die Europawahl hat begonnen: Als erster Mitgliedstaat öffneten gestern die Niederlande ihre Wahllokale. Heute geht es in Irland und Tschechien weiter. In einigen Ländern wählen die Bürgerinnen und Bürger am Samstag, die meisten – darunter auch Deutschland – am Sonntag, dem 9. Juni.
Von den zukünftigen Mehrheitsverhältnissen hängt auch die Zukunft des EU Green Deal ab: Werden die hohen Ambitionen der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen aufrechterhalten? Besonders für den Fall eines Rechtsrucks äußern viele die Sorge, der zukunftsorientierte Pfad könnte nicht fortgeführt werden. Schon in diesem Mandat gab es gegen eine Reihe von Vorhaben wie dem EU-Lieferkettengesetz, der Verpackungsverordnung und dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur derart starke Widerstände, dass sie deutlich abgeschwächt wurden.
Laut der aktuellen Sitzprojektion von Politikwissenschaftler Manuel Müller bei Table.Briefings würde der Rechtsaußen-Block zwar gut ein Viertel der Sitze im gesamten Parlament einnehmen. “Das wäre mehr als je zuvor in der Geschichte des Parlaments – aber immer noch weit entfernt von einer eigenen Mehrheit”, schreibt Müller. Trotz Verschlechterungen der Grünen und Liberalen könnten die Parteien der Mitte laut Müllers Berechnungen den Rechtsaußen-Block weiterhin überstimmen.
Bei wichtigen Themen für die Transformation der Wirtschaft wird umso spannender, wie es in der kommenden Legislaturperiode weitergeht: die Umsetzung der zahlreichen Gesetze aus dem Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft zum Beispiel, die Überarbeitung der Offenlegungsverordnung für das Finanzwesen oder die Ergänzung der EU-Taxonomie.
Im Newsblog hält Table.Briefings Sie über die aktuellen News zu den Europawahlen auf dem Laufenden. Dort finden Sie das Wichtigste aus allen Fachbriefings.
Von 2000 bis 2020 verdoppelte sich die Menge der jährlich produzierten Kleidung nahezu auf 109 Millionen Tonnen. Fast Fashion – neue Kollektionen, teilweise im Stundentakt und oft in geringer Qualität – hat daran einen großen Anteil. Die Folge: In der EU landen jedes Jahr 12,6 Millionen Tonnen Textilien auf dem Müll. Die weltweite Textilproduktion verursacht laut McKinsey vier Prozent der globalen CO₂-Emissionen, der European Environment Agency zufolge war sie 2020 die drittgrößte Quelle für Wasserverschmutzung in der EU.
“Das lineare Geschäftsmodell wird in der Zukunft nicht mehr funktionieren”, sagt Ina Budde von der Innovationsagentur circular.fashion, die Textilunternehmen zu Kreislaufwirtschaft berät. Alle Unternehmen müssten ihren Beitrag leisten, um knappe Ressourcen im Kreislauf zu halten. Nur so könnten sie sich dauerhaft Zugang zu Rohstoffen sichern. Einige Textilhersteller arbeiten daher seit mehreren Jahren an Geschäftsmodellen, um Kleidung länger in Gebrauch zu halten und Stoffe erneut verwenden zu können. Doch an vielen Stellen der Wertschöpfungskette gibt es noch Herausforderungen.
Bisher werden weniger als ein Prozent der weltweit gesammelten Alttextilien zu neuen Textilfasern recycelt. Neun Prozent werden zu Produkten in minderer Qualität weiterverarbeitet, zum Beispiel zu Putzlappen. Beim Recycling sind vor allem die Mischfasern eine Herausforderung. Polyester wird zum Beispiel gerne mit Polyamid, einer weiteren Kunstfaserart, oder Baumwolle verwoben – die Bestandteile wieder zu trennen, ist sehr aufwendig. Deswegen hat die Outdoor-Marke Vaude 2023 erstmals kreislauffähige Kleidungsstücke aus Monomaterialien auf den Markt gebracht. Sie bestehen komplett aus recyceltem PET-Polyester.
Doch zurücknehmen und selbst recyceln kann das Unternehmen auch diese Stücke nicht. Ein eigenes Recycling-System, das Vaude als eines der ersten Unternehmen der Branche 1994 entwickelte, musste die Firma wieder einstellen. “Kleidung, die lange hält, wird seltener entsorgt”, erklärt Stefan Lörke, Abteilungsleiter Bekleidung bei Vaude. Das machte es für das Unternehmen schwierig, genug Material für das Recycling zu sammeln. “Eigenständige Recyclingsysteme lassen sich als Einzelunternehmen nicht sinnvoll organisieren”, ist daher Lörkes Schlussfolgerung. Es brauche Lösungen wie ein einheitliches Recyclingsystem für alle Unternehmen – etwa eine Textiltonne, in die Menschen abgetragene Kleidung entsorgen können.
Auch Pascal Brun, Vizepräsident für Nachhaltigkeit beim Versandhändler Zalando, hält es für wichtig, dass die Branche zusammenarbeitet. Die großflächige Umsetzung von Kreislaufmodellen erfordere ein Ökosystem aus Partnern, Infrastruktur und unterstützenden gesetzlichen Regelungen. “Wir glauben, dass diese Aufgabe allein nicht zu schaffen ist. Das ist vielleicht eine der wichtigsten Lektionen, die wir in den letzten Jahren gelernt haben”, sagt er.
An Regulierungen, die das Textilrecycling voranbringen könnte, arbeitet die EU im Rahmen ihrer Textilstrategie. Zentrales Vorhaben: die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) mit der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie, die 2025 in Kraft treten soll. Textilhersteller würden die Kosten für die Bewirtschaftung von Textilabfällen künftig selbst tragen. So will die EU Anreize für kreislauffähige Produkte und weniger Müll schaffen. Die Höhe der Gebühren soll dabei an die Umweltauswirkungen der Textilien gekoppelt werden; die Einnahmen der Sammlung sollen der Sortierung und dem Recycling zugutekommen.
