mit Spannung blicken am Samstag Ost und West auf die Slowakei. In einem vorgezogenen Urnengang wählen die Menschen dort ein neues Parlament. Der Begriff Richtungswahl ist abgenutzt, doch in diesem Fall trifft er zu.
Die Frage ist, ob die Slowakei eindeutig in der westlichen Allianz gegen Putins Ukrainekrieg verbleibt oder nach dem Muster von Ungarn zunehmend ausschert. Letzteres hofft man in Moskau. Russische Trollfabriken haben sich im Wahlkampf massiv auf die slowakische Bevölkerung konzentriert, weil dort die Solidarität mit Kiew besonders deutlich bröckelt.
Nach den jüngsten Umfragen deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen an zwischen Robert Ficos einst sozialdemokratischer und mittlerweile nationalpopulistischer Partei SMER-SD und der liberalen Progressiven Slowakei (PS) unter dem Europaabgeordneten Michal Šimečka. Die PS lag lange deutlich hinter SMER-SD zurück, holte aber auf und lag in einer von vier repräsentativen Umfragen zuletzt mit 18 Prozent sogar knapp vor der Fico-Partei.
Beide Parteien wären jedoch zur Regierungsbildung auf Koalitionspartner angewiesen. Die in den Umfragen mit etwa 13 Prozent liegende Partei Hlas – dabei handelt es sich um Abtrünnige von Fico – stünde sowohl der SMER-SD als auch der liberalen PS zur Verfügung. Šimečka könnte zusätzlich womöglich mit einigen kleineren bürgerlichen Parteien rechnen, die aber alle kämpfen müssen, um überhaupt in den neuen Nationalrat zu kommen.
Der Wahlkampf verlief äußerst giftig, artete sogar in Handgreiflichkeiten von Spitzenpolitikern aus. Präsidentin Zuzana Čaputová, die bis zu ihrer Wahl selbst der PS angehörte, äußerte Verständnis dafür, dass die Slowaken von der Politik und dem groben Wahlkampf enttäuscht seien. Aber nicht alle Politiker seien so, sagte sie. Sie wünsche sich, dass die Slowakei weiter im Westen als verlässlicher Partner geachtet werde.
Ihr
Hans-Jörg Schmidt
Der Streit über die Krisenverordnung im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) geht weiter. Nachdem Deutschland wie erwartet den Weg für einen Kompromiss frei gemacht hatte, reagierte Italien mit Skepsis. Deutschland habe den Gesetzestext geändert, für die Prüfung brauche man mehr Zeit, hieß es nach einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel.
Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi habe sich “Zeit erbeten, um die Inhalte dieses Vorschlags näher zu prüfen, auch in rechtlicher Hinsicht”, sagte Außenminister Antonio Tajani in Berlin. Italienischen Medien zufolge verließ Piantedosi das Brüsseler Treffen vorzeitig und reiste zurück nach Rom. Ein formeller Beschluss kam deshalb nicht zustande.
Der spanische Ratsvorsitz und die EU-Kommission gaben sich dennoch optimistisch. “Es gibt keine großen Hindernisse mehr, die formale Abstimmung wird in den nächsten Tagen folgen”, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson. Ähnlich äußerte sich Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska: Man sei sehr nahe daran, bald eine Einigung zu erzielen. Es seien nur noch einige Details zu klären.
Ein Teil des Kompromisses ist nach Angaben von Diplomaten, dass eine Krisenlage genauer definiert wird. Berlin setzte sich zudem für humanere Aufnahmebedingungen für Asylbewerber sowie für eine Ausnahme von Familien bei der Prüfung in Auffanglagern ein. Beim letzten Punkt konnte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser jedoch nicht durchsetzen. Anträge auf Schutz von Minderjährigen und ihren Familienmitgliedern sollen lediglich bevorzugt geprüft werden.
Faeser sprach dennoch von einem “hervorragend ausgehandelten Kompromiss”. “Obwohl wir noch weiteren Änderungsbedarf hätten, werden wir heute unserer Verantwortung gerecht”, sagte die SPD-Politikerin. Sie folgte damit der Linie, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in Berlin vorgegeben hatte. Die Regierung sei sich einig, “dass wir dem nicht im Weg stehen werden.”
In der Ampel-Koalition hatten die Grünen lange Zeit Bedenken gegen den Krisenmechanismus. Außenministerin Annalena Baerbock warnte vor einer Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl. Bei einer allzu weiten Auslegung drohe zudem eine weitere Belastung Deutschlands durch Asylbewerber, die in anderen, von der Krise stärker belasteten EU-Ländern abgewiesen werden könnten.
Diese Gefahr scheint nun gebannt. Faeser sagte, wichtig sei, dass ein Mitgliedstaat nicht allein eine Krise ausrufen könne. Vielmehr müsse dies vom Rat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Dies wurde nach Angaben aus Berliner Regierungskreisen auch festgeschrieben. In Brüssel gab es dafür allerdings keine Bestätigung. Man wolle die politische Einigung nicht gefährden, hieß es.
Für einen Beschluss braucht es eine qualifizierte Mehrheit. Das deutsche “Ja” ist dafür eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Wenn sich Italien verweigert, dürfte das tagelange Hickhack weitergehen. Auch Österreich äußerte sich skeptisch. Innenminister Gerhard Karner sagte, dass “wir in Teilbereichen sehen, dass es zu noch mehr Anziehung kommen könnte”. Ungarn und Polen verweigern sich der gesamten Asylreform.
Wie wacklig der Kompromiss ist, zeigt sich an der Art und Weise, wie der spanische Ratsvorsitz vorgegangen ist. Einerseits suchte er eine Verständigung mit der Bundesregierung. Andererseits vermied er es jedoch, den Krisenmechanismus zur Beschlussfassung auf die Tagesordnung des Ministerrats zu setzen. Der formale Beschluss sollte vielmehr auf einer Sondersitzung der Ständigen Vertreter (AStV) fallen.
Dies ist ein ungewöhnliches Verfahren. Normalerweise werden EU-Beschlüsse von Ratsarbeitsgruppen vorbereitet, dann in den AStV verwiesen und schließlich vom Rat gefasst. Allerdings lehnten einige Mitgliedstaaten es ab, die Krisenverordnung kurzfristig auf die Tagesordnung zu setzen.
Am Ende gab es auch noch Verzögerungen, sodass ein Beschluss nun erst in einigen Tagen erwartet wird. Danach sollen auch die Verhandlungen mit dem Europaparlament fortgesetzt werden. Die Abgeordneten hatten den Trilog wegen der Uneinigkeit der EU-Staaten ausgesetzt.
Einfacher gestaltete sich die Beschlussfassung bei einem anderen Reizthema: dem Schutzstatus für Geflüchtete aus der Ukraine. Die Innenminister einigten sich darauf, den Schutz um ein Jahr bis März 2025 zu verlängern. Bisher sollte der temporäre Schutz bis Anfang März 2024 gelten. Einige Staaten hatten jedoch auf eine schnelle Verlängerung gedrängt, Polen fordert sogar weitere Garantien über 2025 hinaus.
Dafür müssten allerdings die EU-Regeln geändert werden, die den Schutzstatus bisher auf maximal drei Jahre befristen. Faeser nannte den nun gefassten Beschluss “ein gutes Signal”. Grande-Marlaska sagte: “Die Verlängerung des Schutzstatus bedeutet Gewissheit für die mehr als vier Millionen Flüchtlinge, die in der EU einen sicheren Zufluchtsort gefunden haben.” Deutschland hat gut eine Million ukrainische Flüchtlinge aufgenommen.
Wie abhängig Unternehmen von funktionierender IT-Infrastruktur sind, zeigt das aktuelle Beispiel Volkswagen eindrücklich. Doch weitaus problematischer wäre es, wenn die Kommunikation in viel größerem Ausmaß gestört wäre. Das Bundesministerium für Inneres will deshalb die Regelungen für Mobilfunknetze deutlich verschärfen, mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes. Allein das Digitalministerium hat Bedenken – hinter den Kulissen wird rege debattiert. Dabei geht es um nicht weniger als die Umsetzung des De-Risking-Ansatzes – und die Telekommunikationsfirmen sind nur der Auftakt der Debatte.
Schon heute gilt: Im sogenannten Kernnetz ist der erste Einsatz von kritischen Komponenten anzeigepflichtig. Drei Monate hat das BMI dann Zeit, den Einsatz zu verbieten. Diese Regelung des BSI-Gesetzes wurde 2021 eingeführt und sollte die Debatte um Huawei und ZTE, die beiden großen chinesischen Komponentenhersteller, vorläufig beenden.
Insbesondere die USA hatten vor deren Einsatz gewarnt, die EU hatte mit ihrer sogenannten 5G-Toolbox reagiert, mit der Mitgliedstaaten ihre Netze der Zukunft sicherer gestalten sollen: Möglichst einheitlich sollen die Staaten vorgehen, fordert die EU-Kommission. Sie wolle einheitliche Regeln auf dem Binnenmarkt – doch die innere und äußere Sicherheit ist kein vergemeinschafteter Bereich.
Die bisherigen deutschen Regelungen weisen dabei massive Lücken auf: Sie wirken in der Praxis bislang nicht – was selbst das Bundesinnenministerium indirekt einräumt. Es hat die drei großen Mobilfunkbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica seit Frühjahr gleich mehrfach zu Stellungnahmen aufgefordert.
