Table.Briefing: Europe

Bürokratieabbau + Glyphosat + Nato

Liebe Leserin, lieber Leser,

am Freitag stimmen die EU-Staaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) über die Zukunft von Glyphosat ab. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag der EU-Kommission, das umstrittene Herbizid für weitere zehn Jahre zuzulassen. Schon am heutigen Donnerstag soll es im Ausschuss eine Vorabstimmung geben, sodass weitere Verhandlungen auf den Weg gebracht werden können.

Wahrscheinlich ist allerdings, dass es keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen den Vorschlag der Brüsseler Behörde geben wird. Folglich müsste die EU-Kommission in den kommenden Wochen im Berufungsausschuss, dem sogenannten Appeal Committee, abstimmen lassen. Gibt es auch dort weder eine Mehrheit dafür oder dagegen, kann die Kommission über eine erneute Zulassung selbst verfügen.

Kurz vor der Abstimmung im SCoPAFF lohnt sich deshalb ein Blick nach Paris und Berlin. Die Ampelkoalition hat sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, “Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen”. Das Bundeslandwirtschaftsministerium bekräftigte am Mittwoch noch einmal: “Deutschland wird einer Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat nicht zustimmen”. Ob die Bundesregierung überhaupt Stellung bezieht, ist offen, weil sich die FDP öffentlich für eine erneute Zulassung des Wirkstoffs ausspricht. Gibt es keine Einigung innerhalb der Ampel, müsste sich Deutschland enthalten.

Auch in Frankreich deutet vieles auf eine Enthaltung hin. Zwar gilt der französische Landwirtschaftsminister Marc Fesneau als “glyphosatfreundlich”. Aber innenpolitisch ist die französische Regierung unter Druck geraten: In dieser Woche wurde bekannt, dass eine französische Familie, deren Sohn mit einer Missbildung zur Welt kam, finanziell vom Fonds d’indemnisation des victimes de pesticides (FIVP) entschädigt wird.

Aktuell gilt als wahrscheinlich, dass Deutschland, Österreich, Luxemburg, Belgien, die Niederlande und Bulgarien dem aktuellen Vorschlag der Kommission nicht zustimmen oder sich enthalten. Sollte auch Frankreich sich der Stimme enthalten, wird es keine qualifizierte Mehrheit für den Kommissionsvorschlag geben.

Ihre
Henrike Schirmacher
Bild von Henrike  Schirmacher

Analyse

Bürokratieabbau: Von der Leyen sucht die Offensive

Das trockene Thema Bürokratie und deren Abbau ist inzwischen ein politisches, das hat auch Ursula von der Leyen erkannt: Die Herausforderung sei, “den europäischen Unternehmen ihre Tätigkeit zu erleichtern”, sagte die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der EU. Nächste Woche will die Kommission nun darlegen, wo sie die Betriebe von unnötigen Berichtspflichten entlasten will.

Europaabgeordnete und Wirtschaftsvertreter drängen auf greifbare Vorschläge: “Die Kommissionspräsidentin hat beim Bürokratieabbau bisher viel versprochen und wenig geliefert“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber. Die Kommission müsse jetzt sehr schnell etwas Konkretes auf den Tisch legen, fordert der CSU-Abgeordnete.

Von der Leyen hatte im Frühjahr angekündigt, die Berichtspflichten um 25 Prozent reduzieren zu wollen. Wirtschaftsverbände erwarteten eigentlich, dass die Kommission Mitte September konkret werden würde, als sie ihr KMU-Paket vorlegte. Aber von der Leyen kündigte nur an, die ersten Legislativvorschläge im Oktober vorlegen zu wollen. Die Unternehmen hätten hohe Erwartungen, sagt Benjamin Baykal, Referatsleiter bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK): “Sie erwarten jetzt konkrete Vorschläge, und keine weiteren Ankündigungen“.

“Sehr langer Annex mit Vorschlägen”

Die Botschaft scheint angekommen zu sein: Nächsten Dienstag will die Kommission das Arbeitsprogramm für die kommenden Monate vorlegen. Dieses werde es einen “sehr langen Annex mit einzelnen Vorschlägen” enthalten, heißt es in der Behörde. Vereinfachen will die Kommission demnach etwa einige Berichtspflichten aus der Taxonomie und der Industrieemissions-Richtlinie sowie das Prozedere bei der Arbeitnehmerentsendung.

Von der Leyen will damit offenkundig in die Offensive gehen und den Ball an die Mitgliedstaaten zurückspielen. Besonders die Regierungen in Berlin und Paris weisen angesichts lautstarker Klagen der Unternehmen über erstickende Bürokratie gerne auch in Richtung Brüssel. Sie fordern nun einen Aktionsplan von der Kommission.

Die beiden Regierungen verständigten sich bei der gemeinsamen Kabinettsklausur in Hamburg auf Vorschläge zur Entlastung von Bürokratiepflichten, die durch EU-Recht vorgegeben werden. Sie konkretisierten damit die Initiative, deren Grundzüge bereits Ende August bekannt geworden waren. “Deutschland und Frankreich setzen sich gemeinsam gegenüber der EU-Kommission für ein Maßnahmepaket ein, mit dem EU-Vorschriften vereinfacht und effizienter gestaltet werden sollen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

Buschmann: 57 Prozent der Bürokratie von EU verursacht

Laut Bundesjustizminister Marco Buschmann verursachte EU-Recht im Durchschnitt der vergangenen Jahre rund 57 Prozent des Erfüllungsaufwands, der Unternehmen in Deutschland aus neuen Gesetzesvorschriften entstand. Die Ziffer beruht laut seines Ministeriums auf Berechnungen des Normenkontrollrates (NKR) im Rahmen der “One in, one out”-Bürokratiebremse auf Bundesebene. Das Prinzip One in, one out besagt, dass für Belastungen aus neuen Gesetzen anderswo eine entsprechende Entlastung stattfinden soll.

Buschmann kritisierte kürzlich bei einer DIHK-Veranstaltung, die Kommission habe selbst keinen echten Überblick: “Wenn man aber den Erfüllungsaufwand, den man als europäischer Gesetzgeber produziert, selber gar nicht systematisch misst, dann bleibt One in, one out nur schöne Worte”. Berlin und Paris fordern deshalb, auf EU-Ebene einen Bürokratiekostenindex nach deutschem Vorbild aufzusetzen, der die Entwicklung der Kosten im Laufe der Zeit darstellt.

Die Kommission beziffert die Umsetzungskosten in ihren Annual Burden Survey, den sie im September veröffentlichte. Demnach sank der Erfüllungsaufwand im Jahr 2022 im Rahmen des neu eingeführten Prinzips One in, one out um 7,3 Milliarden Euro.

Zweifel an Kommissionszahlen

Doch die Berechnungen überzeugen weder Bundesregierung noch Wirtschaft. Offenbar sei die Kommission nach folgendem Muster verfahren, ätzte Buschmann: “Alles, was entlastet hat, kam in die Stichprobe rein. Alles, was belastet hat, kam nicht rein.” Zum Beispiel sei der Erfüllungsaufwand durch das geplante Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz mit null angegeben worden, obwohl dieser sich unter Umständen auf bis zu zehn Milliarden Euro summieren könne.

Die Kommission rechtfertigt sich damit, die Berichtspflichten seien nicht Bestandteil des Lieferkettengesetzes selbst, sondern der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Der dadurch entstehende Aufwand werde dann später bei der Berechnung des One in, One out-Prinzips berücksichtigt. Auch DIHK-Expertin Sandra Zwick fordert aber besser nachvollziehbare Zahlen im Annual Burden Survey: “So lässt sich kaum nachvollziehen, wie die Kommission auf ihre Berechnungen kommt.”

