Deutschlands Wirtschaftsmodell befindet sich im globalen Stresstest – der Wohlstand wird neu verteilt, ganze Branchen sind im Umbruch, das industrielle Fundament bröckelt. Was gestern als krisenfest galt, kann heute Auslaufmodell sein. Gestern Exportschlager, heute Ladenhüter.
Deutschland braucht eine Renaissance seiner ökonomischen Basis. Dazu muss sich unser Land neu erfinden. In keinem anderen OECD-Staat ist der Bildungsaufstieg so abhängig von der Herkunft, nirgendwo scheint der Weg zwischen der Forschungsexzellenz und der Dominanz auf den Märkten so weit. In kaum einem Industrieland müssen Selbstständige und Unternehmer so viele Vorgaben und Regeln befolgen. Nirgendwo ist Arbeit so kostenintensiv und Strom so teuer.
Die Kraftanstrengung für den Wiederaufstieg gelingt nur im Bündnis von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Mit unserem neuen CEO.Table liefern wir den publizistischen Beitrag dazu.
Ab diesem Samstag, 6 Uhr, starten wir die neue Samstagsausgabe von Table.Briefings – ein kostenloses Executive Briefing für alle CEOs und alle, die mit ihnen zu tun haben.
Kompetent, kurz, klar. Wir analysieren jede Woche die wichtigsten Trends, Thesen und Themen aus den Chefetagen, Strategieabteilungen und Forschungsteams der Wirtschaft. Unser Redaktionsleiter Thilo Boss und sein Team kuratieren für Sie die Interviews, Reden und Vorträge der CEOs aus der vergangenen Woche und bietet Ihnen ein Best-of aus unseren Briefings China, Climate, Europe, ESG, Security, Africa, Agrifood, Bildung und Research.
Mit dem CEO.Index bewerten wir erstmals in einem Wirtschaftsmedium ganzheitlich die Leistungen von Managerinnen und Managern und verbinden betriebliche Kennziffern mit der öffentlichen Performance.
In der Rubrik CEO.Survey befragt das Forsa-Institut exklusiv Entscheider zu aktuellen Themen und wir nennen die Must Reads der Technologie- und IT-Publikationen. Dazu lesen Sie im CEO.Table regelmäßig die wichtigsten Personalmeldungen aus den Chefetagen der Republik, die branchenübergreifenden Benchmark-Geschichten und eine geopolitische Einordnung aktueller Krisen und Konflikte.
In unserer Rubrik CEO.Economist ordnen renommierte Wirtschaftswissenschaftler wie IfW-Präsident Moritz Schularick, die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner, Prognos-Chefvolkswirt Michael Böhmer und der Präsident des IWH Halle, Reint E. Gropp, die Lage des Landes ein.
Als Lizenznehmer gehören Sie zu den Persönlichkeiten, die für den nationalen Kraftakt zum ökonomischen Wiederaufstieg Deutschlands gebraucht werden. Nehmen Sie deshalb bitte Platz an unserem CEO.Table und blicken mit uns in die Zukunft unserer Wirtschaftsnation.
Geben Sie mir gerne Ihr Feedback und Ihre Anregungen. Informationen über unser neues Angebot erhalten Sie hier.
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Die deutsche Energiepolitik und der gesamte Energiebinnenmarkt geraten im Kreis der europäischen Partner zunehmend unter Druck. Staaten, die auf Atomenergie setzen, boten die hohen Energiepreise der vergangenen Woche beim Treffen der Energieminister am Montag einen Anlass für Attacken auf erneuerbare Energien.
Eine Dunkelflaute hatte den Preis für Donnerstagnachmittag zeitweise auf mehr als 900 Euro pro Megawattstunde klettern lassen – sowohl in der deutschen als auch in anderen Preiszonen wie Südschweden. “Der schwedische Energiemarkt wird von der wetterabhängigen Stromproduktion in Deutschland stark beeinträchtigt”, bekräftigte die christdemokratische Ministerin Ebba Busch am Montag ihre seit Monaten vorgetragene Kritik.
Gegenüber schwedischen Journalisten kündigte sie Konsequenzen an: Stockholm will die Zustimmung für ein wichtiges Stromkabel durch die Ostsee von einer Teilung der deutschen Strompreiszone abhängig machen. “Wir halten an Hansa PowerBridge fest. Wenn Deutschland sich für die Einführung einer Preiszone in Norddeutschland öffnen würde, dann könnten wir uns zusammensetzen und über Hansa diskutieren”, sagte Busch. Im Juni hatte sie die Genehmigung des geplanten Kabels durch die Ostsee gestoppt und dies mit drohenden höheren Preisen für schwedische Kunden begründet.
Schweden trete so lautstark auf, weil die Strompreise bei einer Teilung der deutschen Zone niedriger wären, erklärte Phuc-Vinh Nguyen, Leiter der Energieabteilung des Jacques-Delors-Instituts. Genauso würde Schweden von mehr regelbarer Erzeugung in Deutschland profitieren. Ein Dorn im Auge ist Stockholm das Abschalten der deutschen Atomkraftwerke.
Busch warf Deutschland vor, sich durch den Neubau von Gaskraftwerken abhängiger von fossilen Energien zu machen und Schweden keine “fossil-freie” Grundlast liefern zu können. Interessant ist das auch für die innerdeutsche Diskussion, in der die CDU/CSU für Gaskraftwerke mit CO₂-Abscheidung eintritt.
Schweden geht es offensichtlich darum, Kernenergie auch mit Blick auf die europäische Zieldiskussion für 2040 zu stärken. Frankreichs Energieministerin Agnes Pannier-Runacher sprach am Montag offen aus, dass die Erneuerbare-Energien-Richtlinie in der Post-2030-Gesetzgebung “ersetzt” werden müsse.
Dem widersprach allerdings Energiekommissar Dan Jørgensen. Es sei nicht weise, für 2040 ein gemeinsames Ziel für erneuerbare und kohlenstoffarme Energien zu vereinbaren, sagte der Däne in der abschließenden Pressekonferenz. Stattdessen sollten die bisherigen Definitionen beibehalten, aber nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden, auch andere saubere Technologien wie Kernenergie zu nutzen. Busch hatte zuvor geklagt, dass einige Staaten die Erneuerbaren-Quoten vielleicht nur erreichen könnten, wenn sie den Anteil der Kernenergie im Energiemix senken.
