im Europaparlament konstituieren sich ab heute die Ausschüsse. Dafür müssen mindestens der Vorsitz und der erste Stellvertreter gewählt werden. Drei weitere Vizes können auch später gewählt werden. Beschlossene Sache ist, dass mindestens eine Frau den Chef- oder den ersten Vizeposten bekommt.
Zudem wird die Brandmauer hochgezogen: Der Vorsitz im Kulturausschuss sowie im Verkehrsausschuss, der nach D’Hondt der rechtsradikalen Fraktion Patrioten für Europa zusteht, wird ihr weggenommen und geht an die Grünen (CULT) und an die EVP (TRAN). Vorsitzende im CULT wird die Deutsche Nela Riehl, die neu im Parlament ist und Volt angehört. Der Vorsitz im TRAN geht an Elissavet Vozemberg-Vrionidi. Chef im ENVI soll der Italiener Antonio Decaro (S&D) werden, den Petitionsausschuss soll Bogdan Rzonca (EKR) aus Polen leiten. Es bleibt abzuwarten, ob der PiS-Politiker eine Mehrheit bekommt. Wer Mitglied in welchem Ausschuss ist, wurde am Freitag im Plenum beschlossen.
Die deutsche CDU/CSU-Gruppe wird drei Vorsitzende stellen: David McAllister leitet wieder den Auswärtigen Ausschuss (AFET), Sven Simon wird Chef im Verfassungsausschuss AFCO, Niclas Herbst im Rechnungsprüfungsausschuss CONT. Erste Stellvertreter werden Monika Hohlmeier (CSU) im Haushaltsausschuss BUDG, Christian Doleschal (CSU) im Binnenmarktausschuss IMCO und Marion Walsmann im Rechtsausschuss JURI. Bei den zweiten Stellvertretern kommt Norbert Lins im Agrarausschuss AGRI zum Zuge, Hildegard Bentele im Entwicklungsausschuss DEVE.
Die Ausschüsse wählen nicht nur ihre Führung, sie halten auch eine erste inhaltliche Sitzung ab. Morgen findet das erste Treffen der Koordinatoren statt. Außerdem wählen um 12.30 Uhr die Chefs der 20 Ausschüsse die oder den Vorsitzenden der Konferenz der Ausschussvorsitzenden (CCC). Nach dem Posten des Parlamentspräsidenten ist das vielleicht der Job mit dem meisten Einfluss auf die Gesetzgebung. Bernd Lange (SPD) hat gute Chancen, es wieder zu werden. Wenn all das geschafft ist, geht das Europaparlament am Donnerstag in die Sommerpause.
Welche weiteren Koordinatoren S&D und Grüne ernannt haben und wie viel Einfluss die Vorsitzenden der Ausschüsse eigentlich haben, lesen Sie in den News.
Kommen Sie gut durch den Tag!
Die EU-Außenminister ringen schon lange um den richtigen Umgang mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und dessen Alleingängen und Blockaden in der Ukraine-Politik. Nun ist der Streit eskaliert: Beim letzten Treffen vor der Sommerpause in Brüssel konnten sich die europäischen Chefdiplomaten nicht auf eine gemeinsame Antwort auf Orbáns scharf kritisierte “Friedensmission” verständigen.
26 von 27 Ministern seien sich zwar einig gewesen, Orbáns unabgesprochene Reisen nach Kiew, Moskau und Peking zu verurteilen, berichtete ein Teilnehmer. Bei der eineinhalbstündigen Aussprache mit Ungarns Außenminister Péter Szijjártó habe ein harscher Ton geherrscht. Doch über die Frage, ob die EU mit einem Boykott von Ministertreffen in Budapest reagieren solle, gab es Streit.
Mehrere große EU-Länder – darunter auch Deutschland – sprachen sich gegen den Vorschlag des Außenbeauftragten Josep Borrell aus, ein informelles Treffen im Gymnich-Format Ende August in Budapest zu ignorieren und stattdessen einen Außenrat in Brüssel einzuberufen. Ein Boykott würde die Sache nicht besser machen, hieß es im Umfeld von Außenministerin Annalena Baerbock.
Ähnlich äußerten sich die Vertreter Frankreichs, Spaniens und Italiens. Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel nannte die Boykott-Idee sogar “Schwachsinn”. Auf der anderen Seite standen Polen und die baltischen Länder. Litauen wie auch Schweden hatten bereits vor Tagen angekündigt, vorübergehend keine Ministerinnen und Minister mehr zu Treffen nach Ungarn schicken zu wollen.
Die Befürworter eines Boykotts führen an, dass Orbán nicht nur gegen EU-Beschlüsse zur Ukraine verstoße, sondern zudem noch den Eindruck erweckt habe, er spreche im Namen des Ratsvorsitzes. Die Gegner warnen hingegen vor einem Präzedenzfall. Wenn man jetzt anfange, Reisen nach Budapest zu boykottieren, könne dies auch bei anderen Ratspräsidentschaften Schule machen.
Bettel warb dafür, nach Budapest zu reisen und dort der ungarischen Regierung klar und deutlich die Meinung zu sagen. Baerbock kritisierte Orbáns “Egotrips”, warnte jedoch auch vor einem Eigentor. Polens Außenminister Radosław Sikorski schlug als Kompromiss vor, das Gymnich-Treffen in der Ukraine zu organisieren. Dies scheiterte aber daran, dass Ungarn hätte zustimmen müssen.
Das letzte Wort hatte Borrell – und er traf überraschend die Entscheidung, nach der Sommerpause “informelle Treffen der EU-Außenminister in Brüssel” einzuberufen, wie er auf “X” mitteilte. “Ich würde es nicht Boykott nennen”, sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Außenrat. Schließlich sei Ungarn ja auch eingeladen. Es gehe eher um eine symbolische Maßnahme.
Allerdings ist unklar, welche praktischen Folgen sie haben wird. Treffen sich die Außenminister nun im August in Brüssel, statt in Budapest? Oder gibt es zwei verschiedene Termine? Borrell sagte, er habe versucht, Einigkeit unter den EU-Staaten über das weitere Vorgehen herzustellen. Dies sei aber leider nicht möglich gewesen. Deshalb habe er allein entschieden.
Ohne klares Ergebnis endete auch eine Debatte über Syrien. Acht Länder, darunter Österreich und Italien, warben für die Wiederaufnahme von Kontakten zu dem Regime in Damaskus. Außerdem schlugen sie die Ernennung eines Syrien-Beauftragten vor. Dieser könnte die diplomatischen Beziehungen zu allen syrischen Parteien stärken und die Rückkehr von Flüchtlingen erleichtern, hieß es.
Deutschland schloss sich dem Vorstoß nicht an. Borrell hielt sich alle Optionen offen. Die EU sei nicht naiv und wisse, dass das syrische Regime eng mit Russland und Iran zusammenarbeite, sagte er. Man sei aber bereit, über den Vorstoß nachzudenken und an Lösungen zu arbeiten. Zuletzt waren wieder mehr syrische Flüchtlinge auf Zypern angekommen. In Deutschland gilt ein Abschiebestopp.
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) fordert die gleichen Zugangsmöglichkeiten zu Fahrzeugdaten wie die Hersteller. “Der diskriminierungsfreie Zugang zu Fahrzeugdaten, -ressourcen und -funktionen nach einheitlichen Sicherheitsstandards ist Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb”, schreibt der ZDK in einem aktuellen Positionspapier, das Table.Briefings vorab vorlag. Dazu solle die EU-Kommission rasch einen entsprechenden Regulierungsvorschlag bringen.
Hintergrund für die Forderung ist, dass im Data Act eine sektorspezifische Regelung für den Zugang zu Fahrzeugdaten vorgesehen ist, die die Kommission aber noch nicht veröffentlicht hat. Wie aus der Kommission zu hören ist, wird der Vorschlag auch erst kommen, wenn die neue Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat.
Das Kfz-Gewerbe hat allein in Deutschland nach eigenen Angaben etwa 40.000 Betriebe mit rund 470.000 Beschäftigten. Die Betriebe sind nicht nur für Reparatur und Wartung, sondern auch für das Angebot innovativer Dienste darauf angewiesen, dass Hersteller ihnen Zugang zu den Daten gewähren. Voraussetzung ist die Zustimmung des Kunden. Bisher sind es aber vor allem die Hersteller, die immer wieder versuchen, den Zugriff zu beschränken – meist mit dem Verweis auf Sicherheitsaspekte oder Betriebsgeheimnisse.
