Table.Briefing: Europe

Debatte der Spitzenkandidaten + Apple’s iPad im Visier des DMA

Liebe Leserin, lieber Leser,

hätte die EU noch die Kraft für einen vergleichbaren Erweiterungsschub? Am 1. Mai vor 20 Jahren wuchs sie auf einen Schlag um zehn neue Mitglieder auf 25 Staaten. Die belgische Ratspräsidentschaft hat vor dem Hintergrund des Jubiläums ein zweitägiges informelles Treffen des Allgemeinen Rates angesetzt, das Montag mit einer Zeremonie im Brüsseler Kunstzentrum Bozar begann. Dass der Optimismus von damals verflogen ist, illustriert nicht zuletzt der Blick auf die Teilnehmerliste. Statt die Außen- oder Europaminister zur Geburtstagsfeier zu schicken, lassen sich nicht wenige Mitgliedstaaten durch Staatssekretäre oder ihren EU-Botschafter vertreten.

Bei einem Arbeitsfrühstück heute sind auch die neun offiziellen Kandidatenländer plus Kosovo mit dabei. Das neue Format unterstreiche die enge Partnerschaft der EU zu den künftigen Mitgliedern, so die belgische Ratspräsidentschaft. Im Fokus die Frage der Rechtsstaatlichkeit, wo es zuletzt bei einigen Beitrittskandidaten mehr Rück- als Fortschritte gab. Im Kreis der EU-Mitglieder ist dann Thema, wie sich die EU für die nächsten Erweiterungsschritte fit machen und handlungsfähig bleiben kann. In einem Gastbeitrag für verschiedene europäische Medien wirbt Außenministerin Annalena Baerbock für die Aufnahme weiterer Länder in die EU. Politische und geografische Grauzonen auf dem Balkan oder im Osten der EU seien brandgefährlich.

Den großen big bang wie 2004 wird es wohl nicht wieder geben. Die besten Chancen auf einen Beitritt noch in diesem Jahrzehnt hat wohl das kleine Montenegro. Erweiterungsmüdigkeit kann sich die EU nicht leisten. Es geht spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine um Geopolitik. Und wie die Bilder von den proeuropäischen Demonstrationen in Tiflis gegen Georgiens prorussische Regierung zeigen, ist eine Mitgliedschaft im Club als Gegenprogramm zu Wladimir Putins imperialen Plänen zumindest in einigen Kandidatenländern ungebrochen attraktiv. Kommen Sie gut in den Feiertag!

Ihr
Stephan Israel
Bild von Stephan  Israel

Analyse

Wie sich die Klimabewegung auf die Europawahl vorbereitet: Die “Letzte Generation” will ins Parlament einziehen

Rund sechs Wochen vor der Europawahl am 9. Juni haben in Deutschland der Wahlkampf – etwa von SPD und CSU – und der Versand der Wahlbenachrichtigungen begonnen. Auf dem Wahlzettel stehen diesmal auch Namen, die man sonst eher von Klimastreiks kennt. Die Klimabewegung “Letzte Generation” etwa will “den Widerstand endlich ins Parlament bringen”, so Sprecherin Carla Hinrichs, und deshalb tritt die Bewegung bei den Wahlen fürs Europaparlament an. Lena Johnsen und Theodorr Schnarr sind ihre Spitzenkandidaten.

Vollkommen aussichtslos ist ihre Kandidatur nicht: Mit rund 0,5 Prozent der Stimme würden sie ins Europäische Parlament einziehen. Rund 250.000 Stimmen brauche es dafür, hat die Letzte Generation errechnet. Die Bewegung denkt nicht, dass sie im Europaparlament politisch etwas ändern könnte. Viel mehr will sie die “Bühnen nutzen”, die der Wahlkampf und ein möglicher Einzug mit sich bringen, erklärt Sprecherin Maike Grunst im Gespräch mit Table.Briefings. Nachdem die Bewegung Anfang des Jahres verkündet hatte, sich nicht mehr auf die Straße zu kleben, ist die Kandidatur nun ein neuer Versuch, Aufmerksamkeit zu erhalten.

Aus dem Aktivismus ins Parlament – das ist eine Möglichkeit, um einer Klimaagenda mehr Schlagkraft zu geben. Nach aktuellen Umfragen sieht es nicht so aus, als ob Klimapolitik von einem neuen EU-Parlament besonders progressiv vorangetrieben werden wird. Im Gegenteil: Viele Umfragen prognostizieren einen Zuwachs von konservativen Parteien und damit einen “Green Backlash”. Die Klimabewegung begegnet dem ganz unterschiedlich:

  • Fridays for Future (FFF) bereitet einen EU-Klimastreik am 31.5. vor und versucht, Wählerinnen und Wähler ab 16 für die Wahl zu mobilisieren. Luisa Neubauer erklärt dazu beispielsweise in einem Video, warum nicht wählen tendenziell rechten Parteien hilft.
  • Um Extinction Rebellion ist es bis auf wenige, kleinere Aktionen in Deutschland zuletzt eher still geworden. In den Niederlanden hatten sie allerdings im vergangenen Jahr mit Straßenblockaden erreicht, dass das Land fossile Subventionen auslaufen lässt. Anfang des Jahres kündigte Extinction Rebellion an, sich vor den EU-Wahlen auch an anderen Orten besonders für die Abschaffung solcher Subventionen einzusetzen.
  • Außerdem kandidieren viele Aktivistinnen und Aktivisten aus der Bewegung auch innerhalb von klassischen Parteien für einen Sitz im Europäischen Parlament. Darunter sind auffällig viele Frauen: Lena Schilling ist Spitzenkandidatin für die Grünen in Österreich, Carola Rackete kandidiert parteilos für Die Linke.
  • Auch die Klimaliste Deutschland hat die dafür nötigen Unterschriften für eine Kandidatur zusammenbekommen und tritt am 9. Juni an.

Verschiedene Kandidaturen als “Ansporn”

Die 27-jährige Anna Peters, früher Bundessprecherin der Grünen Jugend, möchte im EU-Parlament ebenfalls inhaltlich etwas bewegen. Sie will sich besonders für eine klimagerechte Finanzpolitik einsetzen. Peters steht auf Listenplatz 13 für die Grünen und hat gute Chancen, einen Sitz zu erhalten. Sie sei keine Aktivistin, fühle sich der Klimagerechtigkeitsbewegung aber sehr nah, erzählt sie im Gespräch mit Table.Briefings. “Wir müssen jetzt sehr guten Wahlkampf machen, um uns einem Rechtsruck entgegenzustellen“, meint sie. Für sie bedeutet das, vor allem auch junge Menschen zu erreichen – beispielsweise durch Wahlkampf an Schulen.

Dass Klimaaktivistinnen und -aktivisten für Kleinstparteien anstatt für die Grünen antreten, sieht sie nicht unbedingt als Bedrohung: “Ich sehe das eher als Ansporn für uns Grüne, uns zu beweisen“. Und: “Ich freue mich über jede Person der Klimagerechtigkeitsbewegung in der Politik.” Es brauche sowohl Menschen, die Themen von außen durch Protest vorantreiben als auch solche, die innerhalb des politischen Systems daran arbeiteten, Klimaschutz voranzubringen.

Protest im Parlament

Die Letzte Generation arbeitet aktuell dezentral und basisdemokratisch an Runden Tischen an ihrer inhaltlichen Ausrichtung für die Wahl. Das ist eher untypisch für die Organisation, bisher war sie vor allem für ihre hierarchischen Strukturen bekannt. “Keine der anderen Parteien macht, was es braucht”, erklärt Maike Grunst. Die Kandidatur der Letzten Generation führe nicht zur Zersplitterung der Klimabewegung im Parlament, sondern mache sie bunter, vielfältiger und damit letztendlich stärker.

Im Moment arbeitet die Letzte Generation vor allem daran, ihre Kandidatur bekannter zu machen, mit einer TikTok-Challenge will die Bewegung junge Menschen erreichen. Grunst hat das Gefühl, dass die Gruppe durch den Wahlkampf nun wieder mehr Aufmerksamkeit erhält. Die Chancen auf einen tatsächlichen Einzug ins EU-Parlament lägen bei ungefähr 50 Prozent, meint sie. Mit anderen Parteien zusammenarbeiten wollen die Aktivisten im Europaparlament nicht, stattdessen wollen sie auch im Parlament auf Protest setzen.  

Verlorene Stimmen für Klimaschutz

Michael Bloss, Abgeordneter des Europäischen Parlaments für die Grünen, sieht die Kandidatur der Letzten Generation hingegen kritisch: Es scheine so, als ob die Aktivisten “wie bei den Straßenaktionen keine Strategie haben, wie sie mehr für den Klimaschutz erreichen können.” Er sieht eine andere Motivation: “Um nicht als kriminelle Vereinigung zu gelten, gründen Sie jetzt eine Partei, weil die grundrechtlich besseren Schutz bietet. Legitim, aber dem Klimaschutz im Parlament nützt es nicht.” Das Europaparlament nur für die Produktion für Videos zu benutzen, würde die demokratischen Institutionen verhöhnen, meint er. Und für Witze sei schon eine andere Partei im Europaparlament zuständig.