Bisher hat das BMI noch keine einzige Komponente wirklich verboten. Aber es ist weder mit den jetzigen Regeln noch mit dem derzeitigen Maß an Abhängigkeit von chinesischen Lieferanten zufrieden. Weshalb der Blick nun geweitet wird. “Verfahrensgegenstand dieser ex-post Prüfungen sind – im Gegensatz zu den bereits erfolgten ex-ante-Prüfungen – alle in den jeweiligen öffentlichen 5G-Mobilfunknetzen der Betreiber bereits im Einsatz befindlichen kritischen Komponenten“, sagte eine Sprecherin. Damit wird jetzt die Lage evaluiert und anschließend soll eine Neuregelung erfolgen.
Dabei geht es um viel: die Angst vor China auf der einen Seite, Kosten auf der anderen Seite. Im Kernnetzwerk setzt Vodafone in Deutschland keine Huawei-Hardware ein. Auch Telefónica hat im Jahr 2020 bereits entschieden, im Kernnetz auf den schwedischen Anbieter Ericsson zu setzen. Die Deutsche Telekom setzt auf Ericsson und zusätzlich den US-Softwareanbieter Avenir.
Doch das BMI will offenbar auch im Antennennetz, dem RAN, nachsteuern. Und hier spielt Huawei noch eine große Rolle. Alle drei Anbieter setzen Technologie der Firma ein, neben anderen Herstellern. “Im Antennennetz kam es nie zu Auffälligkeiten einzelner Hersteller”, teilt Vodafone auf Table.Media-Anfrage mit.
Auch Telefónica und die Telekom betonen, sich stets an alle Vorgaben gehalten und auf Multi-Vendor-Strategien gesetzt zu haben, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden. Einen Fürsprecher haben die Anbieter im Bundesdigitalministerium, das auf bereits heute hohe Sicherheitsstandards verweist.
Die Netzbetreiber warnen vor den Folgen eines Verbots, das Regierungskreise für 2026 überlegt hatten. Vollkommen unrealistisch sei das, meint etwa die Deutsche Telekom: “Mit Blick auf Genehmigungsverfahren, verfügbare Kapazitäten bei alternativen Lieferanten, verfügbare Kapazitäten bei Bauunternehmen und dem von Kundschaft und Politik gewünschten weiteren Mobilfunkausbau ist ein Zieldatum für den RAN-Austausch bis 2026 realitätsfern.”
Und Telefónica warnt: “Sollte es zu einem Ausschluss von Komponenten kommen, muss entsprechend ein ausreichend langer Zeitraum für deren Austausch gegeben werden. Dies ist zur Aufrechterhaltung von Netzqualität und -leistung essenziell.” Wie viele Antennen- und zugehörige Bauteile tatsächlich getauscht werden müssten, wenn chinesische Anbieter unter staatlicher Kontrolle aus dem Netz verbannt würden, ist dabei unklar. Branchenschätzungen sprechen von etwa 25.000 Standorten mit in der Regel drei Antennen und zugehöriger Technik.
Telefónica kündigt deshalb an: “Für einen rückwirkend notwendigen Umbau des Netzes würde Telefónica zudem Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland prüfen.” Außerdem würde man Untersagungen auch von Gerichten prüfen lassen wollen, wenn das adäquat erscheine. Für CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sind die Provider selbst schuld. Es sei seit Jahren klar, wohin die Reise gehe: “Diese Warnungen wurden ignoriert.”
Dann würden die Anbieter eben auf den Kosten sitzen bleiben. Auch Staatshilfen beim Umbau sieht er kritisch: “Ich sehe keinen Grund, warum der Steuerzahler nun für die Profitgier einzelner Unternehmen aufkommen sollte, die bei vollem Bewusstsein auf niedrige Preise statt Sicherheit gesetzt haben.”
Dass ein Huawei-Verbot massive Folgen hätte, zeigt sich derzeit in Portugal. Die dortige Regierung hat durch Anpassungen an technische Sicherheitsrichtlinien aus Sicht des chinesischen Anbieters ein De-Facto-Verbot erlassen – die Firma hat deswegen am 31. August in Lissabon gegen den Sicherheitsausschuss der Aufsichtsbehörde Klage eingereicht. Zugleich halten Firmen der Volksrepublik Beteiligungen an wichtigen portugiesischen Unternehmen – als viertgrößter ausländischer Investor. Portugiesische Zeitungen berichteten, dass China mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht habe.
Eine andere Wirkung gibt es im Vereinigten Königreich: Wo die chinesischen Anbieter aus den Netzen heraus müssen, geht der Ausbau der 5G-Netze vergleichsweise langsam voran. Der benötigte Ersatz für Huawei-Produkte ist keineswegs leicht zu beschaffen und teuer.
Davor warnen auch deutsche Anbieter. Wenn flächendeckend die RAN-Elemente ausgetauscht werden müssten, würde das zudem an anderer Stelle Ausbaukapazitäten verringern. Wenn ausgetauscht würde, müssten dafür zudem temporär komplette Mastverbünde vom Netz gehen, heißt es von den Anbietern. Sprich: Die Nutzer in einem größeren Gebiet wären offline. “Uns erschließt sich nicht, warum den deutschen Mobilfunkkunden, die von einem der besten 5G-Netze in Europa profitieren, vom BMI ohne Not wesentliche Qualitätsverluste zugemutet werden sollen”, teilt die Telekom mit.
Und Vodafone betont: Man müsse “einen Weg finden, der Deutschlands digitale Infrastruktur optimal schützt, der aber nicht zulasten von Millionen Smartphone-Nutzern geht”. Das BMDV betont, dass es eine ausgewogene Lösung brauche: Es müsse dabei berücksichtigt werden, “dass die flächendeckende Versorgung mit stabilem, schnellem und bezahlbarem mobilen Internet gesichert bleibt, die Netzbetreiber die Herrschaft über ihr eigenes Netz behalten und keine Abhängigkeiten entstehen”.
Der nächste Schritt könnte daher sein: Die Antennen dürfen vorerst bleiben – aber die Technik im Antennennetz dahinter müsste bis 2026 ausgetauscht werden. Das wäre zwar ebenfalls nicht im Sinne der deutschen Anbieter, als Kompromiss aber einfacher und immerhin etwas kostengünstiger.
Die Debatte um die chinesischen Anbieter bei Telekommunikationsunternehmen wird auch in anderen Branchen intensiv verfolgt. So will derzeit etwa die Deutsche Bahn, ihrerseits Teil der kritischen Infrastruktur, ihr 5G-Netz unter anderem mit Technologie von Huawei errichten. Mit dem Netz soll unter anderem das vor Jahresfrist mit zwei Kabelschnitten im Norden Deutschlands außer Gefecht gesetzte Bahnfunk-System GSM-R ersetzt werden.
Die Bahn schreibt derartige Leistungen aus – und muss als Unternehmen in öffentlicher Hand das günstigste Angebot nehmen. “Dass die Deutsche Bahn als 100-prozentiges Eigentum des Bundes und unter Aufsicht von Mitgliedern der Bundesregierung ihr IP-Netz mit chinesischen Komponenten bauen möchte, halte ich für skandalös”, zürnt Röttgen. “Hier wurde aus der 5G-Debatte nichts gelernt.”
Doch die Bahn fällt zwar unter Regelungen für kritische Infrastrukturen. Aber nicht unter die Sonderregelungen für Telekommunikationsnetze, mit denen chinesische Anbieter aus dem Netz verschwinden sollen. Das gilt auf europäischer Ebene, wie eine Kommissionssprecherin auf Anfrage von Table.Media bestätigt: Campusnetze könnten zwar höchst relevant sein. “Aber solche Netzwerke sind nicht Gegenstand des EU-Telekommunikations-Rahmens.” Und auch in Deutschland gibt es rechtlich bislang keine wirksame Handhabe. Denn diese sei in der “derzeitigen Fassung ausschließlich auf öffentliche 5G-Mobilfunknetze anwendbar“, wie das BMI auf Anfrage mitteilt. Und als öffentlich gelten sogenannte Campusnetze wie bei der Bahn eben nicht.
Mit dem Dachgesetz für kritische Infrastrukturen (Kritis) will das Bundesinnenministerium aber noch viel mehr ändern. Kritische Komponenten könnten in allen Anlagen künftig strenger reguliert werden – von Spezialschrauben über Chips und Campusnetze bis hin zu kompletten Anlagen.
Ein Sprecher des Verbands der Kommunalen Unternehmen sagt: “Dem VKU liegen aktuell keine Daten vor, die große Abhängigkeiten kommunaler Unternehmen von chinesischen Herstellern oder Lieferanten begründen.” Doch so ganz genau wisse man es eben nicht: “Abhängigkeiten in Teilbereichen lassen sich nicht ausschließen, beispielsweise im Glasfaserbereich aufgrund des relativ übersichtlichen Anbieterangebots bei aktiven Komponenten.” Wie viel China in kritischer Infrastruktur in Deutschland steckt, ist oft nicht einmal den Betreibern bewusst.
Die eigentliche Debatte um das praktische De-Risking hat also gerade erst begonnen. Für Norbert Röttgen ist es dafür höchste Zeit. Er mahnt: “Im Konfliktfall wird China jede Einflussmöglichkeit nutzen, um zugunsten der eigenen Interessen Druck auf die Bundesregierung auszuüben.”
