Table.Briefing: Europe

Breton-Interview + Wilders-Regierung auf Kollisionskurs

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit den Ausgleichszöllen, die Präsident Biden zu Beginn dieser Woche auf eine Reihe von chinesischen Produkten erhoben hat, sind die Spannungen im globalen Handel nochmal deutlich stärker geworden. US-Medien sprechen wie zu Trump-Zeiten wieder vom “Trade War” zwischen den USA und China.

Industriekommissar Thierry Breton befürchtet Kollateralschäden in Europa. “Wir könnten sehen, dass einige Mengen insbesondere ausgereifter Halbleiter nach Europa umgeleitet werden und einige unserer Unternehmen gefährden”, sagte er gestern im Interview mit Table.Briefings.  

Breton plädierte angesichts der Politik der USA und Chinas für ein robustes Vorgehen der EU. Wenn die Europäer die Einzigen seien, die sich noch an die Regeln der Welthandelsorganisation hielten, “dann sind wir tot, dann werden wir die letzten Mohikaner sein”. Natürlich wolle man keinen Handelskrieg starten, könne die Situation aber auch nicht ignorieren.

Gestern wurde per Publikation im EU-Amtsblatt bekannt, dass die EU-Kommission zwei neue Antidumpingverfahren gegen China einleitet – einmal für importierte Weißbleche und -bänder und einmal für mehrlagige Holzfussböden. Beide Verfahren gehen auf Klagen von Industrieverbänden zurück.

Auch aus der Industrie steigt also der Druck, etwas gegen die chinesische Industriepolitik zu tun. Denn das Teuflische an Handelskriegen ist, dass unilaterale Abrüstung meist genauso wenig bringt wie bei konventionellen Kriegen. Man kann nicht mitmachen und trotzdem verlieren.

Aber die EU hat in einem Handelskrieg auch mehr zu verlieren als die USA. Die EU-Wirtschaft ist dank ihres Handelsüberschusses viel abhängiger von der globalen Nachfrage als die USA, die sich auf eine starke heimische Nachfrage verlassen können.

In welchem Sektor Sie auch tätig sein mögen: Ich wünsche Ihnen heute einen schönen Tag und eine möglichst lokale Nachfrage!

Ihr
János Allenbach-Ammann
Bild von János  Allenbach-Ammann

Analyse

Breton: “Wir wollen nicht die letzten Mohikaner sein”

russels, 2023-12-09. European Commissioner for Internal Market Thierry Breton into the Artificial Intelligence Act Trilogue. Artificial Intelligence Act Trilogue together with the European Parliament and the European Commission to reach agreement on the Artificial Intelligence Act from 9 December 2023 in Brussels.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton sprach bei seinem Besuch in Deutschland unter anderem mit Robert Habeck und Wolfgang Schmidt.

Herr Breton, Sie haben mit Minister Habeck über das Satellitenprojekt Iris² gesprochen, das sichere Kommunikation ermöglichen soll. Er denkt, dass das Projekt zu teuer wird …

Iris² war nicht der Grund für meinen Besuch. Es handelt sich um ein offizielles Beschaffungsverfahren, und alles läuft genau nach den Regeln. Die Mitgesetzgeber haben beschlossen, dass das Rückgrat der Infrastruktur aus EU-Mitteln finanziert wird. Es ist ein sehr wichtiges Projekt für Regierungen und Militär. Ich hatte gute Gespräche mit einigen Mitgliedern des Bundestags, sie halten das Projekt für so entscheidend, dass sie es so schnell wie möglich umgesetzt sehen wollen. Die Dringlichkeit hat der Krieg in der Ukraine gezeigt.

Die Dringlichkeit ist klar, aber Habeck will mehrere Unternehmen bei der Vergabe berücksichtigen.

Die Kommission führt die offizielle Beschaffung durch, wie von den Co-Gesetzgebern vorgesehen. Wir sind nicht die ESA, daher gibt es auch keinen Geo-Return für die Mitgliedstaaten. Das Gesetz untersagt auch staatliche Einmischung, und das Gesetz wird respektiert. Wir haben eine unabhängige Stelle, die die Ausschreibung durchführt. Und bisher glaube ich, dass alles in die richtige Richtung geht. Es gibt viele KPIs, zum Beispiel sollen KMU und Start-ups mindestens 30 Prozent abdecken.

“Wir haben nicht auf die USA gewartet, um ein Verfahren gegen chinesische Elektrofahrzeuge einzuleiten”

Die USA haben gerade die Zölle auf Elektrofahrzeuge aus China auf 100 Prozent erhöht. Erhöht das den Druck auf die EU zu handeln?

Wir haben nicht auf die US-Regierung gewartet, um unsere eigene Untersuchung gegen die chinesischen A-Autohersteller einzuleiten. Die Untersuchung wird von den Diensten meines Kollegen Valdis Dombrovskis durchgeführt, und ich mische mich nicht ein. Wir erwarten das Ergebnis in den nächsten Wochen.

Vor oder nach den Europawahlen?

Ich weiß es nicht. Die Frist ist Anfang Juli, und ich möchte nicht spekulieren. Die USA haben die Zölle auf Elektroautos auf 100 Prozent erhöht, aber ich denke, dass die Anzahl der betroffenen Autos nahe null liegt. Natürlich ist es einfacher, null oder fast null Autos zu besteuern.

“Es werden eine Menge Halbleiter nach Europa umgeleitet”

Was ist mit den Bedenken, dass chinesische Hersteller ihre Exporte nach Europa umleiten könnten?

Das ist ein berechtigter Punkt. Auch wenn es vielleicht nur um einige Tausend oder Zehntausend Autos geht, kann man nicht sagen, dass sie umgeleitet werden, wenn sie nicht dorthin geschickt werden. Aber wür müssen berücksichtigen, und das habe ich heute Morgen mit Minister Habeck und im Kanzleramt besprochen: Wir haben auch eine Erhöhung der US-Zölle auf Halbleiter von 25 auf 50 Prozent gesehen, insbesondere auf ausgereifte Halbleitertechnologien. Wir könnten sehen, dass einige Mengen dieser Halbleiter nach Europa umgeleitet werden und einige unserer Unternehmen gefährden.

Sehen Sie unmittelbaren Handlungsbedarf?

Nein, da wir noch keine konkreten Fakten haben. Aber es zeigt erneut, dass unsere Handelsinstrumente stärker als je zuvor mit unserer Industriepolitik und dem Binnenmarkt verknüpft werden sollten. Das habe ich mit Robert Habeck besprochen.

“Natürlich wollen wir keinen Handelskrieg führen”

Wie sagen Sie zu den Bedenken von Habeck und anderen, dass die deutsche Industrie von möglichen chinesischen Vergeltungsmaßnahmen getroffen werden könnte?

Wir müssen es als Realität akzeptieren, dass sich viele unserer Partner leider nicht mehr an die WTO-Regeln halten.

Das gilt sogar für die Biden-Administration.

Das jüngste Beispiel ist natürlich, was in den USA passiert. Wir können also nicht weiterhin naiv sein und sagen, ja, aber wir werden die einzigen sein, die sich an die Regeln halten. Wenn wir die einzigen sind, sind wir erledigt, wir werden die letzten Mohikaner sein. Natürlich müssen wir uns zusammensetzen und einen angemessenen Weg finden. Natürlich wollen wir keinen Handelskrieg führen. Aber wir können die Situation nicht ignorieren.

“Der DNA wird hoffentlich ganz oben auf die Agenda gesetzt”

Sie haben Industriepolitik und den Binnenmarkt erwähnt. Eine der diskutierten Ideen ist die Schaffung größerer Unternehmen, zum Beispiel größerer Telekommunikationsanbieter. Ist das eine gute Idee? Oder würde das nur die Preise für die Verbraucher erhöhen?

Was die Telekom-Akteure betrifft, so versuchen wir, eine gemeinsame Vision davon zu entwickeln, was wir brauchen, um alle Ziele der Digitalen Dekade bis 2030 in Bezug auf die Netzinfrastruktur für die Telekommunikation zu erreichen. Unser Whitepaper dazu ist erschienen. Auf der Grundlage dieses Papiers glauben wir, dass ein Digital Networks Act sehr wichtig ist. Das wird hoffentlich von der nächsten Kommission ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt werden. Das war übrigens auch eines der Hauptergebnisse des Letta-Berichts: Stärkung des Binnenmarktes, der Kapitalmarktunion, der Energiepolitik und der Telekommunikation durch den Digital Networks Act.

Wie ist das Feedback zum Weißbuch?

Gut. Wir haben viel Zeit mit Gesprächen mit allen beteiligten Interessengruppen verbracht. Ich denke, dass jeder versteht, dass es extrem wichtig ist. Es gibt ein Verständnis und ein Interesse voranzukommen. Aber natürlich wird dies ein Thema für die nächste Kommission sein.

Womöglich ein weiterer Punkt auf der Agenda für die nächste Amtszeit ist die Idee von Präsident Macron, die Bildschirmzeit für Jugendliche zu regulieren. Was halten Sie davon?

Wir haben bereits horizontale Regelungen für die großen Plattformen eingeführt. Mit dem DSA haben wir nun die Basis, und wir können spezifischere Regelungen hinzufügen, wenn wir glauben, dass es einen starken Bedarf in allen Mitgliedstaaten gibt. Derzeit haben wir uns darauf konzentriert, Suchtverhalten, den Rabbit-Hole-Effekt, Altersverifikation und so weiter zu betrachten, wie Sie in unseren Verfahren gegen Meta sehen können. Aber wenn die Bildschirmzeit für viele Mitgliedstaaten ein Anliegen ist, ist es einfach für uns, dies einzufügen.

“Beim Verbrenneraus liegen wir hinter unseren Zielen zurück”

Zurück zur alten Industrie. CDU/CSU fordern im Europawahlkampf, das Verbrenneraus zurückzunehmen. Unterstützen Sie das?

Es war eine Entscheidung, die von Parlament und Rat beschlossen wurde, das Enddatum auf 2035 zu setzen. Ich respektiere das zu hundert Prozent. Aber wir müssen sicherstellen, dass wir es erreichen.

Aber die Nachfrage scheint viel langsamer zu steigen als erwartet.

Sie haben absolut recht. Deshalb haben wir beschlossen, alle drei Monate einige KPIs zu veröffentlichen. Jetzt sehen wir, wo wir mehr tun müssen, etwa bei Ladestationen, Batterien oder den Kosten für die Verbraucher. Bei vielen KPIs liegen wir hinter unseren Zielen zurück, wir müssen unsere Anstrengungen also verstärken.

Sollte die Überprüfungsklausel bereits 2025 statt 2026 ausgelöst werden?

Gesetzlich muss die Überprüfung 2026 durchgeführt werden. Ich denke, 2026 ist ein guter Zeitrahmen.

“Weniger Belastungen für KMU wird Priorität der nächsten Kommission sein”

Ursula von der Leyen hat versprochen, die Berichtspflichten um 25 Prozent zu reduzieren. Wird in diesem Mandat noch etwas passieren?

Ich habe von Anfang an in der Kommission darauf gedrängt. Am Anfang gab es dafür wenig Resonanz, aber jetzt haben wir sie. Das Ziel ist extrem wichtig.

Aber was ist mit konkreten Maßnahmen?

Es ist immer unsere Arbeitsweise: Wir müssen das globale Ziel haben, und dann setzen wir alle in Bewegung. Zum Beispiel habe ich hart darauf gedrängt, dass die Kommission für jede einzelne von uns vorgeschlagene Politik eine Folgenabschätzung machen muss, um die Belastung für KMU zu erkennen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass es eine sehr hohe Priorität der nächsten Kommission sein wird, diese Belastung zu reduzieren. Das ist wirklich wichtig für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Wir sagen auch den Ministern und der Industrie, dass sie mit sehr konkreten Punkten kommen sollen, die verbessert werden müssen.