Auch darüber hinaus sieht er Probleme: “Klimaschutz steht unglaublich unter Beschuss”. Da sei es wichtig, zusammenzuhalten. Es bestehe die Gefahr, dass sich auf die verschiedenen Kleinstparteien viele Stimmen für Klimaschutz aufteilten, die Parteien dann nicht einzögen und die Stimmen dann einfach nicht repräsentiert wären. Das schade dem Klimaschutz. Bloss betont auch, dass das EU-Parlament den Druck von der Straße brauche und sich in den vergangenen fünf Jahren auch dank der breiten Proteste unter FFF viel getan habe. Aktivismus sei allerdings etwas anderes, als im Parlament um Mehrheiten für Klimaschutz und Kompromisse zu ringen.

  • Europawahlen 2024
  • fossile Subventionen
  • Fridays for Future
  • Klimagerechtigkeit
  • Letzte Generation
  • Proteste
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Termine

02.05.2024 – 12:24-13:00 Uhr, online
EAB, Vortrag Wie entwickelt sich das Parlament weiter?
Die Europäische Akademie Berlin (EAB) gibt Einblicke in Reinhard Bütikofers Einschätzungen zur nächsten Legislaturperiode des EU-Parlaments. INFOS & ANMELDUNG

02.05.2024 – 18:00 Uhr, Stuttgart
Die Zeit, Diskussion “Alles gesagt?” live mit Winfried Kretschmann
Die Zeit diskutiert mit Winfried Kretschmann. INFOS & ANMELDUNG

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News

Von der Leyen erteilt Zusammenarbeit von EVP mit EKR keine kategorische Absage

Ursula von der Leyen, Spitzenkandidatin der christdemokratischen Parteienfamilie, hat bei der Maastricht Debatte 2024 im Vorfeld der Europawahl das EVP-Wahlprogramm bei dem Kapitel Asyl gegen Kritik verteidigt. “Ich weise die Unterstellung zurück, dass die EVP das Ruanda-Modell unterstützt.”  Die EU sei nicht das Vereinigte Königreich. Bei dem Streitgespräch mit sieben anderen Spitzenkandidaten der europäischen Parteienfamilien sagte die amtierende Kommissionspräsidentin: “Die EU wird ihre internationalen Verpflichtungen genauso erfüllen wie in der Vergangenheit.” Aber: “Wir dürfen uns nicht von den Schmugglern und Menschenhändlern diktieren lassen, wer zu uns kommt.”

Nicolas Schmit, Spitzenkandidat der sozialistischen Parteienfamilie, pflichtete ihr bei: “Wir müssen die Schmuggler bekämpfen.” Der amtierende Sozialkommissar hob ebenso “Mitmenschlichkeit, Menschenrechte und die europäischen Werte” hervor. Es gehe auch darum, die bürokratischen Verfahren zu beschleunigen: “Man kann Menschen nicht mehr zurückschicken, wenn sie einmal jahrelange da sind.”

Eickhout zeigt sich angriffslustig

Bei der anderthalbstündigen Debatte versuchte Bas Eickhout (Grüne) immer wieder, von der Leyen aus der Reserve zu locken. “Wie stehen Sie nach der Europawahl zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der konservativen Parteienfamilie EKR”, wollte der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament wissen.

Hintergrund ist: Sollte die EVP wieder stärkste Kraft werden und von der Leyen von den Staatschefs für eine zweite Amtszeit nominiert werden, dürfte es für sie bei der Wahl im Europaparlament eng werden. Von der Leyen könnte auf die Stimmen aus der EKR angewiesen sein. Sie reagierte zunächst ausweichend, verwies auf die klare Haltung ihrer Kommission gegenüber Polen unter der PIS-Regierung und Ungarn unter Viktor Orbans Fidesz.

Schmit tadelt von der Leyen

Doch Eickhout gab sich damit nicht zufrieden und setzte nach. Daraufhin verwies sie zunächst darauf, dass über eine Zusammenarbeit die Fraktion entscheide. Dann schloss von der Leyen nicht kategorisch eine Zusammenarbeit mit der EKR aus. “Es hängt sehr stark davon ab, wie das nächste Europaparlament zusammengesetzt ist, ob meine EVP-Fraktion mit der EKR kooperiert.” Sie hob zudem hervor, dass man sich die Zusammensetzung der EKR-Fraktion anschauen müsse. Daraufhin erntete von der Leyen einen Tadel von Schmit: “Ich bin überrascht, ich hätte hier ein klares Nein erwartet.” EKR-Mitgliedsparteien respektierten in vielen Mitgliedstaaten nicht EU-Werte.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann nahm für die europäischen Liberalen an der Debatte teil. Sie forderte von Ursula von der Leyen eine Klarstellung, dass die EVP nicht mit der Fraktion der Rechtsradikalen, ID, zusammenarbeiten werde, in der bisher die deutsche AfD Mitglied ist. Diese Zusicherung wurde ihr von von der Leyen gegeben. Strack-Zimmerman betonte, dass die Zukunft Europas auch in der Ukraine auf dem Spiel stehe: “Wenn die Ukraine den Krieg verliert, sieht unser Europa anders aus.” Sie rief dazu auf, mehr Unterstützung für das angegriffene Land zu mobilisieren: “Wacht endlich auf, tut mehr, fangt endlich damit an.” mgr

  • Europäisches Parlament
  • Europawahlen 2024
  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann
  • Ursula von der Leyen

Nationale Agrarbeihilfen: EU-Kommission erwägt Özdemir-Forderung nach mehr Spielraum

Die Europäische Kommission erwägt offenbar eine Anhebung der Höchstgrenze für genehmigungsfreie nationale Beihilfen im Agrarsektor, die sogenannte De-minimis-Grenze. Bis zu 20.000 Euro pro Agrarbetrieb über drei Steuerjahre können die Mitgliedstaaten aktuell als “geringfügige” Subventionen auszahlen, die nicht erst von der Kommission genehmigt werden müssen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) forderte beim EU-Agrarrat am Montag, den Betrag zu verdoppeln und auf 50.000 Euro anzuheben. Auch die Gesamtsumme, die jedem Mitgliedstaat zusteht, will er erhöht sehen.

16 weitere Staaten unterstützten laut gut informierten Kreisen den Vorstoß, der hinter verschlossenen Türen diskutiert wurde. Die Kommission arbeite hieran, sagte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski nach dem Treffen, äußerte sich aber auf Nachfrage nicht näher zum Zeitplan. Vor knapp zwei Wochen hatten bereits die EU-Staats- und Regierungschefs die Kommission aufgefordert, eine Anhebung der De-minimis-Grenze zu prüfen.

Beihilferegeln sollen Marktverzerrung verhindern

Mehr Spielraum für nationale Subventionen sei ein praktischer und unbürokratischer Weg, die Landwirtschaft zu unterstützen, ohne Umweltstandards abzusenken, argumentiert Özdemir. Zudem sei der Betrag seit 2019 nicht angepasst worden und trage der wirtschaftlichen Lage nicht länger Rechnung. Die EU-Beihilferegeln dienen dazu, innerhalb des europäischen Binnenmarktes Wettbewerbsgleichheit zwischen Betrieben in unterschiedlichen Ländern sicherzustellen.

Der belgische Minister und aktuelle Agrarratsvorsitzende David Clarinval mahnte vor dem Treffen an, auch weniger finanzstarke Länder müssten Gehör finden. “Nicht alle Länder haben die finanziellen Kapazitäten, ihren Landwirten unter die Arme zu greifen”, betonte er. Explizit gegen die Anhebung der Höchstgrenze stellte sich während der Gespräche aber dem Vernehmen nach nur die dänische Delegation, die vor Wettbewerbsverzerrungen warnte.

Deutschland schöpft Höchstbetrag bisher nicht aus

Die deutsche Bundesregierung schöpfte den erlaubten Gesamtbetrag in den letzten Jahren nicht aus. Rund 22 Millionen Euro waren es 2022, knapp 46 Prozent der Höchstsumme, teilt das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf Anfrage mit. Aber: “Immer mehr Förderprogramme werden im Rahmen einer de-minimis Beihilfemaßnahme gewährt”, erklärt eine Sprecherin. Die Anhebung der Grenze sei nötig, um diesem Trend Rechnung zu tragen und auf gezielt auf Krisen reagieren zu können.

