es wird ihr erster öffentlicher Auftritt nach der Lungenentzündung, wenn die Kommissionspräsidentin heute zum Treffen der EVP-Staats- und Regierungschefs sowie der Oppositionsführer nach Berlin reist. Zur Stunde arbeiten noch die Unterhändler von Gastgeber Friedrich Merz und Ursula von der Leyen an dem Papier, das der CDU-Kanzlerkandidat präsentieren will. Ein früher Entwurf vom 8. Januar liegt uns vor.
Drei Themen sind dem Vernehmen nach aktuell gesetzt: Deregulierung, Ertüchtigung des Kapitalmarktes mit der Diagnose, dass es zu wenige Großbanken gibt, sowie der Vorstoß, das Fusionsrecht in der EU anzupassen an die veränderten weltwirtschaftlichen Bedingungen. Bei Unternehmenszusammenschlüssen sollen die EU-Kartellwächter dann auch im Blick haben, Player aus der EU zu ermöglichen, die Unternehmen aus China und den USA die Stirn bieten können.
Dass sich die Arbeiten an dem Papier so lange hinziehen, ist ein Hinweis darauf, wie schwer es ist, das Einverständnis einzuholen. Die Kommissionspräsidentin muss bereit sein, den “disruptiven” Abbau der Berichtspflichten “an ein bis zwei” konkreten EU-Gesetzen zu vollziehen. (Lesen Sie dazu auch die News in dieser Ausgabe)
Und: Die Staats- und Regierungschefs müssen bereit sein, für die Vorhaben dann auch in der Staatenkammer die Hand zu heben. An dieser nicht zuvor stattgefundenen Absicherung bei den nationalen Regierungen hatte es beim Testfall der entwaldungsfreien Lieferketten gehapert. Da die Mitgliedstaaten nicht mitzogen, gelang es nur, das Greifen des umstrittenen Gesetzes um zwölf Monate zu verschieben.
Man darf also gespannt sein, ob und wie die Spitzenkräfte der Christdemokraten heute und morgen zusammenkommen. Gute Unterhaltung dabei!
Die Kommission will die schnellere Genehmigung von Infrastruktur für Wärme, Wasserstoff und Kohlendioxid ermöglichen. Dazu sollen Regelungen aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und einer Notfallverordnung für erneuerbare Energien und Stromtrassen auf diese Bereiche ausgedehnt werden. So steht es jedenfalls in Kommissionsunterlagen für ein Treffen mit Industrievertretern am 14. Januar zu ersten Eckpunkten des Clean Industrial Deal, die Table.Briefings in Teilen einsehen konnte.
Die Ankündigung deckt sich mit Ideen von Bundeskanzler Olaf Scholz. Anfang des Jahres hatte er Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Schreiben gebeten, in mehreren Bereichen tätig zu werden, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken – auch durch die Planungsbeschleunigung für Wärmenetze, Wärmeerzeuger und Wasserstoff-Infrastruktur.
Im Energiebereich will die Kommission zudem die Beschaffung von nachhaltigen Brenn- und Kraftstoffen durch die Europäische Wasserstoffbank ausweiten. Aus dieser European Hydrogen Bank soll den Kommissionsunterlagen zufolge eine “Sustainable Fuels Bank” werden. Unklar ist, ob dies nur den Transport der Energieträger erleichtern sowie mehr Wertschöpfungsstufen anreizen soll, oder auch auf Biokraftstoffe ausgedehnt werden soll. Synthetische Kraft- und Brennstoffe sind in der Regel leichter zu transportieren als reiner Wasserstoff. Für Biokraftstoffe gibt es eigentlich bereits etablierte Anreizmechanismen und ausreichend Abnehmer.
Für E-Fuels will die Kommission auch Hindernisse in der Regulierung ausräumen. Beispielhaft genannt werden in der Präsentation Netze, etwa durch “Standardisierung” und ein “28. Regime für PCIs” (Projekte von gemeinsamem Interesse). Standardisierung spielt zum Beispiel eine Rolle beim grenzüberschreitenden Transport von Gasen.
Projekte von gemeinsamem Interesse sind pan-europäische Infrastrukturkorridore. Bisher gibt es Regelungen für Strom, Erdgas, Öl, Wasserstoff und CO2. Als “28. Regime” wird in verschiedenen Politikfeldern ein gemeinsamer europäischer Rahmen bezeichnet, der parallel zu nationalen Regelungen besteht und für den sich Marktteilnehmer freiwillig entscheiden können.
Unter den Schlagworten für alternative Kraftstoffe taucht auch der Begriff “CfDs” auf. Diese Contracts for Difference sind bislang vor allem ein Instrument für die Förderung von grünem Strom und Kernenergie. Mit der jüngsten Reform der Strom-Binnenmarktverordnung wurde sichergestellt, dass es durch Differenzverträge nicht zur Überförderung des erzeugten Stroms kommt. Würde die Förderung anderer Energieträger auf CfDs umgestellt, würde dies insofern eine Angleichung an gemeinsame Wettbewerbsregeln bedeuten.
Unter dem Stichpunkt “Bezahlbarkeit von Energie” taucht in dem Dokument unter anderem das “Anreizen von Langzeitverträgen/PPAs“ auf. Die Kommission wolle die Europäische Investitionsbank (EIB) dazu bewegen, PPAs durch Garantien abzusichern, heißt es dazu aus der Wirtschaft. Bei langfristigen Stromabnahme-Verträgen zwischen Erzeugern und Abnehmern vorrangig aus der Industrie besteht die Gefahr, dass einer der Vertragspartner während der Laufzeit insolvent wird.
Die Kommission strebt außerdem eine “Strategie zur Minimierung der Gesamtsystemkosten” im Energiebereich an. Dies hatte Energiekommissar Dan Jørgensen punktuell auch schon gegenüber dem EU-Parlament durchklingen lassen. Der Punkt “niedrigere Steuern und Gebühren” wird vor allem vom Abschluss der Verhandlungen zur Energiesteuer-Richtlinie abhängen, die in der vergangenen Legislatur nicht abgeschlossen wurde.
Für zwei weitere Ideen wird die Kommission auf die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten angewiesen sein. Einer davon: “den Mitgliedstaaten die Bedeutsamkeit aufzeigen, IPCEIs in den innovationsträchtigsten und strategischsten Bereichen wie bezahlbaren Elektroautos made in Europe und der Kreislaufwirtschaft zu unterstützen”. Das Förderinstrument IPCEI (Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse) dient dem Aufbau europäischer Produktionskapazitäten. Ausgewählte Projekte profitieren von Förderung und leichteren Genehmigungen. In der E-Mobilität gibt es bislang nur IPCEIs für Batterien, einen eigenen IPCEI für die Kreislaufwirtschaft gibt es noch nicht.
Der zweite Punkt ist die stärkere Förderung von Projekten für strategische Rohstoffe. Das Dokument nennt exemplarisch “steuerliche Anreize für Abnehmer, um langfristige Abnahmeverträge zu unterzeichnen“. Steuerpolitik liegt allerdings weitgehend in der Kompetenz der Mitgliedstaaten.
Ihre vollständige Mitteilung zum Clean Industrial Deal will die Kommission voraussichtlich am 26. Februar vorstellen. Über Prioritäten sprach am Donnerstag Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera beim Thinktank Bruegel: Energieeffizienz müsse ganz weit oben stehen, damit Unternehmen Kosten einsparen könnten. Gleich danach müsse jedoch die weitere Elektrifizierung stehen, um fossile Brennstoffe reduzieren zu können. Die industriepolitischen Forderungen aus der Antwerpen-Deklaration, die Unternehmenschefs aus unterschiedlichen Branchen Anfang 2024 an die Kommission schickten, sollen laut Ribera ebenfalls berücksichtigt werden. Mit Lukas Knigge
Vor der Amtseinführung von Donald Trump am Montag steigt die Nervosität: In Brüssel gehen die Verantwortlichen davon aus, dass der neue US-Präsident umgehend höhere Zölle ankündigen wird, und damit die Europäer zu einer Reaktion zwingen wird. Was genau Trump ankündigen wird, darüber tappen EU-Kommission, Mitgliedstaaten und Europaparlament aber im Dunkeln, wie es in Brüssel heißt.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will zeitnah nach der Amtseinführung das Gespräch mit dem neuen Präsidenten suchen. An der Zeremonie in Washington am Montagmittag Ortszeit werden hingegen kaum hochrangige Vertreter aus Europa teilnehmen, um nicht als Claqueure auf der Tribüne sitzen zu müssen. Die Bundesregierung etwa schickt ihren Botschafter. Anreisen werden hingegen Vertreter mehrerer Rechtsaußenparteien.