Die Politik für einen gemeinsamen Energiebinnenmarkt hat es derzeit schwer, wie mehrere Äußerungen vor allem von Frankreich und Schweden zeigten:
In Fällen, in denen ihre Länder einen Vorteil hätten, sprachen sich beide Ministerinnen allerdings doch für stärkere europäische Zusammenarbeit aus:
Um die Energiepreise zu senken, zeigte sich Jørgensen offen für das zeitliche Strecken von Netzentgelten – allerdings ohne das deutsche Amortisationskonto zu erwähnen. Busch forderte mehr Freiheit bei der Umverteilung von Erlösen aus dem Engpassmanagement. Die Mitgliedstaaten sollten nicht nur in Energiekrisen die Möglichkeit haben, diese an einkommensschwache Haushalte zu verteilen.
Für Deutschland sagte Staatssekretär Philipp Nimmermann, dass die Bundesregierung eine europäische Flexibilitäts-Roadmap unterstützen würde, um Speicher schnell ins Stromsystem zu integrieren. Bei den Netzentgelten brauche es mehr Flexibilität – in Bezug auf den Netzaktionsplan der Kommission fügte er später hinzu, “mehr Flexibilität bei einer intelligenteren Verteilung der Netztarife”. Eine ähnlich klingende Idee lässt das BMWK bereits in einem Gutachten untersuchen.
Kaja Kallas ist bekannt für Klartext. Doch in der neuen Rolle als EU-Außenbeauftragte kommt es jetzt vor allem auf ihr Geschick als Moderatorin an. Ein Außenrat sei definitiv anders als ein Gipfel, sagte die ehemalige estnische Regierungschefin. Auf der Agenda standen am Montag der Machtwechsel in Syrien, die Entwicklung in Georgien und die Lage in der Ukraine. Und überall werden jetzt von der neuen EU-Außenbeauftragten rasche Antworten erwartet. Sie habe einen Top-EU-Diplomaten in Syriens Hauptstadt geschickt, um “dort Kontakte zur neuen Regierung und den Menschen zu knüpfen”, sagte Kaja Kallas.
Der deutsche Diplomat Michael Ohnmacht war am Montag für eine Stippvisite in der syrischen Hauptstadt, um erste Gesprächskanäle zu öffnen. Der 54-Jährige ist seit September Chef der EU-Syrien-Delegation, mit Sitz derzeit noch in Beirut. Syrien stehe vor einer optimistischen, positiven, aber auch eher ungewissen Zukunft, sagte Kallas. Die EU müsse dazu beitragen, dass die Entwicklung in die richtige Richtung gehe und dürfe kein Vakuum zulassen.
Allerdings tut sich die EU im Nahen Osten schwer, als Akteur ernst genommen zu werden. In Syrien waren die USA und Großbritannien schneller, mit den neuen Machthabern Kontakt aufzunehmen. Und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist bereits dabei, auf dem Terrain Fakten zu schaffen. Man werde darüber reden, welche Schritte möglich seien, sollte sich Syrien in die richtige Richtung entwickeln, sagte Kallas.
Einzelne Außenminister forderten, der Abzug der russischen Stützpunkte in Syrien müsse eine der Bedingungen für eine Normalisierung sein. Man wünsche sich ein Land, das stabil und friedlich sei und eine möglichst inklusive Regierung habe, sagte die EU-Außenbeauftragte. Zypern, Österreich und Griechenland forderten in einem Non-Paper, die EU müsse einen Sondergesandten ernennen, rasch die Botschaft in Damaskus wieder eröffnen und Präsenz zeigen.
Doch auch in Georgien in nächster Nachbarschaft tut sich die EU schwer, ihren Einfluss geltend zu machen. Kaja Kallas hatte im Vorfeld ihres ersten Außenrates Sanktionen gegen Vertreter der prorussischen Führung in Tiflis vorgeschlagen, die für Gewalt gegen die oppositionellen Proteste verantwortlich sind. Die Außenminister Ungarns und der Slowakei blockieren jedoch.
Sie könne versprechen, dass dies nicht das letzte ungarische Veto ihrer Amtszeit gewesen sei, konterte Kallas. Die EU-Kommission erwägt, einigen Vertretern des prorussischen Regimes in Tiflis das Privileg der Visafreiheit zu entziehen. Im Visier sind die Inhaber von Diplomaten- und Dienstpässen. Dieser Schritt ist auch ohne Zustimmung der Slowakei und von Ungarn möglich.
Auf vertrautem Terrain fand sich Kaja Kallas beim Thema Ukraine. Für eine Friedenstruppe brauche es zuerst Frieden, und Wladimir Putin signalisiere im Moment nicht, dass er dazu bereit sei, sagte die EU-Außenbeauftragte auf eine Journalistenfrage hin. Immerhin konnten die EU-Außenminister am Montag formell das 15. Sanktionspaket gegen Russland verabschieden. Die neuen Maßnahmen treffen vor allem die Schattenflotte, mit der Wladimir Putin die Preisobergrenze beim Öl zu umgehen versucht. Wobei die EU immer noch deutlich weniger Schrotttanker mit Sanktionen belegt hat als die USA.
In der Diskussion zur Ukraine demonstrierte Kaja Kallas, dass sie in der neuen Rolle ihre persönlichen Prioritäten nicht zurückstellen will. Sie forderte, nicht nur die Windfall-Profits, sondern auch die blockierten russischen Staatsbankgelder selbst für die Finanzhilfe zugunsten der Ukraine einzusetzen. Und stieß dabei mit Blick auf rechtliche Risiken auf breite Vorbehalte, unter anderem auch von deutscher Seite.
Nicht nur inhaltlich setzte die neue Chefdiplomatin bei ihrem ersten Außenrat persönliche Akzente. So plädierte sie für möglichst fokussierte Diskussionen, die auch zu Entscheidungen führen müssten. Sie forderte die Außenminister auf, möglichst frei zu reden und auf vorbereitete Redetexte zu verzichten. Trotz der dichten Agenda war der erste Außenrat unter Kaja Kallas früher fertig als die Treffen unter Vorgänger Josep Borrell.