02.10.-03.10.2023
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen und öffentliche Gesundheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Änderungsantrag zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP), Anhörung von Wopke Hoekstra und Maroš Šefčovič im Hinblick auf ihre Eignung für neue Rollen in der EU-Kommission im Zusammenhang mit der Klimapolitik. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Prekarität in Europa, Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest, wirtschaftlicher Zwang durch Drittländer
Themen: Aussprache zur zunehmenden Prekarität in Europa und zur Notwendigkeit der Unterstützung der bedürftigsten Personen, Aussprache zum Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest, Aussprache zum wirtschaftlichen Zwang durch Drittländer. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 19:00-20:00 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Berichtsentwürfe zu verschiedenen Bereichen des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2024. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 19:00-19:15 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP), Nominierungen für das europäische Beratungsgremium für die statistische Governance. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 19:30-21:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Änderungsantrag zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP), Entwurf einer Stellungnahme zur wirksamen Koordinierung der Wirtschaftspolitik und zur multilateralen haushaltspolitischen Überwachung. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 20:00-22:00 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Dialog über Erholung und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Vizepräsident für eine Wirtschaft, die den Menschen nützt) und Paolo Gentiloni (Kommissar für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
03.10.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mitteilung zu kritischen Technologien. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027, intelligente Straßenverkehrssysteme, Beziehungen EU-Schweiz
Themen: Aussprache zum Zwischenbericht über den Vorschlag für eine Halbzeitüberprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027, Abstimmung zu intelligenten Straßenverkehrssystemen, Aussprache zu den Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz. Vorläufige Tagesordnung
04.10.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Ansprache Petr Pavel, Solidaritätsfonds der EU, Europäische grüne Anleihen
Themen: Ansprache von Petr Pavel (Präsident der Tschechischen Republik), Abstimmung zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union zur Leistung von Hilfe für Rumänien, Italien und die Türkei, Aussprache zu europäischen grünen Anleihen. Vorläufige Tagesordnung
05.10.2023
Trilog: Renaturierungsgesetz
Themen: Das Renaturierungsgesetz ist wohl das heikelste Dossier, das in dieser Legislatur fertig verhandelt werden soll. Die erste Trilogrunde nach der Sommerpause wird kaum die besonders strittigen Verhandlungspunkte wie die Wiedervernässung von Mooren klären. Um sich einer Einigung anzunähern, dürften die Verhandler von Rat und Parlament zunächst die unkritischen Themen abschließen.
05.10.2023
Tagung der Europäischen Politischen Gemeinschaft
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Politischen Gemeinschaft kommen zu Beratungen zusammen. Infos
05.10.2023 – 08:30-12:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwurf zu den Optionen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit von Prüfungen und Kontrollen der nationalen Behörden bei geteilter Mittelverwaltung. Vorläufige Tagesordnung
05.10.2023 – 09:00-16:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Verpackung von Stoffen, kommunales Abwasser, neue Mitglieder der Kommission
Themen: Aussprache zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, Aussprache zur Behandlung von kommunalem Abwasser, Abstimmung zur Ernennung von Wopke Hoekstra zum Mitglied der Europäischen Kommission und zur Billigung der Zuweisung neuer Zuständigkeiten des Exekutiv-Vizepräsidenten der Kommission, Maroš Šefčovič. Vorläufige Tagesordnung
05.10.2023 – 10:30-11:15 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung der Fazilität für die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
06.10.2023
Informelle Tagung des Europäischen Rats
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Frau Paulus, glauben Sie, dass noch in dieser Amtsperiode eine Einigung erzielt werden kann?
Beim Eröffnungstrilog haben sowohl der Rat als auch das Parlament ihre Absicht bekundet, möglichst vor der Klimakonferenz (COP 28) im Dezember ein Ergebnis zu haben. Schließlich haben wir als Europäische Union in Glasgow den Global Methane Pledge mit auf den Weg gebracht. Dann wäre es natürlich gut, wenn man zwei Jahre später auch tatsächlich zumindest mal ein Gesetz hätte. Auch wenn es zugegebenermaßen den kleineren Teil der Emissionen angeht. Ich habe im Trilog aber auch gesagt, dass Qualität vor Geschwindigkeit geht. Denn es ist niemandem geholfen, wenn wir ein schwaches Gesetz an den Start bringen.
Wie zuversichtlich sind Sie, einen Kompromiss vor der COP 28 zu finden?
Mein Ziel ist es, einen Mittelweg zu finden, der auf der einen Seite die Bedenken von manchen Ländern aufgreift, aber auf der anderen Seite eine wirksame Reduktion des Methanausstoßes zur Folge hat. Es wäre von sehr großer Bedeutung, eine Einigung vor der COP 28 zu bekommen. Erstens ist die EU der weltweit größte Markt für Gas. Wenn dieser Wirtschaftsraum Vorgaben macht, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die ganze Welt – wenn es uns gelingt, die Importe mit in das Gesetz aufzunehmen. Wir wären der erste Wirtschaftsraum, der diese Standards tatsächlich in ein Gesetz packt.
In welchen Punkten weichen die Positionen des Europäischen Parlaments und des Rates am stärksten voneinander ab?
Ich sehe drei große Unterschiede: Ambitionsniveau, generelles Reduktionsziel und eben der Methanimport in die EU.
Wie sieht es mit dem Ambitionsniveau aus?
Da ist das Parlament sehr viel ambitionierter bei der Suche und Reparatur von Lecks, das heißt, bei den Häufigkeiten, mit denen Lecks aufgespürt und repariert werden müssen. Wir haben kurze Fristen in der Parlamentsposition, der Rat hat teilweise lange Fristen. Da werden wir einen Mittelweg finden müssen.
Und beim Reduktionsziel?
Das Parlament möchte zum einen ein generelles Reduktionsziel für Methan über alle Sektoren hinweg. Der Rat möchte das überhaupt nicht und auch die Kommission hat gesagt, dass ihr Daten fehlen. Ich fände es merkwürdig, uns kein Ziel zu setzen, wenn wir im Global Pledge ein Reduktionsziel von 30 Prozent formuliert haben. Dann könnten auch andere Staaten sagen, wir haben noch keine Daten und machen daher nichts.
Wie laufen die Diskussionen beim Thema Import?
Das Parlament will die Vorgaben auf unsere Importe ausdehnen, weil 80 Prozent der Methanemissionen im Energiesektor außerhalb der europäischen Grenzen stattfinden. Hier bringt der Rat das Thema Versorgungssicherheit auf die Agenda. Da erinnere ich an die Internationale Energieagentur, die sagt, 80 Prozent der Emissionen können vermieden werden, weil Gas, das nicht entweicht, auch verkauft werden kann.
Und wir sehen, dass Länder wie Norwegen und Nigeria schon eine entsprechende Gesetzgebung haben. Die Vereinigten Staaten werden ab 2025 eine Steuer auf Methanemissionen erheben. Das steht im Inflation Reduction Act. Und die US-Umweltbehörde EPA arbeitet auch gerade an Standards.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den niederländischen Außenminister Wopke Hoekstra für den Posten des Klimakommissars vorgeschlagen. Die S&D–Fraktion hat eine “harte Befragung” im Umweltausschuss angekündigt. Wie sehen Sie die Lage?
Ich bin in sehr gespannt auf das Hearing am Montag. Es kommt viel Kritik an Wopke Hoekstra, weil er von Shell kommt. Das kann ich nachvollziehen. Andererseits denke ich, das haben wir damals auch gedacht, als Miguel Arias Cañete Kommissar wurde. Er kam auch aus der Ölindustrie, aber er hat einen guten Job gemacht, da sind wir uns alle einig. Als das Paris Agreement verhandelt wurde, war Cañete einer derjenigen, die das vorangebracht haben. Deswegen will ich keine Vorverurteilung und möchte mir anhören, was er zu sagen hat. Die Frage ist halt, ob er das Klimathema glaubwürdig vertreten kann, ob er da auch Fachwissen hat oder ob er bereit ist, sich das anzueignen.
Das erste Treffen des von der EU gegründeten Critical Raw Materials Club wird vor Ende des Jahres stattfinden. Das verkündete EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton gestern beim IEA-Gipfel zu kritischen Mineralien in Paris. Der Club, dem ressourcenreiche Länder und Verbraucherländer angehören sollen, werde die Kooperation in der Rohstoffpolitik verbessern, Investitionen anschieben und ressourcenreiche Länder in ihrem Ziel zu unterstützen, lokale Verarbeitungskapazitäten aufzubauen, sagte Breton. Die Initiative ist Teil des Critical Raw Materials Act, den die Kommission im März vorgestellt hat.
Breton kündigte während des Treffens auch neue Partnerschaften für kritische Rohstoffe an. Mit der Demokratischen Republik Kongo und Sambia will die EU auf dem Global Gateway Forum Ende Oktober Absichtserklärungen unterzeichnen, wie “Bloomberg” berichtete. Auch mit Australien will die EU eine Übereinkunft treffen, als Teil des Freihandelsabkommens, das zurzeit verhandelt wird.
IEA-Chef Fatih Birol lobte in seiner Ansprache den Fortschritt der Energiewende, wies aber auch auf die Gefahren hin, die mit der hohen Marktkonzentration der dafür benötigten Rohstoffe einhergehen. Die Elektromobilität sei in den vergangenen zwei Jahren enorm gewachsen: Während vor zwei Jahren weltweit eines von 25 verkauften Autos elektrisch war, ist heute eines von fünf verkauften Autos ein E-Fahrzeug.
“Das sind aus unserer Sicht sehr gute Entwicklungen.” Die Chancen der Energiewende zum Erreichen der Klimaziele hingen jedoch gleichzeitig davon ab, ob zur richtigen Zeit genügend erschwingliche Rohstoffe verfügbar sein werden. Deshalb bestehe das Risiko, dass die Energiewende langsamer vorangeht, als sie es sollte.
