im Europäischen Parlament werden die ersten Zuständigkeiten für die Dossiers verteilt. Berichterstatter für das European Defence Investment Programme wird Francois-Xavier Bellamy (EVP). Am Donnerstag verkündete außerdem der rumänische EVP-Abgeordnete Siegfried Mureșan, dass er zum Berichterstatter für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ernannt wurde. Etwas länger brauchen die Sozialdemokraten. Sie werden Mureșans Co-Berichterstatter voraussichtlich Anfang kommender Woche ernennen.
Mureșan und sein S&D-Kollege werden für das wohl wichtigste Dossier der neuen Legislatur zuständig sein. Wie die EU-Kommission für einen effektiveren MFR wirbt, lesen Sie in der Analyse meines Kollegen János Allenbach-Ammann.
Die Begehrlichkeiten sind groß – etwa zur Finanzierung der Energieinfrastruktur. Polen, das die nächste Ratspräsidentschaft innehaben wird, hätte es zum Beispiel am liebsten, wenn mit EU-Mitteln künftig im großen Stil Stromverteilnetze bezuschusst würden und nicht nur wichtige Transportleitungen zwischen den Mitgliedstaaten. Das hatte Klimastaatssekretär Krzysztof Bolesta am Mittwoch beim Annual Meeting von Bruegel durchklingen lassen.
Ihr
Manuel Berkel
Der 73-jährige Michel Barnier ist der älteste Premierminister in der Geschichte Frankreichs. Er tritt die Nachfolge von Gabriel Attal an, der mit 35 Jahren der jüngste Premierminister war und erst vor acht Monaten ernannt wurde. Die Ernennung Barniers – der sich selbst als Gaullist bezeichnet – sendet ein Signal der Stabilität nach Brüssel, an die europäischen Partner und an die Finanzmärkte, sagt Eric Maurice vom European Policy Center (EPC). Das Signal bestehe darin, “dass es keinen Bruch in der Politik geben wird, die Emmanuel Macron seit seiner Wahl 2017 verfolgt.” Das heißt, die Haushaltsdisziplin und die Rentenreform werden wohl Bestand haben.
Barniers Ernennung biete “die Chance auf eine möglichst breite Zustimmung”, teilte der Elysée-Palast am Donnerstag mit. Tatsächlich wird Barnier jedoch erhebliche Schwierigkeiten haben, eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu finden. Seit der Parlamentswahl im Juli ist die Nationalversammlung in drei Blöcke geteilt: den Linksblock mit der Nouveau Front Populaire (NFP), den Rechtsblock des Rassemblement National und den Macron-Block. Die Republikaner, zu denen Barnier gehört, sind blockfrei.
Das Problem ist: Keiner der Blöcke verfügt über eine Mehrheit. Die konservativen Republikaner hatten noch vor wenigen Tagen betont, nicht Teil einer Regierung sein zu wollen. Barniers Ernennung haben sie nun aber begrüßt. Auch Macrons Mitte-Lager wird dem neuen Regierungschef keine Steine in den Weg legen. Die NFP dagegen hatte eine eigene Kandidatin vorgeschlagen und wird Barnier nicht akzeptieren. Die Sozialisten kündigten bereits ein Misstrauensvotum an. Barnier werde demnach “sehr stark vom guten Willen des Rassemblement National abhängen”, analysiert Eric Maurice.
Der RN drohte bei nahezu allen zuvor kursierenden Premier-Kandidaten mit einem Misstrauensvotum. Nicht zuletzt deshalb scheiterten diese. Bei Barnier könnten sie nun erneut ihre Macht ausspielen – diesmal mit ihrer Zustimmung. Man möchte erst einmal die Regierungserklärung des Neuen abwarten, teilte der RN mit. Barniers Äußerungen zur Migrationspolitik und seine oftmals kritische Haltung zu EU-Vorschriften hatten trotz seines klaren Bekenntnisses zur EU für Verwunderung in Brüssel gesorgt und verfingen beim RN.
Der sozialistische Abgeordnete und ehemalige Präsident François Hollande kritisierte, dass Barnier nur deshalb von Präsident Macron ernannt werden konnte, “weil der RN eine Art Freigabe erteilt hat”. Auch wenn der RN nicht mehr vom Frexit spreche, sei diese Partei alles andere als pro-europäisch, mahnte ein anderer französischer Abgeordener.
Zu den schwierigen Mehrheitsverhältnissen in Frankreich kommt hinzu, dass der französische Premierminister auf der europäischen Bühne wenig Gewicht hat. “In Frankreich ist der Premierminister der große Abwesende in Brüssel. Er sitzt nicht im Europäischen Rat und arbeitet im Hintergrund des Staatspräsidenten und seiner Minister”, erklärt Maurice.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte Michel Barnier am Donnerstag zu seiner Ernennung. Der ehemalige Brexit-Unterhändler habe “die Interessen Europas und Frankreichs im Herzen, wie seine langjährige Erfahrung beweist”, schrieb sie im sozialen Netzwerk X und wünschte ihm “viel Erfolg bei seiner neuen Aufgabe”.
Am kommenden Mittwoch will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren Vorschlag für die 26 Kommissarsposten vorstellen – bis die Neuen ihre Ämter antreten, vergeht aber noch einige Zeit. Erst in der Woche ab dem 14. Oktober werden sich die designierten Kommissarinnen und Kommissare voraussichtlich ihren Anhörungen im Europaparlament stellen müssen.
Das Parlament braucht die Zeit, um sich für die Hearings zu sortieren und die Kandidaten abzuklopfen. Die nötigen Unterlagen wird das Parlament wohl frühestens am Donnerstag erhalten. Und zwar nicht direkt von der Kommissionspräsidentin, sondern vom Rat: Formal konsultiert dieser das Europäische Parlament und übermittelt die Lebensläufe der Kandidaten, deren Erklärungen zu möglichen Interessenkonflikten und die Mission letters, mit denen die Kommissionspräsidentin die Portfolios und Aufgaben umreißt. Dass von der Leyen am Mittwoch zunächst die Fraktionschefs trifft, ist eine Geste, dass sie die Legislative eng einbinden will.
Der Chef der Konferenz der Ausschussvorsitzenden (CCC), Bernd Lange (SPD), wird dann einen Zeitplan sowie die Kompetenzverteilung der Anhörungen auf die Parlamentsausschüsse vorschlagen und dem Gremium der Fraktionschefs (CoP) übermitteln. Geben diese grünes Licht, ist wieder die CCC gefragt. Die Chefs der Ausschüsse verständigen sich auf die allgemeinen und fachlichen Fragen, die den Bewerbern zur schriftlichen Beantwortung vor der Anhörung gestellt werden. Die CoP muss die Fragenkataloge bestätigen.
Der Rechtsausschuss des Parlaments prüft die Erklärungen der Bewerber zu möglichen Interessenkonflikten. Was sie angeben müssen, geht aus dem Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder hervor. Die Bewerber müssen sehr detailliert Stellung nehmen zu:
Sollte der Rechtsausschuss einen Interessenkonflikt feststellen, macht er Vorschläge, wie diese aufgelöst werden können – etwa durch den Verkauf von Unternehmensbeteiligungen.
Die Bestätigungsanhörungen der Bewerber in den Fachausschüssen werden von den Ausschussvorsitzenden und den jeweiligen Koordinatoren der Fraktionen organisiert. Wenn der Aufgabenbereich des Bewerbers mehrere Ausschüsse betrifft, kooperieren die Ausschüsse. Wenn die Arbeit von anderen Ausschüssen nur berührt wird, haben sie Gaststatus.
