Manfred Weber sah sich gestern zu einem Statement genötigt: Weder die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) noch die belgischen Behörden seien “an uns herangetreten, um mögliche Ermittlungen einzuleiten”, ließ der EVP-Partei- und Fraktionschef mitteilen. Zuvor hatte Politico berichtet, dass zwei enge Mitarbeiter Webers im Verdacht stünden, während dessen Wahlkampf als EVP-Spitzenkandidat 2019 von der Partei und zugleich weiter von der Fraktion ein Gehalt bezogen zu haben. Was diese ausdrücklich bestreiten.
EPPO bestätigt nur, wegen des Vorwurfs des Missbrauchs von EU-Geldern in einer Fraktion zu ermitteln, sagt aber nicht, gegen wen. Ob diese Ermittlungen den Verdacht erhärten, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass sich Weber zuletzt wenig Freunde gemacht hat in den eigenen Reihen.
So machte der CSU-Politiker seine Kabinettschefin Ouarda Bensouag zur Generalsekretärin der Fraktion, was etwa in der Gruppe der CDU/CSU-Abgeordneten nicht gut ankam. Bensouag machte sich daran, wichtige Posten neu zu besetzen – so müssen der für Finanzen zuständige Abteilungsleiter und seine für Outreach zuständige Kollegin gehen. Weber und seine Vertraute Bensouag seien dabei eigenmächtig vorgegangen, heißt es in der Fraktion, und hätten das Mitspracherecht des Präsidiums ignoriert.
Weber hatte nach seiner Wahl zum EVP-Parteichef selbst Kritik auf sich gezogen, weil er sich sowohl als Partei- als auch als Fraktionschef ein Gehalt auszahlen lässt. Die Bereitschaft in der EVP, sich nun für den Chef in die Bresche zu werfen, scheint überschaubar. “Bei Weber und seinem Umfeld überrascht einen nur noch wenig”, sagt ein Abgeordneter.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!
Vladimir Putin sei fest überzeugt, dass die Europäer schwach seien, sagte Finnlands ehemaliges Staatsoberhaupt Sauli Niinistö am Ende der Präsentation auf die Frage, wie der russische Präsident gestoppt werden könne: “Wir müssen ihm zeigen, dass wir stark sind.” Und zwar stark nicht nur gegenüber militärischer Bedrohung im Osten, sondern im Sinne auch von Resilienz mit Blick auf hybride Angriffe, Naturkatastrophen und den Schutz vitaler Infrastrukturen. Die EU sei heute für diese multiplen Krisen nicht ausreichend vorbereitet, daher fordert der 76-Jährige den konsequenten Aufbau eines umfassenden europäischen Krisenmanagements.
“Wir können von Finnland viel lernen”, sagte Ursula von der Leyen bei der Präsentation des Berichts, den die Kommissionspräsidentin Anfang Jahr in Auftrag gegeben hatte. Die Wahl war nicht zufällig auf Finnlands Ex-Präsident gefallen. Denn Sauli Niinistö hatte nicht nur öfter als andere Regierungschefs mit Putin zu tun, sondern kommt aus einem Land, das sich angesichts einer 1.340 Kilometer langen Grenze mit Russland in Resilienz im weiteren Sinn auskennt und neben einer starken Armee über einen ausgebauten Zivilschutz verfügt.
Ohne Sicherheit seien die gemeinsamen Werte und die Prosperität in Gefahr, gebe es keine Zukunft, so der Finne. Dabei sei das Ausmaß der Risiken groß. Auf der einen Seite die Megakrise der Klimaveränderung, auf der anderen Seite die wachsenden geopolitischen Spannungen sowie Russlands Krieg in der Ukraine.
Auf eine Bedrohung reagieren könne nur, wer rechtzeitig alarmiert sei, fordert Finnlands Ex-Präsident unter anderem eine engere Koordination zwischen nationalen Geheimdiensten und dem nachrichtendienstlichen Lagezentrum der EU in Brüssel. Die Idee eines europäischen Geheimdienstes, in einem früheren Entwurf erwogen, fand jedoch nicht Eingang in den Bericht. Zu den Empfehlungen gehört, ein Anti-Sabotage-Netzwerk aufzubauen. Heute könnten ausländische Akteure “mit einem Klick” Stromnetzwerke ausschalten. Die EU müsse sicherstellen, dass kritische Infrastrukturen unter allen Umständen funktionsfähig blieben, sagte Niinistö.
Die meisten europäischen Haushalte seien zudem heute nicht in der Lage, in einer ernsthaften Versorgungkrise länger auszuhalten. Bürgerinnen und Bürger müssten sich mindestens 72 Stunden selbst versorgen können, so eine weitere Empfehlung. Und überhaupt auf die neuen Risiken wie Desinformation oder Cyberangriffe vorbereitet werden. Einbezogen werden müsse auch die Wirtschaft, die mit Blick auf die Gefahren für Lieferketten unter anderem das Prinzip des Just-in-Time überdenken müsse. Es fehlten nicht nur Soldaten für die nationalen Streitkräfte, sondern auch geeignete Arbeitskräfte für sicherheitsrelevante Jobs. So bräuchte es laut Bericht zusätzlich eine Million Experten für Cybersicherheit.
Die EU sei zwar anders als die Nato keine militärische Einrichtung, doch beide Organisationen hätten das Ziel, Europa sicher zu halten. Die EU müsse sich mit Blick auf den Beistandsartikel 42,7 auch auf das mögliche Szenario eines bewaffneten Angriffs vorbereiten. Sauli Niinistö appelliert zudem, die Kooperation zwischen EU und Nato zu verbessern. Im Bericht findet sich daher auch die Empfehlung, einen einheitlichen europäischen Rüstungsmarkt zu schaffen. Sicherheit habe ihren Preis, aber unvorbereitet in eine Krise zu geraten, sei noch teurer. Mitgliedstaaten und Finanzmärkte könnten zum Beispiel gemeinsam Krisenfonds oder “preparedness bonds” auflegen.
Droht eine weitere Debatte über gemeinsame Schulden? Die erste Frage sei, was größere Projekte von gemeinsamen europäischem Interesse sein könnten, sagte Sauli Niinistö. Dies könne zum Beispiel ein europäischer Raketenabwehrschirm sein. Dann stelle sich die Frage der Finanzierung, und hier gebe es zwei Wege. Die Finanzierung könne über nationale Beiträge oder über neue Eigenmittel geschehen. Die Erfahrung der letzten Jahre auch mit der Coronakrise habe gezeigt, dass beim EU-Haushalt grundsätzlich mehr Flexibilität nötig sei. 20 Prozent des EU-Budgets, heißt es im Bericht, sollten zur Unterstützung von Sicherheit, Verteidigung und für die Krisenvorsorge im weiteren Sinn reserviert werden. Verteilungskämpfe beim nächsten MFR sind vorprogrammiert.
Die EU-Kommission sieht deutliche Fortschritte bei den Beitrittskandidaten Ukraine und Moldau, aber nur begrenzte Dynamik in den Staaten des Westbalkans. Mit Blick auf Serbiens Schaukelpolitik scheint die Behörde allmählich die Geduld zu verlieren: Serbien müsse klarstellen, für welche strategische Ausrichtung das Land sich entscheide, sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell bei der Präsentation des Erweiterungspakets am Mittwoch.
