der Financial Times gemeinsame Verteidigungsausgaben in der Höhe von mindestens 100 Milliarden Euro. Der Vorstoß kommt eine Woche nachdem die vier Frontstaaten Litauen, Estland, Lettland und Polen ein Papier mit einer identischen Forderung präsentiert hatten. Wenn die EU ein Pol des Friedens und der Stabilität bleiben wolle, müsse sie eine robuste, einheitliche und glaubwürdige Abschreckungsfähigkeit aufbauen, sagte Mitsotakis. Es gebe keine Zeit zu verlieren.
Ganz anders Olaf Scholz, der seine Absage zu Eurobonds bekräftigte: Die EU habe nicht die Perspektive, gemeinsame Schulden aufzunehmen. Der Bundeskanzler legte den Fokus auf eine nationale Finanzierung: “Ich plädiere dafür, dass alle Staaten jetzt zwei Prozent für Verteidigung ausgeben.” Deutschland habe das zwei Prozent-Ziel mithilfe des Sondervermögens erreicht und werde ab 2028 weiter nach Mitteln suchen müssen, um dauerhaft den Bundeswehrhaushalt um 30 Milliarden Euro zu verbessern. Außerdem brauche es konkrete Verabredungen, wie die Verteidigungsindustrie gestärkt werden könne: “Wir haben heute eine große Aufsplitterung, ganz anders als in den USA.”
Der erste Verteidigungsgipfel der EU wurde von Donald Trump und seiner Ankündigung überschattet, Strafzölle gegen Europas Industrie zu verhängen. Polens Regierungschef Donald Tusk sprach von einem “grausamen Paradox”: Der Westen müsse sich gegen Russlands Aggression sowie Chinas Expansion wehren, und gleichzeitig suchten Verbündete einen Grund für einen Konflikt: Es müsse alles getan werden, um “diesen dummen und absolut unnötigen” Handelskrieg abzuwenden.
Deutlich wurde auch Luxemburgs Regierungschef Luc Frieden: Europa sei nicht schwächer als die USA: “Wenn jemand einen Handelskonflikt will, dann kriegt er ihn.” Europa werde mit den gleichen Waffen antworten, wenn Trump mit seinen Zöllen Ernst mache. Bei einem Handelskrieg zwischen der EU und den USA würde China zum lachenden Dritten werden, sagte Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg. Auf der einen Seite die Kriegsgefahr durch ein aggressives Russland, auf der anderen ein drohender Handelskrieg mit den USA, die Position der Europäer ist wenig beneidenswert.
Das ging schnell: Nur zwei Stunden nach seiner Vereidigung als Premierminister durch den belgischen König traf Bart De Wever am Montag schon beim informellen EU-Gipfel in Brüssel ein. “Ich nehme an, dass ich mich hier erst einmal vorstellen muss”, sagte der neue belgische Regierungschef. Zudem kündigte er einige wichtige Weichenstellungen an.
So will De Wever das belgische Budgetdefizit abbauen, zugleich aber die Verteidigungsausgaben steigern, um die Nato-Vorgabe von mindestens zwei Prozent des BIP zu erreichen. Das ist die Quadratur des Kreises – ohne massive Kürzungen in anderen Bereichen wird sie nicht gelingen.
Dies war auch ein Grund dafür, weshalb die Regierungsbildung in Belgien immerhin 236 Tage brauchte und die zunächst gesetzte Frist zur Jahreswende verfehlt wurde. Ein weiterer Grund ist die heterogene Koalition, die der einst gefürchtete flämische Separatist De Wever bilden musste, um sich in dem tief zerrissenen Belgien eine Mehrheit zu sichern und das Land doch noch zu führen.
Die Koalition umfasst nun neben De Wevers rechtslastiger und ausländerfeindlicher N-VA die liberale Partei MR und die Zentrumspartei Les Engagés aus der französischsprachigen Wallonie sowie die flämischen Christdemokraten (CD&V) und Sozialdemokraten (Vooruit).
Das ungewöhnliche Bündnis nennt sich “Arizona” – wegen der Farben der Parteien: Orange (CD&V), Blau (MR und Les Engagés), Rot (Vooruit) und Gelb (N-VA). Diese Farben stimmen mit jenen des US-Bundesstaats überein. So richtig miteinander harmonieren wollen sie aber nicht. Das zeigt sich schon an der Besetzung der neuen belgischen Regierung.
De Wevers flämische Nationalisten haben die wichtigsten Posten ergattert. Neben dem Premierminister stellt die N-VA den Verteidigungsminister Theo Francken, Migrationsministerin Anneleen Van Bossuyt sowie Finanzminister Jan Jambon. Jambon war bereits zwischen 2014 und 2018 unter dem damaligen liberalen Regierungschef Charles Michel Innenminister, Francken war Staatssekretär für Asyl und Migration. Neuer Außenminister wird Maxime Prévot von der Partei Les Engagés.