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Regierungsbildung in den Niederlanden: Was die Rechtskoalition plant

“Wir schreiben zusammen Geschichte, die Sonne wird wieder über den Niederlanden scheinen”, leitete Geert Wilders die Präsentation der Koalitionsvereinbarung ein. Historisch ist der Deal tatsächlich, denn erstmals wird es eine Regierung in den Niederlanden geben, an der auch der rechtsextreme Politiker mit seiner Ein-Mann-Partei beteiligt sein wird. Und erstmals wird kein Parteichef der künftigen Viererkoalition die Regierung anführen. Ein doppeltes Experiment also, mit ungewissem Ausgang.

Wilders ist mit seiner Freiheitspartei (PVV) sechs Monate nach dem Sieg bei den Parlamentswahlen am Ziel. Damit die rechtsliberale VVD des bisherigen Regierungschefs Mark Rutte, die konservative NSC von Pieter Omtzigt und die rechtspopulistische Bauernbewegung BBB von Caroline van der Plas in die Koalition einwilligten, musste der Wahlsieger zwar auf den Posten des Ministerpräsidenten verzichten. Der Verzicht dürfte sich aber am Ende für Wilders auszahlen. Er wird gleichzeitig Regierung und Opposition spielen, die Koalition als Abgeordneter und in den sozialen Medien vor sich hertreiben können.

Dilemma für Renew und EVP

Zudem fällt in den Niederlanden die Brandmauer der Konservativen und Liberalen nach Rechtsaußen. Ein Signal für ganz Europa, auch mit Blick auf die Europawahl in einem Monat. Der Kompromiss mit den Rechtsextremen sei nicht akzeptabel, reagierte Valérie Hayer, seit Anfang des Jahres Vorsitzende der liberalen Fraktion Renew Europe im EU-Parlament. Wilders PVV stehe im Widerspruch zu fast allen Positionen von Renew. Die Französin kündigte an, nach der Europawahl in der Fraktion über das weitere Vorgehen zu beraten.

Doch auch EVP-Fraktions- und Parteichef Manfred Weber steht vor einem Dilemma. Die neue NSC von Pieter Omtzigt und die Bauernbewegung BBB würden eigentlich ganz gut in die EVP-Fraktion passen. Die Koalitionsvereinbarung mit dem Islamkritiker und EU-Gegner Wilders könnte diese Pläne gefährden. Wilders wird zwar nicht selber die Koalition anführen, darf aber den Regierungschef vorschlagen. Zuletzt hieß es, die Wahl könnte auf Ronald Plasterk fallen, ein Sozialdemokrat, der in den letzten Jahren stark nach rechts gerückt sein soll. Der Krebsforscher und Chef einer Firma für Krebstherapie war für die PvdA zwischen 2007 und 2017 Minister in verschiedenen Koalitionsregierungen.

Neben Wilders verzichten auch die anderen Parteichefs auf Posten in der Regierung. Der künftige Ministerpräsident wird eine dicke Haut brauchen und die Spannungen zwischen den Partnern ausbalancieren müssen. Nicht umsonst haben die Verhandlungen sechs Monate gedauert und drohten mehrmals zu platzen. Geert Wilders musste dabei Konzessionen machen und die radikalsten Positionen in seinem Parteiprogramm relativieren. Alles, was nicht im Einklang mit der Verfassung sei, komme ins Gefrierfach, versprach er. So etwa die Forderung, den Koran und den Bau von Moscheen zu verbieten. Auch ein EU-Austritts-Referendum oder den Abschied vom Euro wird es nicht geben.

Streit um öffentliches Budget

Die 26seitige Koalitionsvereinbarung ist mit dem Titel “Hoffnung, Mut und Stolz” überschrieben. Schwierig war die Einigung bis zuletzt bei den Finanzen. Geert Wilders will das Geld mit vollen Händen ausgeben, während die rechtsliberalen VVD und die rechtskonservativen NSC auf einen ausgeglichenen Haushalt pochen. Das Ergebnis ist ein Kompromiss, wobei unklar ist, ob wie Rechnung aufgehen wird. So soll unter anderem die Einkommenssteuer gesenkt und der Selbstbehalt in der Gesundheitsversorgung halbiert werden. Sparen will die Koalition dafür beim öffentlichen Dienst, der Entwicklungshilfe oder den Überweisungen nach Brüssel.

Gleichzeitig soll das zwei Prozent-Ziel für Verteidigung entsprechend den Nato-Vorgaben gesetzlich verankert werden. Bemerkenswert auch, dass die Unterstützung für die Ukraine nicht angetastet und die niederländische Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt werden soll. Nicht abgeschafft, aber aufgeweicht wird die Klima- und Stickstoffpolitik. So gibt es weniger Geld für erneuerbare Energien, und es darf wieder 130 km/h auf den Autobahnen gefahren werden. Die Politik der Reduzierung des Viehbestandes, die zu Bauernprotesten geführt hatte, wird nicht vorgeführt.

Personenfreizügigkeit in Gefahr

Das größte Konfliktpotential mit Brüssel und den europäischen Partnern zeichnet sich beim Thema Asyl und Migration ab. Hier will die Koalition ein befristetes Opt out von den EU-Regeln erreichen. Die Niederlande hätten gerade eben der Reform der Asyl- und Migrationspolitik zugestimmt, hieß es gestern von Seiten der EU-Kommission. Ausnahmeregeln seien nicht vorgesehen. Die Koalition will die Bearbeitung von Asylanträgen aussetzen, den Familiennachzug massiv einschränken, Prozesskostenhilfe gekürzt, und Asylbewerber sollen nur noch ein Gericht anrufen, ohne Berufung einlegen zu können.

Die Koalition will zudem die Arbeitsmigration um die Hälfte reduzieren und den Anteil der ausländischen Studierenden an den Universitäten senken, der nach dem Brexit deutlich zugenommen hat. Wie dies im Einklang mit der Personenfreizügigkeit geschehen soll, ist eine von vielen offenen Fragen.

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Tennet-COO: Der langfristige Zugang zum Kapitalmarkt macht mir eher Sorge

Tim Meyerjürgens ist Chief Operating Officer des Stromübertragungsnetzbetreibers Tennet.

Tennet gilt als Kandidat für eine Übernahme durch den Bund. Wäre das ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Deutschen Netz AG – also der Verstaatlichung des gesamten deutschen Strom-Übertragungsnetzes?

Sie werden verstehen, dass ich laufende Verhandlungen nicht kommentieren kann. Tennet ist heute schon komplett in staatlichen Händen – nur halt in niederländischen – und die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber arbeiten eng zusammen. Bei einem möglichen Verkauf an den Bund würde ich keine wesentlichen Unterschiede sehen. Die niederländische Regierung hat bisher die Finanzierung stets sichergestellt und uns sehr gut unterstützt. Die Motivation der deutschen Seite für einen Einstieg bei den Netzbetreibern war immer, die Finanzierung des Netzausbaus langfristig zu garantieren. Deutschland hat allein im Übertragungsnetzbereich über 300 Milliarden an Investments vor sich und etwa 500 Milliarden, wenn man die Verteilnetze dazurechnet.

Die Niederlande wollen offenbar verkaufen, weil sie nicht in dieser Größenordnung ins deutsche Netz investieren wollen. Wer soll den Ausbau finanzieren?

Als Netzbetreiber sind wir im Wesentlichen fremdkapitalfinanziert und der langfristige Zugang zum Kapitalmarkt ist es, der mir eher Sorge macht. Zum Jahresanfang hat die Bundesnetzagentur die Eigenkapitalverzinsung für alle deutschen Netzbetreiber nochmals abgesenkt, während andere europäische Regulierer die Eigenkapitalrenditen tendenziell gesteigert haben. Auf dem Kapitalmarkt stehen wir aber im Wettbewerb mit vielen anderen Infrastrukturbetreibern in Europa. Wenn die Eigenkapitalquote nach unten geht, wird sich das im Rating niederschlagen und Fremdkapital entsprechend teurer. Ich glaube deshalb, dass die Bundesnetzagentur ihr Ziel, die Netzentgelte zu senken, so nicht erreichen wird. Im Gegenteil, im Zweifel werden die Netzentgelte eher steigen. Hier müssen wir ansetzen.

Eine höhere Verzinsung fordert allerdings jeder Netzbetreiber seit Beginn der Regulierung. Nun stehen aber so hohe Investitionen an, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Interesse der Stromkunden eine zeitliche Streckung ins Spiel gebracht hat.

Die Grundidee ist gut und richtig. Wir bauen unser gesamtes Energiesystem um und es wäre pragmatisch, die Kosten auf mehrere Generationen zu verteilen. Es muss aber vernünftig ausgestaltet werden. So wie für das Wasserstoffkernnetz wird ein Amortisationskonto für die Stromnetze nicht funktionieren. Wir haben ein deutlich höheres Investitionsvolumen zu stemmen – wir reden mindestens über den Faktor 20. Die Anreize für Investoren müssen andere sein. Mit vollständig regulierten Betreibern wird ein Amortisationskonto nicht umsetzbar sein. Wir brauchen neue Lösungen für Haftungsfragen und die Risikoverteilung.

Würde eine Risikoübernahme durch die Europäische Investitionsbank helfen oder höhere Zuschüsse aus einer aufgestockten Connecting Europe Facility?

Das können sinnvolle Ergänzungen sein, gerade wenn ich über Projekte für die europäische Vernetzung nachdenke. Staatliche Gelder und Garantien werden aber nicht reichen für die Aufgabe, die wir vor uns haben. Am wichtigsten ist es, über regulatorische Rahmenbedingungen wie eine vertiefte Kapitalmarktunion und insbesondere die Eigenkapitalverzinsung den Zugang zu privatem Kapital zu sichern und auszubauen.

Beim Netzausbau stehen Sie unter hohem Druck. Bis Ende 2025 müssen die Transportleitungen Vorgaben zum europäischen Stromhandel erfüllen – sonst droht eine Aufspaltung der deutschen Strompreiszone. Zuletzt hat die Bundesnetzagentur Erfolge bei schnelleren Genehmigungen vermeldet. Schaffen Sie also die EU-Ziele?

Das Ziel, ab 2026 für den europäischen Stromhandel 70 Prozent der Leitungskapazitäten vorzuhalten, ist für die Netzbetreiber immer noch sehr herausfordernd. Wir sind auf dem Weg, die Übertragungsleitungen im Dreh- und Gleichstrombereich schneller auszubauen. Die großen Gleichstromkorridore – bei uns insbesondere SuedLink und SuedOstLink – werden aber erst 2027 und 2028 zur Verfügung stehen. Diese Leitungen sind die Grundvoraussetzung, um die Engpässe im deutschen Netz zu verringern. Trotz aller Herausforderungen schaffen wir es derzeit aber, die Mindestkapazitäten für den grenzüberschreitenden Stromhandel wie vorgeschrieben jährlich zu erhöhen.

Wird es denn zu einer Teilung der deutschen Gebotszone kommen?

Am Ende ist es eine politische Entscheidung. Die Frage wird bleiben, wie hilfreich eine Neuaufteilung der Gebotszonen in einem bestimmten Moment ist. Mit der Fertigstellung großer Gleichstromkorridore wird sich die Situation immer wieder grundlegend ändern und neue Preiszonen erreichen nicht von heute auf morgen Lenkungswirkung. Eine Gebotszonenteilung ist ein langfristiger Prozess in einem sehr dynamischen Umfeld, insofern wird politisch Einiges an Diskussionen notwendig sein.

Um Genehmigungen zu beschleunigen, wurden in den vergangenen Jahren schon oft Gesetze angepasst – in Brüssel zuletzt durch eine Notverordnung und die Erneuerbaren-Richtlinie. Sehen Sie noch weitere Möglichkeiten?

Die Arbeit der Bundesregierung und der EU hat uns wirklich an vielen Stellen geholfen. Es gibt immer noch kleinere Stellschrauben, wo wir weiter Potenzial sehen. Bei den Gleichstromkorridoren hat man enorm viele Schwertransporte für Kabel und die Genehmigungsverfahren für diese Transporte sind unheimlich langwierig und es muss jeder einzelne Transport genehmigt werden. Die ganz großen Aufgaben für einen beschleunigten Netzausbau haben die Gesetzgeber aber abgeräumt.