So könne es angesichts von Russlands Krieg gegen die Ukraine kein “Business as usual” mit Moskau geben. Die Führung in Belgrad habe das Sanktionsregime der EU immer noch nicht übernommen, halte die Beziehungen auf höchster Ebene mit Wladimir Putins Regime aufrecht und intensiviere zudem die Beziehungen mit China, heißt es in dem Bericht. “Wir wollen uns auf Serbien verlassen können”, sagte Borrell. Früher oder später werde das Land die gemeinsame europäische Außenpolitik übernehmen müssen oder es gefährde seine künftige Mitgliedschaft.
Die europäischen Partner haben Belgrad zuletzt trotz der Reformdefizite und der Blockade beim Dialog mit Kosovo geschont – aus Sorge, Serbien an Russland und China zu verlieren. Vergangenen Freitag hatte Ursula von der Leyen bei ihrer Balkantour kurzfristig ein Treffen mit Serbiens Premier Miloš Vučević abgesagt, weil dieser sich am selben Tag mit einem russischen Regierungsvertreter über intensiviere Wirtschaftsbeziehungen beraten hatte. Zuvor war die Kommissionspräsidentin allerdings schon mit Staatspräsident Aleksandar Vučić zusammengetroffen und hatte dabei versichert, dass Serbiens Platz in der EU sei.
Die Beitrittsverhandlungen laufen bereits seit zehn Jahren, doch von 35 Kapiteln sind erst 22 eröffnet und nur zwei bisher provisorisch geschlossen. Bei fast allen Kapiteln schwankt die Beurteilung der Kommission zwischen Stillstand und nur geringen Fortschritten. Unter den Mitgliedstaaten gibt es wenig Appetit darauf, das Kapitel zu Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit neu zu öffnen, solange die grundlegenden Defizite etwa im Umgang mit der Opposition nicht angegangen werden.
Positiver fällt das Urteil der Kommission zu Montenegro aus. Die dortige Regierung habe die europäische Integration zur obersten Priorität erkoren, heißt es anerkennend in dem Länderbericht. Die neue Regierung, seit Oktober 2023 im Amt, agiere in einem recht stabilen politischen Umfeld. Allerdings seien weitere Reformen im Justizsektor nötig.
Die Beitrittsgespräche mit Montenegro sind bereits weiter fortgeschritten als mit allen anderen neun Kandidaten. Premierminister Milojko Spajić hat sich zum Ziel gesetzt, bereits 2028 der EU beizutreten. Der europapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Thomas Hacker, sieht das Land als einzigen echten Lichtblick auf dem Westbalkan: “Einzig und allein Montenegro hat das Potenzial, in den nächsten Jahren der EU beizutreten, wenn das Land seinen ambitionierten Reformpfad konsequent weiterverfolgt.”
Gegen die Aufnahme des vergleichsweise kleinen Landes mit 626.000 Einwohnern dürfte es keinen allzu großen Widerstand unter den EU-Mitgliedstaaten geben, wenn die Regierung Kurs hält. Zwar hat die neue Rechtskoalition in den Niederlanden deutlich gemacht, dass es eine Aufnahme neuer Mitgliedstaaten noch kritischer sieht als ihre Vorgänger. Allerdings setzt die vom Rechtsaußen Geert Wilders getragene Regierung zumindest bislang nicht auf Blockade: Mitte Oktober stimmte der Rat einstimmig dafür, das erste Verhandlungskapitel mit Albanien zu eröffnen.
Die Europa-Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann, hält weitere Fortschritte für möglich: “Die Berichte der Kommission sehen wir uns jetzt genau an”, sagte die Grünen-Politikerin zu Table.Briefings. “Wir werden dann mit den EU-Partnern über die nächsten Schritte beraten, beispielsweise mit Blick auf Albanien und Montenegro.”
Der albanische Ministerpräsident Edi Rama gibt sich klar proeuropäisch und war zuletzt unter anderem von Ursula von der Leyen hofiert worden. Allerdings fordert die Kommission in ihrem Fortschrittsbericht ein höheres Reformtempo von der Regierung in Tirana, insbesondere bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, sowie einen besseren Schutz der Pressefreiheit.
Ausdrücklich lobt die Kommission die Beitrittsbemühungen der Ukraine und Moldaus. Sie empfiehlt, mit beide Ländern im kommenden Jahr so früh wie möglich den nächsten Schritt zu gehen und das erste Verhandlungskapitel zu eröffnen.
Auf Eis liegen hingegen die Verhandlungen mit Georgien. Solange das Land nicht von seinem jetzigen Kurs abweiche, könne die Kommission nicht die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfehlen, heißt es im Bericht.
Der Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union (EU) und China verschärft sich: Nach dem Inkrafttreten der Zusatzzölle auf Elektroautos hat Peking am Mittwoch bei der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde eingelegt. Man werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen der chinesischen Unternehmen zu schützen, erklärte das chinesische Handelsministerium. Man sei jedoch bereit, mit der EU eine Lösung zu finden, um eine Eskalation des Handelskonflikts zu vermeiden. Die EU will dazu nochmals Verhandler nach Peking schicken, um eine Alternative zu den Zöllen zu finden, hieß es am Mittwochabend.
Gleichzeitig soll Peking chinesische Autohersteller angewiesen haben, große Investitionen in den EU-Ländern zu stoppen, die für die zusätzlichen Zölle auf in China gebaute Elektrofahrzeuge gestimmt hatten. Das berichtete Reuters unter Berufung auf zwei Insider aus einem Treffen mehrerer Autohersteller und offizieller Stellen. An dem Treffen nahmen demnach auch mehrere ausländische Autohersteller teil. Den Teilnehmern soll laut dem Bericht geraten worden sein, bei ihren Investitionen in Länder, die sich der Stimme enthalten hatten, vorsichtig zu sein. Dahingegen seien sie “ermutigt” worden, in EU-Staaten zu investieren, die gegen die Zölle gestimmt hatten. Deutschland hat die Zölle abgelehnt, wie auch Malta, die Slowakei, Slowenien und Ungarn.
Dieser Schritt könnte Europa noch weiter spalten. Zehn EU-Mitglieder, darunter Frankreich, Polen und Italien, hatten die Zusatzzölle bei der Abstimmung in diesem Monat unterstützt. Fünf EU-Staaten waren dagegen, zwölf hatten sich enthalten. Italien und Frankreich gehören eigentlich zu den EU-Ländern, die um Investitionen bei chinesischen Autoherstellern werben. Paris galt gleichzeitig aber als einer der Haupttreiber der Zusatzzölle.
Größter Empfänger der chinesischen Investitionen ist derzeit Ungarn, dort siedelt sich beispielsweise BYD an. Der staatliche Autohersteller SAIC sucht derzeit auch einen Standort für eine Fabrik für Elektroautos in Europa. Außerdem plant das Staatsunternehmen, dieses Jahr sein zweites europäisches Ersatzteilzentrum in Frankreich zu eröffnen, um der steigenden Nachfrage nach Autos der Marke MG gerecht zu werden. Die italienische Regierung befindet sich in Gesprächen mit Chery und Dongfeng Motor über mögliche Investitionen.
Die EU-Zusatzzölle sind seit der Nacht zum Mittwoch in Kraft. Allerdings: Die EU-Kommission hat für den Anti-Subventionsfall der chinesischen E-Autos “außergewöhnliche Umstände” ausgemacht. Heißt: Es kann noch zur Lösung mit Preisverpflichtungen kommen. Wenn die Hersteller sich dazu verpflichten, können die Zölle zurückgezogen werden. Sollten sich die Hersteller nicht daran halten, können sie wieder eingesetzt werden.