DIHK sieht Nachbesserungsbedarf

Die DIHK sieht aber noch weiteren Verbesserungsbedarf bei der Bürokratie auf EU-Ebene: So sei fraglich, ob die Folgenabschätzungen der Kommission zu ihren Gesetzesvorschlägen wirklich den gesamten Erfüllungsaufwand erfassten, sagt DIHK-Experte Baykal. “Unklare Rechtsbegriffe in den Gesetzestexten etwa verursachen hohe Kosten in den Unternehmen für Rechtsberatung.”

Die Experten fordern überdies von der Kommission, die vorhandenen Instrumente beim Erarbeiten von Legislativvorschlägen konsequent anzuwenden. So habe der KMU-Test in der Praxis bislang nur begrenzte Wirkung. Daher sei es sinnvoll, ihn durch weitere Instrumente wie einen Wettbewerbsfähigkeitscheck zu ergänzen. Baykal fordert, dass die Kommission auch die Konsequenzen ziehe aus negativen Ergebnissen der internen Tests: “Die Kommission sollte sich nicht einfach über die Einwände des Regulatory Scrutiny Board hinwegsetzen, wie etwa beim Sorgfaltspflichtengesetz geschehen”.

  • Bürokratie
  • Europapolitik
  • Wirtschaftspolitik

Selenskyj wirbt um Hilfe für den Winter

Das Timing hätte nicht besser sein können. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Mittwoch überraschend am Treffen der Nato-Verteidigungsminister teilgenommen. Nach der Eskalation zwischen Israel und Hamas stand zumindest die Frage im Raum, ob der neue Fokus auf den Nahen Osten auf Kosten der westlichen Unterstützung für die Ukraine gehen könnte. Die Runde war beim Auftakt des zweitägigen Treffens sichtlich bemüht, diese Befürchtungen zu widerlegen.

“Wir können beides tun und wir werden beides tun”, sagte der US-Verteidigungsminister Llyod Austin auf eine Frage hin. Die USA seien als starke Nation und Weltmacht dazu in der Lage. Der Amerikaner war nicht der Einzige, der mit zum Teil neuen Hilfszusagen zum Treffen im sogenannten Ramstein-Format nach Brüssel gekommen war. Llyod Austin sprach von einem Paket mit mehr Luftverteidigung und Munition im Wert von 200 Millionen Dollar.

Selenskyj betonte, dass sich die Ukraine nun auf den Winter vorbereite, und dass die Unterstützung der Nato-Staaten dabei unerlässlich sei. Ukraines Präsident zog explizit eine Parallele zwischen Wladimir Putin und der Terrororganisation Hamas: “Wir wissen, was Terror ist”. Nicht alleine zu sein, Einheit und Geschlossenheit sei wichtig.

Neue Waffenlieferungen werden vorbereitet

Genügend Luftverteidigung sei ein wichtiger Teil der Antwort, wann der Krieg zu Ende gehen und ob er Gerechtigkeit für die Ukraine bringe, so Selenskyj: “Wir müssen diesen Winterkrieg gegen den Terror gewinnen und wir können ihn gewinnen”. Die Bundesregierung hatte der Ukraine bereits vor dem Treffen ebenfalls ein umfangreiches Paket von Luftabwehrsystemen, weiteren Leopard-Panzern und Munition zugesagt.

“Wir alle wissen, dass Putin böse und frustriert ist”, zeichnete der US-Verteidigungsminister ein Bild von einem russischen Präsidenten in der Defensive. Alle rechneten damit, dass Russland wieder Städte angreifen und Infrastruktur in der Ukraine zerstören würden. “Wir sind hier, um sicherzustellen, dass die Ukraine das hat, was sie braucht, um durch den Winter zu kommen“, so Austin. Die Verbündeten seien vereint und Putin alleine: “Wir alle wissen, was auf dem Spiel steht, es geht um die Sicherheit Europas”.

Die USA, Dänemark und die Niederlande wollen gemeinsam als Koalition der Ukraine bis im nächsten Frühjahr die ersten F16-Kampfflugzeuge liefern. Schweden stellte kritische Artilleriemunition in Aussicht und Bulgarien will Ersatzteile sowie Raketen für das S-300 Luftabwehrsystem aus sowjetischer Produktion liefern. Frankreich will mehr fahrbare Haubitzen vom Typ Ceasar liefern und die Produktion hochfahren. Kanada stellte für die nächsten Jahre 500 Millionen Dollar für gepanzerte Fahrzeuge in Aussicht.

Beschädigte Gaspipeline auf der Agenda

Heute, am zweiten Tag des Verteidigungsministertreffens, könnte auch die mutmaßliche Sabotage an der Gaspipline Baltic Connector und am Telekomkabel zwischen Finnland sowie Estland noch einmal ein Thema sein. Die beiden Nato-Staaten hätten ihn über ihren bisherigen Kenntnisstand informiert, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch.

Die finnischen Behörden gehen von einer absichtlichen Beschädigung der Infrastrukturen aus. Das Bündnis sei bereit, bei den Ermittlungen zu helfen, so der Generalsekretär. Es sei jetzt wichtig zu klären, was genau geschehen sei und unter welchen Umständen. “Sollte sich herausstellen, dass es sich um einen vorsätzlichen Angriff auf NATO-kritische Infrastrukturen handelt, wäre dies natürlich ernst zu nehmen.” Das Bündnis werde dann gemeinsam und entschlossen reagieren.

  • Leopard 2 Panzer
  • Nato
  • Ukraine-Krieg
  • Wolodymyr Selenskyj

Termine

13.10.-15.10.2023, Berlin
EAB, Konferenz Wende in Europa: Ausblick auf eine neue Zeit
Die Europäische Akadamie Berlin (EAB) beschäftigt sich mit der Dichte und Parallelität von Krisen und Transformationen, vor denen Europa derzeit steht. INFOS & ANMELDUNG

13.10.2023 – 10:30-12:00 Uhr, Berlin
EC, Podiumsdiskussion Transformation made in Europe – Wie wird die europäische Industrie zukunftsfähig, nachhaltig und klimaneutral?
Die Europäische Kommission (EC) diskutiert den Einfluss des “Net Zero Industry Acts” auf die sozial-ökologische Transformation in Deutschland und Europa. INFOS & ANMELDUNG

13.10.2023 – 16:00 Uhr, Berlin
EP, Podiumsdiskussion EU-Ukraine-Politik – Unterstützung der EU für die Ukraine
Das Europäische Parlament (EP) diskutiert die Unterstützung der EU für die Ukraine. INFOS & ANMELDUNG

13.10.2023 – 19:00-20:30 Uhr, München
FNF, Discussion Project Europe – Liberal perspectives for the future EU
The Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) discusses how current challenges in Europe should be met and presents different perspectives for the future EU. INFOS & REGISTRATION

17.10.-18.10.2023, Brüssel (Belgien)
EARPA, Conference Future of Road Mobility 2023
The European Automotive Research Partners Association (EARPA) brings together stakeholders from industry, academia and government to share knowledge and ideas regarding a new era of automotive solutions. INFOS & REGISTRATION

17.10.2023 – 09:00-16:30 Uhr, Reutlingen
Eco, Reutlingen Was tragen Initiativen wie Gaia-X und Manufacturing-X zur Digitalisierung der Industrie bei?
Der Verband der Internetwirtschaft (Eco) informiert über neue Perspektiven zum Thema Digitalisierung allgemein und konkret zum Aufbau föderierter Datenökosysteme auch in mittelständischen und kleinen Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

17.10.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Stromnetzausbau
Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) gibt eine Gesamtübersicht über die Hintergründe und Auswirkungen des Stromnetzausbaus und der anstehenden Investitionen. INFOS & ANMELDUNG