Die IEA habe ihre Arbeit zu kritischen Rohstoffen seit 2021 stetig vertieft und gleichberechtigt mit den Themen Öl, Gas und erneuerbare Energien in ihre tägliche Arbeit aufgenommen. Als große Herausforderungen der Rohstoffpolitik nannte Birol die Beschleunigung der Diversifizierung auf der Angebotsseite, die Reduzierung der Nachfrage durch höhere Recyclingkapazitäten sowie die Frage, wie die Rohstoffversorgung nachhaltig und verantwortungsbewusst sein kann. leo
Bundesumweltministerin Steffi Lemke will bestimmte Pestizide nicht mehr in andere Länder exportieren lassen. “Den Export gesundheitsschädlicher Pestizide, die in der EU deswegen nicht mehr zugelassen sind, wollen wir untersagen”, sagt die Grünen-Politikerin im Interview mit Table.Media. Dafür seien klare Regelungen in den Lieferketten erforderlich. “Hersteller und Exporteure müssen ihrer Verantwortung nachkommen und sich vor Augen halten, dass es um die Gesundheit der Menschen geht, die gefährdet sein können.”
Angesichts der Internationalen Chemikalienkonferenz (ICCM5) warnt die Ministerin davor, dass der “weltweite Absatz beziehungsweise der weltweite Einsatz von Pestiziden deutlich ansteigt“. Eine zentrale Rolle auf dem ICCM5 wird die von der Weltgesundheitsorganisation als hochgefährlich, auf Englisch “highly hazardous”, eingestufte Gruppe spielen. “Wenn diese Pestizide nicht sicher eingesetzt werden, folgen Gesundheitsprobleme, in der Vergangenheit kam es sogar zu Todesfällen”, sagte Lemke.
Das ganze Interview mit Umweltministerin Steffi Lemke können Sie hier bei den Kolleginnen und Kollegen von Agrifood.Table lesen. has
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, die Gewerkschaft ver.di und sechs Umweltverbände schlagen Alarm wegen eines Vorstoßes der Bundesländer, der die Nitratproblematik im Grundwasser noch verschärfen könnte. Hintergrund ist eine von Bayern und Baden-Württemberg ausgehende Empfehlung des Agrar- und des Umweltausschusses des Bundesrats, über den dieser am Freitag entscheiden soll.
Demnach soll die seit 2023 für Betriebe ab 20 Hektar Nutzfläche vorgeschriebene Stoffstrombilanz gestrichen werden. Sie zeigt den Saldo der Stickstoff-Zugänge etwa durch Dünger abzüglich der Abgaben in Form etwa von Getreide, Schlachttieren, Milch oder Gülle. Die Bilanz stelle einen “immensen zusätzlichen bürokratischen Aufwand” für die Betriebe dar, heißt es in der Empfehlung der Ausschüsse; geschätzte Kosten: 15,5 Millionen Euro im Jahr.
Der Vorgang dürfte auch in Brüssel für Aufmerksamkeit sorgen. Erst im Juni hatte die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der nicht umgesetzten EU-Nitratrichtlinie eingestellt. Brüssel demonstrierte damit Vertrauen in die neue Düngemittelverordnung, mahnte zugleich aber “zusätzliche Maßnahmen” an, um die Ammoniakemissionen aus Gülle zu senken.
Die Deutsche Umwelthilfe hat derzeit Verfahren gegen den Bund sowie gegen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in Sachen Wasserschutz anhängig. “Wir gehen davon aus, dass Rückschritte in der Gesetzgebung von den zuständigen Gerichten nicht hingenommen werden”, warnte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner die Länder.
Der Kieler Agrarwissenschaftler Friedhelm Taube, gefragter Gutachter auf dem Gebiet, kann sich diesen Rückschritt nicht vorstellen. “Ich vertraue darauf, dass sich im Bundesrat die wissenschaftliche Erkenntnis durchsetzt”, sagte Taube zu Table.Media. “Zur guten landwirtschaftlichen Praxis gehört es, die Stoffströme zu bilanzieren, um Dünge-Überschüsse reduzieren zu können.” ab
Amazon hat einen ersten Erfolg vor Gericht erzielt in seinem Anliegen, nicht als sehr große Online-Plattform (VLOP) nach dem Digital Services Act (DSA) zu gelten. Die EU-Kommission hatte den US-Konzern im April zusammen mit 18 anderen Plattformen als VLOP eingestuft. Damit wäre Amazon verpflichtet, Forschern und Behörden Zugang zu seinem Online-Anzeigen-Verzeichnis zu gewähren. Das soll es den Experten ermöglichen, herauszufinden, wie Werbung gezielt eingesetzt wird.
Amazon hatte sich daraufhin im Juli an das Europäische Gericht in Luxemburg gewandt, die erste von zwei Instanzen der EU-Rechtsprechung. Das Unternehmen beantragte eine einstweilige Verfügung. Unter anderem forderte Amazon, die Anforderungen zum Anzeigenverzeichnis auszusetzen, bis das Gericht über die Anfechtung seiner Einstufung in der Hauptsache entscheidet.
Das Gericht stimmte den Argumenten in diesem Punkt zu. “Die Gewährung der beantragten einstweiligen Maßnahmen bedeutet nicht mehr als die Aufrechterhaltung des Status quo für einen begrenzten Zeitraum”, betonten die Richter aber in ihrem Beschluss.
Amazon begrüßte die einstweilige Verfügung und bezeichnete sie als “einen wichtigen ersten Schritt, der unsere allgemeine Position stützt, dass Amazon nicht der Beschreibung einer ‘sehr großen Online-Plattform’ (VLOP) gemäß dem DSA entspricht und daher nicht als solche bezeichnet werden sollte”. Auch der deutsche Anbieter Zalando hat gegen seine Einstufung Rechtsmittel eingelegt. rtr
Organisiert wurde die Veranstaltung von den Grünen im Europäischen Parlament zusammen mit der Europäischen Grünen Partei und in Kooperation mit dem Bündnis Sumar der spanischen Arbeitsministerin Yolanda Díaz. Rund 300 Gäste aus Politik, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft werden erwartet. Inhaltlich soll es um das soziale Europa und eine politische Offensive gegen Rechts gehen.
“Man kann Klimafragen nicht von sozialen Fragen trennen”, sagt Terry Reintke, Ko-Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament im Gespräch mit Table.Media im Vorfeld der Veranstaltung. Als Beispiel nannte sie die “überhitzten” Klassenzimmer in diesem Sommer, vor allem in Spanien. Oder die Bauarbeiter, die ebenfalls mit Rekordtemperaturen zu kämpfen hatten.
Warum aber werden die Grünen immer mit Umweltfragen in Verbindung gebracht und nicht mit sozialen Fragen? Terry Reintke meint, dass dies vor allem mit politischer Kommunikation zu tun hat. Politische Gegner der Grünen seien schnell dabei, sie auf Umweltthemen zu verweisen. “Wir haben immer soziale Fragen in unsere Politik einbezogen.” Der Gipfel am Wochenende soll dem Nachdruck verleihen, und zwar in einer aufgeheizten politischen Situation, in der die Rechte “näher an die extreme Rechte heranrückt” weniger Monaten vor der Europawahl.
Yolanda Díaz, Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die stellvertretende Premierministerin Belgiens, Petra De Sutter, werden bei dem Treffen darüber sprechen, wie sie in ihren Ländern Klima- und Sozialpolitik miteinander verbinden wollen. Auch Vertreter der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft kommen zu Wort. Eines der zentralen Themen dürfte der europäische Mindestlohn sein. Angesichts der finanziellen Belastung durch die Inflation solle der Mindestlohn Arbeitnehmern ein angemessenes Einkommen und eine bessere Arbeitsqualität ermöglichen, sagt Reintke.
Derzeit sind Dänemark, Finnland, Italien, Österreich und Schweden die letzten fünf EU-Länder, in denen die Einkommen allein durch Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften festgelegt werden. Es gibt in diesen Ländern also keinen für alle Arbeitnehmer geltenden Mindestlohn.
Nun legt eine EU-Richtlinie seit November 2022 Regeln fest, die den Rahmen für den Mindestlohn bilden, ohne die Staaten jedoch zu verpflichten, dieses System einzuführen. Das Ziel besteht darin, die Angleichung der Mindestlöhne in Europa nach oben zu fördern. Ihre Höhe wird aber weiterhin von den Mitgliedstaaten bestimmt.
Die Verbindung von Klima und Sozialem ist zu einer hochsensiblen politischen Übung geworden. Erst am Montag hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Pläne für eine “ökologische Planung” vorgestellt. Dabei betonte er auffällig stark die sozialen Aspekte – die Bewegung der Gelbwesten ist noch in Erinnerung.
Lange Zeit war die Verbindung von Klima und Sozialem keineswegs selbstverständlich. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die “Just Transition”, der sozialverträgliche Übergang zugunsten der Arbeitnehmer, nicht im operativen Teil des Pariser Abkommens vorkommt. Sie wurde lediglich – und mit Mühe – in die Präambel verbannt.
Mehr als sieben Jahre nach der Verabschiedung des Abkommens wurde die Just Transition im Arbeitsalltag bislang nur unzureichend berücksichtigt. In Zeiten der Inflation und der immer stärkeren Auswirkungen der globalen Erwärmung geht es nun darum zu zeigen, dass der Übergang ohne nachhaltige und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze nicht möglich ist.
mit Spannung blicken am Samstag Ost und West auf die Slowakei. In einem vorgezogenen Urnengang wählen die Menschen dort ein neues Parlament. Der Begriff Richtungswahl ist abgenutzt, doch in diesem Fall trifft er zu.
Die Frage ist, ob die Slowakei eindeutig in der westlichen Allianz gegen Putins Ukrainekrieg verbleibt oder nach dem Muster von Ungarn zunehmend ausschert. Letzteres hofft man in Moskau. Russische Trollfabriken haben sich im Wahlkampf massiv auf die slowakische Bevölkerung konzentriert, weil dort die Solidarität mit Kiew besonders deutlich bröckelt.