Eine weitere Herausforderung beim Recycling sei die Qualität der Materialien, sagt Lörke. Bei Vaude etwa gebe es “sehr strenge Regeln, was die Verwendung von Chemikalien angeht.” Um Kleidungsstücke besser recyceln zu können, brauchen Hersteller daher detaillierte Informationen über ihre Beschaffenheit. Dafür hat circular.fashion einen digitalen Produktpass namens circularity.ID entwickelt. Der scannbare Code auf dem Etikett informiert über Kriterien wie Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit. Er soll Kunden helfen, die richtigen Rückgabekanäle zu wählen. Altkleidersortierer können anhand der Informationen die recycelbaren Teile heraussuchen und an die Industrie weitergeben. Zalando hat die circularity.ID bereits getestet, Otto produziert damit seine Circular Collection, Armedangels ein T-Shirt.
Auch der Online-Händler Zalando, bei dem über 50 Millionen Kunden im Jahr 2023 insgesamt über 244 Millionen Mal Kleidung bestellt haben, macht sich Gedanken um die Kreislauffähigkeit seiner Textilien. Seit 2020 hat das Unternehmen nach eigenen Aussagen die Lebensdauer von mehr als 6,3 Millionen Modeprodukten verlängert, zum Beispiel durch Recycling oder Wiederverwendung. Angepeilt waren ursprünglich 50 Millionen bis 2023.
Die Zusammenarbeit mit dem Start-Up “Save your Wardrobe”, bei der Kunden ihre Kleidungsstücke reparieren oder ändern lassen konnten, wurde jedoch wieder eingestellt. “In der Pilotphase stellten wir eine hohe Kund*innenzufriedenheit fest. Die Preisgestaltung und die Wirtschaftlichkeit stellten allerdings eine Herausforderung dar”, erklärt Brun. Laut Zalando lag der durchschnittliche Auftragswert bei ungefähr 30 Euro, was aus Sicht des Unternehmens für potenzielle Kunden in manchen Fällen einen Neukauf attraktiver gemacht haben könnte. Zudem sei der Aufwand für den Online-Service (etwa Fotos hochladen und auf einen Kostenvoranschlag warten), eine Hürde für die Kunden gewesen. Das Unternehmen will aber weiter an zirkulären Lösungen arbeiten, zum Beispiel, indem es Secondhand-Mode anbietet.
Solche Resale-Programme werden immer beliebter, meint Nina Lorenzen, Mitgründerin des Netzwerks Fashion Changers. Dass auch Fast Fashion-Marken wie H&M oder Zara Millionen Euro in Secondhand investieren, zeige, dass die Branche darin einen wachsenden Markt vermutet. Mehr als fraglich sei jedoch, ob die Qualität der Teile dafür ausreiche, lange im Kreislauf zu bleiben. “Ein echter Gewinn wäre es, wenn die Unternehmen ihr Secondhand-Business zum Anlass nehmen würden, um die Qualität ihrer Kleidung zu erhöhen und die Neuproduktion von Kleidung zu reduzieren”, ergänzt Lorenzen. Sarah Kröger
Viel Zeit ist nicht, um die Ergebnisse der Europawahl am Sonntag zu verdauen. Während es für die frisch gewählten Abgeordneten des Europaparlaments zunächst noch keine großen klimapolitischen Entscheidungen zu treffen gilt, geht es für Kommission und Rat beinahe nahtlos weiter. Die Mitgliedstaaten müssen noch über liegengebliebene Gesetze aus der auslaufenden Legislatur entscheiden und die Verhandlungen über das EU-Klimaziel 2040 sowie das nächste NDC starten. Die Kommission und ihre Generaldirektion Klimaschutz arbeiten bereits am nächsten Klimaschutzpaket.
Direkt nach der Wahl werden sich die Mitgliedstaaten noch einmal mit dem strittigsten Dossier des Green Deals befassen. Die belgische Ratspräsidentschaft unternimmt einen weiteren Versuch, das Renaturierungsgesetz doch noch über die Ziellinie zu bringen. Beim Umweltrat am 17. Juni soll es zur finalen Abstimmung der Mitgliedstaaten kommen. Das Parlament hat das Trilog-Ergebnis formal schon durchgewinkt, somit fehlt nur noch die Zustimmung der Ministerinnen und Minister.
Nur wenige Tage darauf hätte Klimaschutz wieder weit oben auf der Agenda stehen sollen – beim EU-Gipfel am 27./28. Juni. Dort werden sich die Staats- und Regierungschefs auf die strategische Agenda einigen – also die Richtung und Ziele der EU-Staaten für die kommenden fünf Jahre. Doch die Mitgliedsstaaten konnten sich nicht auf ambitionierte Klima-Inhalte für die strategische Agenda einigen. Zur Debatte stand, ob sich die Staaten schon hier auf eine eigene Position zum EU-Klimaziel 2040 verständigen würden. Da es Einstimmigkeit braucht, ist eine Einigung jedoch nicht in Sicht. Die Staaten konnten sich bislang weder auf den Kommissionsvorschlag von 90 Prozent CO₂-Reduktion im Vergleich zu 1990 noch auf ein niedrigeres Ziel oder einen Zielkorridor verständigen.
Auch die Bundesregierung hat noch keine geeinte Position für das EU-Klimaziel 2040, obwohl sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Ende April beim Petersberger Klimadialog in Berlin demonstrativ hinter den Kommissionsvorschlag gestellt hatte. Insider aus Brüssel berichten, dass die kommende ungarische Ratspräsidentschaft das Thema beim EU-Gipfel im Dezember aufs Tableau bringen will.