Die Diskussion entspannt sich über zwei Dimensionen.
Hintergrund: Die Kommission arbeitet an einer Änderung des Anhangs X des EU-Typgenehmigungsrahmens 858/2018, nachdem jüngste Gerichtsurteile den aktuellen industriellen Ansatz zum sicheren Zugang zur On-Board-Diagnose (OBD) infrage gestellt haben.
Die Landesregierung Baden-Württemberg unterstützt die Forderung des ZDK. Sie schreibt in ihren Anliegen an die EU-Institutionen für die neue Amtszeit: “Die EU muss gute Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für die Zulieferindustrie sowie das Kfz-Gewerbe bzw. Handwerk ermöglichen.” Hierzu gehöre konkret, dass anknüpfend an den EU Data Act der Zugang zu Fahrzeugdaten und -funktionen sektorspezifisch geregelt werde. Auch Fragen der Cybersicherheit könnten dezidiert in der Sektorregulierung geregelt werden. Die Kommission müsse die Rechtsakte zur Konkretisierung zügig vorlegen.
Der EU-Abgeordnete Damian Boeselager (Volt), der den Data Act als Schattenberichterstatter der Grünen verhandelt hat, betont, dass die Verordnung für alle vernetzten Geräte gilt, also auch unmittelbar für Fahrzeuge. Mithin gehörten alle Daten, die das Fahrzeug verlassen, dem Eigentümer des Fahrzeugs – und nicht dem Hersteller. “Der Eigentümer muss Zugang zu den Daten haben, die an den Hersteller zurückfließen – und er kann sie in Echtzeit an Dritte – wie etwa Werkstätten weiterleiten.”
Boeselager beobachtet jedoch, dass “die Hersteller versuchen, sich aus dieser Verpflichtung herauszuwinden”. Die Begründung sei, dass es sich bei Fahrzeugdaten um personenbezogene Daten handele. Hier sei eine Präzedenzentscheidung der Data Coordinators notwendig, um zu klären, welche Fahrzeugdaten personenbezogen seien und welche nicht. Der Data Act regele jedoch nur Daten, die das Fahrzeug verlassen. Bei Daten, die in das Fahrzeug eingespeist werden sollen – etwa in das Infotainment-System – sehe es anders aus. Hier müsse ein Vehicle Data Act den Zugang regeln.
Dass es durchaus möglich ist, Fahrzeugdaten zu teilen, und zwar nicht nur entlang der Wertschöpfungskette, sondern auch herstellerübergreifend, zeigen die Nutzfahrzeug-Hersteller. Große Flottenbetreiber haben unterschiedliche Fahrzeuge in ihren Flotten, wollen sie aber über einheitliche Systeme managen. Darum kommunizieren die Systeme unterschiedlicher Hersteller im Telematikbereich seit rund 20 Jahren über einheitliche Schnittstellen miteinander. Es funktioniert also, wenn der Kunde es verlangt – und auch dafür bezahlt.
“Es wird immer wieder argumentiert, es gebe ein Marktversagen, weswegen die Daten aus Fahrzeugen nicht in hinreichendem Maße geteilt werden”, sagt Tobias Schweickhardt von Daimler Truck. “Wir sehen es im Nutzfahrzeugsektor anders.” Mit dem Data Act werde noch einmal Bewegung in die Sache kommen. “Aus unserer Sicht ist es daher nicht plausibel, direkt noch ein sektorspezifisches Gesetz nachzuschieben, bevor der Data Act überhaupt seine Wirkung entfaltet hat.”
Zumal es zusätzlich zum Data Act ja bereits weitere automobilspezifische Regelungen gebe, die die Bereitstellung von Daten erforderten: etwa die Repair and Maintenance Information (RMI), die neue Batterie-Regulierung oder die Schadstoffregulierung Euro 7. “Es gibt schon so viele Regulierungen, und der Data Act geht noch mal einen Schritt weiter”, sagt Schweickhardt.
Ähnlich klingt das bei Volkswagen. Das Unternehmen steht nach eigenen Angaben einem sektorübergreifenden Datenaustausch aufgeschlossen gegenüber. “Wir sehen darin großes Potenzial”, schreibt Volkswagen auf Anfrage. “Wir sind offen dafür, Daten in einem rechtssicheren Rahmen mit Dritten zu teilen.” Dabei verweist das Unternehmen darauf, dass die europäische Automobilindustrie mit den Extended-Vehicle-Standards eine einheitliche Schnittstelle zum Zugriff auf Fahrzeugdaten über das jeweilige Hersteller-Backend geschaffen habe.
Volkswagen unterstütze auch den Data Act. Darüber hinaus sieht Volkswagen jedoch “keinen Vorteil in einer sektorspezifischen Regulierung zum Zugang zu Fahrzeugdaten”. Aus Sicht des Unternehmens böten der Data Act und weitere existierende gesetzliche Regelungen (unter anderem RMI und Euro 7) bereits einen Rahmen, in dem die Bereitstellung von im Fahrzeug generierten Daten geregelt werden.
Dagegen fordert neben dem Kfz-Gewerbe auch die Vertretung der Zulieferer, die European Association of Automobile Suppliers CLEPA, ein umfassendes Gesetzgebungspaket. Darin eingeschlossen sollten eine sektorspezifische Gesetzgebung zur Sicherstellung des Zugangs zu Fahrzeug-internen Daten und Ressourcen sein. Nur so könne die Branche das volle Potenzial digitaler Mobilitätsdienste freisetzen und einen wettbewerbsfähigen Aftermarket gewährleisten, heißt es im Whitepaper zur neuen Wahlperiode.
Entscheidend seien Transparenz bei Datenpunkten, harmonisierte Regeln und robustes Cybersicherheitsmanagement. Dabei fordert auch CLEPA: Die Umsetzung des Data Act müsse überwacht und das Gesetz auf seine Wirksamkeit getestet werden.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert die entscheidende EU-Methode, um die Klimawirkung von kohlenstoffarmem Wasserstoff zu bestimmen. “Wegen des zu niedrig angesetzten Standardwertes besteht die Gefahr, dass für die Produktion von blauem Wasserstoff vorrangig Erdgas aus besonderes emissionsintensiven Förderquellen genutzt wird”, sagt Julian Schwartzkopff, Teamleiter Gas-Ausstieg bei der DUH.
Als emissionsintensiv gilt etwa die Erdgasförderung in einigen Regionen der USA. In den Becken von Permian, Bakken und Uinta liegen die Leckageraten laut einer Untersuchung des Environmental Defense Funds bei drei bis sechs Prozent. Ins Hintertreffen geraten könnte dagegen blauer Wasserstoff aus Norwegen, wo die Leckagen als geringer gelten.
Das Ungleichgewicht ergibt sich laut DUH durch zu niedrig angesetzte Standardwerte für die Vorketten-Emissionen. Die exakten Methan-Emissionen sollen nach einer Methode gemessen werden, welche die Kommission im Zusammenhang mit der Methanverordnung festlegt. Diesen delegierten Rechtsakt muss die Kommission aber erst im August 2027 vorlegen. Im nun kursierenden Entwurf für einen delegierten Rechtsakt für kohlenstoffarmen Wasserstoff nimmt die Kommission deshalb übergangsweise pauschale Standardwerte für die Emissionsintensität in verschiedenen Wertschöpfungsstufen an.
Für die Upstream-Emissionen, die bei der Förderung des Rohstoffes Erdgas entstehen, sind es zum Beispiel fünf Gramm CO2-Äquivalente pro Megajoule Wasserstoff. Dieser Wert darf um 40 Prozent überschritten werden, sodass er effektiv bei sieben Gramm liegt. Laut DUH müsste der Standardwert allerdings sogar bei 15,5 Gramm liegen, wenn man das Treibhausgaspotenzial über einen Zeitraum von 100 Jahren (GWP100) betrachtet.
Damit wäre bereits ein Großteil des zulässigen Grenzwertes allein durch die Upstream-Emissionen von Methan ausgeschöpft. Wenn eine 70-prozentige CO2-Minderung gegenüber fossilen Brennstoffen gilt, dürfen insgesamt höchstens 28,2 g CO2eq/MJ entstehen.