17.10.2023 – 14:00-15:30 Uhr, Berlin/online
JDC, Presentation Increasing the supply of European Public Goods: why, what and how
Das Jacques Delors Center (JDC) presents on European Public Goods as the new frontier of integration.  INFOS & REGISTRATION

17.10.2023 – 19:30-22:00 Uhr, Sulzbach
KAS, Vortrag Europa, Frankreich und das Saarland
Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) schaut auf die Geschichte und aktuelle Herausforderungen der deutsch-französischen Freundschaft. INFOS & ANMELDUNG

28.11.-29.11.2023, Brügge (Belgien)
FSR, Seminar REMIT and its implementation
The Florence School of Regulation (FSR) addresses the most relevant concepts at stake, the main obligations and prohibitions falling on market participants and other sector stakeholders, and the cooperation between the different players in market surveillance. REGISTRATION BY OCTOBER 15

News

Glyphosat: Naturschützer klagen gegen EU-Kommission

Die Aurelia Stiftung hat beim EU-Gericht in Luxemburg Klage gegen die von der EU-Kommission beschlossene Zulassungsverlängerung von Glyphosat eingereicht.* Sollte das EU-Gericht der Aurelia Stiftung Recht darin geben, dass die Zulassungsverlängerung gegen Unionsrecht verstößt, müsste die Kommission die Entscheidung aufheben. Hunderte glyphosathaltige Pestizidprodukte in der gesamten EU müssten laut Aureila Stiftung dann vom Markt genommen werden.

Die Bienenschützer betreten mit der Klage juristisches Neuland. Erst 2021 hatte die EU das Unionsrecht an die völkerrechtlich verbindliche Aarhus-Konvention angepasst. Damit ist es Umweltverbänden erstmals möglich, gegen Zulassungsentscheidungen der EU-Kommission zu klagen. Die EU-Genehmigung des Pestizidwirkstoffs Glyphosat war Ende 2022 ausgelaufen; die Kommission hat diese provisorisch bis Ende 2023 verlängert.

Die Aurelia Stiftung hatte gegenüber der Kommission bemängelt, dass die Glyphosat-Hersteller die nötige Dokumentation für die fällige erneute Risikoprüfung nicht rechtzeitig vorgelegt hatten. Im Juli 2023 antwortete die EU-Kommission der Stiftung, sich zur Verlängerung verpflichtet zu sehen, ohne dass Belange des Gesundheits- und Umweltschutzes zu berücksichtigen wären. Die EU-Kommission teilte mit, die vorhandenen Datenlücken fielen nicht in die Verantwortung der Hersteller und ließ erkennen, die Glyphosat-Genehmigung nochmals zu verlängern, falls das Genehmigungsverfahren sich weiter hinziehe. ab

*In einer ersten Fassung des Artikels hatte es geheißen, dass die Klage sich gegen den Vorschlag der Kommission richte, die Zulassung des Herbizids um zehn Jahre zu verlängern. Dies ist nicht korrekt; gegen eine weitere Verlängerung hat die Stiftung bisher nur Klage angedroht.

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  • Glyphosat
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  • Landwirtschaft
  • Pestizide

Strommarkt: Spanien strebt Einigung an

Die spanische Ratspräsidentschaft ist in den Verhandlungen über die Reform des Strommarktes einen großen Schritt auf Deutschland und andere Mitgliedstaaten zugegangen. Ein neuer Kompromissvorschlag sieht vor, dass die Staaten nur neuen Kraftwerken staatlich geförderte Festpreisverträge anbieten dürfen. Bestehende Kraftwerke sollen hingegen nicht von den sogenannten Differenzverträgen profitieren dürfen.

Spanien hofft, so die Blockade im Rat durch die Meinungsunterschiede zwischen Frankreich und Deutschland überwinden zu können. Der Vorschlag soll am Freitag von den Vertretern der Mitgliedstaaten diskutiert werden. Bei ihrem Treffen am kommenden Dienstag sollen die Energieminister versuchen, die gemeinsame Position festzuzurren.

Berlin hat vor Wettbewerbsverzerrungen gewarnt, sollte Frankreich solche Differenzverträge für seine bestehenden Atomkraftwerke nutzen können und dann die Einnahmen aus diesen Verträgen zur Subventionierung der Industrie zu verwenden. Französische EU-Diplomaten reagierten verärgert über den Vorschlag. rtr

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Methan-Verordnung: Keine Einigung im Trilog

EU-Parlament und Rat konnten sich am Dienstag nicht auf einen Kompromiss zur Überarbeitung der Methan-Verordnung einigen. Dabei könnte eine Regulierung, die auch auf Methanemissionen in den außereuropäischen Produktionsländern von Erdgas, Öl und Kohle angewendet wird, weitreichende Methanreduktionen herbeiführen. Laut Schätzungen der Clean Air Task Force (CATF) könnte ein EU-Importstandard für Methanemissionen ein Drittel der weltweiten Methanemissionen aus dem Öl- und Gassektor reduzieren. Das wäre laut CATF ein wichtiger Schritt zur Erreichung des Global Methane Pledge im Jahr 2030. In dieser Initiative haben sich rund 150 Staaten zusammengeschlossen, um die Emissionen bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020 zu senken.

Der Vorschlag des EU-Parlaments für die Methan-Verordnung sieht einen solchen Importstandard vor. Dadurch müssten auch die Produktionsländer von Öl- und Gas Maßnahmen ergreifen, um die Methanemissionen während der Produktion und dem Transport der fossilen Rohstoffe zu senken. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht keine strikte Importregulierung vor. Die Mitgliedstaaten seien aber offen für “eine Ausweitung der Kontrollen auf Importe”, gibt das Nachrichtenportal Contexte eine Quelle aus dem Parlament wieder.

Laut CATF würde eine Importnorm “die Methanemissionen 20-mal stärker verringern als eine Regelung, die nur die inländische Öl- und Gasproduktion in der EU betrifft”. Es besteht Hoffnung, dass sich die EU-Institutionen noch vor der COP28 einigen werden. Jutta Paulus, treibende Kraft hinter der Methanregulierung, sagte zu Table.Media: “Es ist gut, dass von allen Verhandlungspartnern bekräftigt wurde, mit einer wirkungsvollen Einigung zur neuen EU-Methanverordnung zur Klimakonferenz nach Dubai fahren zu wollen.”

EU-Staaten weltweit größte Öl- und Gasimporteure

Die EU-Staaten importieren mehr als 80 Prozent ihres Gas- und Ölbedarfs und sind der weltweit größte Importeur. Demnach hätte eine Regulierung der Im- und Exporteure weitreichende Folgen. Das EU-Parlament fordert beispielsweise:

  • Vorschriften für das EU-Inland sollen auch für importiertes Gas, Öl und Kohle gelten.
  • Importierende Unternehmen sollen ab 2026 nachweisen, dass die Exporteure den Pflichten bei “Messung, Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung, Leckerkennung und -behebung” nachkommen. Die EU-Mitgliedsstaaten sollen sicherstellen, dass die Importeure die jeweiligen Nachweise erbringen.
  • Nach dem Parlamentsvorschlag soll das Ablassen von Methan bei der Förderung von Öl- und Gas komplett verboten werden. Das Abfackeln soll nur in Notsituationen erlaubt sein.
  • Zudem sieht der Vorschlag Reparaturpflichten und ein Ziel für die Emissionsreduzierung bis Ende 2025 vor. nib
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  • Klima & Umwelt
  • Methan-Verordnung

Instrumentenkasten für die demografische Herausforderung

Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in der EU wird bis zum Jahr 2100 um 57,4 Millionen Personen sinken. Die demografischen Veränderungen könnten negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit haben, der Fachkräftemangel könnte ansteigen und die öffentlichen Haushalte finanziell belastet werden, warnt die EU-Kommission in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung. Manche Regionen wie etwa die ost- und mitteleuropäischen Länder müssten mit einem starken Bevölkerungsrückgang rechnen. Andere Regionen, etwa Metropolen in Deutschland, Niederlande und Belgien könnten sich auf einen Zuzug einstellen.