Auch an anderer Stelle will die Kommission den Mitgliedstaaten mehr Freiraum für nationale Agrarsubventionen einräumen. Anfang April hatte sie entsprechend einer Forderung der Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen, den sogenannten befristeten Krisenrahmen zu verlängern. Dieser macht es EU-Ländern temporär einfacher, Landwirte bei Marktverwerfungen im Zuge von Russlands Krieg in der Ukraine durch Hilfsprogramme zu unterstützen. Dabei geht es um Summen, die über die De-minimis-Grenze hinausgehen und von der Kommission genehmigt werden müssen. jd

  • Bauernproteste
  • Europapolitik
  • Subventionen

Cep-Studie: Binnenmarkt zum Schutzraum machen

Die neue EU-Kommission sollte den europäischen Binnenmarkt aus Sicht des Centrums für Europäische Politik (Cep) noch stärker zum “geopolitischen Schutzraum” machen. Nötig seien weitere Maßnahmen, um hiesige Unternehmen besser zu schützen vor gestörten Lieferketten für kritische Rohstoffe und Technologien sowie vor wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen von Drittstaaten, schreiben die Cep-Forscher Matthias Kullas und Anja Hoffmann in einer neuen Studie, die heute veröffentlicht wird.

Zentral sei ebenfalls, die Firmen vor Wettbewerbsnachteilen durch Subventionen von Staaten wie China zu bewahren. Die EU-Institutionen hätten in der abgelaufenen Legislaturperiode in allen drei Handlungsfeldern bereits neue Instrumente eingeführt. Doch die Wirksamkeit etwa des Critical Raw Materials Act oder des Internal Market Emergency and Resilience Act (IMERA) zum Schutz von Lieferketten müssten evaluiert und notfalls nachgebessert werden.

Zudem brauche die EU schärfere Instrumente, um die heimischen Hersteller gegen strategisch subventionierte Konkurrenten insbesondere aus China zu schützen, etwa bei Elektroautos oder Windturbinen, so Kullas und Hoffmann. Neben politischem Druck auf Peking und der Suche nach Verbündeten gehörten dazu schnellere Verfahren bei der Subventionskontrolle. Die Studie gehört zu einer achtteiligen Serie, in der Cep-Forscher Ausblicke auf die kommende Legislaturperiode nach der Europawahl geben. tho

  • Critical Raw Materials Act
  • CRMA
  • EU-Binnenmarkt
  • Geopolitik
  • Handelspolitik
  • Industriepolitik
  • kritische Rohstoffe

Schuldenreform kann in Kraft treten

In der Europäischen Union gelten künftig neue Vorschriften für Staatsschulden und Haushaltsdefizite der Mitgliedsländer. Der Ministerrat nahm am Montag in Luxemburg Reformpläne für den Stabilitäts- und Wachstumspakt abschließend an, wie EU-Diplomaten bestätigten. Vergangene Woche hatte bereits das Europaparlament die Reformpläne gebilligt.

Die Bestätigung durch den Rat der Europäischen Union war der letzte notwendige Schritt für die Reform. Das Regelwerk schreibt den Staaten unter anderem Obergrenzen für Schulden vor. Demnach sollen künftig etwa klare Mindestanforderungen dafür gelten, wie hoch verschuldete Länder ihre Schuldenstandsquoten senken. Gleichzeitig soll bei EU-Zielvorgaben die individuelle Lage von Ländern stärker berücksichtigt werden. dpa

  • EU-Schuldenregeln
  • Finanzpolitik
  • Staatsschulden

Xi reist nach Frankreich, Ungarn, Serbien

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wird Anfang Mai Frankreich, Ungarn und Serbien besuchen. Er werde die Länder auf Einladung der jeweiligen Präsidenten vom 5. bis 10. Mai bereisen, teilte eine Sprecherin des chinesischen Außenamtes am Montag in Peking mit.

Schon zuvor hatte es Gerüchte über die Reise gegeben. Das Treffen in Frankreich folgt auf die China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz Mitte April. Dem französischen Élyséepalast zufolge werden Xi und seine Frau am 6. und 7. Mai in Frankreich empfangen. Inhaltlich soll es dabei um den Krieg in der Ukraine, die Lage in Nahost, wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Klimaschutz gehen.

Jahrestag der Bombardierung der chinesischen Botschaft

Anders als 2019 wird Xis Europa-Tour danach weiter gen Osten verlaufen. Am 7. und 8. Mai besucht er auf Einladung von Präsident Aleksandar Vucic das Balkanland Serbien, wie die staatliche Nachrichtenagentur Tanjug mitteilte. Die Visite fällt mit dem 25. Jahrestag der Bombardierung der chinesischen Botschaft durch die Nato am 7. Mai 1999 in der Hauptstadt Belgrad zusammen. Damals kamen drei chinesische Journalisten ums Leben. Die Nato sprach von einem Versehen, während Peking von einem absichtlichen Angriff ausging.

Von Serbien reist Xi nach Ungarn weiter, wo er vom 8. bis 10. Mai zu Gast sein wird, wie die staatliche Nachrichtenagentur MTI meldete. Als eines von wenigen EU-Ländern ist Ungarn auch Seidenstraßen-Mitglied. Zwischen Ungarn und Serbien baute die Volksrepublik etwa eine 350 Kilometer lange Eisenbahnverbindung. dpa

  • China
  • EU-Außenpolitik
  • Frankreich
  • Serbien
  • Ungarn

Apple’s iPad im Visier des DMA

Das iPad von Apple Inc. wurde in die Liste der Produkte und Dienstleistungen der Big Tech aufgenommen, die von strengen neuen EU-Vorschriften betroffen sind, die darauf abzielen, Wettbewerbsmissbrauch zu stoppen, bevor er zum Tragen kommt. Damit hat Apple sechs Monate Zeit, um sicherzustellen, dass sein Tablet-Ökosystem mit einer Reihe von Präventivmaßnahmen im Rahmen des DMA übereinstimmt.

Das mobile Betriebssystem iOS, der App Store und der Safari-Browser des Unternehmens sind bereits von dem Gesetz betroffen. Apple hat jedoch gegen die Ausweisung bestimmter Dienste vor dem EU-Gericht in Luxemburg geklagt. Die Anhörungen sollen noch in diesem Jahr stattfinden.

Die Entscheidung der EU, das iPad in den Anwendungsbereich des DMA einzubeziehen, werde sicherstellen, dass Fairness und Wettbewerb gewahrt bleiben, so Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Eine Untersuchung habe gezeigt, dass “iPadOS ein wichtiges Tor ist, auf das viele Unternehmen angewiesen sind, um ihre Kunden zu erreichen”, obwohl es nicht alle Schwellenwerte erfülle. red

  • Apple
  • Digital Markets Act
  • EU

Freihandelsabkommen mit Neuseeland startet

Die deutsche Wirtschaft setzt große Hoffnungen auf das am 1. Mai in Kraft tretende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland. “Für die international eng vernetzte deutsche Wirtschaft ist das neue EU-Neuseeland-Handelsabkommen ein Lichtblick in einem zunehmend schwierigen Außenwirtschaftsumfeld”, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. Die Unternehmen litten weltweit unter Protektionismus, der dem Außenhandel immer größere Steine in den Weg lege. Das neue Abkommen könne helfen gegenzusteuern. “Es beseitigt Handelshemmnisse etwa bei Zöllen, öffentlicher Beschaffung, beim Schutz geistigen Eigentums sowie bei nichttarifären Handelshemmnissen.”,

EU und Neuseeland hatten sich Mitte 2022 auf das Freihandelsabkommen geeinigt. Für EU-Exporte – etwa von Kleidung, Chemikalien, Pharmaprodukten, Autos, Wein und Süßwaren – sollen die Zölle künftig wegfallen. Die EU wiederum will ihre Importmengen auf Rindfleisch aus Neuseeland erhöhen, was vor allem in Frankreich umstritten ist. Außerdem werden die Kontingente für Lammfleisch, Butter und Käse angehoben. rtr

  • EU
  • Freihandelsabkommen
  • Neuseeland
  • Öffentliche Beschaffung

Presseschau

Steinmeier würdigt 20 Jahre EU-Mitgliedschaft Tschechiens SÜDDEUTSCHE
EU-Erweiterung 2004: Steinmeier schwärmt vom “europäischen Glücksmoment” STERN
Scholz macht Montenegro Hoffnung auf EU-Beitritt FAZ
Polens Vize-Außenminister Marek Prawda: “Die EU ist östlicher geworden”. TAGESSPIEGEL
Ost-Erweiterung: Woidke fordert stärkeren Fokus auf östliche EU-Staaten SÜDDEUTSCHE
Neue Schuldenregeln für EU-Staaten sind beschlossen LUXEMBURGER WORT
EU-Staaten beginnen mit Umsetzung der Asylreform FAZ
EU regelt Kennzeichnung von Honig, Säften und Konfitüren SPIEGEL
Spionagevorwürfe und Korruption: EU-Abgeordnete fordern mehr Informationen von Geheimdiensten ZEIT
Chinesische Cyberbespitzelung: Fünf belgische Volksvertreter betroffen BRF
Schottischer Regierungschef Yousaf tritt zurück HANDELSBLATT
Nach Kampagne gegen Ehefrau: Spaniens Regierungschef bleibt im Amt TAGESSCHAU
Ermittlungen gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl wegen Verdachts der Untreue ZEIT
Türkei unterstützt Niederländer Rutte als neuen Nato-Generalsekretär WEB.DE
Europawahl: Ursula von der Leyen will EU-Präsidentin bleiben WEB.DE
Chinas Staatschef auf Europa-Tour: Xi reist nach Frankreich, Serbien und Ungarn TAGESSPIEGEL
Meta droht EU-Verfahren wegen mangelndem Kampf gegen Fake News HANDELSBLATT
Apple muss auch iPad in der EU öffnen FAZ
EU lässt sich mehr Zeit bei Prüfung von Lufthansa-Einstieg bei ITA FINANZEN.NET
EU-Kommission identifiziert kritische Punkte bei Air Europa Übernahme REISETOPIA
Özdemirs höhere staatliche Hilfen für Landwirte finden Anhänger AGRARHEUTE
Ruanda-Plan sorgt für Asylstreit zwischen London und Dublin DER STANDARD
Belarus verbietet regionales Programm der Deutschen Welle DEUTSCHLANDFUNK KULTUR
Kommission: Österreich einziges Land ohne Klimaplan DER STANDARD
EU-Förderung von Projekten: Hochschule Osnabrück unter Betrugsverdacht TAZ
Emotionale Wahlkampagne des EU-Parlaments: “Passt gut auf die Demokratie auf, wenn ich nicht mehr bin” SPIEGEL

