Anfang der nächsten Woche treffen sich die Kabinette Frankreichs und Deutschlands in der Nähe Hamburgs zur gemeinsamen Klausurtagung. Es soll ein möglichst offener Gedankenaustausch werden, ohne lange Anschlusserklärungen wie beim jüngsten Ministerrat. Um das Treffen nicht zu belasten, versuchen Regierungsvertreter in Berlin und Paris im Vorfeld noch einige der vielen Meinungsunterschiede auszuräumen.
Dazu zählt, neben dem gemeinsamen Kampfpanzerprojekt, die Energiepolitik. “Wir brauchen eine große Verhandlungslösung”, sagte der Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold der Financial Times. Seit Monaten streiten beide Regierungen über Teile der Strommarktreform: Die Bundesregierung warnt, Paris wolle seiner Industrie über subventionierte Strompreise aus seinen alten Atomkraftwerken einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ob der Knoten bis zur gemeinsamen Kabinettssitzung oder bis zum Energierat am 17. Oktober zerschlagen werden kann, ist laut Beteiligten völlig unklar.
Doch die Suche nach möglichen Kompromissen läuft auf Hochtouren. Nach Frankreich und einigen verbündeten Staaten speisen nun Deutschland und Italien einen gemeinsamen Vorschlag ein, der Table.Media vorliegt. Darin schlagen Berlin und Rom drei Optionen vor, wie bestehende AKW bei Laufzeitverlängerungen über sogenannte Differenzverträge (CfDs) gefördert werden könnten. So könnten die anfallenden Investitionen gefördert und zugleich Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, heißt es in dem Papier.
Bleibt abzuwarten, ob sich beide Seiten damit näher kommen.
Das neue Format der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPC), einst von Frankreichs Präsident Macron angestoßen, scheint sich zu etablieren. Nach Treffen in Prag und Chişinău kommen heute knapp 50 Staats- und Regierungschefs in Granada bereits zum dritten EPC-Gipfel zusammen. Der Ablauf ist wieder ähnlich, mit einem halbstündigen Auftakt im Plenum, geführt von Gastgeber Spanien. Danach wird in vier Arbeitsgruppen im kleineren Kreis über Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Multilateralismus sowie Energie und Umwelt weiter diskutiert. Eine Art Brainstorming auf Chefebene, aber eher ohne konkrete Ergebnisse.
Die Staats- und Regierungschefs schätzten das lockere und informelle Format, ohne den Druck, sich am Ende auf Schlussfolgerungen einigen zu müssen, sagen Diplomaten. Der Mehrwert des neuen Formats dürfte aber auch daran liegen, dass am Nachmittag relativ viel Zeit für bilaterale Gespräche reserviert ist. Hier sind die Vorzeichen diesmal allerdings ungünstig. Eigentlich war ein Vierertreffen zwischen Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev und Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan geplant, assistiert von Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron. Ilham Aliyev sagte laut der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur APA jedoch kurzfristig seine Teilnahme ab.
Der Präsident werde wegen der “antiaserbaidschanischen Stimmung” der übrigen Gipfelteilnehmer nicht nach Granada fahren, berichtet die Nachrichtenagentur. In Baku soll vor allem der Besuch der französischen Außenministerin Catherine Colonna schlecht angekommen sein. Die französische Chefdiplomatin hatte in Eriwan Aserbaidschan für die Vertreibung der Karabach-Armenier verurteilt und Waffenlieferungen an Armenien in Aussicht gestellt.
Das neue Format des EPC könnte möglicherweise an seine Grenzen stoßen. Neben Bergkarabach dürfte in Granada auch die jüngste Eskalation zwischen Serbien und Kosovo im Fokus sein. Hier war ebenfalls bis zuletzt unklar, ob ein geplantes bilaterales Treffen zwischen Serbiens Präsident Alexander Vučić und Kosovos Präsidentin Vjosa Osmani zustande kommt. Beim letzten EPC-Gipfel soll Vučić die Kosovarin vor allem beschimpft haben. Diesmal wollen die beiden Kontrahenten zumindest wieder anreisen.
Besser sind die Vorzeichen für den informellen EU-Gipfel am Freitag, mit der Erweiterung und der Migration als Haupthemen. Der Streit um die Blockade bei der sogenannten Krisenverordnung drohte das Treffen in Granada zu dominieren. Nach der Einigung im Ausschuss der Ständigen Vertreter auf eine gemeinsame Position zur eben jener Verordnung können nun die Verhandlungen mit den EU-Parlament zur Asylreform vorangetrieben werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Einigung beim Kernelement der geplanten Asylreform als “echten Gamechanger”.
Die Krisenverordnung sieht vor, dass bei einem besonders starken Anstieg der Migration ein größerer Kreis von Migranten und Asylsuchenden länger unter haftähnlichen Bedingungen im geplanten strengeren Grenzverfahren auf eine Entscheidung warten müssten. Laut Diplomaten kann neu der Krisenfall auch ausgerufen werden, wenn wegen privaten Seenotrettungseinsätzen besonders viele Migranten an Land kommen. Italien hatte auf entsprechende Formulierungen bedrängt.
Die Staats- und Regierungschefs sollen am informellen Gipfel die sogenannte “Granada Erklärung” verabschieden. An erster Stelle dort die sogenannte strategische Agenda mit den Prioritäten für das nächste Jahr und mit einem Ausblick auf die nächste Legislaturperiode. Die Pandemie und Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine hätten die Widerstandskraft der EU auf die Probe gestellt, heißt es im Entwurf. Die EU habe ihre Abhängigkeiten reduziert und ihre Versorgung diversifiziert, doch mehr müsse für ein wettbewerbsfähiges Europa getan werden.
Prominent erwähnt wird auch die Erweiterung: “Erweiterung ist eine geostrategische Investition in Frieden, Sicherheit, Stabilität und Wohlstand“, heißt es im Entwurf. Berlin erhofft sich von dem informellen EU-Gipfel vor allem, dass der Prozess der EU-Erweiterung an einen parallelen Prozess zur Reform der EU-Institutionen geknüpft wird. Kanzler Olaf Scholz hatte darauf mehrfach öffentlich gepocht.
Mit dem aktuellen Entwurf der Gipfel-Erklärung zeigt man sich in der Bundesregierung sehr zufrieden. Dort heißt es: “Im Hinblick auf die Aussicht auf eine weitere Erweiterung der Union müssen sowohl die EU als auch die künftigen Mitgliedstaaten bereit sein.” Die Beitrittskandidaten müssen ihre Reformbemühungen verstärken. “Parallel dazu muss die Union die notwendigen internen Voraussetzungen schaffen, um die Union für die Erweiterung fit zu machen.”