18.12.2024 – 14:00-17:45 Uhr, Berlin
FZE, Konferenz Verschiedene Speichertechnologien – ihre Potentiale, entsprechende Geschäftsmodelle und die angebrachte Regulierung
Das Forum für Zukunftsenergien (FZE) diskutiert die Potenziale und Herausforderungen verschiedener Speichertechnologien. INFOS & ANMELDUNG
19.12.2024 – 18:30-20:00 Uhr, online
FNF, Podiumsdiskussion Energiewende ohne China? Wie sehr die globale Dekarbonisierung von China abhängt
Die Friedrich-Naumann-Stiftung (FNF) geht der Frage nach, welche Rolle Chinas technologische Fortschritte und seine enormen Produktionskapazitäten für den raschen und kostengünstigen Ersatz von fossilen Energieträgern im globalen Maßstab spielen. INFOS & ANMELDUNG
Die Europäische Kommission hat den Auftrag für den Aufbau und Betrieb des Satelliteninternet-Systems Iris² an das Spacerise-Konsortium vergeben. Iris² ist das dritte große Weltraumprogramm der EU nach dem Navigationssystem Galileo und dem Erdbeobachtungsnetz Copernicus, das den Klimawandel überwacht. Die multi-orbitale Konstellation von 290 Satelliten soll sichere Kommunikation für Regierungen und Breitbandinternet für Unternehmen und Bürger in ganz Europa bereitstellen.
Das Projekt wurde bereits 2023 beschlossen, verzögerte sich aber wegen Unstimmigkeiten mit dem ursprünglichen Konsortium, angeführt von Airbus und Thales Alenia Space. Es scheiterte an der Finanzierung und den technischen Herausforderungen des Projekts. Auch Deutschland hatte kritisiert, dass es zu teuer wird und wollte vor allem, dass mehr Start-ups und auch KMU aktiv dabei sind. Airbus und Thales Alenia Space sind jetzt nur noch als Zulieferer im neuen Konsortium vertreten. Ob tatsächlich Start-ups zum Zuge kommen, muss sich noch zeigen.
Spacerise besteht aus den Satellitenbetreibern Eutelsat, Hispasat und SES. Das Konsortium investiert selbst in das Projekt und soll die staatliche Infrastruktur aufbauen und betreiben. Die ersten Dienste sollen Ende 2030 verfügbar sein. Das Gesamtbudget über zwölf Jahre liegt einschließlich der privaten Mittel bei etwa 10,6 Milliarden Euro. Es wird von der Europäischen Weltraumorganisation ESA überwacht und aus einem Kontrollraum in Mittelitalien gesteuert. Die EU erhofft sich von Iris² eine größere Unabhängigkeit von nicht-europäischen Anbietern wie Starlink.
“IRIS² ist auch ein wichtiges Projekt für eine hohe Dynamik der europäischen Raumfahrt in einem beschleunigten globalen Industrieumfeld”, sagte Anna Christmann, Koordinatorin für die Deutsche Luft- und Raumfahrt im Bundeswirtschaftsministerium. Sie freue sich, “dass der Wettbewerbsgedanke gestärkt werden konnte und die Bedürfnisse von institutionellen wie auch privaten Nutzern gezielt in den Blick genommen werden”. Deutschland werde sich weiter konstruktiv einbringen, damit auch Start-ups und KMUs mit ihren innovativen Produkten zum Aufbau der Satelliten-Konstellation beitragen können. “Auch wird wichtig sein, dass innovative Technologien im Rahmen von IRIS² entstehen”, sagte Christmann. “Dazu unterstützt Deutschland auch das Zusatzprogramm der ESA für IRIS².”
Die deutsche Industrie sieht den Abschluss nicht ganz so positiv wie das Bundeswirtschaftsministerium. Sie betont die Bedeutung, die das Projekt für die technische Souveränität der EU hat. Kritisiert aber zugleich, dass die Kommission bei der Realisierung von Iris² nicht auf einen wettbewerblichen Ansatz geachtet und innovative Unternehmen aus dem New-Space-Bereich berücksichtigt habe. Den Unternehmen im Konsortium fehle es “an echten Anreizen, die Innovationskraft von mittelständischen Unternehmen und Start-ups zu nutzen“, sagte Matthias Wachter, Abteilungsleiter beim BDI.
Zudem moniert der BDI, dass Deutschland zwar über das EU-Budget den größten Finanzierungsanteil werde leisten müssen, aber zu wenig profitiere. “Wir hätten uns eine stärkere Beteiligung von deutschen Unternehmen gewünscht”, sagte Wachter. Bei der Umsetzung von Iris² komme es jetzt darauf an, dass die Bedarfe der europäischen Streitkräfte und der Nicht-Raumfahrt-Industrie “frühzeitig berücksichtigt werden”. Gemeint sind etwa die Bundeswehr sowie die Automobilindustrie für das Thema autonomes Fahren. vis
Die EU-Kommission hat Vertragsverletzungsverfahren gegen 22 Mitgliedstaaten eingeleitet – darunter Deutschland. Die Kommission glaubt, dass die Staaten die Arbeitnehmerfreizügigkeit behindern. Sie verweist dazu auf die Bestimmungen der Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen (Richtlinie 2005/36/EG).
Konkret richtet sich der Vorwurf gegen unnötige Qualifikations-Nachprüfungen für mehrere Berufe – vor allem in den Branchen Bau, Verkehr und Unternehmensdienstleistungen. Mitgliedstaaten dürften aus Sicht der Kommission nur in Ausnahmefällen und bei Berufen, die die öffentliche Gesundheit und Sicherheit berühren, die Qualifikationen nachprüfen. Ansonsten drohte die Aufnahme der Tätigkeit “erheblich verzögert” zu werden.
Ein Aufforderungsschreiben erhalten nun gleich etliche Staaten: Als einzige nicht abgemahnt werden Estland, Litauen, Portugal, die Slowakei und Kroatien. Deutschland und die anderen angemahnten Staaten haben jetzt zwei Monate Zeit, um zu antworten und die von der Kommission festgestellten Mängel zu beheben. lei
Die EU-Kommission gibt die eingefrorenen Kohäsionsgelder für Ungarn weiterhin nicht frei. Von Budapest Anfang Dezember vorgelegte Gesetzesänderungen reichten nicht aus, um das Risiko von Interessenskonflikten in den Vorständen von Stiftungen von öffentlichem Interesse zu beheben, teilte die Kommission mit. Daher blieben die im Dezember 2022 vom Rat beschlossenen Maßnahmen zum Schutz des EU-Haushalts in Kraft.
Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund begrüßte die Entscheidung. Viktor Orbán sei der “teuerste Premierminister Ungarns aller Zeiten”, schrieb er auf X. tho
Zuletzt hatte der Binnenmarktausschuss mit Vertreterinnen von Tiktok über die Frage diskutiert, was das Unternehmen unternimmt, um die Manipulation von Wahlen zu verhindern und die Regeln des Digital Services Acts (DSA) einzuhalten. Am heutigen Dienstag will das Plenum auch zu diesem Thema mit der Kommission debattieren. Unter dem Tagesordnungspunkt Aussprachen steht: “Fehl- und Desinformation auf den Plattformen der sozialen Medien wie TikTok und die damit verbundenen Risiken für die Integrität der Wahlen in Europa.”