Heads

Die entscheidenden Köpfe der EU-Szene – Unternehmen

Leonhard Birnbaum

Der CEO von Eon ist einer der einflussreichsten Energielobbyisten in Brüssel. Ende 2022 übernahm der Chemieingenieur die Präsidentschaft von Eurelectric. Seitdem ist das Hauptgeschäft von Eon viel stärker ins Zentrum von Europas Energiepolitik gerückt: die Verteilnetze, an welche die meisten Windräder und Solaranlagen angeschlossen werden. Seine wichtigsten Ziele sind dauerhaft einfachere Genehmigungen für den Netzausbau und eine bessere Verzinsung in dem regulierten Geschäft.

Sopna Sury

Als Chief Operating Officer Hydrogen leitet die Ökonomin das Wasserstoffgeschäft der Erzeugungssparte von RWE. In Brüssel treibt sie die Wasserstoffwirtschaft bei Hydrogen Europe voran. Als Vorstandsvorsitzende ist sie die wichtigste Stimme neben CEO Jorgo Chatzimarkakis.

Thomas Steg

Er ist ein Top-Lobbyist mit langer Erfahrung in der Bundespolitik. Der Niedersachse war stellvertretender Sprecher der Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder und auch danach noch von Angela Merkel, als sie das Kanzleramt von übernahm. Danach ging der gelernte Journalist zu VW, wo er mittlerweile seit Jahren der Chef-Lobbyist ist. Er diente unter mehreren Vorstandschefs.

Jörg Howe

Der gelernte TV-Journalist, dem man seine norddeutsche Herkunft nicht nur sprachlich anmerkt, kam als Sprecher des damaligen Daimler-Vorstandschefs Dieter Zetsche ins Schwabenland. Howe hütete das Image des Konzerns mit dem Stern von 2008 an, in den schwierigen Zeiten des Abgasskandals und bis 2021. Nach Zetsches Abschied zog es Howe zur Nutzfahrzeugsparte, die 2021 vom Autobauer abgespalten wurde und mittlerweile der zweite Dax-Konzern aus Stuttgart ist. Anfangs war er noch Generalbevollmächtigter, inzwischen ist er wieder Konzernsprecher mit besten Kontakten zu Politikern und Journalisten.

Jonas Andrulis

Wer in Deutschland an das Thema Künstliche Intelligenz denkt, denkt an Aleph Alpha und seinen Gründer Jonas Andrulis. Auch in Europa spielt das Heidelberger KI-Unternehmen in der ersten Liga mit. Andrulis ist angetreten, um mit KI die Welt zu verbessern. Dafür ist der Wirtschaftsingenieur vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) aus dem Silicon Valley, wo er ein paar Jahre für Apple arbeitete, nach Baden zurückgekehrt.

Markus Kamieth

Der neue Vorstandsvorsitzende von BASF tritt in große Fußstapfen. Als Nachfolger von Martin Brudermüller muss der Dinslakener seine Position in Brüssel noch finden. Derzeit bekleidet sein Vorgänger noch Schlüsselpositionen bei Europas einflussreichem Chemieverband Cefic. Mit der Gefahr der Abwanderung europäischer Industriebranchen kennt sich Kamieth aber bereits bestens aus: Für BASF arbeitete er als Manager jahrelang in den USA und in Hongkong.

Benedikt Kuttenkeuler

Der Leiter der Repräsentanz von Siemens kam bereits zu Zeiten der Juncker-Kommission nach Brüssel. Der Jurist leitet ein zwölfköpfiges Team, das bei jedem wichtigen Binnenmarkt-, Klima- und Digitalgesetz mitmischt. Gut vernetzt ist er unter anderem durch den Wirtschaftsrat Deutschland, wo er sich im Brüsseler Vorstand engagiert.

Timotheus Höttges

Bereits seit 2014 steht Tim Höttges an der Spitze der Deutschen Telekom. Er hat den weltweiten Umsatz des Unternehmens von 60 Milliarden im Jahr 2013 auf 112 Milliarden Euro (2023) nahezu verdoppelt. Als größtem europäischen Telekommunikationskonzern kommt der Telekom beim Ausbau der Gigabitnetze eine wichtige Rolle zu. Das Geld für den Netzausbau verdient die Telekom jedoch vor allem in den USA.

Oliver Zipse

Der BMW-Chef ist gelernter Mathematiker und Maschinenbauer. Er hat sein gesamtes Berufsleben bei dem bayerischen Automobilbauer verbracht. 1991 ist er als Trainee eingetreten, 2019 wurde er Vorstandschef. Zipse war ehrenamtlicher Präsident des europäischen Dachverbandes ACEA, als in Brüssel der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor verhandelt wurde. Zipse geht mit BMW insofern einen Sonderweg, als die Münchner zwar E-Autos vorantreiben, aber auch die Brennstoffzelle und synthetische Kraftstoffe nicht vergessen haben. BMW steht für Technologieoffenheit bei der Antriebswende.

Verena Pausder

Sie ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Gründerszene und steht seit 2023 auch an der Spitze des Start-up-Verbands. Sie setzt sich für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland ein, was beim Thema Bildung beginnt und beim Thema Digitalisierung nicht endet. In Ihrem Buch “Das Neue Land” hat sie ihre Ideen dargelegt, wie Gesellschaften zukunftsfähig werden.

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Dessert

Dass sie selbst in den Ring steigen würde, war schon lange klar. Dennoch hat Giorgia Meloni bei der Verkündung ihrer Kandidatur für die Europawahl Anfang Juni selbst in Italien noch für überraschte Gesichter gesorgt. “Schreibt einfach Giorgia auf den Wahlzettel”, sagte sie bei einem Parteitreffen ihrer Fratelli d’Italia am Sonntag in Pescara. “Die werde ich immer sein, und ich bin eine von euch, eine aus dem Volk”, rief die Ministerpräsidentin ihren Anhängern zu. Ihre Rede wurde öffentlichkeitswirksam und perfekt ausgeleuchtet auch auf ihren Konten in den sozialen Medien ausgespielt. 

Dazu muss man wissen: In Italien stehen die Kandidaten bei der Europawahl nicht auf dem Wahlzettel. Die Bürger müssen den Namen ihres Wunschkandidaten selbst von Hand in der Wahlkabine aufschreiben. Das will ihre Regierungschefin ihnen nun so einfach wie möglich machen. Keine Formalitäten, keine Distanz – Giorgia ist einfach Giorgia. Die Mehrheit der Bürger, die sie ansprächen, nenne sie weiterhin einfach beim Vornamen, sagt Meloni, äh Giorgia. “Das macht mich stolz und ist mir sehr wichtig.” Ihre “schwierige Rolle” als Ministerpräsident (sie bevorzugt die männliche Bezeichnung) werde sie nicht verändern. 

Gibt es noch eine Giorgia bei den Brüdern?

Gewisse Formalitäten gilt es bei einer Wahl doch einzuhalten. Im italienischen Wahlgesetz steht, dass der Bürger seine Präferenz nur durch Nennung des Nachnamens oder des Vornamens plus des Nachnamens kundtun soll. Allerdings wird bei den Abstimmungen in der Praxis berücksichtigt, wie der Kandidat in der Liste aufgeführt ist.