Vom MR zieht David Clarinval als Vize-Premier in die Regierung ein. Er wird für Wirtschaft, Landwirtschaft und Beschäftigung zuständig sein. Interims-Außenminister Bernard Quintin übernimmt das Innenressort, Mathieu Bihet zieht als Energieminister ins Kabinett ein.
Der liberale MR stellt außerdem die Mittelstands-Ministerin: Die 26-jährige Nachwuchs-Politikerin Eléonore Simonet, bisher Anwältin in Brüssel, soll sich künftig auch um kleine und mittlere Unternehmen kümmern. Zur allgemeinen Überraschung ist MR-Chef Georges-Louis Bouchez nicht in die Regierung eingetreten. Er zieht es vor, weiter die wallonischen Liberalen zu führen. Zudem noch Minister zu werden, hätte eine übermäßige Ämterhäufung bedeutet, heißt es in Brüssel.
Allerdings könnte es für De Wever und seine Arizona-Koalition noch zum Problem werden, dass ein Schwergewicht wie Bouchez nicht der Regierung angehört. Er hatte die Koalitionsverhandlungen über weite Strecken geprägt.
Ein weiteres Problem dürften die angekündigten Budgetkürzungen werden. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sind bereits mehrfach “präventiv” gegen den befürchteten Sozialabbau in den Streik getreten. Für Februar haben die Gewerkschaften weitere landesweite Proteste angekündigt.
Belgien muss sich auf unruhige Zeiten einstellen, denn auch einige Sofortmaßnahmen sind unpopulär. So hat die neue Regierung angekündigt, Gewinne aus Aktienverkäufen mit zehn Prozent zu versteuern, sobald diese 10.000 Euro überschreiten. Eine solche Gewinnsteuer, die die flämischen Sozialdemokraten gefordert hatten, war bis zuletzt umstritten. Außerdem wird die Zahlung von Arbeitslosengeld auf zwei Jahre begrenzt und der vorgezogene Ruhestand mit einem “Malus” auf die Rente bestraft. Auch die Raucher müssen mit Einschränkungen rechnen: Sie dürfen künftig nicht mehr auf Restaurant-Terrassen qualmen.
Deutlich rechts blinkt die Arizona-Koalition in der Asyl- und Migrationspolitik. Sie will nicht nur die Einwanderung beschränken und die Einbürgerung erschweren. Vorgesehen ist auch, die Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber zu verringern – dabei ist die Zahl der Plätze schon jetzt unzureichend. Die belgischen Behörden sollen auf der Suche nach irregulären Migranten künftig auch Wohnungen durchsuchen dürfen. Auch dies war in den Koalitionsverhandlungen umstritten und dürfte noch für Ärger sorgen.
Die Opposition ist bereits auf den Barrikaden. “Wo sind die Frauen?”, fragte der Chef der wallonischen Sozialisten, Paul Magnette, nach der Vorstellung des neuen Kabinetts. Dass Frauen darin unterrepräsentiert sind und die wenigen Ministerinnen auf dem offiziellen “Familienfoto” in die zweite Reihe verbannt wurden, sei symptomatisch, sagte Magnette. Für ihn ist die neue Mitte-Rechts-Regierung synonym mit einem Abbau der Frauenrechte. Außerdem seien alle wichtigen Posten an Flamen vergeben worden, kritisiert der Oppositionsführer aus der Wallonie.
Tatsächlich hat der neue Premier De Wever viele wichtige Ministerien mit flämischen Parteifreunden besetzt. Zudem hat er eine Staatsreform angekündigt. Damit sollen weitere föderale Kompetenzen auf die Regionen – und damit auch nach Flandern – zurückverlagert werden. Auf die Details darf man gespannt sein. De Wever hat sich vorbehalten, sie persönlich auszuarbeiten.
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk steht mit seiner breiten linksliberalen Regierungskoalition, die seit Dezember 2023 im Amt ist, vor erheblichen Herausforderungen. In den Umfragen steigt der Zuspruch für die politischen Gegner von der PiS (Recht- und Gerechtigkeit) und der rechten Partei Konfederacja stetig an. Die PiS hat die Bürgerplattform (PO) des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Rates, der der EVP-Parteienfamilie angehört, in den Umfragen sogar überholt.
Für den liberalen Präsidentschaftskandidaten Rafal Trzaskowski, der im Mai gegen den Favoriten des konservativen Lagers Karol Nawrocki in der Direktwahl antreten wird, ist die abnehmende Popularität der Regierung eine Belastung. Noch führt Trzaskowski in den Wahlumfragen, aber der anfängliche zweistellige Vorsprung ist in den letzten Wochen zusammengeschmolzen.