Brisant ist dabei nicht nur der Inhalt der Debatte, sondern auch, dass das Thema geändert wurde. Ursprünglich stand nämlich auch die Plattform X zur Diskussion, die nun von der Tagesordnung geflogen ist. Warum?
Die Titel der Debatten legt die Conference of Presidents (COP) fest. Dort hat die EKR-Fraktion nach Informationen von Table.Briefings vorgeschlagen, nicht über X zu reden – und damit offenbar eine Mehrheit bekommen. Dagegen waren demnach S&D, Grüne und Linke. Auch Renew habe sich für den ursprünglichen, weitergehenden Titel eingesetzt, hieß es. Ob sich die Abgeordneten in der Aussprache an die Einschränkung des Themas halten, bleibt abzuwarten. vis
In die heiße Phase des Bundestags-Wahlkampfs, in dem auch Energie- und Klimathemen wichtig werden, geht der Thinktank Agora Energiewende ohne zwei seiner bisherigen Führungskräfte: Der Deutschland-Direktor von Agora Energiewende, Simon Müller, verlässt den Thinktank zum 15. Januar 2025. Bereits im Oktober hatte der langjährige EU-Experte des Thinktanks, Matthias Buck, seinen Abschied genommen und seine Nachfolgerin Emeline Spire eingeführt. Für Müller gibt es bislang noch keinen Nachfolger.
Simon Müller erklärte im Gespräch mit Table.Briefings, nach drei Jahren an der Spitze von Agora Energiewende wolle er seine Arbeit auch internationaler aufstellen und mehr individuelle Freiheit genießen, Agora aber zunächst als Berater in internationalen Fragen verbunden bleiben. “Ich habe die wesentlichen Dinge erreicht, die ich mir vorgenommen hatte.” Das Team sei “gerade auch zu ökonomischen Fragen und im Bereich der Wärmewende” stark aufgestellt, mit dem überarbeiteten Szenario zum Gutachten “klimaneutrales Deutschland” habe man “eine innovative Umsetzungsperspektive für die nächste Legislaturperiode” vorgelegt.
Seine Entscheidung sei “in bestem Einvernehmen” mit der Agora-Geschäftsführung bereits im September gefallen, ehe das vorgezogene Ende der Ampel-Koalition frühe Neuwahlen nötig gemacht hatte. Obwohl Agora Energiewende nun mit Markus Steigenberger, einem der beiden Geschäftsführer von Agora Thinktanks, nur einen kommissarischen Leiter für die Deutschland-Arbeit bekommt, sei Agora “voll arbeitsfähig”, so Müller. Bis Ende des Jahres läuft die Ausschreibung. Der ehemalige Agora-Chef und zwischenzeitliche Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, erklärte auf Anfrage von Table.Briefings, er werde sich nicht für die Position bewerben.
Matthias Buck wiederum verlässt nach neun Jahren den Thinktank, dessen Europa-Abteilung er aufgebaut hatte. Der EU-Beamte war für seine Zeit bei Agora von der EU beurlaubt worden. Um die neue EU-Kommission in den fünf Jahren ihrer Amtszeit zu begleiten, hat Emeline Spire diese Aufgabe übernehmen. Die Expertin für Strommärkte und -systeme hatte zuvor bei Agora die Abteilung Power System Transformation als Direktorin geleitet. bpo
Wenn man so will, ist Wolfgang Gammel der Praktiker unter den KI-Nerds bei Helsing. Einer, der nicht nur hochfliegt, sondern gern auch die Füße am Boden hat. Und vielleicht ist er deshalb genau der Richtige für die hochfliegenden Pläne des Münchner Softwareunternehmens. Gerade erst stellte Helsing seine neue KI-gestützte Kampfdrohne vor, deren Massenproduktion im nächsten Jahr beginnen soll. 4000 der Kamikaze-Drohnen gehen in die Ukraine, ein “wichtiger Meilenstein auf Helsings Mission zur Stärkung der Sicherheit von Demokratien weltweit”.
Der neue Managing Director, seit November im Amt, muss das natürlich gut finden und sagt dann in seinem gemütlichen Bairisch: “Ambitionen musst Du schon haben.” Aber bei Gammel kommen sie eher bescheiden daher. Er wolle noch “etwas bewegen” erklärt der 51-Jährige seinen Wechsel von einem weltweit operierenden Rüstungskonzern zu einem boomenden Start-up. Nach verschiedenen Führungspositionen bei Airbus bringt er die Bodenständigkeit mit: “Zwanzig Jahre Erfahrung mit Partnern und Politikern.”
Wie so viele im boomenden Tech-Defense Cluster rund um München war auch Gammel bei der Bundeswehr. Der gebürtige Regensburger geht 1993 als Zeitsoldat zur Luftwaffe, wird schließlich Leiter der Triebwerksinstandsetzung beim Lufttransportgeschwader 61 auf dem Fliegerhorst Landsberg. Das Geschwader ist mittlerweile Geschichte. Gammel aber bleibt als Reserveoffizier der Bundeswehr treu. Erst im Sommer hat er seine letzte Wehrübung im Landeskommando Bayern absolviert. “Ich will wissen, wie die Bundeswehr tickt.”
Nach seinem Studium der Produktionstechnik an der Uni Bremen geht Gammel wieder zurück nach Bayern. Schon als Soldat haben es ihm die großen Flugzeuge angetan. Erst die Transall C-160, bei Airbus Defence and Space, dann der Eurofighter, dessen Gesamtproduktionsleitung er 2009 übernimmt. Bei aller Bodenständigkeit zieht es den jungen Manager aber für eine paar Jahre ins Ausland. “Horizont erweitern”, nennt er es nüchtern.
Der Aufenthalt an der National Defense University in Washington, wo er als Vertreter der Industrie neben amerikanischen und internationalen Soldaten studiert, sei ganz entscheidend gewesen. Während 2012 noch viele in Deutschland mit dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hadern, habe er von Amerikanern ganz andere Worte gehört: “Ihr könnt doch mehr, warum traut ihr euch nicht mehr?”
Nach draußen blicken, aber die Bodenhaftung nicht verlieren, ein passendes Motto für Gammels weitere Karriere. Nach seiner Rückkehr aus den USA und einem Jahr bei der Airbus-Gruppe in Frankreich wird der Eurofighter sein großes Thema. Als Leiter des operativen Geschäfts der Eurofighter GmbH lernt er Helsing kennen. Das junge Unternehmen soll gemeinsam mit anderen fünfzehn Kampfflugzeuge der Bundeswehr bis 2028 für die “elektronische Kampfführung” fit machen.