Dass die möglichen Preisvereinbarungen und damit einhergehenden Produktionsverpflichtungen auch überprüft werden können, sei unter anderem durch Stippvisiten vor Ort bei den Herstellern möglich, sagte ein EU-Beamter am Mittwoch. Er betonte, dass eine Regelung über Preisverpflichtungen konform mit WTO-Regeln sei. Eine ähnliche Regelung gebe es beispielsweise bereits bei Biodiesel aus Argentinien.
Einen Umweg über Drittstaaten können die chinesischen Hersteller nicht gehen. Grundlage der Zusatzzölle sei die Herstellung des E-Autos in der Volksrepublik, betonte der EU-Beamte. Die Fahrzeuge könnten also nicht über Länder wie die Schweiz, Serbien oder Großbritannien in die EU eingeführt werden. Die EU-Kommission habe in den Monaten seit Beginn der Zoll-Untersuchung einen starken Anstieg bei der Einfuhr der E-Autos gesehen. “Wir gehen davon aus, dass die Lager voll sind”, so der EU-Beamte.
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sagte am Dienstag: “Mit der Annahme dieser verhältnismäßigen und gezielten Maßnahmen nach einer strengen Untersuchung setzen wir uns für faire Marktpraktiken und für die europäische Industrie ein.” Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) warnte jedoch, dass die Zölle das Risiko eines “weitreichenden Handelskonflikts” erhöhten, während eine chinesische Handelsgruppe die “politisch motivierte” Entscheidung anprangerte und zum Dialog zwischen den beiden Seiten aufrief.
Volkswagen, das von der zunehmenden Konkurrenz aus China hart getroffen wurde, hatte zuvor erklärt, die Zölle würden die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie nicht verbessern. VW leidet unter einem Absatzrückgang, vor allem auf dem wichtigsten Markt China. Nach neun Monaten beläuft sich die Rendite der kriselnden Kernmarke VW auf nur noch zwei Prozent. “Dies zeigt den dringenden Bedarf von erheblichen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen”, erklärte VW-Finanzchef Arno Antlitz. Der Autobauer hat angekündigt, erstmals in der Geschichte Werke in Deutschland zu schließen. Dem Betriebsrat zufolge geht es um mindestens drei Werke und massiven Beschäftigungsabbau.
Ilaria Mazzocco von dem Thinktank Center for Strategic and International Studies in Washington sagte auf Table.Briefings-Anfrage: “Es verschafft den europäischen Autoherstellern ein wenig Zeit und bietet ein wenig mehr Anreiz, in Europa zu produzieren.” Eine langfristige Lösung seien die Zölle jedoch nicht. “Die deutschen und europäischen Autohersteller müssen innovativ sein. Viele von ihnen haben die Elektrifizierung verschlafen und sind erst sehr spät auf die Herausforderung aufmerksam geworden. Jetzt haben sie eine Art Aufholjagd gestartet.”
BYD meldete am Mittwoch steigende Verkaufszahlen – und übertraf damit erstmals den globalen Rivalen Tesla beim Quartalsumsatz. BYD verzeichnete im dritten Quartal einen Betriebsumsatz von 201,1 Milliarden Yuan (28,2 Milliarden Dollar), wie aus einer Meldung an der Hongkonger Börse hervorgeht. Das entspricht einem Anstieg von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Tesla hatte in der vergangenen Woche einen Umsatz von 25,2 Milliarden Dollar im dritten Quartal gemeldet.
04.11.2024 – 14:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Eurogas, Conference Decarbonisation in action: The potential of bioenergy and hydrogen for CCS
Eurogas discusses the EU leadership in BECCS and CCS/CCUS in the context of the EU climate target for the 2040 initiative. INFOS & REGISTRATION
05.11.-07.11.2024, Berlin/online
Tagesspiegel Future Sustainability Week 2024
Der Tagesspiegel diskutiert im Vorfeld der diesjährigen UN-Klimakonferenz über Lösungsansätze, Innovationen und Rahmenbedingungen für die nachhaltige nationale und internationale Transformation. INFOS & ANMELDUNG
05.11.-06.11.2024, Berlin
HBS, Konferenz Dienstleistungen und Dienstleistungsarbeit in der Transformation
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit der Bedeutung von Dienstleistungen und Dienstleistungsarbeit in der Transformation. INFOS & ANMELDUNG
05.11.2024, Berlin
AI Election Night
Das Aspen Institute (AI) begleitet den US-Wahlabend. INFOS & ANMELDUNG
Bernhard Kluttig wird neuer beamteter Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium für Europa- und Wirtschaftspolitik und damit Nachfolger des scheidenden Sven Giegold. Das teilte die für Personal zuständige Staatssekretärin Anja Hajduk am Mittwochmorgen in einer E-Mail mit. Kluttig war bisher Abteilungsleiter für Industriepolitik und gilt als Architekt der Chip-Subventionspolitik und der Unterstützungsmaßnahmen für grünen Stahl. Im Wirtschaftsministerium arbeitet der Jurist bereits seit 2008.
Giegold verlässt das Ministerium zum 15. November und kandidiert als Vize-Chef für die Grünen. Nachfolgerin für Kluttig als Abteilungsleiterin Industriepolitik wird Beate Baron. Sie war zuvor Leiterin der Unterabteilung Dekarbonisierung, Klima- und Umweltschutz in der Industrie. brö
Das Problem der stagnierenden Produktivität der europäischen Wirtschaft lässt sich vor allem durch eine vertiefte Integration und Harmonisierung des Binnenmarkts, weniger Bürokratie und mehr Freihandelsabkommen lösen. Das sagt ein neues Positionspapier von “Europe Unlocked” – eine Kampagne, die vom schwedischen Unternehmensverband finanziert und von Unternehmensverbänden aus dem Baltikum, Skandinavien und Zentraleuropa unterstützt wird. Auch der deutsche Arbeitgeberverband BDA hat das Papier unterzeichnet.
Die EU solle sich auf ihre Stärken zurückbesinnen, anstatt in ein protektionistisches Subventionsrennen mit den USA und China einzusteigen, argumentieren die Verbände. “Die Subventionierung ausgewählter Branchen und die Auferlegung unverhältnismäßiger Vorschriften bergen die Gefahr, die Preise in die Höhe zu treiben, die Dynamik der Wirtschaft einzuschränken und den Erfolg innovativer und bahnbrechender europäischer Unternehmen zu erschweren”, schreiben sie in ihrem Grundsatzpapier.
Das Positionspapier kann auch als kritische Antwort auf den Draghi-Bericht gelesen werden, der eine Reihe von industriepolitischen Maßnahmen vorschlägt. Bezeichnend ist auch, dass keine französischen oder südeuropäischen Unternehmensverbände in der “Europe Unlocked” Koalition zu finden sind.
Genau wie die Berichte von Draghi und Letta fordern aber auch die Verbände von “Europe Unlocked”, dass die bestehenden Binnenmarkthindernisse aus dem Weg geräumt werden. So soll die EU-Kommission einen stärkeren Fokus auf die einheitliche Umsetzung der Binnenmarktregeln setzen. Priorität soll auch die Integration des Dienstleistungssektors haben, der bisher weniger integriert ist als der Warenhandel.