Der Europäische Rat hatte die Kommission im Juni aufgefordert, den Mitgliedstaaten einen Werkzeugkasten zur Bewältigung der Folgen der demografischen Veränderungen vorzulegen. Die Kommission hat dazu jetzt eine 26 Seiten umfassende Kommunikation beschlossen. “Der Werkzeugkasten zielt darauf ab, alle Generationen zu ertüchtigen”, sagte die zuständige Vizepräsidentin Dubravka Šuica. Ziel sei, den richtigen Mix von Fähigkeiten und Talenten für die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zu aktivieren.

Der Instrumentenkasten richtet sich an vier Säulen aus: Jugendliche, ältere Menschen, Eltern sowie Migration. Zu den Instrumenten zählen EU-Gesetze wie die Work-Life-Balance-Richtlinie, Finanzinstrumente wie der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Corona-Wiederaufbaufonds (RRF), der Europäische Mindestlohn und die EU-Strategie für Kinderrechte. Es sind sowohl bereits bestehende Instrumente als auch geplante neue Werkzeuge aufgeführt. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, jeweils passende Politikansätze zu entwickeln und umzusetzen. Ziel müsse sein, den demografischen Wandel zu bewältigen und Sorgen vor Veränderungen in der Bevölkerung aufzugreifen.

Die Demografie-Politik der Mitgliedstaaten sollte vier Ziele verfolgen:

  • Verankerung in den Gegebenheiten vor Ort
  • Gleichstellung der Geschlechter, Nichtdiskriminierung und Generationengerechtigkeit
  • Potenziale digitaler Technologien nutzen
  • und ein breites Spektrum an Interessengruppen einbinden. mgr
  • Digitalisierung
  • Europäische Kommission
  • Wirtschaftspolitik

G7-Minister einigen sich auf Leitlinien für generative KI

Während der Trilog zum AI Act in Europa nur schleppend vorankommt, haben die Digitalminister der G7-Staaten Leitlinien für generative KI entworfen. Japan, das den Hiroshima Artificial Intelligence Process der G7 verantwortet, hat den Text noch nicht offiziell veröffentlicht. Contexte liegt der Entwurf bereits vor.

“Generative KI schafft schnell neue Möglichkeiten, aber gleichgesinnte Demokratien müssen die Risiken kontrollieren”, schrieb EU-Vizepräsidentin Věra Jourová auf X. “Als G7 haben wir heute einen großen Schritt nach vorne gemacht.”

Verhaltenskodex für Unternehmen soll folgen

Sobald Japan die Leitlinien vorlegt, auf die sich die G7-Digitalminister und die EU geeinigt haben, will die EU einen kurzen Konsultationsprozess starten. Noch im Herbst möchte Japan dann, dass die Regierungschefs selbst die Leitlinien ratifizieren.

Parallel dazu soll es zu dem Zeitpunkt im Einklang mit den Leitlinien auch eine freiwillige Selbstverpflichtung (Code of Conduct) geben. Unternehmen, die generative KI entwickeln, sollen diesen unterzeichnen können.

Die elf Leitlinien sind weit weniger spezifisch als der AI Act, den die EU-Institutionen gerade im Trilog verhandeln. Nach wie vor ist die EU die einzige Jurisdiktion, die so weit fortgeschritten an einem umfangreichen Gesetz arbeitet – auch wenn die USA hier ebenfalls etwas vorbereiten. In Kommissionskreisen werden die Leitlinien als ein gutes Instrument betrachtet, um das “legale Vakuum” zu überbrücken, das bis zum Inkrafttreten des AI Acts bestehen wird. vis

  • Künstliche Intelligenz
  • Künstliche Intelligenz-Verordnung

Slowakei: Fico benennt Wunschkoalition

Wenige Tage nach den Parlamentswahlen in der Slowakei nimmt die Regierungsbildung klare Formen an. Der Wahlsieger Robert Fico, der der linksnationalen Partei Smer vorsteht, und die Chefs der sozialdemokratischen Partei Hlas, Peter Pellegrini, und der rechtsgerichteten Nationalpartei SNS, Andrej Danko, unterzeichneten am Mittwoch in Bratislava ein Memorandum zur Bildung einer gemeinsamen Koalition. Fico soll künftiger Premier werden. Diesen Posten hatte er bereits dreimal inne.

Wegen seiner prorussischen Haltung im Ukrainekrieg ist Fico jedoch umstritten. Er will die militärische Unterstützung für Kiew einstellen und hält die Sanktionen der EU gegen Putin für falsch. “Für die Slowaken gibt es wichtigere Dinge als diesen Krieg, es ist nicht unser Krieg”, hatte er sowohl im Wahlkampf als auch nach seinem Sieg betont. Trotzdem soll der Koalitionsvertrag einen Passus enthalten, wonach die künftige Regierung die Westausrichtung des Landes auf der Grundlage der Mitgliedschaft in EU und Nato garantiere -“unter Berücksichtigung der Souveränität der Slowakei und ihrer nationalen Interessen”.

Pellegrini schlug Premier-Posten aus

Den Weg für die Koalition öffnete Hlas-Chef Pellegrini, nachdem er allen Bemühungen der liberalen und konservativen Kräfte nach einer Regierung ohne Fico eine Absage erteilt hatte. Die Hlas wurde bei den Wahlen drittstärksre Kraft. Der Führer der zweitstärksten Partei Progressive Slowakei, Michal Šimečka, hatte Pellegrini sogar das Amt des Regierungschefs angeboten.

Pellegrini verließ 2020 die Smer-Partei von Fico. In herzlicher Abneigung waren die beiden miteinander verbunden. Jetzt kehrt er mit Hlas quasi wieder in den Schoß der einstigen Mutterpartei unter Fico zurück. Was das für Pellegrini selbst bedeutet, ist noch unklar. Er selbst hatte ausgeschlossen, dass mit Fico und ihm gleich zwei frühere Regierungschefs einem gemeinsamen Kabinett angehören würden. Pellegrini könnte demnach auch zunächst Chef des Parlaments werden und im Frühjahr 2024 mit der Unterstützung von Fico als künftiger Präsident der Slowakei kandidieren. 

Die durchweg Fico-kritischen Zeitungen des Landes warfen Pellegrini am Mittwoch “Versagen als Königsmacher” vor. Er habe die Chance gehabt, die Slowaken vor der Rückkehr in die Dunkelheit mit Fico zu bewahren und habe die Chance vertan. Hans-Jörg Schmidt

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  • Nato
  • Slowakei
  • Wahlen

Presseschau

Förderfeld in Israel stillgelegt: Europäischer Gaspreis zieht an TAGESSCHAU
Europe gives Mark Zuckerberg 24 hours to respond about Israel-Hamas conflict and election misinformation CNBC
Elon Musk’s vision for free speech on X tested by Israel-Hamas war misinformation FT
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EU-Bericht zur Migration: Bereits mehr als 800 000 Asylanträge WELT
Migration nach Europa: Kommunen trotzen scharfen Tönen TAZ
EU law could stop UK sending migrants to Rwanda despite Brexit, lawyers tell Supreme Court INDEPENDENT
Energie: Griechenland will zum Energieknotenpunkt Europas werden HANDELSBLATT
EU rethinks energy state aid to break France-Germany deadlock REUTERS
Meloni: Italien könnte zur Energiedrehscheibe Europas werden EURACTIV
Italiens Vizeregierungschef wirbt für Rückkehr zur Atomkraft SPIEGEL
Finnische Polizei: Schaden an Gaspipeline durch “mechanische Krafteinwirkung” STERN
EU stellt mehr als eine Milliarde Euro für Kampf gegen Polio bereit ZEIT
Alterndes Europa: WHO benennt Herausforderungen und Empfehlungen EURONEWS
Psychische Gesundheit in Europa und Zentralasien: Mädchen schneiden schlechter ab als Jungen WHO
Pressfreiheit in Europa: Streit um europäisches Medienfreiheitsgesetz DEUTSCHLANDFUNK
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Ground Transport: European Sleeper to extend to Germany and Czech Republic BUSINESSTRAVELNEWSEUROPE
Vietnamesicher Autobauer Vinfast will mit seinen E-Fahrzeugen Europa aufmischen RND
EU looks to boost secure submarine internet cables in 2024 POLITICO
U.S. Scales Back Hopes for Ambitious Climate Trade Deal With Europe NYTIMES

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    am Freitag stimmen die EU-Staaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) über die Zukunft von Glyphosat ab. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag der EU-Kommission, das umstrittene Herbizid für weitere zehn Jahre zuzulassen. Schon am heutigen Donnerstag soll es im Ausschuss eine Vorabstimmung geben, sodass weitere Verhandlungen auf den Weg gebracht werden können.