Spätestens im Frühjahr 2025 müssen die EU-Staaten dann auch ihr Klimaziel für 2035 (NDC) bei den Vereinten Nationen hinterlegen. Dafür reicht theoretisch eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat. In der EU-Logik muss dafür allerdings zunächst ein Ziel für 2040 feststehen, aus dem das Ziel für 2035 hervorgeht, was den Prozess zusätzlich verkompliziert. In den Wochen und Monaten nach der Europawahl wird es also mehr um die grundsätzlicheren klimapolitischen Linien gehen, anstatt um regulative Tätigkeiten.
Es sei denn, die neue Kommission gibt dem Druck der EVP nach und macht die Debatte um die CO₂-Flottengrenzwerte für Pkw aus dem Fit-for-55-Paket wieder auf, um das Verbrenner-Aus rückgängig zu machen. Das gilt zwar nicht als sonderlich wahrscheinlich, solange Ursula von der Leyen im Amt bleibt. Vor allem die restlichen deutschen Christdemokraten meinen es dennoch ernst mit ihrem Wunsch, auch nach 2035 noch neue Verbrenner zulassen zu können.
Die klimapolitisch wenig versierte ungarische Ratspräsidentschaft wird sich in der zweiten Jahreshälfte stark zurückhalten. Zum einen, weil keine neuen Vorschläge aus der Kommission zu erwarten sind. Zum anderen, weil sie ihre Prioritäten nicht in der Klimapolitik setzen wird.
Ein neues Gesetzespaket zur Umsetzung des Klimaziels ist erst für 2026 geplant. Anders als das Fit-for-55-Paket zum 2030er-Klimaziel soll es weniger neue Maßnahmen beinhalten, sondern die bestehenden Maßnahmen auf die potenzielle Ambitionserhöhung ausrichten. So könnte beispielsweise das europäische Emissionshandelssystem für Energie und Industrie (ETS 1) auf weitere Industriezweige ausgeweitet werden. Im Fokus steht der Agrar- und Lebensmittelsektor. Auch für die Integration von natürlichen Kohlenstoff-Senken (Carbon Farming) sowie technischen CO₂-Entnahmen (Direct Air Capture) braucht es Lösungen, die beim Klimaziel 2040 eine Rolle spielen werden.
Einige dieser Maßnahmen dürften innerhalb der turnusmäßigen Revisionen der Gesetze umgesetzt werden, die 2026 oder 2027 fällig sind. Darunter fallen das ETS sowie der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM, aber auch die Gemeinsame Agrarpolitik. Erste Vorschläge für die GAP nach 2027 werden für das kommende Jahr erwartet.
Für die kommenden Jahre stellt sich auch die Frage, wie Energie- und Industriewende finanziert werden können. Der Pandemie-Wiederaufbaufonds läuft Ende 2026 aus und die öffentlichen Mittel werden auch durch die neuen EU-Schuldenregeln wieder knapper gehalten. Ein zentrales Anliegen der EU-Kommission und einiger Mitgliedstaatsregierungen ist deshalb die Vertiefung der Kapitalmarktunion. Dies soll europäischen Unternehmen einen einfacheren Zugang zu Finanzmitteln sichern, um in ihr Wachstum zu investieren.
Nationale Hürden könnten diesem Ziel aber weiterhin im Weg stehen. Auch wenn die Kapitalmarktunion zustande kommt, ist nicht garantiert, dass das zusätzliche Kapital in klimafreundliche Maßnahmen fließen wird. Eine weitere Möglichkeit für mehr Finanzmittel bietet der nächste mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFF) für die Periode von 2028 bis 2034. Der erste Vorschlag dafür ist Mitte 2025 fällig. Mit János Ammann
Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier. Unseren Newsfeed finden Sie hier.
Viele Unternehmen in der Baubranche erwarten, dass durch die neue Abfallende-Verordnung größere Mengen bestimmter mineralischer Ersatzbaustoffe als nötig auf Deponien landen könnten – was laut Branchenvertretern den Übergang zu einer zirkulären Bauwirtschaft erschweren würde. Das geht aus einer von acht Verbänden der Entsorgungsindustrie beauftragten Prognos-Umfrage hervor, die an diesem Freitag veröffentlicht wird. Sie liegt Table.Briefings exklusiv vorab vor. Teilgenommen haben 457 Mitarbeiter von Unternehmen und Behörden.
Anlass für die Befürchtungen sind Pläne des Bundesumweltministeriums (BMUV), den Produktstatus für einige mineralische Ersatzbaustoffe (MEB) festzulegen – darunter fallen etwa recycelte Abfälle. Speziell geht es um die Eckpunkte für die neue Abfallende-Verordnung, die das BMUV Ende Dezember 2023 vorgestellt hat.
79 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass mineralische Ersatzbaustoffe – wozu Steine und Sand gehören – aus höher mit Schadstoffen belasteten Materialklassen künftig deponiert werden, obwohl sie in technischen Bauwerken wie Straßen verwendet werden könnten. Das BMUV plant im Eckpunktepapier der Verordnung bislang, nur Materialien mit den geringsten Schadstoffbelastungen explizit als Produkt anzuerkennen.
Die BMUV-Regelungen würden “eine Ressourcenwende in die falsche Richtung” bedeuten, “die sich gerade im Umweltministerium niemand wünschen kann”, sagt Michael Stoll, Geschäftsführer von Remex, einem Recyclingunternehmen für mineralische Baustoffe. “Weniger Recycling bedeutet höheren Ressourcenverbrauch”.
