das nach dem belgischen EU-Visionär und Nato-Generalsekretär Paul-Henri Spaak benannte Gebäude des Europaparlaments, das den Plenarsaal in Brüssel beherbergt, ist schlecht gealtert. Obwohl es erst 1993 bezogen wurde, ist es schon seit mehr als zehn Jahren eigentlich abrissreif. Die Sicherheitsvorkehrungen in dem als Kongresszentrum geplanten Gebäude sind so schlecht, dass schon Martin Schulz (SPD) in seiner Zeit als Parlamentspräsident Bedenken hatte bei Besuchen von hochrangigen Staatsgästen.
Das einflussreiche Büro, in dem die Parlamentspräsidentin und die Vize versammelt sind, hat vor Weihnachten beschlossen, das Gebäude zu sanieren. Damit sind die Neubaupläne vom Tisch. Zuvor war dafür ein internationaler Architektenwettbewerb durchgeführt worden. 450 Millionen Euro soll der Umbau kosten, im Schnitt etwas mehr als 5.300 Euro pro Quadratmeter bei einer Gesamtfläche von 84.653 Quadratmetern. Die Bauarbeiten sollen Mitte 2027 beginnen und Ende 2031 fertig sein. Ein frommer Wunsch ist, dass es vielleicht doch schneller geht und alles schon im Juli 2030 fertig wird, zum 200. Jubiläum des Königreichs Belgien.
Am Mittwoch gibt der Haushaltsausschuss seine Stellungnahme zu den Umbauplänen ab. Das Ergebnis ist nicht bindend für den Generalsekretär, der den Auftrag auslösen müsste. Eine Abfuhr der Haushälter wäre aber eine schwere Bürde. Wie man hört, haben die Sozialisten große Bauchschmerzen, Grüne und Linke denken noch nach. Christdemokraten und Konservative sind dafür. Schon über die Heizkosten würde sich das Projekt schnell amortisieren, sagen die Befürworter. Der Ausstoß an CO₂ für den benötigten Beton würde nach vier Jahren über eingesparte Energie ausgeglichen. Wenn vor acht Jahren gebaut worden wäre, wie einmal geplant, wäre Energie für 100 Millionen Euro gespart worden. Man darf gespannt sein, wie die Haushälter in eigener Sache entscheiden. Starten Sie gut in die Woche!
Es war ein Kraftakt, auf höchster Regierungsebene: Erst am Freitagmittag, unmittelbar vor der Abstimmung in Brüssel, konnte die Ampelkoalition ihren Streit um die CO₂-Flottengrenzwerte für LKW beilegen. Und damit den Weg ebnen für die Verabschiedung des neuen Regelwerks durch die EU-Botschafter der Mitgliedstaaten (siehe News in dieser Ausgabe).
Verkehrsminister Volker Wissing hatte zuvor den von Rat und Europaparlament ausgehandelten Kompromiss im Nachhinein infrage gestellt: Am Tag vor der eigentlich für vergangenen Mittwoch angesetzten Abstimmung zog er seine Zustimmung zurück, um noch die Berücksichtigung von synthetischen Kraftstoffen zu erreichen. Der CDU-Europaabgeordnete Jens Giesecke spricht von “politischem Harakiri”.
Solch plötzliche Manöver des bevölkerungsreichsten Mitgliedstaats in Brüssel häuften sich zuletzt. Und sie richten wachsenden Flurschaden an. Im Bund finden SPD, Grüne und FDP nur noch selten einen gemeinsamen Nenner. Die Folgen bekommen auch die EU-Partner zu spüren: Die Zustimmung zu europäischen Gesetzen werde offenkundig “in deutsches Wahlkampfgetöse hineingezogen”, sagt der SPD-Europaabgeordnete René Repasi.
Wobei sich die Verantwortung für die Bremsmanöver meist recht klar FDP-Ministern zuordnen lässt.
Bei den Koalitionspartnern in Berlin sorgt das Agieren der Liberalen für Verärgerung: “Die FDP beherrscht die Grundregeln des Regierungshandelns nicht“, sagt ein hochrangiger Regierungsbeamter. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), kritisiert: “Zwischen Regierungen, Kommission und Europaparlament ausgehandelte Kompromisse regelmäßig zu blockieren, ist im Kern antieuropäisch.” Eine solche FDP sei “keine Europapartei mehr”.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Link weist das zurück: “Man leistet der EU und dem Gedanken der europäischen Integration einen Bärendienst, wenn man Richtlinien durchdrücken will, die vor allem für kleinere Unternehmen eindeutig wettbewerbseinschränkend und übermäßig bürokratisch sind”, sagt er mit Blick auf die Lieferkettenrichtlinie.
Die Zerstrittenheit der Koalition hat Folgen auf Ansehen und Einfluss Deutschlands in Brüssel. “Aktuell handelt die Bundesregierung unverantwortlich und beschädigt die Handlungsfähigkeit der EU und Deutschlands Glaubwürdigkeit in Europa”, sagt die Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland, Linn Selle.
Im Rat sinkt die Bereitschaft, auf die Bundesregierung einzugehen. Man habe zwar die Abstimmung zu den CO₂-Grenzwerten für Trucks um zwei Tage verschoben, hieß es vergangene Woche bei der belgischen Ratspräsidentschaft. Darüber hinaus werde man “aber nicht Rücksicht nehmen auf die Befindlichkeiten einer Regierungspartei in einem Mitgliedstaat.”
Die anderen Mitgliedstaaten sind es ein Stück weit gewohnt, dass sich die Koalitionsregierungen in Berlin bisweilen schwertun mit der Meinungsbildung. Für die daraus resultierenden Enthaltungen hat sich schon lange der Begriff des “German Vote” eingebürgert.
Neu und problematischer aber seien die abrupten Kurswechsel kurz vor der formell geplanten Verabschiedung der informell vereinbarten Gesetzesvorhaben, sagt Nicolai von Ondarza, Forschungsgruppenleiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. “Das schwächt die Verlässlichkeit Deutschlands und die Handlungsfähigkeit der EU-Institutionen.” Effektiver und glaubwürdiger sei es, wenn die gewünschten Änderungen frühzeitig im Prozess eingebracht würden.
Das hatten sich die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag auch vorgenommen. Allerdings gelang es ihnen schon in der Anfangsphase längst nicht immer, die guten Vorsätze auch umzusetzen. Inzwischen liegt das Problem weniger in den Abstimmungsprozessen auf Arbeitsebene. So hatten sich die beteiligten Ministerien recht geräuschlos auf eine gemeinsame Position zu den Lkw-Flottengrenzen verständigt. Bis zur Intervention von Minister Wissing.
Nach einer Marathonsitzung zur Reform der EU-Schuldenregeln gibt es eine Einigung. Bis 2 Uhr früh am Samstagmorgen verhandelten die Vertreter von Rat, Parlament und Kommission, darunter auch der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem. In den Grundzügen setzte sich die Ratsposition durch. Die sogenannten “Sicherheitslinien”, die Christian Lindner in den Ratsverhandlungen durchgesetzt hatte, werden nicht angetastet.
Trotz eines bis zum Anfang dieser Woche kompromisslosen Auftretens der belgischen Ratspräsidentschaft kam der Rat dem Parlament am Freitag einen Schritt entgegen. Dies schafft einen kleinen, zusätzlichen Spielraum für öffentliche Investitionen.
Die Verhandlungsteams einigten sich darauf, dass Ausgaben, die im Rahmen nationaler Kofinanzierung von EU-Programmen getätigt werden, nicht zu den Nettoausgaben zählen sollen. Die Nettoausgaben sind die wichtigste Steuergröße in den neuen Schuldenregeln. Ausgaben, die dort nicht mitgezählt werden, eröffnen einen größeren Spielraum für zusätzliche Investitionen oder andere Ausgaben.
In einem Dokument, das die EU-Kommission als Hilfestellung für die Trilogverhandlungen aufgesetzt hat, bewertet die Kommission den Effekt dieser Ausnahme grundsätzlich positiv. “Mitgliedstaaten werden stärkere Anreize haben, eine schnelle Implementierung von Unionsprogrammen sicherzustellen, und weniger Anreize, während eines wirtschaftlichen Abschwungs Investitionsausgaben zu kürzen”, steht im Text, der Table.Media vorliegt.
Zu Bedenken gibt die Kommission jedoch, dass Daten zu nationalen Kofinanzierung bisher nicht systematisch gesammelt werden. Dies wird die Berechnung des zusätzlichen Ausgabenspielraums anfänglich erschweren, sollte aber ein überwindbares Problem sein.
Klar ist, dass der zusätzlich geschaffene Spielraum zumindest vorübergehend sehr beschränkt bleibt. Nationale Kofinanzierung von EU-Programmen gibt es bisher nur bei Kohäsionsprogrammen. Obwohl genaue, EU-weite Zahlen zur nationalen Kofinanzierung fehlen, schätzt die Kommission die Zahl auf circa hundert Milliarden Euro für den Zeitraum des mehrjährigen Finanzrahmens von 2021 bis 2027.
Deutschland hat über diesen siebenjährigen Zeitraum laut Abmachung zwischen Kommission und Wirtschaftsministerium eine nationale Kofinanzierung von 21,7 Milliarden Euro geplant. Pro Jahr hätte Deutschland unter den neuen EU-Schuldenregeln also eine zusätzliche Flexibilität von circa drei Milliarden Euro. Das ist weniger als ein Prozent des deutschen Bundeshaushalts. In Deutschland bleibt diese neue Flexibilität zudem weitgehend theoretisch, da die Schuldenbremse strenger ist als die EU-Schuldenregeln.
Für Länder mit einem relativ bedeutsameren Kohäsionsbudget ist die neue Flexibilität etwas größer, doch auch dort bleibt der zusätzliche Spielraum beschränkt. Die Klausel öffnet aber einen Spielraum für eine bessere wirtschaftliche Steuerung in künftigen Budgets. Sollte sich in den kommenden Jahren herausstellen, dass die EU aufgrund der strikten Schuldenregeln zu wenig investiert, aber gleichzeitig der politische Wille fehlt, mit einem höheren EU-Budget auf europäischer Ebene zu investieren, kann die Klausel vielleicht als Notlösung wirken.
Ein künftiger europäischer Finanzrahmen könnte dann nämlich stärker auf nationale Kofinanzierung von EU-Programmen setzen. Eine niedrige Beteiligungsrate der EU würde das knappe EU-Budget schonen. Das Geld würde stattdessen von Mitgliedstaaten kommen, die bei diesen Investitionen nicht durch die EU-Schuldenregeln eingeschränkt wären. Die europäische Koordination wäre dadurch sichergestellt, dass sich die Investitionen an EU-Programme gebunden wären.
Damit diese Notlösung aber funktionieren kann, müsste der mehrjährige Finanzrahmen der EU stark angepasst werden, was politisch höchst anspruchsvoll ist.
Trotz dieses kleinen Erfolgs für das Parlament bleibt der Text klar von der Position des EU-Rats dominiert. Der grüne Fraktionsvorsitzende Philippe Lamberts, der als Schattenberichterstatter bei den Verhandlungen anwesend war, meinte, dass das Parlament sich habe überfahren lassen. “Das Parlament kapitulierte beim harten Kern der Reform im Tausch gegen einige kosmetische Verbesserungen im Text”, sagte er in einer Videobotschaft auf X.
Lamberts nannte die Entscheidung einen “kollektiven wirtschaftlichen Suizid”. Unter den neu vereinbarten Regeln werde die EU nicht in der Lage sein, genügend in die grüne Transformation, Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung und soziale Kohäsion zu investieren.