Laut einem hochrangigen EU-Diplomaten soll Granada den Anstoß zu einem Diskussionsprozess geben. Es gehe zunächst darum zu identifizieren, welche Politbereiche von einer Erweiterung betroffen seien. Es gehe um viel mehr als nur um die gemeinsame Agrarpolitik. Nach Berechnungen von Experten des Rates hätte nach geltenden Haushaltsregeln alleine die Ukraine als Mitglied Anspruch auf 186 Milliarden Euro aus dem siebenjährigen EU-Budget. Von Stephan Israel und Till Hoppe
Die Saga um die beiden designierten Nachfolger von Frans Timmermans ist beendet. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) hat mehrheitlich der Ernennung von Wopke Hoekstra zum Klimakommissar und Maroš Šefčovič zum Green-Deal-Kommissar zugestimmt. Die finale Abstimmung im Plenum findet am heutigen Donnerstag gegen 12 Uhr in Straßburg statt. Die Zustimmung gilt jedoch als sicher, da nur eine einfache Mehrheit nötig ist.
Die zusätzlichen schriftlichen Antworten, die die Abgeordneten noch am Dienstag eingefordert hatten, hätten die Fraktionen von EVP, S&D, Renew und Grünen überzeugt, erklärte ENVI-Vorsitzender Pascal Canfin (Renew). Somit war die notwendige Zweidrittel-Mehrheit erreicht. EKR, Linke und ID stimmten gegen beide Kandidaten.
Hoekstra versprach in seinen zusätzlichen Antworten, eine Liste seiner Projekte und Kunden während seiner Zeit als McKinsey-Berater offenzulegen. Die Abgeordneten hatten dies eingefordert und er hatte es bereits bei seiner Anhörung mündlich zugesagt. Sein anderer ehemaliger Arbeitgeber Shell oder andere Ölkonzerne seien jedoch nicht dabei gewesen, stellte der Niederländer wiederholt klar.
Darüber hinaus führte Hoekstra noch detaillierter aus, wie er sich während der UN-Klimakonferenz in Dubai im Dezember (COP28) für mehr Mittel für die internationale Klimafinanzierung, insbesondere für Verluste und Schäden, einsetzen will. Er wolle weltweit eine Ausweitung der CO₂-Bepreisung sowie eine globale Luftverkehrssteuer erreichen, aus deren Einnahmen auch Loss & Damage finanziert werden soll.
“Ich finde jedoch, dass die EU nicht die Einzige sein sollte, die ihren Beitrag weiter erhöht, zumal wir bereits ein großer Beitragszahler sind.” Alle anderen großen Emittenten, die dazu in der Lage sind – “von den USA über die Vereinigten Arabischen Emirate bis hin zu China” – sollten einen größeren und gerechten Anteil an der Klimafinanzierung leisten, forderte Hoekstra. Er kündigte zudem an, sich für ein beschleunigtes Ende der fossilen Subventionen in den EU-Staaten und ein Erreichen der globalen Klimaziele ohne CCS einsetzen zu wollen.
Nach Šefčovičs Anhörung im ENVI am Dienstagmorgen war, bis auf die S&D-Fraktion, noch niemand überzeugt von der Performance des Slowaken. Daher wurden seine zusätzlichen Antworten mit besonderer Spannung erwartet. Die MEPs hatten konkretere Angaben zu den noch ausstehenden Gesetzesvorschlägen der Kommission vor Ende der Legislatur gefordert. Nun ist klar: Der Vorschlag zur Eindämmung von Mikroplastik kommt noch im Oktober, das Waldmonitoring-Gesetz im November und neue Regeln für Tiertransporte im Dezember.
Viel entscheidender ist jedoch, was nicht auf der Liste steht. Die Vorbereitungen für die EU-Chemikalienverordnung REACH liefen weiter, schreibt Šefčovič, nennt aber kein Datum. Damit dürfte klar sein, dass die von Umweltschützern lange erwartete Überarbeitung von REACH nicht mehr in diesem Jahr kommt, aller Voraussicht nach auch nicht mehr vor der Europawahl im Juni. Auch der Vorschlag für nachhaltige Lebensmittelsysteme sei noch in “Vorbereitung” und dürfte somit für diese Kommission vom Tisch sein.
Für den klimapolitischen Sprecher der EVP, Peter Liese, eine gute Nachricht. Hätte Šefčovič die gesamte “Wunschliste der Grünen” erfüllt und ein Datum für REACH genannt, hätte seine Fraktion Probleme mit seiner Ernennung gehabt, erklärte Liese am Mittwoch.
Damit ist auch klar, welchen Weg die Kommission beim Green Deal einschlägt. Zwar bekommt die EVP nicht das von ihr geforderte Gesetzesmoratorium für neue Klima- und Umweltauflagen und auch beim Streit um das Renaturierungsgesetz stellten sich Hoekstra und Šefčovič hinter ambitionierte Regeln zur Wiederherstellung der Natur. Allerdings ist das restliche Green-Deal-Programm der Kommission deutlich abgeschwächt worden, was vor allem der EVP, den Landwirten und der Industrie gefallen dürfte.
Nicht nur die REACH-Überarbeitung, die eigentlich schon vergangenes Jahr hätte kommen sollen und auf Druck der EVP verschoben wurde, ist ein Zeichen dafür. Auch die angekündigten neuen Regeln für Tiertransporte sollten ursprünglich noch viel weiter gefasst werden und zudem neue Auflagen für Tierwohl in Ställen beinhalten. Davon ist die Kommission nun abgerückt. Der Vorschlag für nachhaltige Lebensmittelsysteme hätte ebenfalls insbesondere die Agrarindustrie betroffen. Sie bleibt nun verschont von weiteren Auflagen.
Die S&D-Fraktion und die Grünen sehen sich trotz des deutlich abgeschwächten Green-Deal-Programms der Kommission als Sieger der verlängerten Befragung von Hoekstra und Šefčovič. Das liegt vor allem an dem klaren Bekenntnis der beiden zu einem 2040er-Klimaziel von mindestens 90 Prozent CO₂-Reduktion. An diesem Versprechen werden man sie messen, kündigte Tiemo Wölken (SPD) an, umweltpolitischer Sprecher der S&D-Fraktion.
Es sei ein “ambitioniertes Paket, das die Kommissare umsetzen müssen”, kommentierte der Grünen-Politiker Bas Eickhout. So solle beispielsweise untersucht werden, wie viele fossile Subventionen es in der EU gibt und wie diese gestoppt werden. “Nach Jahren des Kampfes stehen wir nun wirklich ganz oben auf der europäischen politischen Agenda.”
EVP-Mann Liese ist dagegen gar nicht begeistert von der klaren Haltung der Kommission. Da es bislang keine offizielle Position des Parlaments, geschweige denn des Umweltausschusses, zum 2040er-Klimaziel gebe, sehe er das Beharren mancher seiner Kolleginnen und Kollegen auf ein Bekenntnis der designierten Kommissare mit Skepsis. Auch die Zielsetzung von minus 90 Prozent CO₂-Reduktion hält er angesichts der noch nicht abgeschlossenen Konsultationen für verfrüht.