Jedem Bewerber werden rechtzeitig vor der Anhörung Fragen vorgelegt. Je zwei Fragen stellt die CCC. Die erste Frage zielt auf die allgemeine Befähigung, den Einsatz für Europa und die eigene Unabhängigkeit. Die zweite Frage zielt auf den Geschäftsbereich und die Zusammenarbeit mit dem Parlament.
Der zuständige Ausschuss stellt fünf Fragen. Wenn mehrere Ausschüsse beteiligt sind, sind je drei Fragen erlaubt. Die Lebensläufe und Antworten auf die schriftlichen Fragen werden vor der Anhörung auf der Webseite des Parlaments veröffentlicht. Für die Anhörungen sind drei Stunden angesetzt. Vier Stunden sind auch möglich, wenn das Portfolio besonders kompliziert ist und mehrere Ausschüsse beteiligt sind. Die Sitzungen werden dabei live übertragen.
Die Bewertung der Anhörungen erfolgt durch die Chefs der Ausschüsse sowie die Koordinatoren. Sie setzen sich unmittelbar nach Ende der Anhörung zusammen und erstellen je ein Bewertungsschreiben pro Bewerber. Entscheidend sind die Stimmen der Koordinatoren, die ihre Fraktion bei der Abstimmung vertreten. Für grünes Licht ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Abstimmen können nur Fraktionen, fraktionslose sind außen vor.
Wenn weniger als zwei Drittel für einen Bewerber stimmen, dürfen weitere schriftliche Fragen zur Beantwortung eingereicht werden und eine zweite Anhörung von bis zu 90 Minuten ist möglich, wenn dies die CoP unterstützt. Die Bewertungsschreiben der Ausschüsse werden binnen 24 Stunden nach Ende des Bewertungsprozesses der CCC und der CoP übermittelt. Die Fraktionschefs beschließen, dass das Bewerbungsverfahren beendet ist und genehmigen die Veröffentlichung der Bewertungsschreiben.
Sollten alle Kandidaten ihr Hearing bestehen, könnte bereits während des Plenums Ende Oktober über die gesamte Kommission abgestimmt werden. Das aber sei “wenig realistisch”, sagt ein erfahrener Abgeordneter. Die Parlamentarier fordern traditionell mindestens einen Kopf, schon um Stärke gegenüber Kommission und Mitgliedstaaten zu demonstrieren. Dieses Mal könnte das Parlament auch mehrere Aspiranten durchfallen lassen. Als Wackelkandidat gilt nicht nur der Ungar Olivér Varhélyi. Bei Liberalen und Sozialisten formiert sich auch Widerstand gegen den italienischen Fratelli-Kandidaten Raffaele Fitto.
Wenn das Parlament einen Bewerber ablehnt, könnte die neue Kommission erst zum 1. Dezember starten. Die betroffene Regierung müsste einen anderen Namen nominieren, der erneut angehört würde. Die nächste Plenumswoche für die finale Abstimmung steht aber erst Ende November auf dem Programm.
Beim jährlichen Treffen des Think-Tanks Bruegel, das diese Woche in Brüssel stattfand, boten hohe Kommissionsbeamte einen Einblick in die Vorbereitungsarbeiten zum nächsten langfristigen EU-Budget. Schon im Sommer 2025 wird die Kommission einen ersten Vorschlag für den MFR von 2028 bis 2034 präsentieren.
Gleichzeitig sind die Beamten daran, Handlungsvorschläge für die neue Kommission vorzubereiten. Die Weichen für den neuen MFR werden also schon jetzt gestellt. Klar ist, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) dabei eine große Rolle spielen wird. Durch sie ist der EU-Haushalt in diesen Jahren von normalerweise ein Prozent auf aktuell 1,7 Prozent des EU-BIP angewachsen. “Die Frage der Größe [des MFR] ist immer komplex, aber ich denke, sie wird dieses Mal noch komplexer sein”, sagte Stéphanie Riso, die Generaldirektorin für das Budget.
Neben der Größe stellen sich aber auch Design-Fragen, bei denen Riso Erkenntnisse aus der ARF einfließen lassen will. So zum Beispiel die Auszahlungslogik, dass EU-Gelder an Reformen in den Mitgliedstaaten gekoppelt werden: “Das ist ein sehr interessantes Merkmal für das neue Budget”, meinte Riso, denn dieser Ansatz habe die Verbindung zwischen EU-Prioritäten und nationalen Prioritäten verstärkt.
Ebenfalls interessant sei die Finanzierung über gemeinsame Schulden. Riso betonte zwar, dass die Schuldenaufnahme als einmaliges Vorgehen konzipiert war, aber sie wies auf die nach ihrer Meinung positiven Effekte im europäischen Kapitalmarkt hin. “Wir haben mit diesen Schulden auch ein neues, sehr sicheres, sehr liquides ‘safe asset’ in den Kapitalmarkt gebracht”, was sicher auch die Entwicklung der Kapitalmarktunion unterstützen würde.
Eine weitere Lektion aus der ARF sei, dass der EU-Haushalt als Instrument zur Krisenbewältigung benutzt werden könne. Dies könne im neuen MFR aber nur funktionieren, wenn er einfacher und flexibler wird. “Wir sind zu komplex geworden”, klagte Riso. Es gebe mittlerweile 52 Programme, von denen einige dieselben Ziele verfolgen, aber mit unterschiedlichen Förderungskriterien und Reporting-Regeln. “Da würden uns einheitliche Regeln helfen und ein einziger Plan pro Land, der Reformen mit Investitionen verbindet”, sagte sie in Anlehnung an die ARF.
Gegen diese Entwicklung gibt es aber auch Vorbehalte. Staaten und Bundesländer, die aktuell viele Kohäsionsgelder empfangen, sehen ihre Interessen bedroht, wenn das Geld an neue Bedingungen geknüpft wird. Zudem stärkt die ARF-Methodik die Position der Kommission gegenüber den nationalen Regierungen. Denn die vereinbarten Reformen und Maßnahmen müssen von der Kommission abgesegnet und kontrolliert werden.
Dazu kommt, dass auch der Wiederaufbaufonds selbst in der Kritik steht, weil sich seine Umsetzung verzögert. Am vergangenen Montag hatte der EU-Rechnungshof in einem Bericht diese Verzögerung bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten kritisiert und gewarnt, dass die Verzögerungen die Zielerreichung des Fonds gefährdeten.
Gegen diese Kritik wehrte sich bei der Bruegel-Konferenz ein weiterer EU-Chefbeamter. “Die Berichterstattung über die Absorbierung der ARF war zu negativ”, beklagte sich der Generaldirektor der Generaldirektion für wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten, Maarten Verwey.
Der Bericht des Rechnungshofs bezieht sich nur auf die Periode bis 2023. Deshalb betonte Verwey: “Wir haben gesehen, dass die Umsetzung dieses Jahr Fahrt aufgenommen hat, und wir erwarten, dass wir bis Ende des Jahres bei weit über 300 Milliarden [Euro an ausbezahlten RRF-Geldern] sein werden.” Das sei zwar immer noch leicht unter dem Auszahlungsfortschritt, den man sich erhofft hatte, aber sei immer noch viel schneller als jedes EU-Budgetinstrument, das man zuvor hatte.