    Wahrscheinlich ist allerdings, dass es keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen den Vorschlag der Brüsseler Behörde geben wird. Folglich müsste die EU-Kommission in den kommenden Wochen im Berufungsausschuss, dem sogenannten Appeal Committee, abstimmen lassen. Gibt es auch dort weder eine Mehrheit dafür oder dagegen, kann die Kommission über eine erneute Zulassung selbst verfügen.

    Kurz vor der Abstimmung im SCoPAFF lohnt sich deshalb ein Blick nach Paris und Berlin. Die Ampelkoalition hat sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, “Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen”. Das Bundeslandwirtschaftsministerium bekräftigte am Mittwoch noch einmal: “Deutschland wird einer Verlängerung der Genehmigung von Glyphosat nicht zustimmen”. Ob die Bundesregierung überhaupt Stellung bezieht, ist offen, weil sich die FDP öffentlich für eine erneute Zulassung des Wirkstoffs ausspricht. Gibt es keine Einigung innerhalb der Ampel, müsste sich Deutschland enthalten.

    Auch in Frankreich deutet vieles auf eine Enthaltung hin. Zwar gilt der französische Landwirtschaftsminister Marc Fesneau als “glyphosatfreundlich”. Aber innenpolitisch ist die französische Regierung unter Druck geraten: In dieser Woche wurde bekannt, dass eine französische Familie, deren Sohn mit einer Missbildung zur Welt kam, finanziell vom Fonds d’indemnisation des victimes de pesticides (FIVP) entschädigt wird.

    Aktuell gilt als wahrscheinlich, dass Deutschland, Österreich, Luxemburg, Belgien, die Niederlande und Bulgarien dem aktuellen Vorschlag der Kommission nicht zustimmen oder sich enthalten. Sollte auch Frankreich sich der Stimme enthalten, wird es keine qualifizierte Mehrheit für den Kommissionsvorschlag geben.

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    Henrike Schirmacher
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    Bürokratieabbau: Von der Leyen sucht die Offensive

    Das trockene Thema Bürokratie und deren Abbau ist inzwischen ein politisches, das hat auch Ursula von der Leyen erkannt: Die Herausforderung sei, “den europäischen Unternehmen ihre Tätigkeit zu erleichtern”, sagte die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der EU. Nächste Woche will die Kommission nun darlegen, wo sie die Betriebe von unnötigen Berichtspflichten entlasten will.

    Europaabgeordnete und Wirtschaftsvertreter drängen auf greifbare Vorschläge: “Die Kommissionspräsidentin hat beim Bürokratieabbau bisher viel versprochen und wenig geliefert“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber. Die Kommission müsse jetzt sehr schnell etwas Konkretes auf den Tisch legen, fordert der CSU-Abgeordnete.

    Von der Leyen hatte im Frühjahr angekündigt, die Berichtspflichten um 25 Prozent reduzieren zu wollen. Wirtschaftsverbände erwarteten eigentlich, dass die Kommission Mitte September konkret werden würde, als sie ihr KMU-Paket vorlegte. Aber von der Leyen kündigte nur an, die ersten Legislativvorschläge im Oktober vorlegen zu wollen. Die Unternehmen hätten hohe Erwartungen, sagt Benjamin Baykal, Referatsleiter bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK): “Sie erwarten jetzt konkrete Vorschläge, und keine weiteren Ankündigungen“.

    “Sehr langer Annex mit Vorschlägen”

    Die Botschaft scheint angekommen zu sein: Nächsten Dienstag will die Kommission das Arbeitsprogramm für die kommenden Monate vorlegen. Dieses werde es einen “sehr langen Annex mit einzelnen Vorschlägen” enthalten, heißt es in der Behörde. Vereinfachen will die Kommission demnach etwa einige Berichtspflichten aus der Taxonomie und der Industrieemissions-Richtlinie sowie das Prozedere bei der Arbeitnehmerentsendung.

    Von der Leyen will damit offenkundig in die Offensive gehen und den Ball an die Mitgliedstaaten zurückspielen. Besonders die Regierungen in Berlin und Paris weisen angesichts lautstarker Klagen der Unternehmen über erstickende Bürokratie gerne auch in Richtung Brüssel. Sie fordern nun einen Aktionsplan von der Kommission.

    Die beiden Regierungen verständigten sich bei der gemeinsamen Kabinettsklausur in Hamburg auf Vorschläge zur Entlastung von Bürokratiepflichten, die durch EU-Recht vorgegeben werden. Sie konkretisierten damit die Initiative, deren Grundzüge bereits Ende August bekannt geworden waren. “Deutschland und Frankreich setzen sich gemeinsam gegenüber der EU-Kommission für ein Maßnahmepaket ein, mit dem EU-Vorschriften vereinfacht und effizienter gestaltet werden sollen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

    Buschmann: 57 Prozent der Bürokratie von EU verursacht

    Laut Bundesjustizminister Marco Buschmann verursachte EU-Recht im Durchschnitt der vergangenen Jahre rund 57 Prozent des Erfüllungsaufwands, der Unternehmen in Deutschland aus neuen Gesetzesvorschriften entstand. Die Ziffer beruht laut seines Ministeriums auf Berechnungen des Normenkontrollrates (NKR) im Rahmen der “One in, one out”-Bürokratiebremse auf Bundesebene. Das Prinzip One in, one out besagt, dass für Belastungen aus neuen Gesetzen anderswo eine entsprechende Entlastung stattfinden soll.

    Buschmann kritisierte kürzlich bei einer DIHK-Veranstaltung, die Kommission habe selbst keinen echten Überblick: “Wenn man aber den Erfüllungsaufwand, den man als europäischer Gesetzgeber produziert, selber gar nicht systematisch misst, dann bleibt One in, one out nur schöne Worte”. Berlin und Paris fordern deshalb, auf EU-Ebene einen Bürokratiekostenindex nach deutschem Vorbild aufzusetzen, der die Entwicklung der Kosten im Laufe der Zeit darstellt.

    Die Kommission beziffert die Umsetzungskosten in ihren Annual Burden Survey, den sie im September veröffentlichte. Demnach sank der Erfüllungsaufwand im Jahr 2022 im Rahmen des neu eingeführten Prinzips One in, one out um 7,3 Milliarden Euro.

    Zweifel an Kommissionszahlen

    Doch die Berechnungen überzeugen weder Bundesregierung noch Wirtschaft. Offenbar sei die Kommission nach folgendem Muster verfahren, ätzte Buschmann: “Alles, was entlastet hat, kam in die Stichprobe rein. Alles, was belastet hat, kam nicht rein.” Zum Beispiel sei der Erfüllungsaufwand durch das geplante Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz mit null angegeben worden, obwohl dieser sich unter Umständen auf bis zu zehn Milliarden Euro summieren könne.