Einige Mitgliedstaaten, wie zum Beispiel Dänemark mit Blick auf Trumps Avancen Grönland betreffend, drängen Brüssel zu Zurückhaltung. Man wolle nicht unnötig Öl ins Feuer schütten oder konkrete Schritte von Trump vorwegnehmen, so Diplomaten.
Im Wahlkampf hatte Trump angedroht, zehn bis 20 Prozent auf alle Einfuhren aufschlagen zu wollen. Um diese abzuwenden, müssten die Europäer große Mengen an Öl und Gas aus den USA kaufen, um die bilaterale Handelsbilanz auszugleichen, forderte der Republikaner.
Die Europäer haben großes Interesse an einem Deal, um einen Handelskonflikt mit Folgen für die ohnehin schwächelnde Industrie abzuwenden. Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius forderte als Präsident des Dachverbandes ACEA in einem Brief einen “Grand Bargain” mit den USA. Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte bereits in Aussicht gestellt, im Rahmen eines Deals mehr amerikanisches LNG zu importieren. Wobei dies eigentlich Sache der meist privaten Energieunternehmen ist.
Der ungarische Europaminister János Bóka setzt auf einen Deal: “Die Zölle sind für Trump kein Selbstzweck”, sagte er Table.Briefings. Um die Wirtschaftsbeziehungen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, “sollten auch US-Investitionen in Schlüsselsektoren in Europa auf dem Tisch liegen”, fordert Bóka – diese könnten ein “Game-Changer” sein. Als mögliche Sektoren nennt er neben Energie auch Infrastruktur, Mobilität und Informationstechnik.
Ton und Wesen der transatlantischen Beziehungen würden sich ändern, sagte Bóka. Dies berge aber nicht nur Risiken, “sondern auch eine Menge Potenzial”. Budapest blickt positiver auf die neue Trump-Administration als die meisten anderen Hauptstädte: Der rechtskonservative Ministerpräsident Viktor Orbán verspricht sich Rückenwind durch Trump und dessen Verbündete wie X-Eigentümer Elon Musk.
Für große Unruhe sorgten Trumps Äußerungen zum Ukraine-Krieg und zur Nato. Die Staats- und Regierungschefs wollen am 3. Februar bei einer Klausur in der Nähe von Brüssel beraten, wie Europa seine Abhängigkeit von der Schutzmacht verringern kann. Das Ziel ist laut Diplomaten eine offene strategische Diskussion ohne den festgesteckten Rahmen eines regulären EU-Gipfels.
Es werde um die Gestaltung der künftigen europäischen Sicherheitsarchitektur gehen, sagt Bóka. Die EU müsse sich entscheiden, ob sie dabei eine eigenständige Rolle ausfüllen wolle und welche Mittel sie dafür brauche. Die Diskussion stehe am Anfang, es gebe “noch keinen offensichtlichen Konsens zu einem dieser Elemente”, sagte Bóka, der auch EU-Sherpa von Ministerpräsident Orbán ist.
Uneinigkeit herrscht etwa über die Frage, wie sehr sich die EU-Staaten auf Rüstungslieferanten aus den USA und anderen Drittländern verlassen sollen. Ungarn und andere pochen darauf, die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken, um die Abhängigkeiten zu lösen. Polen und Balten hingegen wehren sich gegen eine Fixierung auf “Made in Europe”. Polen etwa kauft in großem Stil in Südkorea ein, das schneller liefern kann als Europäer und Amerikaner.
Andere wie die Niederlande und Deutschland möchten sich den Weg für Lizenzproduktionen von US-Rüstungsgütern nicht verbauen. Nato-Generalsekretär Mark Rutte warnte diese Woche explizit davor, Rüstungsfirmen aus Drittstaaten auszuschließen und neue Hürden zwischen den Verbündeten zu errichten. Die transatlantische Kooperation bei der Rüstungsproduktion mache Europa und die USA stärker.
Bóka räumt zwar ein, man werde den Bedarf an militärischer Ausrüstung in den nächsten zehn oder 15 Jahren nicht allein über europäische Hersteller decken können. Die europäischen Staaten sollten aber dennoch “den großen Sprung nach vorn wagen” und eine europäische Verteidigungsindustrie aufbauen. Diese sei Kernstück einer strategischen Autonomie Europas.
Derzeit experimentiere die EU noch im kleinen Rahmen des Europäischen Plans für die Verteidigungsindustrie (EDIP), der einen Umfang von 1,5 Milliarden Euro hat. Nötig sei ein koordiniertes Planungs- und Entwicklungsprogramm auf EU-Ebene, das Stück für Stück aufgebaut werden müsse. Das sei aber erst realistisch im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen von 2028 bis 2034.
Die EU-Kommission erarbeitet derzeit ein Weißbuch, das die Optionen zur Finanzierung des Verteidigungsbedarfs abwägen soll. Verteidigungskommissar Andrius Kubilius taxiert die Lücke auf rund 500 Milliarden Euro. Bóka hält das für voreilig: “Anstatt mit riesigen Zahlen um uns zu werfen, sollten wir sehen, wie hoch unser Ambitionsniveau ist und welchen Beitrag Europa leisten kann.” Es gebe noch sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Zuständigkeiten die Mitgliedstaaten behalten und welche die EU übernehmen sollte. Ein neues EU-Schuldenprogramm zur Finanzierung des Verteidigungsbedarfs sieht Budapest kritisch.
Um in der Verteidigung starker zusammenzuarbeiten, müssten auch die strategischen Interessen Europas klarer definiert werden, so Bóka. Bislang war es allerdings oft Ungarn, das die Einigkeit im Rat mit seinem Veto verhinderte, insbesondere bei den Russland-Sanktionen oder gegenüber China. Budapest will sich vor dem Amtsantritt Trumps auch nicht festlegen, ob es der Ende Januar fälligen Verlängerung der Wirtschaftssanktionen zustimmt.
Der designierte amerikanische Finanzminister Scott Bessent plädierte zwar bei den Anhörungen im US-Senat dafür, die Sanktionen gegen russische Ölfirmen zu verschärfen. Orbán spekuliert aber offenkundig darauf, dass Trump die US-Handelsbeschränkungen gegenüber Moskau zurücknimmt. Es sei zwar “unbestreitbar”, dass die westlichen Sanktionen Auswirkungen auf die russische Wirtschaft hätten, so Bóka. Allerdings sei zweifelhaft, ob sie das Ende des militärischen Konflikts in der Ukraine beförderten und den Preis wert seien, den Europa dafür zahle. Auch die neuen Vorschläge zu einem Ausphasen der Importe von russischem LNG sehe man mit Blick auf die hohen Energiepreise kritisch, so der Minister.
Die Fidesz-Regierung setzt darauf, bald neue Verbündete für ihren Kurs zu bekommen. Die sich abzeichnende Bildung einer Regierung in Österreich unter FPÖ-Chef Herbert Kickl sei ein wichtiger Schritt, so Bóka, man hoffe auf weitere Wahlsiege rechter Kräfte etwa in Tschechien. “Dies ist nur der Anfang eines Weges, der zu einer vollständigen Umstrukturierung der politischen Landschaft in Europa führen wird.”
20.01.2025 – 15:00 Uhr
Euro-Gruppe
Themen: Prioritäten und Herausforderungen für den Euroraum im neuen europäischen Politikzyklus, Empfehlung für den Euroraum 2025 (Präsentation der Kommission), Innovation im Großbetragszahlungsverkehr, Digitaler Euro (Stand der Dinge). Vorläufige Tagesordnung
20.01.2025 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Arbeitsplan
Themen: Wiederaufnahme der Sitzungsperiode und Arbeitsplan. Vorläufige Tagesordnung
21.01.-22.01.2025
Informelle Ministertagung Bildung
Themen: Präventiver Aspekt der integrativen Bildung (Herausforderungen im Prozess der Umsetzung), Evidenzbasierte Politik in der inklusiven Bildung (datenbasierte Entscheidungsfindung). Infos
21.01.2025 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Tätigkeitsprogramm, Fragestunde, Belarus, Naher Osten
Themen: Aussprache zur Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des polnischen Ratsvorsitzes, Fragestunde, Aussprache zur Notwendigkeit von Maßnahmen im Zusammenhang mit der anhaltenden
Unterdrückung und den Scheinwahlen in Belarus und zur umfassenden EU-Strategie für den Nahen Osten. Vorläufige Tagesordnung
21.01.2025 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Wirtschaft und Finanzen
Themen: Diskussionen zum Arbeitsprogramm des Vorsitzes, zur Gewährleistung eines global wettbewerbsfähigen Unternehmensumfelds in Europa (Vereinfachung, Verschlankung und Verringerung des Regelungsaufwands) und zu wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Aggression Russlands gegen die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
22.01.2025 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Europäischer Rat, Schleuserkriminalität, Menschenrechte
Themen: Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 19. Dezember 2024, Aussprache zu Zusammenhängen zwischen organisierter Kriminalität und Schleuserkriminalität angesichts des jüngsten Berichts des UNHCR, Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Vorläufige Tagesordnung
23.01.2025 – 09:00-16:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Wüstenbildung, Desinformation, Große Anfragen
Themen: Aussprache zur Bekämpfung der Wüstenbildung (16. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP16) des Übereinkommens der Vereinten Nationen), Abstimmung zur Desinformation und Geschichtsfälschung seitens Russlands zur Rechtfertigung des Angriffskrieges gegen die Ukraine, Große Anfragen. Vorläufige Tagesordnung
23.01.2025 – 09:00-11:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Aussprache mit Paulina Hennig-Kloska (Ministerin für Klima und Umwelt, polnischer Ratsvorsitz). Vorläufige Tagesordnung
Mercedes-Chef Ola Källenius fordert als neuer Präsident des Verbandes der europäischen Automobilhersteller (ACEA) Änderungen am Green Deal. “Der Green Deal muss einem Realitätscheck unterworfen und neu ausgerichtet werden”, schreibt Källenius an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola.