Um die Interpretation des ARF-Erfolgs oder Misserfolgs wird hart gekämpft. Denn ob die EU-Kommission Elemente des Wiederaufbaufonds in den neuen MFR übertragen kann, wird unter anderem davon abhängen, ob der Wiederaufbaufonds als Erfolg gilt oder nicht. “Der Beweis, dass [der Wiederaufbaufonds] funktioniert hat, ist essenziell für jede Diskussion, die wir in Zukunft über neue Wirtschaftsinstrumente haben werden”, sagte der Eurogruppenpräsident Paschal Donohoe in Brüssel.
09.09.2024 – 14:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Aussprache mit der Kommission über die Verhandlungen über das plurilaterale
WTO-Übereinkommen über den elektronischen Handel, Aussprache mit Sabine Weyand (Generaldirektorin der GD Handel, Kommission). Vorläufige Tagesordnung
09.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Öffentliche Gesundheit (SANT)
Themen: Gedankenaustausch zwischen Mitgliedern des SANT-Unterausschusses zum Thema “Öffentliche Gesundheit in der 10. Wahlperiode des Europäischen Parlaments”. Vorläufige Tagesordnung
09.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Regionale Entwicklung (REGI)
Themen: Gedankenaustausch mit Kommissarin Ferreira über die Kohäsionspolitik, Gedankenaustausch mit dem Vertreter des Ausschusses der Regionen zur Kohäsionspolitik. Vorläufige Tagesordnung
10.09.2024
EuGh-Urteil zum Missbrauch marktbeherrschender Stellung – Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes
Themen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet darüber, ob Google eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Milliarden Euro aufgrund des möglichen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschinenbetreiber zahlen muss. Rechtsmittel
11.09.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Bericht zur Lage der Energieunion. Infos
13.09.-14.09.2024
Informelle Tagung der Wirtschafts- und Finanzminister
Themen: Nachhaltige Finanzierung des grünen Wandels, Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung, Neue Finanzierungsmöglichkeiten zur Unterstützung einkommensschwacher Länder bei ihrer Reaktion auf globale Herausforderungen. Infos
13.09.2024
Euro-Gruppe
Themen: Die Wirtschafts- und Finanzminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Nachdem die Ergebnisse des Strategiedialogs Landwirtschaft veröffentlicht wurden, wird deutlich: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen setzt einen merklich stärkeren Fokus auf das Thema Marktmacht als das Verbändegremium, dessen Empfehlungen eigentlich in ihre Pläne für die neue Amtszeit einfließen sollen.
“Wir müssen uns die Lieferketten genau anschauen“, betonte von der Leyen bei der Vorstellung des Abschlussberichts am Mittwoch. Dass Betriebe teils systematisch gezwungen seien, unter Produktionskosten zu verkaufen, könne nicht angehen. Schon in ihrer Bewerbungsrede vor dem Europäischen Parlament hatte die CDU-Politikerin das Thema hervorgehoben.
Im Gegensatz dazu bleiben die Vorschläge des Strategiedialogs zur Marktmacht recht vorsichtig. Neben Bauernvertretern und NGOs saßen auch Vertreter aus Lebensmittelwirtschaft und Einzelhandel in dem Gremium, das sich im Konsens auf einen Kompromisstext geeinigt hat. Zwar fordert auch dieser, die Position der Landwirte in der Lieferkette zu stärken. Er empfiehlt aber keine schärferen Regeln für Käufer, in Sachen unlautere Handelspraktiken soll lediglich bestehendes EU-Recht umgesetzt werden.
Stattdessen setzt das Stakeholder-Gremium darauf, dass Landwirte ihrerseits wettbewerbsfähiger werden: Durch Zusammenarbeit mit anderen Betrieben, beispielsweise durch die gemeinsame Nutzung von Maschinen, und durch neue Technologien sollen sie ihre Produktionskosten senken. Die Politik soll dazu beitragen, indem sie rechtliche Hürden abbaut und Weiterbildungsangebote schafft.
Gleichzeitig sollen Genossenschaften gestärkt werden, um die Marktmacht der Bauern zu verbessern, fordert der Strategiedialog. Durch welche konkreten Maßnahmen lässt das Gremium aber offen. Die Kommission hat sich des Themas bereits angenommen: Voraussichtlich im Herbst will sie Änderungen an der Gemeinsamen Marktordnung vorschlagen. Erwartet wird, dass damit die rechtlichen Bedingungen für Genossenschaften vereinfacht werden.
Der Schritt ist Teil eines nichtbindenden Fahrplans zur Stärkung der Marktmacht von Landwirten, den die EU-Kommission Anfang des Jahres hierzu vorgelegt hat und auf den von der Leyen am Mittwoch erneut verwies. Darin ist auch eine Evaluierung der Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken vorgesehen, die, wenn nötig, in eine Reform derselben münden soll. jd
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Athanasios Rantos, hat vorgeschlagen, die Rechtsmittel von zwölf Fluggesellschaften gegen Urteile des Gerichts der Europäischen Union gegen ein Luftfrachtkartell abzuweisen. Nur im Fall der SAS Cargo Group solle das Urteil teilweise aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen werden. Es geht um die Höhe der gegen SAS verhängten Geldbuße.
Die Verfahren beziehen sich auf eine Entscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2017, die ein weitreichendes Kartell im Luftfrachtsektor aufdeckte und sanktionierte. Zwischen 1999 und 2006 hatten zahlreiche Fluggesellschaften, darunter Air France, Lufthansa und Singapore Airlines, in Preisabsprachen über Treibstoffzuschläge, Sicherheitszuschläge und die Verweigerung von Provisionen auf Zuschläge kooperiert. Die Aufdeckung des Kartells löste damals eine Welle der Empörung aus: Es galt als einer der schwerwiegendsten Fälle von Marktmanipulation im europäischen Luftverkehrsmarkt und verdeutlichte die Herausforderungen im Kampf gegen illegale Absprachen in globalen Branchen.
Die Kartellwächter der Kommission verhängten nach mehrjährigen Ermittlungen Geldbußen in Höhe von insgesamt fast 800 Millionen Euro. Dabei verschonte die Kommission die Lufthansa, weil diese als Kronzeugin das Verfahren erst in Gang gebracht hatte. Sie musste aber zivilrechtliche Ansprüche begleichen, beispielsweise gegenüber der Deutschen Bahn.
Beobachter sahen in der Entscheidung ein starkes Signal gegen Wettbewerbsverstöße. Gleichzeitig betonten Kritiker, dass die Komplexität des Falls und die lange Verfahrensdauer Schwächen im europäischen Wettbewerbsrecht offenlegten. Die betroffenen Fluggesellschaften legten Berufung ein und bestritten sowohl die Zuständigkeit der Kommission als auch die Höhe der verhängten Strafen.
Generalanwalt Rantos stellt sich nun weitgehend hinter die Kommission. Er argumentiert, die Absprachen hätten erhebliche Auswirkungen auf den EU-Markt gehabt und die Sanktionen seien gerechtfertigt. Für SAS Cargo sieht er jedoch mögliche Fehler bei der Berechnung der Strafe und empfiehlt eine neue Bewertung durch das Gericht. Eine endgültige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird in den kommenden Monaten erwartet. vis
Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs, Laila Medina, wirft Google einen möglichen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vor. Anlass ist die Entscheidung des Unternehmens, Dritten den Zugang zur Plattform Android Auto zu verwehren. Konkret geht es um die Weigerung von Google, die App Juice Pass des Unternehmens Enel X auf Android Auto zuzulassen. Die App bietet Dienstleistungen für das Laden von Elektrofahrzeugen an.