Die Co-Berichterstatterin des Parlaments, Esther de Lange (EVP), sieht das diametral anders: “Wir haben sichergestellt, dass die neuen Fiskalregeln sinnvoll und glaubwürdig sind, während auch Raum bleibt für notwendige Investitionen”, schrieb sie auf X.
Damit die neuen Schuldenregeln in Kraft treten können, muss die politische Einigung nun noch vom Parlament und vom EU-Rat bestätigt werden.
In den USA und speziell im Silicon Valley werden schon lange neuartige kleine Atomreaktoren gehypt, die sich künftig problemlos in Serie fertigen lassen sollen. Angezogen vom internationalen Tech-Glanz und europäischen Rufen nach Technologieoffenheit will nun auch die EU stärker auf die Zukunftshoffnung SMR setzen. Am 9. Februar gab die Kommission den Startschuss für eine neue Industrieallianz zu Small Modular Reactors.
“Wir wollen alle Beteiligten zusammenbringen, um die europäische Position im aufkommenden SMR-Markt zu stärken“, hatte Energiekommissarin Kadri Simson schon bei der Vorstellung des neuen EU-Klimaziels für 2040 gesagt. Mittlerweile ist es die elfte Industrieallianz der Kommission. Ähnliche Bündnisse gibt es bereits für Wasserstoff und Batterien oder auch für Rohstoffe und die Industrie 4.0.
Die Auftaktveranstaltung der SMR-Allianz ist für den 21. März geplant. Bis zum ersten Quartal 2025 soll der Aktionsplan des Bündnisses stehen. In der Leistungsbeschreibung hat die Kommission schon einmal zehn Arbeitspakete definiert – unter anderem:
Erste Ergebnisse gibt es zudem bereits aus der Pre-Partnership der Allianz. Ablesen lassen sie sich aus den Abschlussdokumenten der Workstreams.
Schon Anfang der 2030er-Jahre sollen laut Kommission die ersten SMR-Projekte “umgesetzt” sein. Gedrungen hatten darauf unter anderem Frankreich und Tschechien. Die französische Nuklearindustrie hat sich im Projekt “Nuward” zusammengeschlossen, um bis zum Ende des Jahrzehnts einen SMR zu entwickeln – unterstützt von Emmanuel Macrons Wirtschaftsprogramm “France 2030”.
Für realistisch hält das Nuklearexperte Walter Tromm vom KIT. Framatome wolle eine kleine Version eines etablierten Leichtwasserreaktors entwickeln. “Klein” meint in der Atomwirtschaft meist Meiler bis zu einer Leistung von 300 Megawatt (MW).
“Wenn man es will und das nötige Geld in die Hand nimmt, kann man einen solchen SMR bis 2030 bauen. Sogenannte AMRs – Advanced Modular Reactors – sehe ich allerdings erst später kommen”, sagt Tromm. In Kanada wollen die amerikanischen und japanischen Hersteller GE und Hitachi einen ähnlichen SMR sogar schon 2028 fertigstellen. Schon weit fortgeschritten ist der Bau des chinesischen Reaktors Linglong One.
Zu klären sind in Europa allerdings noch Sicherheitsfragen, die bei der Atomenergie immer Forschungsaufwand bedeuten. Euratom stellt bis 2035 Ergebnisse zur Zertifizierung und Sicherheitsbewertung von SMR-Leichtwasserreaktoren in Aussicht. Erst nach 2035 sollen allerdings europäische Forschungsergebnisse zu Konzepten für fortgeschrittene modulare Reaktoren vorliegen.
In der geringeren Größe all dieser SMRs sehen Umweltverbände eher einen Nachteil als eine Stärke. “Bezogen auf die einzelne Kilowattstunde sind die Baukosten für SMRs höher als für große Kernkraftwerke“, schreibt das European Environmental Bureau (EEB).
Für Aufsehen hatte im November die Absage eines Projekts der Firma Nuscale in Idaho gesorgt. Die Kosten für den 460-MW-Reaktor hatten sich zuletzt deutlich erhöht – laut einer Analyse des Wirtschaftsinstituts IEEFA auf über 119 Dollar pro Megawattstunde, wenn die Subventionen aus dem IRA eingerechnet werden. Das ist ein Vielfaches der Produktionskosten von Wind- und Solaranlagen.
Das EEB sieht in den Minireaktoren deshalb eine “gefährliche Ablenkung für das Klima”. Campaigner Davide Sabbadin: “Jeder Euro, der für Atomprojekte verschwendet wird, könnte helfen, fossile Brennstoffe schneller und billiger zu ersetzen, wenn er stattdessen in erneuerbare Energien, Netze und Energiespeicherung investiert würde.” Mit erneuerbaren Energien hält die Kommission schon bis 2040 eine weitgehend CO₂-freie Stromversorgung für möglich, wie ihr erster Aufschlag zum neuen Klimaziel der EU gezeigt hat.
Anders sieht die Kostenfrage FDP-Klimapolitiker Lukas Köhler: “Dass die fehlende Wirtschaftlichkeit eines Projektes heute nichts über die Zukunft aussagt, zeigen insbesondere die in den letzten Jahrzehnten extrem gesunkenen Kosten für Wind- und Solarenergie.”
CDU-Energiepolitiker Jens Spahn argumentiert mit den Kosten für Speicher und Stromleitungen, die Erneuerbare nach sich ziehen. “Dass Wind und Sonne keine Rechnung schicken, ist ein Märchen. Wir sollten für die Zukunft so klug sein, uns technologisch breit aufzustellen.”
Die Bundesregierung sollte laut Spahn die Bemühungen der EU um SMRs unterstützen: “Deutschland sollte der auf der letzten Klimakonferenz gegründeten globalen Atom-Allianz unter Führung der USA beitreten. Auch wenn wir selbst keine Kernkraftwerke mehr betreiben, sollten wir Kernenergie als Baustein zur weltweiten Umstellung auf eine klimaneutrale Energieversorgung unterstützen.”
Potenzial zur Kostensenkung sieht KIT-Experte Tromm noch wegen der besonderen Konstruktionsweise der Minireaktoren. “Vom Gedanken her ist das der Flugzeugindustrie abgekupfert. Man fertigt große Teile seriell in Fabriken und baut sie vor Ort zusammen.” Nun müssten Entwickler zeigen, dass diese Methode kosteneffizienter sei als der Bau von großen Reaktoren.
Der zweite Vorteil von SMRs ist laut Tromm die Sicherheit: “Der Sicherheitsstandard ist noch einmal erhöht“. Selbst wenn die Stromversorgung ausfiele, seien sie weiter sicher. Eine Freisetzung von radioaktiven Stoffen nach außen sei fast ausgeschlossen.
Damit seien SMRs für neue Einsatzzwecke geeignet. Finnland wolle mit SMRs die Hauptstadt Helsinki mit Wärme versorgen und plane die Anlagen nahe der Stadt. Mit großen Reaktoren würde man das trotz aller Sicherheitsmaßnahmen vielleicht nicht machen, sagt Tromm.
Konzipiert seien die Kleinreaktoren allerdings ursprünglich für Staaten wie die USA und Kanada, wo die Stromleitungen nicht so gut ausgebaut seien wie in Europa: “Ein Reaktor mit 1500 MW wäre dort an manchen Stellen zu groß für das Netz.”
Fraglich ist auch, ob SMRs in ein Energiesystem passen, das zum größten Teil auf fluktuierenden erneuerbaren Energien basiert. Um 20 Prozent könnten die Reaktoren ihre Leistung bei Bedarf schnell herunterregeln, sagt der Wissenschaftler. Weit darüber hinaus würden aber die Materialien stärker beansprucht.
Einen möglichen Konflikt sieht Tromm vor allem in der Entscheidung zwischen SMRs und Gaskraftwerken, die mit Wasserstoff betrieben werden. Bisher solle das Energiesystem darauf ausgelegt werden, Wasserstoff zu produzieren, wenn viel grüner Strom im Netz ist und diesen bei Flauten wieder zu verstromen. Ob dies mit einer Vielzahl von Kleinreaktoren kompatibel sei, müsse man gründlich analysieren.
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und die kanadische Handelsministerin Mary Ng haben am Freitag in Brüssel zwei neue Vereinbarungen getroffen. Diese sollen klarstellen, dass Investitionsschutzklagen legitime Regulierungsprojekte nicht verhindern können. Zudem sollen sie KMUs den Zugang zum Investitionsschutz erleichtern.
Speziell die gemeinsame Erklärung zum Investitionsschutz soll jene Mitgliedstaaten besänftigen, die fürchten, dass der Investorenschutz im gemeinsamen Freihandelsabkommen Ceta staatliche Regulierung übermäßig erschwert. Wenn ausländische Investoren als Reaktion auf Regulierungen Schadenersatz fordern können, untergrabe dies die demokratische Entscheidungsfindung, lautet die Befürchtung von Kritikern.
Die gemeinsame Erklärung zum Investitionsschutz verändert den Text des Ceta-Abkommens nicht. Stattdessen führt er genauer aus, wie das Kapitel zum Investitionsschutz gerichtlich interpretiert werden soll.
Insbesondere das Prinzip der fairen und gerechten Behandlung von Investoren und Klagen auf Basis indirekter Enteignung sollen weniger investorenfreundlich ausgelegt werden. “In der Vergangenheit wurden das Prinzip der fairen und gerechten Behandlung sowie die indirekte Enteignung von Investitionsschutzgerichten sehr expansiv ausgelegt“, erläuterte ein EU-Beamter. Diese Möglichkeit werde nun eingeschränkt.
Zudem bestärken Kanada und die EU in ihrer Erklärung das Recht auf staatliche Regulierung, speziell beim Klimaschutz. So müssen Investitionsschutzgerichte in Zukunft auch internationale Klimaschutz-Verpflichtungen wie das Pariser Abkommen stärker gewichten.
Doch Souveränität und Klimaschutz scheinen der EU-Kommission nur ein zweitrangiges Anliegen zu sein. Denn während sie durch diese Erklärung von Kanada eine Zusicherung erwirkte, dass kanadische Investoren europäischen Regulierungen nicht im Wege stehen sollen, beklagt sich die EU-Kommission gleichzeitig über kanadische Regelungen.
Im Jahr 2022 führte Kanada eine Steuer auf Autos ein, die mehr als 100.000 kanadische Dollar kosten. Weil dies auf viele europäische Autos zutrifft, kritisiert die EU-Kommission diese Steuer, die sie als “diskriminierend” einstuft. An dieser kleinen Scheinheiligkeit werden sich die Mitgliedstaaten jedoch kaum stören, zumal die Anregung für die gemeinsame Erklärung nicht von der Kommission stammt.
Die gemeinsame Erklärung war im Sommer 2022 von der EU-Kommission auf Bitten der deutschen Bundesregierung hin angekündigt worden. Das Versprechen half, Regierung und Bundestag zur Ceta-Ratifikation zu bewegen.
Die EU-Kommission hofft, dass die Erklärung nun auch die übrigen Mitgliedstaaten dazu bewegen wird, das Freihandelsabkommen vollständig zu ratifizieren. Erst dann wird das Investitionsschutzkapitel und mit ihm auch die gemeinsamen Erklärungen zum Investitionsschutz in Kraft treten. Zehn Mitgliedstaaten – darunter auch Frankreich, Polen und Italien – haben CETA noch nicht ratifiziert.
Seit 2017 ist Ceta in vorläufiger Anwendung. Dennoch ziehen Dombrovskis und Ng ein positives Fazit. Das Warenhandelsvolumen sei um 66 Prozent gewachsen und der Dienstleistungshandel um mehr als 62 Prozent. Mehr als 2500 KMUs hätten laut Dombrovskis seither begonnen, nach Kanada zu exportieren.