Die Umwelthilfe nimmt für ihre Upstream-Berechnungen zum einen an, dass die Leckage bei drei Prozent liegt. Zum anderen hält sie den GWP-Wert aus der Erneuerbaren-Richtlinie von 2018, auf den sich der Rechtsakt bezieht, für veraltet. Nach dem sechsten Sachstandsbericht des IPCC von 2021 müsse das GWP100 bei 29,8 und nicht bei 25 liegen. Nach der Methanverordnung müsse zusätzlich auch der kurzfristigere Treibhauseffekt (GWP20) berücksichtigt werden. Der entsprechende Faktor liegt laut DUH bei 82,5. Über die ersten 20 Jahre betrachtet ergebe sich damit sogar ein Standardwert von 43 Gramm CO2eq – also das Sechsfache der Kommissionsannahmen.
Mit den Fehlannahmen geht es nach Überzeugung der DUH munter weiter. Die Midstream-Emissionen – also jene aus Transport und Aufbereitung – fehlen im Kommissionsentwurf komplett, sie sind nach Überzeugung der Behörde “nicht anwendbar”.
Nicht angerechnet werden vorerst auch Leckagen des Endprodukts Wasserstoff, das ebenfalls das Klima erwärmt. Nach Ansicht der Kommission gibt es noch keinen wissenschaftlichen Konsens über das genaue GWP. “Relevante Werte für das Erderwärmungspotenzial von Wasserstoff sollten hinzugefügt werden, sobald die wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend ausgereift sind”, heißt es im Entwurf.
Die DUH hält es aber für möglich und nötig, einen vorläufigen Standardwert anzuwenden. Der britische Berater Richard G. Derwent zum Beispiel beziffere das GWP100 von Wasserstoff auf einen Faktor von sechs bis zehn.
Relevant ist der EU-Rechtsrahmen nicht zuletzt für die Wasserstoff-Importstrategie der Bundesregierung, die am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden soll. In einem Entwurf bezieht sich die Bundesregierung ausdrücklich auf die Regelungen des delegierten Rechtsakts. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner forderte am Montag sogar eine vollständige Beschränkung auf grünen Wasserstoff: “Wir fordern eine eindeutige Absage gegen den Import von fossil-blauem Wasserstoff, ein Rückbesinnen auf die Klimaziele und eine dafür passgenaue Importinfrastruktur.”
23.07.2024 – 13:45-15:30 Uhr
ECFR, Discussion How can the EU support a sustained ceasefire in Gaza and a renewed Israeli-Palestinian political track?
The European Council on Foreign Relations (ECFR) discusses the political outlook for the Middle East. INFOS & REGISTRSTION
Nach dem Verzicht von Joe Biden auf eine zweite Amtszeit haben mehrere EU-Außenminister dem US-Präsidenten Respekt gezollt. “Joe Biden stellt die Interessen seines Landes über seine eigenen”, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Montag beim Außenrat in Brüssel. Biden habe viel für Europa getan.
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell würdigte Biden. Es mache aus europäischer Sicht einen großen Unterschied, wer im Weißen Haus sitze, betonte er mit Blick auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Mit Trump hatte die EU in der ersten Amtszeit schlechte Erfahrungen gemacht.
Auch mit Kamala Harris werde man gut zusammenarbeiten, hieß es am Rande des Außenministertreffens. Die Vizepräsidentin hat derzeit die besten Aussichten, als Kandidatin der Demokraten für die Präsidentschaftswahl im November nominiert zu werden. In der Ukraine-Politik liege Harris zu 99 Prozent auf Bidens Kurs. Mit Turbulenzen sei dagegen bei einem Wahlsieg von Donald Trump zu rechnen.
Allerdings sei dies kein Grund zur Panik, so eine erste Einschätzung. Die EU sei besser auf Trump vorbereitet als bei dessen erster Amtszeit. Zudem dürfe man seine Drohungen mit einem Rückzug aus der Nato oder seine Ankündigungen für einen Ukraine-Frieden nicht für bare Münze nehmen. Trump sei unberechenbar und könne seinen Kurs bis zu einer möglichen Wiederwahl auch noch ändern.
Der französische Außenminister Stéphane Séjourné sagte, Europa werde auch künftig seine Interessen verteidigen – unabhängig davon, wer in den USA regiere. “Das ist nicht nur im Interesse der Europäer, sondern auch im Interesse der Stabilität der Welt.” Dafür müsse die EU allerdings auch mehr tun.
“Europa muss stärker werden, gerade im Bereich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik”, sagte auch Baerbock. Allerdings verfolgen Deutschland und Frankreich verschiedene Ansätze. So setzt Paris auf einen schuldenfinanzierten Verteidigungsfonds, Berlin ist dagegen. Auch bei der Ukraine-Hilfe gehen beide Länder immer wieder unterschiedliche Wege.
Die wiedergewählte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte den Abgang Bidens ebenso wenig kommentieren wie Ratspräsident Charles Michel. Das seien innere Angelegenheiten der USA, hieß es in der Kommission. ebo
Die Sozialdemokraten im Europaparlament haben weitere Koordinatoren für die Ausschüsse benannt. Die Spanierin Laura Ballarín Cereza wird Koordinatorin im Binnenmarktausschuss IMCO und die Polin Joanna Scheuring-Wielgus Sprecherin im Gleichstellungsausschuss FEMM. Bereits am Freitag war Tiemo Wölken zum Koordinator für den Umweltausschuss ENVI ernannt worden.
Bei der Wahl des grünen Koordinators im Industrieausschuss ITRE hat Michael Bloss genauso viele Stimmen bekommen wie der Finne Ville Niinistö. Die beiden teilen sich die Aufgaben künftig, Bloss kümmert sich um Industrie, Energie und Digitales.
Im Umweltausschuss gab es bei der Koordinatorenwahl auch einen Gleichstand zwischen Jutta Paulus und Sara Matthieu aus Belgien. Die beiden Abgeordneten haben sich darauf geeinigt, dass Matthieu die ersten zweieinhalb Jahre Koordinatorin wird, Paulus in der zweiten Hälfte der Wahlperiode. Weitere Koordinatoren sind:
Der Koordinator im Verteidigungsausschuss SEDE wird erst gewählt, wenn entschieden ist, ob er ein Vollausschuss wird. ber/mgr
Bei der am heutigen Dienstag stattfindenden Wahl der Ausschussvorsitzenden richtet sich der Blick auch auf den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Mit Unbehagen beobachten einige Abgeordnete aus anderen Parteien, dass der AGRI-Vorsitz an die nationalkonservative EKR und damit an eine der Rechtsaußen-Fraktionen im Parlament geht. Wahrscheinliche Kandidatin ist die Tschechin Veronika Vrecionová.
Grundsätzlich bringt der Posten der Ausschussvorsitzenden zwar keinen direkten Einfluss auf die inhaltliche Arbeit mit sich: Der oder die Vorsitzende leitet die Sitzungen und koordiniert in der Konferenz der Ausschussvorsitzenden die Zusammenarbeit mit anderen Teilen des Parlaments. Aber auch solche prozeduralen Aufgaben bieten Einflussmöglichkeiten. So trug der bisherige AGRI-Vorsitzende Norbert Lins (CDU) im Frühjahr dazu bei, dass die Lockerungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) noch vor Ende der Legislaturperiode verabschiedet wurden, indem er sich dafür einsetzte, innerhalb des Parlaments auf ein Schnellverfahren zurückzugreifen.
Dazu kommt: Trifft ein Gesetzesvorschlag im Ausschuss ein, den keiner der Abgeordneten als Berichterstatter übernehmen will, betreut das Dossier automatisch die oder der Vorsitzende. Das kommt im Agrarausschuss allerdings eher selten und vor allem bei Themen vor, die die Fraktionen als weniger wichtig erachten.
Eine Rolle spielen die Vorsitzenden auch bei der Entscheidung, an welchen Ausschuss Gesetzesvorschläge überwiesen werden. Mit der reformierten Geschäftsordnung des Parlaments für die neue Legislaturperiode nehmen sie aber weniger Einfluss als bisher. Äußerte sich die Konferenz der Ausschussvorsitzenden bisher routinemäßig zu solchen Entscheidungen, wird sie nun nur noch in unklaren Fällen konsultiert und die einzelnen Vorsitzenden können Einspruch gegen Überweisungen erheben. Traditionell gibt es zum Beispiel zwischen dem eher bauernfreundlichen AGRI- und dem in Umweltfragen progressiveren ENVI-Ausschuss immer wieder Streit um Zuständigkeiten.