    Die Kommission rechtfertigt sich damit, die Berichtspflichten seien nicht Bestandteil des Lieferkettengesetzes selbst, sondern der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Der dadurch entstehende Aufwand werde dann später bei der Berechnung des One in, One out-Prinzips berücksichtigt. Auch DIHK-Expertin Sandra Zwick fordert aber besser nachvollziehbare Zahlen im Annual Burden Survey: “So lässt sich kaum nachvollziehen, wie die Kommission auf ihre Berechnungen kommt.”

    DIHK sieht Nachbesserungsbedarf

    Die DIHK sieht aber noch weiteren Verbesserungsbedarf bei der Bürokratie auf EU-Ebene: So sei fraglich, ob die Folgenabschätzungen der Kommission zu ihren Gesetzesvorschlägen wirklich den gesamten Erfüllungsaufwand erfassten, sagt DIHK-Experte Baykal. “Unklare Rechtsbegriffe in den Gesetzestexten etwa verursachen hohe Kosten in den Unternehmen für Rechtsberatung.”

    Die Experten fordern überdies von der Kommission, die vorhandenen Instrumente beim Erarbeiten von Legislativvorschlägen konsequent anzuwenden. So habe der KMU-Test in der Praxis bislang nur begrenzte Wirkung. Daher sei es sinnvoll, ihn durch weitere Instrumente wie einen Wettbewerbsfähigkeitscheck zu ergänzen. Baykal fordert, dass die Kommission auch die Konsequenzen ziehe aus negativen Ergebnissen der internen Tests: “Die Kommission sollte sich nicht einfach über die Einwände des Regulatory Scrutiny Board hinwegsetzen, wie etwa beim Sorgfaltspflichtengesetz geschehen”.

    • Bürokratie
    • Europapolitik
    • Wirtschaftspolitik

    Selenskyj wirbt um Hilfe für den Winter

    Das Timing hätte nicht besser sein können. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am Mittwoch überraschend am Treffen der Nato-Verteidigungsminister teilgenommen. Nach der Eskalation zwischen Israel und Hamas stand zumindest die Frage im Raum, ob der neue Fokus auf den Nahen Osten auf Kosten der westlichen Unterstützung für die Ukraine gehen könnte. Die Runde war beim Auftakt des zweitägigen Treffens sichtlich bemüht, diese Befürchtungen zu widerlegen.

    “Wir können beides tun und wir werden beides tun”, sagte der US-Verteidigungsminister Llyod Austin auf eine Frage hin. Die USA seien als starke Nation und Weltmacht dazu in der Lage. Der Amerikaner war nicht der Einzige, der mit zum Teil neuen Hilfszusagen zum Treffen im sogenannten Ramstein-Format nach Brüssel gekommen war. Llyod Austin sprach von einem Paket mit mehr Luftverteidigung und Munition im Wert von 200 Millionen Dollar.

    Selenskyj betonte, dass sich die Ukraine nun auf den Winter vorbereite, und dass die Unterstützung der Nato-Staaten dabei unerlässlich sei. Ukraines Präsident zog explizit eine Parallele zwischen Wladimir Putin und der Terrororganisation Hamas: “Wir wissen, was Terror ist”. Nicht alleine zu sein, Einheit und Geschlossenheit sei wichtig.

    Neue Waffenlieferungen werden vorbereitet

    Genügend Luftverteidigung sei ein wichtiger Teil der Antwort, wann der Krieg zu Ende gehen und ob er Gerechtigkeit für die Ukraine bringe, so Selenskyj: “Wir müssen diesen Winterkrieg gegen den Terror gewinnen und wir können ihn gewinnen”. Die Bundesregierung hatte der Ukraine bereits vor dem Treffen ebenfalls ein umfangreiches Paket von Luftabwehrsystemen, weiteren Leopard-Panzern und Munition zugesagt.

    “Wir alle wissen, dass Putin böse und frustriert ist”, zeichnete der US-Verteidigungsminister ein Bild von einem russischen Präsidenten in der Defensive. Alle rechneten damit, dass Russland wieder Städte angreifen und Infrastruktur in der Ukraine zerstören würden. “Wir sind hier, um sicherzustellen, dass die Ukraine das hat, was sie braucht, um durch den Winter zu kommen“, so Austin. Die Verbündeten seien vereint und Putin alleine: “Wir alle wissen, was auf dem Spiel steht, es geht um die Sicherheit Europas”.

    Die USA, Dänemark und die Niederlande wollen gemeinsam als Koalition der Ukraine bis im nächsten Frühjahr die ersten F16-Kampfflugzeuge liefern. Schweden stellte kritische Artilleriemunition in Aussicht und Bulgarien will Ersatzteile sowie Raketen für das S-300 Luftabwehrsystem aus sowjetischer Produktion liefern. Frankreich will mehr fahrbare Haubitzen vom Typ Ceasar liefern und die Produktion hochfahren. Kanada stellte für die nächsten Jahre 500 Millionen Dollar für gepanzerte Fahrzeuge in Aussicht.

    Beschädigte Gaspipeline auf der Agenda

    Heute, am zweiten Tag des Verteidigungsministertreffens, könnte auch die mutmaßliche Sabotage an der Gaspipline Baltic Connector und am Telekomkabel zwischen Finnland sowie Estland noch einmal ein Thema sein. Die beiden Nato-Staaten hätten ihn über ihren bisherigen Kenntnisstand informiert, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch.

    Die finnischen Behörden gehen von einer absichtlichen Beschädigung der Infrastrukturen aus. Das Bündnis sei bereit, bei den Ermittlungen zu helfen, so der Generalsekretär. Es sei jetzt wichtig zu klären, was genau geschehen sei und unter welchen Umständen. “Sollte sich herausstellen, dass es sich um einen vorsätzlichen Angriff auf NATO-kritische Infrastrukturen handelt, wäre dies natürlich ernst zu nehmen.” Das Bündnis werde dann gemeinsam und entschlossen reagieren.

    • Leopard 2 Panzer
    • Nato
    • Ukraine-Krieg
    • Wolodymyr Selenskyj

    Termine

    13.10.-15.10.2023, Berlin
    EAB, Konferenz Wende in Europa: Ausblick auf eine neue Zeit
    Die Europäische Akadamie Berlin (EAB) beschäftigt sich mit der Dichte und Parallelität von Krisen und Transformationen, vor denen Europa derzeit steht. INFOS & ANMELDUNG

    13.10.2023 – 10:30-12:00 Uhr, Berlin
    EC, Podiumsdiskussion Transformation made in Europe – Wie wird die europäische Industrie zukunftsfähig, nachhaltig und klimaneutral?
    Die Europäische Kommission (EC) diskutiert den Einfluss des “Net Zero Industry Acts” auf die sozial-ökologische Transformation in Deutschland und Europa. INFOS & ANMELDUNG

    13.10.2023 – 16:00 Uhr, Berlin
    EP, Podiumsdiskussion EU-Ukraine-Politik – Unterstützung der EU für die Ukraine
    Das Europäische Parlament (EP) diskutiert die Unterstützung der EU für die Ukraine. INFOS & ANMELDUNG

    13.10.2023 – 19:00-20:30 Uhr, München
    FNF, Discussion Project Europe – Liberal perspectives for the future EU
    The Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) discusses how current challenges in Europe should be met and presents different perspectives for the future EU. INFOS & REGISTRATION

    17.10.-18.10.2023, Brüssel (Belgien)
    EARPA, Conference Future of Road Mobility 2023
    The European Automotive Research Partners Association (EARPA) brings together stakeholders from industry, academia and government to share knowledge and ideas regarding a new era of automotive solutions. INFOS & REGISTRATION