Ist das so? Einflussreiche Berater wollen für die Netzentwicklung eine zentrale europäische Institution schaffen. Bruegel hat einen Independent Network System Operator vorgeschlagen und Enrico Letta in seinem Binnenmarktbericht eine Clean Energy Delivery Agency. Brauchen wir eine echte europäische Netzplanung?

Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber arbeiten im ENTSO-E bereits eng zusammen. Wir liefern gemeinsam den Zehnjahresnetzentwicklungsplan und haben gerade auch die Basis für hybride Anbindungen von Offshore-Windparks an mehrere EU-Staaten vorgelegt. Ich sehe keine Notwendigkeit, neue Bürokratie zu schaffen. Die grenzüberschreitende Planung von Transportleitungen können die Mitgliedstaaten besser über regionale Koordinierung regeln. Ein gutes Beispiel ist die Nordsee-Energiezusammenarbeit, in der die Anrainerstaaten kooperieren. Defizite im Energiebinnenmarkt sehe ich nicht auf der Planungsseite, sondern eher in der Marktordnung.

Das müssen Sie erklären.

Wenn ich die Nordsee als Beispiel nehme, hat heute jedes Land sein eigenes Marktmodell. Der Ertrag eines Windparks hängt immer davon ab, in welchem Land er angeschlossen ist. Wenn ein Offshore-Netz sowohl Windparks anschließen als auch Staaten untereinander verbinden soll, ist für die Windparks unklar, nach welchen Marktregeln sie vergütet werden und welche Sicherheiten sie haben. Wir brauchen eine Harmonisierung der Marktordnungen in Europa, damit für Offshore-Windparks egal ist, wo sie ans europäische Netz angeschlossen sind. Dasselbe gilt für Interkonnektoren. Bisher müssen wir die Regulatorik der beteiligten Staaten aufwendig zusammenbringen. Wenn die nationalen Strommärkte einen einheitlichen Marktrahmen hätten, könnten wir beim Bau von grenzüberschreitenden Leitungen viel Zeit sparen.

Was müsste sich dafür ändern?

Als Erstes brauchen wir ein klares politisches Bekenntnis, die nationalen Strommärkte nach einheitlichen Regeln miteinander verbinden zu wollen. Und wir brauchen den politischen Willen, Kosten und Nutzen fair miteinander zu teilen und nicht nationale Interessen in den Vordergrund zu stellen.

In der Nordsee haben die Netzbetreiber viel vor sich. Bis 2050 wollen die Anrainer 300 Gigawatt an Windparks anbinden, allein Tennet soll rund 100 GW übernehmen. Wird Offshore das nächste Nadelöhr beim Netzausbau?

Ganz wichtig ist für die Offshore-Anschlüsse eine Verstetigung der Nachfrage, damit Hersteller planen können. Wir haben mit Produzenten langfristige Verträge geschlossen, um diesen frühzeitig die Investition in zusätzliche Produktionskapazitäten zu ermöglichen. Als Tennet haben wir außerdem frühzeitig reagiert und einen neuen technischen Standard entwickelt, der Netzanschlüsse mit zwei Gigawatt ermöglicht – also Leistungen, die doppelt so viel transportieren wie die bisherigen. Die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone ist aber räumlich sehr begrenzt. Wir sehen inzwischen in vielen Studien Abschattungseffekte der Windparks in der Nordsee, weil das BSH den Zubau im Flächenentwicklungsplan 2023 aufgrund der politischen Zielsetzung deutlich verdichtet hat.

Ein Windpark kann den Wind für einen dahinter liegenden bremsen, wenn die Abstände nicht groß genug sind.

Die Verdichtung von Offshore-Windparks vor der deutschen Küste führt zu einer Verschattung und deutlich sinkenden Stromerträgen. Wir sehen die Notwendigkeit darüber nachzudenken, ob diese Verdichtung sinnvoll ist. Nicht bei den Systemen, die jetzt schon in der Ausschreibung sind, aber für die Zukunft kann es sinnvoll sein, wenn das BSH die Zuschnitte der Flächen noch einmal anpasst. Die europäischen Raumordnungsbehörden müssen sich außerdem mit ihren Nachbarn abstimmen. Verschattungseffekte sehen wir auch von niederländischen auf deutsche Windparks oder von dänischen auf deutsche und umgekehrt. Bei der Planung von Offshore-Windparks gibt es durch europäische Kooperation noch große Potenziale, die Gesamtkosten zu senken.

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EU-Monitoring

21.05.2024
8. Assoziationsrat EU-Moldau
Themen: Gedankenaustausche zu den bilateralen Beziehungen (Moldawiens EU-Beitrittsprozess), zu politischem Dialog und Reformen und zur Zusammenarbeit und Konvergenz im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Infos

21.05.2024 – 09:45 Uhr
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
Themen: Gedankenaustausch zur Vorbereitung auf den Europäischen Rat vom 27. und 28. Juni 2024 (Kommentierter Entwurf der Tagesordnung), Jährlicher Rechtsstaatsdialog (länderspezifische Diskussion), Fortschrittsbericht zur Rechtsstaatlichkeit in Polen. Vorläufige Tagesordnung

21.05.2024 – 10:00 Uhr
Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation und Energie (Telekommunikation)
Themen: Orientierungsaussprache zu einem kollaborativen Ansatz für eine konsequente Umsetzung (von der Regulierung zur Praxis), Billigung der Schlussfolgerungen zum Thema “Die Zukunft der Digitalpolitik die EU”, Billigung der Schlussfolgerungen zum Thema “Die Zukunft der Cybersicherheit: Gemeinsam umsetzen und schützen”. Vorläufige Tagesordnung

22.05.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Diskussion über die Zukunft der EU-Landwirtschaft, Europäische Gesundheitsunion (ein Europa, das vorbereitet, vorbeugt und schützt). Vorläufige Tagesordnung

23.05.-24.05.2024
Rat der EU: Wettbewerbsfähigkeit
Themen: Gedankenaustausch zum Europäischen Weltraumrecht (Sicherheit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit von Weltraum-Aktivitäten in der Union), Europäische Raumfahrtpolitik (Vorbereitung auf die Ratssitzung), Billigung der Schlussfolgerungen zum Thema “Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas durch den Weltraum”. Vorläufige Tagesordnung

News

Nach dem Anschlag auf Fico: Wie es mit dem Europawahlkampf weitergeht

Der bei einem vermutlich politisch motivierten Attentat schwer verletzte slowakische Ministerpräsident Robert Fico hat die ersten 24 Stunden nach dem Attentat überlebt. Fünf Stunden dauerte eine komplizierte Notoperation, bei dem ihm zwei parallel arbeitende Ärzteteams das Leben retteten. Weitere Eingriffe stehen noch bevor.

Die Erleichterung war groß, als der künftige Präsident des Landes, Peter Pellegrini, am Donnerstagnachmittag vor Journalisten des Bezirkskrankenhauses in Banská Bystrica tritt. “Ich habe ein paar wenige Minuten mit Robert Fico sprechen können”, sagte Pellegrini. “Der Premier war sehr müde, er ist dem Tod ja auch nur um Haaresbreite entkommen, aber wir haben ein paar Worte wechseln können.” Dass der 59-jährige Fico ansprechbar war, ist die erste gute Nachricht nach dem Attentat, das nicht nur in der Slowakei, sondern weltweit Bestürzung ausgelöst hat.

Politische Gegner treten gemeinsam auf

Pellegrini macht an diesem Tag auch als Politiker positive Schlagzeilen. Er einigt sich mit seiner scheidenden Vorgängerin Zuzana Čaputová auf einen gemeinsamen Auftritt im Präsidentenpalais. Der Sozialdemokrat aus dem politischen Fico-Lager und die Liberale, die eine Art Gegengewicht zu Fico ist, sind in vielen politischen Fragen verschiedener Meinung. Aber das stellen sie hintan. Beide nutzen den Auftritt, um die Slowaken in dieser Stunde zur Besonnenheit aufzurufen. “Lasst uns unsere Konflikte zivilisiert, nicht mit Gewalt austragen. Wir sind ein Land, eine Nation”, mahnt Čaputová. Dass sie sich keiner zweiten Amtszeit stellte und in einem Monat offiziell ausscheidet, hatte damit zu tun, dass sie und ihre Familie wiederholt verbale Morddrohungen erhalten hatte. 

Ihr gewählter Nachfolger Pellegrini kommt mit dem Vorschlag an alle Parteien, den Wahlkampf für die Europawahlen einzustellen oder zumindest deutlich einzuschränken. “Wir können uns jetzt keine zusätzliche Konfrontation leisten.” Beide Politiker kündigen zudem ein gemeinsames Treffen im Präsidentenpalais mit den Spitzen der großen Parteien aus beiden tief zerstrittenen Lagern an, um die Spannungen im Land abzubauen.

Medienschelte von Politikern

Die größte Oppositionspartei, Progressive Slowakei, stimmt dem sofort zu. Positive Reaktionen kommen auch vom erstenVizepremier, Verteidigungsminister Robert Kaliňák und Innenminister Matúš Šutaj-Eštok nach einer Sitzung von Regierung und Sicherheitsrat. Die beiden Regierungsmitglieder machen jedoch auch deutlich, dass sie vor allem die Opposition und die Medien in der Pflicht sehen, zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Nicht nur die einheimischen Medien bekommen von beiden ihr Fett weg. Auch die BBC oder das öffentlich-rechtliche tschechische Fernsehen werden geziehen, politisch nicht ausgewogen über das Attentat und die Hintergründe zu berichten. Am Tag davor, als man noch gar nicht wusste, wer eigentlich hinter dem Anschlag steht, hatten Regierungspolitiker Journalisten quasi als die “wahren Täter” bezeichnet. Andrej Danko, Chef der rechtsnationalen kleinsten Regierungspartei SNS, herrschte da Reporter mit der Frage an “Na, sind Sie zufrieden?” Als hätten die das Attentat herbeigeschrieben.

Der Täter, ein 71-Jähriger, ist indessen offiziell beschuldigt worden, er habe den Premier vorsätzlich töten wollen. Aus politischen Motiven heraus, weil er die Politik der Regierung Fico ablehne. Der Mann, so heißt es, habe sich allein radikalisiert. Sollte er eines Tages verurteilt werden, droht ihm eine lebenslange Haft. hjs

  • Europawahlen 2024
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Darum kritisiert Weber das neue Regierungsbündnis in den Niederlanden

EVP-Chef Manfred Weber kritisiert das neue Regierungsbündnis in den Niederlanden. Dort forme die liberale VVD-Partei von Mark Rutte ein Bündnis mit dem Rechtsradikalen Geert Wilders, ohne sich dafür groß rechtfertigen zu müssen, sagte Weber am Donnerstag bei einer Veranstaltung von Table.Briefings und Europäischer Bewegung Deutschland. Die europäischen Christdemokraten schlössen für sich hingegen jede Zusammenarbeit mit AfD, FPÖ, Viktor Orbán oder Marine Le Pen aus. “Unsere Brandmauer steht, und sie steht vielleicht stärker als bei anderen Parteien”, so Weber.

Das neue Vierparteien-Bündnis löst inzwischen aber auch in der liberalen Parteienfamilie Verwerfungen aus. Die Vorsitzende der Renew-Fraktion im Europaparlament, Valérie Hayer, drückte auf X ihre “völlige Missbilligung” aus. Die VVD stelle sich damit außerhalb der gemeinsamen Werte. Sie wolle das Thema auf die Agenda der Fraktionssitzung nach der Europawahl am 10. Juni setzen, so Hayer, die zugleich Spitzenkandidatin der französischen Regierungspartei “Besoin d’Europe” ist.