Nun ist Gammel selbst Teil des Helsing-Teams. Beim Upgrade für die “Elektronische Kampfführung” kooperiert Helsing mit dem schwedischen Rüstungsunternehmen Saab, das sich bei Helsing schon mit 75 Millionen eingekauft hat. Auch Saab kennt Gammel, denn die Schweden liefern seit Ende der 1990er Jahre die Radargeräte für den Tornado.
Aber es sind nicht die Telefonnummern und zwei Jahrzehnte Erfahrung allein, die Gammel für seinen neuen Arbeitgeber interessant machen. Vielleicht ist es auch der ruhige Ton des Niederbayern, der den kometenhaften Aufstieg des drei Jahre alten Softwareunternehmens ein wenig nüchtern begleitet. Und so ist es folgerichtig, dass nicht der Gründer Gundbert Scherf, wie üblich, diese Woche ins Forum Verteidigung und Sicherheit des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie geschickt wurde, sondern – Wolfgang Gammel. Nana Brink
Deutschlands Wirtschaftsmodell befindet sich im globalen Stresstest – der Wohlstand wird neu verteilt, ganze Branchen sind im Umbruch, das industrielle Fundament bröckelt. Was gestern als krisenfest galt, kann heute Auslaufmodell sein. Gestern Exportschlager, heute Ladenhüter.
Deutschland braucht eine Renaissance seiner ökonomischen Basis. Dazu muss sich unser Land neu erfinden. In keinem anderen OECD-Staat ist der Bildungsaufstieg so abhängig von der Herkunft, nirgendwo scheint der Weg zwischen der Forschungsexzellenz und der Dominanz auf den Märkten so weit. In kaum einem Industrieland müssen Selbstständige und Unternehmer so viele Vorgaben und Regeln befolgen. Nirgendwo ist Arbeit so kostenintensiv und Strom so teuer.
Die Kraftanstrengung für den Wiederaufstieg gelingt nur im Bündnis von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Mit unserem neuen CEO.Table liefern wir den publizistischen Beitrag dazu.
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Kompetent, kurz, klar. Wir analysieren jede Woche die wichtigsten Trends, Thesen und Themen aus den Chefetagen, Strategieabteilungen und Forschungsteams der Wirtschaft. Unser Redaktionsleiter Thilo Boss und sein Team kuratieren für Sie die Interviews, Reden und Vorträge der CEOs aus der vergangenen Woche und bietet Ihnen ein Best-of aus unseren Briefings China, Climate, Europe, ESG, Security, Africa, Agrifood, Bildung und Research.
Mit dem CEO.Index bewerten wir erstmals in einem Wirtschaftsmedium ganzheitlich die Leistungen von Managerinnen und Managern und verbinden betriebliche Kennziffern mit der öffentlichen Performance.
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In unserer Rubrik CEO.Economist ordnen renommierte Wirtschaftswissenschaftler wie IfW-Präsident Moritz Schularick, die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner, Prognos-Chefvolkswirt Michael Böhmer und der Präsident des IWH Halle, Reint E. Gropp, die Lage des Landes ein.
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Die deutsche Energiepolitik und der gesamte Energiebinnenmarkt geraten im Kreis der europäischen Partner zunehmend unter Druck. Staaten, die auf Atomenergie setzen, boten die hohen Energiepreise der vergangenen Woche beim Treffen der Energieminister am Montag einen Anlass für Attacken auf erneuerbare Energien.
Eine Dunkelflaute hatte den Preis für Donnerstagnachmittag zeitweise auf mehr als 900 Euro pro Megawattstunde klettern lassen – sowohl in der deutschen als auch in anderen Preiszonen wie Südschweden. “Der schwedische Energiemarkt wird von der wetterabhängigen Stromproduktion in Deutschland stark beeinträchtigt”, bekräftigte die christdemokratische Ministerin Ebba Busch am Montag ihre seit Monaten vorgetragene Kritik.
Gegenüber schwedischen Journalisten kündigte sie Konsequenzen an: Stockholm will die Zustimmung für ein wichtiges Stromkabel durch die Ostsee von einer Teilung der deutschen Strompreiszone abhängig machen. “Wir halten an Hansa PowerBridge fest. Wenn Deutschland sich für die Einführung einer Preiszone in Norddeutschland öffnen würde, dann könnten wir uns zusammensetzen und über Hansa diskutieren”, sagte Busch. Im Juni hatte sie die Genehmigung des geplanten Kabels durch die Ostsee gestoppt und dies mit drohenden höheren Preisen für schwedische Kunden begründet.
Schweden trete so lautstark auf, weil die Strompreise bei einer Teilung der deutschen Zone niedriger wären, erklärte Phuc-Vinh Nguyen, Leiter der Energieabteilung des Jacques-Delors-Instituts. Genauso würde Schweden von mehr regelbarer Erzeugung in Deutschland profitieren. Ein Dorn im Auge ist Stockholm das Abschalten der deutschen Atomkraftwerke.
Busch warf Deutschland vor, sich durch den Neubau von Gaskraftwerken abhängiger von fossilen Energien zu machen und Schweden keine “fossil-freie” Grundlast liefern zu können. Interessant ist das auch für die innerdeutsche Diskussion, in der die CDU/CSU für Gaskraftwerke mit CO₂-Abscheidung eintritt.
Schweden geht es offensichtlich darum, Kernenergie auch mit Blick auf die europäische Zieldiskussion für 2040 zu stärken. Frankreichs Energieministerin Agnes Pannier-Runacher sprach am Montag offen aus, dass die Erneuerbare-Energien-Richtlinie in der Post-2030-Gesetzgebung “ersetzt” werden müsse.
Dem widersprach allerdings Energiekommissar Dan Jørgensen. Es sei nicht weise, für 2040 ein gemeinsames Ziel für erneuerbare und kohlenstoffarme Energien zu vereinbaren, sagte der Däne in der abschließenden Pressekonferenz. Stattdessen sollten die bisherigen Definitionen beibehalten, aber nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden, auch andere saubere Technologien wie Kernenergie zu nutzen. Busch hatte zuvor geklagt, dass einige Staaten die Erneuerbaren-Quoten vielleicht nur erreichen könnten, wenn sie den Anteil der Kernenergie im Energiemix senken.