06.10.-08.10.2023, Amsterdam (Niederlande)
Global Climate Jobs Conference 2023
The Global Climate Jobs Conference 2023 brings together the climate and labour movement to discuss a radical restructuring of the economy. INFOS & REGISTRATION
06.10.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Elektroladeinfrastruktur
Der TÜV informiert über das digitale Managen von georeferenzierten Infrastrukturdaten und Mitverlegungspotenziale (Sektorenkopplung). INFOS & ANMELDUNG
06.10.2023 – 12:30-14:00 Uhr, Berlin/online
DGAP, Discussion EU Institutional Reforms: How to Prepare for Enlargement
The German Council on Foreign Relations (DGAP) explores how the EU can prepare for enlargement while improving its capacity to act, absorb new members, and protect the rule of law. INOS & REGISTRATION
09.10.-11.10.2023, Straßburg (Frankreich)
KAS, Seminar Europas Osten: Die Visegrádstaaten
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) beschäftigt sich mit dem historischen Hintergrund und der aktuellen politischen Ausrichtung der Visegrádstaaten. INFOS & ANMELDUNG
09.10.2023 – 09:00-16:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Stromkennzeichnung praxisnah
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) informiert über die aktuellen gesetzlichen Anforderungen der Stromkennzeichnung. INFOS
10.10-12.10.2023, Brüssel (Belgien)
EASE, Conference Energy Storage Global Conference
The European Association for Storage of Energy (EASE) discusses best practices for and trends in investment in energy storage. INFOS & REGISTRATION
10.10.2023 – 09:30-11:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Interreg Europe, Workshop How can regions and cities drive a just energy transition with and for their citizens?
Interreg Europe discusses the role and contribution of regions and cities in the just energy transition. INFOS & REGISTRATION
10.10.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Öffentliche Ladeinfrastruktur planen mit KI
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) gibt Einblicke in die KI-gestützte Bedarfsplanung für Standorte und Flächen. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 14:00-15:30 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch bmp greengas V
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt eine Plattform zum Austausch für die Zukunft der grünen Wärmewende nach dem Insolvenzfall von bmp greengas bereit. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 16:00-20:00 Uhr, Berlin
Kompetenzzentrum Öffentliche IT, Podiumsdiskussion Mind the Gap: Wie gelingt ein nachhaltiger Wissenstransfer für die Verwaltung von morgen?
Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT geht der Frage nach, wie sich Erkenntnisse aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft wirksam in die Praxis der öffentlichen Verwaltung übersetzen lassen. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 17:00-20:00 Uhr, Hamburg
Europe Direct, Workshop Europas wehrhafte Demokratie? Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union
Europe Direct beschäftigt sich mit der Stärkung der Resilienz der Rechtsstaatlichkeit in Europa. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 17:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
Bruegel, Discussion Digital empires: the global battle to regulate technology
Bruegel discusses competing regulatory approaches governing the digital economy. INFOS & REGISTRATION
10.10.2023 – 18:30-19:30 Uhr, online
KAS, Diskussion Europa vor der Wahl – Rumänien
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert über die aktuelle politische Situation in Rumänien und über die Einstellung der Rumänen zur EU. INFOS & ANMELDUNG
30.10.-26.11.2023, online
FSR, Seminar Specialised Training on the Regulation of Gas Markets
The Florence School of Regulation (FSR) helps to understand the basic principles and most topical issues of gas sector regulation in Europe and worldwide. REGISTRATION BY OCTOBER 8
Die Europäische Kommission hat das angekündigte Untersuchungsverfahren wegen staatlicher Förderung für chinesische Elektroautos begonnen. Begründet wird dieses damit, dass entsprechende Importe der Wirtschaft in der EU schaden. Die EU-Kommission habe “ausreichend Beweise gesammelt, aus denen hervorgeht, dass die Hersteller der zu untersuchenden Ware mit Ursprung in der Volksrepublik China verschiedene Subventionen von der chinesischen Regierung erhalten”, heißt es in der Bekanntmachung. Die Brüssler Behörde geht demnach von verschiedenen Subventionen aus:
Den Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle. Die Untersuchung von Subventionierung und Schädigung soll stichprobenartig erfolgen und umfasst den Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2023, heißt es in der Bekanntmachung. Die Untersuchung kann dazu führen, dass Strafzölle auf die chinesischen E-Autos erhoben werden.
Das Handelsministerium in Peking kritisierte diesen Schritt. Die EU handle aus rein subjektiven Annahmen und nicht nach den Regeln der Welthandelsorganisation, erklärte ein Sprecher am Mittwoch. “Die EU hat von China verlangt, Verhandlungen in einer sehr kurzen Zeit durchzuführen und es nicht geschafft, Unterlagen für die Verhandlungen bereitzustellen, was die Rechte der chinesischen Seite ernsthaft verletzt”, so die Behörde weiter.
Das Ministerium rief die EU dazu auf, ein faires Umfeld für die Entwicklung der chinesisch-europäischen E-Auto-Branche zu schaffen. China werde die Untersuchung genau beobachten und die Rechte seiner Unternehmen schützen, sagte der Sprecher. ari
“Radfahren ist eine der nachhaltigsten, zugänglichsten und integrativsten, kostengünstigsten und gesündesten Verkehrs- und Erholungsformen.” Das steht im Vorschlag der Kommission für die erste Erklärung der EU zum Radfahren, die die Kommission jetzt beschlossen hat. Die Erklärung hat neun Seiten und würdigt die Bedeutung des Radfahrens für Klimaschutz, Gesundheit und Volkswirtschaft.
In der Präambel heißt es unter anderem, dass die europäische Rad-Industrie global innovativ ist, dass über 1000 KMUs in der Branche tätig sind und schon jetzt mehr als eine Million Jobs bieten mit dem Potenzial für mehr. Die Erklärung besteht aus acht Kapiteln. Kapitel eins ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, eine konsequente Radfahrpolitik zu betreiben. Unternehmen sollten etwa das Radfahren der Belegschaften fördern, zum Beispiel über Cycle-to-work-Programme, Dienst-E-Räder, ausreichend Parkplätze für Radler und die Nutzung von Lieferdiensten per Fahrrad.
Kapitel drei ruft dazu auf, die Infrastruktur zu verbessern, mehr Radwege einschließlich Radautobahnen und ein Netz von Ladestationen zu bauen. Kapitel fünf ist mehr Sicherheit beim Radfahren gewidmet. Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten halbiert werden. Im Jahr 2050 soll es gar keine tödlichen Verkehrsunfälle mehr mit Radlern geben. Weitere Kapitel sind dem Fahrrad und Tourismus sowie den Daten beim Radfahren gewidmet.