Für Fälle, die gleichermaßen zwei oder drei Ausschüsse betreffen, gibt es künftig ein neues Verfahren: Die Ausschüsse bilden für die Arbeit an dem Vorschlag einen gemeinsamen “Ad-hoc-Superausschuss” und erarbeiten zusammen einen einzigen Bericht. Bisher erarbeitete jeder beteiligte Ausschuss einen eigenen Bericht mit Änderungsvorschlägen, über deren jeweiligen Erfolg dann das Plenum entschied. Vom neuen Verfahren könnte der ENVI-Ausschuss gegenüber AGRI profitieren, weil er zahlenmäßig deutlich überlegen ist und damit in einem gemeinsamen Ad-hoc-Ausschuss dominieren würde. jd
Während die EU immer neue Gesetze verabschiedet, um Nutzer bei der Verwendung von Apps vor Schaden zu bewahren, sind die Regeln im globalen Süden oft weniger streng. Was das zum Beispiel im Fall von Tiktok Lite bedeutet, haben Mozilla und AI Forensics in einer gemeinsamen Studie untersucht, die Table.Briefings vorab vorlag. Dabei haben die Autoren erhebliche Sicherheitsprobleme aufgedeckt.
Tiktok Lite ist eine reduzierte Version der Tiktok-App, die auch bei einfachen Smartphones und geringer Bandbreite funktioniert. Sie wird daher von Milliarden Menschen besonders in Ländern des globalen Südens genutzt. Tiktok hatte die Lite-Version im April auch in Spanien und Frankreich eingeführt, was sofort eine Gegenreaktion der EU-Kommission auslöste. Daraufhin stellte Tiktok sein umstrittenes Belohnungssystem dort ab.
Es sei eine bewährte Technik, beide Versionen der Anwendung in verschiedenen Teilen der Welt auszurollen, sagt Odanga Madung, Datenjournalist und Forscher in Kenia. “Plattformen erkennen, dass ein sehr großer Teil der Weltbevölkerung unter Bedingungen ins Internet kommt, die sich stark von den wohlhabenden Märkten unterscheiden.” Die nicht wie in den USA und der EU über hochwertige Smartphones mit den neuesten Versionen der Betriebssysteme sowie einfachem Zugang zu Elektrizität und zum Internet verfügten.
“Grundsätzlich werden viele dieser Anwendungen in Ökosystemen der Fülle erstellt, die möglicherweise nicht unbedingt in Ökosystemen wie in meinem Land, in Kenia, verfügbar sind”, sagt Madung. Dennoch seien gerade diese Regionen die Wachstumstreiber der Technologieplattformen. Facebook sei in diesem Bereich sehr aktiv. Auch Google habe ein eigenes Set von Lite-App-Tools namens Go, die Google im globalen Süden zuerst veröffentliche. Es sei “eine bewährte Methode zur Generierung von Wachstum in den aufstrebenden Märkten der globalen Mehrheit”.
Weil andere Länder die strenge Regulierung der EU nicht übernehmen, nutzten die Anbieter diese Lücken, um auf Sicherheitsmaßnahmen zu verzichten. “Leider gibt es hier keinen Brüssel-Effekt, eher das Gegenteil”, sagt Salvatore Romano von AI Forensics.
Erstaunlich ist: “Aus technischer Sicht, gibt es keinen Grund auf diese Sicherheitsfunktionen zu verzichten”, sagt Romano. Es habe sich gezeigt, dass diese Funktionen keinen hohen Datenverkehr verursachten. “Es scheint vielmehr eine Strategie zu sein, die höheren Standards dort einzuhalten, wo es erforderlich ist, und dort nicht, wo es nicht obligatorisch ist, wie zum Beispiel außerhalb Europas.”
In den Ländern Afrikas oder Südamerikas verfügt Tiktok Lite beispielsweise nicht über Warnhinweise oder Labels
Außerdem sind Beschreibungen von Videos in Tiktok Lite oft gekürzt, weshalb wichtige Informationen verloren gehen können. Zudem fehlt es an Benutzerkontrollen wie Kommentarfilterung und Bildschirmzeitmanagement. Es gibt außerdem keine Optionen, um unangemessene Inhalte einzuschränken, die möglicherweise nicht für alle Nutzer geeignet sind. vis
Das Netzwerk der nationalen Verbraucherschutzbehörden (CPC) hat am Montag den US-Konzern Meta zu Änderungen an seinem umstrittenen “Pay or Consent“-Modell bei Facebook und Instagram aufgefordert. In einem gemeinsamen Schreiben forderten die Behörden den Konzern auf, bis zum 1. September 2024 konkrete Lösungen vorzuschlagen. Andernfalls könnten Durchsetzungsmaßnahmen folgen.
Meta hatte im November 2023 das “Pay or Consent”-Modell eingeführt, das Nutzer praktisch über Nacht vor die Wahl stellte, entweder ein werbefreies Abonnement zu bezahlen oder personalisierte Werbung zu akzeptieren. Die Verbraucherschutzbehörden kritisieren nun, Metas Praktiken seien irreführend und aggressiv und bezweifeln, dass die Verbraucher ausreichend informiert worden seien. So seien viele Verbraucher unter Druck gesetzt worden, schnell eine Entscheidung zu treffen, aus Sorge, den Zugang zu ihren Konten zu verlieren.
Mit einer ähnlichen Stoßrichtung hatte die Europäischen Kommission bereits ein Verfahren gegen Meta nach dem Digital Markets Act angestoßen. jum
Im vergangenen Mandat gab es eine Vielzahl neuer Digitalgesetze. Auch wenn die Gesetze bereits in Kraft sind, ist die regulatorische Arbeit noch nicht getan. Allein der AI Act erfordert eine ganze Reihe von sekundären Rechtsvorschriften, bringt Durchführungs- und Durchsetzungsaufgaben für die EU und die nationale Ebene. So habe die Kommission in Gremien erklärt, dass sie rund 70 Durchführungs- und delegierte Rechtsakte ausarbeiten muss, berichtet Kai Zenner aus dem Büro des Europaabgeordneten Axel Voss (CDU).
Ebenso unübersichtlich sind auch die Fristen und Verantwortlichkeiten, die im AI Act geregelt sind. Kai Zenner hat hierzu eine Übersicht erstellt. Das Dokument beschreibt detailliert die Verantwortlichkeiten und Fristen für Mitgliedstaaten und deren Behörden zur Umsetzung und Überwachung der KI-Verordnung. vis
Belgische Staatshilfen für die Laufzeitverlängerung von zwei Kernreaktoren könnten gegen EU-Recht verstoßen. Betroffen ist Unterstützung für den Reaktor Tihange 3, der nahe der deutschen Grenze liegt, sowie den Meiler Doel 4 in der Nähe von Antwerpen, wie aus einer Mitteilung der Kommission hervorgeht. Die belgische Regierung und der Energiekonzern Engie hatten sich Anfang 2023 auf eine Laufzeitverlängerung bis mindestens Ende 2035 geeinigt. Dies sei entscheidend für die Energieversorgungssicherheit, hieß es damals.
Unter anderem wird nun geprüft, ob es angemessen war, dass der belgische Staat für einen Pauschalbetrag von 15 Milliarden Euro Verbindlichkeiten von Engie für eine Endlagerung übernommen hatte. Dabei betonte die Kommission, dass die belgische Maßnahme zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar gerechtfertigt erscheine, die Behörde aber Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit EU-Vorschriften habe. Nun kann Belgien auf die Bedenken eingehen.
Aus Kreisen der belgischen Regierung hieß es, die Untersuchung der Kommission gefährde derzeit nicht den Zeitplan. Dies sei ein Standardverfahren und die Gespräche mit der Kommission verliefen gut.
In Deutschland sorgen die belgischen Atommeiler aus den 1970er und 80er-Jahren immer wieder für Diskussionen. So wurden bei den Reaktoren im Nachbarland mehrfach Mängel festgestellt, etwa marode Betonteile. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung haben in der Vergangenheit gefordert, die Kernkraftwerke stillzulegen. dpa
im Europaparlament konstituieren sich ab heute die Ausschüsse. Dafür müssen mindestens der Vorsitz und der erste Stellvertreter gewählt werden. Drei weitere Vizes können auch später gewählt werden. Beschlossene Sache ist, dass mindestens eine Frau den Chef- oder den ersten Vizeposten bekommt.