Auf KMUs abgestimmt ist auch eine zweite neue Vereinbarung zwischen der EU und Kanada: Kleine und mittelgroße Unternehmen sollen einen besseren Zugang zum Investitionsschutz erhalten. Aktuell ist es sehr teuer für Unternehmen, jene Investitionsschutzklagen zu führen, weshalb sich das meist nur Großunternehmen leisten.
Für den Ceta-Investitionsschutz sollen kürzere Fristen und eine Obergrenze für die Anzahl der Seiten bei Gerichtsdokumenten die Kosten drücken. Zudem sollen Klagen auch von einem einköpfigen, statt, wie bisher vorgesehen, von einem dreiköpfigen Gericht behandelt werden. “Teuer sind vor allem die Anwälte“, sagte ein EU-Beamter mit dem Argument, dass die neuen Vorgaben primär bei den Anwaltskosten ansetzten.
Die EU-Kommission lancierte in dieser Woche auch eine Webseite, die Investoren besser über ihre Investitionsschutzmöglichkeiten informieren soll. Die beiden Zusatzvereinbarungen befinden sich aktuell in der juristischen Abklärung und sollten dann innerhalb der kommenden Monate durch die EU und Kanada auf dem Schriftweg verabschiedet werden.
Über einen rechtlich nicht bindenden Erwägungsgrund in der CO₂-Flottengesetzgebung für Nutzfahrzeuge soll die EU-Kommission aufgefordert werden, Möglichkeiten für eine Berücksichtigung von E-Fuels zu schaffen. Unter dieser Bedingung hat Deutschland im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV 1) der politischen Einigung (Trilogergebnis) zugestimmt. Wie bei der CO₂-Flottenregulierung für Pkw steht die entsprechende Passage nicht in dem Rechtstext und ist daher auch nicht justiziabel.
Der Erwägungsgrund war auf Drängen Deutschlands noch kurz vor der Abstimmung eingefügt worden. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte dies gefordert. Ansonsten hätte sich Deutschland enthalten. Ohne Deutschland wäre die notwendige Mehrheit nicht zustande gekommen und das Gesetzgebungsvorhaben gescheitert. Italien, Tschechien und ein weiteres Land haben dagegen gestimmt.
Wissing sagte: “Lkw und Busse, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, können unbefristet zugelassen werden.” Man schaffe damit Rechtssicherheit für die Hersteller von Nutzfahrzeugen wie für Hersteller von klimaneutralen Kraftstoffen.
Bei der CO₂-Flottengesetzgebung für Pkw hat der Erwägungsgrund zu E-Fuels bislang aus Sicht der E-Fuel-Anhänger noch keine befriedigende Lösung gebracht. Ein Regelungsvorschlag der Kommission hat in dem zuständigen Ausschuss, Technical Committee for Motor Vehicles, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind, bisher keine Mehrheit bekommen. mgr
Die belgische Ratspräsidentschaft hat die Abstimmung über die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verschoben. Die Entscheidung sei bei der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter (AStV) am Freitag von der Agenda genommen worden, teilte ein Sprecher mit. Es sei zu diesem Zeitpunkt zu unsicher gewesen, ob eine qualifizierte Mehrheit zustande kommen würde.
Medienberichte über ein neues Datum am kommenden Mittwoch oder Freitag dementierte der Sprecher. Die Ratspräsidentschaft wolle mit den Mitgliedstaaten zunächst weiter an dem Gesetz arbeiten und die Abstimmung im AStV ansetzen, sobald “die Zeit dafür reif” sei. Es sei nicht einfach und nicht die bevorzugte Option, noch Änderungen vorzunehmen. Themen, bei denen Mitgliedstaaten noch Bedenken haben, wolle man ausführlich besprechen und “sehen, ob es einen Lösungsweg gibt”.
Die Reaktionen sind gespalten. “Die Verschiebung zeigt deutlich, dass das Lieferkettengesetz in dieser Form nicht mehrheitsfähig ist”, sagte Svenja Hahn (FDP), Schattenberichterstatterin im EU-Parlament. “Die klare Kritik aus Reihen des Parlaments und anderer Mitgliedstaaten hat gezeigt, wie groß die Unsicherheiten sind, ob das Lieferkettengesetz praxistauglich ist.” Nun müsse nachgebessert werden. Die belgische Ratspräsidentschaft hatte Nachverhandlungen in dieser Legislaturperiode jedoch ausgeschlossen.
Befürworter des Gesetzes kritisierten noch einmal deutlich die Blockade der FDP und fordern die Bundesregierung auf, doch noch zuzustimmen. “Die FDP hat nicht nur Deutschland zu einer Enthaltung gezwungen, sondern auch auf andere Länder Druck ausgeübt, dem EU-Lieferkettengesetz ebenfalls nicht zuzustimmen”, kritisierte Anna Cavazzini (Grüne). “Ein ausgiebig verhandelter Kompromiss wurde so auf den letzten Metern auf undemokratische Weise ins Wanken gebracht. Eine Mehrheit war so nicht mehr sicher.” Die Entscheidung, die Abstimmung zu verschieben, müsse jetzt dafür genutzt werden, zeitnah die Unterstützung der Mitgliedstaaten zu sichern.
“Die FDP hat mit ihrer Blockade des Lieferkettengesetzes vor allem eins erreicht: Die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik als Verhandlungspartner ist zutiefst erschüttert”, erklärte Tiemo Wölken (SPD). Wer im Rat der EU künftig Mehrheiten finden wolle, werde dies ohne Deutschland tun. leo
Die europäischen Industrieminister haben in der belgischen Stadt Genk über die industriepolitischen Herausforderungen der EU diskutiert. Laut dem flämischen Wirtschaftsminister Jo Brouns waren sich die anwesenden Ministerinnen und Minister einig, dass eine stärkere europäische Koordination in Sachen Industriepolitik wichtig sei.
“Wir müssen einem Subventionswettlauf zwischen den Mitgliedstaaten entgegenwirken“, sagte Brouns an einer Pressekonferenz am Freitag. Besonderes genau hinsehen müsse man bei den Effekten der gelockerten staatlichen Beihilferegeln.
Nach der Covid-Krise und dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hat die EU die Regeln für staatliche Beihilfen stark abgemildert, was zu einem ungleichen Subventionswettlauf innerhalb der EU geführt hat. So war Deutschland zwischenzeitlich für fast die Hälfte aller staatlichen Beihilfen, welche die EU-Kommission unter dem neuen Regime guthieß, verantwortlich. Mitgliedstaaten mit kleineren Budgets konnten schlicht nicht mithalten.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton wurde in der Causa deutlich: Man brauche eine europäische Alternative zu den staatlichen Beihilfen, sagte er auf der Pressekonferenz am Freitag. Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni und er würden sich stark machen für “horizontale” Beihilfen, die auf europäischer Ebene statt auf nationaler Ebene organisiert werden. Die nationalen Beihilfen könnten zur Fragmentierung des Binnenmarkts führen, argumentierte Breton.
Die Idee ist nicht neu. Die EU-Kommission warnt schon seit Langem, dass die Lockerung der Beihilferegeln zu Marktverzerrungen führen würde. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte einen europäischen “Souveränitätsfonds” an, der durch neue europäische Mittel und Investitionen die Ungleichgewichte der gelockerten Beihilfepolitik auffangen sollte.
Doch da neue europäische Finanzmittel politisch hochumstritten sind, und unter anderem von der deutschen Regierung abgelehnt werden, konnte die EU bisher noch keine Antwort auf die Verzerrungen der gelockerten Beihilfepolitik finden. Der Souveränitätsfonds blieb in der Ankündigungsphase stecken.
An ihrem Treffen am vergangenen Donnerstag und Freitag wollten die Minister und Breton vorausdenken und den Boden vorbereiten für die nächste Kommission. Im März wird der ehemalige italienische Premierminister Enrico Letta einen Bericht zur Zukunft des Binnenmarkts präsentieren, in dem er wahrscheinlich ebenfalls auf mehr europäische Mittel pochen wird.
Ein weiteres Ziel, das viele Minister, aber auch Breton und Letta auf die Agenda heben wollen, ist die Kapitalmarktunion. Besser integrierte Kapitalmärkte sollen mehr Wachstumskapital für europäische Firmen zur Verfügung stellen, so die Idee. Bisher sind Vorstöße in diese Richtung jedoch an einzelstaatlichen Interessen gescheitert.
Die Abgeordnete Christiane Schneider aus Rheinland-Pfalz soll Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament werden. Die 51-Jährige soll am 20. Februar auf Vorschlag von Daniel Caspary, Vorsitzender der Gruppe, gewählt werden. Schneider tritt die Nachfolge von Markus Pieper an, der KMU-Beauftragter der Kommission wird. mgr
Der Journalist Can Dündar sieht in der Gründung der Partei Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch (Dava) einen Versuch von Recep Tayyip Erdoğan, Einfluss auf die Politik in Deutschland und Europa zu nehmen. Die Partei soll zu den Europawahlen antreten.
Selbst wenn die Partei mutmaßlich nur wenig Stimmen erhalten werde, sei Ankara damit potenziell im Europarlament und später vielleicht sogar im Bundestag vertreten, warnte Dündar. “Deutschland braucht dringend eine strategische Politik gegenüber der Türkei”, sagte er zu Table.Media. “Solange es keine richtige Strategie gibt, stellt Erdoğan die Regeln auf und gewinnt.”
Bereits in der Vergangenheit, etwa beim EU-Türkei-Deal, habe der türkische Präsident versucht, die Bedingungen zu diktieren. “Damit zwingt er Deutschland ein Auswärtsspiel im eigenen Land auf”, kritisiert der ehemalige Chefredakteur der Cumhurriyet. Die Bundesrepublik solle der türkischstämmigen Bevölkerung statt Moscheen Kulturangebote machen, sagt Dündar im Interview von Leonard Schulz.
Der TikTok-Anbieter Bytedance ist vor dem Europäischen Gericht (EuG) vorerst damit gescheitert, seine Benennung als Torwächter (Gatekeeper) gemäß Digital Markets Act zu stoppen. Gegen diese Einstufung durch die EU-Kommission am 5. September hatte TikTok Widerspruch eingelegt und das EuG um eine Aussetzung bis zur Klärung im Hauptverfahren ersucht. Der Präsident des für Verwaltungsakte zuständigen unteren Gerichts der Europäischen Union gab am Freitag per ausführlicher Begründung bekannt, warum Bytedance mit seinem Verlangen keinen Erfolg haben konnte.
Die Anwälte der Firma scheiterten unter anderem daran, glaubhaft darzulegen, dass die durch den DMA anzuwendenden Maßnahmen im Fall eines Verfahrensausgangs zugunsten TikToks zuvor einen nicht mehr zu korrigierenden Schaden verursachen würden. Rein monetäre Belastungen sind aber nach ständiger EU-Rechtsprechung nur im absoluten Ausnahmefall geeignet, die Nichtanwendung eines Verwaltungsrechtsakts zu begründen. TikTok hatte unter anderem damit argumentiert, dass die DMA-Gatekeeper-Einstufung mit der Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen verbunden sei. Auch das überzeugte den Präsidenten des EuG, Vittorio de Bucchim, nicht. Die Übermittlung von Informationen an die EU-Kommission und eine gefilterte Veröffentlichung bestimmter Daten böten ausreichend Schutz. Ein Entscheidungstermin in der Hauptsache ist vom Europäischen Gericht bislang nicht angekündigt. fst
Der frühere Regierungschef Alexander Stubb wird neuer Präsident von Finnland. Der 55-Jährige setzte sich bei einer Stichwahl um die Präsidentschaft am Sonntag knapper als erwartet gegen seinen 65 Jahre alten Kontrahenten Pekka Haavisto von den Grünen durch. Nach Auszählung aller Wählerstimmen kam Stubb auf 51,6 Prozent der Stimmen, Haavisto auf 48,4 Prozent. Haavisto gratulierte Stubb bereits vorher zum Sieg, als sich der Wahlausgang am Abend in einer verlässlichen Hochrechnung des Rundfunksenders Yle ankündigte.