Verkehrspolitikerin Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne) bewertet die Strategie so: “Seit Sommer 2022 kämpfen wir dafür, dass das Fahrrad als gleichwertiges Verkehrsmittel auf europäischer Ebene anerkannt wird.” Die Erklärung bescheinige dem Rad ein großes Potenzial. Die Kommission erkenne die wichtige Rolle des Verkehrsmittels Fahrrad erstmals an. Dennoch ist Deparnay-Grunenberg enttäuscht: “Die Deklaration bleibt weit hinter dem zurück, was das Parlament und die Mitgliedstaaten von der Kommission erwartet haben.” Statt einer “Strategie mit verbindlichen Gesetzen” gebe es nur eine “nicht-verbindliche Absichtserklärung”. mgr
Die europäische Supercomputing-Initiative European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU) und ein deutsch-französisches Konsortium haben einen Vertrag zum Bau des Exascale-Supercomputers Jupiter geschlossen. Das teilten EuroHPC JU und das Forschungszentrum Jülich mit.
Jupiter wird Europas erster Superrechner der Exascale-Klasse und soll bereits 2024 seine Arbeit am Jülich Supercomputing Centre (JSC) in Nordrhein-Westfahlen aufnehmen. Sein Einsatzgebiet: höchst rechenintensive Simulationen und KI-Anwendungen in Wissenschaft und Industrie.
Gebaut wird der Superrechner von ParTec, einem deutschen Unternehmen und Eviden, das zum französischen IT-Dienstleisters Atos gehört. EuroHPC JU beschafft den Supercomputer, das Jülich Supercomputing Centre wird ihn betreiben.
Die Kosten für das System und seinen Betrieb über einen Zeitraum von voraussichtlich sechs Jahren belaufen sich auf 500 Millionen Euro. Die Hälfte bringt die Europäischen Union auf. Weitere zwei Viertel finanzieren das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
Der Name Jupiter steht für “Joint Undertaking Pioneer for Innovative and Transformative Exascale Research”. Der Superrechner wird nach Angaben des Forschungszentrums Jülich das erste System in Europa mit einer Rechenleistung von mehr als einem Exaflop pro Sekunde sein. Das entspricht einer Trillion Operationen pro Sekunde oder der Rechenleistung von zehn Millionen modernen Notebooks, rechnet Jülich vor.
Ende vergangenen Jahres war im Rahmen des EuroHPC JU im italienischen Bologna der Superrechner Leonardo mit einer Rechenleistung von 250 Petaflops (250 Millionen Milliarden Berechnungen pro Sekunde) an den Start gegangen. Zuletzt hatte die Europäische Kommission in Portugal das Hochleistungsrechensystem Deucalion eingeweiht, das über eine Rechenkapazität von zehn Petaflops verfügt. vis
“Ich bin ein Realist mit einem leichten Hang zum Optimismus”, sagt Nils Aldag. Im Laufe der Jahre habe er bei Sunfire allerdings die Rolle eines Optimisten übernommen, erzählt der Mitgründer und CEO des Dresdner Elektrolyse-Spezialisten. Diesen Satz glaubt man dem 36-Jährigen sofort. Vor allem, weil es 2010, bei der Unternehmensgründung von Sunfire, noch so aussah, als seien Aldag und seine Mitgründer mit dem Thema grüner Wasserstoff ihrer Zeit voraus. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet: ”Wir bewegen uns in einer Branche, in der alle Pfeile nach oben zeigen”, sagt der Sunfire-CEO. Während der letzten 24 Monate sei eine erhebliche Beschleunigung in das Thema erneuerbare Energien gekommen.
Dann erzählt der gebürtige Hamburger seine persönliche Geschichte. Er redet darüber, warum es ein Privileg ist, aus einer Unternehmerfamilie zu kommen. Warum er nach seinem BWL- und Wirtschaftsrechts-Studium erst mal neue Perspektiven suchte und sich deshalb für eine Abschlussarbeit über das Thema erneuerbare Energietechnologien entschied. Und warum er als “Junior” zu Sunfire kam – da war Nils Aldag gerade einmal 24 Jahre alt. Er spricht druckreif, durchdacht, mit einem klaren Blick auf die Welt. Und er ist extrem bescheiden: “Mir geht es vor allem darum, ein nachhaltiges Unternehmen zu schaffen. Ich bin nicht eitel, deswegen ist es mir auch egal, ob dieses Unternehmen in zehn Jahren immer noch Sunfire heißt und ob ich dann immer noch als CEO dabei bin.”
Stattdessen hat Aldag eher das große Ganze im Blick. Er will aus Sunfire die “nächste große Erfolgsstory” machen. Damit könnte er richtig liegen, denn schon heute wird das Unternehmen als der Hidden Champion der Energiewende gehandelt. Schließlich hat der Dresdner Elektrolysespezialist bereits eine rasante Entwicklung hingelegt – von einem Start-up hin zu einem mittelständischen Industrieunternehmen, das Medienberichten zufolge kurz vor einer Milliardenbewertung steht.
Was ist das Kerngeschäft von Sunfire? “Das ist ziemlich komplex, was wir hier machen. Jede Maschine, die wir bauen, gleicht einer kleinen Chemiefabrik”, sagt Aldag. Das Geschäftsmodell könne man aber trotzdem kurz und verständlich auf den Punkt bringen: “Wir bauen Maschinen – die sogenannten Elektrolyseure – die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Um diese Spaltung durchführen zu können, brauchen wir erneuerbaren Strom aus Sonne und Wind.”
Der Wasserstoff, der mithilfe der Elektrolyseure hergestellt wird, könne entweder in Reinform oder kombiniert mit anderen Molekülen genutzt werden, um all das zu ersetzen, was heute aus Erdöl, Erdgas und Kohle hergestellt wird. Zu den Kunden von Sunfire gehören neben Energieversorgern wie RWE, Mineralölkonzerne wie Total und Stahlkonzerne wie die Salzgitter AG. Ultimatives Ziel ist es, erneuerbare Energien überall dahin zu bringen, wo sie in elektrischer Form nicht hingelangen können, und Erdgas, Erdöl und Kohle damit überflüssig zu machen.
Was am Ende des Gesprächs bleibt, ist dieser Eindruck: Nils Aldag ist nicht nur ein Pionier, sondern auch ein Prototyp für eine neue “grüne” Unternehmergeneration. Und er ist überaus erfolgreich. Der Gründer und Unternehmer bewegt sich mit seinem Unternehmen in einem kommenden Milliardenmarkt. Allein in der EU sollen sich die Elektrolysekapazitäten bis 2030 von derzeit 1.000 Megawatt auf 40.000 Megawatt erhöhen. Aldag: “Wir wollen ein Champion in dieser wahnsinnig spannenden Zukunftsbranche werden.” Gabriele Voßkühler
Anfang der nächsten Woche treffen sich die Kabinette Frankreichs und Deutschlands in der Nähe Hamburgs zur gemeinsamen Klausurtagung. Es soll ein möglichst offener Gedankenaustausch werden, ohne lange Anschlusserklärungen wie beim jüngsten Ministerrat. Um das Treffen nicht zu belasten, versuchen Regierungsvertreter in Berlin und Paris im Vorfeld noch einige der vielen Meinungsunterschiede auszuräumen.