    17.10.2023 – 09:00-16:30 Uhr, Reutlingen
    Eco, Reutlingen Was tragen Initiativen wie Gaia-X und Manufacturing-X zur Digitalisierung der Industrie bei?
    Der Verband der Internetwirtschaft (Eco) informiert über neue Perspektiven zum Thema Digitalisierung allgemein und konkret zum Aufbau föderierter Datenökosysteme auch in mittelständischen und kleinen Unternehmen. INFOS & ANMELDUNG

    17.10.2023 – 10:00-12:00 Uhr, online
    ASEW, Seminar Stromnetzausbau
    Die Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) gibt eine Gesamtübersicht über die Hintergründe und Auswirkungen des Stromnetzausbaus und der anstehenden Investitionen. INFOS & ANMELDUNG

    17.10.2023 – 14:00-15:30 Uhr, Berlin/online
    JDC, Presentation Increasing the supply of European Public Goods: why, what and how
    Das Jacques Delors Center (JDC) presents on European Public Goods as the new frontier of integration.  INFOS & REGISTRATION

    17.10.2023 – 19:30-22:00 Uhr, Sulzbach
    KAS, Vortrag Europa, Frankreich und das Saarland
    Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) schaut auf die Geschichte und aktuelle Herausforderungen der deutsch-französischen Freundschaft. INFOS & ANMELDUNG

    28.11.-29.11.2023, Brügge (Belgien)
    FSR, Seminar REMIT and its implementation
    The Florence School of Regulation (FSR) addresses the most relevant concepts at stake, the main obligations and prohibitions falling on market participants and other sector stakeholders, and the cooperation between the different players in market surveillance. REGISTRATION BY OCTOBER 15

    News

    Glyphosat: Naturschützer klagen gegen EU-Kommission

    Die Aurelia Stiftung hat beim EU-Gericht in Luxemburg Klage gegen die von der EU-Kommission beschlossene Zulassungsverlängerung von Glyphosat eingereicht.* Sollte das EU-Gericht der Aurelia Stiftung Recht darin geben, dass die Zulassungsverlängerung gegen Unionsrecht verstößt, müsste die Kommission die Entscheidung aufheben. Hunderte glyphosathaltige Pestizidprodukte in der gesamten EU müssten laut Aureila Stiftung dann vom Markt genommen werden.

    Die Bienenschützer betreten mit der Klage juristisches Neuland. Erst 2021 hatte die EU das Unionsrecht an die völkerrechtlich verbindliche Aarhus-Konvention angepasst. Damit ist es Umweltverbänden erstmals möglich, gegen Zulassungsentscheidungen der EU-Kommission zu klagen. Die EU-Genehmigung des Pestizidwirkstoffs Glyphosat war Ende 2022 ausgelaufen; die Kommission hat diese provisorisch bis Ende 2023 verlängert.

    Die Aurelia Stiftung hatte gegenüber der Kommission bemängelt, dass die Glyphosat-Hersteller die nötige Dokumentation für die fällige erneute Risikoprüfung nicht rechtzeitig vorgelegt hatten. Im Juli 2023 antwortete die EU-Kommission der Stiftung, sich zur Verlängerung verpflichtet zu sehen, ohne dass Belange des Gesundheits- und Umweltschutzes zu berücksichtigen wären. Die EU-Kommission teilte mit, die vorhandenen Datenlücken fielen nicht in die Verantwortung der Hersteller und ließ erkennen, die Glyphosat-Genehmigung nochmals zu verlängern, falls das Genehmigungsverfahren sich weiter hinziehe. ab

    *In einer ersten Fassung des Artikels hatte es geheißen, dass die Klage sich gegen den Vorschlag der Kommission richte, die Zulassung des Herbizids um zehn Jahre zu verlängern. Dies ist nicht korrekt; gegen eine weitere Verlängerung hat die Stiftung bisher nur Klage angedroht.

    • Agrarpolitik
    • Glyphosat
    • Klima & Umwelt
    • Landwirtschaft
    • Pestizide

    Strommarkt: Spanien strebt Einigung an

    Die spanische Ratspräsidentschaft ist in den Verhandlungen über die Reform des Strommarktes einen großen Schritt auf Deutschland und andere Mitgliedstaaten zugegangen. Ein neuer Kompromissvorschlag sieht vor, dass die Staaten nur neuen Kraftwerken staatlich geförderte Festpreisverträge anbieten dürfen. Bestehende Kraftwerke sollen hingegen nicht von den sogenannten Differenzverträgen profitieren dürfen.

    Spanien hofft, so die Blockade im Rat durch die Meinungsunterschiede zwischen Frankreich und Deutschland überwinden zu können. Der Vorschlag soll am Freitag von den Vertretern der Mitgliedstaaten diskutiert werden. Bei ihrem Treffen am kommenden Dienstag sollen die Energieminister versuchen, die gemeinsame Position festzuzurren.

    Berlin hat vor Wettbewerbsverzerrungen gewarnt, sollte Frankreich solche Differenzverträge für seine bestehenden Atomkraftwerke nutzen können und dann die Einnahmen aus diesen Verträgen zur Subventionierung der Industrie zu verwenden. Französische EU-Diplomaten reagierten verärgert über den Vorschlag. rtr

    • Energie
    • Klimapolitik
    • Strommarkt

    Methan-Verordnung: Keine Einigung im Trilog

    EU-Parlament und Rat konnten sich am Dienstag nicht auf einen Kompromiss zur Überarbeitung der Methan-Verordnung einigen. Dabei könnte eine Regulierung, die auch auf Methanemissionen in den außereuropäischen Produktionsländern von Erdgas, Öl und Kohle angewendet wird, weitreichende Methanreduktionen herbeiführen. Laut Schätzungen der Clean Air Task Force (CATF) könnte ein EU-Importstandard für Methanemissionen ein Drittel der weltweiten Methanemissionen aus dem Öl- und Gassektor reduzieren. Das wäre laut CATF ein wichtiger Schritt zur Erreichung des Global Methane Pledge im Jahr 2030. In dieser Initiative haben sich rund 150 Staaten zusammengeschlossen, um die Emissionen bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020 zu senken.

    Der Vorschlag des EU-Parlaments für die Methan-Verordnung sieht einen solchen Importstandard vor. Dadurch müssten auch die Produktionsländer von Öl- und Gas Maßnahmen ergreifen, um die Methanemissionen während der Produktion und dem Transport der fossilen Rohstoffe zu senken. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht keine strikte Importregulierung vor. Die Mitgliedstaaten seien aber offen für “eine Ausweitung der Kontrollen auf Importe”, gibt das Nachrichtenportal Contexte eine Quelle aus dem Parlament wieder.

    Laut CATF würde eine Importnorm “die Methanemissionen 20-mal stärker verringern als eine Regelung, die nur die inländische Öl- und Gasproduktion in der EU betrifft”. Es besteht Hoffnung, dass sich die EU-Institutionen noch vor der COP28 einigen werden. Jutta Paulus, treibende Kraft hinter der Methanregulierung, sagte zu Table.Media: “Es ist gut, dass von allen Verhandlungspartnern bekräftigt wurde, mit einer wirkungsvollen Einigung zur neuen EU-Methanverordnung zur Klimakonferenz nach Dubai fahren zu wollen.”