Um diese Integrationsbemühungen voranzutreiben, soll die Kommission einem Aktionsplan folgen, den die EU-Gesetzgeber bis Ende 2028 umsetzen sollen, fordern die Unternehmensverbände in ihrem Positionspapier. jaa
Die Pläne der italienischen Rechts-Regierung zur Unterbringung von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU werden zu einem Fall für die europäische Justiz. Auf Antrag eines Gerichts in Bologna soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einen neuen Erlass prüfen, mit dem die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ihr Vorhaben retten will. Ihr erster Versuch, über die Asylanträge von Migranten in einem Lager in Albanien entscheiden zu lassen, war an der italienischen Justiz gescheitert. Die beiden erst kürzlich eröffneten Lager stehen jetzt wieder leer.
Das Gericht in der norditalienischen Stadt Bologna rief den EuGH am Dienstag an, um den erst vergangene Woche von der Meloni-Regierung verabschiedeten Erlass prüfen zu lassen. Dabei geht es insbesondere um eine darin verankerte Liste von 19 vermeintlich sicheren Herkunftsländern von Migranten. Solche Listen sind auch in anderen Ländern der Europäischen Union umstritten. Melonis Umgang mit Mittelmeer-Flüchtlingen wird innerhalb der EU aufmerksam verfolgt.
Grundlage ist der Fall eines Mannes, der Mitte Oktober mit 15 anderen Migranten aus Bangladesch und Ägypten auf einem Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer aufgegriffen und dann von einem italienischen Schiff nach Albanien gebracht worden war. Dort wurde sein Asylantrag binnen 24 Stunden abgelehnt. Ein Gericht in Rom entschied dann aber, dass alle Migranten nach Italien gebracht werden mussten, weil nach EU-Recht weder Bangladesch noch Ägypten völlig sichere Herkunftsländer seien. In dem neuen Erlass der Meloni-Regierung werden aber beide Staaten wieder so definiert.
Das Gericht in Bologna verwies nun auf eine EuGH-Entscheidung, wonach ein Land nur dann als sicher eingestuft werden kann, wenn tatsächlich alle gesellschaftlichen Gruppen im gesamten Land sicher sind. Zur Erläuterung zogen die Richter einen Vergleich mit Nazi-Deutschland: “Deutschland unter dem Naziregime war für die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ein äußerst sicheres Land: Abgesehen von Juden, Homosexuellen, politischen Gegnern, Menschen mit Roma-Volkszugehörigkeit und anderen Minderheitengruppen konnten sich mehr als 60 Millionen Deutsche eines beneidenswerten Zustands der Sicherheit erfreuen.” dpa
Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen angeblicher Wahlfälschung bei der Parlamentswahl in Georgien aufgenommen. Die Behörde werde die von Präsidentin Salome Surabischwili, Politikern und Beobachtern vorgetragenen Anschuldigungen prüfen, berichteten georgische Medien. Surabischwili sei am Donnerstag zur Befragung geladen worden, sie müsse über Beweise für eine mögliche Fälschung verfügen, hieß es unter Berufung auf eine Mitteilung Staatsanwaltschaft weiter.
Die Präsidentin hatte am Tag nach der Wahl das Ergebnis des Urnengangs als durchgehend verfälscht kritisiert. Ermittlungen zu einzelnen Verstößen am Wahltag und davor laufen demnach bereits. Die Zentrale Wahlkommission hatte die Staatsanwaltschaft um die Untersuchung gebeten.
Surabischwili zeigte sich im Angesicht der Aufforderung der Staatsanwaltschaft ablehnend: “Es ist nicht Aufgabe der Präsidentin, Beweise für Wahlbetrug zu liefern“, sagte sie gegenüber Reportern. “Beobachter und normale Bürger haben Beweise dafür vorgelegt, wie massiv die Wahlen manipuliert wurden.”
In einer Reaktion auf die Ankündigung der Staatsanwaltschaft, Präsidentin Surabischwili befragen zu wollen, wiederholten Politiker der proeuropäischen Opposition ihre Vorwürfe der Wahlmanipulation und erklärten teils, dass sie der Untersuchung der Staatsanwaltschaft misstrauen würden.
Georgien hat am Samstag ein neues Parlament gewählt. Die Wahlleitung erklärte die Regierungspartei Georgischer Traum zur Siegerin. Die proeuropäische Opposition und die Präsidentin halten das Ergebnis für verfälscht. Georgische und internationale Beobachter berichteten von zahlreichen Verstößen bei der Wahl. Zuletzt hatte auch US-Präsident Joe Biden gefordert, die Unregelmäßigkeiten bei der Wahl transparent zu untersuchen. rtr/dpa
Die Vorbereitungen für das nächste EU-Forschungsrahmenprogramm sind gestartet und nach dem Letta- und dem Draghi-Bericht ist der Heitor-Bericht zur Evaluierung von Horizon 2020 erschienen. Höchste Zeit, einen Blick auf dessen finanzielle, thematische und programmatische Ausgestaltung zu werfen. Und eine deutsche Position in der europäischen Debatte zu definieren.
Neue Erkenntnisse fallen nicht vom Himmel, sie entstehen insbesondere in der Forschung in einem bestimmten Umfeld: Es braucht Freiheit im Denken, Orte zum Forschen und den Austausch über Grenzen hinweg. Diese drei Voraussetzungen machen den Mehrwert der europäischen Forschungskooperation aus.
Doch die Antwort darauf kann gerade nicht eine zentrale Ausgabestelle der Europäischen Kommission sein. Im Gegenteil: Anstelle eines Superfonds braucht es weniger, aber dafür stärker zielgerichtete Programme. Insofern sind die Vorschläge des Heitor-Reports grundsätzlich zu begrüßen. Diese Grundsätze sind aus deutscher Sicht wichtig:
Im Jahr 2021 lag die Quote der Investitionen für Forschung und Entwicklung lediglich bei 2,2 Prozent des EU-BIP und somit deutlich hinter den USA (3,5 Prozent) und China (2,4 Prozent). Auch das ist eine europäische Wahrheit. Das heißt: In allen Bereichen ist eine massive Erweiterung des FuE-Budgets notwendig, um das Drei-Prozent-Ziel zu erreichen. Von wissenschaftlicher Seite sind in der Vergangenheit ausreichend hervorragend förderfähige Anträge eingereicht worden, um auch ein 10. Forschungsrahmenprogramm mit einem Budget von über 200 Milliarden Euro vollständig auszuschöpfen.
Doch nicht nur die Höhe des Budgets ist entscheidend. Forschende sollen sich maßgeblich auf ihre Forschung konzentrieren können und weniger Zeit für Anträge, Berichte und Dokumentation aufwenden. Ein “trust in science” muss politisch gelebt werden: Anstatt Forschende unzählige Metadaten zu ihren Projekten erheben zu lassen, die ohnehin kaum verarbeitet werden können, sollten gezielte Begleitstudien in Auftrag gegeben werden, um die Relevanz und Schlagkraft von FuE zu belegen. In diesem Sinne ist sowohl der Vorschlag einer Einheit, in der innovative Regulation erprobt werden kann, als auch die aktuelle Ausweitung von Finanzierungen mittels Pauschalbeträgen zu begrüßen.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ruppert Stüwe ist Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Zu seinen forschungspolitischen Schwerpunkten gehören der Umgang mit Forschungsdaten, Außenwissenschaftspolitik und Forschungssicherheit sowie die Hochschulmedizin.