In der Wahlliste der Fratelli d’Italia steht die Kandidatin, die in allen fünf Wahlkreisen des Landes auf Platz eins rangiert, als “Giorgia Meloni genannt Giorgia”. Damit soll rechtlich alles klar sein, heißt es aus Kreisen der Partei. Doch andere haben Zweifel, ob Meloni tatsächlich einfach als Giorgia durchgehen kann. Verfassungsrechtler Gaetano Azzariti etwa stellt im Gespräch mit der Zeitung La Repubblica die Frage: “Und wenn es eine weitere Giorgia bei den Fratelli gibt? Verbieten sie nun alle Giorgias in der Partei?” Almut Siefert

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    hätte die EU noch die Kraft für einen vergleichbaren Erweiterungsschub? Am 1. Mai vor 20 Jahren wuchs sie auf einen Schlag um zehn neue Mitglieder auf 25 Staaten. Die belgische Ratspräsidentschaft hat vor dem Hintergrund des Jubiläums ein zweitägiges informelles Treffen des Allgemeinen Rates angesetzt, das Montag mit einer Zeremonie im Brüsseler Kunstzentrum Bozar begann. Dass der Optimismus von damals verflogen ist, illustriert nicht zuletzt der Blick auf die Teilnehmerliste. Statt die Außen- oder Europaminister zur Geburtstagsfeier zu schicken, lassen sich nicht wenige Mitgliedstaaten durch Staatssekretäre oder ihren EU-Botschafter vertreten.

    Bei einem Arbeitsfrühstück heute sind auch die neun offiziellen Kandidatenländer plus Kosovo mit dabei. Das neue Format unterstreiche die enge Partnerschaft der EU zu den künftigen Mitgliedern, so die belgische Ratspräsidentschaft. Im Fokus die Frage der Rechtsstaatlichkeit, wo es zuletzt bei einigen Beitrittskandidaten mehr Rück- als Fortschritte gab. Im Kreis der EU-Mitglieder ist dann Thema, wie sich die EU für die nächsten Erweiterungsschritte fit machen und handlungsfähig bleiben kann. In einem Gastbeitrag für verschiedene europäische Medien wirbt Außenministerin Annalena Baerbock für die Aufnahme weiterer Länder in die EU. Politische und geografische Grauzonen auf dem Balkan oder im Osten der EU seien brandgefährlich.

    Den großen big bang wie 2004 wird es wohl nicht wieder geben. Die besten Chancen auf einen Beitritt noch in diesem Jahrzehnt hat wohl das kleine Montenegro. Erweiterungsmüdigkeit kann sich die EU nicht leisten. Es geht spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine um Geopolitik. Und wie die Bilder von den proeuropäischen Demonstrationen in Tiflis gegen Georgiens prorussische Regierung zeigen, ist eine Mitgliedschaft im Club als Gegenprogramm zu Wladimir Putins imperialen Plänen zumindest in einigen Kandidatenländern ungebrochen attraktiv. Kommen Sie gut in den Feiertag!

    Ihr
    Stephan Israel
    Bild von Stephan  Israel

    Analyse

    Wie sich die Klimabewegung auf die Europawahl vorbereitet: Die “Letzte Generation” will ins Parlament einziehen

    Rund sechs Wochen vor der Europawahl am 9. Juni haben in Deutschland der Wahlkampf – etwa von SPD und CSU – und der Versand der Wahlbenachrichtigungen begonnen. Auf dem Wahlzettel stehen diesmal auch Namen, die man sonst eher von Klimastreiks kennt. Die Klimabewegung “Letzte Generation” etwa will “den Widerstand endlich ins Parlament bringen”, so Sprecherin Carla Hinrichs, und deshalb tritt die Bewegung bei den Wahlen fürs Europaparlament an. Lena Johnsen und Theodorr Schnarr sind ihre Spitzenkandidaten.

    Vollkommen aussichtslos ist ihre Kandidatur nicht: Mit rund 0,5 Prozent der Stimme würden sie ins Europäische Parlament einziehen. Rund 250.000 Stimmen brauche es dafür, hat die Letzte Generation errechnet. Die Bewegung denkt nicht, dass sie im Europaparlament politisch etwas ändern könnte. Viel mehr will sie die “Bühnen nutzen”, die der Wahlkampf und ein möglicher Einzug mit sich bringen, erklärt Sprecherin Maike Grunst im Gespräch mit Table.Briefings. Nachdem die Bewegung Anfang des Jahres verkündet hatte, sich nicht mehr auf die Straße zu kleben, ist die Kandidatur nun ein neuer Versuch, Aufmerksamkeit zu erhalten.

    Aus dem Aktivismus ins Parlament – das ist eine Möglichkeit, um einer Klimaagenda mehr Schlagkraft zu geben. Nach aktuellen Umfragen sieht es nicht so aus, als ob Klimapolitik von einem neuen EU-Parlament besonders progressiv vorangetrieben werden wird. Im Gegenteil: Viele Umfragen prognostizieren einen Zuwachs von konservativen Parteien und damit einen “Green Backlash”. Die Klimabewegung begegnet dem ganz unterschiedlich:

    • Fridays for Future (FFF) bereitet einen EU-Klimastreik am 31.5. vor und versucht, Wählerinnen und Wähler ab 16 für die Wahl zu mobilisieren. Luisa Neubauer erklärt dazu beispielsweise in einem Video, warum nicht wählen tendenziell rechten Parteien hilft.
    • Um Extinction Rebellion ist es bis auf wenige, kleinere Aktionen in Deutschland zuletzt eher still geworden. In den Niederlanden hatten sie allerdings im vergangenen Jahr mit Straßenblockaden erreicht, dass das Land fossile Subventionen auslaufen lässt. Anfang des Jahres kündigte Extinction Rebellion an, sich vor den EU-Wahlen auch an anderen Orten besonders für die Abschaffung solcher Subventionen einzusetzen.
    • Außerdem kandidieren viele Aktivistinnen und Aktivisten aus der Bewegung auch innerhalb von klassischen Parteien für einen Sitz im Europäischen Parlament. Darunter sind auffällig viele Frauen: Lena Schilling ist Spitzenkandidatin für die Grünen in Österreich, Carola Rackete kandidiert parteilos für Die Linke.
    • Auch die Klimaliste Deutschland hat die dafür nötigen Unterschriften für eine Kandidatur zusammenbekommen und tritt am 9. Juni an.

    Verschiedene Kandidaturen als “Ansporn”

    Die 27-jährige Anna Peters, früher Bundessprecherin der Grünen Jugend, möchte im EU-Parlament ebenfalls inhaltlich etwas bewegen. Sie will sich besonders für eine klimagerechte Finanzpolitik einsetzen. Peters steht auf Listenplatz 13 für die Grünen und hat gute Chancen, einen Sitz zu erhalten. Sie sei keine Aktivistin, fühle sich der Klimagerechtigkeitsbewegung aber sehr nah, erzählt sie im Gespräch mit Table.Briefings. “Wir müssen jetzt sehr guten Wahlkampf machen, um uns einem Rechtsruck entgegenzustellen“, meint sie. Für sie bedeutet das, vor allem auch junge Menschen zu erreichen – beispielsweise durch Wahlkampf an Schulen.

    Dass Klimaaktivistinnen und -aktivisten für Kleinstparteien anstatt für die Grünen antreten, sieht sie nicht unbedingt als Bedrohung: “Ich sehe das eher als Ansporn für uns Grüne, uns zu beweisen“. Und: “Ich freue mich über jede Person der Klimagerechtigkeitsbewegung in der Politik.” Es brauche sowohl Menschen, die Themen von außen durch Protest vorantreiben als auch solche, die innerhalb des politischen Systems daran arbeiteten, Klimaschutz voranzubringen.

    Protest im Parlament

    Die Letzte Generation arbeitet aktuell dezentral und basisdemokratisch an Runden Tischen an ihrer inhaltlichen Ausrichtung für die Wahl. Das ist eher untypisch für die Organisation, bisher war sie vor allem für ihre hierarchischen Strukturen bekannt. “Keine der anderen Parteien macht, was es braucht”, erklärt Maike Grunst. Die Kandidatur der Letzten Generation führe nicht zur Zersplitterung der Klimabewegung im Parlament, sondern mache sie bunter, vielfältiger und damit letztendlich stärker.

    Im Moment arbeitet die Letzte Generation vor allem daran, ihre Kandidatur bekannter zu machen, mit einer TikTok-Challenge will die Bewegung junge Menschen erreichen. Grunst hat das Gefühl, dass die Gruppe durch den Wahlkampf nun wieder mehr Aufmerksamkeit erhält. Die Chancen auf einen tatsächlichen Einzug ins EU-Parlament lägen bei ungefähr 50 Prozent, meint sie. Mit anderen Parteien zusammenarbeiten wollen die Aktivisten im Europaparlament nicht, stattdessen wollen sie auch im Parlament auf Protest setzen.  

    Verlorene Stimmen für Klimaschutz

    Michael Bloss, Abgeordneter des Europäischen Parlaments für die Grünen, sieht die Kandidatur der Letzten Generation hingegen kritisch: Es scheine so, als ob die Aktivisten “wie bei den Straßenaktionen keine Strategie haben, wie sie mehr für den Klimaschutz erreichen können.” Er sieht eine andere Motivation: “Um nicht als kriminelle Vereinigung zu gelten, gründen Sie jetzt eine Partei, weil die grundrechtlich besseren Schutz bietet. Legitim, aber dem Klimaschutz im Parlament nützt es nicht.” Das Europaparlament nur für die Produktion für Videos zu benutzen, würde die demokratischen Institutionen verhöhnen, meint er. Und für Witze sei schon eine andere Partei im Europaparlament zuständig.