Der konservative Stubb sagte, es handle sich um die größte Ehre seines Lebens. Das Amt des Präsidenten sei eine Aufgabe, die größer als eine Person sei. Er fühle sich ruhig und demütig, aber gleichzeitig auch unendlich glücklich und dankbar. Die Wahlbeteiligung lag bei 70,7 Prozent.
Der Grünen-Abgeordnete Haavisto, der unter der früheren Ministerpräsidentin Sanna Marin Außenminister war, wird damit zum dritten Mal in Serie bei einer Präsidentschaftswahl Zweiter. Er hatte bereits bei den beiden vorherigen Wahlen einem Politiker der konservativen Nationalen Sammlungspartei – dem bis heute amtierenden Sauli Niinistö – den Vortritt lassen müssen. Dennoch ist das knappe Wahlergebnis ein Erfolg für ihn: So viele Stimmen bekam er vorher noch nie, nur knapp 100.000 trennten ihn am Ende von Stubb. Umfragen hatten Stubb vor dem Wahltag einen deutlicheren Vorsprung vorhergesagt.
Stubb gehört derselben Partei wie Regierungschef Petteri Orpo an, der ihn 2016 als Parteivorsitzender abgelöst hatte. Stubb war von Mitte 2014 bis Mitte 2015 selbst finnischer Ministerpräsident und hatte davor und danach auch verschiedene Ministerposten inne. Zuletzt war er Professor am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Da er als proeuropäisch und entschiedener Unterstützer der Ukraine gilt, wird mit keinen größeren Auswirkungen auf die finnische Russland-Politik infolge der Wahl gerechnet.
Anders als in Deutschland wird der Präsident in Finnland direkt vom Volk gewählt, er spielt in der Politik auch eine aktivere Rolle als in vielen anderen europäischen Ländern. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt, zusammen mit der Regierung über die Außen- und Sicherheitspolitik zu entscheiden, Regierungsmitglieder zu ernennen und Gesetze abzusegnen. Er ist auch Oberbefehlshaber der finnischen Streitkräfte. Aus der Innenpolitik hält er sich dagegen weitgehend heraus. dpa
Die ungarische Präsidentin Katalin Novák ist am Samstag zurückgetreten, nachdem sie nach einer Begnadigung eines Mannes unter Druck gekommen war. Der Mann war verurteilt worden, weil er geholfen hatte, sexuellen Missbrauch in einem Kinderheim zu vertuschen.
Brisant ist das ganze, weil Novák eine enge Verbündete des konservativen Premierministers Viktor Orbán ist. Sie trat eine Woche nach der Begnadigung zurück, über die die lokale Nachrichtenseite 444.hu zuerst berichtet hatte. Die Enthüllung hatte einen öffentlichen Aufschrei und Proteste ausgelöst. Die Opposition forderte den Rücktritt von Novák und der ehemaligen Justizministerin Judit Varga.
Varga trat am Samstag als Abgeordnete zurück. Die Politikerin galt zuvor als aufstrebender Star in Orbáns Regierungspartei Fidesz und sollte eigentlich die Liste bei der kommenden Europawahl im Juni anführen. Sie hatte die Begnadigung unterschrieben.
Der Skandal ist ein seltener Rückschlag für Premierminister Orbán. Er setzt sich seit Jahren dafür ein, Kinder vor LGBTQ-Aktivisten zu schützen, die sich in den Schulen des Landes herumtreiben sollen. Dies war eines von mehreren Themen, bei denen Orbán mit der Europäischen Kommission aneinandergeraten ist.
Um den politischen Schaden zu begrenzen, hat Orbán persönlich am späten Donnerstag dem Parlament eine Verfassungsänderung vorgelegt, die dem Präsidenten das Recht nimmt, Verbrechen an Kindern zu begnadigen. Einige politische Analysten hatten diesen Schritt als klare Botschaft an Novák gedeutet.
Der von Novák begnadigte Mann war stellvertretender Leiter eines Kinderheims in Bicske bei Budapest. Er hat dem Gerichtsurteil zufolge Kinder dazu gezwungen, ihre Zeugenaussagen als Missbrauchsopfer gegen den Heimleiter zu widerrufen, um seinen Chef zu entlasten. Über Jahre hinweg hatte er von den Missbrauchsakten gewusst. Der Heimleiter wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Sein begnadigter Stellvertreter hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten erhalten. rtr/dpa
Es ist ein Schrei des Herzens. Grüne und Sozialisten, “hört mit dem Mist auf, tut euch zusammen“, forderte letzten Monat der ehemalige grüne Europaabgeordnete José Bové. Er war nach Bordeaux gekommen, um den sozialistischen Europaabgeordneten Raphaël Glucksmann (S&D) zu unterstützen. Letzterer wurde offiziell zum Spitzenkandidaten der gemeinsamen Liste der Sozialistischen Partei und von Place publique, der politischen Bewegung, die er Ende 2018 mitbegründet hatte, ernannt.
Er schließt sich jetzt den anderen französischen Politikern an, die offiziell zu Spitzenkandidaten ihrer Parteien ernannt wurden: François-Xavier Bellamy für die konservativen Les Républicains, Jordan Bardella für den rechtspopulistischen Rassemblement National, Marion Maréchal für die rechtsextreme Reconconquête!, Marie Toussaint für Les Écologistes, Léon Deffontaines für die Kommunistische Partei (PCF) und Manon Aubry für das linke Bündnis La France insoumise (LFI). Bei Renaissance, dem französischen Zweig von Renew, sind die Kandidaturen noch nicht bekannt.
Die PS setzt eindeutig auf den prominenten Glucksmann. Der 46-Jährige hat stets entschieden proeuropäische Positionen vertreten. Dazu kann er sich in den vergangenen fünf Jahren rühmen, im Europäischen Parlament durch seine Kämpfe um die Uiguren in China und seine uneingeschränkte Unterstützung für die Ukraine sich weiter politisch profiliert zu haben.
Der Sohn des Philosophen André Glucksmann und Lebensgefährte der Journalistin Léa Salamé ist rhetorisch begabt und weiß, mit den Medien umzugehen. Es ist daher nur logisch, dass er von seinen Konkurrenten in der Linken als Gefahr angesehen wird. Léon Deffontaines, Spitzenkandidat der Kommunistischen Partei Frankreichs, wirft ihm vor, “die Sozialdemokratie zu verkörpern, die sich immer sehr gut mit dem liberalen Modell arrangiert hat”, und La France insoumise wirft ihm durch ihren Abgeordneten François Ruffin vor, “abgekoppelt” zu sein.
Besonders scharf ist die Kritik jedoch bei den französischen Grünen. Sie werben um die gleiche Wählerschaft wie Glucksmann. Umfragen sehen ihre Spitzenkandidatin Marie Toussaint gleichauf mit Glucksmann bei etwa zehn Prozent der Stimmen. Toussaint bringt sich daher schon früh gegen ihren Konkurrenten in Stellung. Auf einem Kongress der französischen Grünen in Nordfrankreich im Januar dieses Jahres ließ es Toussaint sich nicht nehmen, ihre bescheidene Herkunft zu betonen – ihr Großvater war Bergarbeiter. Gleichzeitig verwies sie auf die Familienherkunft ihres Hauptkonkurrenten auf der linken Seite, der aus einem privilegierten Pariser Milieu stammt. In Frankreich leidet Glucksmann unter seinem Image als “Pariser”. Er versucht gegenzusteuern, indem er verspricht, “überall” in Frankreich vor Ort zu sein.
Der Einladung, eine gemeinsame Liste zu erstellen, erteilte die Nationalsekretärin der französischen Grünen, Marine Tondelier, eine Absage. “Wir werden keinen Wahlkampf mit Carole Delga und ihrer A69 in Okzitanien, Alain Rousset, der die Megabassinen in Neu-Aquitanien unterstützt, oder Loïg Chesnais-Girard, der das Agrobusiness in der Bretagne fördert, führen”, sagte Tondelier. Sie bezog sich dabei auf die als unökologisch geltenden Großprojekte, die von den drei sozialistischen Regionalpräsidenten unterstützt werden.
Das hindert die Liste PS/Place publique jedoch nicht daran, weiterhin die Hand auszustrecken. “Wir bevorzugen den Dialog mit den linken Kräften, vor allem mit den Grünen”, erklärte der Europaabgeordnete Christophe Clergeau. Er drückt den “Willen” des PS und Place publique aus, mit den anderen linken Kräften zusammenzuarbeiten, “um ein Gegengewicht zur extremen Rechten zu schaffen”. Weiter versprach Clergeau: “Wahlen sind eine Form des Wettbewerbs. Wir bevorzugen den Respekt und greifen die anderen linken Kräfte nicht an.” Ob diese ausgestreckte Hand der Linken jedoch von den linksgrünen Konkurrenten angenommen wird, bleibt offen.
In ein ähnliches Horn wie Glucksmann stieß zurvor bereits dessen Unterstützer Bové. “Ich werde es nicht verstehen, wenn am 9. Juni kein Stimmzettel in der Urne liegt, der all diese linken und ökologischen Sensibilitäten vereint“, sagte der Politiker, der 1999 mit Landwirten aus seiner Region einen McDonalds zerlegt hatte. In einem Land, in dem das Essen eines Steaks einem politischen Kampf gleicht, ist der Bové zur Verkörperung des Kampfes gegen “Junkfood”, industriell verarbeitete Lebensmittel und die gesamte agrarindustrielle Kette geworden. Ihn an seiner Seite zu haben, ist ein echter Trumpf für Raphaël Glucksmann.
Dass der Grünenpolitiker Bové mit Glucksmann den Kandidaten der Linken und nicht die Kandidatin der französischen Grünen, die Europaabgeordnete Marie Toussaint, unterstützt, sorgt bei ihrer Partei für ernsthaftes Zähneknirschen. Zumal sich ein anderer prominenter Grüner Raphaël Glucksmann angeschlossen hat: Daniel Cohn-Bendit, eine Ikone des Mai 1968. Nach anfänglicher Unterstützer von Emmanuel Macron hat Cohn-Bendit mit dem französischen Präsidenten gebrochen. Er hofft nun, mit der Unterstützung von Glucksmann, eine “hoffnungsvolle Dynamik zu schaffen”.
Eine hoffnungsvolle Dynamik? Im Moment werden Glucksmann etwa zehn Prozent der Wählerstimmen bei der Europawahl zugeschrieben. Das bedeutet, dass die Liste PS/Place publique darauf hoffen kann, etwa zehn Kandidaten ins Europaparlament zu schicken. Zu den ersten zehn Kandidaten gehören neben Glucksmann, auch Aurore Lalucq, Nora Mebarek und Christophe Clergeau. Für den Chef der PS, Olivier Faure, ist Glucksmann der ideale Kandidat und “der Politiker, dem am meisten auf Instagram gefolgt wird”. Die französischen Wähler sind aufgerufen, 81 der insgesamt 720 Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu wählen.
das nach dem belgischen EU-Visionär und Nato-Generalsekretär Paul-Henri Spaak benannte Gebäude des Europaparlaments, das den Plenarsaal in Brüssel beherbergt, ist schlecht gealtert. Obwohl es erst 1993 bezogen wurde, ist es schon seit mehr als zehn Jahren eigentlich abrissreif. Die Sicherheitsvorkehrungen in dem als Kongresszentrum geplanten Gebäude sind so schlecht, dass schon Martin Schulz (SPD) in seiner Zeit als Parlamentspräsident Bedenken hatte bei Besuchen von hochrangigen Staatsgästen.