Weber kritisiert Macrons “Hinterzimmerdeals”

Weber kritisierte zudem Emmanuel Macron für die kolportierten Gespräche mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, nach der Europawahl den früheren EZB-Chef Mario Draghi statt Ursula von der Leyen zum neuen Kommissionspräsidenten zu machen. Er schätze den französischen Präsidenten als überzeugten Europäer, “aber jetzt erlebe ich wieder einen der Hinterzimmerdeals “

Der Partei- und Fraktionschef kündigte an, er werde am Tag nach der Europawahl am 9. Juni das Gespräch mit Sozialdemokraten und Liberalen über eine erneute Zusammenarbeit suchen und die Personalfragen diskutieren. Die EVP habe mit Ursula von der Leyen und Roberta Metsola gute Kandidatinnen für die Spitze von Kommission und Europaparlament. “Mein Gefühl sagt mir, dass wir uns schnell einigen können und uns dann auf die Inhalte konzentrieren.”

Viele Abweichler in den Fraktionen

Weber verteidigte aber die Gespräche mit Mitgliedsparteien der nationalkonservativen EKR-Fraktion wie der tschechischen Regierungspartei ODS: “Natürlich telefoniere ich mit (Premier) Petr Fiala, warum sollte ich auch nicht mit ihm reden?”

Die Wahlprognosen sagten zwar eine knappe Mehrheit der großen pro-europäischen Parteienfamilien vorher, es habe aber in der Vergangenheit stets Abweichler in den Fraktionen gegeben. Laut Nicolai von Ondarza, Leiter der Forschungsgruppe bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, stimmten bei der Wahl des Kommissionspräsidenten sowohl 2014 als auch 2019 jeweils rund 13 Prozent der eigenen Abgeordneten gegen die jeweiligen Kandidaten Jean-Claude Juncker bzw. von der Leyen. Bei einem ähnlich hohen Anteil Abweichler könne es auch nach dieser Europawahl knapp werden. tho

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EU-Pestizideverordnung: Was EVP-Chef Weber sich von einem neuen Anlauf erhofft

In dieser Legislaturperiode scheiterte die EU-Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden (SUR), nach der Europawahl soll es aber einen neuen Anlauf geben. Dafür sprach sich Manfred Weber, EVP-Chef und CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, am Donnerstag im Europe.Table Live Briefing aus. “Wir brauchen für die nächste Legislaturperiode einen neuen Vorschlag zur Pestizidreduktion.” Seine Partei bekenne sich zu internationalen Vereinbarungen zur Biodiversität, es brauche eine neue Herangehensweise: “Der Fehler war bei dieser Regulierung, dass es ein rein prozentualer Ansatz der Reduktion war.”

Die Europäische Kommission hatte in ihrem Vorschlag zur SUR eine Halbierung der Menge und des Risikos ausgebrachter Pestizide vorgesehen. “Das wird den spezifischen Anforderungen nicht gerecht”, meint Weber. So sei die Pestizidreduktion von 50 Prozent zum Beispiel im deutschen Weinbau teils nicht umsetzbar. Stattdessen forderte der CSU-Politiker einen “subsidiären Ansatz“, bei dem man gezielt und angepasst an die jeweilige Situation vorgehe.

Landwirte für CO₂-Entnahmen entlohnen

Ähnlich hatte sich Kommissionspräsidentin und EVP-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen im Februar geäußert, als sie bekannt gab, den SUR-Vorschlag zurückzuziehen. Das Ziel der Pestizidreduktion bleibe bestehen, die Kommission könnte später einen neuen, “weitaus ausgereifteren” Vorschlag vorlegen, sagte sie damals. Die Rücknahme galt als Zugeständnis an die protestierenden Landwirte, der umstrittene Vorschlag war aber wegen der Ablehnung im EU-Parlament – auch durch die EVP – schon früher in eine Sackgasse geraten.

Derweil sprach sich Weber dafür aus, Landwirte für CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre zu entlohnen. Klimawirksame Maßnahmen wie das Anlegen von Mooren müssten für Land- und Forstwirtschaft ökonomisch rentabel gemacht werden. Gleichzeitig könne so der ländliche Raum profitieren, der die Hauptlast der Energiewende zu tragen habe. Im Februar hatten sich EU-Rat und -Parlament auf Regeln zur Zertifizierung von CO₂-Entnahmen geeinigt. Das Gesetz soll auch Landwirten den Zugang zu freiwilligen CO₂-Märkten besser ermöglichen, sieht aber keine öffentlichen Finanzierungsinstrumente vor. jd

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Digital Services Act: Warum die Kommission ein weiteres Verfahren gegen Meta einleitet

Die EU-Kommission hat ein förmliches Verfahren gegen Meta eingeleitet, um zu prüfen, ob der Anbieter von Facebook und Instagram den Digital Services Act (DSA) in Bezug auf den Schutz von Minderjährigen verletzt hat. “Wir sind besorgt, dass die Systeme von Facebook und Instagram, einschließlich ihrer Algorithmen, Verhaltenssüchte bei Kindern fördern und sogenannte ,Rabbit-Hole-Effekte’ erzeugen könnten”, sagte Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager.

Im Mittelpunkt stehen Bedenken hinsichtlich der Altersverifizierungsmethoden und des Schutzes der Privatsphäre von Minderjährigen. Die Eröffnung des Verfahrens basiert auf einer vorläufigen Analyse des Risikobewertungsberichts von Meta aus dem September 2023 sowie weiteren Informationen und Analysen der Kommission.

Die Kommission hat noch weitere Fragen an Meta

Das Verfahren bezieht sich auf die folgenden Bereiche:

  • Compliance mit DSA-Auflagen: Prüfung der Maßnahmen zur Risikobewertung und -minderung, insbesondere in Bezug auf die Schnittstellen von Facebook und Instagram, die möglicherweise die Unerfahrenheit von Minderjährigen ausnutzen und süchtig machendes Verhalten fördern
  • Altersverifizierung: Untersuchung der Methoden zur Altersverifikation, ob diese angemessen, verhältnismäßig und effektiv sind
  • Privatsphäre und Sicherheit: Überprüfung der Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre und Sicherheit von Minderjährigen, einschließlich der Standardeinstellungen in den Empfehlungssystemen

Im Zuge der Untersuchung kann die Kommission weitere Beweise sammeln, zum Beispiel über zusätzliche Auskunftsersuchen, Interviews oder Inspektionen. Die Eröffnung des Verfahrens erlaubt der Kommission, weitere Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen. Am 30. April 2024 hatte die Kommission bereits ein Verfahren gegen Meta wegen irreführender Werbung, politischer Inhalte und weiterer Aspekte eröffnet. vis

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Presseschau

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Standpunkt

What’s cooking in Brussels? Schon wieder Krach um die EBU

Von Claire Stam

In der Brüsseler Blase ist alles politisch. Und die European Broadcasting Union (EBU) ist da keine Ausnahme. Trotz ihrer Diskretion, ihres Sitzes in der Schweiz und der Respektabilität, die das immerhin 74-jährige Bestehen ihr verleiht. Die EBU ist dafür zuständig, im Vorfeld der Europawahl die Debatte der Spitzenkandidaten am Brüsseler Sitz des Europaparlaments zu organisieren.

Bevor wir uns in das politische Minenfeld begeben, zunächst die technischen Einzelheiten: Die Debatte findet am Donnerstag im Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel statt. Sie wird auf Englisch geführt und in alle 24 EU-Amtssprachen gedolmetscht sowie in die internationale Gebärdensprache.

Es wird sechs Hauptthemen geben, zu denen die Kandidaten miteinander in den Ring steigen. Die Fragen kommen von Moderatoren, aus dem Publikum in Brüssel, von Wählern, die die Debatte live in einer Reihe von EU-Hauptstädten verfolgen und aus den sozialen Medien.

Am 7. Mai gab die EBU die Namen der Spitzenkandidaten für die Präsidentschaft der Europäischen Kommission bekannt, die an der Debatte teilnehmen dürfen (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Walter Baier, Europäische Linke
  • Sandro Gozi, Renew
  • Ursula von der Leyen, Europäische Volkspartei
  • Terry Reintke, Europäische Grüne
  • Nicolas Schmit, Sozialdemokratische Partei Europas

Diese Liste sorgt nun bei denjenigen, die nicht dabei sind, für Ärger: Die EBU beschloss nämlich, die rechtsextreme Partei Identität und Demokratie (ID), die konservative EKR und die regionalistisch, separatistische Europäische Freie Allianz (EFA) nicht einzuladen.

Die Reaktionen kamen prompt: Die ID-Fraktion erklärte, sie betrachte die Entscheidung als “Zensur” durch die EBU, während die EFA das Auswahlverfahren und die Regeln als “undemokratisch” bezeichnete.

Die Entgegnung der EBU: ID und EKR seien deswegen nicht eingeladen worden, weil sie keinen Spitzenkandidaten aufgestellt haben. Zur EFA erklärte die EBU, dass nach ihren Regeln nur ein Kandidat aus jeder der sieben Fraktionen des Parlaments an der Debatte teilnehmen kann, in diesem Fall Terry Reintke von den Grünen. Die EFA-Partei sitzt zusammen mit den Grünen als Teil der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament. Damit geben sich die Ausgeschlossenen aber nicht zufrieden. ID-Gruppe und EFA fordern die EBU auf, ihre Entscheidung zu korrigieren.

Kontroverse um die EU-Flagge

Völlig anders geartet, aber auch in vermintes Brüsseler Gelände war die EBU kürzlich beim Eurovision Song Contest gekommen. Die Kommission war nicht amüsiert, um es euphemistisch zu sagen, dass die EBU ein Verbot von EU-Flaggen erlassen hatte. Zuschauer, die beim großen Finale am Samstag eine europäische Flagge mitbringen wollten, mussten diese beiseitelegen.

Die Entscheidung der EBU hat sich schnell herumgesprochen und zu einer strengen Rüge von Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas geführt. “Eurovision ist in erster Linie eine Feier des europäischen Geistes, unserer europäischen Vielfalt und unseres Talents. Die EU-Flagge ist ein Symbol dafür”, sagte Schinas. “Weniger als einen Monat vor den Europawahlen sollte es keine großen oder kleinen Hindernisse geben, um das zu feiern, was alle Europäer vereint.” Schinas forderte die EBU am vergangenen Montag in einem Brief auf, die “Gründe” für das Verbot zu erläutern und “die Verantwortung dort zuzuweisen, wo sie hingehört”.

Die Antwort der EBU ließ nicht lange auf sich warten. Sie führte die geopolitischen Spannungen als Grund für ihre Haltung an und versicherte der Kommission, dass sie ihre Politik für das nächste Jahr überdenken werde. Dann sind aber die Europawahlen vorbei.


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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    mit den Ausgleichszöllen, die Präsident Biden zu Beginn dieser Woche auf eine Reihe von chinesischen Produkten erhoben hat, sind die Spannungen im globalen Handel nochmal deutlich stärker geworden. US-Medien sprechen wie zu Trump-Zeiten wieder vom “Trade War” zwischen den USA und China.

    Industriekommissar Thierry Breton befürchtet Kollateralschäden in Europa. “Wir könnten sehen, dass einige Mengen insbesondere ausgereifter Halbleiter nach Europa umgeleitet werden und einige unserer Unternehmen gefährden”, sagte er gestern im Interview mit Table.Briefings.  

    Breton plädierte angesichts der Politik der USA und Chinas für ein robustes Vorgehen der EU. Wenn die Europäer die Einzigen seien, die sich noch an die Regeln der Welthandelsorganisation hielten, “dann sind wir tot, dann werden wir die letzten Mohikaner sein”. Natürlich wolle man keinen Handelskrieg starten, könne die Situation aber auch nicht ignorieren.

    Gestern wurde per Publikation im EU-Amtsblatt bekannt, dass die EU-Kommission zwei neue Antidumpingverfahren gegen China einleitet – einmal für importierte Weißbleche und -bänder und einmal für mehrlagige Holzfussböden. Beide Verfahren gehen auf Klagen von Industrieverbänden zurück.