Hintergrund ist ein Streit, der auf die Entscheidung der italienischen Wettbewerbsbehörde zurückgeht. Diese hatte festgestellt, dass Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht habe, indem es die Veröffentlichung der Juice-Pass-App auf Android Auto behinderte. Enel X hatte Google 2018 gebeten, die App mit Android Auto kompatibel zu machen, was Google mit Verweis auf Sicherheitsbedenken und fehlende Ressourcen ablehnte. Daraufhin klagte Enel X vor dem italienischen Staatsrat, der den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiterleitete.
Die Generalanwältin stellte in ihren Schlussanträgen klar, dass die üblichen Kriterien für eine Zugangsverweigerung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen hier nicht greifen. Diese sogenannten Bronner-Voraussetzungen gelten laut Medina nicht, da die Plattform Android Auto nicht exklusiv für Google entwickelt wurde, sondern Apps von Drittanbietern aufnehmen soll. Damit missbrauche Google seine Stellung, wenn es den Zugang für die App verweigert, verzögert oder behindert und dieses Verhalten nicht objektiv gerechtfertigt ist.
Eine solche Rechtfertigung könnte nur vorliegen, wenn der Zugang technisch unmöglich wäre oder die Leistung der Plattform beeinträchtigen könnte. Google müsse nach Ansicht der Generalanwältin sicherstellen, dass Drittanbieter nicht diskriminiert werden, solange die Zugangsanforderungen angemessen und erfüllbar sind.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet. Die Schlussanträge sind für den Gerichtshof nicht bindend. Dennoch folgt er diesen häufig. Dann muss sich Google auf mehrere Konsequenzen einstellen:
Insgesamt könnte ein Urteil gegen Google erhebliche Änderungen im Marktverhalten und eine neue Ausrichtung der Plattformstrategie erfordern, um den Anforderungen des Wettbewerbsrechts gerecht zu werden. vis
Die Kommission hat am Donnerstag im Namen der Europäischen Union das Rahmenübereinkommen des Europarats über Künstliche Intelligenz (KI), Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterzeichnet. Věra Jourová, Vizepräsidentin der Kommission für Werte und Transparenz, setzte in Vilnius ihre Unterschrift unter das weltweit erste völkerrechtlich verbindliche Übereinkommen zu KI.
“Wir müssen sicherstellen, dass der zunehmende Einsatz von KI unsere Normen bewahrt, anstatt sie zu untergraben”, erklärte die Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić. Die KI-Konvention sei “ein starker und ausgewogener Text”. Dieser sei das Ergebnis eines offenen und inklusiven Ansatzes, geprägt von vielfältigen und fachkundigen Perspektiven. Als offener Vertrag habe er eine potenziell globale Reichweite.
Nicht nur Mitgliedstaaten des Europarates können Teil des KI-Rahmenübereinkommens werden. Es steht auch dritten Staaten offen. So haben neben der Europäischen Union, dem Vereinigten Königreich, Norwegen, Island, Georgien, der Republik Moldau, Andorra und San Marino heute auch die USA und Israel die KI-Konvention unterzeichnet.
“Wir brauchen auch auf globaler Ebene rechtlich verbindliche Regeln für die Entwicklung und die Nutzung von KI. Nur so kann es uns gelingen, unsere Grundwerte – Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – zu schützen und gleichzeitig Fortschritt und Innovation zu fördern”, sagte Staatssekretärin Angelika Schlunck aus dem Bundesjustizministerium. Die KI-Konvention des Europarates sei integraler Bestandteil für den Aufbau einer von Deutschland maßgeblich unterstützten internationalen KI-Governance.
Mit der Unterzeichnung bekennt sich die EU zu einem menschenzentrierten und sicheren Einsatz von KI. Das Übereinkommen sei voll und ganz mit dem Unionsrecht und dem europäischen KI-Gesetz (AI Act) vereinbar, teilte die Kommission mit. Der AI Act ist die erste umfassende KI-Verordnung weltweit. Die EU, vertreten durch die Kommission und mit Unterstützung der Mitgliedstaaten, habe sich sehr aktiv an den Verhandlungen zum KI-Rahmenübereinkommen beteiligt, hieß es weiter.
Das KI-Rahmenabkommen schreibt Grundsätze für vertrauenswürdige KI vor, wie Transparenz, Rechenschaftspflicht und Datenschutz. Es unterstützt die Entwicklung sicherer Innovationen durch Reallabore (regulatory sandboxes) und verlangt eine stärkere Dokumentation sowie Aufsicht über KI-Systeme. Zudem sieht es spezifische Maßnahmen vor, um diskriminierende Praktiken zu verhindern und die Integrität demokratischer Prozesse zu sichern. Das Übereinkommen enthält Ausnahmen für Forschung und Entwicklung sowie für die nationale Sicherheit.
Die EU-Kommission plant nun, einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Übereinkommen auszuarbeiten. Das Europäische Parlament sollte ebenfalls seine Zustimmung erteilen, bevor das Übereinkommen endgültig in Kraft tritt. vis
Die Liberalen im EU-Parlament streben einen Initiativbericht zu Energienetzen an. Eine Entscheidung könnte bereits bei einem Treffen der Koordinatoren des Industrieausschusses in der kommenden Woche fallen, sagte der französische Abgeordnete Christophe Grudler am Donnerstag zu Table.Briefings. Grudler ist der ITRE-Koordinator für die Renew-Fraktion.
Grudler will eine Neuverteilung der Gelder aus der Connecting Europe Facility (CEF), dem wichtigsten, aber dennoch schwach ausgestatteten EU-Fonds für grenzüberschreitende Energievorhaben. “Wenn bereits ausgewählte, sehr teure Projekte lange dauern und nicht vorankommen, sollten wir die Gelder stattdessen in effizientere Vorhaben umleiten“, sagte Grudler. ber
Für die Kooperation zwischen dem ungarischen Konzern Acemil und dem chinesischen Schienenfahrzeughersteller China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) könnte nun ein eigenes Werk in Ungarn entstehen, um den europäischen Markt zu beliefern. Das berichtete die Branchenplattform Railway Gazette.
Acemil hatte im Mai dieses Jahres einen Kooperationsvertrag CRRC ZELC, einer Tochtergesellschaft des chinesischen Staatskonzerns, unterzeichnet. Die Produktionsanlagen sollen dem Bericht zufolge ab nächstem Jahr betriebsbereit sein. Die beiden Unternehmen möchten auch eine Einrichtung für Trainings sowie Forschung und Entwicklung errichten.
CRRC ZELC stellt in erster Linie Rangier- und Güterzuglokomotiven her. Diese sollen für den europäischen Markt nun auch aus ungarischer Produktion kommen: Die wichtigsten Produkte, die CRRC ZELC für den EU-Markt herstellen möchte, sind laut Bericht Strecken- und Rangierlokomotiven, elektrische Triebzüge und Doppelstockzüge. CRRC ZELC und Acemil gehen demnach davon aus, dass alle vier dieser Produktlinien in Zukunft in Ungarn hergestellt werden könnten.
Mit der Herstellung in der EU gemeinsam mit Acemil kann CRRC ZELC auch größere Ausschreibungen annehmen, ohne Ziel der Foreign Subsidies Regulation zu werden, die Subventionen aus Drittstaaten innerhalb der EU überprüft. In Bulgarien hatte sich eine weitere CRRC-Tochter, CRRC Qingdao Sifang Locomotive, bereits aus einer Ausschreibung zurückgezogen, nachdem die EU-Kommission eine Untersuchung eingeleitet hatte. ari
im Europäischen Parlament werden die ersten Zuständigkeiten für die Dossiers verteilt. Berichterstatter für das European Defence Investment Programme wird Francois-Xavier Bellamy (EVP). Am Donnerstag verkündete außerdem der rumänische EVP-Abgeordnete Siegfried Mureșan, dass er zum Berichterstatter für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ernannt wurde. Etwas länger brauchen die Sozialdemokraten. Sie werden Mureșans Co-Berichterstatter voraussichtlich Anfang kommender Woche ernennen.