Manfred Weber sah sich gestern zu einem Statement genötigt: Weder die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) noch die belgischen Behörden seien “an uns herangetreten, um mögliche Ermittlungen einzuleiten”, ließ der EVP-Partei- und Fraktionschef mitteilen. Zuvor hatte Politico berichtet, dass zwei enge Mitarbeiter Webers im Verdacht stünden, während dessen Wahlkampf als EVP-Spitzenkandidat 2019 von der Partei und zugleich weiter von der Fraktion ein Gehalt bezogen zu haben. Was diese ausdrücklich bestreiten.
EPPO bestätigt nur, wegen des Vorwurfs des Missbrauchs von EU-Geldern in einer Fraktion zu ermitteln, sagt aber nicht, gegen wen. Ob diese Ermittlungen den Verdacht erhärten, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass sich Weber zuletzt wenig Freunde gemacht hat in den eigenen Reihen.
So machte der CSU-Politiker seine Kabinettschefin Ouarda Bensouag zur Generalsekretärin der Fraktion, was etwa in der Gruppe der CDU/CSU-Abgeordneten nicht gut ankam. Bensouag machte sich daran, wichtige Posten neu zu besetzen – so müssen der für Finanzen zuständige Abteilungsleiter und seine für Outreach zuständige Kollegin gehen. Weber und seine Vertraute Bensouag seien dabei eigenmächtig vorgegangen, heißt es in der Fraktion, und hätten das Mitspracherecht des Präsidiums ignoriert.
Weber hatte nach seiner Wahl zum EVP-Parteichef selbst Kritik auf sich gezogen, weil er sich sowohl als Partei- als auch als Fraktionschef ein Gehalt auszahlen lässt. Die Bereitschaft in der EVP, sich nun für den Chef in die Bresche zu werfen, scheint überschaubar. “Bei Weber und seinem Umfeld überrascht einen nur noch wenig”, sagt ein Abgeordneter.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!
Vladimir Putin sei fest überzeugt, dass die Europäer schwach seien, sagte Finnlands ehemaliges Staatsoberhaupt Sauli Niinistö am Ende der Präsentation auf die Frage, wie der russische Präsident gestoppt werden könne: “Wir müssen ihm zeigen, dass wir stark sind.” Und zwar stark nicht nur gegenüber militärischer Bedrohung im Osten, sondern im Sinne auch von Resilienz mit Blick auf hybride Angriffe, Naturkatastrophen und den Schutz vitaler Infrastrukturen. Die EU sei heute für diese multiplen Krisen nicht ausreichend vorbereitet, daher fordert der 76-Jährige den konsequenten Aufbau eines umfassenden europäischen Krisenmanagements.
“Wir können von Finnland viel lernen”, sagte Ursula von der Leyen bei der Präsentation des Berichts, den die Kommissionspräsidentin Anfang Jahr in Auftrag gegeben hatte. Die Wahl war nicht zufällig auf Finnlands Ex-Präsident gefallen. Denn Sauli Niinistö hatte nicht nur öfter als andere Regierungschefs mit Putin zu tun, sondern kommt aus einem Land, das sich angesichts einer 1.340 Kilometer langen Grenze mit Russland in Resilienz im weiteren Sinn auskennt und neben einer starken Armee über einen ausgebauten Zivilschutz verfügt.
Ohne Sicherheit seien die gemeinsamen Werte und die Prosperität in Gefahr, gebe es keine Zukunft, so der Finne. Dabei sei das Ausmaß der Risiken groß. Auf der einen Seite die Megakrise der Klimaveränderung, auf der anderen Seite die wachsenden geopolitischen Spannungen sowie Russlands Krieg in der Ukraine.
Auf eine Bedrohung reagieren könne nur, wer rechtzeitig alarmiert sei, fordert Finnlands Ex-Präsident unter anderem eine engere Koordination zwischen nationalen Geheimdiensten und dem nachrichtendienstlichen Lagezentrum der EU in Brüssel. Die Idee eines europäischen Geheimdienstes, in einem früheren Entwurf erwogen, fand jedoch nicht Eingang in den Bericht. Zu den Empfehlungen gehört, ein Anti-Sabotage-Netzwerk aufzubauen. Heute könnten ausländische Akteure “mit einem Klick” Stromnetzwerke ausschalten. Die EU müsse sicherstellen, dass kritische Infrastrukturen unter allen Umständen funktionsfähig blieben, sagte Niinistö.
Die meisten europäischen Haushalte seien zudem heute nicht in der Lage, in einer ernsthaften Versorgungkrise länger auszuhalten. Bürgerinnen und Bürger müssten sich mindestens 72 Stunden selbst versorgen können, so eine weitere Empfehlung. Und überhaupt auf die neuen Risiken wie Desinformation oder Cyberangriffe vorbereitet werden. Einbezogen werden müsse auch die Wirtschaft, die mit Blick auf die Gefahren für Lieferketten unter anderem das Prinzip des Just-in-Time überdenken müsse. Es fehlten nicht nur Soldaten für die nationalen Streitkräfte, sondern auch geeignete Arbeitskräfte für sicherheitsrelevante Jobs. So bräuchte es laut Bericht zusätzlich eine Million Experten für Cybersicherheit.
Die EU sei zwar anders als die Nato keine militärische Einrichtung, doch beide Organisationen hätten das Ziel, Europa sicher zu halten. Die EU müsse sich mit Blick auf den Beistandsartikel 42,7 auch auf das mögliche Szenario eines bewaffneten Angriffs vorbereiten. Sauli Niinistö appelliert zudem, die Kooperation zwischen EU und Nato zu verbessern. Im Bericht findet sich daher auch die Empfehlung, einen einheitlichen europäischen Rüstungsmarkt zu schaffen. Sicherheit habe ihren Preis, aber unvorbereitet in eine Krise zu geraten, sei noch teurer. Mitgliedstaaten und Finanzmärkte könnten zum Beispiel gemeinsam Krisenfonds oder “preparedness bonds” auflegen.
Droht eine weitere Debatte über gemeinsame Schulden? Die erste Frage sei, was größere Projekte von gemeinsamen europäischem Interesse sein könnten, sagte Sauli Niinistö. Dies könne zum Beispiel ein europäischer Raketenabwehrschirm sein. Dann stelle sich die Frage der Finanzierung, und hier gebe es zwei Wege. Die Finanzierung könne über nationale Beiträge oder über neue Eigenmittel geschehen. Die Erfahrung der letzten Jahre auch mit der Coronakrise habe gezeigt, dass beim EU-Haushalt grundsätzlich mehr Flexibilität nötig sei. 20 Prozent des EU-Budgets, heißt es im Bericht, sollten zur Unterstützung von Sicherheit, Verteidigung und für die Krisenvorsorge im weiteren Sinn reserviert werden. Verteilungskämpfe beim nächsten MFR sind vorprogrammiert.
Die EU-Kommission sieht deutliche Fortschritte bei den Beitrittskandidaten Ukraine und Moldau, aber nur begrenzte Dynamik in den Staaten des Westbalkans. Mit Blick auf Serbiens Schaukelpolitik scheint die Behörde allmählich die Geduld zu verlieren: Serbien müsse klarstellen, für welche strategische Ausrichtung das Land sich entscheide, sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell bei der Präsentation des Erweiterungspakets am Mittwoch.