Dazu zählt, neben dem gemeinsamen Kampfpanzerprojekt, die Energiepolitik. “Wir brauchen eine große Verhandlungslösung”, sagte der Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold der Financial Times. Seit Monaten streiten beide Regierungen über Teile der Strommarktreform: Die Bundesregierung warnt, Paris wolle seiner Industrie über subventionierte Strompreise aus seinen alten Atomkraftwerken einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ob der Knoten bis zur gemeinsamen Kabinettssitzung oder bis zum Energierat am 17. Oktober zerschlagen werden kann, ist laut Beteiligten völlig unklar.
Doch die Suche nach möglichen Kompromissen läuft auf Hochtouren. Nach Frankreich und einigen verbündeten Staaten speisen nun Deutschland und Italien einen gemeinsamen Vorschlag ein, der Table.Media vorliegt. Darin schlagen Berlin und Rom drei Optionen vor, wie bestehende AKW bei Laufzeitverlängerungen über sogenannte Differenzverträge (CfDs) gefördert werden könnten. So könnten die anfallenden Investitionen gefördert und zugleich Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden, heißt es in dem Papier.
Bleibt abzuwarten, ob sich beide Seiten damit näher kommen.
Das neue Format der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPC), einst von Frankreichs Präsident Macron angestoßen, scheint sich zu etablieren. Nach Treffen in Prag und Chişinău kommen heute knapp 50 Staats- und Regierungschefs in Granada bereits zum dritten EPC-Gipfel zusammen. Der Ablauf ist wieder ähnlich, mit einem halbstündigen Auftakt im Plenum, geführt von Gastgeber Spanien. Danach wird in vier Arbeitsgruppen im kleineren Kreis über Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Multilateralismus sowie Energie und Umwelt weiter diskutiert. Eine Art Brainstorming auf Chefebene, aber eher ohne konkrete Ergebnisse.
Die Staats- und Regierungschefs schätzten das lockere und informelle Format, ohne den Druck, sich am Ende auf Schlussfolgerungen einigen zu müssen, sagen Diplomaten. Der Mehrwert des neuen Formats dürfte aber auch daran liegen, dass am Nachmittag relativ viel Zeit für bilaterale Gespräche reserviert ist. Hier sind die Vorzeichen diesmal allerdings ungünstig. Eigentlich war ein Vierertreffen zwischen Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev und Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan geplant, assistiert von Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron. Ilham Aliyev sagte laut der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur APA jedoch kurzfristig seine Teilnahme ab.
Der Präsident werde wegen der “antiaserbaidschanischen Stimmung” der übrigen Gipfelteilnehmer nicht nach Granada fahren, berichtet die Nachrichtenagentur. In Baku soll vor allem der Besuch der französischen Außenministerin Catherine Colonna schlecht angekommen sein. Die französische Chefdiplomatin hatte in Eriwan Aserbaidschan für die Vertreibung der Karabach-Armenier verurteilt und Waffenlieferungen an Armenien in Aussicht gestellt.
Das neue Format des EPC könnte möglicherweise an seine Grenzen stoßen. Neben Bergkarabach dürfte in Granada auch die jüngste Eskalation zwischen Serbien und Kosovo im Fokus sein. Hier war ebenfalls bis zuletzt unklar, ob ein geplantes bilaterales Treffen zwischen Serbiens Präsident Alexander Vučić und Kosovos Präsidentin Vjosa Osmani zustande kommt. Beim letzten EPC-Gipfel soll Vučić die Kosovarin vor allem beschimpft haben. Diesmal wollen die beiden Kontrahenten zumindest wieder anreisen.
Besser sind die Vorzeichen für den informellen EU-Gipfel am Freitag, mit der Erweiterung und der Migration als Haupthemen. Der Streit um die Blockade bei der sogenannten Krisenverordnung drohte das Treffen in Granada zu dominieren. Nach der Einigung im Ausschuss der Ständigen Vertreter auf eine gemeinsame Position zur eben jener Verordnung können nun die Verhandlungen mit den EU-Parlament zur Asylreform vorangetrieben werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Einigung beim Kernelement der geplanten Asylreform als “echten Gamechanger”.
Die Krisenverordnung sieht vor, dass bei einem besonders starken Anstieg der Migration ein größerer Kreis von Migranten und Asylsuchenden länger unter haftähnlichen Bedingungen im geplanten strengeren Grenzverfahren auf eine Entscheidung warten müssten. Laut Diplomaten kann neu der Krisenfall auch ausgerufen werden, wenn wegen privaten Seenotrettungseinsätzen besonders viele Migranten an Land kommen. Italien hatte auf entsprechende Formulierungen bedrängt.
Die Staats- und Regierungschefs sollen am informellen Gipfel die sogenannte “Granada Erklärung” verabschieden. An erster Stelle dort die sogenannte strategische Agenda mit den Prioritäten für das nächste Jahr und mit einem Ausblick auf die nächste Legislaturperiode. Die Pandemie und Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine hätten die Widerstandskraft der EU auf die Probe gestellt, heißt es im Entwurf. Die EU habe ihre Abhängigkeiten reduziert und ihre Versorgung diversifiziert, doch mehr müsse für ein wettbewerbsfähiges Europa getan werden.
Prominent erwähnt wird auch die Erweiterung: “Erweiterung ist eine geostrategische Investition in Frieden, Sicherheit, Stabilität und Wohlstand“, heißt es im Entwurf. Berlin erhofft sich von dem informellen EU-Gipfel vor allem, dass der Prozess der EU-Erweiterung an einen parallelen Prozess zur Reform der EU-Institutionen geknüpft wird. Kanzler Olaf Scholz hatte darauf mehrfach öffentlich gepocht.
Mit dem aktuellen Entwurf der Gipfel-Erklärung zeigt man sich in der Bundesregierung sehr zufrieden. Dort heißt es: “Im Hinblick auf die Aussicht auf eine weitere Erweiterung der Union müssen sowohl die EU als auch die künftigen Mitgliedstaaten bereit sein.” Die Beitrittskandidaten müssen ihre Reformbemühungen verstärken. “Parallel dazu muss die Union die notwendigen internen Voraussetzungen schaffen, um die Union für die Erweiterung fit zu machen.”