Zudem wird die Brandmauer hochgezogen: Der Vorsitz im Kulturausschuss sowie im Verkehrsausschuss, der nach D’Hondt der rechtsradikalen Fraktion Patrioten für Europa zusteht, wird ihr weggenommen und geht an die Grünen (CULT) und an die EVP (TRAN). Vorsitzende im CULT wird die Deutsche Nela Riehl, die neu im Parlament ist und Volt angehört. Der Vorsitz im TRAN geht an Elissavet Vozemberg-Vrionidi. Chef im ENVI soll der Italiener Antonio Decaro (S&D) werden, den Petitionsausschuss soll Bogdan Rzonca (EKR) aus Polen leiten. Es bleibt abzuwarten, ob der PiS-Politiker eine Mehrheit bekommt. Wer Mitglied in welchem Ausschuss ist, wurde am Freitag im Plenum beschlossen.
Die deutsche CDU/CSU-Gruppe wird drei Vorsitzende stellen: David McAllister leitet wieder den Auswärtigen Ausschuss (AFET), Sven Simon wird Chef im Verfassungsausschuss AFCO, Niclas Herbst im Rechnungsprüfungsausschuss CONT. Erste Stellvertreter werden Monika Hohlmeier (CSU) im Haushaltsausschuss BUDG, Christian Doleschal (CSU) im Binnenmarktausschuss IMCO und Marion Walsmann im Rechtsausschuss JURI. Bei den zweiten Stellvertretern kommt Norbert Lins im Agrarausschuss AGRI zum Zuge, Hildegard Bentele im Entwicklungsausschuss DEVE.
Die Ausschüsse wählen nicht nur ihre Führung, sie halten auch eine erste inhaltliche Sitzung ab. Morgen findet das erste Treffen der Koordinatoren statt. Außerdem wählen um 12.30 Uhr die Chefs der 20 Ausschüsse die oder den Vorsitzenden der Konferenz der Ausschussvorsitzenden (CCC). Nach dem Posten des Parlamentspräsidenten ist das vielleicht der Job mit dem meisten Einfluss auf die Gesetzgebung. Bernd Lange (SPD) hat gute Chancen, es wieder zu werden. Wenn all das geschafft ist, geht das Europaparlament am Donnerstag in die Sommerpause.
Welche weiteren Koordinatoren S&D und Grüne ernannt haben und wie viel Einfluss die Vorsitzenden der Ausschüsse eigentlich haben, lesen Sie in den News.
Kommen Sie gut durch den Tag!
Die EU-Außenminister ringen schon lange um den richtigen Umgang mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und dessen Alleingängen und Blockaden in der Ukraine-Politik. Nun ist der Streit eskaliert: Beim letzten Treffen vor der Sommerpause in Brüssel konnten sich die europäischen Chefdiplomaten nicht auf eine gemeinsame Antwort auf Orbáns scharf kritisierte “Friedensmission” verständigen.
26 von 27 Ministern seien sich zwar einig gewesen, Orbáns unabgesprochene Reisen nach Kiew, Moskau und Peking zu verurteilen, berichtete ein Teilnehmer. Bei der eineinhalbstündigen Aussprache mit Ungarns Außenminister Péter Szijjártó habe ein harscher Ton geherrscht. Doch über die Frage, ob die EU mit einem Boykott von Ministertreffen in Budapest reagieren solle, gab es Streit.
Mehrere große EU-Länder – darunter auch Deutschland – sprachen sich gegen den Vorschlag des Außenbeauftragten Josep Borrell aus, ein informelles Treffen im Gymnich-Format Ende August in Budapest zu ignorieren und stattdessen einen Außenrat in Brüssel einzuberufen. Ein Boykott würde die Sache nicht besser machen, hieß es im Umfeld von Außenministerin Annalena Baerbock.
Ähnlich äußerten sich die Vertreter Frankreichs, Spaniens und Italiens. Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel nannte die Boykott-Idee sogar “Schwachsinn”. Auf der anderen Seite standen Polen und die baltischen Länder. Litauen wie auch Schweden hatten bereits vor Tagen angekündigt, vorübergehend keine Ministerinnen und Minister mehr zu Treffen nach Ungarn schicken zu wollen.
Die Befürworter eines Boykotts führen an, dass Orbán nicht nur gegen EU-Beschlüsse zur Ukraine verstoße, sondern zudem noch den Eindruck erweckt habe, er spreche im Namen des Ratsvorsitzes. Die Gegner warnen hingegen vor einem Präzedenzfall. Wenn man jetzt anfange, Reisen nach Budapest zu boykottieren, könne dies auch bei anderen Ratspräsidentschaften Schule machen.
Bettel warb dafür, nach Budapest zu reisen und dort der ungarischen Regierung klar und deutlich die Meinung zu sagen. Baerbock kritisierte Orbáns “Egotrips”, warnte jedoch auch vor einem Eigentor. Polens Außenminister Radosław Sikorski schlug als Kompromiss vor, das Gymnich-Treffen in der Ukraine zu organisieren. Dies scheiterte aber daran, dass Ungarn hätte zustimmen müssen.
Das letzte Wort hatte Borrell – und er traf überraschend die Entscheidung, nach der Sommerpause “informelle Treffen der EU-Außenminister in Brüssel” einzuberufen, wie er auf “X” mitteilte. “Ich würde es nicht Boykott nennen”, sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Außenrat. Schließlich sei Ungarn ja auch eingeladen. Es gehe eher um eine symbolische Maßnahme.
Allerdings ist unklar, welche praktischen Folgen sie haben wird. Treffen sich die Außenminister nun im August in Brüssel, statt in Budapest? Oder gibt es zwei verschiedene Termine? Borrell sagte, er habe versucht, Einigkeit unter den EU-Staaten über das weitere Vorgehen herzustellen. Dies sei aber leider nicht möglich gewesen. Deshalb habe er allein entschieden.
Ohne klares Ergebnis endete auch eine Debatte über Syrien. Acht Länder, darunter Österreich und Italien, warben für die Wiederaufnahme von Kontakten zu dem Regime in Damaskus. Außerdem schlugen sie die Ernennung eines Syrien-Beauftragten vor. Dieser könnte die diplomatischen Beziehungen zu allen syrischen Parteien stärken und die Rückkehr von Flüchtlingen erleichtern, hieß es.
Deutschland schloss sich dem Vorstoß nicht an. Borrell hielt sich alle Optionen offen. Die EU sei nicht naiv und wisse, dass das syrische Regime eng mit Russland und Iran zusammenarbeite, sagte er. Man sei aber bereit, über den Vorstoß nachzudenken und an Lösungen zu arbeiten. Zuletzt waren wieder mehr syrische Flüchtlinge auf Zypern angekommen. In Deutschland gilt ein Abschiebestopp.
Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) fordert die gleichen Zugangsmöglichkeiten zu Fahrzeugdaten wie die Hersteller. “Der diskriminierungsfreie Zugang zu Fahrzeugdaten, -ressourcen und -funktionen nach einheitlichen Sicherheitsstandards ist Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb”, schreibt der ZDK in einem aktuellen Positionspapier, das Table.Briefings vorab vorlag. Dazu solle die EU-Kommission rasch einen entsprechenden Regulierungsvorschlag bringen.
Hintergrund für die Forderung ist, dass im Data Act eine sektorspezifische Regelung für den Zugang zu Fahrzeugdaten vorgesehen ist, die die Kommission aber noch nicht veröffentlicht hat. Wie aus der Kommission zu hören ist, wird der Vorschlag auch erst kommen, wenn die neue Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat.
Das Kfz-Gewerbe hat allein in Deutschland nach eigenen Angaben etwa 40.000 Betriebe mit rund 470.000 Beschäftigten. Die Betriebe sind nicht nur für Reparatur und Wartung, sondern auch für das Angebot innovativer Dienste darauf angewiesen, dass Hersteller ihnen Zugang zu den Daten gewähren. Voraussetzung ist die Zustimmung des Kunden. Bisher sind es aber vor allem die Hersteller, die immer wieder versuchen, den Zugriff zu beschränken – meist mit dem Verweis auf Sicherheitsaspekte oder Betriebsgeheimnisse.