Nach den jüngsten Umfragen deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen an zwischen Robert Ficos einst sozialdemokratischer und mittlerweile nationalpopulistischer Partei SMER-SD und der liberalen Progressiven Slowakei (PS) unter dem Europaabgeordneten Michal Šimečka. Die PS lag lange deutlich hinter SMER-SD zurück, holte aber auf und lag in einer von vier repräsentativen Umfragen zuletzt mit 18 Prozent sogar knapp vor der Fico-Partei.
Beide Parteien wären jedoch zur Regierungsbildung auf Koalitionspartner angewiesen. Die in den Umfragen mit etwa 13 Prozent liegende Partei Hlas – dabei handelt es sich um Abtrünnige von Fico – stünde sowohl der SMER-SD als auch der liberalen PS zur Verfügung. Šimečka könnte zusätzlich womöglich mit einigen kleineren bürgerlichen Parteien rechnen, die aber alle kämpfen müssen, um überhaupt in den neuen Nationalrat zu kommen.
Der Wahlkampf verlief äußerst giftig, artete sogar in Handgreiflichkeiten von Spitzenpolitikern aus. Präsidentin Zuzana Čaputová, die bis zu ihrer Wahl selbst der PS angehörte, äußerte Verständnis dafür, dass die Slowaken von der Politik und dem groben Wahlkampf enttäuscht seien. Aber nicht alle Politiker seien so, sagte sie. Sie wünsche sich, dass die Slowakei weiter im Westen als verlässlicher Partner geachtet werde.
Ihr
Hans-Jörg Schmidt
Der Streit über die Krisenverordnung im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) geht weiter. Nachdem Deutschland wie erwartet den Weg für einen Kompromiss frei gemacht hatte, reagierte Italien mit Skepsis. Deutschland habe den Gesetzestext geändert, für die Prüfung brauche man mehr Zeit, hieß es nach einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel.
Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi habe sich “Zeit erbeten, um die Inhalte dieses Vorschlags näher zu prüfen, auch in rechtlicher Hinsicht”, sagte Außenminister Antonio Tajani in Berlin. Italienischen Medien zufolge verließ Piantedosi das Brüsseler Treffen vorzeitig und reiste zurück nach Rom. Ein formeller Beschluss kam deshalb nicht zustande.
Der spanische Ratsvorsitz und die EU-Kommission gaben sich dennoch optimistisch. “Es gibt keine großen Hindernisse mehr, die formale Abstimmung wird in den nächsten Tagen folgen”, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson. Ähnlich äußerte sich Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska: Man sei sehr nahe daran, bald eine Einigung zu erzielen. Es seien nur noch einige Details zu klären.
Ein Teil des Kompromisses ist nach Angaben von Diplomaten, dass eine Krisenlage genauer definiert wird. Berlin setzte sich zudem für humanere Aufnahmebedingungen für Asylbewerber sowie für eine Ausnahme von Familien bei der Prüfung in Auffanglagern ein. Beim letzten Punkt konnte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser jedoch nicht durchsetzen. Anträge auf Schutz von Minderjährigen und ihren Familienmitgliedern sollen lediglich bevorzugt geprüft werden.
Faeser sprach dennoch von einem “hervorragend ausgehandelten Kompromiss”. “Obwohl wir noch weiteren Änderungsbedarf hätten, werden wir heute unserer Verantwortung gerecht”, sagte die SPD-Politikerin. Sie folgte damit der Linie, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in Berlin vorgegeben hatte. Die Regierung sei sich einig, “dass wir dem nicht im Weg stehen werden.”
In der Ampel-Koalition hatten die Grünen lange Zeit Bedenken gegen den Krisenmechanismus. Außenministerin Annalena Baerbock warnte vor einer Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl. Bei einer allzu weiten Auslegung drohe zudem eine weitere Belastung Deutschlands durch Asylbewerber, die in anderen, von der Krise stärker belasteten EU-Ländern abgewiesen werden könnten.
Diese Gefahr scheint nun gebannt. Faeser sagte, wichtig sei, dass ein Mitgliedstaat nicht allein eine Krise ausrufen könne. Vielmehr müsse dies vom Rat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Dies wurde nach Angaben aus Berliner Regierungskreisen auch festgeschrieben. In Brüssel gab es dafür allerdings keine Bestätigung. Man wolle die politische Einigung nicht gefährden, hieß es.
Für einen Beschluss braucht es eine qualifizierte Mehrheit. Das deutsche “Ja” ist dafür eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Wenn sich Italien verweigert, dürfte das tagelange Hickhack weitergehen. Auch Österreich äußerte sich skeptisch. Innenminister Gerhard Karner sagte, dass “wir in Teilbereichen sehen, dass es zu noch mehr Anziehung kommen könnte”. Ungarn und Polen verweigern sich der gesamten Asylreform.
Wie wacklig der Kompromiss ist, zeigt sich an der Art und Weise, wie der spanische Ratsvorsitz vorgegangen ist. Einerseits suchte er eine Verständigung mit der Bundesregierung. Andererseits vermied er es jedoch, den Krisenmechanismus zur Beschlussfassung auf die Tagesordnung des Ministerrats zu setzen. Der formale Beschluss sollte vielmehr auf einer Sondersitzung der Ständigen Vertreter (AStV) fallen.
Dies ist ein ungewöhnliches Verfahren. Normalerweise werden EU-Beschlüsse von Ratsarbeitsgruppen vorbereitet, dann in den AStV verwiesen und schließlich vom Rat gefasst. Allerdings lehnten einige Mitgliedstaaten es ab, die Krisenverordnung kurzfristig auf die Tagesordnung zu setzen.
Am Ende gab es auch noch Verzögerungen, sodass ein Beschluss nun erst in einigen Tagen erwartet wird. Danach sollen auch die Verhandlungen mit dem Europaparlament fortgesetzt werden. Die Abgeordneten hatten den Trilog wegen der Uneinigkeit der EU-Staaten ausgesetzt.
Einfacher gestaltete sich die Beschlussfassung bei einem anderen Reizthema: dem Schutzstatus für Geflüchtete aus der Ukraine. Die Innenminister einigten sich darauf, den Schutz um ein Jahr bis März 2025 zu verlängern. Bisher sollte der temporäre Schutz bis Anfang März 2024 gelten. Einige Staaten hatten jedoch auf eine schnelle Verlängerung gedrängt, Polen fordert sogar weitere Garantien über 2025 hinaus.
Dafür müssten allerdings die EU-Regeln geändert werden, die den Schutzstatus bisher auf maximal drei Jahre befristen. Faeser nannte den nun gefassten Beschluss “ein gutes Signal”. Grande-Marlaska sagte: “Die Verlängerung des Schutzstatus bedeutet Gewissheit für die mehr als vier Millionen Flüchtlinge, die in der EU einen sicheren Zufluchtsort gefunden haben.” Deutschland hat gut eine Million ukrainische Flüchtlinge aufgenommen.
Wie abhängig Unternehmen von funktionierender IT-Infrastruktur sind, zeigt das aktuelle Beispiel Volkswagen eindrücklich. Doch weitaus problematischer wäre es, wenn die Kommunikation in viel größerem Ausmaß gestört wäre. Das Bundesministerium für Inneres will deshalb die Regelungen für Mobilfunknetze deutlich verschärfen, mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes. Allein das Digitalministerium hat Bedenken – hinter den Kulissen wird rege debattiert. Dabei geht es um nicht weniger als die Umsetzung des De-Risking-Ansatzes – und die Telekommunikationsfirmen sind nur der Auftakt der Debatte.
Schon heute gilt: Im sogenannten Kernnetz ist der erste Einsatz von kritischen Komponenten anzeigepflichtig. Drei Monate hat das BMI dann Zeit, den Einsatz zu verbieten. Diese Regelung des BSI-Gesetzes wurde 2021 eingeführt und sollte die Debatte um Huawei und ZTE, die beiden großen chinesischen Komponentenhersteller, vorläufig beenden.
Insbesondere die USA hatten vor deren Einsatz gewarnt, die EU hatte mit ihrer sogenannten 5G-Toolbox reagiert, mit der Mitgliedstaaten ihre Netze der Zukunft sicherer gestalten sollen: Möglichst einheitlich sollen die Staaten vorgehen, fordert die EU-Kommission. Sie wolle einheitliche Regeln auf dem Binnenmarkt – doch die innere und äußere Sicherheit ist kein vergemeinschafteter Bereich.
Die bisherigen deutschen Regelungen weisen dabei massive Lücken auf: Sie wirken in der Praxis bislang nicht – was selbst das Bundesinnenministerium indirekt einräumt. Es hat die drei großen Mobilfunkbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica seit Frühjahr gleich mehrfach zu Stellungnahmen aufgefordert.
Bisher hat das BMI noch keine einzige Komponente wirklich verboten. Aber es ist weder mit den jetzigen Regeln noch mit dem derzeitigen Maß an Abhängigkeit von chinesischen Lieferanten zufrieden. Weshalb der Blick nun geweitet wird. “Verfahrensgegenstand dieser ex-post Prüfungen sind – im Gegensatz zu den bereits erfolgten ex-ante-Prüfungen – alle in den jeweiligen öffentlichen 5G-Mobilfunknetzen der Betreiber bereits im Einsatz befindlichen kritischen Komponenten“, sagte eine Sprecherin. Damit wird jetzt die Lage evaluiert und anschließend soll eine Neuregelung erfolgen.