Die Durchschnittswerte bei den Umfragen, die in der vierten Januarwoche durchgeführt wurden, gehen von einem Wahlsieg Trzaskowskis im zweiten Wahlgang aus. Dabei dürfte der liberale Politiker mit durchschnittlich 49,6 Prozent rechnen. Der konservative Nawrocki hat sich auf 39,9 Prozent hochgearbeitet. Ende Dezember lag der Kandidat der Regierungskoalition mit 56,2 Prozent noch deutlich weiter vorn. Der Vorsprung schmilzt dahin und zwingt das linksliberale Lager dazu, sich von den eigenen Positionen zu entfernen.
Die Kritik an dem kostspieligen europäischen Green Deal, das Ausbleiben wichtiger Infrastrukturprojekte und ein anhaltend hohes Preisniveau gehören zu den Problemen der Regierung. Gesellschaftspolitisch kommt die Regierung, die mit progressiven Ideen, wie der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs, Gleichstellung von Frauen sowie sexuellen Minderheiten angetreten ist, nicht weiter.
Tusk ist entschlossen, die Stimmen der konservativen Mitte zurückzugewinnen. Das geht auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Die Regierung trat mit lauten Forderungen nach Abrechnung mit der Vorgängerregierung an. Man wollte besser, europäischer und offener sein und Polen damit klar dauerhaft in der europäischen Familie verankern.
Formuliert wurden insgesamt 100 konkrete Forderungen, die in den ersten 100 Tagen der Regierungszeit umgesetzt werden sollten. Davon sind lediglich einige einzelne Maßnahmen realisiert worden. “Ich betrachte es als eine Metapher”, sagte der im Frühjahr 2024 noch amtierende Minister für Wissenschaft und Hochschulbildung, Dariusz Wieczorek. Kurze Zeit später stolperte der Linkspolitiker über eine Datenschutzaffäre.
Selbst Autoritäten wie Radosław Markowski von der Polnischen Akademie der Wissenschaften, der nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber der PiS machte, kritisieren die Koalition von Tusk. “Die Ungeduld wächst und die Menschen sind unzufrieden”, kommentierte Markowski.
Der Ministerpräsident hat den Green Deal der EU während seiner Rede vor dem Europäischen Parlament am 23. Januar scharf kritisiert: “Europa darf nicht zu einem Kontinent naiver Menschen und Ideen werden. Wenn wir bankrottgehen, wird sich niemand mehr um die natürliche Umwelt und das Klima scheren.” Diese Kehrtwende ist umso deutlicher, als dass noch vor einem Jahr die stellvertretende Umweltministerin Urszula Zielińska sagte: “Wir müssen uns unbedingt ehrgeizige Ziele setzen und auch ein Emissionsreduktionsziel von 90 Prozent (bis 2040) festlegen.”
Die Zugeständnisse an den konservativen Teil der Bevölkerung häufen sich. Im November stand noch fest, dass an den Schulen die Gesundheitsbildung als Pflichtfach eingeführt werden sollte. Parallel dazu wurde der Umfang des Religionsunterrichts reduziert. Ab dem 1. September 2025 sollten jeweils eine statt zwei Unterrichtsstunden Religions- oder Ethikunterricht pro Woche stattfinden. Die polnische Ministerin für nationale Bildung, Barbara Nowacka, betonte, dass jedes Kind die gleiche Bandbreite an Informationen erhalten sollte, “die auf Wissen und nicht auf Aberglauben beruhen”.
Wenige Wochen später blieb davon nicht viel. Die Schulen werden zwar Gesundheitsbildung anbieten, aber die Teilnahme wird nicht verpflichtend sein. Die Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna räumt ein, dass das Pflichtfach Gesundheitserziehung dem Präsidentschaftswahlkampf zum Opfer gefallen ist. Sie wies darauf hin, dass es politische Gegner waren, die Protestaktionen gegen den Gesundheitsunterricht gestartet haben, weil der Unterricht sexuelle Aufklärung beinhaltet.
Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sind die Kriegsflüchtlinge aus dem schwer umkämpften Nachbarland Polens zum Spielball des Wahlkampfs geworden. Der gesellschaftliche Konsens in Bezug auf die Notwendigkeit der Hilfen für die Kriegsflüchtlinge gerät ins Wanken. Die Auszahlung des Kindergeldes an nicht arbeitstätige Ukrainer und Kinder, die nicht in Polen wohnen, wird inzwischen scharf diskutiert. Trzaskowski schlug vor, Kindergeld nur an jene Ukrainer auszuzahlen, die in Polen arbeiten und Steuern zahlen.