Die Branche stehe zu den Klimazielen. Die Transformation zu CO₂-neutralen Antrieben schreite aber nicht in ausreichendem Tempo voran, schrieb Källenius weiter. Das Tempo werde von den Bedingungen des Marktes und den Kunden bestimmt. “Die Förderung des Kaufs und die Nutzung von E-Fahrzeugen durch steuerliche und nicht-finanzielle Anreize würde sicherlich dazu beitragen, einen sich selbst vorantreibenden Markt zu schaffen.”
Er fordert regulative Änderungen bei:
In einer kritischen Phase der Transformation empfindliche Strafen zu zahlen, würde den Etats der Hersteller für Forschung und Entwicklung finanzielle Mittel entziehen, kritisierte der ACEA-Präsident.
Zudem fordert Källenius die Umsetzung des Draghi-Reports für die Branche. Konkret: “Es ist auch wichtig, den Regulierungskalender zu vereinfachen, indem die Kraftfahrzeugvorschriften in Lose unterteilt werden, um sicherzustellen, dass neue Vorschriften nur für neue und nicht für bestehende Typgenehmigungen gelten.” Auch eine Task-Force zur Bewertung der Konsistenz von Rechtsvorschriften müsse eingerichtet werden.
Außerdem fordert Källenius die EU zu einer Initiative für globalen Freihandel auf. Die Unterschiede bei Politik und Handelsbeziehungen zwischen der EU, China und den USA liefen Gefahr, noch größer zu werden. “Während viele die Aussichten für den Welthandel als düster bezeichnen, ist die Führungsrolle der EU entscheidend für seine Wiederbelebung.” Es gehe darum, Chancen zu vergrößern und Wege zu finden, um Handelsbeziehungen langfristig zu etablieren und auszubauen. mgr
Der Europäische Gewerkschaftsbund (ETUC) hat von der EU-Kommission mehr Einsatz für qualifizierte Arbeitnehmer und hochwertige Arbeitsplätze gefordert. “Quality Jobs” seien ein zentraler Bestandteil der europäischen Wirtschaft und müssten daher auch in den geplanten “Kompass” für Wettbewerbsfähigkeit aufgenommen werden, sagte ETUC-Chefin Esther Lynch am Donnerstag in Brüssel.
Sie habe aus der Kommission erste Signale erhalten, dass ein “Paket für qualifizierte Jobs” geplant sei, fügte Lynch hinzu. Nun gehe es darum, die richtigen Maßnahmen zu definieren und sie im Plan für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu verankern. Gefragt sei eine Mischung aus Investitionen und Weiterbildungs-Maßnahmen. Die Investitionen müssten dabei an sozialpolitische Bedingungen gebunden werden.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte versprochen, in der neuen Legislatur eine “Union der Kompetenzen” zu schaffen, ‘die sich auf Investitionen, lebenslanges Lernen und den Erhalt von Kompetenzen konzentriert’. In den politischen Richtlinien für die neue Kommission war auch von einer “Quality Jobs Roadmap” die Rede. All dies gelte es nun umzusetzen, sagte Lynch.
Die zahlreichen qualifizierten Jobs etwa in Deutschland seien ein Standortvorteil, fügte die ETUC-Chefin hinzu. Die EU dürfe nicht den Fehler machen, sie der ebenfalls geplanten Entbürokratisierung und De-Regulierung zu opfern. Ausdrücklich warnte Lynch vor den jüngsten Entwicklungen in den USA. Ein ungezügelter Kapitalismus à la Donald Trump und Elon Musk sei kein Vorbild für Europa.
Es wäre “eine Katastrophe”, wenn die EU versuchen sollte, auf der Grundlage niedriger Löhne, schlechter Arbeitsbedingungen oder langer Arbeitszeiten wettbewerbsfähig zu werden. Schon jetzt zeige sich eine bedenkliche Fehlentwicklung: Die Kluft zwischen Löhnen und Gehältern und den Einkommen der Konzernchefs wird immer größer.
Die Chefs in Europas Topkonzernen verdienen nach Berechnungen des Gewerkschaftsbunds 110-mal so viel wie ein einfacher Arbeiter oder Arbeitnehmer. Das Jahreseinkommen der CEOs in den hundert größten europäischen Unternehmen lag demnach im vergangenen Jahr im Durchschnitt bei 4.147.440 Euro. Demgegenüber habe es für einen normalen Vollzeitjob nur 37.863 Euro gegeben.
Diese Lücke schade sowohl der Wirtschaft als auch der Demokratie, warnen die Gewerkschafter. Zu niedrige Löhne tragen demnach zum Arbeitskräftemangel bei. Außerdem untergrabe die wachsende Unzufriedenheit mit Einkommen und Job den Glauben in die demokratischen Institutionen. ebo
Eine wichtige Neubesetzung im Haus der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas steht kurz bevor: Der dänische EU-Diplomat Peter Sørensen soll neuer Sonderbeauftragter der EU für den Dialog zwischen Belgrad und Pristina werden. Die Ernennung soll nächste Woche auf Ebene der Botschafter und danach im Außenrat formell bestätigt werden. Der Weg ist frei, nachdem laut Diplomaten der ehemalige finnische Außenminister Pekka Haavisto aus dem Rennen geschieden ist.
Der Däne soll die Nachfolge des Slowaken Miroslav Lajčák antreten, der die letzten fünf Jahre weitgehend erfolglos an einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo gearbeitet hat. Die EU-Chefdiplomatin Kallas hatte anfänglich wegen der mageren Bilanz erwogen, sich persönlich um die Konfliktregion in der direkten Nachbarschaft zu kümmern und wollte keinen neuen Sondergesandten mehr einzusetzen. Insbesondere Deutschland und Frankreich hatten jedoch mit Blick auf Einflussmöglichkeiten darauf gedrängt, einen Nachfolger für Lajčák zu bestimmen.
Die Ernennung sei angesichts des im Vergleich zum Amtsinhaber bescheideneren Profils ein Kompromiss, sagten Diplomaten. Der neue Sonderbeauftragte werde stärker Kallas zuarbeiten und über ein kleineres Team verfügen als Vorgänger Miroslav Lajčák, ein ehemaliger Außenminister der Slowakei. Zudem wird die Zuständigkeit für andere Angelegenheiten des Westbalkans wegfallen. Der 57-jährige Peter Sørensen ist ein Kenner der Region, war unter anderem Sonderbeauftragter beziehungsweise EU-Botschafter in Sarajevo, Belgrad sowie Skopje und war für die UNO in Pristina tätig. sti
In der Debatte um das Omnibus-Verfahren, mit dem die EU-Kommission die Berichtspflichten für Unternehmen verschlanken will, melden sich immer mehr Akteure zu Wort. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz plant, bei seinem Treffen am heutigen Freitag mit konservativen Regierungs- und Parteichefs aus Europa eine Initiative zur Verringerung der Zahl der Berichtspflichten um bis zu 35 Prozent zu beschließen.
Die polnische Ratspräsidentschaft hat angekündigt, das Thema im Wirtschaftsrat am 21. Januar zu diskutieren. Sie strebt an, die Auflagen um ein Viertel zu reduzieren und für kleine und mittelständische “um mindestens 35 Prozent”, um die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Worauf sich die Zahlen beziehen, erklärt sie nicht. Bekannt ist bislang, dass das Omnibus-Verfahren die Taxonomie, die Nachhaltigkeitsberichtserstattung (CSRD) und das Lieferkettengesetz (CSDDD) umfassen soll.
Sechs Abgeordnete der Grünen im Europaparlament befürchten, dass es dabei nicht bleibt. In einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreiben sie, dass sie “besorgt” seien, dass noch weitere Gesetze hinzugezogen werden könnten. Ohnehin sei der Omnibus “undemokratisch”. Die aktuelle Kritik – etwa an der CSRD – komme von gerade mal einem kleinen Teil der Stakeholder, so ihr Argument.