Die Diskussion entspannt sich über zwei Dimensionen.
Hintergrund: Die Kommission arbeitet an einer Änderung des Anhangs X des EU-Typgenehmigungsrahmens 858/2018, nachdem jüngste Gerichtsurteile den aktuellen industriellen Ansatz zum sicheren Zugang zur On-Board-Diagnose (OBD) infrage gestellt haben.
Die Landesregierung Baden-Württemberg unterstützt die Forderung des ZDK. Sie schreibt in ihren Anliegen an die EU-Institutionen für die neue Amtszeit: “Die EU muss gute Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für die Zulieferindustrie sowie das Kfz-Gewerbe bzw. Handwerk ermöglichen.” Hierzu gehöre konkret, dass anknüpfend an den EU Data Act der Zugang zu Fahrzeugdaten und -funktionen sektorspezifisch geregelt werde. Auch Fragen der Cybersicherheit könnten dezidiert in der Sektorregulierung geregelt werden. Die Kommission müsse die Rechtsakte zur Konkretisierung zügig vorlegen.
Der EU-Abgeordnete Damian Boeselager (Volt), der den Data Act als Schattenberichterstatter der Grünen verhandelt hat, betont, dass die Verordnung für alle vernetzten Geräte gilt, also auch unmittelbar für Fahrzeuge. Mithin gehörten alle Daten, die das Fahrzeug verlassen, dem Eigentümer des Fahrzeugs – und nicht dem Hersteller. “Der Eigentümer muss Zugang zu den Daten haben, die an den Hersteller zurückfließen – und er kann sie in Echtzeit an Dritte – wie etwa Werkstätten weiterleiten.”
Boeselager beobachtet jedoch, dass “die Hersteller versuchen, sich aus dieser Verpflichtung herauszuwinden”. Die Begründung sei, dass es sich bei Fahrzeugdaten um personenbezogene Daten handele. Hier sei eine Präzedenzentscheidung der Data Coordinators notwendig, um zu klären, welche Fahrzeugdaten personenbezogen seien und welche nicht. Der Data Act regele jedoch nur Daten, die das Fahrzeug verlassen. Bei Daten, die in das Fahrzeug eingespeist werden sollen – etwa in das Infotainment-System – sehe es anders aus. Hier müsse ein Vehicle Data Act den Zugang regeln.
Dass es durchaus möglich ist, Fahrzeugdaten zu teilen, und zwar nicht nur entlang der Wertschöpfungskette, sondern auch herstellerübergreifend, zeigen die Nutzfahrzeug-Hersteller. Große Flottenbetreiber haben unterschiedliche Fahrzeuge in ihren Flotten, wollen sie aber über einheitliche Systeme managen. Darum kommunizieren die Systeme unterschiedlicher Hersteller im Telematikbereich seit rund 20 Jahren über einheitliche Schnittstellen miteinander. Es funktioniert also, wenn der Kunde es verlangt – und auch dafür bezahlt.
“Es wird immer wieder argumentiert, es gebe ein Marktversagen, weswegen die Daten aus Fahrzeugen nicht in hinreichendem Maße geteilt werden”, sagt Tobias Schweickhardt von Daimler Truck. “Wir sehen es im Nutzfahrzeugsektor anders.” Mit dem Data Act werde noch einmal Bewegung in die Sache kommen. “Aus unserer Sicht ist es daher nicht plausibel, direkt noch ein sektorspezifisches Gesetz nachzuschieben, bevor der Data Act überhaupt seine Wirkung entfaltet hat.”
Zumal es zusätzlich zum Data Act ja bereits weitere automobilspezifische Regelungen gebe, die die Bereitstellung von Daten erforderten: etwa die Repair and Maintenance Information (RMI), die neue Batterie-Regulierung oder die Schadstoffregulierung Euro 7. “Es gibt schon so viele Regulierungen, und der Data Act geht noch mal einen Schritt weiter”, sagt Schweickhardt.
Ähnlich klingt das bei Volkswagen. Das Unternehmen steht nach eigenen Angaben einem sektorübergreifenden Datenaustausch aufgeschlossen gegenüber. “Wir sehen darin großes Potenzial”, schreibt Volkswagen auf Anfrage. “Wir sind offen dafür, Daten in einem rechtssicheren Rahmen mit Dritten zu teilen.” Dabei verweist das Unternehmen darauf, dass die europäische Automobilindustrie mit den Extended-Vehicle-Standards eine einheitliche Schnittstelle zum Zugriff auf Fahrzeugdaten über das jeweilige Hersteller-Backend geschaffen habe.
Volkswagen unterstütze auch den Data Act. Darüber hinaus sieht Volkswagen jedoch “keinen Vorteil in einer sektorspezifischen Regulierung zum Zugang zu Fahrzeugdaten”. Aus Sicht des Unternehmens böten der Data Act und weitere existierende gesetzliche Regelungen (unter anderem RMI und Euro 7) bereits einen Rahmen, in dem die Bereitstellung von im Fahrzeug generierten Daten geregelt werden.
Dagegen fordert neben dem Kfz-Gewerbe auch die Vertretung der Zulieferer, die European Association of Automobile Suppliers CLEPA, ein umfassendes Gesetzgebungspaket. Darin eingeschlossen sollten eine sektorspezifische Gesetzgebung zur Sicherstellung des Zugangs zu Fahrzeug-internen Daten und Ressourcen sein. Nur so könne die Branche das volle Potenzial digitaler Mobilitätsdienste freisetzen und einen wettbewerbsfähigen Aftermarket gewährleisten, heißt es im Whitepaper zur neuen Wahlperiode.
Entscheidend seien Transparenz bei Datenpunkten, harmonisierte Regeln und robustes Cybersicherheitsmanagement. Dabei fordert auch CLEPA: Die Umsetzung des Data Act müsse überwacht und das Gesetz auf seine Wirksamkeit getestet werden.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert die entscheidende EU-Methode, um die Klimawirkung von kohlenstoffarmem Wasserstoff zu bestimmen. “Wegen des zu niedrig angesetzten Standardwertes besteht die Gefahr, dass für die Produktion von blauem Wasserstoff vorrangig Erdgas aus besonderes emissionsintensiven Förderquellen genutzt wird”, sagt Julian Schwartzkopff, Teamleiter Gas-Ausstieg bei der DUH.
Als emissionsintensiv gilt etwa die Erdgasförderung in einigen Regionen der USA. In den Becken von Permian, Bakken und Uinta liegen die Leckageraten laut einer Untersuchung des Environmental Defense Funds bei drei bis sechs Prozent. Ins Hintertreffen geraten könnte dagegen blauer Wasserstoff aus Norwegen, wo die Leckagen als geringer gelten.
Das Ungleichgewicht ergibt sich laut DUH durch zu niedrig angesetzte Standardwerte für die Vorketten-Emissionen. Die exakten Methan-Emissionen sollen nach einer Methode gemessen werden, welche die Kommission im Zusammenhang mit der Methanverordnung festlegt. Diesen delegierten Rechtsakt muss die Kommission aber erst im August 2027 vorlegen. Im nun kursierenden Entwurf für einen delegierten Rechtsakt für kohlenstoffarmen Wasserstoff nimmt die Kommission deshalb übergangsweise pauschale Standardwerte für die Emissionsintensität in verschiedenen Wertschöpfungsstufen an.
Für die Upstream-Emissionen, die bei der Förderung des Rohstoffes Erdgas entstehen, sind es zum Beispiel fünf Gramm CO2-Äquivalente pro Megajoule Wasserstoff. Dieser Wert darf um 40 Prozent überschritten werden, sodass er effektiv bei sieben Gramm liegt. Laut DUH müsste der Standardwert allerdings sogar bei 15,5 Gramm liegen, wenn man das Treibhausgaspotenzial über einen Zeitraum von 100 Jahren (GWP100) betrachtet.
Damit wäre bereits ein Großteil des zulässigen Grenzwertes allein durch die Upstream-Emissionen von Methan ausgeschöpft. Wenn eine 70-prozentige CO2-Minderung gegenüber fossilen Brennstoffen gilt, dürfen insgesamt höchstens 28,2 g CO2eq/MJ entstehen.