Gleichzeitig geben 75 Prozent der Befragten an, dass sie eine höhere Nachfrage für MEB aus den relativ schadstoffarmen Materialklassen erwarten – unter anderem wegen größerer Akzeptanz als Produkt. “Wenn der Gesetzgeber einzelnen Materialklassen Produktstatus gibt, greift der psychologische Effekt, dass andere Klassen noch fokussierter als Abfall wahrgenommen und nicht mehr so stark oder gar nicht mehr nachgefragt werden”, sagt Stefan Schmidmeyer, Geschäftsführer im Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung.
Ohnehin hält er es für “unverhältnismäßig, nur bestimmten Ersatzbaustoffen und nur bestimmten Materialklassen von MEB den Produktstatus zuzusprechen“. Die bereits in Kraft getretene Ersatzbaustoffverordnung würde für alle Ersatzbaustoffe und Materialklassen Vorgaben machen, “die einen Schaden für Mensch und Umwelt ausschließen”, sodass diesbezüglich kein weiterer Regelungsbedarf bestehe. nh
Der EU-Ministerrat will in der Green-Claims-Richtlinie verankern, dass Produkte auch dann als “klimaneutral” oder “CO₂-reduziert” beworben werden können, wenn der Klimanutzen durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten erreicht wurde. Einen entsprechenden Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft haben laut gut informierten Kreisen die nationalen EU-Botschafter am Mittwoch nach längeren Verhandlungen befürwortet.
Damit nimmt der Rat in einer bedeutenden Frage eine gegensätzliche Position zum Europäischen Parlament ein. Dessen im März verabschiedete Verhandlungsposition sieht vor, CO₂-Kompensationen nur in Ausnahmefällen zu erlauben, nämlich wenn ein Unternehmen seine CO₂-Emissionen bereits so weit wie möglich reduziert hat. Das EU-Parlament will, dass Einsparungen tatsächlich in der Wertschöpfungskette eines Produktes erfolgt sind, damit es mit einem Green Claim beworben werden darf.
Mehr nationale Freiheiten wollen die EU-Länder bei Strafen für Unternehmen, die gegen die Green-Claims-Richtlinie verstoßen. In der nun vorliegenden Version des Rates sollen die einzelnen Mitgliedsstaaten diese selbst festlegen, vorausgesetzt, die Sanktionen sind “effektiv, angemessen und abschreckend”. Das EU-Parlament will dagegen Geldbußen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes EU-weit vorschreiben.
Darüber hinaus soll die Green-Claims-Richtlinie laut Ratskompromiss auch für Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern gelten. Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission sah vor, diese Unternehmen von der Richtlinie auszunehmen, was auch vom EU-Parlament unterstützt wird. Für Kleinstunternehmen soll die Richtlinie nach dem Willen des Rates aber erst ein halbes Jahr später in Kraft treten als für alle anderen, für die die Regeln ab 2028 gelten sollen.
Die Einigung der Botschafter soll am 17. Juni vom EU-Umweltrat als offizielle Verhandlungsposition beschlossen werden. Beobachter rechnen auch hier mit der nötigen qualifizierten Mehrheit. Die deutsche Bundesregierung will sich laut gut informierten Kreisen enthalten. Nimmt der Rat sein Verhandlungsmandat an, muss er sich danach mit dem Parlament auf eine gemeinsame Fassung des Textes einigen. mo
Der unabhängige Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung hat am Donnerstag ein Leitbild für einen zukunftsfähigen Finanzsektor vorgelegt. “Wir wollen damit den Begriff Sustainable Finance hinter uns lassen”, sagte die Beiratsvorsitzende Silke Stremlau zu Table.Briefings. Denn Investments sollten künftig immer nachhaltig sein.
Drei Dimensionen umfasst das Leitbild:
Bei der Arbeit des Beirats zu Aspekten des nachhaltigen Finanzsystems habe man festgestellt, “dass es mehr als konkrete Verbesserungsvorschläge und Empfehlungen braucht, um den nächsten Entwicklungsschritt in Richtung eines nachhaltigen Finanzsystems zu gehen“, sagt Stremlau. “Das Zukunftsbild soll alle ermutigen, den manchmal steinigen Weg weiterzugehen.”
Infolge der Regulation der Finanz- und Realwirtschaft gebe es gerade “viel Ernüchterung und Ermüdung”, räumt sie ein. Es brauche daher ein positives Bild, wie die Welt in zehn Jahren aussehen könnte. Stremlau hofft, dass etwa Nachhaltigkeitsberichterstattung oder Lieferkettengesetze Früchte tragen, nachdem sie weiterentwickelt worden sind. “Wenn wir diese Regulierungen feinschleifen, werden wir in den nächsten Jahren enorme Entwicklungen sehen.”
Investments böten “eine enorme Chance” für den Finanzplatz, um im globalen Marktanteil Geschäftsanteile zu gewinnen, sagte Gerald Podobnik von der Deutschen Bank, der ebenfalls im Beirat mitarbeitet. “Eine Chance, die wir gemeinsam als Sektor unbedingt nutzen sollten”.
Konkret soll das Leitbild auch helfen, zum Beispiel öffentliche Förderbanken zu verändern. Sie gäben “massiv Geld aus”, befindet Stremlau. Förderprogramme seien aber häufig wegen der Probleme der 1990er-Jahre geschaffen worden, “als es um die Schaffung von Arbeitsplätzen ging”. Angesichts des heutigen Fachkräftemangels sei das nicht mehr das entscheidende Thema. Nach dem neuen Leitbild sollten Förderprogramme “radikal am Thema einer sozial-ökologischen Transformation ausgerichtet werden”, sagt sie. cd
Deutsche Finanzinstitute stufen die Bedeutung von Biodiversität für ihr Wirtschaften überwiegend als gering ein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) und WWF Deutschland, in der Banken, Asset Owner und Asset Manager befragt wurden. Etwa drei Viertel aller Befragten und 88 Prozent der Banken beurteilten die Bedeutung von Biodiversitäts- und Ökosystemaspekten im deutschen Finanzsektor als “eher gering”, zehn Prozent als “sehr niedrig”.