Der liberale Politiker fügte hinzu, dass Polen die Fehler der anderen westlichen Länder wie Deutschland oder Schweden vermeiden sollte, die den Zuzug in die Sozialsysteme gefördert hätten. Von polnischer Regierungsseite heißt es: Die Ukrainer müssten verstehen, dass der polnische Standpunkt in Bezug auf die Kriegsverbrechen, die die Ukrainer an den Polen während des Zweiten Weltkrieges verübt haben, anerkannt und einbezogen werden müsse, wenn die Ukraine weiterhin auf die Unterstützung Polens zählen wolle.
Tusk läuft Gefahr, viele seiner angekündigten Reformen des polnischen Justiz- und Mediensystems nicht durchführen zu können, wenn der künftige polnische Staatspräsident Nawrocki heißt und seine Unterschrift unter den aus Sicht der Regierung notwendigen Gesetzen verweigert. Das polnische Regierungssystem ist von der Dualität der beiden Machtzentren – Regierung und Staatspräsident – bestimmt. Ohne eine Zusammenarbeit beider Exekutivgewalten dürften grundsätzliche Änderungen und Reformen, die Tusk will, nicht durchführbar sein.
Für die polnische Innenpolitik könnte das auf Jahre hinaus zur Stagnation führen. Und das, obwohl die linksliberale Koalition versprochen hatte, Polen zu verändern und die von der PiS eingesetzten Institutionen und Praktiken endgültig aus dem öffentlichen Leben Polens zu verbannen. Aleksandra Fedorska
05.02.2025 – 10:00-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Discussion Green Claims Directive (GCD) trilogues – How does the GCD connect to (Voluntary) Carbon Markets?
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) looks at the GCD proposal for a directive on substantiation and communication of explicit environmental claims. INFOS & REGISTRATION
05.02.2025 – 13:00 Uhr, Berlin/online
DKG, Pressekonferenz Klimaneutralität der deutschen Krankenhäuser – eine Frage des Geldes
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) beschäftigt sich mit den Bemühungen der deutschen Krankenhäuser, sich klimaneutral aufzustellen. ANMELDUNG
05.02.2025 – 16:40-18:10 Uhr, Dresden
KAS, Vortrag Die US-Präsidentschaftswahl 2024 und die künftige Rolle der USA in der internationalen Gemeinschaft
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert die künftige Rolle der USA in der internationalen Gemeinschaft. INFOS & ANMELDUNG
05.02.2025 – 19:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Land Bayern, Brüssel (Belgien) Sicherheit und Verteidigung in Europa. Aktuelle Herausforderungen an Politik und Industrie
Das Land Bayern diskutiert die Herausforderungen der europäischen Sicherheitspolitik. ANMELDUNG
06.02.2025 – 10:00-12:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
ERCST, Roundtable Future of Emissions Trading in the EU: Price Signal and Competitiveness
The European Roundtable on Climate Change and Sustainable Transition (ERCST) discusses the future of the Emissions Trading in the EU. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 15:00-16:30 Uhr, online
FEAD, Seminar PFAS and Waste: a webinar about Current Challenges and Future European Initiatives
The European Waste Management Association (FEAD) features a critical review of the current and proposed European regulatory framework. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 15:00-16:30 Uhr, online
HE Clean hydrogen, a catalyst for the next Clean Industrial Deal
Hydrogen Europe (HE) proposes clear recommendations for a competitive and sustainable hydrogen economy. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 18:00-19.30 Uhr, Stuttgart
Podiumsdiskussion Wettbewerbsfähig trotz Dekarbonisierung? Ein neuer Plan für nachhaltigen Wohlstand in Europa
Barbara Gessler, Komissionsvertreterin der EU in Deutschland, diskutiert über die Wettbewerbsfähigkeit Europas trotz der Dekarbonisierung und die Notwendigkeit klarer EU-Rahmenbedingungen für Innovation und nachhaltiger Wirtschaft. INFOS & REGISTRATION
06.02.2025 – 09:30 – 12:15, Ellwangen
Podiumsdiskussion Agrarpolitik im Dialog- Perspektiven für die Landwirtschaft
Der EUROPoint Ostalb und der Geschäftsbereich Landwirtschaft des Ostalbkreises laden zu einer Veranstaltung ein, bei der Wolfgang Bücherl, Leiter der Regionalvertretung der EU-Kommission in München, sowie weitere Experten die Zukunft der Landwirtschaft im Hinblick auf Klimawandel, Naturschutz und Agrarpolitik diskutieren. INFOS & REGISTRATION
Der französische Premierminister François Bayrou hat den fälligen Haushalt für 2025 ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung gedrückt. Der Vorsitzende der Minderheitsregierung nutzte dafür einen entsprechenden Sonderartikel der Verfassung. Dem Mitte-Rechts-Kabinett steht damit nun ein weiteres Misstrauensvotum bevor. Es wird allerdings erwartet, dass die Regierung die Abstimmung übersteht.