Die Umwelthilfe nimmt für ihre Upstream-Berechnungen zum einen an, dass die Leckage bei drei Prozent liegt. Zum anderen hält sie den GWP-Wert aus der Erneuerbaren-Richtlinie von 2018, auf den sich der Rechtsakt bezieht, für veraltet. Nach dem sechsten Sachstandsbericht des IPCC von 2021 müsse das GWP100 bei 29,8 und nicht bei 25 liegen. Nach der Methanverordnung müsse zusätzlich auch der kurzfristigere Treibhauseffekt (GWP20) berücksichtigt werden. Der entsprechende Faktor liegt laut DUH bei 82,5. Über die ersten 20 Jahre betrachtet ergebe sich damit sogar ein Standardwert von 43 Gramm CO2eq – also das Sechsfache der Kommissionsannahmen.
Mit den Fehlannahmen geht es nach Überzeugung der DUH munter weiter. Die Midstream-Emissionen – also jene aus Transport und Aufbereitung – fehlen im Kommissionsentwurf komplett, sie sind nach Überzeugung der Behörde “nicht anwendbar”.
Nicht angerechnet werden vorerst auch Leckagen des Endprodukts Wasserstoff, das ebenfalls das Klima erwärmt. Nach Ansicht der Kommission gibt es noch keinen wissenschaftlichen Konsens über das genaue GWP. “Relevante Werte für das Erderwärmungspotenzial von Wasserstoff sollten hinzugefügt werden, sobald die wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend ausgereift sind”, heißt es im Entwurf.
Die DUH hält es aber für möglich und nötig, einen vorläufigen Standardwert anzuwenden. Der britische Berater Richard G. Derwent zum Beispiel beziffere das GWP100 von Wasserstoff auf einen Faktor von sechs bis zehn.
Relevant ist der EU-Rechtsrahmen nicht zuletzt für die Wasserstoff-Importstrategie der Bundesregierung, die am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden soll. In einem Entwurf bezieht sich die Bundesregierung ausdrücklich auf die Regelungen des delegierten Rechtsakts. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner forderte am Montag sogar eine vollständige Beschränkung auf grünen Wasserstoff: “Wir fordern eine eindeutige Absage gegen den Import von fossil-blauem Wasserstoff, ein Rückbesinnen auf die Klimaziele und eine dafür passgenaue Importinfrastruktur.”
23.07.2024 – 13:45-15:30 Uhr
ECFR, Discussion How can the EU support a sustained ceasefire in Gaza and a renewed Israeli-Palestinian political track?
The European Council on Foreign Relations (ECFR) discusses the political outlook for the Middle East. INFOS & REGISTRSTION
Nach dem Verzicht von Joe Biden auf eine zweite Amtszeit haben mehrere EU-Außenminister dem US-Präsidenten Respekt gezollt. “Joe Biden stellt die Interessen seines Landes über seine eigenen”, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Montag beim Außenrat in Brüssel. Biden habe viel für Europa getan.
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell würdigte Biden. Es mache aus europäischer Sicht einen großen Unterschied, wer im Weißen Haus sitze, betonte er mit Blick auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Mit Trump hatte die EU in der ersten Amtszeit schlechte Erfahrungen gemacht.
Auch mit Kamala Harris werde man gut zusammenarbeiten, hieß es am Rande des Außenministertreffens. Die Vizepräsidentin hat derzeit die besten Aussichten, als Kandidatin der Demokraten für die Präsidentschaftswahl im November nominiert zu werden. In der Ukraine-Politik liege Harris zu 99 Prozent auf Bidens Kurs. Mit Turbulenzen sei dagegen bei einem Wahlsieg von Donald Trump zu rechnen.
Allerdings sei dies kein Grund zur Panik, so eine erste Einschätzung. Die EU sei besser auf Trump vorbereitet als bei dessen erster Amtszeit. Zudem dürfe man seine Drohungen mit einem Rückzug aus der Nato oder seine Ankündigungen für einen Ukraine-Frieden nicht für bare Münze nehmen. Trump sei unberechenbar und könne seinen Kurs bis zu einer möglichen Wiederwahl auch noch ändern.
Der französische Außenminister Stéphane Séjourné sagte, Europa werde auch künftig seine Interessen verteidigen – unabhängig davon, wer in den USA regiere. “Das ist nicht nur im Interesse der Europäer, sondern auch im Interesse der Stabilität der Welt.” Dafür müsse die EU allerdings auch mehr tun.
“Europa muss stärker werden, gerade im Bereich der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik”, sagte auch Baerbock. Allerdings verfolgen Deutschland und Frankreich verschiedene Ansätze. So setzt Paris auf einen schuldenfinanzierten Verteidigungsfonds, Berlin ist dagegen. Auch bei der Ukraine-Hilfe gehen beide Länder immer wieder unterschiedliche Wege.
Die wiedergewählte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte den Abgang Bidens ebenso wenig kommentieren wie Ratspräsident Charles Michel. Das seien innere Angelegenheiten der USA, hieß es in der Kommission. ebo
Die Sozialdemokraten im Europaparlament haben weitere Koordinatoren für die Ausschüsse benannt. Die Spanierin Laura Ballarín Cereza wird Koordinatorin im Binnenmarktausschuss IMCO und die Polin Joanna Scheuring-Wielgus Sprecherin im Gleichstellungsausschuss FEMM. Bereits am Freitag war Tiemo Wölken zum Koordinator für den Umweltausschuss ENVI ernannt worden.
Bei der Wahl des grünen Koordinators im Industrieausschuss ITRE hat Michael Bloss genauso viele Stimmen bekommen wie der Finne Ville Niinistö. Die beiden teilen sich die Aufgaben künftig, Bloss kümmert sich um Industrie, Energie und Digitales.
Im Umweltausschuss gab es bei der Koordinatorenwahl auch einen Gleichstand zwischen Jutta Paulus und Sara Matthieu aus Belgien. Die beiden Abgeordneten haben sich darauf geeinigt, dass Matthieu die ersten zweieinhalb Jahre Koordinatorin wird, Paulus in der zweiten Hälfte der Wahlperiode. Weitere Koordinatoren sind:
Der Koordinator im Verteidigungsausschuss SEDE wird erst gewählt, wenn entschieden ist, ob er ein Vollausschuss wird. ber/mgr
Bei der am heutigen Dienstag stattfindenden Wahl der Ausschussvorsitzenden richtet sich der Blick auch auf den Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Mit Unbehagen beobachten einige Abgeordnete aus anderen Parteien, dass der AGRI-Vorsitz an die nationalkonservative EKR und damit an eine der Rechtsaußen-Fraktionen im Parlament geht. Wahrscheinliche Kandidatin ist die Tschechin Veronika Vrecionová.
Grundsätzlich bringt der Posten der Ausschussvorsitzenden zwar keinen direkten Einfluss auf die inhaltliche Arbeit mit sich: Der oder die Vorsitzende leitet die Sitzungen und koordiniert in der Konferenz der Ausschussvorsitzenden die Zusammenarbeit mit anderen Teilen des Parlaments. Aber auch solche prozeduralen Aufgaben bieten Einflussmöglichkeiten. So trug der bisherige AGRI-Vorsitzende Norbert Lins (CDU) im Frühjahr dazu bei, dass die Lockerungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) noch vor Ende der Legislaturperiode verabschiedet wurden, indem er sich dafür einsetzte, innerhalb des Parlaments auf ein Schnellverfahren zurückzugreifen.
Dazu kommt: Trifft ein Gesetzesvorschlag im Ausschuss ein, den keiner der Abgeordneten als Berichterstatter übernehmen will, betreut das Dossier automatisch die oder der Vorsitzende. Das kommt im Agrarausschuss allerdings eher selten und vor allem bei Themen vor, die die Fraktionen als weniger wichtig erachten.
Eine Rolle spielen die Vorsitzenden auch bei der Entscheidung, an welchen Ausschuss Gesetzesvorschläge überwiesen werden. Mit der reformierten Geschäftsordnung des Parlaments für die neue Legislaturperiode nehmen sie aber weniger Einfluss als bisher. Äußerte sich die Konferenz der Ausschussvorsitzenden bisher routinemäßig zu solchen Entscheidungen, wird sie nun nur noch in unklaren Fällen konsultiert und die einzelnen Vorsitzenden können Einspruch gegen Überweisungen erheben. Traditionell gibt es zum Beispiel zwischen dem eher bauernfreundlichen AGRI- und dem in Umweltfragen progressiveren ENVI-Ausschuss immer wieder Streit um Zuständigkeiten.