    Auch aus der Industrie steigt also der Druck, etwas gegen die chinesische Industriepolitik zu tun. Denn das Teuflische an Handelskriegen ist, dass unilaterale Abrüstung meist genauso wenig bringt wie bei konventionellen Kriegen. Man kann nicht mitmachen und trotzdem verlieren.

    Aber die EU hat in einem Handelskrieg auch mehr zu verlieren als die USA. Die EU-Wirtschaft ist dank ihres Handelsüberschusses viel abhängiger von der globalen Nachfrage als die USA, die sich auf eine starke heimische Nachfrage verlassen können.

    In welchem Sektor Sie auch tätig sein mögen: Ich wünsche Ihnen heute einen schönen Tag und eine möglichst lokale Nachfrage!

    Ihr
    János Allenbach-Ammann
    Bild von János  Allenbach-Ammann

    Analyse

    Breton: “Wir wollen nicht die letzten Mohikaner sein”

    russels, 2023-12-09. European Commissioner for Internal Market Thierry Breton into the Artificial Intelligence Act Trilogue. Artificial Intelligence Act Trilogue together with the European Parliament and the European Commission to reach agreement on the Artificial Intelligence Act from 9 December 2023 in Brussels.
    Binnenmarktkommissar Thierry Breton sprach bei seinem Besuch in Deutschland unter anderem mit Robert Habeck und Wolfgang Schmidt.

    Herr Breton, Sie haben mit Minister Habeck über das Satellitenprojekt Iris² gesprochen, das sichere Kommunikation ermöglichen soll. Er denkt, dass das Projekt zu teuer wird …

    Iris² war nicht der Grund für meinen Besuch. Es handelt sich um ein offizielles Beschaffungsverfahren, und alles läuft genau nach den Regeln. Die Mitgesetzgeber haben beschlossen, dass das Rückgrat der Infrastruktur aus EU-Mitteln finanziert wird. Es ist ein sehr wichtiges Projekt für Regierungen und Militär. Ich hatte gute Gespräche mit einigen Mitgliedern des Bundestags, sie halten das Projekt für so entscheidend, dass sie es so schnell wie möglich umgesetzt sehen wollen. Die Dringlichkeit hat der Krieg in der Ukraine gezeigt.

    Die Dringlichkeit ist klar, aber Habeck will mehrere Unternehmen bei der Vergabe berücksichtigen.

    Die Kommission führt die offizielle Beschaffung durch, wie von den Co-Gesetzgebern vorgesehen. Wir sind nicht die ESA, daher gibt es auch keinen Geo-Return für die Mitgliedstaaten. Das Gesetz untersagt auch staatliche Einmischung, und das Gesetz wird respektiert. Wir haben eine unabhängige Stelle, die die Ausschreibung durchführt. Und bisher glaube ich, dass alles in die richtige Richtung geht. Es gibt viele KPIs, zum Beispiel sollen KMU und Start-ups mindestens 30 Prozent abdecken.

    “Wir haben nicht auf die USA gewartet, um ein Verfahren gegen chinesische Elektrofahrzeuge einzuleiten”

    Die USA haben gerade die Zölle auf Elektrofahrzeuge aus China auf 100 Prozent erhöht. Erhöht das den Druck auf die EU zu handeln?

    Wir haben nicht auf die US-Regierung gewartet, um unsere eigene Untersuchung gegen die chinesischen A-Autohersteller einzuleiten. Die Untersuchung wird von den Diensten meines Kollegen Valdis Dombrovskis durchgeführt, und ich mische mich nicht ein. Wir erwarten das Ergebnis in den nächsten Wochen.

    Vor oder nach den Europawahlen?

    Ich weiß es nicht. Die Frist ist Anfang Juli, und ich möchte nicht spekulieren. Die USA haben die Zölle auf Elektroautos auf 100 Prozent erhöht, aber ich denke, dass die Anzahl der betroffenen Autos nahe null liegt. Natürlich ist es einfacher, null oder fast null Autos zu besteuern.

    “Es werden eine Menge Halbleiter nach Europa umgeleitet”

    Was ist mit den Bedenken, dass chinesische Hersteller ihre Exporte nach Europa umleiten könnten?

    Das ist ein berechtigter Punkt. Auch wenn es vielleicht nur um einige Tausend oder Zehntausend Autos geht, kann man nicht sagen, dass sie umgeleitet werden, wenn sie nicht dorthin geschickt werden. Aber wür müssen berücksichtigen, und das habe ich heute Morgen mit Minister Habeck und im Kanzleramt besprochen: Wir haben auch eine Erhöhung der US-Zölle auf Halbleiter von 25 auf 50 Prozent gesehen, insbesondere auf ausgereifte Halbleitertechnologien. Wir könnten sehen, dass einige Mengen dieser Halbleiter nach Europa umgeleitet werden und einige unserer Unternehmen gefährden.

    Sehen Sie unmittelbaren Handlungsbedarf?

    Nein, da wir noch keine konkreten Fakten haben. Aber es zeigt erneut, dass unsere Handelsinstrumente stärker als je zuvor mit unserer Industriepolitik und dem Binnenmarkt verknüpft werden sollten. Das habe ich mit Robert Habeck besprochen.

    “Natürlich wollen wir keinen Handelskrieg führen”

    Wie sagen Sie zu den Bedenken von Habeck und anderen, dass die deutsche Industrie von möglichen chinesischen Vergeltungsmaßnahmen getroffen werden könnte?

    Wir müssen es als Realität akzeptieren, dass sich viele unserer Partner leider nicht mehr an die WTO-Regeln halten.

    Das gilt sogar für die Biden-Administration.

    Das jüngste Beispiel ist natürlich, was in den USA passiert. Wir können also nicht weiterhin naiv sein und sagen, ja, aber wir werden die einzigen sein, die sich an die Regeln halten. Wenn wir die einzigen sind, sind wir erledigt, wir werden die letzten Mohikaner sein. Natürlich müssen wir uns zusammensetzen und einen angemessenen Weg finden. Natürlich wollen wir keinen Handelskrieg führen. Aber wir können die Situation nicht ignorieren.

    “Der DNA wird hoffentlich ganz oben auf die Agenda gesetzt”

    Sie haben Industriepolitik und den Binnenmarkt erwähnt. Eine der diskutierten Ideen ist die Schaffung größerer Unternehmen, zum Beispiel größerer Telekommunikationsanbieter. Ist das eine gute Idee? Oder würde das nur die Preise für die Verbraucher erhöhen?

    Was die Telekom-Akteure betrifft, so versuchen wir, eine gemeinsame Vision davon zu entwickeln, was wir brauchen, um alle Ziele der Digitalen Dekade bis 2030 in Bezug auf die Netzinfrastruktur für die Telekommunikation zu erreichen. Unser Whitepaper dazu ist erschienen. Auf der Grundlage dieses Papiers glauben wir, dass ein Digital Networks Act sehr wichtig ist. Das wird hoffentlich von der nächsten Kommission ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt werden. Das war übrigens auch eines der Hauptergebnisse des Letta-Berichts: Stärkung des Binnenmarktes, der Kapitalmarktunion, der Energiepolitik und der Telekommunikation durch den Digital Networks Act.

    Wie ist das Feedback zum Weißbuch?

    Gut. Wir haben viel Zeit mit Gesprächen mit allen beteiligten Interessengruppen verbracht. Ich denke, dass jeder versteht, dass es extrem wichtig ist. Es gibt ein Verständnis und ein Interesse voranzukommen. Aber natürlich wird dies ein Thema für die nächste Kommission sein.

    Womöglich ein weiterer Punkt auf der Agenda für die nächste Amtszeit ist die Idee von Präsident Macron, die Bildschirmzeit für Jugendliche zu regulieren. Was halten Sie davon?

    Wir haben bereits horizontale Regelungen für die großen Plattformen eingeführt. Mit dem DSA haben wir nun die Basis, und wir können spezifischere Regelungen hinzufügen, wenn wir glauben, dass es einen starken Bedarf in allen Mitgliedstaaten gibt. Derzeit haben wir uns darauf konzentriert, Suchtverhalten, den Rabbit-Hole-Effekt, Altersverifikation und so weiter zu betrachten, wie Sie in unseren Verfahren gegen Meta sehen können. Aber wenn die Bildschirmzeit für viele Mitgliedstaaten ein Anliegen ist, ist es einfach für uns, dies einzufügen.

    “Beim Verbrenneraus liegen wir hinter unseren Zielen zurück”

    Zurück zur alten Industrie. CDU/CSU fordern im Europawahlkampf, das Verbrenneraus zurückzunehmen. Unterstützen Sie das?

    Es war eine Entscheidung, die von Parlament und Rat beschlossen wurde, das Enddatum auf 2035 zu setzen. Ich respektiere das zu hundert Prozent. Aber wir müssen sicherstellen, dass wir es erreichen.

    Aber die Nachfrage scheint viel langsamer zu steigen als erwartet.

    Sie haben absolut recht. Deshalb haben wir beschlossen, alle drei Monate einige KPIs zu veröffentlichen. Jetzt sehen wir, wo wir mehr tun müssen, etwa bei Ladestationen, Batterien oder den Kosten für die Verbraucher. Bei vielen KPIs liegen wir hinter unseren Zielen zurück, wir müssen unsere Anstrengungen also verstärken.

    Sollte die Überprüfungsklausel bereits 2025 statt 2026 ausgelöst werden?

    Gesetzlich muss die Überprüfung 2026 durchgeführt werden. Ich denke, 2026 ist ein guter Zeitrahmen.

    “Weniger Belastungen für KMU wird Priorität der nächsten Kommission sein”

    Ursula von der Leyen hat versprochen, die Berichtspflichten um 25 Prozent zu reduzieren. Wird in diesem Mandat noch etwas passieren?

    Ich habe von Anfang an in der Kommission darauf gedrängt. Am Anfang gab es dafür wenig Resonanz, aber jetzt haben wir sie. Das Ziel ist extrem wichtig.

    Aber was ist mit konkreten Maßnahmen?

    Es ist immer unsere Arbeitsweise: Wir müssen das globale Ziel haben, und dann setzen wir alle in Bewegung. Zum Beispiel habe ich hart darauf gedrängt, dass die Kommission für jede einzelne von uns vorgeschlagene Politik eine Folgenabschätzung machen muss, um die Belastung für KMU zu erkennen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass es eine sehr hohe Priorität der nächsten Kommission sein wird, diese Belastung zu reduzieren. Das ist wirklich wichtig für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Wir sagen auch den Ministern und der Industrie, dass sie mit sehr konkreten Punkten kommen sollen, die verbessert werden müssen.

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    Regierungsbildung in den Niederlanden: Was die Rechtskoalition plant

    “Wir schreiben zusammen Geschichte, die Sonne wird wieder über den Niederlanden scheinen”, leitete Geert Wilders die Präsentation der Koalitionsvereinbarung ein. Historisch ist der Deal tatsächlich, denn erstmals wird es eine Regierung in den Niederlanden geben, an der auch der rechtsextreme Politiker mit seiner Ein-Mann-Partei beteiligt sein wird. Und erstmals wird kein Parteichef der künftigen Viererkoalition die Regierung anführen. Ein doppeltes Experiment also, mit ungewissem Ausgang.

    Wilders ist mit seiner Freiheitspartei (PVV) sechs Monate nach dem Sieg bei den Parlamentswahlen am Ziel. Damit die rechtsliberale VVD des bisherigen Regierungschefs Mark Rutte, die konservative NSC von Pieter Omtzigt und die rechtspopulistische Bauernbewegung BBB von Caroline van der Plas in die Koalition einwilligten, musste der Wahlsieger zwar auf den Posten des Ministerpräsidenten verzichten. Der Verzicht dürfte sich aber am Ende für Wilders auszahlen. Er wird gleichzeitig Regierung und Opposition spielen, die Koalition als Abgeordneter und in den sozialen Medien vor sich hertreiben können.