Der Haushaltsplan der Regierung sieht vor, das Staatsdefizit erheblich zu senken – unter anderem durch weniger öffentliche Ausgaben. Wegen einer zu hohen Neuverschuldung läuft ein Defizitverfahren der EU-Kommission gegen Europas zweitgrößte Volkswirtschaft.
Bevor der Sparhaushalt endgültig verabschiedet ist, muss er noch weitere Hürden passieren. Denn die linke Partei La France Insoumise beantragte prompt ein Misstrauensvotum wegen des durchgedrückten Haushalts. Darüber wird voraussichtlich am Mittwoch abgestimmt. Sollte eine Mehrheit der Abgeordneten der Regierung das Vertrauen entziehen, wäre auch der Haushalt durchgefallen. Dies gilt jedoch als unwahrscheinlich, da die Sozialisten sich hinter die Mitte-Rechts-Regierung stellen wollen.
Scheitert das Misstrauensvotum, ist der Haushalt in der Nationalversammlung angenommen. Er muss dann noch in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, endgültig verabschiedet werden. Die Zustimmung im konservativ geprägten Oberhaus gilt als sicher. dpa
Die S&D-Fraktion fordert Haushaltskommissar Piotr Serafin auf, nicht nur die Finanzierung von Umwelt-NGOs aus dem Haushaltsjahr 2023 unter die Lupe zu nehmen. Es müssten weitere Verträge mit allen Begünstigten der Generaldirektionen untersucht werden:
Die Sozialdemokraten kritisierten die EVP, sich nur auf Nichtregierungsorganisationen konzentriert zu haben. “Was die EVP tut ist unerhört”, erklärte S&D-Fraktionsvize Mohammed Chahim. Monika Hohlmeier (CSU) hatte Verträge der Kommission mit Umwelt-NGOs aus dem LIFE-Programm kritisiert, weil sie umstrittene inhaltliche Positionen aufwiesen und weil die NGOs angehalten wurden, das Europaparlament zu lobbyieren. Chahim kritisierte weiter, die EVP versuche “zu unterstellen, dass NGOs unangemessenen Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess haben, da sie von der Europäischen Kommission finanziert werden.” mgr
Ein Konsortium aus 20 europäischen Forschungsinstituten, Unternehmen und Hochleistungsrechenzentren startet das Projekt OpenEuroLLM. Ziel ist die Entwicklung leistungsfähiger Open-Source-Sprachmodelle für alle Amtssprachen der EU. Die Kommission hat dem Projekt das STEP-Label (Strategische Technologien für Europa) verliehen.
OpenEuroLLM soll den Zugang zu KI-Technologien erleichtern und europäische Unternehmen sowie öffentliche Institutionen stärken. Die Unternehmen wollen die erste Familie großer offener Sprachmodelle entwickeln, die alle aktuellen und zukünftigen Amtssprachen der EU abdecken. Die Trainingsdaten, der Code und die Evaluierungsmethoden sollen offen zugänglich sein.
Das Projekt verfügt über ein Budget von 37,4 Millionen Euro, davon 20,6 Millionen aus dem EU-Programm Digital Europe. Rechenkapazität stellen unter anderem das Barcelona Supercomputing Center und weitere europäische Hochleistungsrechenzentren (EuroHPC) bereit.
Hans Uszkoreit, wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), nannte das OpenEuroLLM im Gespräch mit Table Briefings “einen Lichtstreifen am Horizont“. In dem Projekt seien 20 ausgezeichnete Forschungszentren vertreten und das Projekt sei mit beachtlicher KI-Rechenkapazität versorgt. “Bis es dahin kam, hat aber wieder viel zu lange gedauert”, kritisierte er. “Da musste erst viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.”
Mit dem STEP-Label kennzeichnet die Kommission strategische EU-Technologieprojekte und erleichtert den Zugang zu weiteren Finanzierungen. Die Karls-Universität in Prag koordiniert OpenEuroLLM. Aus Deutschland beteiligen sich Partner wie Aleph Alpha, Fraunhofer IAIS und das Forschungszentrum Jülich. vis
Der Euromat 2025, die digitale Wahlhilfe für die Bundestagswahl, ist ab sofort online unter www.euromat.info. Der Euromat bezieht alle Aussagen in den Wahlprogrammen der im Bundestag vertretenen Parteien zur Europapolitik ein. Er ist in englischer und deutscher Sprache verfügbar. Entscheidungen auf nationaler Ebene beeinflussten stark politische Entscheidungen auf europäischer Ebene und umgekehrt. “Deswegen ist die Bundestagswahl auch eine Europawahl, und der Euromat die einzige Wahlhilfe, die rein auf europäische Themen fokussiert”, schreiben die vier Organisationen, die die Wahlhilfe entwickelt haben:
EU-Subventionen für kleine Betriebe sind laut Forschern nur dann sinnvoll, wenn sie die jeweilige Region stärken. Das schreiben Wissenschaftler der französischen Institute IDDRI und INRAE in einer Studie, die sie EU-Abgeordneten kürzlich vorstellten. Subventionen auf kleine Höfe zu fokussieren, berge das Risiko, ineffiziente Betriebe zu fördern. Denn tendenziell gelte in der EU: je größer ein Agrarbetrieb, desto rentabler.