Die Politik für einen gemeinsamen Energiebinnenmarkt hat es derzeit schwer, wie mehrere Äußerungen vor allem von Frankreich und Schweden zeigten:
In Fällen, in denen ihre Länder einen Vorteil hätten, sprachen sich beide Ministerinnen allerdings doch für stärkere europäische Zusammenarbeit aus:
Um die Energiepreise zu senken, zeigte sich Jørgensen offen für das zeitliche Strecken von Netzentgelten – allerdings ohne das deutsche Amortisationskonto zu erwähnen. Busch forderte mehr Freiheit bei der Umverteilung von Erlösen aus dem Engpassmanagement. Die Mitgliedstaaten sollten nicht nur in Energiekrisen die Möglichkeit haben, diese an einkommensschwache Haushalte zu verteilen.
Für Deutschland sagte Staatssekretär Philipp Nimmermann, dass die Bundesregierung eine europäische Flexibilitäts-Roadmap unterstützen würde, um Speicher schnell ins Stromsystem zu integrieren. Bei den Netzentgelten brauche es mehr Flexibilität – in Bezug auf den Netzaktionsplan der Kommission fügte er später hinzu, “mehr Flexibilität bei einer intelligenteren Verteilung der Netztarife”. Eine ähnlich klingende Idee lässt das BMWK bereits in einem Gutachten untersuchen.
Kaja Kallas ist bekannt für Klartext. Doch in der neuen Rolle als EU-Außenbeauftragte kommt es jetzt vor allem auf ihr Geschick als Moderatorin an. Ein Außenrat sei definitiv anders als ein Gipfel, sagte die ehemalige estnische Regierungschefin. Auf der Agenda standen am Montag der Machtwechsel in Syrien, die Entwicklung in Georgien und die Lage in der Ukraine. Und überall werden jetzt von der neuen EU-Außenbeauftragten rasche Antworten erwartet. Sie habe einen Top-EU-Diplomaten in Syriens Hauptstadt geschickt, um “dort Kontakte zur neuen Regierung und den Menschen zu knüpfen”, sagte Kaja Kallas.
Der deutsche Diplomat Michael Ohnmacht war am Montag für eine Stippvisite in der syrischen Hauptstadt, um erste Gesprächskanäle zu öffnen. Der 54-Jährige ist seit September Chef der EU-Syrien-Delegation, mit Sitz derzeit noch in Beirut. Syrien stehe vor einer optimistischen, positiven, aber auch eher ungewissen Zukunft, sagte Kallas. Die EU müsse dazu beitragen, dass die Entwicklung in die richtige Richtung gehe und dürfe kein Vakuum zulassen.
Allerdings tut sich die EU im Nahen Osten schwer, als Akteur ernst genommen zu werden. In Syrien waren die USA und Großbritannien schneller, mit den neuen Machthabern Kontakt aufzunehmen. Und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist bereits dabei, auf dem Terrain Fakten zu schaffen. Man werde darüber reden, welche Schritte möglich seien, sollte sich Syrien in die richtige Richtung entwickeln, sagte Kallas.
Einzelne Außenminister forderten, der Abzug der russischen Stützpunkte in Syrien müsse eine der Bedingungen für eine Normalisierung sein. Man wünsche sich ein Land, das stabil und friedlich sei und eine möglichst inklusive Regierung habe, sagte die EU-Außenbeauftragte. Zypern, Österreich und Griechenland forderten in einem Non-Paper, die EU müsse einen Sondergesandten ernennen, rasch die Botschaft in Damaskus wieder eröffnen und Präsenz zeigen.
Doch auch in Georgien in nächster Nachbarschaft tut sich die EU schwer, ihren Einfluss geltend zu machen. Kaja Kallas hatte im Vorfeld ihres ersten Außenrates Sanktionen gegen Vertreter der prorussischen Führung in Tiflis vorgeschlagen, die für Gewalt gegen die oppositionellen Proteste verantwortlich sind. Die Außenminister Ungarns und der Slowakei blockieren jedoch.
Sie könne versprechen, dass dies nicht das letzte ungarische Veto ihrer Amtszeit gewesen sei, konterte Kallas. Die EU-Kommission erwägt, einigen Vertretern des prorussischen Regimes in Tiflis das Privileg der Visafreiheit zu entziehen. Im Visier sind die Inhaber von Diplomaten- und Dienstpässen. Dieser Schritt ist auch ohne Zustimmung der Slowakei und von Ungarn möglich.
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In der Diskussion zur Ukraine demonstrierte Kaja Kallas, dass sie in der neuen Rolle ihre persönlichen Prioritäten nicht zurückstellen will. Sie forderte, nicht nur die Windfall-Profits, sondern auch die blockierten russischen Staatsbankgelder selbst für die Finanzhilfe zugunsten der Ukraine einzusetzen. Und stieß dabei mit Blick auf rechtliche Risiken auf breite Vorbehalte, unter anderem auch von deutscher Seite.
Nicht nur inhaltlich setzte die neue Chefdiplomatin bei ihrem ersten Außenrat persönliche Akzente. So plädierte sie für möglichst fokussierte Diskussionen, die auch zu Entscheidungen führen müssten. Sie forderte die Außenminister auf, möglichst frei zu reden und auf vorbereitete Redetexte zu verzichten. Trotz der dichten Agenda war der erste Außenrat unter Kaja Kallas früher fertig als die Treffen unter Vorgänger Josep Borrell.
18.12.2024 – 14:00-17:45 Uhr, Berlin
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19.12.2024 – 18:30-20:00 Uhr, online
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Die Europäische Kommission hat den Auftrag für den Aufbau und Betrieb des Satelliteninternet-Systems Iris² an das Spacerise-Konsortium vergeben. Iris² ist das dritte große Weltraumprogramm der EU nach dem Navigationssystem Galileo und dem Erdbeobachtungsnetz Copernicus, das den Klimawandel überwacht. Die multi-orbitale Konstellation von 290 Satelliten soll sichere Kommunikation für Regierungen und Breitbandinternet für Unternehmen und Bürger in ganz Europa bereitstellen.
Das Projekt wurde bereits 2023 beschlossen, verzögerte sich aber wegen Unstimmigkeiten mit dem ursprünglichen Konsortium, angeführt von Airbus und Thales Alenia Space. Es scheiterte an der Finanzierung und den technischen Herausforderungen des Projekts. Auch Deutschland hatte kritisiert, dass es zu teuer wird und wollte vor allem, dass mehr Start-ups und auch KMU aktiv dabei sind. Airbus und Thales Alenia Space sind jetzt nur noch als Zulieferer im neuen Konsortium vertreten. Ob tatsächlich Start-ups zum Zuge kommen, muss sich noch zeigen.