Das Thema habe “bislang weitgehend noch keine strategische Bedeutung für Finanzunternehmen“, heißt es in dem Bericht von PwC und WWF. Biodiversitätsdaten würden von etwa einem Drittel der Befragten überwiegend für das externe Reporting und für das Risikomanagement genutzt. Nur ein sehr kleiner Teil nutze die Daten bereits für einen Steuerungsrahmen, um negative Auswirkungen zu reduzieren oder Klimatransitionspläne zu erstellen.
Auch die Nachfrage nach Produkten mit Biodiversitätskriterien wird in der Umfrage von den Finanzinstituten als niedrig eingestuft: 40 Prozent der Unternehmen stufen diese bei Privatkundinnen, 69 Prozent bei Geschäftskunden als “eher gering” ein.
“Das Vernachlässigen von Chancen und Risiken der Biodiversität im Finanzsektor wird langfristig zum K.-o.-Kriterium werden, nicht nur für den Erhalt unserer Ökosysteme, sondern auch für die wirtschaftliche Stabilität”, kommentierte Katja Kirchstein, Senior Advisor für Sustainable Finance bei WWF Deutschland, die Befragung. Finanzunternehmen würden langfristig von stabileren Renditen und einer stärkeren Marktposition profitieren, wenn sie sich frühzeitig mit der Bedeutung von Biodiversität auseinandersetzten.
Nach der Corporate Sustainable Reporting Directive (CSRD) müssen Unternehmen auch über ihre Auswirkungen auf und ihre Abhängigkeiten von Biodiversität berichten. Laut der Befragung hat noch keines der Unternehmen den entsprechenden Reportingstandard (ESRS E4) vollständig umgesetzt. 17 Prozent haben ihn teilweise umgesetzt, zwei Drittel befinden sich in der Entwicklung der Umsetzung. leo
Der Weltmarkt für batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) ist in den letzten Jahren rasant gewachsen. Während 2019 noch 1,6 Millionen BEV verkauft wurden, betrug ihr Anteil am Gesamtfahrzeugmarkt 2023 mit 9,6 Millionen Einheiten bereits 15 Prozent. Allein im vergangenen Jahr haben die Automobilhersteller dafür rund 150 Milliarden Euro in Fahrzeuge, Batterien und Ladeinfrastruktur investiert.
Die europäische Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) hat untersucht, wohin diese Investitionen von 2021 bis 2023 geflossen sind. Dazu hat sie die angekündigten Investitionen von 19 weltweit tätigen Automobilkonzernen analysiert. Insgesamt geht es um 265 Milliarden Euro.
Der jetzt vorgestellten Studie “Carmaker’s EV investments: Is Europe falling behind?” zufolge ist Nordamerika derzeit der attraktivste Investitionsstandort im Bereich E-Mobilität. 97 Milliarden Euro oder 37 Prozent der weltweiten Investitionen wurden in den letzten drei Jahren in den USA, Mexiko und Kanada getätigt.
Nordamerika war auch die einzige Region, die in nennenswertem Umfang Investitionen von ausländischen Herstellern – zum Beispiel aus Europa, Japan und Südkorea – anziehen konnte. Die Autoren der Studie führen dies auf den Inflation Reduction Act in den USA zurück.
Europa lag im selben Zeitraum mit Investitionen von 70 Milliarden Euro weltweit auf Platz 2. Hier investierten vor allem die europäischen Hersteller. Doch zunehmend hält sich die europäische Automobilindustrie auch in den heimischen Märkten zurück. Waren es 2022 noch 29 Milliarden Euro, beliefen sich die Investitionen 2023 auf nur noch vier Milliarden Euro.
“Europa hat noch keine Antwort auf den Inflation Reduction Act gefunden und muss dringend eine Strategie entwickeln, um die Lieferketten der Autos der Zukunft, die zweifelsfrei elektrisch sein werden, in Europa zu halten”, warnt Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland.
Vor diesem Hintergrund kritisierte er die anhaltende Diskussion um das Aus für den Verbrennungsmotor. Es müsse jetzt alles dafür getan werden, “dass Deutschland auch in Zukunft zu den führenden Standorten der Autoindustrie zählt”, so Bock. Dafür brauche es aber Planungssicherheit. ch
Der Trend zum E-Fahrrad hat aus Sicht der NGO Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (WEED) nicht nur positive Seiten. Die wachsende Industrie müsse stärker auf Menschenrechte und Umweltstandards entlang ihrer globalen Wertschöpfungsketten achten, forderte WEED in dieser Woche. Nur so könne die Branche “eine Vorreiterrolle einnehmen und ihrem nachhaltigen Image gerecht werden”, sagte Anton Pieper, Referent für Wirtschaft und Menschenrechte.
E-Bikes liegen derzeit voll im Trend. Laut Marktdaten des Fahrradindustrie-Verbands ZIV stieg der Bestand im letzten Jahr auf elf Millionen Räder an. Vor zehn Jahren zuvor waren es erst 1,6 Millionen. Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 2,1 Millionen E-Bikes verkauft – und damit erstmals mehr als Fahrräder ohne Motorunterstützung. Damit ist das E-Bike das dominierende Elektrofahrzeug auf dem deutschen Markt. Eine Marktsättigung ist laut ZIV noch nicht in Sicht.
“Das E-Bike ist so etwas wie der SUV der Fahrradbranche: Mehr Material und vor allem höhere Gewinne”, sagt Anton Pieper von WEED. “In Deutschland machen E-Bikes bereits heute über 80 Prozent des nationalen Fahrradumsatzes aus, Tendenz steigend.”