Das einflussreiche Büro, in dem die Parlamentspräsidentin und die Vize versammelt sind, hat vor Weihnachten beschlossen, das Gebäude zu sanieren. Damit sind die Neubaupläne vom Tisch. Zuvor war dafür ein internationaler Architektenwettbewerb durchgeführt worden. 450 Millionen Euro soll der Umbau kosten, im Schnitt etwas mehr als 5.300 Euro pro Quadratmeter bei einer Gesamtfläche von 84.653 Quadratmetern. Die Bauarbeiten sollen Mitte 2027 beginnen und Ende 2031 fertig sein. Ein frommer Wunsch ist, dass es vielleicht doch schneller geht und alles schon im Juli 2030 fertig wird, zum 200. Jubiläum des Königreichs Belgien.
Am Mittwoch gibt der Haushaltsausschuss seine Stellungnahme zu den Umbauplänen ab. Das Ergebnis ist nicht bindend für den Generalsekretär, der den Auftrag auslösen müsste. Eine Abfuhr der Haushälter wäre aber eine schwere Bürde. Wie man hört, haben die Sozialisten große Bauchschmerzen, Grüne und Linke denken noch nach. Christdemokraten und Konservative sind dafür. Schon über die Heizkosten würde sich das Projekt schnell amortisieren, sagen die Befürworter. Der Ausstoß an CO₂ für den benötigten Beton würde nach vier Jahren über eingesparte Energie ausgeglichen. Wenn vor acht Jahren gebaut worden wäre, wie einmal geplant, wäre Energie für 100 Millionen Euro gespart worden. Man darf gespannt sein, wie die Haushälter in eigener Sache entscheiden. Starten Sie gut in die Woche!
Es war ein Kraftakt, auf höchster Regierungsebene: Erst am Freitagmittag, unmittelbar vor der Abstimmung in Brüssel, konnte die Ampelkoalition ihren Streit um die CO₂-Flottengrenzwerte für LKW beilegen. Und damit den Weg ebnen für die Verabschiedung des neuen Regelwerks durch die EU-Botschafter der Mitgliedstaaten (siehe News in dieser Ausgabe).
Verkehrsminister Volker Wissing hatte zuvor den von Rat und Europaparlament ausgehandelten Kompromiss im Nachhinein infrage gestellt: Am Tag vor der eigentlich für vergangenen Mittwoch angesetzten Abstimmung zog er seine Zustimmung zurück, um noch die Berücksichtigung von synthetischen Kraftstoffen zu erreichen. Der CDU-Europaabgeordnete Jens Giesecke spricht von “politischem Harakiri”.
Solch plötzliche Manöver des bevölkerungsreichsten Mitgliedstaats in Brüssel häuften sich zuletzt. Und sie richten wachsenden Flurschaden an. Im Bund finden SPD, Grüne und FDP nur noch selten einen gemeinsamen Nenner. Die Folgen bekommen auch die EU-Partner zu spüren: Die Zustimmung zu europäischen Gesetzen werde offenkundig “in deutsches Wahlkampfgetöse hineingezogen”, sagt der SPD-Europaabgeordnete René Repasi.
Wobei sich die Verantwortung für die Bremsmanöver meist recht klar FDP-Ministern zuordnen lässt.
Bei den Koalitionspartnern in Berlin sorgt das Agieren der Liberalen für Verärgerung: “Die FDP beherrscht die Grundregeln des Regierungshandelns nicht“, sagt ein hochrangiger Regierungsbeamter. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), kritisiert: “Zwischen Regierungen, Kommission und Europaparlament ausgehandelte Kompromisse regelmäßig zu blockieren, ist im Kern antieuropäisch.” Eine solche FDP sei “keine Europapartei mehr”.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Link weist das zurück: “Man leistet der EU und dem Gedanken der europäischen Integration einen Bärendienst, wenn man Richtlinien durchdrücken will, die vor allem für kleinere Unternehmen eindeutig wettbewerbseinschränkend und übermäßig bürokratisch sind”, sagt er mit Blick auf die Lieferkettenrichtlinie.
Die Zerstrittenheit der Koalition hat Folgen auf Ansehen und Einfluss Deutschlands in Brüssel. “Aktuell handelt die Bundesregierung unverantwortlich und beschädigt die Handlungsfähigkeit der EU und Deutschlands Glaubwürdigkeit in Europa”, sagt die Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland, Linn Selle.
Im Rat sinkt die Bereitschaft, auf die Bundesregierung einzugehen. Man habe zwar die Abstimmung zu den CO₂-Grenzwerten für Trucks um zwei Tage verschoben, hieß es vergangene Woche bei der belgischen Ratspräsidentschaft. Darüber hinaus werde man “aber nicht Rücksicht nehmen auf die Befindlichkeiten einer Regierungspartei in einem Mitgliedstaat.”
Die anderen Mitgliedstaaten sind es ein Stück weit gewohnt, dass sich die Koalitionsregierungen in Berlin bisweilen schwertun mit der Meinungsbildung. Für die daraus resultierenden Enthaltungen hat sich schon lange der Begriff des “German Vote” eingebürgert.
Neu und problematischer aber seien die abrupten Kurswechsel kurz vor der formell geplanten Verabschiedung der informell vereinbarten Gesetzesvorhaben, sagt Nicolai von Ondarza, Forschungsgruppenleiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik. “Das schwächt die Verlässlichkeit Deutschlands und die Handlungsfähigkeit der EU-Institutionen.” Effektiver und glaubwürdiger sei es, wenn die gewünschten Änderungen frühzeitig im Prozess eingebracht würden.
Das hatten sich die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag auch vorgenommen. Allerdings gelang es ihnen schon in der Anfangsphase längst nicht immer, die guten Vorsätze auch umzusetzen. Inzwischen liegt das Problem weniger in den Abstimmungsprozessen auf Arbeitsebene. So hatten sich die beteiligten Ministerien recht geräuschlos auf eine gemeinsame Position zu den Lkw-Flottengrenzen verständigt. Bis zur Intervention von Minister Wissing.
Nach einer Marathonsitzung zur Reform der EU-Schuldenregeln gibt es eine Einigung. Bis 2 Uhr früh am Samstagmorgen verhandelten die Vertreter von Rat, Parlament und Kommission, darunter auch der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem. In den Grundzügen setzte sich die Ratsposition durch. Die sogenannten “Sicherheitslinien”, die Christian Lindner in den Ratsverhandlungen durchgesetzt hatte, werden nicht angetastet.
Trotz eines bis zum Anfang dieser Woche kompromisslosen Auftretens der belgischen Ratspräsidentschaft kam der Rat dem Parlament am Freitag einen Schritt entgegen. Dies schafft einen kleinen, zusätzlichen Spielraum für öffentliche Investitionen.
Die Verhandlungsteams einigten sich darauf, dass Ausgaben, die im Rahmen nationaler Kofinanzierung von EU-Programmen getätigt werden, nicht zu den Nettoausgaben zählen sollen. Die Nettoausgaben sind die wichtigste Steuergröße in den neuen Schuldenregeln. Ausgaben, die dort nicht mitgezählt werden, eröffnen einen größeren Spielraum für zusätzliche Investitionen oder andere Ausgaben.
In einem Dokument, das die EU-Kommission als Hilfestellung für die Trilogverhandlungen aufgesetzt hat, bewertet die Kommission den Effekt dieser Ausnahme grundsätzlich positiv. “Mitgliedstaaten werden stärkere Anreize haben, eine schnelle Implementierung von Unionsprogrammen sicherzustellen, und weniger Anreize, während eines wirtschaftlichen Abschwungs Investitionsausgaben zu kürzen”, steht im Text, der Table.Media vorliegt.
Zu Bedenken gibt die Kommission jedoch, dass Daten zu nationalen Kofinanzierung bisher nicht systematisch gesammelt werden. Dies wird die Berechnung des zusätzlichen Ausgabenspielraums anfänglich erschweren, sollte aber ein überwindbares Problem sein.
Klar ist, dass der zusätzlich geschaffene Spielraum zumindest vorübergehend sehr beschränkt bleibt. Nationale Kofinanzierung von EU-Programmen gibt es bisher nur bei Kohäsionsprogrammen. Obwohl genaue, EU-weite Zahlen zur nationalen Kofinanzierung fehlen, schätzt die Kommission die Zahl auf circa hundert Milliarden Euro für den Zeitraum des mehrjährigen Finanzrahmens von 2021 bis 2027.
Deutschland hat über diesen siebenjährigen Zeitraum laut Abmachung zwischen Kommission und Wirtschaftsministerium eine nationale Kofinanzierung von 21,7 Milliarden Euro geplant. Pro Jahr hätte Deutschland unter den neuen EU-Schuldenregeln also eine zusätzliche Flexibilität von circa drei Milliarden Euro. Das ist weniger als ein Prozent des deutschen Bundeshaushalts. In Deutschland bleibt diese neue Flexibilität zudem weitgehend theoretisch, da die Schuldenbremse strenger ist als die EU-Schuldenregeln.
Für Länder mit einem relativ bedeutsameren Kohäsionsbudget ist die neue Flexibilität etwas größer, doch auch dort bleibt der zusätzliche Spielraum beschränkt. Die Klausel öffnet aber einen Spielraum für eine bessere wirtschaftliche Steuerung in künftigen Budgets. Sollte sich in den kommenden Jahren herausstellen, dass die EU aufgrund der strikten Schuldenregeln zu wenig investiert, aber gleichzeitig der politische Wille fehlt, mit einem höheren EU-Budget auf europäischer Ebene zu investieren, kann die Klausel vielleicht als Notlösung wirken.
Ein künftiger europäischer Finanzrahmen könnte dann nämlich stärker auf nationale Kofinanzierung von EU-Programmen setzen. Eine niedrige Beteiligungsrate der EU würde das knappe EU-Budget schonen. Das Geld würde stattdessen von Mitgliedstaaten kommen, die bei diesen Investitionen nicht durch die EU-Schuldenregeln eingeschränkt wären. Die europäische Koordination wäre dadurch sichergestellt, dass sich die Investitionen an EU-Programme gebunden wären.
Damit diese Notlösung aber funktionieren kann, müsste der mehrjährige Finanzrahmen der EU stark angepasst werden, was politisch höchst anspruchsvoll ist.
Trotz dieses kleinen Erfolgs für das Parlament bleibt der Text klar von der Position des EU-Rats dominiert. Der grüne Fraktionsvorsitzende Philippe Lamberts, der als Schattenberichterstatter bei den Verhandlungen anwesend war, meinte, dass das Parlament sich habe überfahren lassen. “Das Parlament kapitulierte beim harten Kern der Reform im Tausch gegen einige kosmetische Verbesserungen im Text”, sagte er in einer Videobotschaft auf X.
Lamberts nannte die Entscheidung einen “kollektiven wirtschaftlichen Suizid”. Unter den neu vereinbarten Regeln werde die EU nicht in der Lage sein, genügend in die grüne Transformation, Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung und soziale Kohäsion zu investieren.