Dabei geht es um viel: die Angst vor China auf der einen Seite, Kosten auf der anderen Seite. Im Kernnetzwerk setzt Vodafone in Deutschland keine Huawei-Hardware ein. Auch Telefónica hat im Jahr 2020 bereits entschieden, im Kernnetz auf den schwedischen Anbieter Ericsson zu setzen. Die Deutsche Telekom setzt auf Ericsson und zusätzlich den US-Softwareanbieter Avenir.
Doch das BMI will offenbar auch im Antennennetz, dem RAN, nachsteuern. Und hier spielt Huawei noch eine große Rolle. Alle drei Anbieter setzen Technologie der Firma ein, neben anderen Herstellern. “Im Antennennetz kam es nie zu Auffälligkeiten einzelner Hersteller”, teilt Vodafone auf Table.Media-Anfrage mit.
Auch Telefónica und die Telekom betonen, sich stets an alle Vorgaben gehalten und auf Multi-Vendor-Strategien gesetzt zu haben, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden. Einen Fürsprecher haben die Anbieter im Bundesdigitalministerium, das auf bereits heute hohe Sicherheitsstandards verweist.
Die Netzbetreiber warnen vor den Folgen eines Verbots, das Regierungskreise für 2026 überlegt hatten. Vollkommen unrealistisch sei das, meint etwa die Deutsche Telekom: “Mit Blick auf Genehmigungsverfahren, verfügbare Kapazitäten bei alternativen Lieferanten, verfügbare Kapazitäten bei Bauunternehmen und dem von Kundschaft und Politik gewünschten weiteren Mobilfunkausbau ist ein Zieldatum für den RAN-Austausch bis 2026 realitätsfern.”
Und Telefónica warnt: “Sollte es zu einem Ausschluss von Komponenten kommen, muss entsprechend ein ausreichend langer Zeitraum für deren Austausch gegeben werden. Dies ist zur Aufrechterhaltung von Netzqualität und -leistung essenziell.” Wie viele Antennen- und zugehörige Bauteile tatsächlich getauscht werden müssten, wenn chinesische Anbieter unter staatlicher Kontrolle aus dem Netz verbannt würden, ist dabei unklar. Branchenschätzungen sprechen von etwa 25.000 Standorten mit in der Regel drei Antennen und zugehöriger Technik.
Telefónica kündigt deshalb an: “Für einen rückwirkend notwendigen Umbau des Netzes würde Telefónica zudem Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland prüfen.” Außerdem würde man Untersagungen auch von Gerichten prüfen lassen wollen, wenn das adäquat erscheine. Für CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sind die Provider selbst schuld. Es sei seit Jahren klar, wohin die Reise gehe: “Diese Warnungen wurden ignoriert.”
Dann würden die Anbieter eben auf den Kosten sitzen bleiben. Auch Staatshilfen beim Umbau sieht er kritisch: “Ich sehe keinen Grund, warum der Steuerzahler nun für die Profitgier einzelner Unternehmen aufkommen sollte, die bei vollem Bewusstsein auf niedrige Preise statt Sicherheit gesetzt haben.”
Dass ein Huawei-Verbot massive Folgen hätte, zeigt sich derzeit in Portugal. Die dortige Regierung hat durch Anpassungen an technische Sicherheitsrichtlinien aus Sicht des chinesischen Anbieters ein De-Facto-Verbot erlassen – die Firma hat deswegen am 31. August in Lissabon gegen den Sicherheitsausschuss der Aufsichtsbehörde Klage eingereicht. Zugleich halten Firmen der Volksrepublik Beteiligungen an wichtigen portugiesischen Unternehmen – als viertgrößter ausländischer Investor. Portugiesische Zeitungen berichteten, dass China mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht habe.
Eine andere Wirkung gibt es im Vereinigten Königreich: Wo die chinesischen Anbieter aus den Netzen heraus müssen, geht der Ausbau der 5G-Netze vergleichsweise langsam voran. Der benötigte Ersatz für Huawei-Produkte ist keineswegs leicht zu beschaffen und teuer.
Davor warnen auch deutsche Anbieter. Wenn flächendeckend die RAN-Elemente ausgetauscht werden müssten, würde das zudem an anderer Stelle Ausbaukapazitäten verringern. Wenn ausgetauscht würde, müssten dafür zudem temporär komplette Mastverbünde vom Netz gehen, heißt es von den Anbietern. Sprich: Die Nutzer in einem größeren Gebiet wären offline. “Uns erschließt sich nicht, warum den deutschen Mobilfunkkunden, die von einem der besten 5G-Netze in Europa profitieren, vom BMI ohne Not wesentliche Qualitätsverluste zugemutet werden sollen”, teilt die Telekom mit.
Und Vodafone betont: Man müsse “einen Weg finden, der Deutschlands digitale Infrastruktur optimal schützt, der aber nicht zulasten von Millionen Smartphone-Nutzern geht”. Das BMDV betont, dass es eine ausgewogene Lösung brauche: Es müsse dabei berücksichtigt werden, “dass die flächendeckende Versorgung mit stabilem, schnellem und bezahlbarem mobilen Internet gesichert bleibt, die Netzbetreiber die Herrschaft über ihr eigenes Netz behalten und keine Abhängigkeiten entstehen”.
Der nächste Schritt könnte daher sein: Die Antennen dürfen vorerst bleiben – aber die Technik im Antennennetz dahinter müsste bis 2026 ausgetauscht werden. Das wäre zwar ebenfalls nicht im Sinne der deutschen Anbieter, als Kompromiss aber einfacher und immerhin etwas kostengünstiger.
Die Debatte um die chinesischen Anbieter bei Telekommunikationsunternehmen wird auch in anderen Branchen intensiv verfolgt. So will derzeit etwa die Deutsche Bahn, ihrerseits Teil der kritischen Infrastruktur, ihr 5G-Netz unter anderem mit Technologie von Huawei errichten. Mit dem Netz soll unter anderem das vor Jahresfrist mit zwei Kabelschnitten im Norden Deutschlands außer Gefecht gesetzte Bahnfunk-System GSM-R ersetzt werden.
Die Bahn schreibt derartige Leistungen aus – und muss als Unternehmen in öffentlicher Hand das günstigste Angebot nehmen. “Dass die Deutsche Bahn als 100-prozentiges Eigentum des Bundes und unter Aufsicht von Mitgliedern der Bundesregierung ihr IP-Netz mit chinesischen Komponenten bauen möchte, halte ich für skandalös”, zürnt Röttgen. “Hier wurde aus der 5G-Debatte nichts gelernt.”
Doch die Bahn fällt zwar unter Regelungen für kritische Infrastrukturen. Aber nicht unter die Sonderregelungen für Telekommunikationsnetze, mit denen chinesische Anbieter aus dem Netz verschwinden sollen. Das gilt auf europäischer Ebene, wie eine Kommissionssprecherin auf Anfrage von Table.Media bestätigt: Campusnetze könnten zwar höchst relevant sein. “Aber solche Netzwerke sind nicht Gegenstand des EU-Telekommunikations-Rahmens.” Und auch in Deutschland gibt es rechtlich bislang keine wirksame Handhabe. Denn diese sei in der “derzeitigen Fassung ausschließlich auf öffentliche 5G-Mobilfunknetze anwendbar“, wie das BMI auf Anfrage mitteilt. Und als öffentlich gelten sogenannte Campusnetze wie bei der Bahn eben nicht.
Mit dem Dachgesetz für kritische Infrastrukturen (Kritis) will das Bundesinnenministerium aber noch viel mehr ändern. Kritische Komponenten könnten in allen Anlagen künftig strenger reguliert werden – von Spezialschrauben über Chips und Campusnetze bis hin zu kompletten Anlagen.
Ein Sprecher des Verbands der Kommunalen Unternehmen sagt: “Dem VKU liegen aktuell keine Daten vor, die große Abhängigkeiten kommunaler Unternehmen von chinesischen Herstellern oder Lieferanten begründen.” Doch so ganz genau wisse man es eben nicht: “Abhängigkeiten in Teilbereichen lassen sich nicht ausschließen, beispielsweise im Glasfaserbereich aufgrund des relativ übersichtlichen Anbieterangebots bei aktiven Komponenten.” Wie viel China in kritischer Infrastruktur in Deutschland steckt, ist oft nicht einmal den Betreibern bewusst.
Die eigentliche Debatte um das praktische De-Risking hat also gerade erst begonnen. Für Norbert Röttgen ist es dafür höchste Zeit. Er mahnt: “Im Konfliktfall wird China jede Einflussmöglichkeit nutzen, um zugunsten der eigenen Interessen Druck auf die Bundesregierung auszuüben.”