Insbesondere für die Batterien gehe damit ein stetig steigender Bedarf an Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Mangan einher. In vielen Abbauländern käme es zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung. “Dieser Verantwortung stellt sich die E-Fahrrad-Branche bislang noch viel zu wenig”, kritisiert Pieper und fordert sie auf, bei der Umsetzung menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten nachzubessern.
“Zudem müssen Recycling-Kapazitäten dringend ausgebaut werden“, so Pieper. Weltweit landeten jährlich rund 15 Millionen Fahrräder auf Mülldeponien – ein immer größerer Teil davon seien E-Bikes. “Ambitioniertere politische Vorgaben sind daher zwingend notwendig, um bislang fehlende finanzielle Anreize auszugleichen und eine flächendeckende Recyclinginfrastruktur zu etablieren.” ch
Der Deutsche Bundestag beginnt seine Sitzungswoche am Montagnachmittag mit einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Anlässlich des 70. Jahrestages der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor 75 Jahren geht es um die “Durchsetzung internationaler und europäischer Menschenrechtskonventionen”.
Im Anschluss befasst sich der Unterausschuss Globale Gesundheit in einer Anhörung mit dem Auf- und Ausbau von Impfstoffkapazitäten in Afrika.
Am Mittwochabend kommt der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung in öffentlicher Sitzung zusammen. Er hat im Deutschen Bundestag eine Art Wachhund-Funktion und überprüft, ob parlamentarische Vorhaben die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigen.
Tagesordnungen der Parlamentssitzungen vom 12. bis 14. Juni lagen zu Redaktionsschluss noch nicht vor. ch
Investors pull cash from ESG funds as performance lags – Financial Times
Während in den USA schon seit einiger Zeit Investitionen in ESG-Fonds zurückgehen, hat der Trend nun auch Europa erreicht, schreiben Patrick Temple-West und Will Schmitt. Neue Zahlen der Rechercheabteilung von Barclays zeigten, dass allein im April fast zwei Milliarden US-Dollar abgezogen worden sind. Zum Artikel
As Solar Power Surges, U.S. Wind Is in Trouble – New York Times
Der Inflation Reduction Act (IRA) sollte mittels Steuererleichterungen einen Boom bei den erneuerbaren Energien auslösen. Während die Installation von Solarmodulen tatsächlich Rekordhöhen erreicht, werden nun jedoch weniger Windkraftanlagen gebaut als zuvor, berichten Brad Plumer und Nadja Popovich. Zum Artikel
“Investieren in den Klimaschutz” – taz
IW-Chef Michael Hüther plädiert im Gespräch mit Simon Poelchau ein weiteres Mal für kreditfinanzierte staatliche Investitionen. Die FDP-Argumente für die Schuldenbremse überzeugen ihn hingegen nicht. Schließlich heize “eine dysfunktionale öffentliche Infrastruktur” die Inflation an, denn Waren und Dienstleistungen würden dadurch teurer. Zum Artikel
Justizminister Marco Buschmann: “Ich will Greenwashing-Bürokratie stoppen” – FAZ
Unter der Kommissionspräsidentin von der Leyen drohe Europa “zur Bürokratiemaschine zu werden”, kritisiert Justizminister Buschmann im Interview mit Katja Gelinsky. Die Legislaturperiode nach der Europawahl müsse eine “Periode des Bürokratieabbaus” werden. Zum Artikel
Diese Lebensmittel werden durch den Klimawandel massiv teurer – Standard
Die Folgen der Erderwärmung sind Dürren, Starkregen und auch Pflanzenkrankheiten. So hat die deutsche Fruchtsaftindustrie inzwischen Orangenalarm ausgerufen, schreibt Lukas Kapeller. Auch andere Produkte werden teurer. Zum Artikel
Nachhaltigkeit statt Landgrabbing: Öko-Bauer profitiert von neuen Vergaberichtlinien für ehemalige DDR-Flächen – rbb24
Bislang verkaufte die Bundesrepublik landwirtschaftliche Flächen aus DDR-Besitz an die Höchstbietenden. Neue Kriterien sollen nun Vielfalt und Regionalität, sowie Klima-, Arten- und Tierschutz gewährleisten. Ein Beispiel aus dem Barnim zeigt, dass auch agrarstrukturellen Zielsetzungen Rechnung getragen wird. Zum Artikel
Der autogerechten Stadt droht der Totalschaden – Spiegel
Autos dürfen in Deutschland auf öffentlichem Grund fast kostenlos stehen, und selbst Falschparken wird kaum bestraft. Sollte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig allerdings einer Klage aus Bremen stattgeben, könnte es damit bald vorbeisein, berichtet Arvid Haitsch. Zum Artikel
Wie viel Emissionen verursacht die Formel E? – Elektroauto News
Die vollelektrische Formel E-Rennserie rast seit 2014 im Kreis. Die elektrischen Rennautos gelten als nachhaltige Alternative zum klassischen Rennsport. Doch Logistik und Reisen verursachen viele CO2-Emissionen, weiß Hannes Dollinger. Zum Artikel
“Sozialisten hatten manchmal eine zu starre Vorstellung” – Zeit
Lars Groos interviewt in seinem Podcast “Future Histories” gerne unorthodoxe Denker. In einem langen Gespräch mit Lars Weisbrod erklärt diesmal er, warum demokratische besser sei als kapitalistische Planwirtschaft. Zum Artikel
34 europäische Länder habe sie in den vergangenen fünf Jahren besucht, erzählt Svenja Hahn gleich zu Beginn des Gesprächs. Auf diesen Reisen habe sie immer wieder Menschen getroffen, für die es nicht nur schwieriger sei, frei zu reisen, sondern die auch sonst schlechtere Ausgangsbedingungen im Leben vorfänden als die Bürgerinnen und Bürger der Staaten Westeuropas.