Die Kritischen Aktionäre beanstanden derweil die schlechte Datenlage. Dass die CSRD ein kostspieliges “Bürokratiemonster” sei, wie es vielfach heißt, wäre nicht ausreichend belegt, so der Dachverband. Er hat deshalb in dieser Woche eine Umfrage unter den DAX-Konzernen gestartet und will die bevorstehenden Hauptversammlungen für Fragen zu dem Thema nutzen. In Frankreich hatten sich bereits letzte Woche namhafte Unternehmen wie Amundi SA und Electricite de France SA dafür ausgesprochen, die CSRD in ihrer jetzigen Form beizubehalten.
Was bei einer ausbleibenden Umsetzung passieren würde, darauf weist Filip Gregor hin. Einem Beitrag des Experten zufolge, der Mitglied der EFRAG ist, die die CSRD-Kriterien im Auftrag der EU entwickelt hat, bliebe der europäische Markt bei nachhaltigen Fragen uneinheitlich – und das würde “den Wettlauf nach unten in den Wertschöpfungsketten beschleunigen”. Die Folge: Es käme zu einer weiteren Verlagerung von Produktionsstätten auf andere Kontinente und die Abhängigkeit bei Importen – etwa von Stahl – würde wachsen. maw
EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič und Agrarkommissar Christophe Hansen haben das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten gegen Kritik verteidigt. Bei einer Sitzung des Handelsausschusses im Parlament am Donnerstag zum Thema argumentierte Šefčovič, das Abkommen sei eine große Chance für die europäische Wirtschaft. Am 6. Dezember 2024 hatten die EU-Kommission und Mercosur die Verhandlungen für abgeschlossen erklärt.
Das bisher größte Freihandelsabkommen der EU helfe der Exportwirtschaft, den Zugang zu kritischen Rohstoffen sicherzustellen, und gewährleiste umweltpolitische Ziele, betonte der Handelskommissar. Auch die landwirtschaftlichen Interessen der EU seien sichergestellt. Die Quoten für Rindfleisch und Geflügel seien im Vergleich zum EU-Markt sehr gering. Zudem gälten auch für die importierten Produkte die phytosanitären Regeln der EU.
EU-Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen betonte bei der Grünen Woche in Berlin, die europäische Landwirtschaft sei auf den internationalen Handel angewiesen, um Agrarprodukte abzusetzen und Betriebsmittel wie Dünger und Sojafutter zu importieren. Ausgleichsmaßnahmen für den Sektor nannte er nicht, sagte aber: Die EU müsse hiesige Produktionsstandards verstärkt auf Importe anwenden, damit die europäische Landwirtschaft gegenüber Drittländern wettbewerbsfähig sei.
Kritik kam im Handelsausschuss vor allem von französischen Europaabgeordneten. “Wer kann denn wirklich glauben, dass Brüssel die großen Landwirtschaftsbetriebe in Brasilien und Argentinien kontrollieren wird?”, fragte der rechte Abgeordnete Thierry Mariani vom Rassemblement National. Von linker und grüner Seite kam Kritik am Ausgleichsmechanismus, der den Mercosur-Staaten Vergeltungsmaßnahmen erlauben soll, falls EU-Regulierungen wie die Entwaldungsverordnung sie negativ betreffen würden.
Unterstützung bekam Šefčovič vor allem von spanischen und portugiesischen Europaabgeordneten. Der CDU-Abgeordnete David McAllister nannte das Abkommen eine “politische Notwendigkeit”. Neben ihm wollten auch andere Abgeordnete wissen, wie das Abkommen juristisch aufgebaut sei, weil dies für den Ratifizierungsprozess relevant ist. Šefčovič blieb diese Antwort jedoch schuldig. jaa, jd
Deutschlands Handlungsfähigkeit ist entscheidend für Europas Zukunft – und beides ist untrennbar verbunden. Unser Land hat massiv an Einfluss verloren, da es Europapolitik lange nur verwaltet hat, anstatt sie aktiv zu gestalten.
Dabei halten 80 Prozent der Deutschen die Mitgliedschaft in der EU für sehr wichtig. Darüber hinaus sieht die Mehrheit mehr Vorteile als Nachteile in der EU, und bei jungen Menschen sind es sogar 70 Prozent. Eine von der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. (EBD) in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage belegt dies eindrucksvoll.
Doch die Mehrheit versteht laut der Umfrage die Funktionsweise der EU nicht. Von denjenigen, die angeben, sich für das politische Geschehen auf europäischer Ebene zu interessieren, sagen 48 Prozent, dass ihnen Vieles unklar ist.
Es mangelt offensichtlich an europapolitischer Bildung und einem entsprechenden öffentlichen Diskurs – nicht nur in der Bevölkerung, bei Bildungsträgern und Medien, sondern offenbar auch auf Regierungsebene. Die Ressorts in Berlin agieren häufig uneinheitlich und ohne einen ausgeprägten europäischen Fokus. Selbst für Expertinnen und Experten in Redaktionen und der Wissenschaft bleibt oft unklar, welche Position Deutschland einnimmt. Die Konsequenz: Stillstand und ein Mangel an strategischen Führungsimpulsen.
Die deutsche Europapolitik steht seit Jahren unter Kritik. Der Begriff “German Vote” beschreibt nicht nur die häufige Enthaltung Deutschlands im Ministerrat, sondern auch die mangelnde Kommunikation und die Ineffizienz der größten Volkswirtschaft Europas im EU-Gesetzgebungsprozess.
Die Bundesregierung versäumt es häufig, frühzeitig klare Positionen zu formulieren – ein Versäumnis, das Deutschland isoliert, seinen Einfluss schwächt und die Handlungsfähigkeit Europas insgesamt beeinträchtigt.
Der Ablauf ist bekannt: Weisungen aus Berlin erreichen Brüssel oft zu spät oder gar nicht. In einem System, das auf frühzeitigen Allianzen basiert, verspielt Deutschland so wertvollen Einfluss und wird zu einem unberechenbaren Partner. Die Liste wird immer länger – von Glyphosat-Einsatz über e-Fuels bis hin zur europäischen Lieferkettenrichtlinie. Dies schürt Misstrauen bei anderen Mitgliedstaaten und erschwert die Entscheidungsfindung.
Eine interne Analyse der Ständigen Vertretung Deutschlands in Brüssel aus dem Jahr 2023 zeigt klar: Wer frühzeitig Position bezieht, kann Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten sichern. Die Analyse des EU-Botschafters verdeutlicht, dass widersprüchliche Signale und späte Änderungen Deutschlands Reputation schaden und Allianzen erschweren.
Besonders kleine Mitgliedstaaten orientieren sich an Deutschland, was eine strategische Führungsrolle ermöglicht. Auch die Spitzenverbände der Europäischen Bewegung Deutschland wissen um die Mängel. Sie forderten vor der Europawahl 2024 eine stärkere strategische europäische Positionierung. Diese Forderung stärkt die Verlässlichkeit der EU-Politik und die Glaubwürdigkeit Deutschlands im Gesetzgebungsprozess.
Das Problem liegt auch in den Strukturen: Die deutsche Europakoordinierung ist ineffizient. Zuständigkeiten sind zwischen Ministerien aufgeteilt, und Ressortegoismen lähmen strategisches Handeln.
Die Verantwortung für Europapolitik ist seit den Anfängen der europäischen Integration mehr oder weniger zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Auswärtigen Amt aufgeteilt. Doch statt einer Anpassung an die heutige Realität hat sich ein ineffizientes Netz aus Zuständigkeiten und Gremien entwickelt, das strategisches Handeln behindert. Aus rein historischen Gründen bezieht die Bundesregierung in ihrer Europakoordinierung unverständlicherweise auch nicht den Europarat ein, der Grundlagen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit definiert und damit die Integrationslandschaft des freiheitlichen Europas bildet.
Es ist höchste Zeit für eine Reform der deutschen Europakoordinierung. Die Europäische Bewegung Deutschland hat hierzu früh konkrete Vorschläge entwickelt:
Die Herausforderungen – von der Klimakrise über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bis hin zur EU-Reform, um die Erweiterung der EU zu gewährleisten – erfordern eine proaktive und verantwortungsvolle Europapolitik.
Der “German Vote” darf nicht länger Synonym für Stillstand und Ineffizienz sein. Deutschland muss sich seiner Verantwortung für das grundgesetzliche Staatsziel Europa bewusst werden und endlich einen strategischen Europaplan entwickeln. Die Zukunft Europas steht auf dem Spiel – und mit ihr die Zukunft Deutschlands.
es wird ihr erster öffentlicher Auftritt nach der Lungenentzündung, wenn die Kommissionspräsidentin heute zum Treffen der EVP-Staats- und Regierungschefs sowie der Oppositionsführer nach Berlin reist. Zur Stunde arbeiten noch die Unterhändler von Gastgeber Friedrich Merz und Ursula von der Leyen an dem Papier, das der CDU-Kanzlerkandidat präsentieren will. Ein früher Entwurf vom 8. Januar liegt uns vor.