Laut einem hochrangigen EU-Diplomaten soll Granada den Anstoß zu einem Diskussionsprozess geben. Es gehe zunächst darum zu identifizieren, welche Politbereiche von einer Erweiterung betroffen seien. Es gehe um viel mehr als nur um die gemeinsame Agrarpolitik. Nach Berechnungen von Experten des Rates hätte nach geltenden Haushaltsregeln alleine die Ukraine als Mitglied Anspruch auf 186 Milliarden Euro aus dem siebenjährigen EU-Budget. Von Stephan Israel und Till Hoppe
Die Saga um die beiden designierten Nachfolger von Frans Timmermans ist beendet. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments (ENVI) hat mehrheitlich der Ernennung von Wopke Hoekstra zum Klimakommissar und Maroš Šefčovič zum Green-Deal-Kommissar zugestimmt. Die finale Abstimmung im Plenum findet am heutigen Donnerstag gegen 12 Uhr in Straßburg statt. Die Zustimmung gilt jedoch als sicher, da nur eine einfache Mehrheit nötig ist.
Die zusätzlichen schriftlichen Antworten, die die Abgeordneten noch am Dienstag eingefordert hatten, hätten die Fraktionen von EVP, S&D, Renew und Grünen überzeugt, erklärte ENVI-Vorsitzender Pascal Canfin (Renew). Somit war die notwendige Zweidrittel-Mehrheit erreicht. EKR, Linke und ID stimmten gegen beide Kandidaten.
Hoekstra versprach in seinen zusätzlichen Antworten, eine Liste seiner Projekte und Kunden während seiner Zeit als McKinsey-Berater offenzulegen. Die Abgeordneten hatten dies eingefordert und er hatte es bereits bei seiner Anhörung mündlich zugesagt. Sein anderer ehemaliger Arbeitgeber Shell oder andere Ölkonzerne seien jedoch nicht dabei gewesen, stellte der Niederländer wiederholt klar.
Darüber hinaus führte Hoekstra noch detaillierter aus, wie er sich während der UN-Klimakonferenz in Dubai im Dezember (COP28) für mehr Mittel für die internationale Klimafinanzierung, insbesondere für Verluste und Schäden, einsetzen will. Er wolle weltweit eine Ausweitung der CO₂-Bepreisung sowie eine globale Luftverkehrssteuer erreichen, aus deren Einnahmen auch Loss & Damage finanziert werden soll.
“Ich finde jedoch, dass die EU nicht die Einzige sein sollte, die ihren Beitrag weiter erhöht, zumal wir bereits ein großer Beitragszahler sind.” Alle anderen großen Emittenten, die dazu in der Lage sind – “von den USA über die Vereinigten Arabischen Emirate bis hin zu China” – sollten einen größeren und gerechten Anteil an der Klimafinanzierung leisten, forderte Hoekstra. Er kündigte zudem an, sich für ein beschleunigtes Ende der fossilen Subventionen in den EU-Staaten und ein Erreichen der globalen Klimaziele ohne CCS einsetzen zu wollen.
Nach Šefčovičs Anhörung im ENVI am Dienstagmorgen war, bis auf die S&D-Fraktion, noch niemand überzeugt von der Performance des Slowaken. Daher wurden seine zusätzlichen Antworten mit besonderer Spannung erwartet. Die MEPs hatten konkretere Angaben zu den noch ausstehenden Gesetzesvorschlägen der Kommission vor Ende der Legislatur gefordert. Nun ist klar: Der Vorschlag zur Eindämmung von Mikroplastik kommt noch im Oktober, das Waldmonitoring-Gesetz im November und neue Regeln für Tiertransporte im Dezember.
Viel entscheidender ist jedoch, was nicht auf der Liste steht. Die Vorbereitungen für die EU-Chemikalienverordnung REACH liefen weiter, schreibt Šefčovič, nennt aber kein Datum. Damit dürfte klar sein, dass die von Umweltschützern lange erwartete Überarbeitung von REACH nicht mehr in diesem Jahr kommt, aller Voraussicht nach auch nicht mehr vor der Europawahl im Juni. Auch der Vorschlag für nachhaltige Lebensmittelsysteme sei noch in “Vorbereitung” und dürfte somit für diese Kommission vom Tisch sein.
Für den klimapolitischen Sprecher der EVP, Peter Liese, eine gute Nachricht. Hätte Šefčovič die gesamte “Wunschliste der Grünen” erfüllt und ein Datum für REACH genannt, hätte seine Fraktion Probleme mit seiner Ernennung gehabt, erklärte Liese am Mittwoch.
Damit ist auch klar, welchen Weg die Kommission beim Green Deal einschlägt. Zwar bekommt die EVP nicht das von ihr geforderte Gesetzesmoratorium für neue Klima- und Umweltauflagen und auch beim Streit um das Renaturierungsgesetz stellten sich Hoekstra und Šefčovič hinter ambitionierte Regeln zur Wiederherstellung der Natur. Allerdings ist das restliche Green-Deal-Programm der Kommission deutlich abgeschwächt worden, was vor allem der EVP, den Landwirten und der Industrie gefallen dürfte.
Nicht nur die REACH-Überarbeitung, die eigentlich schon vergangenes Jahr hätte kommen sollen und auf Druck der EVP verschoben wurde, ist ein Zeichen dafür. Auch die angekündigten neuen Regeln für Tiertransporte sollten ursprünglich noch viel weiter gefasst werden und zudem neue Auflagen für Tierwohl in Ställen beinhalten. Davon ist die Kommission nun abgerückt. Der Vorschlag für nachhaltige Lebensmittelsysteme hätte ebenfalls insbesondere die Agrarindustrie betroffen. Sie bleibt nun verschont von weiteren Auflagen.
Die S&D-Fraktion und die Grünen sehen sich trotz des deutlich abgeschwächten Green-Deal-Programms der Kommission als Sieger der verlängerten Befragung von Hoekstra und Šefčovič. Das liegt vor allem an dem klaren Bekenntnis der beiden zu einem 2040er-Klimaziel von mindestens 90 Prozent CO₂-Reduktion. An diesem Versprechen werden man sie messen, kündigte Tiemo Wölken (SPD) an, umweltpolitischer Sprecher der S&D-Fraktion.
Es sei ein “ambitioniertes Paket, das die Kommissare umsetzen müssen”, kommentierte der Grünen-Politiker Bas Eickhout. So solle beispielsweise untersucht werden, wie viele fossile Subventionen es in der EU gibt und wie diese gestoppt werden. “Nach Jahren des Kampfes stehen wir nun wirklich ganz oben auf der europäischen politischen Agenda.”
EVP-Mann Liese ist dagegen gar nicht begeistert von der klaren Haltung der Kommission. Da es bislang keine offizielle Position des Parlaments, geschweige denn des Umweltausschusses, zum 2040er-Klimaziel gebe, sehe er das Beharren mancher seiner Kolleginnen und Kollegen auf ein Bekenntnis der designierten Kommissare mit Skepsis. Auch die Zielsetzung von minus 90 Prozent CO₂-Reduktion hält er angesichts der noch nicht abgeschlossenen Konsultationen für verfrüht.