Mureșan und sein S&D-Kollege werden für das wohl wichtigste Dossier der neuen Legislatur zuständig sein. Wie die EU-Kommission für einen effektiveren MFR wirbt, lesen Sie in der Analyse meines Kollegen János Allenbach-Ammann.
Die Begehrlichkeiten sind groß – etwa zur Finanzierung der Energieinfrastruktur. Polen, das die nächste Ratspräsidentschaft innehaben wird, hätte es zum Beispiel am liebsten, wenn mit EU-Mitteln künftig im großen Stil Stromverteilnetze bezuschusst würden und nicht nur wichtige Transportleitungen zwischen den Mitgliedstaaten. Das hatte Klimastaatssekretär Krzysztof Bolesta am Mittwoch beim Annual Meeting von Bruegel durchklingen lassen.
Ihr
Manuel Berkel
Der 73-jährige Michel Barnier ist der älteste Premierminister in der Geschichte Frankreichs. Er tritt die Nachfolge von Gabriel Attal an, der mit 35 Jahren der jüngste Premierminister war und erst vor acht Monaten ernannt wurde. Die Ernennung Barniers – der sich selbst als Gaullist bezeichnet – sendet ein Signal der Stabilität nach Brüssel, an die europäischen Partner und an die Finanzmärkte, sagt Eric Maurice vom European Policy Center (EPC). Das Signal bestehe darin, “dass es keinen Bruch in der Politik geben wird, die Emmanuel Macron seit seiner Wahl 2017 verfolgt.” Das heißt, die Haushaltsdisziplin und die Rentenreform werden wohl Bestand haben.
Barniers Ernennung biete “die Chance auf eine möglichst breite Zustimmung”, teilte der Elysée-Palast am Donnerstag mit. Tatsächlich wird Barnier jedoch erhebliche Schwierigkeiten haben, eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu finden. Seit der Parlamentswahl im Juli ist die Nationalversammlung in drei Blöcke geteilt: den Linksblock mit der Nouveau Front Populaire (NFP), den Rechtsblock des Rassemblement National und den Macron-Block. Die Republikaner, zu denen Barnier gehört, sind blockfrei.
Das Problem ist: Keiner der Blöcke verfügt über eine Mehrheit. Die konservativen Republikaner hatten noch vor wenigen Tagen betont, nicht Teil einer Regierung sein zu wollen. Barniers Ernennung haben sie nun aber begrüßt. Auch Macrons Mitte-Lager wird dem neuen Regierungschef keine Steine in den Weg legen. Die NFP dagegen hatte eine eigene Kandidatin vorgeschlagen und wird Barnier nicht akzeptieren. Die Sozialisten kündigten bereits ein Misstrauensvotum an. Barnier werde demnach “sehr stark vom guten Willen des Rassemblement National abhängen”, analysiert Eric Maurice.
Der RN drohte bei nahezu allen zuvor kursierenden Premier-Kandidaten mit einem Misstrauensvotum. Nicht zuletzt deshalb scheiterten diese. Bei Barnier könnten sie nun erneut ihre Macht ausspielen – diesmal mit ihrer Zustimmung. Man möchte erst einmal die Regierungserklärung des Neuen abwarten, teilte der RN mit. Barniers Äußerungen zur Migrationspolitik und seine oftmals kritische Haltung zu EU-Vorschriften hatten trotz seines klaren Bekenntnisses zur EU für Verwunderung in Brüssel gesorgt und verfingen beim RN.
Der sozialistische Abgeordnete und ehemalige Präsident François Hollande kritisierte, dass Barnier nur deshalb von Präsident Macron ernannt werden konnte, “weil der RN eine Art Freigabe erteilt hat”. Auch wenn der RN nicht mehr vom Frexit spreche, sei diese Partei alles andere als pro-europäisch, mahnte ein anderer französischer Abgeordener.
Zu den schwierigen Mehrheitsverhältnissen in Frankreich kommt hinzu, dass der französische Premierminister auf der europäischen Bühne wenig Gewicht hat. “In Frankreich ist der Premierminister der große Abwesende in Brüssel. Er sitzt nicht im Europäischen Rat und arbeitet im Hintergrund des Staatspräsidenten und seiner Minister”, erklärt Maurice.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte Michel Barnier am Donnerstag zu seiner Ernennung. Der ehemalige Brexit-Unterhändler habe “die Interessen Europas und Frankreichs im Herzen, wie seine langjährige Erfahrung beweist”, schrieb sie im sozialen Netzwerk X und wünschte ihm “viel Erfolg bei seiner neuen Aufgabe”.
Am kommenden Mittwoch will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren Vorschlag für die 26 Kommissarsposten vorstellen – bis die Neuen ihre Ämter antreten, vergeht aber noch einige Zeit. Erst in der Woche ab dem 14. Oktober werden sich die designierten Kommissarinnen und Kommissare voraussichtlich ihren Anhörungen im Europaparlament stellen müssen.
Das Parlament braucht die Zeit, um sich für die Hearings zu sortieren und die Kandidaten abzuklopfen. Die nötigen Unterlagen wird das Parlament wohl frühestens am Donnerstag erhalten. Und zwar nicht direkt von der Kommissionspräsidentin, sondern vom Rat: Formal konsultiert dieser das Europäische Parlament und übermittelt die Lebensläufe der Kandidaten, deren Erklärungen zu möglichen Interessenkonflikten und die Mission letters, mit denen die Kommissionspräsidentin die Portfolios und Aufgaben umreißt. Dass von der Leyen am Mittwoch zunächst die Fraktionschefs trifft, ist eine Geste, dass sie die Legislative eng einbinden will.
Der Chef der Konferenz der Ausschussvorsitzenden (CCC), Bernd Lange (SPD), wird dann einen Zeitplan sowie die Kompetenzverteilung der Anhörungen auf die Parlamentsausschüsse vorschlagen und dem Gremium der Fraktionschefs (CoP) übermitteln. Geben diese grünes Licht, ist wieder die CCC gefragt. Die Chefs der Ausschüsse verständigen sich auf die allgemeinen und fachlichen Fragen, die den Bewerbern zur schriftlichen Beantwortung vor der Anhörung gestellt werden. Die CoP muss die Fragenkataloge bestätigen.
Der Rechtsausschuss des Parlaments prüft die Erklärungen der Bewerber zu möglichen Interessenkonflikten. Was sie angeben müssen, geht aus dem Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder hervor. Die Bewerber müssen sehr detailliert Stellung nehmen zu:
Sollte der Rechtsausschuss einen Interessenkonflikt feststellen, macht er Vorschläge, wie diese aufgelöst werden können – etwa durch den Verkauf von Unternehmensbeteiligungen.
Die Bestätigungsanhörungen der Bewerber in den Fachausschüssen werden von den Ausschussvorsitzenden und den jeweiligen Koordinatoren der Fraktionen organisiert. Wenn der Aufgabenbereich des Bewerbers mehrere Ausschüsse betrifft, kooperieren die Ausschüsse. Wenn die Arbeit von anderen Ausschüssen nur berührt wird, haben sie Gaststatus.