Drei Themen sind dem Vernehmen nach aktuell gesetzt: Deregulierung, Ertüchtigung des Kapitalmarktes mit der Diagnose, dass es zu wenige Großbanken gibt, sowie der Vorstoß, das Fusionsrecht in der EU anzupassen an die veränderten weltwirtschaftlichen Bedingungen. Bei Unternehmenszusammenschlüssen sollen die EU-Kartellwächter dann auch im Blick haben, Player aus der EU zu ermöglichen, die Unternehmen aus China und den USA die Stirn bieten können.
Dass sich die Arbeiten an dem Papier so lange hinziehen, ist ein Hinweis darauf, wie schwer es ist, das Einverständnis einzuholen. Die Kommissionspräsidentin muss bereit sein, den “disruptiven” Abbau der Berichtspflichten “an ein bis zwei” konkreten EU-Gesetzen zu vollziehen. (Lesen Sie dazu auch die News in dieser Ausgabe)
Und: Die Staats- und Regierungschefs müssen bereit sein, für die Vorhaben dann auch in der Staatenkammer die Hand zu heben. An dieser nicht zuvor stattgefundenen Absicherung bei den nationalen Regierungen hatte es beim Testfall der entwaldungsfreien Lieferketten gehapert. Da die Mitgliedstaaten nicht mitzogen, gelang es nur, das Greifen des umstrittenen Gesetzes um zwölf Monate zu verschieben.
Man darf also gespannt sein, ob und wie die Spitzenkräfte der Christdemokraten heute und morgen zusammenkommen. Gute Unterhaltung dabei!
Die Kommission will die schnellere Genehmigung von Infrastruktur für Wärme, Wasserstoff und Kohlendioxid ermöglichen. Dazu sollen Regelungen aus der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und einer Notfallverordnung für erneuerbare Energien und Stromtrassen auf diese Bereiche ausgedehnt werden. So steht es jedenfalls in Kommissionsunterlagen für ein Treffen mit Industrievertretern am 14. Januar zu ersten Eckpunkten des Clean Industrial Deal, die Table.Briefings in Teilen einsehen konnte.
Die Ankündigung deckt sich mit Ideen von Bundeskanzler Olaf Scholz. Anfang des Jahres hatte er Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Schreiben gebeten, in mehreren Bereichen tätig zu werden, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu stärken – auch durch die Planungsbeschleunigung für Wärmenetze, Wärmeerzeuger und Wasserstoff-Infrastruktur.
Im Energiebereich will die Kommission zudem die Beschaffung von nachhaltigen Brenn- und Kraftstoffen durch die Europäische Wasserstoffbank ausweiten. Aus dieser European Hydrogen Bank soll den Kommissionsunterlagen zufolge eine “Sustainable Fuels Bank” werden. Unklar ist, ob dies nur den Transport der Energieträger erleichtern sowie mehr Wertschöpfungsstufen anreizen soll, oder auch auf Biokraftstoffe ausgedehnt werden soll. Synthetische Kraft- und Brennstoffe sind in der Regel leichter zu transportieren als reiner Wasserstoff. Für Biokraftstoffe gibt es eigentlich bereits etablierte Anreizmechanismen und ausreichend Abnehmer.
Für E-Fuels will die Kommission auch Hindernisse in der Regulierung ausräumen. Beispielhaft genannt werden in der Präsentation Netze, etwa durch “Standardisierung” und ein “28. Regime für PCIs” (Projekte von gemeinsamem Interesse). Standardisierung spielt zum Beispiel eine Rolle beim grenzüberschreitenden Transport von Gasen.
Projekte von gemeinsamem Interesse sind pan-europäische Infrastrukturkorridore. Bisher gibt es Regelungen für Strom, Erdgas, Öl, Wasserstoff und CO2. Als “28. Regime” wird in verschiedenen Politikfeldern ein gemeinsamer europäischer Rahmen bezeichnet, der parallel zu nationalen Regelungen besteht und für den sich Marktteilnehmer freiwillig entscheiden können.
Unter den Schlagworten für alternative Kraftstoffe taucht auch der Begriff “CfDs” auf. Diese Contracts for Difference sind bislang vor allem ein Instrument für die Förderung von grünem Strom und Kernenergie. Mit der jüngsten Reform der Strom-Binnenmarktverordnung wurde sichergestellt, dass es durch Differenzverträge nicht zur Überförderung des erzeugten Stroms kommt. Würde die Förderung anderer Energieträger auf CfDs umgestellt, würde dies insofern eine Angleichung an gemeinsame Wettbewerbsregeln bedeuten.
Unter dem Stichpunkt “Bezahlbarkeit von Energie” taucht in dem Dokument unter anderem das “Anreizen von Langzeitverträgen/PPAs“ auf. Die Kommission wolle die Europäische Investitionsbank (EIB) dazu bewegen, PPAs durch Garantien abzusichern, heißt es dazu aus der Wirtschaft. Bei langfristigen Stromabnahme-Verträgen zwischen Erzeugern und Abnehmern vorrangig aus der Industrie besteht die Gefahr, dass einer der Vertragspartner während der Laufzeit insolvent wird.
Die Kommission strebt außerdem eine “Strategie zur Minimierung der Gesamtsystemkosten” im Energiebereich an. Dies hatte Energiekommissar Dan Jørgensen punktuell auch schon gegenüber dem EU-Parlament durchklingen lassen. Der Punkt “niedrigere Steuern und Gebühren” wird vor allem vom Abschluss der Verhandlungen zur Energiesteuer-Richtlinie abhängen, die in der vergangenen Legislatur nicht abgeschlossen wurde.
Für zwei weitere Ideen wird die Kommission auf die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten angewiesen sein. Einer davon: “den Mitgliedstaaten die Bedeutsamkeit aufzeigen, IPCEIs in den innovationsträchtigsten und strategischsten Bereichen wie bezahlbaren Elektroautos made in Europe und der Kreislaufwirtschaft zu unterstützen”. Das Förderinstrument IPCEI (Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse) dient dem Aufbau europäischer Produktionskapazitäten. Ausgewählte Projekte profitieren von Förderung und leichteren Genehmigungen. In der E-Mobilität gibt es bislang nur IPCEIs für Batterien, einen eigenen IPCEI für die Kreislaufwirtschaft gibt es noch nicht.
Der zweite Punkt ist die stärkere Förderung von Projekten für strategische Rohstoffe. Das Dokument nennt exemplarisch “steuerliche Anreize für Abnehmer, um langfristige Abnahmeverträge zu unterzeichnen“. Steuerpolitik liegt allerdings weitgehend in der Kompetenz der Mitgliedstaaten.
Ihre vollständige Mitteilung zum Clean Industrial Deal will die Kommission voraussichtlich am 26. Februar vorstellen. Über Prioritäten sprach am Donnerstag Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera beim Thinktank Bruegel: Energieeffizienz müsse ganz weit oben stehen, damit Unternehmen Kosten einsparen könnten. Gleich danach müsse jedoch die weitere Elektrifizierung stehen, um fossile Brennstoffe reduzieren zu können. Die industriepolitischen Forderungen aus der Antwerpen-Deklaration, die Unternehmenschefs aus unterschiedlichen Branchen Anfang 2024 an die Kommission schickten, sollen laut Ribera ebenfalls berücksichtigt werden. Mit Lukas Knigge
Vor der Amtseinführung von Donald Trump am Montag steigt die Nervosität: In Brüssel gehen die Verantwortlichen davon aus, dass der neue US-Präsident umgehend höhere Zölle ankündigen wird, und damit die Europäer zu einer Reaktion zwingen wird. Was genau Trump ankündigen wird, darüber tappen EU-Kommission, Mitgliedstaaten und Europaparlament aber im Dunkeln, wie es in Brüssel heißt.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will zeitnah nach der Amtseinführung das Gespräch mit dem neuen Präsidenten suchen. An der Zeremonie in Washington am Montagmittag Ortszeit werden hingegen kaum hochrangige Vertreter aus Europa teilnehmen, um nicht als Claqueure auf der Tribüne sitzen zu müssen. Die Bundesregierung etwa schickt ihren Botschafter. Anreisen werden hingegen Vertreter mehrerer Rechtsaußenparteien.
Einige Mitgliedstaaten, wie zum Beispiel Dänemark mit Blick auf Trumps Avancen Grönland betreffend, drängen Brüssel zu Zurückhaltung. Man wolle nicht unnötig Öl ins Feuer schütten oder konkrete Schritte von Trump vorwegnehmen, so Diplomaten.