    Dilemma für Renew und EVP

    Zudem fällt in den Niederlanden die Brandmauer der Konservativen und Liberalen nach Rechtsaußen. Ein Signal für ganz Europa, auch mit Blick auf die Europawahl in einem Monat. Der Kompromiss mit den Rechtsextremen sei nicht akzeptabel, reagierte Valérie Hayer, seit Anfang des Jahres Vorsitzende der liberalen Fraktion Renew Europe im EU-Parlament. Wilders PVV stehe im Widerspruch zu fast allen Positionen von Renew. Die Französin kündigte an, nach der Europawahl in der Fraktion über das weitere Vorgehen zu beraten.

    Doch auch EVP-Fraktions- und Parteichef Manfred Weber steht vor einem Dilemma. Die neue NSC von Pieter Omtzigt und die Bauernbewegung BBB würden eigentlich ganz gut in die EVP-Fraktion passen. Die Koalitionsvereinbarung mit dem Islamkritiker und EU-Gegner Wilders könnte diese Pläne gefährden. Wilders wird zwar nicht selber die Koalition anführen, darf aber den Regierungschef vorschlagen. Zuletzt hieß es, die Wahl könnte auf Ronald Plasterk fallen, ein Sozialdemokrat, der in den letzten Jahren stark nach rechts gerückt sein soll. Der Krebsforscher und Chef einer Firma für Krebstherapie war für die PvdA zwischen 2007 und 2017 Minister in verschiedenen Koalitionsregierungen.

    Neben Wilders verzichten auch die anderen Parteichefs auf Posten in der Regierung. Der künftige Ministerpräsident wird eine dicke Haut brauchen und die Spannungen zwischen den Partnern ausbalancieren müssen. Nicht umsonst haben die Verhandlungen sechs Monate gedauert und drohten mehrmals zu platzen. Geert Wilders musste dabei Konzessionen machen und die radikalsten Positionen in seinem Parteiprogramm relativieren. Alles, was nicht im Einklang mit der Verfassung sei, komme ins Gefrierfach, versprach er. So etwa die Forderung, den Koran und den Bau von Moscheen zu verbieten. Auch ein EU-Austritts-Referendum oder den Abschied vom Euro wird es nicht geben.

    Streit um öffentliches Budget

    Die 26seitige Koalitionsvereinbarung ist mit dem Titel “Hoffnung, Mut und Stolz” überschrieben. Schwierig war die Einigung bis zuletzt bei den Finanzen. Geert Wilders will das Geld mit vollen Händen ausgeben, während die rechtsliberalen VVD und die rechtskonservativen NSC auf einen ausgeglichenen Haushalt pochen. Das Ergebnis ist ein Kompromiss, wobei unklar ist, ob wie Rechnung aufgehen wird. So soll unter anderem die Einkommenssteuer gesenkt und der Selbstbehalt in der Gesundheitsversorgung halbiert werden. Sparen will die Koalition dafür beim öffentlichen Dienst, der Entwicklungshilfe oder den Überweisungen nach Brüssel.

    Gleichzeitig soll das zwei Prozent-Ziel für Verteidigung entsprechend den Nato-Vorgaben gesetzlich verankert werden. Bemerkenswert auch, dass die Unterstützung für die Ukraine nicht angetastet und die niederländische Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt werden soll. Nicht abgeschafft, aber aufgeweicht wird die Klima- und Stickstoffpolitik. So gibt es weniger Geld für erneuerbare Energien, und es darf wieder 130 km/h auf den Autobahnen gefahren werden. Die Politik der Reduzierung des Viehbestandes, die zu Bauernprotesten geführt hatte, wird nicht vorgeführt.

    Personenfreizügigkeit in Gefahr

    Das größte Konfliktpotential mit Brüssel und den europäischen Partnern zeichnet sich beim Thema Asyl und Migration ab. Hier will die Koalition ein befristetes Opt out von den EU-Regeln erreichen. Die Niederlande hätten gerade eben der Reform der Asyl- und Migrationspolitik zugestimmt, hieß es gestern von Seiten der EU-Kommission. Ausnahmeregeln seien nicht vorgesehen. Die Koalition will die Bearbeitung von Asylanträgen aussetzen, den Familiennachzug massiv einschränken, Prozesskostenhilfe gekürzt, und Asylbewerber sollen nur noch ein Gericht anrufen, ohne Berufung einlegen zu können.

    Die Koalition will zudem die Arbeitsmigration um die Hälfte reduzieren und den Anteil der ausländischen Studierenden an den Universitäten senken, der nach dem Brexit deutlich zugenommen hat. Wie dies im Einklang mit der Personenfreizügigkeit geschehen soll, ist eine von vielen offenen Fragen.

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    Tennet-COO: Der langfristige Zugang zum Kapitalmarkt macht mir eher Sorge

    Tim Meyerjürgens ist Chief Operating Officer des Stromübertragungsnetzbetreibers Tennet.

    Tennet gilt als Kandidat für eine Übernahme durch den Bund. Wäre das ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Deutschen Netz AG – also der Verstaatlichung des gesamten deutschen Strom-Übertragungsnetzes?

    Sie werden verstehen, dass ich laufende Verhandlungen nicht kommentieren kann. Tennet ist heute schon komplett in staatlichen Händen – nur halt in niederländischen – und die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber arbeiten eng zusammen. Bei einem möglichen Verkauf an den Bund würde ich keine wesentlichen Unterschiede sehen. Die niederländische Regierung hat bisher die Finanzierung stets sichergestellt und uns sehr gut unterstützt. Die Motivation der deutschen Seite für einen Einstieg bei den Netzbetreibern war immer, die Finanzierung des Netzausbaus langfristig zu garantieren. Deutschland hat allein im Übertragungsnetzbereich über 300 Milliarden an Investments vor sich und etwa 500 Milliarden, wenn man die Verteilnetze dazurechnet.

    Die Niederlande wollen offenbar verkaufen, weil sie nicht in dieser Größenordnung ins deutsche Netz investieren wollen. Wer soll den Ausbau finanzieren?

    Als Netzbetreiber sind wir im Wesentlichen fremdkapitalfinanziert und der langfristige Zugang zum Kapitalmarkt ist es, der mir eher Sorge macht. Zum Jahresanfang hat die Bundesnetzagentur die Eigenkapitalverzinsung für alle deutschen Netzbetreiber nochmals abgesenkt, während andere europäische Regulierer die Eigenkapitalrenditen tendenziell gesteigert haben. Auf dem Kapitalmarkt stehen wir aber im Wettbewerb mit vielen anderen Infrastrukturbetreibern in Europa. Wenn die Eigenkapitalquote nach unten geht, wird sich das im Rating niederschlagen und Fremdkapital entsprechend teurer. Ich glaube deshalb, dass die Bundesnetzagentur ihr Ziel, die Netzentgelte zu senken, so nicht erreichen wird. Im Gegenteil, im Zweifel werden die Netzentgelte eher steigen. Hier müssen wir ansetzen.

    Eine höhere Verzinsung fordert allerdings jeder Netzbetreiber seit Beginn der Regulierung. Nun stehen aber so hohe Investitionen an, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Interesse der Stromkunden eine zeitliche Streckung ins Spiel gebracht hat.

    Die Grundidee ist gut und richtig. Wir bauen unser gesamtes Energiesystem um und es wäre pragmatisch, die Kosten auf mehrere Generationen zu verteilen. Es muss aber vernünftig ausgestaltet werden. So wie für das Wasserstoffkernnetz wird ein Amortisationskonto für die Stromnetze nicht funktionieren. Wir haben ein deutlich höheres Investitionsvolumen zu stemmen – wir reden mindestens über den Faktor 20. Die Anreize für Investoren müssen andere sein. Mit vollständig regulierten Betreibern wird ein Amortisationskonto nicht umsetzbar sein. Wir brauchen neue Lösungen für Haftungsfragen und die Risikoverteilung.

    Würde eine Risikoübernahme durch die Europäische Investitionsbank helfen oder höhere Zuschüsse aus einer aufgestockten Connecting Europe Facility?

    Das können sinnvolle Ergänzungen sein, gerade wenn ich über Projekte für die europäische Vernetzung nachdenke. Staatliche Gelder und Garantien werden aber nicht reichen für die Aufgabe, die wir vor uns haben. Am wichtigsten ist es, über regulatorische Rahmenbedingungen wie eine vertiefte Kapitalmarktunion und insbesondere die Eigenkapitalverzinsung den Zugang zu privatem Kapital zu sichern und auszubauen.

    Beim Netzausbau stehen Sie unter hohem Druck. Bis Ende 2025 müssen die Transportleitungen Vorgaben zum europäischen Stromhandel erfüllen – sonst droht eine Aufspaltung der deutschen Strompreiszone. Zuletzt hat die Bundesnetzagentur Erfolge bei schnelleren Genehmigungen vermeldet. Schaffen Sie also die EU-Ziele?

    Das Ziel, ab 2026 für den europäischen Stromhandel 70 Prozent der Leitungskapazitäten vorzuhalten, ist für die Netzbetreiber immer noch sehr herausfordernd. Wir sind auf dem Weg, die Übertragungsleitungen im Dreh- und Gleichstrombereich schneller auszubauen. Die großen Gleichstromkorridore – bei uns insbesondere SuedLink und SuedOstLink – werden aber erst 2027 und 2028 zur Verfügung stehen. Diese Leitungen sind die Grundvoraussetzung, um die Engpässe im deutschen Netz zu verringern. Trotz aller Herausforderungen schaffen wir es derzeit aber, die Mindestkapazitäten für den grenzüberschreitenden Stromhandel wie vorgeschrieben jährlich zu erhöhen.

    Wird es denn zu einer Teilung der deutschen Gebotszone kommen?

    Am Ende ist es eine politische Entscheidung. Die Frage wird bleiben, wie hilfreich eine Neuaufteilung der Gebotszonen in einem bestimmten Moment ist. Mit der Fertigstellung großer Gleichstromkorridore wird sich die Situation immer wieder grundlegend ändern und neue Preiszonen erreichen nicht von heute auf morgen Lenkungswirkung. Eine Gebotszonenteilung ist ein langfristiger Prozess in einem sehr dynamischen Umfeld, insofern wird politisch Einiges an Diskussionen notwendig sein.

    Um Genehmigungen zu beschleunigen, wurden in den vergangenen Jahren schon oft Gesetze angepasst – in Brüssel zuletzt durch eine Notverordnung und die Erneuerbaren-Richtlinie. Sehen Sie noch weitere Möglichkeiten?

    Die Arbeit der Bundesregierung und der EU hat uns wirklich an vielen Stellen geholfen. Es gibt immer noch kleinere Stellschrauben, wo wir weiter Potenzial sehen. Bei den Gleichstromkorridoren hat man enorm viele Schwertransporte für Kabel und die Genehmigungsverfahren für diese Transporte sind unheimlich langwierig und es muss jeder einzelne Transport genehmigt werden. Die ganz großen Aufgaben für einen beschleunigten Netzausbau haben die Gesetzgeber aber abgeräumt.

    Ist das so? Einflussreiche Berater wollen für die Netzentwicklung eine zentrale europäische Institution schaffen. Bruegel hat einen Independent Network System Operator vorgeschlagen und Enrico Letta in seinem Binnenmarktbericht eine Clean Energy Delivery Agency. Brauchen wir eine echte europäische Netzplanung?

    Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber arbeiten im ENTSO-E bereits eng zusammen. Wir liefern gemeinsam den Zehnjahresnetzentwicklungsplan und haben gerade auch die Basis für hybride Anbindungen von Offshore-Windparks an mehrere EU-Staaten vorgelegt. Ich sehe keine Notwendigkeit, neue Bürokratie zu schaffen. Die grenzüberschreitende Planung von Transportleitungen können die Mitgliedstaaten besser über regionale Koordinierung regeln. Ein gutes Beispiel ist die Nordsee-Energiezusammenarbeit, in der die Anrainerstaaten kooperieren. Defizite im Energiebinnenmarkt sehe ich nicht auf der Planungsseite, sondern eher in der Marktordnung.