Jedem Bewerber werden rechtzeitig vor der Anhörung Fragen vorgelegt. Je zwei Fragen stellt die CCC. Die erste Frage zielt auf die allgemeine Befähigung, den Einsatz für Europa und die eigene Unabhängigkeit. Die zweite Frage zielt auf den Geschäftsbereich und die Zusammenarbeit mit dem Parlament.
Der zuständige Ausschuss stellt fünf Fragen. Wenn mehrere Ausschüsse beteiligt sind, sind je drei Fragen erlaubt. Die Lebensläufe und Antworten auf die schriftlichen Fragen werden vor der Anhörung auf der Webseite des Parlaments veröffentlicht. Für die Anhörungen sind drei Stunden angesetzt. Vier Stunden sind auch möglich, wenn das Portfolio besonders kompliziert ist und mehrere Ausschüsse beteiligt sind. Die Sitzungen werden dabei live übertragen.
Die Bewertung der Anhörungen erfolgt durch die Chefs der Ausschüsse sowie die Koordinatoren. Sie setzen sich unmittelbar nach Ende der Anhörung zusammen und erstellen je ein Bewertungsschreiben pro Bewerber. Entscheidend sind die Stimmen der Koordinatoren, die ihre Fraktion bei der Abstimmung vertreten. Für grünes Licht ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Abstimmen können nur Fraktionen, fraktionslose sind außen vor.
Wenn weniger als zwei Drittel für einen Bewerber stimmen, dürfen weitere schriftliche Fragen zur Beantwortung eingereicht werden und eine zweite Anhörung von bis zu 90 Minuten ist möglich, wenn dies die CoP unterstützt. Die Bewertungsschreiben der Ausschüsse werden binnen 24 Stunden nach Ende des Bewertungsprozesses der CCC und der CoP übermittelt. Die Fraktionschefs beschließen, dass das Bewerbungsverfahren beendet ist und genehmigen die Veröffentlichung der Bewertungsschreiben.
Sollten alle Kandidaten ihr Hearing bestehen, könnte bereits während des Plenums Ende Oktober über die gesamte Kommission abgestimmt werden. Das aber sei “wenig realistisch”, sagt ein erfahrener Abgeordneter. Die Parlamentarier fordern traditionell mindestens einen Kopf, schon um Stärke gegenüber Kommission und Mitgliedstaaten zu demonstrieren. Dieses Mal könnte das Parlament auch mehrere Aspiranten durchfallen lassen. Als Wackelkandidat gilt nicht nur der Ungar Olivér Varhélyi. Bei Liberalen und Sozialisten formiert sich auch Widerstand gegen den italienischen Fratelli-Kandidaten Raffaele Fitto.
Wenn das Parlament einen Bewerber ablehnt, könnte die neue Kommission erst zum 1. Dezember starten. Die betroffene Regierung müsste einen anderen Namen nominieren, der erneut angehört würde. Die nächste Plenumswoche für die finale Abstimmung steht aber erst Ende November auf dem Programm.
Beim jährlichen Treffen des Think-Tanks Bruegel, das diese Woche in Brüssel stattfand, boten hohe Kommissionsbeamte einen Einblick in die Vorbereitungsarbeiten zum nächsten langfristigen EU-Budget. Schon im Sommer 2025 wird die Kommission einen ersten Vorschlag für den MFR von 2028 bis 2034 präsentieren.
Gleichzeitig sind die Beamten daran, Handlungsvorschläge für die neue Kommission vorzubereiten. Die Weichen für den neuen MFR werden also schon jetzt gestellt. Klar ist, dass die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) dabei eine große Rolle spielen wird. Durch sie ist der EU-Haushalt in diesen Jahren von normalerweise ein Prozent auf aktuell 1,7 Prozent des EU-BIP angewachsen. “Die Frage der Größe [des MFR] ist immer komplex, aber ich denke, sie wird dieses Mal noch komplexer sein”, sagte Stéphanie Riso, die Generaldirektorin für das Budget.
Neben der Größe stellen sich aber auch Design-Fragen, bei denen Riso Erkenntnisse aus der ARF einfließen lassen will. So zum Beispiel die Auszahlungslogik, dass EU-Gelder an Reformen in den Mitgliedstaaten gekoppelt werden: “Das ist ein sehr interessantes Merkmal für das neue Budget”, meinte Riso, denn dieser Ansatz habe die Verbindung zwischen EU-Prioritäten und nationalen Prioritäten verstärkt.
Ebenfalls interessant sei die Finanzierung über gemeinsame Schulden. Riso betonte zwar, dass die Schuldenaufnahme als einmaliges Vorgehen konzipiert war, aber sie wies auf die nach ihrer Meinung positiven Effekte im europäischen Kapitalmarkt hin. “Wir haben mit diesen Schulden auch ein neues, sehr sicheres, sehr liquides ‘safe asset’ in den Kapitalmarkt gebracht”, was sicher auch die Entwicklung der Kapitalmarktunion unterstützen würde.
Eine weitere Lektion aus der ARF sei, dass der EU-Haushalt als Instrument zur Krisenbewältigung benutzt werden könne. Dies könne im neuen MFR aber nur funktionieren, wenn er einfacher und flexibler wird. “Wir sind zu komplex geworden”, klagte Riso. Es gebe mittlerweile 52 Programme, von denen einige dieselben Ziele verfolgen, aber mit unterschiedlichen Förderungskriterien und Reporting-Regeln. “Da würden uns einheitliche Regeln helfen und ein einziger Plan pro Land, der Reformen mit Investitionen verbindet”, sagte sie in Anlehnung an die ARF.
Gegen diese Entwicklung gibt es aber auch Vorbehalte. Staaten und Bundesländer, die aktuell viele Kohäsionsgelder empfangen, sehen ihre Interessen bedroht, wenn das Geld an neue Bedingungen geknüpft wird. Zudem stärkt die ARF-Methodik die Position der Kommission gegenüber den nationalen Regierungen. Denn die vereinbarten Reformen und Maßnahmen müssen von der Kommission abgesegnet und kontrolliert werden.
Dazu kommt, dass auch der Wiederaufbaufonds selbst in der Kritik steht, weil sich seine Umsetzung verzögert. Am vergangenen Montag hatte der EU-Rechnungshof in einem Bericht diese Verzögerung bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten kritisiert und gewarnt, dass die Verzögerungen die Zielerreichung des Fonds gefährdeten.
Gegen diese Kritik wehrte sich bei der Bruegel-Konferenz ein weiterer EU-Chefbeamter. “Die Berichterstattung über die Absorbierung der ARF war zu negativ”, beklagte sich der Generaldirektor der Generaldirektion für wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten, Maarten Verwey.
Der Bericht des Rechnungshofs bezieht sich nur auf die Periode bis 2023. Deshalb betonte Verwey: “Wir haben gesehen, dass die Umsetzung dieses Jahr Fahrt aufgenommen hat, und wir erwarten, dass wir bis Ende des Jahres bei weit über 300 Milliarden [Euro an ausbezahlten RRF-Geldern] sein werden.” Das sei zwar immer noch leicht unter dem Auszahlungsfortschritt, den man sich erhofft hatte, aber sei immer noch viel schneller als jedes EU-Budgetinstrument, das man zuvor hatte.