02.10.-03.10.2023
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen und öffentliche Gesundheit (ENVI)
Themen: Bericht über die laufenden interinstitutionellen Verhandlungen, Änderungsantrag zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP), Anhörung von Wopke Hoekstra und Maroš Šefčovič im Hinblick auf ihre Eignung für neue Rollen in der EU-Kommission im Zusammenhang mit der Klimapolitik. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 17:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Prekarität in Europa, Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest, wirtschaftlicher Zwang durch Drittländer
Themen: Aussprache zur zunehmenden Prekarität in Europa und zur Notwendigkeit der Unterstützung der bedürftigsten Personen, Aussprache zum Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest, Aussprache zum wirtschaftlichen Zwang durch Drittländer. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 19:00-20:00 Uhr
Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Berichtsentwürfe zu verschiedenen Bereichen des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2024. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 19:00-19:15 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Entwurf einer Stellungnahme zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP), Nominierungen für das europäische Beratungsgremium für die statistische Governance. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 19:30-21:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL)
Themen: Änderungsantrag zur Einrichtung der Plattform Strategische Technologien für Europa (STEP), Entwurf einer Stellungnahme zur wirksamen Koordinierung der Wirtschaftspolitik und zur multilateralen haushaltspolitischen Überwachung. Vorläufige Tagesordnung
02.10.2023 – 20:00-22:00 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Haushaltsausschusses (BUDG) und des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON)
Themen: Dialog über Erholung und Resilienz mit Valdis Dombrovskis (Vizepräsident für eine Wirtschaft, die den Menschen nützt) und Paolo Gentiloni (Kommissar für Wirtschaft). Vorläufige Tagesordnung
03.10.2023
Wöchentliche Kommissionssitzung
Themen: Mitteilung zu kritischen Technologien. Vorläufige Tagesordnung
03.10.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027, intelligente Straßenverkehrssysteme, Beziehungen EU-Schweiz
Themen: Aussprache zum Zwischenbericht über den Vorschlag für eine Halbzeitüberprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027, Abstimmung zu intelligenten Straßenverkehrssystemen, Aussprache zu den Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz. Vorläufige Tagesordnung
04.10.2023 – 09:00-22:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Ansprache Petr Pavel, Solidaritätsfonds der EU, Europäische grüne Anleihen
Themen: Ansprache von Petr Pavel (Präsident der Tschechischen Republik), Abstimmung zur Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union zur Leistung von Hilfe für Rumänien, Italien und die Türkei, Aussprache zu europäischen grünen Anleihen. Vorläufige Tagesordnung
05.10.2023
Trilog: Renaturierungsgesetz
Themen: Das Renaturierungsgesetz ist wohl das heikelste Dossier, das in dieser Legislatur fertig verhandelt werden soll. Die erste Trilogrunde nach der Sommerpause wird kaum die besonders strittigen Verhandlungspunkte wie die Wiedervernässung von Mooren klären. Um sich einer Einigung anzunähern, dürften die Verhandler von Rat und Parlament zunächst die unkritischen Themen abschließen.
05.10.2023
Tagung der Europäischen Politischen Gemeinschaft
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Politischen Gemeinschaft kommen zu Beratungen zusammen. Infos
05.10.2023 – 08:30-12:00 Uhr
Sitzung des Ausschusses für Haushaltskontrolle (CONT)
Themen: Berichtsentwurf zu den Optionen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit von Prüfungen und Kontrollen der nationalen Behörden bei geteilter Mittelverwaltung. Vorläufige Tagesordnung
05.10.2023 – 09:00-16:00 Uhr
Plenarsitzung des EU-Parlaments: Verpackung von Stoffen, kommunales Abwasser, neue Mitglieder der Kommission
Themen: Aussprache zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, Aussprache zur Behandlung von kommunalem Abwasser, Abstimmung zur Ernennung von Wopke Hoekstra zum Mitglied der Europäischen Kommission und zur Billigung der Zuweisung neuer Zuständigkeiten des Exekutiv-Vizepräsidenten der Kommission, Maroš Šefčovič. Vorläufige Tagesordnung
05.10.2023 – 10:30-11:15 Uhr
Gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (AFET) und des Haushaltsausschusses (BUDG)
Themen: Berichtsentwurf zur Einrichtung der Fazilität für die Ukraine. Vorläufige Tagesordnung
06.10.2023
Informelle Tagung des Europäischen Rats
Themen: Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen zu Beratungen zusammen. Infos
Frau Paulus, glauben Sie, dass noch in dieser Amtsperiode eine Einigung erzielt werden kann?
Beim Eröffnungstrilog haben sowohl der Rat als auch das Parlament ihre Absicht bekundet, möglichst vor der Klimakonferenz (COP 28) im Dezember ein Ergebnis zu haben. Schließlich haben wir als Europäische Union in Glasgow den Global Methane Pledge mit auf den Weg gebracht. Dann wäre es natürlich gut, wenn man zwei Jahre später auch tatsächlich zumindest mal ein Gesetz hätte. Auch wenn es zugegebenermaßen den kleineren Teil der Emissionen angeht. Ich habe im Trilog aber auch gesagt, dass Qualität vor Geschwindigkeit geht. Denn es ist niemandem geholfen, wenn wir ein schwaches Gesetz an den Start bringen.
Wie zuversichtlich sind Sie, einen Kompromiss vor der COP 28 zu finden?
Mein Ziel ist es, einen Mittelweg zu finden, der auf der einen Seite die Bedenken von manchen Ländern aufgreift, aber auf der anderen Seite eine wirksame Reduktion des Methanausstoßes zur Folge hat. Es wäre von sehr großer Bedeutung, eine Einigung vor der COP 28 zu bekommen. Erstens ist die EU der weltweit größte Markt für Gas. Wenn dieser Wirtschaftsraum Vorgaben macht, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die ganze Welt – wenn es uns gelingt, die Importe mit in das Gesetz aufzunehmen. Wir wären der erste Wirtschaftsraum, der diese Standards tatsächlich in ein Gesetz packt.
In welchen Punkten weichen die Positionen des Europäischen Parlaments und des Rates am stärksten voneinander ab?
Ich sehe drei große Unterschiede: Ambitionsniveau, generelles Reduktionsziel und eben der Methanimport in die EU.
Wie sieht es mit dem Ambitionsniveau aus?
Da ist das Parlament sehr viel ambitionierter bei der Suche und Reparatur von Lecks, das heißt, bei den Häufigkeiten, mit denen Lecks aufgespürt und repariert werden müssen. Wir haben kurze Fristen in der Parlamentsposition, der Rat hat teilweise lange Fristen. Da werden wir einen Mittelweg finden müssen.
Und beim Reduktionsziel?
Das Parlament möchte zum einen ein generelles Reduktionsziel für Methan über alle Sektoren hinweg. Der Rat möchte das überhaupt nicht und auch die Kommission hat gesagt, dass ihr Daten fehlen. Ich fände es merkwürdig, uns kein Ziel zu setzen, wenn wir im Global Pledge ein Reduktionsziel von 30 Prozent formuliert haben. Dann könnten auch andere Staaten sagen, wir haben noch keine Daten und machen daher nichts.
Wie laufen die Diskussionen beim Thema Import?
Das Parlament will die Vorgaben auf unsere Importe ausdehnen, weil 80 Prozent der Methanemissionen im Energiesektor außerhalb der europäischen Grenzen stattfinden. Hier bringt der Rat das Thema Versorgungssicherheit auf die Agenda. Da erinnere ich an die Internationale Energieagentur, die sagt, 80 Prozent der Emissionen können vermieden werden, weil Gas, das nicht entweicht, auch verkauft werden kann.
Und wir sehen, dass Länder wie Norwegen und Nigeria schon eine entsprechende Gesetzgebung haben. Die Vereinigten Staaten werden ab 2025 eine Steuer auf Methanemissionen erheben. Das steht im Inflation Reduction Act. Und die US-Umweltbehörde EPA arbeitet auch gerade an Standards.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den niederländischen Außenminister Wopke Hoekstra für den Posten des Klimakommissars vorgeschlagen. Die S&D–Fraktion hat eine “harte Befragung” im Umweltausschuss angekündigt. Wie sehen Sie die Lage?
Ich bin in sehr gespannt auf das Hearing am Montag. Es kommt viel Kritik an Wopke Hoekstra, weil er von Shell kommt. Das kann ich nachvollziehen. Andererseits denke ich, das haben wir damals auch gedacht, als Miguel Arias Cañete Kommissar wurde. Er kam auch aus der Ölindustrie, aber er hat einen guten Job gemacht, da sind wir uns alle einig. Als das Paris Agreement verhandelt wurde, war Cañete einer derjenigen, die das vorangebracht haben. Deswegen will ich keine Vorverurteilung und möchte mir anhören, was er zu sagen hat. Die Frage ist halt, ob er das Klimathema glaubwürdig vertreten kann, ob er da auch Fachwissen hat oder ob er bereit ist, sich das anzueignen.
Das erste Treffen des von der EU gegründeten Critical Raw Materials Club wird vor Ende des Jahres stattfinden. Das verkündete EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton gestern beim IEA-Gipfel zu kritischen Mineralien in Paris. Der Club, dem ressourcenreiche Länder und Verbraucherländer angehören sollen, werde die Kooperation in der Rohstoffpolitik verbessern, Investitionen anschieben und ressourcenreiche Länder in ihrem Ziel zu unterstützen, lokale Verarbeitungskapazitäten aufzubauen, sagte Breton. Die Initiative ist Teil des Critical Raw Materials Act, den die Kommission im März vorgestellt hat.
Breton kündigte während des Treffens auch neue Partnerschaften für kritische Rohstoffe an. Mit der Demokratischen Republik Kongo und Sambia will die EU auf dem Global Gateway Forum Ende Oktober Absichtserklärungen unterzeichnen, wie “Bloomberg” berichtete. Auch mit Australien will die EU eine Übereinkunft treffen, als Teil des Freihandelsabkommens, das zurzeit verhandelt wird.
IEA-Chef Fatih Birol lobte in seiner Ansprache den Fortschritt der Energiewende, wies aber auch auf die Gefahren hin, die mit der hohen Marktkonzentration der dafür benötigten Rohstoffe einhergehen. Die Elektromobilität sei in den vergangenen zwei Jahren enorm gewachsen: Während vor zwei Jahren weltweit eines von 25 verkauften Autos elektrisch war, ist heute eines von fünf verkauften Autos ein E-Fahrzeug.
“Das sind aus unserer Sicht sehr gute Entwicklungen.” Die Chancen der Energiewende zum Erreichen der Klimaziele hingen jedoch gleichzeitig davon ab, ob zur richtigen Zeit genügend erschwingliche Rohstoffe verfügbar sein werden. Deshalb bestehe das Risiko, dass die Energiewende langsamer vorangeht, als sie es sollte.