06.10.-08.10.2023, Amsterdam (Niederlande)
Global Climate Jobs Conference 2023
The Global Climate Jobs Conference 2023 brings together the climate and labour movement to discuss a radical restructuring of the economy. INFOS & REGISTRATION
06.10.2023 – 10:00-11:00 Uhr, online
TÜV, Seminar Elektroladeinfrastruktur
Der TÜV informiert über das digitale Managen von georeferenzierten Infrastrukturdaten und Mitverlegungspotenziale (Sektorenkopplung). INFOS & ANMELDUNG
06.10.2023 – 12:30-14:00 Uhr, Berlin/online
DGAP, Discussion EU Institutional Reforms: How to Prepare for Enlargement
The German Council on Foreign Relations (DGAP) explores how the EU can prepare for enlargement while improving its capacity to act, absorb new members, and protect the rule of law. INOS & REGISTRATION
09.10.-11.10.2023, Straßburg (Frankreich)
KAS, Seminar Europas Osten: Die Visegrádstaaten
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) beschäftigt sich mit dem historischen Hintergrund und der aktuellen politischen Ausrichtung der Visegrádstaaten. INFOS & ANMELDUNG
09.10.2023 – 09:00-16:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Stromkennzeichnung praxisnah
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) informiert über die aktuellen gesetzlichen Anforderungen der Stromkennzeichnung. INFOS
10.10-12.10.2023, Brüssel (Belgien)
EASE, Conference Energy Storage Global Conference
The European Association for Storage of Energy (EASE) discusses best practices for and trends in investment in energy storage. INFOS & REGISTRATION
10.10.2023 – 09:30-11:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Interreg Europe, Workshop How can regions and cities drive a just energy transition with and for their citizens?
Interreg Europe discusses the role and contribution of regions and cities in the just energy transition. INFOS & REGISTRATION
10.10.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Öffentliche Ladeinfrastruktur planen mit KI
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) gibt Einblicke in die KI-gestützte Bedarfsplanung für Standorte und Flächen. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 14:00-15:30 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch bmp greengas V
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) stellt eine Plattform zum Austausch für die Zukunft der grünen Wärmewende nach dem Insolvenzfall von bmp greengas bereit. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 16:00-20:00 Uhr, Berlin
Kompetenzzentrum Öffentliche IT, Podiumsdiskussion Mind the Gap: Wie gelingt ein nachhaltiger Wissenstransfer für die Verwaltung von morgen?
Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT geht der Frage nach, wie sich Erkenntnisse aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft wirksam in die Praxis der öffentlichen Verwaltung übersetzen lassen. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 17:00-20:00 Uhr, Hamburg
Europe Direct, Workshop Europas wehrhafte Demokratie? Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union
Europe Direct beschäftigt sich mit der Stärkung der Resilienz der Rechtsstaatlichkeit in Europa. INFOS & ANMELDUNG
10.10.2023 – 17:00-18:00 Uhr, Brüssel (Belgien)/online
Bruegel, Discussion Digital empires: the global battle to regulate technology
Bruegel discusses competing regulatory approaches governing the digital economy. INFOS & REGISTRATION
10.10.2023 – 18:30-19:30 Uhr, online
KAS, Diskussion Europa vor der Wahl – Rumänien
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) diskutiert über die aktuelle politische Situation in Rumänien und über die Einstellung der Rumänen zur EU. INFOS & ANMELDUNG
30.10.-26.11.2023, online
FSR, Seminar Specialised Training on the Regulation of Gas Markets
The Florence School of Regulation (FSR) helps to understand the basic principles and most topical issues of gas sector regulation in Europe and worldwide. REGISTRATION BY OCTOBER 8
Die Europäische Kommission hat das angekündigte Untersuchungsverfahren wegen staatlicher Förderung für chinesische Elektroautos begonnen. Begründet wird dieses damit, dass entsprechende Importe der Wirtschaft in der EU schaden. Die EU-Kommission habe “ausreichend Beweise gesammelt, aus denen hervorgeht, dass die Hersteller der zu untersuchenden Ware mit Ursprung in der Volksrepublik China verschiedene Subventionen von der chinesischen Regierung erhalten”, heißt es in der Bekanntmachung. Die Brüssler Behörde geht demnach von verschiedenen Subventionen aus:
Den Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle. Die Untersuchung von Subventionierung und Schädigung soll stichprobenartig erfolgen und umfasst den Zeitraum vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2023, heißt es in der Bekanntmachung. Die Untersuchung kann dazu führen, dass Strafzölle auf die chinesischen E-Autos erhoben werden.
Das Handelsministerium in Peking kritisierte diesen Schritt. Die EU handle aus rein subjektiven Annahmen und nicht nach den Regeln der Welthandelsorganisation, erklärte ein Sprecher am Mittwoch. “Die EU hat von China verlangt, Verhandlungen in einer sehr kurzen Zeit durchzuführen und es nicht geschafft, Unterlagen für die Verhandlungen bereitzustellen, was die Rechte der chinesischen Seite ernsthaft verletzt”, so die Behörde weiter.
Das Ministerium rief die EU dazu auf, ein faires Umfeld für die Entwicklung der chinesisch-europäischen E-Auto-Branche zu schaffen. China werde die Untersuchung genau beobachten und die Rechte seiner Unternehmen schützen, sagte der Sprecher. ari
“Radfahren ist eine der nachhaltigsten, zugänglichsten und integrativsten, kostengünstigsten und gesündesten Verkehrs- und Erholungsformen.” Das steht im Vorschlag der Kommission für die erste Erklärung der EU zum Radfahren, die die Kommission jetzt beschlossen hat. Die Erklärung hat neun Seiten und würdigt die Bedeutung des Radfahrens für Klimaschutz, Gesundheit und Volkswirtschaft.
In der Präambel heißt es unter anderem, dass die europäische Rad-Industrie global innovativ ist, dass über 1000 KMUs in der Branche tätig sind und schon jetzt mehr als eine Million Jobs bieten mit dem Potenzial für mehr. Die Erklärung besteht aus acht Kapiteln. Kapitel eins ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, eine konsequente Radfahrpolitik zu betreiben. Unternehmen sollten etwa das Radfahren der Belegschaften fördern, zum Beispiel über Cycle-to-work-Programme, Dienst-E-Räder, ausreichend Parkplätze für Radler und die Nutzung von Lieferdiensten per Fahrrad.
Kapitel drei ruft dazu auf, die Infrastruktur zu verbessern, mehr Radwege einschließlich Radautobahnen und ein Netz von Ladestationen zu bauen. Kapitel fünf ist mehr Sicherheit beim Radfahren gewidmet. Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten halbiert werden. Im Jahr 2050 soll es gar keine tödlichen Verkehrsunfälle mehr mit Radlern geben. Weitere Kapitel sind dem Fahrrad und Tourismus sowie den Daten beim Radfahren gewidmet.