Im Wahlkampf hatte Trump angedroht, zehn bis 20 Prozent auf alle Einfuhren aufschlagen zu wollen. Um diese abzuwenden, müssten die Europäer große Mengen an Öl und Gas aus den USA kaufen, um die bilaterale Handelsbilanz auszugleichen, forderte der Republikaner.
Die Europäer haben großes Interesse an einem Deal, um einen Handelskonflikt mit Folgen für die ohnehin schwächelnde Industrie abzuwenden. Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius forderte als Präsident des Dachverbandes ACEA in einem Brief einen “Grand Bargain” mit den USA. Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte bereits in Aussicht gestellt, im Rahmen eines Deals mehr amerikanisches LNG zu importieren. Wobei dies eigentlich Sache der meist privaten Energieunternehmen ist.
Der ungarische Europaminister János Bóka setzt auf einen Deal: “Die Zölle sind für Trump kein Selbstzweck”, sagte er Table.Briefings. Um die Wirtschaftsbeziehungen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, “sollten auch US-Investitionen in Schlüsselsektoren in Europa auf dem Tisch liegen”, fordert Bóka – diese könnten ein “Game-Changer” sein. Als mögliche Sektoren nennt er neben Energie auch Infrastruktur, Mobilität und Informationstechnik.
Ton und Wesen der transatlantischen Beziehungen würden sich ändern, sagte Bóka. Dies berge aber nicht nur Risiken, “sondern auch eine Menge Potenzial”. Budapest blickt positiver auf die neue Trump-Administration als die meisten anderen Hauptstädte: Der rechtskonservative Ministerpräsident Viktor Orbán verspricht sich Rückenwind durch Trump und dessen Verbündete wie X-Eigentümer Elon Musk.
Für große Unruhe sorgten Trumps Äußerungen zum Ukraine-Krieg und zur Nato. Die Staats- und Regierungschefs wollen am 3. Februar bei einer Klausur in der Nähe von Brüssel beraten, wie Europa seine Abhängigkeit von der Schutzmacht verringern kann. Das Ziel ist laut Diplomaten eine offene strategische Diskussion ohne den festgesteckten Rahmen eines regulären EU-Gipfels.
Es werde um die Gestaltung der künftigen europäischen Sicherheitsarchitektur gehen, sagt Bóka. Die EU müsse sich entscheiden, ob sie dabei eine eigenständige Rolle ausfüllen wolle und welche Mittel sie dafür brauche. Die Diskussion stehe am Anfang, es gebe “noch keinen offensichtlichen Konsens zu einem dieser Elemente”, sagte Bóka, der auch EU-Sherpa von Ministerpräsident Orbán ist.
Uneinigkeit herrscht etwa über die Frage, wie sehr sich die EU-Staaten auf Rüstungslieferanten aus den USA und anderen Drittländern verlassen sollen. Ungarn und andere pochen darauf, die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken, um die Abhängigkeiten zu lösen. Polen und Balten hingegen wehren sich gegen eine Fixierung auf “Made in Europe”. Polen etwa kauft in großem Stil in Südkorea ein, das schneller liefern kann als Europäer und Amerikaner.
Andere wie die Niederlande und Deutschland möchten sich den Weg für Lizenzproduktionen von US-Rüstungsgütern nicht verbauen. Nato-Generalsekretär Mark Rutte warnte diese Woche explizit davor, Rüstungsfirmen aus Drittstaaten auszuschließen und neue Hürden zwischen den Verbündeten zu errichten. Die transatlantische Kooperation bei der Rüstungsproduktion mache Europa und die USA stärker.
Bóka räumt zwar ein, man werde den Bedarf an militärischer Ausrüstung in den nächsten zehn oder 15 Jahren nicht allein über europäische Hersteller decken können. Die europäischen Staaten sollten aber dennoch “den großen Sprung nach vorn wagen” und eine europäische Verteidigungsindustrie aufbauen. Diese sei Kernstück einer strategischen Autonomie Europas.
Derzeit experimentiere die EU noch im kleinen Rahmen des Europäischen Plans für die Verteidigungsindustrie (EDIP), der einen Umfang von 1,5 Milliarden Euro hat. Nötig sei ein koordiniertes Planungs- und Entwicklungsprogramm auf EU-Ebene, das Stück für Stück aufgebaut werden müsse. Das sei aber erst realistisch im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen von 2028 bis 2034.
Die EU-Kommission erarbeitet derzeit ein Weißbuch, das die Optionen zur Finanzierung des Verteidigungsbedarfs abwägen soll. Verteidigungskommissar Andrius Kubilius taxiert die Lücke auf rund 500 Milliarden Euro. Bóka hält das für voreilig: “Anstatt mit riesigen Zahlen um uns zu werfen, sollten wir sehen, wie hoch unser Ambitionsniveau ist und welchen Beitrag Europa leisten kann.” Es gebe noch sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Zuständigkeiten die Mitgliedstaaten behalten und welche die EU übernehmen sollte. Ein neues EU-Schuldenprogramm zur Finanzierung des Verteidigungsbedarfs sieht Budapest kritisch.
Um in der Verteidigung starker zusammenzuarbeiten, müssten auch die strategischen Interessen Europas klarer definiert werden, so Bóka. Bislang war es allerdings oft Ungarn, das die Einigkeit im Rat mit seinem Veto verhinderte, insbesondere bei den Russland-Sanktionen oder gegenüber China. Budapest will sich vor dem Amtsantritt Trumps auch nicht festlegen, ob es der Ende Januar fälligen Verlängerung der Wirtschaftssanktionen zustimmt.
Der designierte amerikanische Finanzminister Scott Bessent plädierte zwar bei den Anhörungen im US-Senat dafür, die Sanktionen gegen russische Ölfirmen zu verschärfen. Orbán spekuliert aber offenkundig darauf, dass Trump die US-Handelsbeschränkungen gegenüber Moskau zurücknimmt. Es sei zwar “unbestreitbar”, dass die westlichen Sanktionen Auswirkungen auf die russische Wirtschaft hätten, so Bóka. Allerdings sei zweifelhaft, ob sie das Ende des militärischen Konflikts in der Ukraine beförderten und den Preis wert seien, den Europa dafür zahle. Auch die neuen Vorschläge zu einem Ausphasen der Importe von russischem LNG sehe man mit Blick auf die hohen Energiepreise kritisch, so der Minister.
Die Fidesz-Regierung setzt darauf, bald neue Verbündete für ihren Kurs zu bekommen. Die sich abzeichnende Bildung einer Regierung in Österreich unter FPÖ-Chef Herbert Kickl sei ein wichtiger Schritt, so Bóka, man hoffe auf weitere Wahlsiege rechter Kräfte etwa in Tschechien. “Dies ist nur der Anfang eines Weges, der zu einer vollständigen Umstrukturierung der politischen Landschaft in Europa führen wird.”
20.01.2025 – 15:00 Uhr
Euro-Gruppe
Themen: Prioritäten und Herausforderungen für den Euroraum im neuen europäischen Politikzyklus, Empfehlung für den Euroraum 2025 (Präsentation der Kommission), Innovation im Großbetragszahlungsverkehr, Digitaler Euro (Stand der Dinge). Vorläufige Tagesordnung
20.01.2025 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Arbeitsplan
Themen: Wiederaufnahme der Sitzungsperiode und Arbeitsplan. Vorläufige Tagesordnung
21.01.-22.01.2025
Informelle Ministertagung Bildung
Themen: Präventiver Aspekt der integrativen Bildung (Herausforderungen im Prozess der Umsetzung), Evidenzbasierte Politik in der inklusiven Bildung (datenbasierte Entscheidungsfindung). Infos
21.01.2025 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Tätigkeitsprogramm, Fragestunde, Belarus, Naher Osten
Themen: Aussprache zur Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des polnischen Ratsvorsitzes, Fragestunde, Aussprache zur Notwendigkeit von Maßnahmen im Zusammenhang mit der anhaltenden
Unterdrückung und den Scheinwahlen in Belarus und zur umfassenden EU-Strategie für den Nahen Osten. Vorläufige Tagesordnung
21.01.2025 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Wirtschaft und Finanzen
Themen: Diskussionen zum Arbeitsprogramm des Vorsitzes, zur Gewährleistung eines global wettbewerbsfähigen Unternehmensumfelds in Europa (Vereinfachung, Verschlankung und Verringerung des Regelungsaufwands) und zu wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen der Aggression Russlands gegen die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
22.01.2025 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Europäischer Rat, Schleuserkriminalität, Menschenrechte
Themen: Schlussfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates vom 19. Dezember 2024, Aussprache zu Zusammenhängen zwischen organisierter Kriminalität und Schleuserkriminalität angesichts des jüngsten Berichts des UNHCR, Aussprache über Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Vorläufige Tagesordnung
23.01.2025 – 09:00-16:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Wüstenbildung, Desinformation, Große Anfragen
Themen: Aussprache zur Bekämpfung der Wüstenbildung (16. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP16) des Übereinkommens der Vereinten Nationen), Abstimmung zur Desinformation und Geschichtsfälschung seitens Russlands zur Rechtfertigung des Angriffskrieges gegen die Ukraine, Große Anfragen. Vorläufige Tagesordnung
23.01.2025 – 09:00-11:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima und Lebensmittelsicherheit (ENVI)
Themen: Aussprache mit Paulina Hennig-Kloska (Ministerin für Klima und Umwelt, polnischer Ratsvorsitz). Vorläufige Tagesordnung
Mercedes-Chef Ola Källenius fordert als neuer Präsident des Verbandes der europäischen Automobilhersteller (ACEA) Änderungen am Green Deal. “Der Green Deal muss einem Realitätscheck unterworfen und neu ausgerichtet werden”, schreibt Källenius an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola.