So könne es angesichts von Russlands Krieg gegen die Ukraine kein “Business as usual” mit Moskau geben. Die Führung in Belgrad habe das Sanktionsregime der EU immer noch nicht übernommen, halte die Beziehungen auf höchster Ebene mit Wladimir Putins Regime aufrecht und intensiviere zudem die Beziehungen mit China, heißt es in dem Bericht. “Wir wollen uns auf Serbien verlassen können”, sagte Borrell. Früher oder später werde das Land die gemeinsame europäische Außenpolitik übernehmen müssen oder es gefährde seine künftige Mitgliedschaft.
Die europäischen Partner haben Belgrad zuletzt trotz der Reformdefizite und der Blockade beim Dialog mit Kosovo geschont – aus Sorge, Serbien an Russland und China zu verlieren. Vergangenen Freitag hatte Ursula von der Leyen bei ihrer Balkantour kurzfristig ein Treffen mit Serbiens Premier Miloš Vučević abgesagt, weil dieser sich am selben Tag mit einem russischen Regierungsvertreter über intensiviere Wirtschaftsbeziehungen beraten hatte. Zuvor war die Kommissionspräsidentin allerdings schon mit Staatspräsident Aleksandar Vučić zusammengetroffen und hatte dabei versichert, dass Serbiens Platz in der EU sei.
Die Beitrittsverhandlungen laufen bereits seit zehn Jahren, doch von 35 Kapiteln sind erst 22 eröffnet und nur zwei bisher provisorisch geschlossen. Bei fast allen Kapiteln schwankt die Beurteilung der Kommission zwischen Stillstand und nur geringen Fortschritten. Unter den Mitgliedstaaten gibt es wenig Appetit darauf, das Kapitel zu Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit neu zu öffnen, solange die grundlegenden Defizite etwa im Umgang mit der Opposition nicht angegangen werden.
Positiver fällt das Urteil der Kommission zu Montenegro aus. Die dortige Regierung habe die europäische Integration zur obersten Priorität erkoren, heißt es anerkennend in dem Länderbericht. Die neue Regierung, seit Oktober 2023 im Amt, agiere in einem recht stabilen politischen Umfeld. Allerdings seien weitere Reformen im Justizsektor nötig.
Die Beitrittsgespräche mit Montenegro sind bereits weiter fortgeschritten als mit allen anderen neun Kandidaten. Premierminister Milojko Spajić hat sich zum Ziel gesetzt, bereits 2028 der EU beizutreten. Der europapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Thomas Hacker, sieht das Land als einzigen echten Lichtblick auf dem Westbalkan: “Einzig und allein Montenegro hat das Potenzial, in den nächsten Jahren der EU beizutreten, wenn das Land seinen ambitionierten Reformpfad konsequent weiterverfolgt.”
Gegen die Aufnahme des vergleichsweise kleinen Landes mit 626.000 Einwohnern dürfte es keinen allzu großen Widerstand unter den EU-Mitgliedstaaten geben, wenn die Regierung Kurs hält. Zwar hat die neue Rechtskoalition in den Niederlanden deutlich gemacht, dass es eine Aufnahme neuer Mitgliedstaaten noch kritischer sieht als ihre Vorgänger. Allerdings setzt die vom Rechtsaußen Geert Wilders getragene Regierung zumindest bislang nicht auf Blockade: Mitte Oktober stimmte der Rat einstimmig dafür, das erste Verhandlungskapitel mit Albanien zu eröffnen.
Die Europa-Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann, hält weitere Fortschritte für möglich: “Die Berichte der Kommission sehen wir uns jetzt genau an”, sagte die Grünen-Politikerin zu Table.Briefings. “Wir werden dann mit den EU-Partnern über die nächsten Schritte beraten, beispielsweise mit Blick auf Albanien und Montenegro.”
Der albanische Ministerpräsident Edi Rama gibt sich klar proeuropäisch und war zuletzt unter anderem von Ursula von der Leyen hofiert worden. Allerdings fordert die Kommission in ihrem Fortschrittsbericht ein höheres Reformtempo von der Regierung in Tirana, insbesondere bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, sowie einen besseren Schutz der Pressefreiheit.
Ausdrücklich lobt die Kommission die Beitrittsbemühungen der Ukraine und Moldaus. Sie empfiehlt, mit beide Ländern im kommenden Jahr so früh wie möglich den nächsten Schritt zu gehen und das erste Verhandlungskapitel zu eröffnen.
Auf Eis liegen hingegen die Verhandlungen mit Georgien. Solange das Land nicht von seinem jetzigen Kurs abweiche, könne die Kommission nicht die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfehlen, heißt es im Bericht.
Der Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union (EU) und China verschärft sich: Nach dem Inkrafttreten der Zusatzzölle auf Elektroautos hat Peking am Mittwoch bei der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde eingelegt. Man werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte und Interessen der chinesischen Unternehmen zu schützen, erklärte das chinesische Handelsministerium. Man sei jedoch bereit, mit der EU eine Lösung zu finden, um eine Eskalation des Handelskonflikts zu vermeiden. Die EU will dazu nochmals Verhandler nach Peking schicken, um eine Alternative zu den Zöllen zu finden, hieß es am Mittwochabend.
Gleichzeitig soll Peking chinesische Autohersteller angewiesen haben, große Investitionen in den EU-Ländern zu stoppen, die für die zusätzlichen Zölle auf in China gebaute Elektrofahrzeuge gestimmt hatten. Das berichtete Reuters unter Berufung auf zwei Insider aus einem Treffen mehrerer Autohersteller und offizieller Stellen. An dem Treffen nahmen demnach auch mehrere ausländische Autohersteller teil. Den Teilnehmern soll laut dem Bericht geraten worden sein, bei ihren Investitionen in Länder, die sich der Stimme enthalten hatten, vorsichtig zu sein. Dahingegen seien sie “ermutigt” worden, in EU-Staaten zu investieren, die gegen die Zölle gestimmt hatten. Deutschland hat die Zölle abgelehnt, wie auch Malta, die Slowakei, Slowenien und Ungarn.
Dieser Schritt könnte Europa noch weiter spalten. Zehn EU-Mitglieder, darunter Frankreich, Polen und Italien, hatten die Zusatzzölle bei der Abstimmung in diesem Monat unterstützt. Fünf EU-Staaten waren dagegen, zwölf hatten sich enthalten. Italien und Frankreich gehören eigentlich zu den EU-Ländern, die um Investitionen bei chinesischen Autoherstellern werben. Paris galt gleichzeitig aber als einer der Haupttreiber der Zusatzzölle.
Größter Empfänger der chinesischen Investitionen ist derzeit Ungarn, dort siedelt sich beispielsweise BYD an. Der staatliche Autohersteller SAIC sucht derzeit auch einen Standort für eine Fabrik für Elektroautos in Europa. Außerdem plant das Staatsunternehmen, dieses Jahr sein zweites europäisches Ersatzteilzentrum in Frankreich zu eröffnen, um der steigenden Nachfrage nach Autos der Marke MG gerecht zu werden. Die italienische Regierung befindet sich in Gesprächen mit Chery und Dongfeng Motor über mögliche Investitionen.
Die EU-Zusatzzölle sind seit der Nacht zum Mittwoch in Kraft. Allerdings: Die EU-Kommission hat für den Anti-Subventionsfall der chinesischen E-Autos “außergewöhnliche Umstände” ausgemacht. Heißt: Es kann noch zur Lösung mit Preisverpflichtungen kommen. Wenn die Hersteller sich dazu verpflichten, können die Zölle zurückgezogen werden. Sollten sich die Hersteller nicht daran halten, können sie wieder eingesetzt werden.