Spacerise besteht aus den Satellitenbetreibern Eutelsat, Hispasat und SES. Das Konsortium investiert selbst in das Projekt und soll die staatliche Infrastruktur aufbauen und betreiben. Die ersten Dienste sollen Ende 2030 verfügbar sein. Das Gesamtbudget über zwölf Jahre liegt einschließlich der privaten Mittel bei etwa 10,6 Milliarden Euro. Es wird von der Europäischen Weltraumorganisation ESA überwacht und aus einem Kontrollraum in Mittelitalien gesteuert. Die EU erhofft sich von Iris² eine größere Unabhängigkeit von nicht-europäischen Anbietern wie Starlink.
“IRIS² ist auch ein wichtiges Projekt für eine hohe Dynamik der europäischen Raumfahrt in einem beschleunigten globalen Industrieumfeld”, sagte Anna Christmann, Koordinatorin für die Deutsche Luft- und Raumfahrt im Bundeswirtschaftsministerium. Sie freue sich, “dass der Wettbewerbsgedanke gestärkt werden konnte und die Bedürfnisse von institutionellen wie auch privaten Nutzern gezielt in den Blick genommen werden”. Deutschland werde sich weiter konstruktiv einbringen, damit auch Start-ups und KMUs mit ihren innovativen Produkten zum Aufbau der Satelliten-Konstellation beitragen können. “Auch wird wichtig sein, dass innovative Technologien im Rahmen von IRIS² entstehen”, sagte Christmann. “Dazu unterstützt Deutschland auch das Zusatzprogramm der ESA für IRIS².”
Die deutsche Industrie sieht den Abschluss nicht ganz so positiv wie das Bundeswirtschaftsministerium. Sie betont die Bedeutung, die das Projekt für die technische Souveränität der EU hat. Kritisiert aber zugleich, dass die Kommission bei der Realisierung von Iris² nicht auf einen wettbewerblichen Ansatz geachtet und innovative Unternehmen aus dem New-Space-Bereich berücksichtigt habe. Den Unternehmen im Konsortium fehle es “an echten Anreizen, die Innovationskraft von mittelständischen Unternehmen und Start-ups zu nutzen“, sagte Matthias Wachter, Abteilungsleiter beim BDI.
Zudem moniert der BDI, dass Deutschland zwar über das EU-Budget den größten Finanzierungsanteil werde leisten müssen, aber zu wenig profitiere. “Wir hätten uns eine stärkere Beteiligung von deutschen Unternehmen gewünscht”, sagte Wachter. Bei der Umsetzung von Iris² komme es jetzt darauf an, dass die Bedarfe der europäischen Streitkräfte und der Nicht-Raumfahrt-Industrie “frühzeitig berücksichtigt werden”. Gemeint sind etwa die Bundeswehr sowie die Automobilindustrie für das Thema autonomes Fahren. vis
Die EU-Kommission hat Vertragsverletzungsverfahren gegen 22 Mitgliedstaaten eingeleitet – darunter Deutschland. Die Kommission glaubt, dass die Staaten die Arbeitnehmerfreizügigkeit behindern. Sie verweist dazu auf die Bestimmungen der Richtlinie zur Anerkennung von Berufsqualifikationen (Richtlinie 2005/36/EG).
Konkret richtet sich der Vorwurf gegen unnötige Qualifikations-Nachprüfungen für mehrere Berufe – vor allem in den Branchen Bau, Verkehr und Unternehmensdienstleistungen. Mitgliedstaaten dürften aus Sicht der Kommission nur in Ausnahmefällen und bei Berufen, die die öffentliche Gesundheit und Sicherheit berühren, die Qualifikationen nachprüfen. Ansonsten drohte die Aufnahme der Tätigkeit “erheblich verzögert” zu werden.
Ein Aufforderungsschreiben erhalten nun gleich etliche Staaten: Als einzige nicht abgemahnt werden Estland, Litauen, Portugal, die Slowakei und Kroatien. Deutschland und die anderen angemahnten Staaten haben jetzt zwei Monate Zeit, um zu antworten und die von der Kommission festgestellten Mängel zu beheben. lei
Die EU-Kommission gibt die eingefrorenen Kohäsionsgelder für Ungarn weiterhin nicht frei. Von Budapest Anfang Dezember vorgelegte Gesetzesänderungen reichten nicht aus, um das Risiko von Interessenskonflikten in den Vorständen von Stiftungen von öffentlichem Interesse zu beheben, teilte die Kommission mit. Daher blieben die im Dezember 2022 vom Rat beschlossenen Maßnahmen zum Schutz des EU-Haushalts in Kraft.
Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund begrüßte die Entscheidung. Viktor Orbán sei der “teuerste Premierminister Ungarns aller Zeiten”, schrieb er auf X. tho
Zuletzt hatte der Binnenmarktausschuss mit Vertreterinnen von Tiktok über die Frage diskutiert, was das Unternehmen unternimmt, um die Manipulation von Wahlen zu verhindern und die Regeln des Digital Services Acts (DSA) einzuhalten. Am heutigen Dienstag will das Plenum auch zu diesem Thema mit der Kommission debattieren. Unter dem Tagesordnungspunkt Aussprachen steht: “Fehl- und Desinformation auf den Plattformen der sozialen Medien wie TikTok und die damit verbundenen Risiken für die Integrität der Wahlen in Europa.”
Brisant ist dabei nicht nur der Inhalt der Debatte, sondern auch, dass das Thema geändert wurde. Ursprünglich stand nämlich auch die Plattform X zur Diskussion, die nun von der Tagesordnung geflogen ist. Warum?
Die Titel der Debatten legt die Conference of Presidents (COP) fest. Dort hat die EKR-Fraktion nach Informationen von Table.Briefings vorgeschlagen, nicht über X zu reden – und damit offenbar eine Mehrheit bekommen. Dagegen waren demnach S&D, Grüne und Linke. Auch Renew habe sich für den ursprünglichen, weitergehenden Titel eingesetzt, hieß es. Ob sich die Abgeordneten in der Aussprache an die Einschränkung des Themas halten, bleibt abzuwarten. vis
In die heiße Phase des Bundestags-Wahlkampfs, in dem auch Energie- und Klimathemen wichtig werden, geht der Thinktank Agora Energiewende ohne zwei seiner bisherigen Führungskräfte: Der Deutschland-Direktor von Agora Energiewende, Simon Müller, verlässt den Thinktank zum 15. Januar 2025. Bereits im Oktober hatte der langjährige EU-Experte des Thinktanks, Matthias Buck, seinen Abschied genommen und seine Nachfolgerin Emeline Spire eingeführt. Für Müller gibt es bislang noch keinen Nachfolger.