Die Branche stehe zu den Klimazielen. Die Transformation zu CO₂-neutralen Antrieben schreite aber nicht in ausreichendem Tempo voran, schrieb Källenius weiter. Das Tempo werde von den Bedingungen des Marktes und den Kunden bestimmt. “Die Förderung des Kaufs und die Nutzung von E-Fahrzeugen durch steuerliche und nicht-finanzielle Anreize würde sicherlich dazu beitragen, einen sich selbst vorantreibenden Markt zu schaffen.”
Er fordert regulative Änderungen bei:
In einer kritischen Phase der Transformation empfindliche Strafen zu zahlen, würde den Etats der Hersteller für Forschung und Entwicklung finanzielle Mittel entziehen, kritisierte der ACEA-Präsident.
Zudem fordert Källenius die Umsetzung des Draghi-Reports für die Branche. Konkret: “Es ist auch wichtig, den Regulierungskalender zu vereinfachen, indem die Kraftfahrzeugvorschriften in Lose unterteilt werden, um sicherzustellen, dass neue Vorschriften nur für neue und nicht für bestehende Typgenehmigungen gelten.” Auch eine Task-Force zur Bewertung der Konsistenz von Rechtsvorschriften müsse eingerichtet werden.
Außerdem fordert Källenius die EU zu einer Initiative für globalen Freihandel auf. Die Unterschiede bei Politik und Handelsbeziehungen zwischen der EU, China und den USA liefen Gefahr, noch größer zu werden. “Während viele die Aussichten für den Welthandel als düster bezeichnen, ist die Führungsrolle der EU entscheidend für seine Wiederbelebung.” Es gehe darum, Chancen zu vergrößern und Wege zu finden, um Handelsbeziehungen langfristig zu etablieren und auszubauen. mgr
Der Europäische Gewerkschaftsbund (ETUC) hat von der EU-Kommission mehr Einsatz für qualifizierte Arbeitnehmer und hochwertige Arbeitsplätze gefordert. “Quality Jobs” seien ein zentraler Bestandteil der europäischen Wirtschaft und müssten daher auch in den geplanten “Kompass” für Wettbewerbsfähigkeit aufgenommen werden, sagte ETUC-Chefin Esther Lynch am Donnerstag in Brüssel.
Sie habe aus der Kommission erste Signale erhalten, dass ein “Paket für qualifizierte Jobs” geplant sei, fügte Lynch hinzu. Nun gehe es darum, die richtigen Maßnahmen zu definieren und sie im Plan für mehr Wettbewerbsfähigkeit zu verankern. Gefragt sei eine Mischung aus Investitionen und Weiterbildungs-Maßnahmen. Die Investitionen müssten dabei an sozialpolitische Bedingungen gebunden werden.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte versprochen, in der neuen Legislatur eine “Union der Kompetenzen” zu schaffen, ‘die sich auf Investitionen, lebenslanges Lernen und den Erhalt von Kompetenzen konzentriert’. In den politischen Richtlinien für die neue Kommission war auch von einer “Quality Jobs Roadmap” die Rede. All dies gelte es nun umzusetzen, sagte Lynch.
Die zahlreichen qualifizierten Jobs etwa in Deutschland seien ein Standortvorteil, fügte die ETUC-Chefin hinzu. Die EU dürfe nicht den Fehler machen, sie der ebenfalls geplanten Entbürokratisierung und De-Regulierung zu opfern. Ausdrücklich warnte Lynch vor den jüngsten Entwicklungen in den USA. Ein ungezügelter Kapitalismus à la Donald Trump und Elon Musk sei kein Vorbild für Europa.
Es wäre “eine Katastrophe”, wenn die EU versuchen sollte, auf der Grundlage niedriger Löhne, schlechter Arbeitsbedingungen oder langer Arbeitszeiten wettbewerbsfähig zu werden. Schon jetzt zeige sich eine bedenkliche Fehlentwicklung: Die Kluft zwischen Löhnen und Gehältern und den Einkommen der Konzernchefs wird immer größer.
Die Chefs in Europas Topkonzernen verdienen nach Berechnungen des Gewerkschaftsbunds 110-mal so viel wie ein einfacher Arbeiter oder Arbeitnehmer. Das Jahreseinkommen der CEOs in den hundert größten europäischen Unternehmen lag demnach im vergangenen Jahr im Durchschnitt bei 4.147.440 Euro. Demgegenüber habe es für einen normalen Vollzeitjob nur 37.863 Euro gegeben.
Diese Lücke schade sowohl der Wirtschaft als auch der Demokratie, warnen die Gewerkschafter. Zu niedrige Löhne tragen demnach zum Arbeitskräftemangel bei. Außerdem untergrabe die wachsende Unzufriedenheit mit Einkommen und Job den Glauben in die demokratischen Institutionen. ebo
Eine wichtige Neubesetzung im Haus der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas steht kurz bevor: Der dänische EU-Diplomat Peter Sørensen soll neuer Sonderbeauftragter der EU für den Dialog zwischen Belgrad und Pristina werden. Die Ernennung soll nächste Woche auf Ebene der Botschafter und danach im Außenrat formell bestätigt werden. Der Weg ist frei, nachdem laut Diplomaten der ehemalige finnische Außenminister Pekka Haavisto aus dem Rennen geschieden ist.
Der Däne soll die Nachfolge des Slowaken Miroslav Lajčák antreten, der die letzten fünf Jahre weitgehend erfolglos an einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo gearbeitet hat. Die EU-Chefdiplomatin Kallas hatte anfänglich wegen der mageren Bilanz erwogen, sich persönlich um die Konfliktregion in der direkten Nachbarschaft zu kümmern und wollte keinen neuen Sondergesandten mehr einzusetzen. Insbesondere Deutschland und Frankreich hatten jedoch mit Blick auf Einflussmöglichkeiten darauf gedrängt, einen Nachfolger für Lajčák zu bestimmen.
Die Ernennung sei angesichts des im Vergleich zum Amtsinhaber bescheideneren Profils ein Kompromiss, sagten Diplomaten. Der neue Sonderbeauftragte werde stärker Kallas zuarbeiten und über ein kleineres Team verfügen als Vorgänger Miroslav Lajčák, ein ehemaliger Außenminister der Slowakei. Zudem wird die Zuständigkeit für andere Angelegenheiten des Westbalkans wegfallen. Der 57-jährige Peter Sørensen ist ein Kenner der Region, war unter anderem Sonderbeauftragter beziehungsweise EU-Botschafter in Sarajevo, Belgrad sowie Skopje und war für die UNO in Pristina tätig. sti
In der Debatte um das Omnibus-Verfahren, mit dem die EU-Kommission die Berichtspflichten für Unternehmen verschlanken will, melden sich immer mehr Akteure zu Wort. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz plant, bei seinem Treffen am heutigen Freitag mit konservativen Regierungs- und Parteichefs aus Europa eine Initiative zur Verringerung der Zahl der Berichtspflichten um bis zu 35 Prozent zu beschließen.
Die polnische Ratspräsidentschaft hat angekündigt, das Thema im Wirtschaftsrat am 21. Januar zu diskutieren. Sie strebt an, die Auflagen um ein Viertel zu reduzieren und für kleine und mittelständische “um mindestens 35 Prozent”, um die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Worauf sich die Zahlen beziehen, erklärt sie nicht. Bekannt ist bislang, dass das Omnibus-Verfahren die Taxonomie, die Nachhaltigkeitsberichtserstattung (CSRD) und das Lieferkettengesetz (CSDDD) umfassen soll.
Sechs Abgeordnete der Grünen im Europaparlament befürchten, dass es dabei nicht bleibt. In einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schreiben sie, dass sie “besorgt” seien, dass noch weitere Gesetze hinzugezogen werden könnten. Ohnehin sei der Omnibus “undemokratisch”. Die aktuelle Kritik – etwa an der CSRD – komme von gerade mal einem kleinen Teil der Stakeholder, so ihr Argument.