    Das müssen Sie erklären.

    Wenn ich die Nordsee als Beispiel nehme, hat heute jedes Land sein eigenes Marktmodell. Der Ertrag eines Windparks hängt immer davon ab, in welchem Land er angeschlossen ist. Wenn ein Offshore-Netz sowohl Windparks anschließen als auch Staaten untereinander verbinden soll, ist für die Windparks unklar, nach welchen Marktregeln sie vergütet werden und welche Sicherheiten sie haben. Wir brauchen eine Harmonisierung der Marktordnungen in Europa, damit für Offshore-Windparks egal ist, wo sie ans europäische Netz angeschlossen sind. Dasselbe gilt für Interkonnektoren. Bisher müssen wir die Regulatorik der beteiligten Staaten aufwendig zusammenbringen. Wenn die nationalen Strommärkte einen einheitlichen Marktrahmen hätten, könnten wir beim Bau von grenzüberschreitenden Leitungen viel Zeit sparen.

    Was müsste sich dafür ändern?

    Als Erstes brauchen wir ein klares politisches Bekenntnis, die nationalen Strommärkte nach einheitlichen Regeln miteinander verbinden zu wollen. Und wir brauchen den politischen Willen, Kosten und Nutzen fair miteinander zu teilen und nicht nationale Interessen in den Vordergrund zu stellen.

    In der Nordsee haben die Netzbetreiber viel vor sich. Bis 2050 wollen die Anrainer 300 Gigawatt an Windparks anbinden, allein Tennet soll rund 100 GW übernehmen. Wird Offshore das nächste Nadelöhr beim Netzausbau?

    Ganz wichtig ist für die Offshore-Anschlüsse eine Verstetigung der Nachfrage, damit Hersteller planen können. Wir haben mit Produzenten langfristige Verträge geschlossen, um diesen frühzeitig die Investition in zusätzliche Produktionskapazitäten zu ermöglichen. Als Tennet haben wir außerdem frühzeitig reagiert und einen neuen technischen Standard entwickelt, der Netzanschlüsse mit zwei Gigawatt ermöglicht – also Leistungen, die doppelt so viel transportieren wie die bisherigen. Die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone ist aber räumlich sehr begrenzt. Wir sehen inzwischen in vielen Studien Abschattungseffekte der Windparks in der Nordsee, weil das BSH den Zubau im Flächenentwicklungsplan 2023 aufgrund der politischen Zielsetzung deutlich verdichtet hat.

    Ein Windpark kann den Wind für einen dahinter liegenden bremsen, wenn die Abstände nicht groß genug sind.

    Die Verdichtung von Offshore-Windparks vor der deutschen Küste führt zu einer Verschattung und deutlich sinkenden Stromerträgen. Wir sehen die Notwendigkeit darüber nachzudenken, ob diese Verdichtung sinnvoll ist. Nicht bei den Systemen, die jetzt schon in der Ausschreibung sind, aber für die Zukunft kann es sinnvoll sein, wenn das BSH die Zuschnitte der Flächen noch einmal anpasst. Die europäischen Raumordnungsbehörden müssen sich außerdem mit ihren Nachbarn abstimmen. Verschattungseffekte sehen wir auch von niederländischen auf deutsche Windparks oder von dänischen auf deutsche und umgekehrt. Bei der Planung von Offshore-Windparks gibt es durch europäische Kooperation noch große Potenziale, die Gesamtkosten zu senken.

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    21.05.2024
    8. Assoziationsrat EU-Moldau
    Themen: Gedankenaustausche zu den bilateralen Beziehungen (Moldawiens EU-Beitrittsprozess), zu politischem Dialog und Reformen und zur Zusammenarbeit und Konvergenz im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Infos

    21.05.2024 – 09:45 Uhr
    Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
    Themen: Gedankenaustausch zur Vorbereitung auf den Europäischen Rat vom 27. und 28. Juni 2024 (Kommentierter Entwurf der Tagesordnung), Jährlicher Rechtsstaatsdialog (länderspezifische Diskussion), Fortschrittsbericht zur Rechtsstaatlichkeit in Polen. Vorläufige Tagesordnung

    21.05.2024 – 10:00 Uhr
    Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation und Energie (Telekommunikation)
    Themen: Orientierungsaussprache zu einem kollaborativen Ansatz für eine konsequente Umsetzung (von der Regulierung zur Praxis), Billigung der Schlussfolgerungen zum Thema “Die Zukunft der Digitalpolitik die EU”, Billigung der Schlussfolgerungen zum Thema “Die Zukunft der Cybersicherheit: Gemeinsam umsetzen und schützen”. Vorläufige Tagesordnung

    22.05.2024
    Wöchentliche Kommissionssitzung
    Themen: Diskussion über die Zukunft der EU-Landwirtschaft, Europäische Gesundheitsunion (ein Europa, das vorbereitet, vorbeugt und schützt). Vorläufige Tagesordnung

    23.05.-24.05.2024
    Rat der EU: Wettbewerbsfähigkeit
    Themen: Gedankenaustausch zum Europäischen Weltraumrecht (Sicherheit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit von Weltraum-Aktivitäten in der Union), Europäische Raumfahrtpolitik (Vorbereitung auf die Ratssitzung), Billigung der Schlussfolgerungen zum Thema “Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas durch den Weltraum”. Vorläufige Tagesordnung

    News

    Nach dem Anschlag auf Fico: Wie es mit dem Europawahlkampf weitergeht

    Der bei einem vermutlich politisch motivierten Attentat schwer verletzte slowakische Ministerpräsident Robert Fico hat die ersten 24 Stunden nach dem Attentat überlebt. Fünf Stunden dauerte eine komplizierte Notoperation, bei dem ihm zwei parallel arbeitende Ärzteteams das Leben retteten. Weitere Eingriffe stehen noch bevor.

    Die Erleichterung war groß, als der künftige Präsident des Landes, Peter Pellegrini, am Donnerstagnachmittag vor Journalisten des Bezirkskrankenhauses in Banská Bystrica tritt. “Ich habe ein paar wenige Minuten mit Robert Fico sprechen können”, sagte Pellegrini. “Der Premier war sehr müde, er ist dem Tod ja auch nur um Haaresbreite entkommen, aber wir haben ein paar Worte wechseln können.” Dass der 59-jährige Fico ansprechbar war, ist die erste gute Nachricht nach dem Attentat, das nicht nur in der Slowakei, sondern weltweit Bestürzung ausgelöst hat.

    Politische Gegner treten gemeinsam auf

    Pellegrini macht an diesem Tag auch als Politiker positive Schlagzeilen. Er einigt sich mit seiner scheidenden Vorgängerin Zuzana Čaputová auf einen gemeinsamen Auftritt im Präsidentenpalais. Der Sozialdemokrat aus dem politischen Fico-Lager und die Liberale, die eine Art Gegengewicht zu Fico ist, sind in vielen politischen Fragen verschiedener Meinung. Aber das stellen sie hintan. Beide nutzen den Auftritt, um die Slowaken in dieser Stunde zur Besonnenheit aufzurufen. “Lasst uns unsere Konflikte zivilisiert, nicht mit Gewalt austragen. Wir sind ein Land, eine Nation”, mahnt Čaputová. Dass sie sich keiner zweiten Amtszeit stellte und in einem Monat offiziell ausscheidet, hatte damit zu tun, dass sie und ihre Familie wiederholt verbale Morddrohungen erhalten hatte. 

    Ihr gewählter Nachfolger Pellegrini kommt mit dem Vorschlag an alle Parteien, den Wahlkampf für die Europawahlen einzustellen oder zumindest deutlich einzuschränken. “Wir können uns jetzt keine zusätzliche Konfrontation leisten.” Beide Politiker kündigen zudem ein gemeinsames Treffen im Präsidentenpalais mit den Spitzen der großen Parteien aus beiden tief zerstrittenen Lagern an, um die Spannungen im Land abzubauen.

    Medienschelte von Politikern

    Die größte Oppositionspartei, Progressive Slowakei, stimmt dem sofort zu. Positive Reaktionen kommen auch vom erstenVizepremier, Verteidigungsminister Robert Kaliňák und Innenminister Matúš Šutaj-Eštok nach einer Sitzung von Regierung und Sicherheitsrat. Die beiden Regierungsmitglieder machen jedoch auch deutlich, dass sie vor allem die Opposition und die Medien in der Pflicht sehen, zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Nicht nur die einheimischen Medien bekommen von beiden ihr Fett weg. Auch die BBC oder das öffentlich-rechtliche tschechische Fernsehen werden geziehen, politisch nicht ausgewogen über das Attentat und die Hintergründe zu berichten. Am Tag davor, als man noch gar nicht wusste, wer eigentlich hinter dem Anschlag steht, hatten Regierungspolitiker Journalisten quasi als die “wahren Täter” bezeichnet. Andrej Danko, Chef der rechtsnationalen kleinsten Regierungspartei SNS, herrschte da Reporter mit der Frage an “Na, sind Sie zufrieden?” Als hätten die das Attentat herbeigeschrieben.

    Der Täter, ein 71-Jähriger, ist indessen offiziell beschuldigt worden, er habe den Premier vorsätzlich töten wollen. Aus politischen Motiven heraus, weil er die Politik der Regierung Fico ablehne. Der Mann, so heißt es, habe sich allein radikalisiert. Sollte er eines Tages verurteilt werden, droht ihm eine lebenslange Haft. hjs

    • Europawahlen 2024
    • Slowakei

    Darum kritisiert Weber das neue Regierungsbündnis in den Niederlanden

    EVP-Chef Manfred Weber kritisiert das neue Regierungsbündnis in den Niederlanden. Dort forme die liberale VVD-Partei von Mark Rutte ein Bündnis mit dem Rechtsradikalen Geert Wilders, ohne sich dafür groß rechtfertigen zu müssen, sagte Weber am Donnerstag bei einer Veranstaltung von Table.Briefings und Europäischer Bewegung Deutschland. Die europäischen Christdemokraten schlössen für sich hingegen jede Zusammenarbeit mit AfD, FPÖ, Viktor Orbán oder Marine Le Pen aus. “Unsere Brandmauer steht, und sie steht vielleicht stärker als bei anderen Parteien”, so Weber.

    Das neue Vierparteien-Bündnis löst inzwischen aber auch in der liberalen Parteienfamilie Verwerfungen aus. Die Vorsitzende der Renew-Fraktion im Europaparlament, Valérie Hayer, drückte auf X ihre “völlige Missbilligung” aus. Die VVD stelle sich damit außerhalb der gemeinsamen Werte. Sie wolle das Thema auf die Agenda der Fraktionssitzung nach der Europawahl am 10. Juni setzen, so Hayer, die zugleich Spitzenkandidatin der französischen Regierungspartei “Besoin d’Europe” ist.

    Weber kritisiert Macrons “Hinterzimmerdeals”

    Weber kritisierte zudem Emmanuel Macron für die kolportierten Gespräche mit Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, nach der Europawahl den früheren EZB-Chef Mario Draghi statt Ursula von der Leyen zum neuen Kommissionspräsidenten zu machen. Er schätze den französischen Präsidenten als überzeugten Europäer, “aber jetzt erlebe ich wieder einen der Hinterzimmerdeals “

    Der Partei- und Fraktionschef kündigte an, er werde am Tag nach der Europawahl am 9. Juni das Gespräch mit Sozialdemokraten und Liberalen über eine erneute Zusammenarbeit suchen und die Personalfragen diskutieren. Die EVP habe mit Ursula von der Leyen und Roberta Metsola gute Kandidatinnen für die Spitze von Kommission und Europaparlament. “Mein Gefühl sagt mir, dass wir uns schnell einigen können und uns dann auf die Inhalte konzentrieren.”

    Viele Abweichler in den Fraktionen

    Weber verteidigte aber die Gespräche mit Mitgliedsparteien der nationalkonservativen EKR-Fraktion wie der tschechischen Regierungspartei ODS: “Natürlich telefoniere ich mit (Premier) Petr Fiala, warum sollte ich auch nicht mit ihm reden?”