Die Co-Berichterstatterin des Parlaments, Esther de Lange (EVP), sieht das diametral anders: “Wir haben sichergestellt, dass die neuen Fiskalregeln sinnvoll und glaubwürdig sind, während auch Raum bleibt für notwendige Investitionen”, schrieb sie auf X.
Damit die neuen Schuldenregeln in Kraft treten können, muss die politische Einigung nun noch vom Parlament und vom EU-Rat bestätigt werden.
In den USA und speziell im Silicon Valley werden schon lange neuartige kleine Atomreaktoren gehypt, die sich künftig problemlos in Serie fertigen lassen sollen. Angezogen vom internationalen Tech-Glanz und europäischen Rufen nach Technologieoffenheit will nun auch die EU stärker auf die Zukunftshoffnung SMR setzen. Am 9. Februar gab die Kommission den Startschuss für eine neue Industrieallianz zu Small Modular Reactors.
“Wir wollen alle Beteiligten zusammenbringen, um die europäische Position im aufkommenden SMR-Markt zu stärken“, hatte Energiekommissarin Kadri Simson schon bei der Vorstellung des neuen EU-Klimaziels für 2040 gesagt. Mittlerweile ist es die elfte Industrieallianz der Kommission. Ähnliche Bündnisse gibt es bereits für Wasserstoff und Batterien oder auch für Rohstoffe und die Industrie 4.0.
Die Auftaktveranstaltung der SMR-Allianz ist für den 21. März geplant. Bis zum ersten Quartal 2025 soll der Aktionsplan des Bündnisses stehen. In der Leistungsbeschreibung hat die Kommission schon einmal zehn Arbeitspakete definiert – unter anderem:
Erste Ergebnisse gibt es zudem bereits aus der Pre-Partnership der Allianz. Ablesen lassen sie sich aus den Abschlussdokumenten der Workstreams.
Schon Anfang der 2030er-Jahre sollen laut Kommission die ersten SMR-Projekte “umgesetzt” sein. Gedrungen hatten darauf unter anderem Frankreich und Tschechien. Die französische Nuklearindustrie hat sich im Projekt “Nuward” zusammengeschlossen, um bis zum Ende des Jahrzehnts einen SMR zu entwickeln – unterstützt von Emmanuel Macrons Wirtschaftsprogramm “France 2030”.
Für realistisch hält das Nuklearexperte Walter Tromm vom KIT. Framatome wolle eine kleine Version eines etablierten Leichtwasserreaktors entwickeln. “Klein” meint in der Atomwirtschaft meist Meiler bis zu einer Leistung von 300 Megawatt (MW).
“Wenn man es will und das nötige Geld in die Hand nimmt, kann man einen solchen SMR bis 2030 bauen. Sogenannte AMRs – Advanced Modular Reactors – sehe ich allerdings erst später kommen”, sagt Tromm. In Kanada wollen die amerikanischen und japanischen Hersteller GE und Hitachi einen ähnlichen SMR sogar schon 2028 fertigstellen. Schon weit fortgeschritten ist der Bau des chinesischen Reaktors Linglong One.
Zu klären sind in Europa allerdings noch Sicherheitsfragen, die bei der Atomenergie immer Forschungsaufwand bedeuten. Euratom stellt bis 2035 Ergebnisse zur Zertifizierung und Sicherheitsbewertung von SMR-Leichtwasserreaktoren in Aussicht. Erst nach 2035 sollen allerdings europäische Forschungsergebnisse zu Konzepten für fortgeschrittene modulare Reaktoren vorliegen.
In der geringeren Größe all dieser SMRs sehen Umweltverbände eher einen Nachteil als eine Stärke. “Bezogen auf die einzelne Kilowattstunde sind die Baukosten für SMRs höher als für große Kernkraftwerke“, schreibt das European Environmental Bureau (EEB).
Für Aufsehen hatte im November die Absage eines Projekts der Firma Nuscale in Idaho gesorgt. Die Kosten für den 460-MW-Reaktor hatten sich zuletzt deutlich erhöht – laut einer Analyse des Wirtschaftsinstituts IEEFA auf über 119 Dollar pro Megawattstunde, wenn die Subventionen aus dem IRA eingerechnet werden. Das ist ein Vielfaches der Produktionskosten von Wind- und Solaranlagen.
Das EEB sieht in den Minireaktoren deshalb eine “gefährliche Ablenkung für das Klima”. Campaigner Davide Sabbadin: “Jeder Euro, der für Atomprojekte verschwendet wird, könnte helfen, fossile Brennstoffe schneller und billiger zu ersetzen, wenn er stattdessen in erneuerbare Energien, Netze und Energiespeicherung investiert würde.” Mit erneuerbaren Energien hält die Kommission schon bis 2040 eine weitgehend CO₂-freie Stromversorgung für möglich, wie ihr erster Aufschlag zum neuen Klimaziel der EU gezeigt hat.
Anders sieht die Kostenfrage FDP-Klimapolitiker Lukas Köhler: “Dass die fehlende Wirtschaftlichkeit eines Projektes heute nichts über die Zukunft aussagt, zeigen insbesondere die in den letzten Jahrzehnten extrem gesunkenen Kosten für Wind- und Solarenergie.”
CDU-Energiepolitiker Jens Spahn argumentiert mit den Kosten für Speicher und Stromleitungen, die Erneuerbare nach sich ziehen. “Dass Wind und Sonne keine Rechnung schicken, ist ein Märchen. Wir sollten für die Zukunft so klug sein, uns technologisch breit aufzustellen.”
Die Bundesregierung sollte laut Spahn die Bemühungen der EU um SMRs unterstützen: “Deutschland sollte der auf der letzten Klimakonferenz gegründeten globalen Atom-Allianz unter Führung der USA beitreten. Auch wenn wir selbst keine Kernkraftwerke mehr betreiben, sollten wir Kernenergie als Baustein zur weltweiten Umstellung auf eine klimaneutrale Energieversorgung unterstützen.”
Potenzial zur Kostensenkung sieht KIT-Experte Tromm noch wegen der besonderen Konstruktionsweise der Minireaktoren. “Vom Gedanken her ist das der Flugzeugindustrie abgekupfert. Man fertigt große Teile seriell in Fabriken und baut sie vor Ort zusammen.” Nun müssten Entwickler zeigen, dass diese Methode kosteneffizienter sei als der Bau von großen Reaktoren.
Der zweite Vorteil von SMRs ist laut Tromm die Sicherheit: “Der Sicherheitsstandard ist noch einmal erhöht“. Selbst wenn die Stromversorgung ausfiele, seien sie weiter sicher. Eine Freisetzung von radioaktiven Stoffen nach außen sei fast ausgeschlossen.
Damit seien SMRs für neue Einsatzzwecke geeignet. Finnland wolle mit SMRs die Hauptstadt Helsinki mit Wärme versorgen und plane die Anlagen nahe der Stadt. Mit großen Reaktoren würde man das trotz aller Sicherheitsmaßnahmen vielleicht nicht machen, sagt Tromm.
Konzipiert seien die Kleinreaktoren allerdings ursprünglich für Staaten wie die USA und Kanada, wo die Stromleitungen nicht so gut ausgebaut seien wie in Europa: “Ein Reaktor mit 1500 MW wäre dort an manchen Stellen zu groß für das Netz.”
Fraglich ist auch, ob SMRs in ein Energiesystem passen, das zum größten Teil auf fluktuierenden erneuerbaren Energien basiert. Um 20 Prozent könnten die Reaktoren ihre Leistung bei Bedarf schnell herunterregeln, sagt der Wissenschaftler. Weit darüber hinaus würden aber die Materialien stärker beansprucht.
Einen möglichen Konflikt sieht Tromm vor allem in der Entscheidung zwischen SMRs und Gaskraftwerken, die mit Wasserstoff betrieben werden. Bisher solle das Energiesystem darauf ausgelegt werden, Wasserstoff zu produzieren, wenn viel grüner Strom im Netz ist und diesen bei Flauten wieder zu verstromen. Ob dies mit einer Vielzahl von Kleinreaktoren kompatibel sei, müsse man gründlich analysieren.
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und die kanadische Handelsministerin Mary Ng haben am Freitag in Brüssel zwei neue Vereinbarungen getroffen. Diese sollen klarstellen, dass Investitionsschutzklagen legitime Regulierungsprojekte nicht verhindern können. Zudem sollen sie KMUs den Zugang zum Investitionsschutz erleichtern.
Speziell die gemeinsame Erklärung zum Investitionsschutz soll jene Mitgliedstaaten besänftigen, die fürchten, dass der Investorenschutz im gemeinsamen Freihandelsabkommen Ceta staatliche Regulierung übermäßig erschwert. Wenn ausländische Investoren als Reaktion auf Regulierungen Schadenersatz fordern können, untergrabe dies die demokratische Entscheidungsfindung, lautet die Befürchtung von Kritikern.
Die gemeinsame Erklärung zum Investitionsschutz verändert den Text des Ceta-Abkommens nicht. Stattdessen führt er genauer aus, wie das Kapitel zum Investitionsschutz gerichtlich interpretiert werden soll.
Insbesondere das Prinzip der fairen und gerechten Behandlung von Investoren und Klagen auf Basis indirekter Enteignung sollen weniger investorenfreundlich ausgelegt werden. “In der Vergangenheit wurden das Prinzip der fairen und gerechten Behandlung sowie die indirekte Enteignung von Investitionsschutzgerichten sehr expansiv ausgelegt“, erläuterte ein EU-Beamter. Diese Möglichkeit werde nun eingeschränkt.
Zudem bestärken Kanada und die EU in ihrer Erklärung das Recht auf staatliche Regulierung, speziell beim Klimaschutz. So müssen Investitionsschutzgerichte in Zukunft auch internationale Klimaschutz-Verpflichtungen wie das Pariser Abkommen stärker gewichten.
Doch Souveränität und Klimaschutz scheinen der EU-Kommission nur ein zweitrangiges Anliegen zu sein. Denn während sie durch diese Erklärung von Kanada eine Zusicherung erwirkte, dass kanadische Investoren europäischen Regulierungen nicht im Wege stehen sollen, beklagt sich die EU-Kommission gleichzeitig über kanadische Regelungen.
Im Jahr 2022 führte Kanada eine Steuer auf Autos ein, die mehr als 100.000 kanadische Dollar kosten. Weil dies auf viele europäische Autos zutrifft, kritisiert die EU-Kommission diese Steuer, die sie als “diskriminierend” einstuft. An dieser kleinen Scheinheiligkeit werden sich die Mitgliedstaaten jedoch kaum stören, zumal die Anregung für die gemeinsame Erklärung nicht von der Kommission stammt.
Die gemeinsame Erklärung war im Sommer 2022 von der EU-Kommission auf Bitten der deutschen Bundesregierung hin angekündigt worden. Das Versprechen half, Regierung und Bundestag zur Ceta-Ratifikation zu bewegen.
Die EU-Kommission hofft, dass die Erklärung nun auch die übrigen Mitgliedstaaten dazu bewegen wird, das Freihandelsabkommen vollständig zu ratifizieren. Erst dann wird das Investitionsschutzkapitel und mit ihm auch die gemeinsamen Erklärungen zum Investitionsschutz in Kraft treten. Zehn Mitgliedstaaten – darunter auch Frankreich, Polen und Italien – haben CETA noch nicht ratifiziert.
Seit 2017 ist Ceta in vorläufiger Anwendung. Dennoch ziehen Dombrovskis und Ng ein positives Fazit. Das Warenhandelsvolumen sei um 66 Prozent gewachsen und der Dienstleistungshandel um mehr als 62 Prozent. Mehr als 2500 KMUs hätten laut Dombrovskis seither begonnen, nach Kanada zu exportieren.