Die Kritischen Aktionäre beanstanden derweil die schlechte Datenlage. Dass die CSRD ein kostspieliges “Bürokratiemonster” sei, wie es vielfach heißt, wäre nicht ausreichend belegt, so der Dachverband. Er hat deshalb in dieser Woche eine Umfrage unter den DAX-Konzernen gestartet und will die bevorstehenden Hauptversammlungen für Fragen zu dem Thema nutzen. In Frankreich hatten sich bereits letzte Woche namhafte Unternehmen wie Amundi SA und Electricite de France SA dafür ausgesprochen, die CSRD in ihrer jetzigen Form beizubehalten.
Was bei einer ausbleibenden Umsetzung passieren würde, darauf weist Filip Gregor hin. Einem Beitrag des Experten zufolge, der Mitglied der EFRAG ist, die die CSRD-Kriterien im Auftrag der EU entwickelt hat, bliebe der europäische Markt bei nachhaltigen Fragen uneinheitlich – und das würde “den Wettlauf nach unten in den Wertschöpfungsketten beschleunigen”. Die Folge: Es käme zu einer weiteren Verlagerung von Produktionsstätten auf andere Kontinente und die Abhängigkeit bei Importen – etwa von Stahl – würde wachsen. maw
EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič und Agrarkommissar Christophe Hansen haben das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten gegen Kritik verteidigt. Bei einer Sitzung des Handelsausschusses im Parlament am Donnerstag zum Thema argumentierte Šefčovič, das Abkommen sei eine große Chance für die europäische Wirtschaft. Am 6. Dezember 2024 hatten die EU-Kommission und Mercosur die Verhandlungen für abgeschlossen erklärt.
Das bisher größte Freihandelsabkommen der EU helfe der Exportwirtschaft, den Zugang zu kritischen Rohstoffen sicherzustellen, und gewährleiste umweltpolitische Ziele, betonte der Handelskommissar. Auch die landwirtschaftlichen Interessen der EU seien sichergestellt. Die Quoten für Rindfleisch und Geflügel seien im Vergleich zum EU-Markt sehr gering. Zudem gälten auch für die importierten Produkte die phytosanitären Regeln der EU.
EU-Landwirtschaftskommissar Christophe Hansen betonte bei der Grünen Woche in Berlin, die europäische Landwirtschaft sei auf den internationalen Handel angewiesen, um Agrarprodukte abzusetzen und Betriebsmittel wie Dünger und Sojafutter zu importieren. Ausgleichsmaßnahmen für den Sektor nannte er nicht, sagte aber: Die EU müsse hiesige Produktionsstandards verstärkt auf Importe anwenden, damit die europäische Landwirtschaft gegenüber Drittländern wettbewerbsfähig sei.
Kritik kam im Handelsausschuss vor allem von französischen Europaabgeordneten. “Wer kann denn wirklich glauben, dass Brüssel die großen Landwirtschaftsbetriebe in Brasilien und Argentinien kontrollieren wird?”, fragte der rechte Abgeordnete Thierry Mariani vom Rassemblement National. Von linker und grüner Seite kam Kritik am Ausgleichsmechanismus, der den Mercosur-Staaten Vergeltungsmaßnahmen erlauben soll, falls EU-Regulierungen wie die Entwaldungsverordnung sie negativ betreffen würden.
Unterstützung bekam Šefčovič vor allem von spanischen und portugiesischen Europaabgeordneten. Der CDU-Abgeordnete David McAllister nannte das Abkommen eine “politische Notwendigkeit”. Neben ihm wollten auch andere Abgeordnete wissen, wie das Abkommen juristisch aufgebaut sei, weil dies für den Ratifizierungsprozess relevant ist. Šefčovič blieb diese Antwort jedoch schuldig. jaa, jd
Deutschlands Handlungsfähigkeit ist entscheidend für Europas Zukunft – und beides ist untrennbar verbunden. Unser Land hat massiv an Einfluss verloren, da es Europapolitik lange nur verwaltet hat, anstatt sie aktiv zu gestalten.
Dabei halten 80 Prozent der Deutschen die Mitgliedschaft in der EU für sehr wichtig. Darüber hinaus sieht die Mehrheit mehr Vorteile als Nachteile in der EU, und bei jungen Menschen sind es sogar 70 Prozent. Eine von der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. (EBD) in Auftrag gegebene Forsa-Umfrage belegt dies eindrucksvoll.
Doch die Mehrheit versteht laut der Umfrage die Funktionsweise der EU nicht. Von denjenigen, die angeben, sich für das politische Geschehen auf europäischer Ebene zu interessieren, sagen 48 Prozent, dass ihnen Vieles unklar ist.
Es mangelt offensichtlich an europapolitischer Bildung und einem entsprechenden öffentlichen Diskurs – nicht nur in der Bevölkerung, bei Bildungsträgern und Medien, sondern offenbar auch auf Regierungsebene. Die Ressorts in Berlin agieren häufig uneinheitlich und ohne einen ausgeprägten europäischen Fokus. Selbst für Expertinnen und Experten in Redaktionen und der Wissenschaft bleibt oft unklar, welche Position Deutschland einnimmt. Die Konsequenz: Stillstand und ein Mangel an strategischen Führungsimpulsen.
Die deutsche Europapolitik steht seit Jahren unter Kritik. Der Begriff “German Vote” beschreibt nicht nur die häufige Enthaltung Deutschlands im Ministerrat, sondern auch die mangelnde Kommunikation und die Ineffizienz der größten Volkswirtschaft Europas im EU-Gesetzgebungsprozess.
Die Bundesregierung versäumt es häufig, frühzeitig klare Positionen zu formulieren – ein Versäumnis, das Deutschland isoliert, seinen Einfluss schwächt und die Handlungsfähigkeit Europas insgesamt beeinträchtigt.
Der Ablauf ist bekannt: Weisungen aus Berlin erreichen Brüssel oft zu spät oder gar nicht. In einem System, das auf frühzeitigen Allianzen basiert, verspielt Deutschland so wertvollen Einfluss und wird zu einem unberechenbaren Partner. Die Liste wird immer länger – von Glyphosat-Einsatz über e-Fuels bis hin zur europäischen Lieferkettenrichtlinie. Dies schürt Misstrauen bei anderen Mitgliedstaaten und erschwert die Entscheidungsfindung.
Eine interne Analyse der Ständigen Vertretung Deutschlands in Brüssel aus dem Jahr 2023 zeigt klar: Wer frühzeitig Position bezieht, kann Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten sichern. Die Analyse des EU-Botschafters verdeutlicht, dass widersprüchliche Signale und späte Änderungen Deutschlands Reputation schaden und Allianzen erschweren.
Besonders kleine Mitgliedstaaten orientieren sich an Deutschland, was eine strategische Führungsrolle ermöglicht. Auch die Spitzenverbände der Europäischen Bewegung Deutschland wissen um die Mängel. Sie forderten vor der Europawahl 2024 eine stärkere strategische europäische Positionierung. Diese Forderung stärkt die Verlässlichkeit der EU-Politik und die Glaubwürdigkeit Deutschlands im Gesetzgebungsprozess.
Das Problem liegt auch in den Strukturen: Die deutsche Europakoordinierung ist ineffizient. Zuständigkeiten sind zwischen Ministerien aufgeteilt, und Ressortegoismen lähmen strategisches Handeln.
Die Verantwortung für Europapolitik ist seit den Anfängen der europäischen Integration mehr oder weniger zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Auswärtigen Amt aufgeteilt. Doch statt einer Anpassung an die heutige Realität hat sich ein ineffizientes Netz aus Zuständigkeiten und Gremien entwickelt, das strategisches Handeln behindert. Aus rein historischen Gründen bezieht die Bundesregierung in ihrer Europakoordinierung unverständlicherweise auch nicht den Europarat ein, der Grundlagen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit definiert und damit die Integrationslandschaft des freiheitlichen Europas bildet.
Es ist höchste Zeit für eine Reform der deutschen Europakoordinierung. Die Europäische Bewegung Deutschland hat hierzu früh konkrete Vorschläge entwickelt:
Die Herausforderungen – von der Klimakrise über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bis hin zur EU-Reform, um die Erweiterung der EU zu gewährleisten – erfordern eine proaktive und verantwortungsvolle Europapolitik.
Der “German Vote” darf nicht länger Synonym für Stillstand und Ineffizienz sein. Deutschland muss sich seiner Verantwortung für das grundgesetzliche Staatsziel Europa bewusst werden und endlich einen strategischen Europaplan entwickeln. Die Zukunft Europas steht auf dem Spiel – und mit ihr die Zukunft Deutschlands.