    Die Wahlprognosen sagten zwar eine knappe Mehrheit der großen pro-europäischen Parteienfamilien vorher, es habe aber in der Vergangenheit stets Abweichler in den Fraktionen gegeben. Laut Nicolai von Ondarza, Leiter der Forschungsgruppe bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, stimmten bei der Wahl des Kommissionspräsidenten sowohl 2014 als auch 2019 jeweils rund 13 Prozent der eigenen Abgeordneten gegen die jeweiligen Kandidaten Jean-Claude Juncker bzw. von der Leyen. Bei einem ähnlich hohen Anteil Abweichler könne es auch nach dieser Europawahl knapp werden. tho

    • Europawahlen 2024

    EU-Pestizideverordnung: Was EVP-Chef Weber sich von einem neuen Anlauf erhofft

    In dieser Legislaturperiode scheiterte die EU-Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden (SUR), nach der Europawahl soll es aber einen neuen Anlauf geben. Dafür sprach sich Manfred Weber, EVP-Chef und CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, am Donnerstag im Europe.Table Live Briefing aus. “Wir brauchen für die nächste Legislaturperiode einen neuen Vorschlag zur Pestizidreduktion.” Seine Partei bekenne sich zu internationalen Vereinbarungen zur Biodiversität, es brauche eine neue Herangehensweise: “Der Fehler war bei dieser Regulierung, dass es ein rein prozentualer Ansatz der Reduktion war.”

    Die Europäische Kommission hatte in ihrem Vorschlag zur SUR eine Halbierung der Menge und des Risikos ausgebrachter Pestizide vorgesehen. “Das wird den spezifischen Anforderungen nicht gerecht”, meint Weber. So sei die Pestizidreduktion von 50 Prozent zum Beispiel im deutschen Weinbau teils nicht umsetzbar. Stattdessen forderte der CSU-Politiker einen “subsidiären Ansatz“, bei dem man gezielt und angepasst an die jeweilige Situation vorgehe.

    Landwirte für CO₂-Entnahmen entlohnen

    Ähnlich hatte sich Kommissionspräsidentin und EVP-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen im Februar geäußert, als sie bekannt gab, den SUR-Vorschlag zurückzuziehen. Das Ziel der Pestizidreduktion bleibe bestehen, die Kommission könnte später einen neuen, “weitaus ausgereifteren” Vorschlag vorlegen, sagte sie damals. Die Rücknahme galt als Zugeständnis an die protestierenden Landwirte, der umstrittene Vorschlag war aber wegen der Ablehnung im EU-Parlament – auch durch die EVP – schon früher in eine Sackgasse geraten.

    Derweil sprach sich Weber dafür aus, Landwirte für CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre zu entlohnen. Klimawirksame Maßnahmen wie das Anlegen von Mooren müssten für Land- und Forstwirtschaft ökonomisch rentabel gemacht werden. Gleichzeitig könne so der ländliche Raum profitieren, der die Hauptlast der Energiewende zu tragen habe. Im Februar hatten sich EU-Rat und -Parlament auf Regeln zur Zertifizierung von CO₂-Entnahmen geeinigt. Das Gesetz soll auch Landwirten den Zugang zu freiwilligen CO₂-Märkten besser ermöglichen, sieht aber keine öffentlichen Finanzierungsinstrumente vor. jd

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    Digital Services Act: Warum die Kommission ein weiteres Verfahren gegen Meta einleitet

    Die EU-Kommission hat ein förmliches Verfahren gegen Meta eingeleitet, um zu prüfen, ob der Anbieter von Facebook und Instagram den Digital Services Act (DSA) in Bezug auf den Schutz von Minderjährigen verletzt hat. “Wir sind besorgt, dass die Systeme von Facebook und Instagram, einschließlich ihrer Algorithmen, Verhaltenssüchte bei Kindern fördern und sogenannte ,Rabbit-Hole-Effekte’ erzeugen könnten”, sagte Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager.

    Im Mittelpunkt stehen Bedenken hinsichtlich der Altersverifizierungsmethoden und des Schutzes der Privatsphäre von Minderjährigen. Die Eröffnung des Verfahrens basiert auf einer vorläufigen Analyse des Risikobewertungsberichts von Meta aus dem September 2023 sowie weiteren Informationen und Analysen der Kommission.

    Die Kommission hat noch weitere Fragen an Meta

    Das Verfahren bezieht sich auf die folgenden Bereiche:

    • Compliance mit DSA-Auflagen: Prüfung der Maßnahmen zur Risikobewertung und -minderung, insbesondere in Bezug auf die Schnittstellen von Facebook und Instagram, die möglicherweise die Unerfahrenheit von Minderjährigen ausnutzen und süchtig machendes Verhalten fördern
    • Altersverifizierung: Untersuchung der Methoden zur Altersverifikation, ob diese angemessen, verhältnismäßig und effektiv sind
    • Privatsphäre und Sicherheit: Überprüfung der Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre und Sicherheit von Minderjährigen, einschließlich der Standardeinstellungen in den Empfehlungssystemen

    Im Zuge der Untersuchung kann die Kommission weitere Beweise sammeln, zum Beispiel über zusätzliche Auskunftsersuchen, Interviews oder Inspektionen. Die Eröffnung des Verfahrens erlaubt der Kommission, weitere Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen. Am 30. April 2024 hatte die Kommission bereits ein Verfahren gegen Meta wegen irreführender Werbung, politischer Inhalte und weiterer Aspekte eröffnet. vis

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    • Digitalpolitik
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    Presseschau

    Slowakischer Regierungschef Fico nach Attentat außer Lebensgefahr TAGESSCHAU
    Belgiens Regierungschef erstattet Anzeige nach Mordaufruf von Radiomoderator SPIEGEL
    EU-Rüstungsindustrie bekommt eine Milliarde für Waffen und Verteidigung N-TV
    EU leitet Anti-Dumping-Untersuchung bei chinesischem Stahl ein HANDELSBLATT
    Chinesischer Billigversand: EU-Verbraucherschützer legen Beschwerde gegen Temu ein SPIEGEL
    EU-Kommission prüft Facebook und Instagram GOLEM
    Hacker-Angriff als Weckruf: Estland ist der Cyber-Experte der Nato N-TV
    15 EU-Staaten fordern “Rückführungszentren” in Drittstaaten DIEPRESSE
    Oettinger warnt vor rechten Parteien im EU-Parlament SWR
    EU-Kommission: Was hinter angeblichen Ermittlungen gegen von der Leyen steckt SÜDDEUTSCHE
    Protest gegen EU-Feier in Moskau – Botschafter kritisiert Krieg WEB.DE
    Radikaler Kurswechsel in den Niederlanden: Was will Rechtspopulist Geert Wilders? TAGESSPIEGEL
    Referendum im Oktober: Republik Moldau will über EU-Beitritt abstimmen SPIEGEL
    Alternative zur Saisonarbeit: Polens Armee bietet bezahlte Ferienjobs. ZDF
    Urteil in der Türkei: Kurdischer Politiker Demirtas zu 42 Jahren Haft verurteilt SRF
    EU fordert offenbar strengere Auflagen zu Lufthansa-ITA-Fusion HANDELSBLATT
    Jetzt droht Frankreich ein Unabhängigkeitskrieg mit seiner ehemaligen Kolonie WELT
    Großbritannien verbietet Aufklärung über Transidentität an Schulen WELT
    Nach Vorwürfen von Nico Semsrott: Erstattet das EU-Parlament private Reisen von Abgeordneten? RND
    Satire-Parteien im EU-Wahlkampf: Schaden Sonneborn und Co. der Demokratie oder helfen sie ihr? TAGESSPIEGEL

    Standpunkt

    What’s cooking in Brussels? Schon wieder Krach um die EBU

    Von Claire Stam

    In der Brüsseler Blase ist alles politisch. Und die European Broadcasting Union (EBU) ist da keine Ausnahme. Trotz ihrer Diskretion, ihres Sitzes in der Schweiz und der Respektabilität, die das immerhin 74-jährige Bestehen ihr verleiht. Die EBU ist dafür zuständig, im Vorfeld der Europawahl die Debatte der Spitzenkandidaten am Brüsseler Sitz des Europaparlaments zu organisieren.

    Bevor wir uns in das politische Minenfeld begeben, zunächst die technischen Einzelheiten: Die Debatte findet am Donnerstag im Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel statt. Sie wird auf Englisch geführt und in alle 24 EU-Amtssprachen gedolmetscht sowie in die internationale Gebärdensprache.

    Es wird sechs Hauptthemen geben, zu denen die Kandidaten miteinander in den Ring steigen. Die Fragen kommen von Moderatoren, aus dem Publikum in Brüssel, von Wählern, die die Debatte live in einer Reihe von EU-Hauptstädten verfolgen und aus den sozialen Medien.

    Am 7. Mai gab die EBU die Namen der Spitzenkandidaten für die Präsidentschaft der Europäischen Kommission bekannt, die an der Debatte teilnehmen dürfen (in alphabetischer Reihenfolge):

    • Walter Baier, Europäische Linke
    • Sandro Gozi, Renew
    • Ursula von der Leyen, Europäische Volkspartei
    • Terry Reintke, Europäische Grüne
    • Nicolas Schmit, Sozialdemokratische Partei Europas

    Diese Liste sorgt nun bei denjenigen, die nicht dabei sind, für Ärger: Die EBU beschloss nämlich, die rechtsextreme Partei Identität und Demokratie (ID), die konservative EKR und die regionalistisch, separatistische Europäische Freie Allianz (EFA) nicht einzuladen.

    Die Reaktionen kamen prompt: Die ID-Fraktion erklärte, sie betrachte die Entscheidung als “Zensur” durch die EBU, während die EFA das Auswahlverfahren und die Regeln als “undemokratisch” bezeichnete.

    Die Entgegnung der EBU: ID und EKR seien deswegen nicht eingeladen worden, weil sie keinen Spitzenkandidaten aufgestellt haben. Zur EFA erklärte die EBU, dass nach ihren Regeln nur ein Kandidat aus jeder der sieben Fraktionen des Parlaments an der Debatte teilnehmen kann, in diesem Fall Terry Reintke von den Grünen. Die EFA-Partei sitzt zusammen mit den Grünen als Teil der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament. Damit geben sich die Ausgeschlossenen aber nicht zufrieden. ID-Gruppe und EFA fordern die EBU auf, ihre Entscheidung zu korrigieren.

    Kontroverse um die EU-Flagge

    Völlig anders geartet, aber auch in vermintes Brüsseler Gelände war die EBU kürzlich beim Eurovision Song Contest gekommen. Die Kommission war nicht amüsiert, um es euphemistisch zu sagen, dass die EBU ein Verbot von EU-Flaggen erlassen hatte. Zuschauer, die beim großen Finale am Samstag eine europäische Flagge mitbringen wollten, mussten diese beiseitelegen.

    Die Entscheidung der EBU hat sich schnell herumgesprochen und zu einer strengen Rüge von Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas geführt. “Eurovision ist in erster Linie eine Feier des europäischen Geistes, unserer europäischen Vielfalt und unseres Talents. Die EU-Flagge ist ein Symbol dafür”, sagte Schinas. “Weniger als einen Monat vor den Europawahlen sollte es keine großen oder kleinen Hindernisse geben, um das zu feiern, was alle Europäer vereint.” Schinas forderte die EBU am vergangenen Montag in einem Brief auf, die “Gründe” für das Verbot zu erläutern und “die Verantwortung dort zuzuweisen, wo sie hingehört”.

    Die Antwort der EBU ließ nicht lange auf sich warten. Sie führte die geopolitischen Spannungen als Grund für ihre Haltung an und versicherte der Kommission, dass sie ihre Politik für das nächste Jahr überdenken werde. Dann sind aber die Europawahlen vorbei.


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    Europe.Table Redaktion

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