Die Autoren stellen sich damit teils gegen den strategischen Dialog zur Zukunft der Landwirtschaft. Das EU-Verbändegremium fordert, die Einkommensstütze stärker an die sozioökonomischen Bedarfe der Betriebe anzupassen. Das finden die Forscher mit ihrer neuen Studie aber nur gerechtfertigt, wenn kleine Betriebe einen Mehrwert bringen. Dazu zähle die Stärkung ländlicher Räume, regionaler Vertriebsketten, vielfältiger Landschaften oder besonders nachhaltiger Produktionsweisen. Um das sicherzustellen, empfehlen sie “mehr statt weniger Konditionalität“.
Große Betriebe hingegen sollen von industriepolitischen Instrumenten profitieren. Zum Beispiel durch Förderung für Investitionen, Forschung und Entwicklung oder Beratungsdienste. Mindestpreisen für Agrarerzeugnisse erteilen die Forscher eine Absage. Neben handelspolitischen Bedenken führen sie an: Je mehr ein Betrieb verkaufe, desto stärker profitiere er – große Betriebe würden also bevorzugt.
Im Agrarausschuss sorgte die Studie für Streit. Die französischen Institute schlagen auch mehr Umwelt- und Klimaschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik vor. Die konservativen und rechten Fraktionen kritisierten die Autoren der Studie. Der Südtiroler Europaabgeordnete und EVP-Agrarsprecher Herbert Dorfmann etwa warf den Autoren vor, politische Meinungen statt wissenschaftliche Ergebnisse wiederzugeben. Die Sozialdemokratin Camilla Laureti rief dagegen dazu auf, die Studie zu nutzen, um an der Lösung der Zielkonflikte zu arbeiten, mit denen die Landwirtschaft konfrontiert sei. jd
Die EU-Kommission und das Amt der EU für geistiges Eigentum haben einen Fonds für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) neu aufgelegt, um sie beim Schutz ihrer immateriellen Vermögenswerte finanziell zu unterstützen. Wie die Kommission am Montag mitteilte, soll das Zuschussprogramm den KMU dabei helfen, “ihre Rechte an geistigem Eigentum zu schützen, darunter Patente, Marken, gewerbliche Muster und Modelle sowie Pflanzenzüchtungen.”
Nach dem Erfolg früherer Aufrufe sei der diesjährige Fonds so gestaltet, dass er noch mehr KMU erreiche. Ab diesem Montag können die Unternehmen demnach Zuschüsse in Höhe von bis zu 1.000 Euro für die Patentanmeldung, 1.500 Euro für Rechtskosten für die Ausarbeitung und Einreichung europäischer Patentanmeldungen und bis zu 750 Euro für die Marken- oder Geschmacksmustereintragung erhalten. mbn
Seit dem 2. Februar 2025 sind die ersten Verbote aus dem AI Act in Kraft getreten. Darunter fallen der Einsatz von KI-Systemen zur unterschwelligen Manipulation, das Social Scoring nach chinesischem Vorbild sowie der Einsatz biometrischer Fernidentifikation in Echtzeit in öffentlichen Räumen, abgesehen von wenigen klar definierten Ausnahmen. Diese Maßnahmen sind richtig und notwendig. Sie stehen für das Bemühen der EU, künstliche Intelligenz auf ein ethisches Fundament zu stellen und Verbraucherrechte zu schützen.
Ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen für KI, der auf Ethik, Diversität und Datensicherheit setzt, ist ausdrücklich zu begrüßen. Doch die Regulierung muss auch praxistauglich sein. Hier offenbart sich eine gefährliche Schwäche des AI Act: Die Regelungen sind in Teilen zu unklar, zu vage formuliert und bergen die Gefahr einer uneinheitlichen nationalen Umsetzung.
Der Einsatz von KI ist in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung, um als industriegeprägte Nation den Sprung in das neue Zeitalter zu schaffen. Die Verbindung des exzellenten Engineering-Know-hows in Deutschland mit neuem Digital-Know-how kann dazu beitragen, den Trend des zurückgehenden Produktivitätswachstums umzukehren. Neue digitale Geschäftsmodelle eröffnen in allen Branchen dynamische Wachstumschancen – das autonome Fahren ist nur ein Beispiel von vielen.