Dass die möglichen Preisvereinbarungen und damit einhergehenden Produktionsverpflichtungen auch überprüft werden können, sei unter anderem durch Stippvisiten vor Ort bei den Herstellern möglich, sagte ein EU-Beamter am Mittwoch. Er betonte, dass eine Regelung über Preisverpflichtungen konform mit WTO-Regeln sei. Eine ähnliche Regelung gebe es beispielsweise bereits bei Biodiesel aus Argentinien.
Einen Umweg über Drittstaaten können die chinesischen Hersteller nicht gehen. Grundlage der Zusatzzölle sei die Herstellung des E-Autos in der Volksrepublik, betonte der EU-Beamte. Die Fahrzeuge könnten also nicht über Länder wie die Schweiz, Serbien oder Großbritannien in die EU eingeführt werden. Die EU-Kommission habe in den Monaten seit Beginn der Zoll-Untersuchung einen starken Anstieg bei der Einfuhr der E-Autos gesehen. “Wir gehen davon aus, dass die Lager voll sind”, so der EU-Beamte.
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sagte am Dienstag: “Mit der Annahme dieser verhältnismäßigen und gezielten Maßnahmen nach einer strengen Untersuchung setzen wir uns für faire Marktpraktiken und für die europäische Industrie ein.” Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) warnte jedoch, dass die Zölle das Risiko eines “weitreichenden Handelskonflikts” erhöhten, während eine chinesische Handelsgruppe die “politisch motivierte” Entscheidung anprangerte und zum Dialog zwischen den beiden Seiten aufrief.
Volkswagen, das von der zunehmenden Konkurrenz aus China hart getroffen wurde, hatte zuvor erklärt, die Zölle würden die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie nicht verbessern. VW leidet unter einem Absatzrückgang, vor allem auf dem wichtigsten Markt China. Nach neun Monaten beläuft sich die Rendite der kriselnden Kernmarke VW auf nur noch zwei Prozent. “Dies zeigt den dringenden Bedarf von erheblichen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen”, erklärte VW-Finanzchef Arno Antlitz. Der Autobauer hat angekündigt, erstmals in der Geschichte Werke in Deutschland zu schließen. Dem Betriebsrat zufolge geht es um mindestens drei Werke und massiven Beschäftigungsabbau.
Ilaria Mazzocco von dem Thinktank Center for Strategic and International Studies in Washington sagte auf Table.Briefings-Anfrage: “Es verschafft den europäischen Autoherstellern ein wenig Zeit und bietet ein wenig mehr Anreiz, in Europa zu produzieren.” Eine langfristige Lösung seien die Zölle jedoch nicht. “Die deutschen und europäischen Autohersteller müssen innovativ sein. Viele von ihnen haben die Elektrifizierung verschlafen und sind erst sehr spät auf die Herausforderung aufmerksam geworden. Jetzt haben sie eine Art Aufholjagd gestartet.”
BYD meldete am Mittwoch steigende Verkaufszahlen – und übertraf damit erstmals den globalen Rivalen Tesla beim Quartalsumsatz. BYD verzeichnete im dritten Quartal einen Betriebsumsatz von 201,1 Milliarden Yuan (28,2 Milliarden Dollar), wie aus einer Meldung an der Hongkonger Börse hervorgeht. Das entspricht einem Anstieg von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Tesla hatte in der vergangenen Woche einen Umsatz von 25,2 Milliarden Dollar im dritten Quartal gemeldet.
04.11.2024 – 14:00-17:00 Uhr, Brüssel (Belgien)
Eurogas, Conference Decarbonisation in action: The potential of bioenergy and hydrogen for CCS
Eurogas discusses the EU leadership in BECCS and CCS/CCUS in the context of the EU climate target for the 2040 initiative. INFOS & REGISTRATION
05.11.-07.11.2024, Berlin/online
Tagesspiegel Future Sustainability Week 2024
Der Tagesspiegel diskutiert im Vorfeld der diesjährigen UN-Klimakonferenz über Lösungsansätze, Innovationen und Rahmenbedingungen für die nachhaltige nationale und internationale Transformation. INFOS & ANMELDUNG
05.11.-06.11.2024, Berlin
HBS, Konferenz Dienstleistungen und Dienstleistungsarbeit in der Transformation
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) beschäftigt sich mit der Bedeutung von Dienstleistungen und Dienstleistungsarbeit in der Transformation. INFOS & ANMELDUNG
05.11.2024, Berlin
AI Election Night
Das Aspen Institute (AI) begleitet den US-Wahlabend. INFOS & ANMELDUNG
Bernhard Kluttig wird neuer beamteter Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium für Europa- und Wirtschaftspolitik und damit Nachfolger des scheidenden Sven Giegold. Das teilte die für Personal zuständige Staatssekretärin Anja Hajduk am Mittwochmorgen in einer E-Mail mit. Kluttig war bisher Abteilungsleiter für Industriepolitik und gilt als Architekt der Chip-Subventionspolitik und der Unterstützungsmaßnahmen für grünen Stahl. Im Wirtschaftsministerium arbeitet der Jurist bereits seit 2008.
Giegold verlässt das Ministerium zum 15. November und kandidiert als Vize-Chef für die Grünen. Nachfolgerin für Kluttig als Abteilungsleiterin Industriepolitik wird Beate Baron. Sie war zuvor Leiterin der Unterabteilung Dekarbonisierung, Klima- und Umweltschutz in der Industrie. brö
Das Problem der stagnierenden Produktivität der europäischen Wirtschaft lässt sich vor allem durch eine vertiefte Integration und Harmonisierung des Binnenmarkts, weniger Bürokratie und mehr Freihandelsabkommen lösen. Das sagt ein neues Positionspapier von “Europe Unlocked” – eine Kampagne, die vom schwedischen Unternehmensverband finanziert und von Unternehmensverbänden aus dem Baltikum, Skandinavien und Zentraleuropa unterstützt wird. Auch der deutsche Arbeitgeberverband BDA hat das Papier unterzeichnet.
Die EU solle sich auf ihre Stärken zurückbesinnen, anstatt in ein protektionistisches Subventionsrennen mit den USA und China einzusteigen, argumentieren die Verbände. “Die Subventionierung ausgewählter Branchen und die Auferlegung unverhältnismäßiger Vorschriften bergen die Gefahr, die Preise in die Höhe zu treiben, die Dynamik der Wirtschaft einzuschränken und den Erfolg innovativer und bahnbrechender europäischer Unternehmen zu erschweren”, schreiben sie in ihrem Grundsatzpapier.
Das Positionspapier kann auch als kritische Antwort auf den Draghi-Bericht gelesen werden, der eine Reihe von industriepolitischen Maßnahmen vorschlägt. Bezeichnend ist auch, dass keine französischen oder südeuropäischen Unternehmensverbände in der “Europe Unlocked” Koalition zu finden sind.
Genau wie die Berichte von Draghi und Letta fordern aber auch die Verbände von “Europe Unlocked”, dass die bestehenden Binnenmarkthindernisse aus dem Weg geräumt werden. So soll die EU-Kommission einen stärkeren Fokus auf die einheitliche Umsetzung der Binnenmarktregeln setzen. Priorität soll auch die Integration des Dienstleistungssektors haben, der bisher weniger integriert ist als der Warenhandel.