Simon Müller erklärte im Gespräch mit Table.Briefings, nach drei Jahren an der Spitze von Agora Energiewende wolle er seine Arbeit auch internationaler aufstellen und mehr individuelle Freiheit genießen, Agora aber zunächst als Berater in internationalen Fragen verbunden bleiben. “Ich habe die wesentlichen Dinge erreicht, die ich mir vorgenommen hatte.” Das Team sei “gerade auch zu ökonomischen Fragen und im Bereich der Wärmewende” stark aufgestellt, mit dem überarbeiteten Szenario zum Gutachten “klimaneutrales Deutschland” habe man “eine innovative Umsetzungsperspektive für die nächste Legislaturperiode” vorgelegt.
Seine Entscheidung sei “in bestem Einvernehmen” mit der Agora-Geschäftsführung bereits im September gefallen, ehe das vorgezogene Ende der Ampel-Koalition frühe Neuwahlen nötig gemacht hatte. Obwohl Agora Energiewende nun mit Markus Steigenberger, einem der beiden Geschäftsführer von Agora Thinktanks, nur einen kommissarischen Leiter für die Deutschland-Arbeit bekommt, sei Agora “voll arbeitsfähig”, so Müller. Bis Ende des Jahres läuft die Ausschreibung. Der ehemalige Agora-Chef und zwischenzeitliche Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, erklärte auf Anfrage von Table.Briefings, er werde sich nicht für die Position bewerben.
Matthias Buck wiederum verlässt nach neun Jahren den Thinktank, dessen Europa-Abteilung er aufgebaut hatte. Der EU-Beamte war für seine Zeit bei Agora von der EU beurlaubt worden. Um die neue EU-Kommission in den fünf Jahren ihrer Amtszeit zu begleiten, hat Emeline Spire diese Aufgabe übernehmen. Die Expertin für Strommärkte und -systeme hatte zuvor bei Agora die Abteilung Power System Transformation als Direktorin geleitet. bpo
Wenn man so will, ist Wolfgang Gammel der Praktiker unter den KI-Nerds bei Helsing. Einer, der nicht nur hochfliegt, sondern gern auch die Füße am Boden hat. Und vielleicht ist er deshalb genau der Richtige für die hochfliegenden Pläne des Münchner Softwareunternehmens. Gerade erst stellte Helsing seine neue KI-gestützte Kampfdrohne vor, deren Massenproduktion im nächsten Jahr beginnen soll. 4000 der Kamikaze-Drohnen gehen in die Ukraine, ein “wichtiger Meilenstein auf Helsings Mission zur Stärkung der Sicherheit von Demokratien weltweit”.
Der neue Managing Director, seit November im Amt, muss das natürlich gut finden und sagt dann in seinem gemütlichen Bairisch: “Ambitionen musst Du schon haben.” Aber bei Gammel kommen sie eher bescheiden daher. Er wolle noch “etwas bewegen” erklärt der 51-Jährige seinen Wechsel von einem weltweit operierenden Rüstungskonzern zu einem boomenden Start-up. Nach verschiedenen Führungspositionen bei Airbus bringt er die Bodenständigkeit mit: “Zwanzig Jahre Erfahrung mit Partnern und Politikern.”
Wie so viele im boomenden Tech-Defense Cluster rund um München war auch Gammel bei der Bundeswehr. Der gebürtige Regensburger geht 1993 als Zeitsoldat zur Luftwaffe, wird schließlich Leiter der Triebwerksinstandsetzung beim Lufttransportgeschwader 61 auf dem Fliegerhorst Landsberg. Das Geschwader ist mittlerweile Geschichte. Gammel aber bleibt als Reserveoffizier der Bundeswehr treu. Erst im Sommer hat er seine letzte Wehrübung im Landeskommando Bayern absolviert. “Ich will wissen, wie die Bundeswehr tickt.”
Nach seinem Studium der Produktionstechnik an der Uni Bremen geht Gammel wieder zurück nach Bayern. Schon als Soldat haben es ihm die großen Flugzeuge angetan. Erst die Transall C-160, bei Airbus Defence and Space, dann der Eurofighter, dessen Gesamtproduktionsleitung er 2009 übernimmt. Bei aller Bodenständigkeit zieht es den jungen Manager aber für eine paar Jahre ins Ausland. “Horizont erweitern”, nennt er es nüchtern.
Der Aufenthalt an der National Defense University in Washington, wo er als Vertreter der Industrie neben amerikanischen und internationalen Soldaten studiert, sei ganz entscheidend gewesen. Während 2012 noch viele in Deutschland mit dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan hadern, habe er von Amerikanern ganz andere Worte gehört: “Ihr könnt doch mehr, warum traut ihr euch nicht mehr?”
Nach draußen blicken, aber die Bodenhaftung nicht verlieren, ein passendes Motto für Gammels weitere Karriere. Nach seiner Rückkehr aus den USA und einem Jahr bei der Airbus-Gruppe in Frankreich wird der Eurofighter sein großes Thema. Als Leiter des operativen Geschäfts der Eurofighter GmbH lernt er Helsing kennen. Das junge Unternehmen soll gemeinsam mit anderen fünfzehn Kampfflugzeuge der Bundeswehr bis 2028 für die “elektronische Kampfführung” fit machen.
Nun ist Gammel selbst Teil des Helsing-Teams. Beim Upgrade für die “Elektronische Kampfführung” kooperiert Helsing mit dem schwedischen Rüstungsunternehmen Saab, das sich bei Helsing schon mit 75 Millionen eingekauft hat. Auch Saab kennt Gammel, denn die Schweden liefern seit Ende der 1990er Jahre die Radargeräte für den Tornado.
Aber es sind nicht die Telefonnummern und zwei Jahrzehnte Erfahrung allein, die Gammel für seinen neuen Arbeitgeber interessant machen. Vielleicht ist es auch der ruhige Ton des Niederbayern, der den kometenhaften Aufstieg des drei Jahre alten Softwareunternehmens ein wenig nüchtern begleitet. Und so ist es folgerichtig, dass nicht der Gründer Gundbert Scherf, wie üblich, diese Woche ins Forum Verteidigung und Sicherheit des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie geschickt wurde, sondern – Wolfgang Gammel. Nana Brink