Um die Interpretation des ARF-Erfolgs oder Misserfolgs wird hart gekämpft. Denn ob die EU-Kommission Elemente des Wiederaufbaufonds in den neuen MFR übertragen kann, wird unter anderem davon abhängen, ob der Wiederaufbaufonds als Erfolg gilt oder nicht. “Der Beweis, dass [der Wiederaufbaufonds] funktioniert hat, ist essenziell für jede Diskussion, die wir in Zukunft über neue Wirtschaftsinstrumente haben werden”, sagte der Eurogruppenpräsident Paschal Donohoe in Brüssel.
09.09.2024 – 14:30-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel (INTA)
Themen: Aussprache mit der Kommission über die Verhandlungen über das plurilaterale
WTO-Übereinkommen über den elektronischen Handel, Aussprache mit Sabine Weyand (Generaldirektorin der GD Handel, Kommission). Vorläufige Tagesordnung
09.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Öffentliche Gesundheit (SANT)
Themen: Gedankenaustausch zwischen Mitgliedern des SANT-Unterausschusses zum Thema “Öffentliche Gesundheit in der 10. Wahlperiode des Europäischen Parlaments”. Vorläufige Tagesordnung
09.09.2024 – 15:00-18:30 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Regionale Entwicklung (REGI)
Themen: Gedankenaustausch mit Kommissarin Ferreira über die Kohäsionspolitik, Gedankenaustausch mit dem Vertreter des Ausschusses der Regionen zur Kohäsionspolitik. Vorläufige Tagesordnung
10.09.2024
EuGh-Urteil zum Missbrauch marktbeherrschender Stellung – Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes
Themen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet darüber, ob Google eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Milliarden Euro aufgrund des möglichen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschinenbetreiber zahlen muss. Rechtsmittel
11.09.2024
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Bericht zur Lage der Energieunion. Infos
13.09.-14.09.2024
Informelle Tagung der Wirtschafts- und Finanzminister
Themen: Nachhaltige Finanzierung des grünen Wandels, Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung, Neue Finanzierungsmöglichkeiten zur Unterstützung einkommensschwacher Länder bei ihrer Reaktion auf globale Herausforderungen. Infos
13.09.2024
Euro-Gruppe
Themen: Die Wirtschafts- und Finanzminister kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Nachdem die Ergebnisse des Strategiedialogs Landwirtschaft veröffentlicht wurden, wird deutlich: EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen setzt einen merklich stärkeren Fokus auf das Thema Marktmacht als das Verbändegremium, dessen Empfehlungen eigentlich in ihre Pläne für die neue Amtszeit einfließen sollen.
“Wir müssen uns die Lieferketten genau anschauen“, betonte von der Leyen bei der Vorstellung des Abschlussberichts am Mittwoch. Dass Betriebe teils systematisch gezwungen seien, unter Produktionskosten zu verkaufen, könne nicht angehen. Schon in ihrer Bewerbungsrede vor dem Europäischen Parlament hatte die CDU-Politikerin das Thema hervorgehoben.
Im Gegensatz dazu bleiben die Vorschläge des Strategiedialogs zur Marktmacht recht vorsichtig. Neben Bauernvertretern und NGOs saßen auch Vertreter aus Lebensmittelwirtschaft und Einzelhandel in dem Gremium, das sich im Konsens auf einen Kompromisstext geeinigt hat. Zwar fordert auch dieser, die Position der Landwirte in der Lieferkette zu stärken. Er empfiehlt aber keine schärferen Regeln für Käufer, in Sachen unlautere Handelspraktiken soll lediglich bestehendes EU-Recht umgesetzt werden.
Stattdessen setzt das Stakeholder-Gremium darauf, dass Landwirte ihrerseits wettbewerbsfähiger werden: Durch Zusammenarbeit mit anderen Betrieben, beispielsweise durch die gemeinsame Nutzung von Maschinen, und durch neue Technologien sollen sie ihre Produktionskosten senken. Die Politik soll dazu beitragen, indem sie rechtliche Hürden abbaut und Weiterbildungsangebote schafft.
Gleichzeitig sollen Genossenschaften gestärkt werden, um die Marktmacht der Bauern zu verbessern, fordert der Strategiedialog. Durch welche konkreten Maßnahmen lässt das Gremium aber offen. Die Kommission hat sich des Themas bereits angenommen: Voraussichtlich im Herbst will sie Änderungen an der Gemeinsamen Marktordnung vorschlagen. Erwartet wird, dass damit die rechtlichen Bedingungen für Genossenschaften vereinfacht werden.
Der Schritt ist Teil eines nichtbindenden Fahrplans zur Stärkung der Marktmacht von Landwirten, den die EU-Kommission Anfang des Jahres hierzu vorgelegt hat und auf den von der Leyen am Mittwoch erneut verwies. Darin ist auch eine Evaluierung der Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken vorgesehen, die, wenn nötig, in eine Reform derselben münden soll. jd
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Athanasios Rantos, hat vorgeschlagen, die Rechtsmittel von zwölf Fluggesellschaften gegen Urteile des Gerichts der Europäischen Union gegen ein Luftfrachtkartell abzuweisen. Nur im Fall der SAS Cargo Group solle das Urteil teilweise aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückverwiesen werden. Es geht um die Höhe der gegen SAS verhängten Geldbuße.
Die Verfahren beziehen sich auf eine Entscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2017, die ein weitreichendes Kartell im Luftfrachtsektor aufdeckte und sanktionierte. Zwischen 1999 und 2006 hatten zahlreiche Fluggesellschaften, darunter Air France, Lufthansa und Singapore Airlines, in Preisabsprachen über Treibstoffzuschläge, Sicherheitszuschläge und die Verweigerung von Provisionen auf Zuschläge kooperiert. Die Aufdeckung des Kartells löste damals eine Welle der Empörung aus: Es galt als einer der schwerwiegendsten Fälle von Marktmanipulation im europäischen Luftverkehrsmarkt und verdeutlichte die Herausforderungen im Kampf gegen illegale Absprachen in globalen Branchen.
Die Kartellwächter der Kommission verhängten nach mehrjährigen Ermittlungen Geldbußen in Höhe von insgesamt fast 800 Millionen Euro. Dabei verschonte die Kommission die Lufthansa, weil diese als Kronzeugin das Verfahren erst in Gang gebracht hatte. Sie musste aber zivilrechtliche Ansprüche begleichen, beispielsweise gegenüber der Deutschen Bahn.
Beobachter sahen in der Entscheidung ein starkes Signal gegen Wettbewerbsverstöße. Gleichzeitig betonten Kritiker, dass die Komplexität des Falls und die lange Verfahrensdauer Schwächen im europäischen Wettbewerbsrecht offenlegten. Die betroffenen Fluggesellschaften legten Berufung ein und bestritten sowohl die Zuständigkeit der Kommission als auch die Höhe der verhängten Strafen.
Generalanwalt Rantos stellt sich nun weitgehend hinter die Kommission. Er argumentiert, die Absprachen hätten erhebliche Auswirkungen auf den EU-Markt gehabt und die Sanktionen seien gerechtfertigt. Für SAS Cargo sieht er jedoch mögliche Fehler bei der Berechnung der Strafe und empfiehlt eine neue Bewertung durch das Gericht. Eine endgültige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wird in den kommenden Monaten erwartet. vis
Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs, Laila Medina, wirft Google einen möglichen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vor. Anlass ist die Entscheidung des Unternehmens, Dritten den Zugang zur Plattform Android Auto zu verwehren. Konkret geht es um die Weigerung von Google, die App Juice Pass des Unternehmens Enel X auf Android Auto zuzulassen. Die App bietet Dienstleistungen für das Laden von Elektrofahrzeugen an.