Seit 2019 sitzt Svenja Hahn für die FDP im Europäischen Parlament. Damals musste sie sich den Listenplatz noch in einer Kampfabstimmung sichern. Diesmal nicht: Für die kommende EU-Wahl wurde die Hamburgerin ohne Gegenkandidat erneut auf den sicheren zweiten Listenplatz gewählt. Ohnehin ist Hahn als Europapolitikerin schon länger profiliert: Als Nachwuchs-Liberale war sie von 2016 bis 2020 zunächst Vizepräsidentin und dann Präsidentin der European Liberal Youth (LYMEC), des liberalen Jugendverbands auf EU-Ebene. Seit 2022 ist sie zudem Vizepräsidentin der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), des Europäischen Dachverbands der FDP.
Im EU-Parlament hat Hahn sich auf Wirtschafts- und Handelspolitik fokussiert, war Schattenberichterstatterin ihrer Fraktion bei den Verhandlungen zum AI Act und zur europäischen Lieferkettenrichtlinie CSDDD. Die Lieferkettengesetzgebung der EU trug sie nicht mit, wie auch ihre Partei vor den entscheidenden Abstimmungen einen Rückzieher gemacht hat.
Sie habe nicht nur gegen die CSDDD gestimmt, weil der Schutz von Menschenrechten für sie wie für ihre Partei eine genuin staatliche Aufgabe sei, sagt sie. Sondern auch, weil insbesondere kleinere Unternehmen damit überfordert seien, sich mit Regimen wie in China anzulegen, wo systematische Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung seien. Statt der kleinen Unternehmen solle sich daher die Europäische Union der Probleme annehmen: “Es muss immer die Aufgabe der EU sein, Menschenrechtsverletzungen anzusprechen und klar zu benennen.”
Als Vertreterin der FDP betont sie zugleich die Vorteile des globalen Handels und besonders von Freihandelsabkommen. “Für viele Menschen in Partnerländern außerhalb Europas bedeutet mehr Handel auch Wege aus der Armut hinein in die Selbstbestimmung”, sagt sie. Freihandel stehe nicht per se im Widerspruch zur Einhaltung von Menschenrechten. Vielmehr würden diese “durch die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den EU-Freihandelsabkommen gestärkt.”
Allerdings müssten diese Bestimmungen in Abkommen auch durchgesetzt werden. “Bei den Handelsvorteilen für weniger entwickelte Länder muss die EU-Kommission endlich stärker darauf achten, dass die Bedingungen für diese Vorteile wie die Einhaltung grundlegender Menschenrechte auch tatsächlich erfüllt werden”, mahnt sie an. Ansonsten müssten solche Abkommen ausgesetzt werden.
In der kommenden Legislatur will Hahn sich dafür einsetzen, dass Wirtschafts- und Sicherheitspolitik der EU stärker verschränkt werden. Bislang werde die EU auf globaler Ebene nur als wirtschaftspolitische Akteurin wahrgenommen. Diese außenpolitische Schwäche Europas habe zur politischen Überfrachtung von Handelsregelungen beigetragen, wie es etwa bei der CSDDD geschehen sei.
Der Großkonflikt unserer Zeit sei nun die Auseinandersetzung zwischen Demokratien und Autokratien. Dabei geht es für Hahn nicht nur um die unmittelbare Verteidigung der Demokratie, sondern letztlich auch wieder um Handelspolitik. “Russlands Angriffskrieg in der Ukraine oder Chinas Drohgebärden gegen Taiwan zeigen, dass Autokratien keine verlässlichen Handelspartner sind”, schließt sie aus den Entwicklungen der letzten Jahre. Länder wie China und Russland wollten strategische Abhängigkeiten aufbauen, “um diese gegen uns zu nutzen”.
Mit wem dann aber noch Handel treiben? Für Hahn ist die Lösung “eine europäische Offensive für mehr Freihandel”, und zwar “insbesondere mit mehr demokratischen Partnern”. So würde die EU unabhängiger von einzelnen Ländern und zugleich wirtschaftlich und geopolitisch stärker aufgestellt. Autokratien wie Russland und China seien hingegen “keine verlässlichen Handelspartner”.
Wenn es um die EU selbst geht, zählt Hahn zu den Befürworterinnen einer “ever closer union” und spricht sich für das Zusammenwachsen Europas “in Richtung eines föderalen Bundesstaates” aus. Ein Bundesstaat allerdings, der sich möglichst aus dem Wirtschaftsgeschehen selbst heraushalten sollte. Denn wenn es um Industrie- und Finanzpolitik geht, zieht sich Hahn weitgehend auf die liberale Parteilinie zurück: Bürokratieabbau, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, keine neuen Subventionen und keine neuen Schulden, so ihr Credo. Stattdessen gehe es um “Chancenpolitik”: Wirtschaftspolitik, “für mich die Grundlage von allem”, solle vor allem die Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit der Menschen fördern. Lukas Franke
Climate.Table: Rechtspopulismus: So nutzt und polarisiert die AfD die Klimadebatte: Bei der Europawahl wirbt die AfD mit der Ablehnung des Green Deal und der Klimapolitik. Mit Blick auf deutsche Kommunal- und Landtagswahlen leugnet sie den menschengemachten Klimawandel und lehnt das Pariser Abkommen ab. Zum Artikel
China.Table: Zuckerbrot und Peitsche: Wie China noch versucht, die EU-Zölle auf E-Autos abzuwenden: Einen Tag nach der EU-Wahl will die EU-Kommission aller Voraussicht nach die Zölle auf chinesische E-Fahrzeuge bekannt geben. Pekings Versuche, sie noch abzuwenden, scheinen gescheitert zu sein. Droht ein neuer Handelskrieg? Zum Artikel
Europe.Table: Ausblick Energie: Warum die Wärmepumpe nur der Anfang war:
Die europäische Energiepolitik nach den Wahlen wird wohl vor allem ein Thema prägen: der Kampf für ein EU-weites Elektrifizierungsziel. Warum es die Branche durchdrücken will und was die Stakeholder noch fordern. Zum Artikel
Climate.Table: UN-Generalsekretär fordert Verbot von Werbung für fossile Energien: UN-Generalsekretär António Guterres hat zum Welt-Umwelttag mit drastischen Worten vor der Klimakrise gewarnt. Vor allem geht er die fossilen Industrien direkt an und fordert eine schnelle Reduktion von Kohle, Öl und Gas. Zum Artikel
die Europawahl hat begonnen: Als erster Mitgliedstaat öffneten gestern die Niederlande ihre Wahllokale. Heute geht es in Irland und Tschechien weiter. In einigen Ländern wählen die Bürgerinnen und Bürger am Samstag, die meisten – darunter auch Deutschland – am Sonntag, dem 9. Juni.