Auf KMUs abgestimmt ist auch eine zweite neue Vereinbarung zwischen der EU und Kanada: Kleine und mittelgroße Unternehmen sollen einen besseren Zugang zum Investitionsschutz erhalten. Aktuell ist es sehr teuer für Unternehmen, jene Investitionsschutzklagen zu führen, weshalb sich das meist nur Großunternehmen leisten.
Für den Ceta-Investitionsschutz sollen kürzere Fristen und eine Obergrenze für die Anzahl der Seiten bei Gerichtsdokumenten die Kosten drücken. Zudem sollen Klagen auch von einem einköpfigen, statt, wie bisher vorgesehen, von einem dreiköpfigen Gericht behandelt werden. “Teuer sind vor allem die Anwälte“, sagte ein EU-Beamter mit dem Argument, dass die neuen Vorgaben primär bei den Anwaltskosten ansetzten.
Die EU-Kommission lancierte in dieser Woche auch eine Webseite, die Investoren besser über ihre Investitionsschutzmöglichkeiten informieren soll. Die beiden Zusatzvereinbarungen befinden sich aktuell in der juristischen Abklärung und sollten dann innerhalb der kommenden Monate durch die EU und Kanada auf dem Schriftweg verabschiedet werden.
Über einen rechtlich nicht bindenden Erwägungsgrund in der CO₂-Flottengesetzgebung für Nutzfahrzeuge soll die EU-Kommission aufgefordert werden, Möglichkeiten für eine Berücksichtigung von E-Fuels zu schaffen. Unter dieser Bedingung hat Deutschland im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV 1) der politischen Einigung (Trilogergebnis) zugestimmt. Wie bei der CO₂-Flottenregulierung für Pkw steht die entsprechende Passage nicht in dem Rechtstext und ist daher auch nicht justiziabel.
Der Erwägungsgrund war auf Drängen Deutschlands noch kurz vor der Abstimmung eingefügt worden. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte dies gefordert. Ansonsten hätte sich Deutschland enthalten. Ohne Deutschland wäre die notwendige Mehrheit nicht zustande gekommen und das Gesetzgebungsvorhaben gescheitert. Italien, Tschechien und ein weiteres Land haben dagegen gestimmt.
Wissing sagte: “Lkw und Busse, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, können unbefristet zugelassen werden.” Man schaffe damit Rechtssicherheit für die Hersteller von Nutzfahrzeugen wie für Hersteller von klimaneutralen Kraftstoffen.
Bei der CO₂-Flottengesetzgebung für Pkw hat der Erwägungsgrund zu E-Fuels bislang aus Sicht der E-Fuel-Anhänger noch keine befriedigende Lösung gebracht. Ein Regelungsvorschlag der Kommission hat in dem zuständigen Ausschuss, Technical Committee for Motor Vehicles, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind, bisher keine Mehrheit bekommen. mgr
Die belgische Ratspräsidentschaft hat die Abstimmung über die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verschoben. Die Entscheidung sei bei der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter (AStV) am Freitag von der Agenda genommen worden, teilte ein Sprecher mit. Es sei zu diesem Zeitpunkt zu unsicher gewesen, ob eine qualifizierte Mehrheit zustande kommen würde.
Medienberichte über ein neues Datum am kommenden Mittwoch oder Freitag dementierte der Sprecher. Die Ratspräsidentschaft wolle mit den Mitgliedstaaten zunächst weiter an dem Gesetz arbeiten und die Abstimmung im AStV ansetzen, sobald “die Zeit dafür reif” sei. Es sei nicht einfach und nicht die bevorzugte Option, noch Änderungen vorzunehmen. Themen, bei denen Mitgliedstaaten noch Bedenken haben, wolle man ausführlich besprechen und “sehen, ob es einen Lösungsweg gibt”.
Die Reaktionen sind gespalten. “Die Verschiebung zeigt deutlich, dass das Lieferkettengesetz in dieser Form nicht mehrheitsfähig ist”, sagte Svenja Hahn (FDP), Schattenberichterstatterin im EU-Parlament. “Die klare Kritik aus Reihen des Parlaments und anderer Mitgliedstaaten hat gezeigt, wie groß die Unsicherheiten sind, ob das Lieferkettengesetz praxistauglich ist.” Nun müsse nachgebessert werden. Die belgische Ratspräsidentschaft hatte Nachverhandlungen in dieser Legislaturperiode jedoch ausgeschlossen.
Befürworter des Gesetzes kritisierten noch einmal deutlich die Blockade der FDP und fordern die Bundesregierung auf, doch noch zuzustimmen. “Die FDP hat nicht nur Deutschland zu einer Enthaltung gezwungen, sondern auch auf andere Länder Druck ausgeübt, dem EU-Lieferkettengesetz ebenfalls nicht zuzustimmen”, kritisierte Anna Cavazzini (Grüne). “Ein ausgiebig verhandelter Kompromiss wurde so auf den letzten Metern auf undemokratische Weise ins Wanken gebracht. Eine Mehrheit war so nicht mehr sicher.” Die Entscheidung, die Abstimmung zu verschieben, müsse jetzt dafür genutzt werden, zeitnah die Unterstützung der Mitgliedstaaten zu sichern.
“Die FDP hat mit ihrer Blockade des Lieferkettengesetzes vor allem eins erreicht: Die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik als Verhandlungspartner ist zutiefst erschüttert”, erklärte Tiemo Wölken (SPD). Wer im Rat der EU künftig Mehrheiten finden wolle, werde dies ohne Deutschland tun. leo
Die europäischen Industrieminister haben in der belgischen Stadt Genk über die industriepolitischen Herausforderungen der EU diskutiert. Laut dem flämischen Wirtschaftsminister Jo Brouns waren sich die anwesenden Ministerinnen und Minister einig, dass eine stärkere europäische Koordination in Sachen Industriepolitik wichtig sei.
“Wir müssen einem Subventionswettlauf zwischen den Mitgliedstaaten entgegenwirken“, sagte Brouns an einer Pressekonferenz am Freitag. Besonderes genau hinsehen müsse man bei den Effekten der gelockerten staatlichen Beihilferegeln.
Nach der Covid-Krise und dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hat die EU die Regeln für staatliche Beihilfen stark abgemildert, was zu einem ungleichen Subventionswettlauf innerhalb der EU geführt hat. So war Deutschland zwischenzeitlich für fast die Hälfte aller staatlichen Beihilfen, welche die EU-Kommission unter dem neuen Regime guthieß, verantwortlich. Mitgliedstaaten mit kleineren Budgets konnten schlicht nicht mithalten.
Binnenmarktkommissar Thierry Breton wurde in der Causa deutlich: Man brauche eine europäische Alternative zu den staatlichen Beihilfen, sagte er auf der Pressekonferenz am Freitag. Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni und er würden sich stark machen für “horizontale” Beihilfen, die auf europäischer Ebene statt auf nationaler Ebene organisiert werden. Die nationalen Beihilfen könnten zur Fragmentierung des Binnenmarkts führen, argumentierte Breton.
Die Idee ist nicht neu. Die EU-Kommission warnt schon seit Langem, dass die Lockerung der Beihilferegeln zu Marktverzerrungen führen würde. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte einen europäischen “Souveränitätsfonds” an, der durch neue europäische Mittel und Investitionen die Ungleichgewichte der gelockerten Beihilfepolitik auffangen sollte.
Doch da neue europäische Finanzmittel politisch hochumstritten sind, und unter anderem von der deutschen Regierung abgelehnt werden, konnte die EU bisher noch keine Antwort auf die Verzerrungen der gelockerten Beihilfepolitik finden. Der Souveränitätsfonds blieb in der Ankündigungsphase stecken.
An ihrem Treffen am vergangenen Donnerstag und Freitag wollten die Minister und Breton vorausdenken und den Boden vorbereiten für die nächste Kommission. Im März wird der ehemalige italienische Premierminister Enrico Letta einen Bericht zur Zukunft des Binnenmarkts präsentieren, in dem er wahrscheinlich ebenfalls auf mehr europäische Mittel pochen wird.
Ein weiteres Ziel, das viele Minister, aber auch Breton und Letta auf die Agenda heben wollen, ist die Kapitalmarktunion. Besser integrierte Kapitalmärkte sollen mehr Wachstumskapital für europäische Firmen zur Verfügung stellen, so die Idee. Bisher sind Vorstöße in diese Richtung jedoch an einzelstaatlichen Interessen gescheitert.
Die Abgeordnete Christiane Schneider aus Rheinland-Pfalz soll Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament werden. Die 51-Jährige soll am 20. Februar auf Vorschlag von Daniel Caspary, Vorsitzender der Gruppe, gewählt werden. Schneider tritt die Nachfolge von Markus Pieper an, der KMU-Beauftragter der Kommission wird. mgr
Der Journalist Can Dündar sieht in der Gründung der Partei Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch (Dava) einen Versuch von Recep Tayyip Erdoğan, Einfluss auf die Politik in Deutschland und Europa zu nehmen. Die Partei soll zu den Europawahlen antreten.
Selbst wenn die Partei mutmaßlich nur wenig Stimmen erhalten werde, sei Ankara damit potenziell im Europarlament und später vielleicht sogar im Bundestag vertreten, warnte Dündar. “Deutschland braucht dringend eine strategische Politik gegenüber der Türkei”, sagte er zu Table.Media. “Solange es keine richtige Strategie gibt, stellt Erdoğan die Regeln auf und gewinnt.”
Bereits in der Vergangenheit, etwa beim EU-Türkei-Deal, habe der türkische Präsident versucht, die Bedingungen zu diktieren. “Damit zwingt er Deutschland ein Auswärtsspiel im eigenen Land auf”, kritisiert der ehemalige Chefredakteur der Cumhurriyet. Die Bundesrepublik solle der türkischstämmigen Bevölkerung statt Moscheen Kulturangebote machen, sagt Dündar im Interview von Leonard Schulz.
Der TikTok-Anbieter Bytedance ist vor dem Europäischen Gericht (EuG) vorerst damit gescheitert, seine Benennung als Torwächter (Gatekeeper) gemäß Digital Markets Act zu stoppen. Gegen diese Einstufung durch die EU-Kommission am 5. September hatte TikTok Widerspruch eingelegt und das EuG um eine Aussetzung bis zur Klärung im Hauptverfahren ersucht. Der Präsident des für Verwaltungsakte zuständigen unteren Gerichts der Europäischen Union gab am Freitag per ausführlicher Begründung bekannt, warum Bytedance mit seinem Verlangen keinen Erfolg haben konnte.
Die Anwälte der Firma scheiterten unter anderem daran, glaubhaft darzulegen, dass die durch den DMA anzuwendenden Maßnahmen im Fall eines Verfahrensausgangs zugunsten TikToks zuvor einen nicht mehr zu korrigierenden Schaden verursachen würden. Rein monetäre Belastungen sind aber nach ständiger EU-Rechtsprechung nur im absoluten Ausnahmefall geeignet, die Nichtanwendung eines Verwaltungsrechtsakts zu begründen. TikTok hatte unter anderem damit argumentiert, dass die DMA-Gatekeeper-Einstufung mit der Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen verbunden sei. Auch das überzeugte den Präsidenten des EuG, Vittorio de Bucchim, nicht. Die Übermittlung von Informationen an die EU-Kommission und eine gefilterte Veröffentlichung bestimmter Daten böten ausreichend Schutz. Ein Entscheidungstermin in der Hauptsache ist vom Europäischen Gericht bislang nicht angekündigt. fst
Der frühere Regierungschef Alexander Stubb wird neuer Präsident von Finnland. Der 55-Jährige setzte sich bei einer Stichwahl um die Präsidentschaft am Sonntag knapper als erwartet gegen seinen 65 Jahre alten Kontrahenten Pekka Haavisto von den Grünen durch. Nach Auszählung aller Wählerstimmen kam Stubb auf 51,6 Prozent der Stimmen, Haavisto auf 48,4 Prozent. Haavisto gratulierte Stubb bereits vorher zum Sieg, als sich der Wahlausgang am Abend in einer verlässlichen Hochrechnung des Rundfunksenders Yle ankündigte.