Die IEA habe ihre Arbeit zu kritischen Rohstoffen seit 2021 stetig vertieft und gleichberechtigt mit den Themen Öl, Gas und erneuerbare Energien in ihre tägliche Arbeit aufgenommen. Als große Herausforderungen der Rohstoffpolitik nannte Birol die Beschleunigung der Diversifizierung auf der Angebotsseite, die Reduzierung der Nachfrage durch höhere Recyclingkapazitäten sowie die Frage, wie die Rohstoffversorgung nachhaltig und verantwortungsbewusst sein kann. leo
Bundesumweltministerin Steffi Lemke will bestimmte Pestizide nicht mehr in andere Länder exportieren lassen. “Den Export gesundheitsschädlicher Pestizide, die in der EU deswegen nicht mehr zugelassen sind, wollen wir untersagen”, sagt die Grünen-Politikerin im Interview mit Table.Media. Dafür seien klare Regelungen in den Lieferketten erforderlich. “Hersteller und Exporteure müssen ihrer Verantwortung nachkommen und sich vor Augen halten, dass es um die Gesundheit der Menschen geht, die gefährdet sein können.”
Angesichts der Internationalen Chemikalienkonferenz (ICCM5) warnt die Ministerin davor, dass der “weltweite Absatz beziehungsweise der weltweite Einsatz von Pestiziden deutlich ansteigt“. Eine zentrale Rolle auf dem ICCM5 wird die von der Weltgesundheitsorganisation als hochgefährlich, auf Englisch “highly hazardous”, eingestufte Gruppe spielen. “Wenn diese Pestizide nicht sicher eingesetzt werden, folgen Gesundheitsprobleme, in der Vergangenheit kam es sogar zu Todesfällen”, sagte Lemke.
Das ganze Interview mit Umweltministerin Steffi Lemke können Sie hier bei den Kolleginnen und Kollegen von Agrifood.Table lesen. has
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, die Gewerkschaft ver.di und sechs Umweltverbände schlagen Alarm wegen eines Vorstoßes der Bundesländer, der die Nitratproblematik im Grundwasser noch verschärfen könnte. Hintergrund ist eine von Bayern und Baden-Württemberg ausgehende Empfehlung des Agrar- und des Umweltausschusses des Bundesrats, über den dieser am Freitag entscheiden soll.
Demnach soll die seit 2023 für Betriebe ab 20 Hektar Nutzfläche vorgeschriebene Stoffstrombilanz gestrichen werden. Sie zeigt den Saldo der Stickstoff-Zugänge etwa durch Dünger abzüglich der Abgaben in Form etwa von Getreide, Schlachttieren, Milch oder Gülle. Die Bilanz stelle einen “immensen zusätzlichen bürokratischen Aufwand” für die Betriebe dar, heißt es in der Empfehlung der Ausschüsse; geschätzte Kosten: 15,5 Millionen Euro im Jahr.
Der Vorgang dürfte auch in Brüssel für Aufmerksamkeit sorgen. Erst im Juni hatte die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der nicht umgesetzten EU-Nitratrichtlinie eingestellt. Brüssel demonstrierte damit Vertrauen in die neue Düngemittelverordnung, mahnte zugleich aber “zusätzliche Maßnahmen” an, um die Ammoniakemissionen aus Gülle zu senken.
Die Deutsche Umwelthilfe hat derzeit Verfahren gegen den Bund sowie gegen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in Sachen Wasserschutz anhängig. “Wir gehen davon aus, dass Rückschritte in der Gesetzgebung von den zuständigen Gerichten nicht hingenommen werden”, warnte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner die Länder.
Der Kieler Agrarwissenschaftler Friedhelm Taube, gefragter Gutachter auf dem Gebiet, kann sich diesen Rückschritt nicht vorstellen. “Ich vertraue darauf, dass sich im Bundesrat die wissenschaftliche Erkenntnis durchsetzt”, sagte Taube zu Table.Media. “Zur guten landwirtschaftlichen Praxis gehört es, die Stoffströme zu bilanzieren, um Dünge-Überschüsse reduzieren zu können.” ab
Amazon hat einen ersten Erfolg vor Gericht erzielt in seinem Anliegen, nicht als sehr große Online-Plattform (VLOP) nach dem Digital Services Act (DSA) zu gelten. Die EU-Kommission hatte den US-Konzern im April zusammen mit 18 anderen Plattformen als VLOP eingestuft. Damit wäre Amazon verpflichtet, Forschern und Behörden Zugang zu seinem Online-Anzeigen-Verzeichnis zu gewähren. Das soll es den Experten ermöglichen, herauszufinden, wie Werbung gezielt eingesetzt wird.
Amazon hatte sich daraufhin im Juli an das Europäische Gericht in Luxemburg gewandt, die erste von zwei Instanzen der EU-Rechtsprechung. Das Unternehmen beantragte eine einstweilige Verfügung. Unter anderem forderte Amazon, die Anforderungen zum Anzeigenverzeichnis auszusetzen, bis das Gericht über die Anfechtung seiner Einstufung in der Hauptsache entscheidet.
Das Gericht stimmte den Argumenten in diesem Punkt zu. “Die Gewährung der beantragten einstweiligen Maßnahmen bedeutet nicht mehr als die Aufrechterhaltung des Status quo für einen begrenzten Zeitraum”, betonten die Richter aber in ihrem Beschluss.
Amazon begrüßte die einstweilige Verfügung und bezeichnete sie als “einen wichtigen ersten Schritt, der unsere allgemeine Position stützt, dass Amazon nicht der Beschreibung einer ‘sehr großen Online-Plattform’ (VLOP) gemäß dem DSA entspricht und daher nicht als solche bezeichnet werden sollte”. Auch der deutsche Anbieter Zalando hat gegen seine Einstufung Rechtsmittel eingelegt. rtr
Organisiert wurde die Veranstaltung von den Grünen im Europäischen Parlament zusammen mit der Europäischen Grünen Partei und in Kooperation mit dem Bündnis Sumar der spanischen Arbeitsministerin Yolanda Díaz. Rund 300 Gäste aus Politik, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft werden erwartet. Inhaltlich soll es um das soziale Europa und eine politische Offensive gegen Rechts gehen.
“Man kann Klimafragen nicht von sozialen Fragen trennen”, sagt Terry Reintke, Ko-Vorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament im Gespräch mit Table.Media im Vorfeld der Veranstaltung. Als Beispiel nannte sie die “überhitzten” Klassenzimmer in diesem Sommer, vor allem in Spanien. Oder die Bauarbeiter, die ebenfalls mit Rekordtemperaturen zu kämpfen hatten.
Warum aber werden die Grünen immer mit Umweltfragen in Verbindung gebracht und nicht mit sozialen Fragen? Terry Reintke meint, dass dies vor allem mit politischer Kommunikation zu tun hat. Politische Gegner der Grünen seien schnell dabei, sie auf Umweltthemen zu verweisen. “Wir haben immer soziale Fragen in unsere Politik einbezogen.” Der Gipfel am Wochenende soll dem Nachdruck verleihen, und zwar in einer aufgeheizten politischen Situation, in der die Rechte “näher an die extreme Rechte heranrückt” weniger Monaten vor der Europawahl.
Yolanda Díaz, Bundesfamilienministerin Lisa Paus und die stellvertretende Premierministerin Belgiens, Petra De Sutter, werden bei dem Treffen darüber sprechen, wie sie in ihren Ländern Klima- und Sozialpolitik miteinander verbinden wollen. Auch Vertreter der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft kommen zu Wort. Eines der zentralen Themen dürfte der europäische Mindestlohn sein. Angesichts der finanziellen Belastung durch die Inflation solle der Mindestlohn Arbeitnehmern ein angemessenes Einkommen und eine bessere Arbeitsqualität ermöglichen, sagt Reintke.
Derzeit sind Dänemark, Finnland, Italien, Österreich und Schweden die letzten fünf EU-Länder, in denen die Einkommen allein durch Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften festgelegt werden. Es gibt in diesen Ländern also keinen für alle Arbeitnehmer geltenden Mindestlohn.
Nun legt eine EU-Richtlinie seit November 2022 Regeln fest, die den Rahmen für den Mindestlohn bilden, ohne die Staaten jedoch zu verpflichten, dieses System einzuführen. Das Ziel besteht darin, die Angleichung der Mindestlöhne in Europa nach oben zu fördern. Ihre Höhe wird aber weiterhin von den Mitgliedstaaten bestimmt.
Die Verbindung von Klima und Sozialem ist zu einer hochsensiblen politischen Übung geworden. Erst am Montag hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Pläne für eine “ökologische Planung” vorgestellt. Dabei betonte er auffällig stark die sozialen Aspekte – die Bewegung der Gelbwesten ist noch in Erinnerung.
Lange Zeit war die Verbindung von Klima und Sozialem keineswegs selbstverständlich. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die “Just Transition”, der sozialverträgliche Übergang zugunsten der Arbeitnehmer, nicht im operativen Teil des Pariser Abkommens vorkommt. Sie wurde lediglich – und mit Mühe – in die Präambel verbannt.
Mehr als sieben Jahre nach der Verabschiedung des Abkommens wurde die Just Transition im Arbeitsalltag bislang nur unzureichend berücksichtigt. In Zeiten der Inflation und der immer stärkeren Auswirkungen der globalen Erwärmung geht es nun darum zu zeigen, dass der Übergang ohne nachhaltige und qualitativ hochwertige Arbeitsplätze nicht möglich ist.