Für Fälle, die gleichermaßen zwei oder drei Ausschüsse betreffen, gibt es künftig ein neues Verfahren: Die Ausschüsse bilden für die Arbeit an dem Vorschlag einen gemeinsamen “Ad-hoc-Superausschuss” und erarbeiten zusammen einen einzigen Bericht. Bisher erarbeitete jeder beteiligte Ausschuss einen eigenen Bericht mit Änderungsvorschlägen, über deren jeweiligen Erfolg dann das Plenum entschied. Vom neuen Verfahren könnte der ENVI-Ausschuss gegenüber AGRI profitieren, weil er zahlenmäßig deutlich überlegen ist und damit in einem gemeinsamen Ad-hoc-Ausschuss dominieren würde. jd
Während die EU immer neue Gesetze verabschiedet, um Nutzer bei der Verwendung von Apps vor Schaden zu bewahren, sind die Regeln im globalen Süden oft weniger streng. Was das zum Beispiel im Fall von Tiktok Lite bedeutet, haben Mozilla und AI Forensics in einer gemeinsamen Studie untersucht, die Table.Briefings vorab vorlag. Dabei haben die Autoren erhebliche Sicherheitsprobleme aufgedeckt.
Tiktok Lite ist eine reduzierte Version der Tiktok-App, die auch bei einfachen Smartphones und geringer Bandbreite funktioniert. Sie wird daher von Milliarden Menschen besonders in Ländern des globalen Südens genutzt. Tiktok hatte die Lite-Version im April auch in Spanien und Frankreich eingeführt, was sofort eine Gegenreaktion der EU-Kommission auslöste. Daraufhin stellte Tiktok sein umstrittenes Belohnungssystem dort ab.
Es sei eine bewährte Technik, beide Versionen der Anwendung in verschiedenen Teilen der Welt auszurollen, sagt Odanga Madung, Datenjournalist und Forscher in Kenia. “Plattformen erkennen, dass ein sehr großer Teil der Weltbevölkerung unter Bedingungen ins Internet kommt, die sich stark von den wohlhabenden Märkten unterscheiden.” Die nicht wie in den USA und der EU über hochwertige Smartphones mit den neuesten Versionen der Betriebssysteme sowie einfachem Zugang zu Elektrizität und zum Internet verfügten.
“Grundsätzlich werden viele dieser Anwendungen in Ökosystemen der Fülle erstellt, die möglicherweise nicht unbedingt in Ökosystemen wie in meinem Land, in Kenia, verfügbar sind”, sagt Madung. Dennoch seien gerade diese Regionen die Wachstumstreiber der Technologieplattformen. Facebook sei in diesem Bereich sehr aktiv. Auch Google habe ein eigenes Set von Lite-App-Tools namens Go, die Google im globalen Süden zuerst veröffentliche. Es sei “eine bewährte Methode zur Generierung von Wachstum in den aufstrebenden Märkten der globalen Mehrheit”.
Weil andere Länder die strenge Regulierung der EU nicht übernehmen, nutzten die Anbieter diese Lücken, um auf Sicherheitsmaßnahmen zu verzichten. “Leider gibt es hier keinen Brüssel-Effekt, eher das Gegenteil”, sagt Salvatore Romano von AI Forensics.
Erstaunlich ist: “Aus technischer Sicht, gibt es keinen Grund auf diese Sicherheitsfunktionen zu verzichten”, sagt Romano. Es habe sich gezeigt, dass diese Funktionen keinen hohen Datenverkehr verursachten. “Es scheint vielmehr eine Strategie zu sein, die höheren Standards dort einzuhalten, wo es erforderlich ist, und dort nicht, wo es nicht obligatorisch ist, wie zum Beispiel außerhalb Europas.”
In den Ländern Afrikas oder Südamerikas verfügt Tiktok Lite beispielsweise nicht über Warnhinweise oder Labels
Außerdem sind Beschreibungen von Videos in Tiktok Lite oft gekürzt, weshalb wichtige Informationen verloren gehen können. Zudem fehlt es an Benutzerkontrollen wie Kommentarfilterung und Bildschirmzeitmanagement. Es gibt außerdem keine Optionen, um unangemessene Inhalte einzuschränken, die möglicherweise nicht für alle Nutzer geeignet sind. vis
Das Netzwerk der nationalen Verbraucherschutzbehörden (CPC) hat am Montag den US-Konzern Meta zu Änderungen an seinem umstrittenen “Pay or Consent“-Modell bei Facebook und Instagram aufgefordert. In einem gemeinsamen Schreiben forderten die Behörden den Konzern auf, bis zum 1. September 2024 konkrete Lösungen vorzuschlagen. Andernfalls könnten Durchsetzungsmaßnahmen folgen.
Meta hatte im November 2023 das “Pay or Consent”-Modell eingeführt, das Nutzer praktisch über Nacht vor die Wahl stellte, entweder ein werbefreies Abonnement zu bezahlen oder personalisierte Werbung zu akzeptieren. Die Verbraucherschutzbehörden kritisieren nun, Metas Praktiken seien irreführend und aggressiv und bezweifeln, dass die Verbraucher ausreichend informiert worden seien. So seien viele Verbraucher unter Druck gesetzt worden, schnell eine Entscheidung zu treffen, aus Sorge, den Zugang zu ihren Konten zu verlieren.
Mit einer ähnlichen Stoßrichtung hatte die Europäischen Kommission bereits ein Verfahren gegen Meta nach dem Digital Markets Act angestoßen. jum
Im vergangenen Mandat gab es eine Vielzahl neuer Digitalgesetze. Auch wenn die Gesetze bereits in Kraft sind, ist die regulatorische Arbeit noch nicht getan. Allein der AI Act erfordert eine ganze Reihe von sekundären Rechtsvorschriften, bringt Durchführungs- und Durchsetzungsaufgaben für die EU und die nationale Ebene. So habe die Kommission in Gremien erklärt, dass sie rund 70 Durchführungs- und delegierte Rechtsakte ausarbeiten muss, berichtet Kai Zenner aus dem Büro des Europaabgeordneten Axel Voss (CDU).
Ebenso unübersichtlich sind auch die Fristen und Verantwortlichkeiten, die im AI Act geregelt sind. Kai Zenner hat hierzu eine Übersicht erstellt. Das Dokument beschreibt detailliert die Verantwortlichkeiten und Fristen für Mitgliedstaaten und deren Behörden zur Umsetzung und Überwachung der KI-Verordnung. vis
Belgische Staatshilfen für die Laufzeitverlängerung von zwei Kernreaktoren könnten gegen EU-Recht verstoßen. Betroffen ist Unterstützung für den Reaktor Tihange 3, der nahe der deutschen Grenze liegt, sowie den Meiler Doel 4 in der Nähe von Antwerpen, wie aus einer Mitteilung der Kommission hervorgeht. Die belgische Regierung und der Energiekonzern Engie hatten sich Anfang 2023 auf eine Laufzeitverlängerung bis mindestens Ende 2035 geeinigt. Dies sei entscheidend für die Energieversorgungssicherheit, hieß es damals.
Unter anderem wird nun geprüft, ob es angemessen war, dass der belgische Staat für einen Pauschalbetrag von 15 Milliarden Euro Verbindlichkeiten von Engie für eine Endlagerung übernommen hatte. Dabei betonte die Kommission, dass die belgische Maßnahme zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar gerechtfertigt erscheine, die Behörde aber Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit EU-Vorschriften habe. Nun kann Belgien auf die Bedenken eingehen.
Aus Kreisen der belgischen Regierung hieß es, die Untersuchung der Kommission gefährde derzeit nicht den Zeitplan. Dies sei ein Standardverfahren und die Gespräche mit der Kommission verliefen gut.
In Deutschland sorgen die belgischen Atommeiler aus den 1970er und 80er-Jahren immer wieder für Diskussionen. So wurden bei den Reaktoren im Nachbarland mehrfach Mängel festgestellt, etwa marode Betonteile. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung haben in der Vergangenheit gefordert, die Kernkraftwerke stillzulegen. dpa