    EU-Staaten weltweit größte Öl- und Gasimporteure

    Die EU-Staaten importieren mehr als 80 Prozent ihres Gas- und Ölbedarfs und sind der weltweit größte Importeur. Demnach hätte eine Regulierung der Im- und Exporteure weitreichende Folgen. Das EU-Parlament fordert beispielsweise:

    • Vorschriften für das EU-Inland sollen auch für importiertes Gas, Öl und Kohle gelten.
    • Importierende Unternehmen sollen ab 2026 nachweisen, dass die Exporteure den Pflichten bei “Messung, Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung, Leckerkennung und -behebung” nachkommen. Die EU-Mitgliedsstaaten sollen sicherstellen, dass die Importeure die jeweiligen Nachweise erbringen.
    • Nach dem Parlamentsvorschlag soll das Ablassen von Methan bei der Förderung von Öl- und Gas komplett verboten werden. Das Abfackeln soll nur in Notsituationen erlaubt sein.
    • Zudem sieht der Vorschlag Reparaturpflichten und ein Ziel für die Emissionsreduzierung bis Ende 2025 vor. nib
    • Energiepolitik
    • Klima & Umwelt
    • Methan-Verordnung

    Instrumentenkasten für die demografische Herausforderung

    Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in der EU wird bis zum Jahr 2100 um 57,4 Millionen Personen sinken. Die demografischen Veränderungen könnten negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit haben, der Fachkräftemangel könnte ansteigen und die öffentlichen Haushalte finanziell belastet werden, warnt die EU-Kommission in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung. Manche Regionen wie etwa die ost- und mitteleuropäischen Länder müssten mit einem starken Bevölkerungsrückgang rechnen. Andere Regionen, etwa Metropolen in Deutschland, Niederlande und Belgien könnten sich auf einen Zuzug einstellen.

    Der Europäische Rat hatte die Kommission im Juni aufgefordert, den Mitgliedstaaten einen Werkzeugkasten zur Bewältigung der Folgen der demografischen Veränderungen vorzulegen. Die Kommission hat dazu jetzt eine 26 Seiten umfassende Kommunikation beschlossen. “Der Werkzeugkasten zielt darauf ab, alle Generationen zu ertüchtigen”, sagte die zuständige Vizepräsidentin Dubravka Šuica. Ziel sei, den richtigen Mix von Fähigkeiten und Talenten für die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zu aktivieren.

    Der Instrumentenkasten richtet sich an vier Säulen aus: Jugendliche, ältere Menschen, Eltern sowie Migration. Zu den Instrumenten zählen EU-Gesetze wie die Work-Life-Balance-Richtlinie, Finanzinstrumente wie der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Corona-Wiederaufbaufonds (RRF), der Europäische Mindestlohn und die EU-Strategie für Kinderrechte. Es sind sowohl bereits bestehende Instrumente als auch geplante neue Werkzeuge aufgeführt. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, jeweils passende Politikansätze zu entwickeln und umzusetzen. Ziel müsse sein, den demografischen Wandel zu bewältigen und Sorgen vor Veränderungen in der Bevölkerung aufzugreifen.

    Die Demografie-Politik der Mitgliedstaaten sollte vier Ziele verfolgen:

    • Verankerung in den Gegebenheiten vor Ort
    • Gleichstellung der Geschlechter, Nichtdiskriminierung und Generationengerechtigkeit
    • Potenziale digitaler Technologien nutzen
    • und ein breites Spektrum an Interessengruppen einbinden. mgr
    • Digitalisierung
    • Europäische Kommission
    • Wirtschaftspolitik

    G7-Minister einigen sich auf Leitlinien für generative KI

    Während der Trilog zum AI Act in Europa nur schleppend vorankommt, haben die Digitalminister der G7-Staaten Leitlinien für generative KI entworfen. Japan, das den Hiroshima Artificial Intelligence Process der G7 verantwortet, hat den Text noch nicht offiziell veröffentlicht. Contexte liegt der Entwurf bereits vor.

    “Generative KI schafft schnell neue Möglichkeiten, aber gleichgesinnte Demokratien müssen die Risiken kontrollieren”, schrieb EU-Vizepräsidentin Věra Jourová auf X. “Als G7 haben wir heute einen großen Schritt nach vorne gemacht.”

    Verhaltenskodex für Unternehmen soll folgen

    Sobald Japan die Leitlinien vorlegt, auf die sich die G7-Digitalminister und die EU geeinigt haben, will die EU einen kurzen Konsultationsprozess starten. Noch im Herbst möchte Japan dann, dass die Regierungschefs selbst die Leitlinien ratifizieren.

    Parallel dazu soll es zu dem Zeitpunkt im Einklang mit den Leitlinien auch eine freiwillige Selbstverpflichtung (Code of Conduct) geben. Unternehmen, die generative KI entwickeln, sollen diesen unterzeichnen können.

    Die elf Leitlinien sind weit weniger spezifisch als der AI Act, den die EU-Institutionen gerade im Trilog verhandeln. Nach wie vor ist die EU die einzige Jurisdiktion, die so weit fortgeschritten an einem umfangreichen Gesetz arbeitet – auch wenn die USA hier ebenfalls etwas vorbereiten. In Kommissionskreisen werden die Leitlinien als ein gutes Instrument betrachtet, um das “legale Vakuum” zu überbrücken, das bis zum Inkrafttreten des AI Acts bestehen wird. vis

    • Künstliche Intelligenz
    • Künstliche Intelligenz-Verordnung

    Slowakei: Fico benennt Wunschkoalition

    Wenige Tage nach den Parlamentswahlen in der Slowakei nimmt die Regierungsbildung klare Formen an. Der Wahlsieger Robert Fico, der der linksnationalen Partei Smer vorsteht, und die Chefs der sozialdemokratischen Partei Hlas, Peter Pellegrini, und der rechtsgerichteten Nationalpartei SNS, Andrej Danko, unterzeichneten am Mittwoch in Bratislava ein Memorandum zur Bildung einer gemeinsamen Koalition. Fico soll künftiger Premier werden. Diesen Posten hatte er bereits dreimal inne.

    Wegen seiner prorussischen Haltung im Ukrainekrieg ist Fico jedoch umstritten. Er will die militärische Unterstützung für Kiew einstellen und hält die Sanktionen der EU gegen Putin für falsch. “Für die Slowaken gibt es wichtigere Dinge als diesen Krieg, es ist nicht unser Krieg”, hatte er sowohl im Wahlkampf als auch nach seinem Sieg betont. Trotzdem soll der Koalitionsvertrag einen Passus enthalten, wonach die künftige Regierung die Westausrichtung des Landes auf der Grundlage der Mitgliedschaft in EU und Nato garantiere -“unter Berücksichtigung der Souveränität der Slowakei und ihrer nationalen Interessen”.

    Pellegrini schlug Premier-Posten aus

    Den Weg für die Koalition öffnete Hlas-Chef Pellegrini, nachdem er allen Bemühungen der liberalen und konservativen Kräfte nach einer Regierung ohne Fico eine Absage erteilt hatte. Die Hlas wurde bei den Wahlen drittstärksre Kraft. Der Führer der zweitstärksten Partei Progressive Slowakei, Michal Šimečka, hatte Pellegrini sogar das Amt des Regierungschefs angeboten.

    Pellegrini verließ 2020 die Smer-Partei von Fico. In herzlicher Abneigung waren die beiden miteinander verbunden. Jetzt kehrt er mit Hlas quasi wieder in den Schoß der einstigen Mutterpartei unter Fico zurück. Was das für Pellegrini selbst bedeutet, ist noch unklar. Er selbst hatte ausgeschlossen, dass mit Fico und ihm gleich zwei frühere Regierungschefs einem gemeinsamen Kabinett angehören würden. Pellegrini könnte demnach auch zunächst Chef des Parlaments werden und im Frühjahr 2024 mit der Unterstützung von Fico als künftiger Präsident der Slowakei kandidieren. 

    Die durchweg Fico-kritischen Zeitungen des Landes warfen Pellegrini am Mittwoch “Versagen als Königsmacher” vor. Er habe die Chance gehabt, die Slowaken vor der Rückkehr in die Dunkelheit mit Fico zu bewahren und habe die Chance vertan. Hans-Jörg Schmidt

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