Verkehrspolitikerin Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne) bewertet die Strategie so: “Seit Sommer 2022 kämpfen wir dafür, dass das Fahrrad als gleichwertiges Verkehrsmittel auf europäischer Ebene anerkannt wird.” Die Erklärung bescheinige dem Rad ein großes Potenzial. Die Kommission erkenne die wichtige Rolle des Verkehrsmittels Fahrrad erstmals an. Dennoch ist Deparnay-Grunenberg enttäuscht: “Die Deklaration bleibt weit hinter dem zurück, was das Parlament und die Mitgliedstaaten von der Kommission erwartet haben.” Statt einer “Strategie mit verbindlichen Gesetzen” gebe es nur eine “nicht-verbindliche Absichtserklärung”. mgr
Die europäische Supercomputing-Initiative European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU) und ein deutsch-französisches Konsortium haben einen Vertrag zum Bau des Exascale-Supercomputers Jupiter geschlossen. Das teilten EuroHPC JU und das Forschungszentrum Jülich mit.
Jupiter wird Europas erster Superrechner der Exascale-Klasse und soll bereits 2024 seine Arbeit am Jülich Supercomputing Centre (JSC) in Nordrhein-Westfahlen aufnehmen. Sein Einsatzgebiet: höchst rechenintensive Simulationen und KI-Anwendungen in Wissenschaft und Industrie.
Gebaut wird der Superrechner von ParTec, einem deutschen Unternehmen und Eviden, das zum französischen IT-Dienstleisters Atos gehört. EuroHPC JU beschafft den Supercomputer, das Jülich Supercomputing Centre wird ihn betreiben.
Die Kosten für das System und seinen Betrieb über einen Zeitraum von voraussichtlich sechs Jahren belaufen sich auf 500 Millionen Euro. Die Hälfte bringt die Europäischen Union auf. Weitere zwei Viertel finanzieren das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
Der Name Jupiter steht für “Joint Undertaking Pioneer for Innovative and Transformative Exascale Research”. Der Superrechner wird nach Angaben des Forschungszentrums Jülich das erste System in Europa mit einer Rechenleistung von mehr als einem Exaflop pro Sekunde sein. Das entspricht einer Trillion Operationen pro Sekunde oder der Rechenleistung von zehn Millionen modernen Notebooks, rechnet Jülich vor.
Ende vergangenen Jahres war im Rahmen des EuroHPC JU im italienischen Bologna der Superrechner Leonardo mit einer Rechenleistung von 250 Petaflops (250 Millionen Milliarden Berechnungen pro Sekunde) an den Start gegangen. Zuletzt hatte die Europäische Kommission in Portugal das Hochleistungsrechensystem Deucalion eingeweiht, das über eine Rechenkapazität von zehn Petaflops verfügt. vis
“Ich bin ein Realist mit einem leichten Hang zum Optimismus”, sagt Nils Aldag. Im Laufe der Jahre habe er bei Sunfire allerdings die Rolle eines Optimisten übernommen, erzählt der Mitgründer und CEO des Dresdner Elektrolyse-Spezialisten. Diesen Satz glaubt man dem 36-Jährigen sofort. Vor allem, weil es 2010, bei der Unternehmensgründung von Sunfire, noch so aussah, als seien Aldag und seine Mitgründer mit dem Thema grüner Wasserstoff ihrer Zeit voraus. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet: ”Wir bewegen uns in einer Branche, in der alle Pfeile nach oben zeigen”, sagt der Sunfire-CEO. Während der letzten 24 Monate sei eine erhebliche Beschleunigung in das Thema erneuerbare Energien gekommen.
Dann erzählt der gebürtige Hamburger seine persönliche Geschichte. Er redet darüber, warum es ein Privileg ist, aus einer Unternehmerfamilie zu kommen. Warum er nach seinem BWL- und Wirtschaftsrechts-Studium erst mal neue Perspektiven suchte und sich deshalb für eine Abschlussarbeit über das Thema erneuerbare Energietechnologien entschied. Und warum er als “Junior” zu Sunfire kam – da war Nils Aldag gerade einmal 24 Jahre alt. Er spricht druckreif, durchdacht, mit einem klaren Blick auf die Welt. Und er ist extrem bescheiden: “Mir geht es vor allem darum, ein nachhaltiges Unternehmen zu schaffen. Ich bin nicht eitel, deswegen ist es mir auch egal, ob dieses Unternehmen in zehn Jahren immer noch Sunfire heißt und ob ich dann immer noch als CEO dabei bin.”
Stattdessen hat Aldag eher das große Ganze im Blick. Er will aus Sunfire die “nächste große Erfolgsstory” machen. Damit könnte er richtig liegen, denn schon heute wird das Unternehmen als der Hidden Champion der Energiewende gehandelt. Schließlich hat der Dresdner Elektrolysespezialist bereits eine rasante Entwicklung hingelegt – von einem Start-up hin zu einem mittelständischen Industrieunternehmen, das Medienberichten zufolge kurz vor einer Milliardenbewertung steht.
Was ist das Kerngeschäft von Sunfire? “Das ist ziemlich komplex, was wir hier machen. Jede Maschine, die wir bauen, gleicht einer kleinen Chemiefabrik”, sagt Aldag. Das Geschäftsmodell könne man aber trotzdem kurz und verständlich auf den Punkt bringen: “Wir bauen Maschinen – die sogenannten Elektrolyseure – die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Um diese Spaltung durchführen zu können, brauchen wir erneuerbaren Strom aus Sonne und Wind.”
Der Wasserstoff, der mithilfe der Elektrolyseure hergestellt wird, könne entweder in Reinform oder kombiniert mit anderen Molekülen genutzt werden, um all das zu ersetzen, was heute aus Erdöl, Erdgas und Kohle hergestellt wird. Zu den Kunden von Sunfire gehören neben Energieversorgern wie RWE, Mineralölkonzerne wie Total und Stahlkonzerne wie die Salzgitter AG. Ultimatives Ziel ist es, erneuerbare Energien überall dahin zu bringen, wo sie in elektrischer Form nicht hingelangen können, und Erdgas, Erdöl und Kohle damit überflüssig zu machen.
Was am Ende des Gesprächs bleibt, ist dieser Eindruck: Nils Aldag ist nicht nur ein Pionier, sondern auch ein Prototyp für eine neue “grüne” Unternehmergeneration. Und er ist überaus erfolgreich. Der Gründer und Unternehmer bewegt sich mit seinem Unternehmen in einem kommenden Milliardenmarkt. Allein in der EU sollen sich die Elektrolysekapazitäten bis 2030 von derzeit 1.000 Megawatt auf 40.000 Megawatt erhöhen. Aldag: “Wir wollen ein Champion in dieser wahnsinnig spannenden Zukunftsbranche werden.” Gabriele Voßkühler