Um diese Integrationsbemühungen voranzutreiben, soll die Kommission einem Aktionsplan folgen, den die EU-Gesetzgeber bis Ende 2028 umsetzen sollen, fordern die Unternehmensverbände in ihrem Positionspapier. jaa
Die Pläne der italienischen Rechts-Regierung zur Unterbringung von Mittelmeer-Flüchtlingen außerhalb der EU werden zu einem Fall für die europäische Justiz. Auf Antrag eines Gerichts in Bologna soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einen neuen Erlass prüfen, mit dem die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ihr Vorhaben retten will. Ihr erster Versuch, über die Asylanträge von Migranten in einem Lager in Albanien entscheiden zu lassen, war an der italienischen Justiz gescheitert. Die beiden erst kürzlich eröffneten Lager stehen jetzt wieder leer.
Das Gericht in der norditalienischen Stadt Bologna rief den EuGH am Dienstag an, um den erst vergangene Woche von der Meloni-Regierung verabschiedeten Erlass prüfen zu lassen. Dabei geht es insbesondere um eine darin verankerte Liste von 19 vermeintlich sicheren Herkunftsländern von Migranten. Solche Listen sind auch in anderen Ländern der Europäischen Union umstritten. Melonis Umgang mit Mittelmeer-Flüchtlingen wird innerhalb der EU aufmerksam verfolgt.
Grundlage ist der Fall eines Mannes, der Mitte Oktober mit 15 anderen Migranten aus Bangladesch und Ägypten auf einem Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer aufgegriffen und dann von einem italienischen Schiff nach Albanien gebracht worden war. Dort wurde sein Asylantrag binnen 24 Stunden abgelehnt. Ein Gericht in Rom entschied dann aber, dass alle Migranten nach Italien gebracht werden mussten, weil nach EU-Recht weder Bangladesch noch Ägypten völlig sichere Herkunftsländer seien. In dem neuen Erlass der Meloni-Regierung werden aber beide Staaten wieder so definiert.
Das Gericht in Bologna verwies nun auf eine EuGH-Entscheidung, wonach ein Land nur dann als sicher eingestuft werden kann, wenn tatsächlich alle gesellschaftlichen Gruppen im gesamten Land sicher sind. Zur Erläuterung zogen die Richter einen Vergleich mit Nazi-Deutschland: “Deutschland unter dem Naziregime war für die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ein äußerst sicheres Land: Abgesehen von Juden, Homosexuellen, politischen Gegnern, Menschen mit Roma-Volkszugehörigkeit und anderen Minderheitengruppen konnten sich mehr als 60 Millionen Deutsche eines beneidenswerten Zustands der Sicherheit erfreuen.” dpa
Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen angeblicher Wahlfälschung bei der Parlamentswahl in Georgien aufgenommen. Die Behörde werde die von Präsidentin Salome Surabischwili, Politikern und Beobachtern vorgetragenen Anschuldigungen prüfen, berichteten georgische Medien. Surabischwili sei am Donnerstag zur Befragung geladen worden, sie müsse über Beweise für eine mögliche Fälschung verfügen, hieß es unter Berufung auf eine Mitteilung Staatsanwaltschaft weiter.
Die Präsidentin hatte am Tag nach der Wahl das Ergebnis des Urnengangs als durchgehend verfälscht kritisiert. Ermittlungen zu einzelnen Verstößen am Wahltag und davor laufen demnach bereits. Die Zentrale Wahlkommission hatte die Staatsanwaltschaft um die Untersuchung gebeten.
Surabischwili zeigte sich im Angesicht der Aufforderung der Staatsanwaltschaft ablehnend: “Es ist nicht Aufgabe der Präsidentin, Beweise für Wahlbetrug zu liefern“, sagte sie gegenüber Reportern. “Beobachter und normale Bürger haben Beweise dafür vorgelegt, wie massiv die Wahlen manipuliert wurden.”
In einer Reaktion auf die Ankündigung der Staatsanwaltschaft, Präsidentin Surabischwili befragen zu wollen, wiederholten Politiker der proeuropäischen Opposition ihre Vorwürfe der Wahlmanipulation und erklärten teils, dass sie der Untersuchung der Staatsanwaltschaft misstrauen würden.
Georgien hat am Samstag ein neues Parlament gewählt. Die Wahlleitung erklärte die Regierungspartei Georgischer Traum zur Siegerin. Die proeuropäische Opposition und die Präsidentin halten das Ergebnis für verfälscht. Georgische und internationale Beobachter berichteten von zahlreichen Verstößen bei der Wahl. Zuletzt hatte auch US-Präsident Joe Biden gefordert, die Unregelmäßigkeiten bei der Wahl transparent zu untersuchen. rtr/dpa
Die Vorbereitungen für das nächste EU-Forschungsrahmenprogramm sind gestartet und nach dem Letta- und dem Draghi-Bericht ist der Heitor-Bericht zur Evaluierung von Horizon 2020 erschienen. Höchste Zeit, einen Blick auf dessen finanzielle, thematische und programmatische Ausgestaltung zu werfen. Und eine deutsche Position in der europäischen Debatte zu definieren.
Neue Erkenntnisse fallen nicht vom Himmel, sie entstehen insbesondere in der Forschung in einem bestimmten Umfeld: Es braucht Freiheit im Denken, Orte zum Forschen und den Austausch über Grenzen hinweg. Diese drei Voraussetzungen machen den Mehrwert der europäischen Forschungskooperation aus.
Doch die Antwort darauf kann gerade nicht eine zentrale Ausgabestelle der Europäischen Kommission sein. Im Gegenteil: Anstelle eines Superfonds braucht es weniger, aber dafür stärker zielgerichtete Programme. Insofern sind die Vorschläge des Heitor-Reports grundsätzlich zu begrüßen. Diese Grundsätze sind aus deutscher Sicht wichtig:
Im Jahr 2021 lag die Quote der Investitionen für Forschung und Entwicklung lediglich bei 2,2 Prozent des EU-BIP und somit deutlich hinter den USA (3,5 Prozent) und China (2,4 Prozent). Auch das ist eine europäische Wahrheit. Das heißt: In allen Bereichen ist eine massive Erweiterung des FuE-Budgets notwendig, um das Drei-Prozent-Ziel zu erreichen. Von wissenschaftlicher Seite sind in der Vergangenheit ausreichend hervorragend förderfähige Anträge eingereicht worden, um auch ein 10. Forschungsrahmenprogramm mit einem Budget von über 200 Milliarden Euro vollständig auszuschöpfen.
Doch nicht nur die Höhe des Budgets ist entscheidend. Forschende sollen sich maßgeblich auf ihre Forschung konzentrieren können und weniger Zeit für Anträge, Berichte und Dokumentation aufwenden. Ein “trust in science” muss politisch gelebt werden: Anstatt Forschende unzählige Metadaten zu ihren Projekten erheben zu lassen, die ohnehin kaum verarbeitet werden können, sollten gezielte Begleitstudien in Auftrag gegeben werden, um die Relevanz und Schlagkraft von FuE zu belegen. In diesem Sinne ist sowohl der Vorschlag einer Einheit, in der innovative Regulation erprobt werden kann, als auch die aktuelle Ausweitung von Finanzierungen mittels Pauschalbeträgen zu begrüßen.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ruppert Stüwe ist Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Zu seinen forschungspolitischen Schwerpunkten gehören der Umgang mit Forschungsdaten, Außenwissenschaftspolitik und Forschungssicherheit sowie die Hochschulmedizin.