Der konservative Stubb sagte, es handle sich um die größte Ehre seines Lebens. Das Amt des Präsidenten sei eine Aufgabe, die größer als eine Person sei. Er fühle sich ruhig und demütig, aber gleichzeitig auch unendlich glücklich und dankbar. Die Wahlbeteiligung lag bei 70,7 Prozent.
Der Grünen-Abgeordnete Haavisto, der unter der früheren Ministerpräsidentin Sanna Marin Außenminister war, wird damit zum dritten Mal in Serie bei einer Präsidentschaftswahl Zweiter. Er hatte bereits bei den beiden vorherigen Wahlen einem Politiker der konservativen Nationalen Sammlungspartei – dem bis heute amtierenden Sauli Niinistö – den Vortritt lassen müssen. Dennoch ist das knappe Wahlergebnis ein Erfolg für ihn: So viele Stimmen bekam er vorher noch nie, nur knapp 100.000 trennten ihn am Ende von Stubb. Umfragen hatten Stubb vor dem Wahltag einen deutlicheren Vorsprung vorhergesagt.
Stubb gehört derselben Partei wie Regierungschef Petteri Orpo an, der ihn 2016 als Parteivorsitzender abgelöst hatte. Stubb war von Mitte 2014 bis Mitte 2015 selbst finnischer Ministerpräsident und hatte davor und danach auch verschiedene Ministerposten inne. Zuletzt war er Professor am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Da er als proeuropäisch und entschiedener Unterstützer der Ukraine gilt, wird mit keinen größeren Auswirkungen auf die finnische Russland-Politik infolge der Wahl gerechnet.
Anders als in Deutschland wird der Präsident in Finnland direkt vom Volk gewählt, er spielt in der Politik auch eine aktivere Rolle als in vielen anderen europäischen Ländern. Zu seinen wichtigsten Aufgaben zählt, zusammen mit der Regierung über die Außen- und Sicherheitspolitik zu entscheiden, Regierungsmitglieder zu ernennen und Gesetze abzusegnen. Er ist auch Oberbefehlshaber der finnischen Streitkräfte. Aus der Innenpolitik hält er sich dagegen weitgehend heraus. dpa
Die ungarische Präsidentin Katalin Novák ist am Samstag zurückgetreten, nachdem sie nach einer Begnadigung eines Mannes unter Druck gekommen war. Der Mann war verurteilt worden, weil er geholfen hatte, sexuellen Missbrauch in einem Kinderheim zu vertuschen.
Brisant ist das ganze, weil Novák eine enge Verbündete des konservativen Premierministers Viktor Orbán ist. Sie trat eine Woche nach der Begnadigung zurück, über die die lokale Nachrichtenseite 444.hu zuerst berichtet hatte. Die Enthüllung hatte einen öffentlichen Aufschrei und Proteste ausgelöst. Die Opposition forderte den Rücktritt von Novák und der ehemaligen Justizministerin Judit Varga.
Varga trat am Samstag als Abgeordnete zurück. Die Politikerin galt zuvor als aufstrebender Star in Orbáns Regierungspartei Fidesz und sollte eigentlich die Liste bei der kommenden Europawahl im Juni anführen. Sie hatte die Begnadigung unterschrieben.
Der Skandal ist ein seltener Rückschlag für Premierminister Orbán. Er setzt sich seit Jahren dafür ein, Kinder vor LGBTQ-Aktivisten zu schützen, die sich in den Schulen des Landes herumtreiben sollen. Dies war eines von mehreren Themen, bei denen Orbán mit der Europäischen Kommission aneinandergeraten ist.
Um den politischen Schaden zu begrenzen, hat Orbán persönlich am späten Donnerstag dem Parlament eine Verfassungsänderung vorgelegt, die dem Präsidenten das Recht nimmt, Verbrechen an Kindern zu begnadigen. Einige politische Analysten hatten diesen Schritt als klare Botschaft an Novák gedeutet.
Der von Novák begnadigte Mann war stellvertretender Leiter eines Kinderheims in Bicske bei Budapest. Er hat dem Gerichtsurteil zufolge Kinder dazu gezwungen, ihre Zeugenaussagen als Missbrauchsopfer gegen den Heimleiter zu widerrufen, um seinen Chef zu entlasten. Über Jahre hinweg hatte er von den Missbrauchsakten gewusst. Der Heimleiter wurde zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Sein begnadigter Stellvertreter hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten erhalten. rtr/dpa
Es ist ein Schrei des Herzens. Grüne und Sozialisten, “hört mit dem Mist auf, tut euch zusammen“, forderte letzten Monat der ehemalige grüne Europaabgeordnete José Bové. Er war nach Bordeaux gekommen, um den sozialistischen Europaabgeordneten Raphaël Glucksmann (S&D) zu unterstützen. Letzterer wurde offiziell zum Spitzenkandidaten der gemeinsamen Liste der Sozialistischen Partei und von Place publique, der politischen Bewegung, die er Ende 2018 mitbegründet hatte, ernannt.
Er schließt sich jetzt den anderen französischen Politikern an, die offiziell zu Spitzenkandidaten ihrer Parteien ernannt wurden: François-Xavier Bellamy für die konservativen Les Républicains, Jordan Bardella für den rechtspopulistischen Rassemblement National, Marion Maréchal für die rechtsextreme Reconconquête!, Marie Toussaint für Les Écologistes, Léon Deffontaines für die Kommunistische Partei (PCF) und Manon Aubry für das linke Bündnis La France insoumise (LFI). Bei Renaissance, dem französischen Zweig von Renew, sind die Kandidaturen noch nicht bekannt.
Die PS setzt eindeutig auf den prominenten Glucksmann. Der 46-Jährige hat stets entschieden proeuropäische Positionen vertreten. Dazu kann er sich in den vergangenen fünf Jahren rühmen, im Europäischen Parlament durch seine Kämpfe um die Uiguren in China und seine uneingeschränkte Unterstützung für die Ukraine sich weiter politisch profiliert zu haben.
Der Sohn des Philosophen André Glucksmann und Lebensgefährte der Journalistin Léa Salamé ist rhetorisch begabt und weiß, mit den Medien umzugehen. Es ist daher nur logisch, dass er von seinen Konkurrenten in der Linken als Gefahr angesehen wird. Léon Deffontaines, Spitzenkandidat der Kommunistischen Partei Frankreichs, wirft ihm vor, “die Sozialdemokratie zu verkörpern, die sich immer sehr gut mit dem liberalen Modell arrangiert hat”, und La France insoumise wirft ihm durch ihren Abgeordneten François Ruffin vor, “abgekoppelt” zu sein.
Besonders scharf ist die Kritik jedoch bei den französischen Grünen. Sie werben um die gleiche Wählerschaft wie Glucksmann. Umfragen sehen ihre Spitzenkandidatin Marie Toussaint gleichauf mit Glucksmann bei etwa zehn Prozent der Stimmen. Toussaint bringt sich daher schon früh gegen ihren Konkurrenten in Stellung. Auf einem Kongress der französischen Grünen in Nordfrankreich im Januar dieses Jahres ließ es Toussaint sich nicht nehmen, ihre bescheidene Herkunft zu betonen – ihr Großvater war Bergarbeiter. Gleichzeitig verwies sie auf die Familienherkunft ihres Hauptkonkurrenten auf der linken Seite, der aus einem privilegierten Pariser Milieu stammt. In Frankreich leidet Glucksmann unter seinem Image als “Pariser”. Er versucht gegenzusteuern, indem er verspricht, “überall” in Frankreich vor Ort zu sein.
Der Einladung, eine gemeinsame Liste zu erstellen, erteilte die Nationalsekretärin der französischen Grünen, Marine Tondelier, eine Absage. “Wir werden keinen Wahlkampf mit Carole Delga und ihrer A69 in Okzitanien, Alain Rousset, der die Megabassinen in Neu-Aquitanien unterstützt, oder Loïg Chesnais-Girard, der das Agrobusiness in der Bretagne fördert, führen”, sagte Tondelier. Sie bezog sich dabei auf die als unökologisch geltenden Großprojekte, die von den drei sozialistischen Regionalpräsidenten unterstützt werden.
Das hindert die Liste PS/Place publique jedoch nicht daran, weiterhin die Hand auszustrecken. “Wir bevorzugen den Dialog mit den linken Kräften, vor allem mit den Grünen”, erklärte der Europaabgeordnete Christophe Clergeau. Er drückt den “Willen” des PS und Place publique aus, mit den anderen linken Kräften zusammenzuarbeiten, “um ein Gegengewicht zur extremen Rechten zu schaffen”. Weiter versprach Clergeau: “Wahlen sind eine Form des Wettbewerbs. Wir bevorzugen den Respekt und greifen die anderen linken Kräfte nicht an.” Ob diese ausgestreckte Hand der Linken jedoch von den linksgrünen Konkurrenten angenommen wird, bleibt offen.
In ein ähnliches Horn wie Glucksmann stieß zurvor bereits dessen Unterstützer Bové. “Ich werde es nicht verstehen, wenn am 9. Juni kein Stimmzettel in der Urne liegt, der all diese linken und ökologischen Sensibilitäten vereint“, sagte der Politiker, der 1999 mit Landwirten aus seiner Region einen McDonalds zerlegt hatte. In einem Land, in dem das Essen eines Steaks einem politischen Kampf gleicht, ist der Bové zur Verkörperung des Kampfes gegen “Junkfood”, industriell verarbeitete Lebensmittel und die gesamte agrarindustrielle Kette geworden. Ihn an seiner Seite zu haben, ist ein echter Trumpf für Raphaël Glucksmann.
Dass der Grünenpolitiker Bové mit Glucksmann den Kandidaten der Linken und nicht die Kandidatin der französischen Grünen, die Europaabgeordnete Marie Toussaint, unterstützt, sorgt bei ihrer Partei für ernsthaftes Zähneknirschen. Zumal sich ein anderer prominenter Grüner Raphaël Glucksmann angeschlossen hat: Daniel Cohn-Bendit, eine Ikone des Mai 1968. Nach anfänglicher Unterstützer von Emmanuel Macron hat Cohn-Bendit mit dem französischen Präsidenten gebrochen. Er hofft nun, mit der Unterstützung von Glucksmann, eine “hoffnungsvolle Dynamik zu schaffen”.
Eine hoffnungsvolle Dynamik? Im Moment werden Glucksmann etwa zehn Prozent der Wählerstimmen bei der Europawahl zugeschrieben. Das bedeutet, dass die Liste PS/Place publique darauf hoffen kann, etwa zehn Kandidaten ins Europaparlament zu schicken. Zu den ersten zehn Kandidaten gehören neben Glucksmann, auch Aurore Lalucq, Nora Mebarek und Christophe Clergeau. Für den Chef der PS, Olivier Faure, ist Glucksmann der ideale Kandidat und “der Politiker, dem am meisten auf Instagram gefolgt wird”. Die französischen Wähler sind aufgerufen, 81 der insgesamt 720 Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu wählen.