    Auch darüber hinaus sieht er Probleme: “Klimaschutz steht unglaublich unter Beschuss”. Da sei es wichtig, zusammenzuhalten. Es bestehe die Gefahr, dass sich auf die verschiedenen Kleinstparteien viele Stimmen für Klimaschutz aufteilten, die Parteien dann nicht einzögen und die Stimmen dann einfach nicht repräsentiert wären. Das schade dem Klimaschutz. Bloss betont auch, dass das EU-Parlament den Druck von der Straße brauche und sich in den vergangenen fünf Jahren auch dank der breiten Proteste unter FFF viel getan habe. Aktivismus sei allerdings etwas anderes, als im Parlament um Mehrheiten für Klimaschutz und Kompromisse zu ringen.

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    Termine

    02.05.2024 – 12:24-13:00 Uhr, online
    EAB, Vortrag Wie entwickelt sich das Parlament weiter?
    Die Europäische Akademie Berlin (EAB) gibt Einblicke in Reinhard Bütikofers Einschätzungen zur nächsten Legislaturperiode des EU-Parlaments. INFOS & ANMELDUNG

    02.05.2024 – 18:00 Uhr, Stuttgart
    Die Zeit, Diskussion “Alles gesagt?” live mit Winfried Kretschmann
    Die Zeit diskutiert mit Winfried Kretschmann. INFOS & ANMELDUNG

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    News

    Von der Leyen erteilt Zusammenarbeit von EVP mit EKR keine kategorische Absage

    Ursula von der Leyen, Spitzenkandidatin der christdemokratischen Parteienfamilie, hat bei der Maastricht Debatte 2024 im Vorfeld der Europawahl das EVP-Wahlprogramm bei dem Kapitel Asyl gegen Kritik verteidigt. “Ich weise die Unterstellung zurück, dass die EVP das Ruanda-Modell unterstützt.”  Die EU sei nicht das Vereinigte Königreich. Bei dem Streitgespräch mit sieben anderen Spitzenkandidaten der europäischen Parteienfamilien sagte die amtierende Kommissionspräsidentin: “Die EU wird ihre internationalen Verpflichtungen genauso erfüllen wie in der Vergangenheit.” Aber: “Wir dürfen uns nicht von den Schmugglern und Menschenhändlern diktieren lassen, wer zu uns kommt.”

    Nicolas Schmit, Spitzenkandidat der sozialistischen Parteienfamilie, pflichtete ihr bei: “Wir müssen die Schmuggler bekämpfen.” Der amtierende Sozialkommissar hob ebenso “Mitmenschlichkeit, Menschenrechte und die europäischen Werte” hervor. Es gehe auch darum, die bürokratischen Verfahren zu beschleunigen: “Man kann Menschen nicht mehr zurückschicken, wenn sie einmal jahrelange da sind.”

    Eickhout zeigt sich angriffslustig

    Bei der anderthalbstündigen Debatte versuchte Bas Eickhout (Grüne) immer wieder, von der Leyen aus der Reserve zu locken. “Wie stehen Sie nach der Europawahl zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der konservativen Parteienfamilie EKR”, wollte der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament wissen.

    Hintergrund ist: Sollte die EVP wieder stärkste Kraft werden und von der Leyen von den Staatschefs für eine zweite Amtszeit nominiert werden, dürfte es für sie bei der Wahl im Europaparlament eng werden. Von der Leyen könnte auf die Stimmen aus der EKR angewiesen sein. Sie reagierte zunächst ausweichend, verwies auf die klare Haltung ihrer Kommission gegenüber Polen unter der PIS-Regierung und Ungarn unter Viktor Orbans Fidesz.

    Schmit tadelt von der Leyen

    Doch Eickhout gab sich damit nicht zufrieden und setzte nach. Daraufhin verwies sie zunächst darauf, dass über eine Zusammenarbeit die Fraktion entscheide. Dann schloss von der Leyen nicht kategorisch eine Zusammenarbeit mit der EKR aus. “Es hängt sehr stark davon ab, wie das nächste Europaparlament zusammengesetzt ist, ob meine EVP-Fraktion mit der EKR kooperiert.” Sie hob zudem hervor, dass man sich die Zusammensetzung der EKR-Fraktion anschauen müsse. Daraufhin erntete von der Leyen einen Tadel von Schmit: “Ich bin überrascht, ich hätte hier ein klares Nein erwartet.” EKR-Mitgliedsparteien respektierten in vielen Mitgliedstaaten nicht EU-Werte.

    Marie-Agnes Strack-Zimmermann nahm für die europäischen Liberalen an der Debatte teil. Sie forderte von Ursula von der Leyen eine Klarstellung, dass die EVP nicht mit der Fraktion der Rechtsradikalen, ID, zusammenarbeiten werde, in der bisher die deutsche AfD Mitglied ist. Diese Zusicherung wurde ihr von von der Leyen gegeben. Strack-Zimmerman betonte, dass die Zukunft Europas auch in der Ukraine auf dem Spiel stehe: “Wenn die Ukraine den Krieg verliert, sieht unser Europa anders aus.” Sie rief dazu auf, mehr Unterstützung für das angegriffene Land zu mobilisieren: “Wacht endlich auf, tut mehr, fangt endlich damit an.” mgr

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    Nationale Agrarbeihilfen: EU-Kommission erwägt Özdemir-Forderung nach mehr Spielraum

    Die Europäische Kommission erwägt offenbar eine Anhebung der Höchstgrenze für genehmigungsfreie nationale Beihilfen im Agrarsektor, die sogenannte De-minimis-Grenze. Bis zu 20.000 Euro pro Agrarbetrieb über drei Steuerjahre können die Mitgliedstaaten aktuell als “geringfügige” Subventionen auszahlen, die nicht erst von der Kommission genehmigt werden müssen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) forderte beim EU-Agrarrat am Montag, den Betrag zu verdoppeln und auf 50.000 Euro anzuheben. Auch die Gesamtsumme, die jedem Mitgliedstaat zusteht, will er erhöht sehen.

    16 weitere Staaten unterstützten laut gut informierten Kreisen den Vorstoß, der hinter verschlossenen Türen diskutiert wurde. Die Kommission arbeite hieran, sagte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski nach dem Treffen, äußerte sich aber auf Nachfrage nicht näher zum Zeitplan. Vor knapp zwei Wochen hatten bereits die EU-Staats- und Regierungschefs die Kommission aufgefordert, eine Anhebung der De-minimis-Grenze zu prüfen.

    Beihilferegeln sollen Marktverzerrung verhindern

    Mehr Spielraum für nationale Subventionen sei ein praktischer und unbürokratischer Weg, die Landwirtschaft zu unterstützen, ohne Umweltstandards abzusenken, argumentiert Özdemir. Zudem sei der Betrag seit 2019 nicht angepasst worden und trage der wirtschaftlichen Lage nicht länger Rechnung. Die EU-Beihilferegeln dienen dazu, innerhalb des europäischen Binnenmarktes Wettbewerbsgleichheit zwischen Betrieben in unterschiedlichen Ländern sicherzustellen.

    Der belgische Minister und aktuelle Agrarratsvorsitzende David Clarinval mahnte vor dem Treffen an, auch weniger finanzstarke Länder müssten Gehör finden. “Nicht alle Länder haben die finanziellen Kapazitäten, ihren Landwirten unter die Arme zu greifen”, betonte er. Explizit gegen die Anhebung der Höchstgrenze stellte sich während der Gespräche aber dem Vernehmen nach nur die dänische Delegation, die vor Wettbewerbsverzerrungen warnte.

    Deutschland schöpft Höchstbetrag bisher nicht aus

    Die deutsche Bundesregierung schöpfte den erlaubten Gesamtbetrag in den letzten Jahren nicht aus. Rund 22 Millionen Euro waren es 2022, knapp 46 Prozent der Höchstsumme, teilt das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) auf Anfrage mit. Aber: “Immer mehr Förderprogramme werden im Rahmen einer de-minimis Beihilfemaßnahme gewährt”, erklärt eine Sprecherin. Die Anhebung der Grenze sei nötig, um diesem Trend Rechnung zu tragen und auf gezielt auf Krisen reagieren zu können.

    Auch an anderer Stelle will die Kommission den Mitgliedstaaten mehr Freiraum für nationale Agrarsubventionen einräumen. Anfang April hatte sie entsprechend einer Forderung der Staats- und Regierungschefs vorgeschlagen, den sogenannten befristeten Krisenrahmen zu verlängern. Dieser macht es EU-Ländern temporär einfacher, Landwirte bei Marktverwerfungen im Zuge von Russlands Krieg in der Ukraine durch Hilfsprogramme zu unterstützen. Dabei geht es um Summen, die über die De-minimis-Grenze hinausgehen und von der Kommission genehmigt werden müssen. jd

    • Bauernproteste
    • Europapolitik
    • Subventionen

    Cep-Studie: Binnenmarkt zum Schutzraum machen

    Die neue EU-Kommission sollte den europäischen Binnenmarkt aus Sicht des Centrums für Europäische Politik (Cep) noch stärker zum “geopolitischen Schutzraum” machen. Nötig seien weitere Maßnahmen, um hiesige Unternehmen besser zu schützen vor gestörten Lieferketten für kritische Rohstoffe und Technologien sowie vor wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen von Drittstaaten, schreiben die Cep-Forscher Matthias Kullas und Anja Hoffmann in einer neuen Studie, die heute veröffentlicht wird.