Hintergrund ist ein Streit, der auf die Entscheidung der italienischen Wettbewerbsbehörde zurückgeht. Diese hatte festgestellt, dass Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht habe, indem es die Veröffentlichung der Juice-Pass-App auf Android Auto behinderte. Enel X hatte Google 2018 gebeten, die App mit Android Auto kompatibel zu machen, was Google mit Verweis auf Sicherheitsbedenken und fehlende Ressourcen ablehnte. Daraufhin klagte Enel X vor dem italienischen Staatsrat, der den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiterleitete.
Die Generalanwältin stellte in ihren Schlussanträgen klar, dass die üblichen Kriterien für eine Zugangsverweigerung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen hier nicht greifen. Diese sogenannten Bronner-Voraussetzungen gelten laut Medina nicht, da die Plattform Android Auto nicht exklusiv für Google entwickelt wurde, sondern Apps von Drittanbietern aufnehmen soll. Damit missbrauche Google seine Stellung, wenn es den Zugang für die App verweigert, verzögert oder behindert und dieses Verhalten nicht objektiv gerechtfertigt ist.
Eine solche Rechtfertigung könnte nur vorliegen, wenn der Zugang technisch unmöglich wäre oder die Leistung der Plattform beeinträchtigen könnte. Google müsse nach Ansicht der Generalanwältin sicherstellen, dass Drittanbieter nicht diskriminiert werden, solange die Zugangsanforderungen angemessen und erfüllbar sind.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet. Die Schlussanträge sind für den Gerichtshof nicht bindend. Dennoch folgt er diesen häufig. Dann muss sich Google auf mehrere Konsequenzen einstellen:
Insgesamt könnte ein Urteil gegen Google erhebliche Änderungen im Marktverhalten und eine neue Ausrichtung der Plattformstrategie erfordern, um den Anforderungen des Wettbewerbsrechts gerecht zu werden. vis
Die Kommission hat am Donnerstag im Namen der Europäischen Union das Rahmenübereinkommen des Europarats über Künstliche Intelligenz (KI), Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterzeichnet. Věra Jourová, Vizepräsidentin der Kommission für Werte und Transparenz, setzte in Vilnius ihre Unterschrift unter das weltweit erste völkerrechtlich verbindliche Übereinkommen zu KI.
“Wir müssen sicherstellen, dass der zunehmende Einsatz von KI unsere Normen bewahrt, anstatt sie zu untergraben”, erklärte die Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić. Die KI-Konvention sei “ein starker und ausgewogener Text”. Dieser sei das Ergebnis eines offenen und inklusiven Ansatzes, geprägt von vielfältigen und fachkundigen Perspektiven. Als offener Vertrag habe er eine potenziell globale Reichweite.
Nicht nur Mitgliedstaaten des Europarates können Teil des KI-Rahmenübereinkommens werden. Es steht auch dritten Staaten offen. So haben neben der Europäischen Union, dem Vereinigten Königreich, Norwegen, Island, Georgien, der Republik Moldau, Andorra und San Marino heute auch die USA und Israel die KI-Konvention unterzeichnet.
“Wir brauchen auch auf globaler Ebene rechtlich verbindliche Regeln für die Entwicklung und die Nutzung von KI. Nur so kann es uns gelingen, unsere Grundwerte – Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – zu schützen und gleichzeitig Fortschritt und Innovation zu fördern”, sagte Staatssekretärin Angelika Schlunck aus dem Bundesjustizministerium. Die KI-Konvention des Europarates sei integraler Bestandteil für den Aufbau einer von Deutschland maßgeblich unterstützten internationalen KI-Governance.
Mit der Unterzeichnung bekennt sich die EU zu einem menschenzentrierten und sicheren Einsatz von KI. Das Übereinkommen sei voll und ganz mit dem Unionsrecht und dem europäischen KI-Gesetz (AI Act) vereinbar, teilte die Kommission mit. Der AI Act ist die erste umfassende KI-Verordnung weltweit. Die EU, vertreten durch die Kommission und mit Unterstützung der Mitgliedstaaten, habe sich sehr aktiv an den Verhandlungen zum KI-Rahmenübereinkommen beteiligt, hieß es weiter.
Das KI-Rahmenabkommen schreibt Grundsätze für vertrauenswürdige KI vor, wie Transparenz, Rechenschaftspflicht und Datenschutz. Es unterstützt die Entwicklung sicherer Innovationen durch Reallabore (regulatory sandboxes) und verlangt eine stärkere Dokumentation sowie Aufsicht über KI-Systeme. Zudem sieht es spezifische Maßnahmen vor, um diskriminierende Praktiken zu verhindern und die Integrität demokratischer Prozesse zu sichern. Das Übereinkommen enthält Ausnahmen für Forschung und Entwicklung sowie für die nationale Sicherheit.
Die EU-Kommission plant nun, einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Übereinkommen auszuarbeiten. Das Europäische Parlament sollte ebenfalls seine Zustimmung erteilen, bevor das Übereinkommen endgültig in Kraft tritt. vis
Die Liberalen im EU-Parlament streben einen Initiativbericht zu Energienetzen an. Eine Entscheidung könnte bereits bei einem Treffen der Koordinatoren des Industrieausschusses in der kommenden Woche fallen, sagte der französische Abgeordnete Christophe Grudler am Donnerstag zu Table.Briefings. Grudler ist der ITRE-Koordinator für die Renew-Fraktion.
Grudler will eine Neuverteilung der Gelder aus der Connecting Europe Facility (CEF), dem wichtigsten, aber dennoch schwach ausgestatteten EU-Fonds für grenzüberschreitende Energievorhaben. “Wenn bereits ausgewählte, sehr teure Projekte lange dauern und nicht vorankommen, sollten wir die Gelder stattdessen in effizientere Vorhaben umleiten“, sagte Grudler. ber
Für die Kooperation zwischen dem ungarischen Konzern Acemil und dem chinesischen Schienenfahrzeughersteller China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) könnte nun ein eigenes Werk in Ungarn entstehen, um den europäischen Markt zu beliefern. Das berichtete die Branchenplattform Railway Gazette.
Acemil hatte im Mai dieses Jahres einen Kooperationsvertrag CRRC ZELC, einer Tochtergesellschaft des chinesischen Staatskonzerns, unterzeichnet. Die Produktionsanlagen sollen dem Bericht zufolge ab nächstem Jahr betriebsbereit sein. Die beiden Unternehmen möchten auch eine Einrichtung für Trainings sowie Forschung und Entwicklung errichten.
CRRC ZELC stellt in erster Linie Rangier- und Güterzuglokomotiven her. Diese sollen für den europäischen Markt nun auch aus ungarischer Produktion kommen: Die wichtigsten Produkte, die CRRC ZELC für den EU-Markt herstellen möchte, sind laut Bericht Strecken- und Rangierlokomotiven, elektrische Triebzüge und Doppelstockzüge. CRRC ZELC und Acemil gehen demnach davon aus, dass alle vier dieser Produktlinien in Zukunft in Ungarn hergestellt werden könnten.
Mit der Herstellung in der EU gemeinsam mit Acemil kann CRRC ZELC auch größere Ausschreibungen annehmen, ohne Ziel der Foreign Subsidies Regulation zu werden, die Subventionen aus Drittstaaten innerhalb der EU überprüft. In Bulgarien hatte sich eine weitere CRRC-Tochter, CRRC Qingdao Sifang Locomotive, bereits aus einer Ausschreibung zurückgezogen, nachdem die EU-Kommission eine Untersuchung eingeleitet hatte. ari