Diese Chancen müssen wir nutzen, weil Deutschland aktuell von seiner Substanz lebt. Von 2001 bis 2020 lag die jährliche Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität laut Erhebungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nur knapp über null Prozent, von 2021 bis 2023 bei 0,8 Prozent. KI hat das Potenzial, das Produktivitätswachstum in der Spitze um rund 1,3 Prozent pro Jahr zu erhöhen – die Bruttowertschöpfung in Deutschland stiege damit laut einer aktuellen Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft um 330 Milliarden Euro.
Innovative Unternehmen, die KI einsetzen, erzielen laut einer aktuellen Studie des IW im Auftrag der unter dem Dach des Eco-Verbands gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen bereits 32 Prozent ihres Umsatzes mit neuen Produkten oder Dienstleistungen. Bei innovativen Unternehmen, die keine KI einsetzen, liegt der Anteil bei 25 Prozent.
Die Entwicklung und der Einsatz von KI sind also nicht einfach nur ein “Nice-to-have” für einige besonders innovative Unternehmen, sondern werden in den nächsten Jahren zur branchenübergreifenden Grundvoraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum der deutschen und europäischen Wirtschaft sein. Ein praxistauglicher Rechtsrahmen ist daher essenziell für den Wirtschaftsstandort Europa.
Leider lässt die Umsetzung des AI Acts in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Deutschland, auf sich warten. Während die EU mit dem AI Act einen übergreifenden Rechtsrahmen für künstliche Intelligenz schafft, gibt es in der nationalen Umsetzung noch erhebliche Unsicherheiten. So bleiben sowohl die Standardisierung technischer Vorgaben als auch die genaue Definition von KI-Systemen unklar. Für deutsche Unternehmen – vornehmlich für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – bedeutet dies eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
Wer jetzt investiert, kann nicht sicher sein, dass seine KI-Lösungen langfristig regelkonform sind. Fehlt es an klaren technischen Standards, droht ein regulatorisches Vakuum, das Innovation hemmt und statt Rechtssicherheit zusätzliche Unsicherheit schafft.
Noch schwerer wiegt, dass sich die nationale Umsetzung des AI Acts stark unterscheiden könnte. Anstatt eines einheitlichen Marktes droht ein Flickenteppich an Vorschriften, der den europäischen Binnenmarkt nicht stärkt, sondern fragmentiert. Das Ergebnis: Mehr Bürokratie, höhere Kosten und ein Standortnachteil für Unternehmen, die bereits heute massiv unter Regulierungsdruck stehen.
Während Europa mit dem AI Act auf strikte Regulierung und überstaatliche Kontrolle setzt, verfolgen die USA einen dezentralen und marktorientierten Ansatz. Dort liegt die Verantwortung zunehmend bei den Bundesstaaten. Das bedeutet: In Kalifornien gelten bereits heute besonders strenge Regeln für KI, insbesondere im Bereich Datenschutz und automatisierte Entscheidungsfindung. Texas und Florida hingegen setzen auf eine unternehmensfreundliche, innovationsfördernde Regulierung mit minimalen Eingriffen.
Dieser regulatorische Kontrast kann nicht ignoriert werden. Während in den USA Flexibilität und marktwirtschaftliche Dynamik gefördert werden, kämpft Europa mit schwerfälligen bürokratischen Strukturen und regulatorischer Unsicherheit. Das Risiko ist real, dass Investitionen in KI zunehmend außerhalb Europas stattfinden. Unternehmen könnten sich Standorte mit vorteilhafteren Rahmenbedingungen suchen – mit langfristigen negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Entscheidend ist jetzt eine schnelle, einheitliche Standardisierung auf EU-Ebene, um Unternehmen Planungssicherheit zu geben. Gleichzeitig braucht es eine präzisere Definition von KI-Systemen, damit nicht unnötig Softwarelösungen unter restriktive Vorgaben fallen und der Spielraum für Innovation nicht künstlich eingeschränkt wird.
Ebenso ist eine enge Abstimmung zwischen dem AI Act und dem Code of Practice erforderlich, um Doppelregulierungen und übermäßige Bürokratielasten zu vermeiden. Zusätzlich müssen gezielte Maßnahmen zur Förderung von Investitionen und Innovationen in Deutschland ergriffen werden, damit der Standort im globalen Wettbewerb bestehen kann.
Der AI Act bietet Europa die historische Möglichkeit, sich als führender KI-Standort zu positionieren. Doch dieser Anspruch kann nur erfüllt werden, wenn die Regulierung praxistauglich ist und Unternehmen klare, verlässliche Rahmenbedingungen vorfinden. Schwammige Vorgaben und nationale Unsicherheiten konterkarieren die positiven Ansätze des Gesetzes und drohen, statt Rechtssicherheit neue Hindernisse zu bringen. Die EU hat sich hohe Ziele gesetzt – jetzt muss sie liefern.