    Zentral sei ebenfalls, die Firmen vor Wettbewerbsnachteilen durch Subventionen von Staaten wie China zu bewahren. Die EU-Institutionen hätten in der abgelaufenen Legislaturperiode in allen drei Handlungsfeldern bereits neue Instrumente eingeführt. Doch die Wirksamkeit etwa des Critical Raw Materials Act oder des Internal Market Emergency and Resilience Act (IMERA) zum Schutz von Lieferketten müssten evaluiert und notfalls nachgebessert werden.

    Zudem brauche die EU schärfere Instrumente, um die heimischen Hersteller gegen strategisch subventionierte Konkurrenten insbesondere aus China zu schützen, etwa bei Elektroautos oder Windturbinen, so Kullas und Hoffmann. Neben politischem Druck auf Peking und der Suche nach Verbündeten gehörten dazu schnellere Verfahren bei der Subventionskontrolle. Die Studie gehört zu einer achtteiligen Serie, in der Cep-Forscher Ausblicke auf die kommende Legislaturperiode nach der Europawahl geben. tho

    • Critical Raw Materials Act
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    • Industriepolitik
    • kritische Rohstoffe

    Schuldenreform kann in Kraft treten

    In der Europäischen Union gelten künftig neue Vorschriften für Staatsschulden und Haushaltsdefizite der Mitgliedsländer. Der Ministerrat nahm am Montag in Luxemburg Reformpläne für den Stabilitäts- und Wachstumspakt abschließend an, wie EU-Diplomaten bestätigten. Vergangene Woche hatte bereits das Europaparlament die Reformpläne gebilligt.

    Die Bestätigung durch den Rat der Europäischen Union war der letzte notwendige Schritt für die Reform. Das Regelwerk schreibt den Staaten unter anderem Obergrenzen für Schulden vor. Demnach sollen künftig etwa klare Mindestanforderungen dafür gelten, wie hoch verschuldete Länder ihre Schuldenstandsquoten senken. Gleichzeitig soll bei EU-Zielvorgaben die individuelle Lage von Ländern stärker berücksichtigt werden. dpa

    • EU-Schuldenregeln
    • Finanzpolitik
    • Staatsschulden

    Xi reist nach Frankreich, Ungarn, Serbien

    Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wird Anfang Mai Frankreich, Ungarn und Serbien besuchen. Er werde die Länder auf Einladung der jeweiligen Präsidenten vom 5. bis 10. Mai bereisen, teilte eine Sprecherin des chinesischen Außenamtes am Montag in Peking mit.

    Schon zuvor hatte es Gerüchte über die Reise gegeben. Das Treffen in Frankreich folgt auf die China-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz Mitte April. Dem französischen Élyséepalast zufolge werden Xi und seine Frau am 6. und 7. Mai in Frankreich empfangen. Inhaltlich soll es dabei um den Krieg in der Ukraine, die Lage in Nahost, wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Klimaschutz gehen.

    Jahrestag der Bombardierung der chinesischen Botschaft

    Anders als 2019 wird Xis Europa-Tour danach weiter gen Osten verlaufen. Am 7. und 8. Mai besucht er auf Einladung von Präsident Aleksandar Vucic das Balkanland Serbien, wie die staatliche Nachrichtenagentur Tanjug mitteilte. Die Visite fällt mit dem 25. Jahrestag der Bombardierung der chinesischen Botschaft durch die Nato am 7. Mai 1999 in der Hauptstadt Belgrad zusammen. Damals kamen drei chinesische Journalisten ums Leben. Die Nato sprach von einem Versehen, während Peking von einem absichtlichen Angriff ausging.

    Von Serbien reist Xi nach Ungarn weiter, wo er vom 8. bis 10. Mai zu Gast sein wird, wie die staatliche Nachrichtenagentur MTI meldete. Als eines von wenigen EU-Ländern ist Ungarn auch Seidenstraßen-Mitglied. Zwischen Ungarn und Serbien baute die Volksrepublik etwa eine 350 Kilometer lange Eisenbahnverbindung. dpa

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    • EU-Außenpolitik
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    • Serbien
    • Ungarn

    Apple’s iPad im Visier des DMA

    Das iPad von Apple Inc. wurde in die Liste der Produkte und Dienstleistungen der Big Tech aufgenommen, die von strengen neuen EU-Vorschriften betroffen sind, die darauf abzielen, Wettbewerbsmissbrauch zu stoppen, bevor er zum Tragen kommt. Damit hat Apple sechs Monate Zeit, um sicherzustellen, dass sein Tablet-Ökosystem mit einer Reihe von Präventivmaßnahmen im Rahmen des DMA übereinstimmt.

    Das mobile Betriebssystem iOS, der App Store und der Safari-Browser des Unternehmens sind bereits von dem Gesetz betroffen. Apple hat jedoch gegen die Ausweisung bestimmter Dienste vor dem EU-Gericht in Luxemburg geklagt. Die Anhörungen sollen noch in diesem Jahr stattfinden.

    Die Entscheidung der EU, das iPad in den Anwendungsbereich des DMA einzubeziehen, werde sicherstellen, dass Fairness und Wettbewerb gewahrt bleiben, so Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Eine Untersuchung habe gezeigt, dass “iPadOS ein wichtiges Tor ist, auf das viele Unternehmen angewiesen sind, um ihre Kunden zu erreichen”, obwohl es nicht alle Schwellenwerte erfülle. red

    • Apple
    • Digital Markets Act
    • EU

    Freihandelsabkommen mit Neuseeland startet

    Die deutsche Wirtschaft setzt große Hoffnungen auf das am 1. Mai in Kraft tretende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland. “Für die international eng vernetzte deutsche Wirtschaft ist das neue EU-Neuseeland-Handelsabkommen ein Lichtblick in einem zunehmend schwierigen Außenwirtschaftsumfeld”, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. Die Unternehmen litten weltweit unter Protektionismus, der dem Außenhandel immer größere Steine in den Weg lege. Das neue Abkommen könne helfen gegenzusteuern. “Es beseitigt Handelshemmnisse etwa bei Zöllen, öffentlicher Beschaffung, beim Schutz geistigen Eigentums sowie bei nichttarifären Handelshemmnissen.”,

    EU und Neuseeland hatten sich Mitte 2022 auf das Freihandelsabkommen geeinigt. Für EU-Exporte – etwa von Kleidung, Chemikalien, Pharmaprodukten, Autos, Wein und Süßwaren – sollen die Zölle künftig wegfallen. Die EU wiederum will ihre Importmengen auf Rindfleisch aus Neuseeland erhöhen, was vor allem in Frankreich umstritten ist. Außerdem werden die Kontingente für Lammfleisch, Butter und Käse angehoben. rtr

    • EU
    • Freihandelsabkommen
    • Neuseeland
    • Öffentliche Beschaffung

    Presseschau

    Steinmeier würdigt 20 Jahre EU-Mitgliedschaft Tschechiens SÜDDEUTSCHE
    EU-Erweiterung 2004: Steinmeier schwärmt vom “europäischen Glücksmoment” STERN
    Scholz macht Montenegro Hoffnung auf EU-Beitritt FAZ
    Polens Vize-Außenminister Marek Prawda: “Die EU ist östlicher geworden”. TAGESSPIEGEL
    Ost-Erweiterung: Woidke fordert stärkeren Fokus auf östliche EU-Staaten SÜDDEUTSCHE
    Neue Schuldenregeln für EU-Staaten sind beschlossen LUXEMBURGER WORT
    EU-Staaten beginnen mit Umsetzung der Asylreform FAZ
    EU regelt Kennzeichnung von Honig, Säften und Konfitüren SPIEGEL
    Spionagevorwürfe und Korruption: EU-Abgeordnete fordern mehr Informationen von Geheimdiensten ZEIT
    Chinesische Cyberbespitzelung: Fünf belgische Volksvertreter betroffen BRF
    Schottischer Regierungschef Yousaf tritt zurück HANDELSBLATT
    Nach Kampagne gegen Ehefrau: Spaniens Regierungschef bleibt im Amt TAGESSCHAU
    Ermittlungen gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl wegen Verdachts der Untreue ZEIT
    Türkei unterstützt Niederländer Rutte als neuen Nato-Generalsekretär WEB.DE
    Europawahl: Ursula von der Leyen will EU-Präsidentin bleiben WEB.DE
    Chinas Staatschef auf Europa-Tour: Xi reist nach Frankreich, Serbien und Ungarn TAGESSPIEGEL
    Meta droht EU-Verfahren wegen mangelndem Kampf gegen Fake News HANDELSBLATT
    Apple muss auch iPad in der EU öffnen FAZ
    EU lässt sich mehr Zeit bei Prüfung von Lufthansa-Einstieg bei ITA FINANZEN.NET
    EU-Kommission identifiziert kritische Punkte bei Air Europa Übernahme REISETOPIA
    Özdemirs höhere staatliche Hilfen für Landwirte finden Anhänger AGRARHEUTE
    Ruanda-Plan sorgt für Asylstreit zwischen London und Dublin DER STANDARD
    Belarus verbietet regionales Programm der Deutschen Welle DEUTSCHLANDFUNK KULTUR
    Kommission: Österreich einziges Land ohne Klimaplan DER STANDARD
    EU-Förderung von Projekten: Hochschule Osnabrück unter Betrugsverdacht TAZ
    Emotionale Wahlkampagne des EU-Parlaments: “Passt gut auf die Demokratie auf, wenn ich nicht mehr bin” SPIEGEL

    Heads

    Die entscheidenden Köpfe der EU-Szene – Unternehmen

    Leonhard Birnbaum

    Der CEO von Eon ist einer der einflussreichsten Energielobbyisten in Brüssel. Ende 2022 übernahm der Chemieingenieur die Präsidentschaft von Eurelectric. Seitdem ist das Hauptgeschäft von Eon viel stärker ins Zentrum von Europas Energiepolitik gerückt: die Verteilnetze, an welche die meisten Windräder und Solaranlagen angeschlossen werden. Seine wichtigsten Ziele sind dauerhaft einfachere Genehmigungen für den Netzausbau und eine bessere Verzinsung in dem regulierten Geschäft.

    Sopna Sury

    Als Chief Operating Officer Hydrogen leitet die Ökonomin das Wasserstoffgeschäft der Erzeugungssparte von RWE. In Brüssel treibt sie die Wasserstoffwirtschaft bei Hydrogen Europe voran. Als Vorstandsvorsitzende ist sie die wichtigste Stimme neben CEO Jorgo Chatzimarkakis.

    Thomas Steg

    Er ist ein Top-Lobbyist mit langer Erfahrung in der Bundespolitik. Der Niedersachse war stellvertretender Sprecher der Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder und auch danach noch von Angela Merkel, als sie das Kanzleramt von übernahm. Danach ging der gelernte Journalist zu VW, wo er mittlerweile seit Jahren der Chef-Lobbyist ist. Er diente unter mehreren Vorstandschefs.

    Jörg Howe

    Der gelernte TV-Journalist, dem man seine norddeutsche Herkunft nicht nur sprachlich anmerkt, kam als Sprecher des damaligen Daimler-Vorstandschefs Dieter Zetsche ins Schwabenland. Howe hütete das Image des Konzerns mit dem Stern von 2008 an, in den schwierigen Zeiten des Abgasskandals und bis 2021. Nach Zetsches Abschied zog es Howe zur Nutzfahrzeugsparte, die 2021 vom Autobauer abgespalten wurde und mittlerweile der zweite Dax-Konzern aus Stuttgart ist. Anfangs war er noch Generalbevollmächtigter, inzwischen ist er wieder Konzernsprecher mit besten Kontakten zu Politikern und Journalisten.

    Jonas Andrulis

    Wer in Deutschland an das Thema Künstliche Intelligenz denkt, denkt an Aleph Alpha und seinen Gründer Jonas Andrulis. Auch in Europa spielt das Heidelberger KI-Unternehmen in der ersten Liga mit. Andrulis ist angetreten, um mit KI die Welt zu verbessern. Dafür ist der Wirtschaftsingenieur vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) aus dem Silicon Valley, wo er ein paar Jahre für Apple arbeitete, nach Baden zurückgekehrt.

    Markus Kamieth

    Der neue Vorstandsvorsitzende von BASF tritt in große Fußstapfen. Als Nachfolger von Martin Brudermüller muss der Dinslakener seine Position in Brüssel noch finden. Derzeit bekleidet sein Vorgänger noch Schlüsselpositionen bei Europas einflussreichem Chemieverband Cefic. Mit der Gefahr der Abwanderung europäischer Industriebranchen kennt sich Kamieth aber bereits bestens aus: Für BASF arbeitete er als Manager jahrelang in den USA und in Hongkong.

    Benedikt Kuttenkeuler

    Der Leiter der Repräsentanz von Siemens kam bereits zu Zeiten der Juncker-Kommission nach Brüssel. Der Jurist leitet ein zwölfköpfiges Team, das bei jedem wichtigen Binnenmarkt-, Klima- und Digitalgesetz mitmischt. Gut vernetzt ist er unter anderem durch den Wirtschaftsrat Deutschland, wo er sich im Brüsseler Vorstand engagiert.

    Timotheus Höttges

    Bereits seit 2014 steht Tim Höttges an der Spitze der Deutschen Telekom. Er hat den weltweiten Umsatz des Unternehmens von 60 Milliarden im Jahr 2013 auf 112 Milliarden Euro (2023) nahezu verdoppelt. Als größtem europäischen Telekommunikationskonzern kommt der Telekom beim Ausbau der Gigabitnetze eine wichtige Rolle zu. Das Geld für den Netzausbau verdient die Telekom jedoch vor allem in den USA.

    Oliver Zipse

    Der BMW-Chef ist gelernter Mathematiker und Maschinenbauer. Er hat sein gesamtes Berufsleben bei dem bayerischen Automobilbauer verbracht. 1991 ist er als Trainee eingetreten, 2019 wurde er Vorstandschef. Zipse war ehrenamtlicher Präsident des europäischen Dachverbandes ACEA, als in Brüssel der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor verhandelt wurde. Zipse geht mit BMW insofern einen Sonderweg, als die Münchner zwar E-Autos vorantreiben, aber auch die Brennstoffzelle und synthetische Kraftstoffe nicht vergessen haben. BMW steht für Technologieoffenheit bei der Antriebswende.

    Verena Pausder

    Sie ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Gründerszene und steht seit 2023 auch an der Spitze des Start-up-Verbands. Sie setzt sich für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland ein, was beim Thema Bildung beginnt und beim Thema Digitalisierung nicht endet. In Ihrem Buch “Das Neue Land” hat sie ihre Ideen dargelegt, wie Gesellschaften zukunftsfähig werden.

    • Heads
    • Top of the Table
    • Unternehmen

    Dessert

    Dass sie selbst in den Ring steigen würde, war schon lange klar. Dennoch hat Giorgia Meloni bei der Verkündung ihrer Kandidatur für die Europawahl Anfang Juni selbst in Italien noch für überraschte Gesichter gesorgt. “Schreibt einfach Giorgia auf den Wahlzettel”, sagte sie bei einem Parteitreffen ihrer Fratelli d’Italia am Sonntag in Pescara. “Die werde ich immer sein, und ich bin eine von euch, eine aus dem Volk”, rief die Ministerpräsidentin ihren Anhängern zu. Ihre Rede wurde öffentlichkeitswirksam und perfekt ausgeleuchtet auch auf ihren Konten in den sozialen Medien ausgespielt. 

    Dazu muss man wissen: In Italien stehen die Kandidaten bei der Europawahl nicht auf dem Wahlzettel. Die Bürger müssen den Namen ihres Wunschkandidaten selbst von Hand in der Wahlkabine aufschreiben. Das will ihre Regierungschefin ihnen nun so einfach wie möglich machen. Keine Formalitäten, keine Distanz – Giorgia ist einfach Giorgia. Die Mehrheit der Bürger, die sie ansprächen, nenne sie weiterhin einfach beim Vornamen, sagt Meloni, äh Giorgia. “Das macht mich stolz und ist mir sehr wichtig.” Ihre “schwierige Rolle” als Ministerpräsident (sie bevorzugt die männliche Bezeichnung) werde sie nicht verändern. 

    Gibt es noch eine Giorgia bei den Brüdern?

    Gewisse Formalitäten gilt es bei einer Wahl doch einzuhalten. Im italienischen Wahlgesetz steht, dass der Bürger seine Präferenz nur durch Nennung des Nachnamens oder des Vornamens plus des Nachnamens kundtun soll. Allerdings wird bei den Abstimmungen in der Praxis berücksichtigt, wie der Kandidat in der Liste aufgeführt ist.

    In der Wahlliste der Fratelli d’Italia steht die Kandidatin, die in allen fünf Wahlkreisen des Landes auf Platz eins rangiert, als “Giorgia Meloni genannt Giorgia”. Damit soll rechtlich alles klar sein, heißt es aus Kreisen der Partei. Doch andere haben Zweifel, ob Meloni tatsächlich einfach als Giorgia durchgehen kann. Verfassungsrechtler Gaetano Azzariti etwa stellt im Gespräch mit der Zeitung La Repubblica die Frage: “Und wenn es eine weitere Giorgia bei den Fratelli gibt? Verbieten sie nun alle Giorgias in der Partei?” Almut Siefert

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

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