Alexander Rabe verantwortet als Geschäftsführer seit 2018 die strategisch-inhaltliche, politische als auch kommunikative Positionierung des Eco-Verbands der Internetwirtschaft an den Standorten Berlin, Brüssel und Köln. Rabe kam 2016 als Geschäftsbereichsleiter Politik, Recht und Regulierung zum eco und leitete das Hauptstadtbüro des eco in Berlin. Rabe ist Mitinitiator der 2018 unter dem Dach des eco gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland.
Matthew Baldwin ist der Leiter der neuen Housing Task Force der Kommission, die zum 1. Februar ihre Arbeit aufgenommen hat. Er wird nach eigenen Angaben das rund 20-köpfige Team leiten. Erfahrung an der Spitze einer Arbeitsgruppe bringt der gebürtige Brite mit: Zuletzt stand Baldwin der Energy Task Force der Kommission vor, die den Ausstieg aus russischem Gas in den Mitgliedstaaten begleitete.
Erfahrungen in Sachen Wohnen hat der erfahrene Kommissionsbeamte hingegen eher weniger: Seine Arbeitsschwerpunkte waren bisher Energie und Handel. Die Housing Task Force soll die verschiedenen Bemühungen der Kommission zum Thema Wohnen koordinieren und Wohnkommissar Dan Jørgensen unter anderem bei der Ausarbeitung und Umsetzung des ersten europäischen Plans für erschwinglichen Wohnraum unterstützen.
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Diesen Satz, mehr Stoßseufzer als echte Frage, kennt in Brüssel so gut wie jeder. “Wen rufe ich an, wenn ich mit Europa sprechen will?”, soll der frühere US-Außenminister Henry Kissinger einst gesagt haben. Es war eine zarte Erinnerung, dass die EU mitsamt ihrer Kompetenzen und Machtverteilung von außen schwer zu durchschauen ist.
Die umgekehrte Frage macht in diesen Tagen zahlreiche Entscheider in Brüssel ratlos. Wen rufe ich an, wenn ich mit Donald Trump sprechen will? Oder wenn ich wenigstens wissen will, was er in den kommenden Wochen und Monaten mit Europa plant? Bisher hat wohl keiner in der EU-Hauptstadt eine passende Telefonnummer gefunden. “Niemand hat Zugang”, sagt ein Insider. “Wir kennen diese Leute um Trump nicht.“
Nach Regierungswechseln in Demokratien können sich Politiker und ihre Zuarbeiter normalerweise auf ihre Netzwerke verlassen. Sie kennen jemanden, der jemanden kennt, der künftig an einer Schaltstelle sitzen wird. In diesen Tagen machen dagegen viele in Brüssel eine bittere Erfahrung: Ihre Netzwerke sind schlicht wertlos.
Auch über zwei und drei Ecken dringen sie nicht in den Zirkel um Donald Trump vor. “Wie sollen wir jemanden erreichen, der bei Fox News arbeitet?”, sagt ein Brüsseler Player. Es fehlen gemeinsame Bekannte. Trumps Personalauswahl spiegelt sehr deutlich seine Abneigung gegen ausgewiesene Experten wider. Vor allem das Personal im Finanz- und Handelsministerium ist in Europa unbekannt. Diplomaten kritisieren, dass die EU-Kommission nicht recht herausrücken wolle, mit wem sie eigentlich spreche.
Selbst wenn es Brüsseler Beamten gelingt, in das weitere Umfeld von Trump vordringen, so erhalten sie widersprüchliche Antworten. Was er mit Europa vorhat? Die zweite und dritte Reihe vermag dazu nichts Verlässliches zu sagen. Und Trumps Minister sind offenbar explizit angehalten, vor ihrer Bestätigung durch den Senat nicht mit Ausländern zu reden.
Bereits in der ersten Amtszeit von Trump hatten die Europäer Mühe, den Kontakt über den Atlantik zu halten. So mancher Politiker wurde dabei kreativ. So wird in Brüssel erzählt, wie der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier über den damaligen Finanzminister Hank Paulson Kontakt zu Trumps oberstem Wirtschaftsberater Larry Kudlow geknüpft habe. Aber selbst das Spiel über Bande werde diesmal schwerer, heißt es in Brüssel. Als hätte sich Team Trump noch einmal ein bisschen mehr vom Mainstream verabschiedet.
Kissinger, 2023 gestorben, hat mit Ende 80 übrigens öffentlich eingestanden, dass er den Satz über die EU nie gesagt habe. Weil er ihm aber gefiel, hatte er sich über Jahrzehnte nicht gegen die Zuschreibung gewehrt. Er konnte nicht ahnen, wie wenig im Jahr 2025 über den Atlantik telefoniert werden würde. Silke Wettach