Von den zukünftigen Mehrheitsverhältnissen hängt auch die Zukunft des EU Green Deal ab: Werden die hohen Ambitionen der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen aufrechterhalten? Besonders für den Fall eines Rechtsrucks äußern viele die Sorge, der zukunftsorientierte Pfad könnte nicht fortgeführt werden. Schon in diesem Mandat gab es gegen eine Reihe von Vorhaben wie dem EU-Lieferkettengesetz, der Verpackungsverordnung und dem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur derart starke Widerstände, dass sie deutlich abgeschwächt wurden.
Laut der aktuellen Sitzprojektion von Politikwissenschaftler Manuel Müller bei Table.Briefings würde der Rechtsaußen-Block zwar gut ein Viertel der Sitze im gesamten Parlament einnehmen. “Das wäre mehr als je zuvor in der Geschichte des Parlaments – aber immer noch weit entfernt von einer eigenen Mehrheit”, schreibt Müller. Trotz Verschlechterungen der Grünen und Liberalen könnten die Parteien der Mitte laut Müllers Berechnungen den Rechtsaußen-Block weiterhin überstimmen.
Bei wichtigen Themen für die Transformation der Wirtschaft wird umso spannender, wie es in der kommenden Legislaturperiode weitergeht: die Umsetzung der zahlreichen Gesetze aus dem Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft zum Beispiel, die Überarbeitung der Offenlegungsverordnung für das Finanzwesen oder die Ergänzung der EU-Taxonomie.
Im Newsblog hält Table.Briefings Sie über die aktuellen News zu den Europawahlen auf dem Laufenden. Dort finden Sie das Wichtigste aus allen Fachbriefings.
Von 2000 bis 2020 verdoppelte sich die Menge der jährlich produzierten Kleidung nahezu auf 109 Millionen Tonnen. Fast Fashion – neue Kollektionen, teilweise im Stundentakt und oft in geringer Qualität – hat daran einen großen Anteil. Die Folge: In der EU landen jedes Jahr 12,6 Millionen Tonnen Textilien auf dem Müll. Die weltweite Textilproduktion verursacht laut McKinsey vier Prozent der globalen CO₂-Emissionen, der European Environment Agency zufolge war sie 2020 die drittgrößte Quelle für Wasserverschmutzung in der EU.
“Das lineare Geschäftsmodell wird in der Zukunft nicht mehr funktionieren”, sagt Ina Budde von der Innovationsagentur circular.fashion, die Textilunternehmen zu Kreislaufwirtschaft berät. Alle Unternehmen müssten ihren Beitrag leisten, um knappe Ressourcen im Kreislauf zu halten. Nur so könnten sie sich dauerhaft Zugang zu Rohstoffen sichern. Einige Textilhersteller arbeiten daher seit mehreren Jahren an Geschäftsmodellen, um Kleidung länger in Gebrauch zu halten und Stoffe erneut verwenden zu können. Doch an vielen Stellen der Wertschöpfungskette gibt es noch Herausforderungen.
Bisher werden weniger als ein Prozent der weltweit gesammelten Alttextilien zu neuen Textilfasern recycelt. Neun Prozent werden zu Produkten in minderer Qualität weiterverarbeitet, zum Beispiel zu Putzlappen. Beim Recycling sind vor allem die Mischfasern eine Herausforderung. Polyester wird zum Beispiel gerne mit Polyamid, einer weiteren Kunstfaserart, oder Baumwolle verwoben – die Bestandteile wieder zu trennen, ist sehr aufwendig. Deswegen hat die Outdoor-Marke Vaude 2023 erstmals kreislauffähige Kleidungsstücke aus Monomaterialien auf den Markt gebracht. Sie bestehen komplett aus recyceltem PET-Polyester.
Doch zurücknehmen und selbst recyceln kann das Unternehmen auch diese Stücke nicht. Ein eigenes Recycling-System, das Vaude als eines der ersten Unternehmen der Branche 1994 entwickelte, musste die Firma wieder einstellen. “Kleidung, die lange hält, wird seltener entsorgt”, erklärt Stefan Lörke, Abteilungsleiter Bekleidung bei Vaude. Das machte es für das Unternehmen schwierig, genug Material für das Recycling zu sammeln. “Eigenständige Recyclingsysteme lassen sich als Einzelunternehmen nicht sinnvoll organisieren”, ist daher Lörkes Schlussfolgerung. Es brauche Lösungen wie ein einheitliches Recyclingsystem für alle Unternehmen – etwa eine Textiltonne, in die Menschen abgetragene Kleidung entsorgen können.
Auch Pascal Brun, Vizepräsident für Nachhaltigkeit beim Versandhändler Zalando, hält es für wichtig, dass die Branche zusammenarbeitet. Die großflächige Umsetzung von Kreislaufmodellen erfordere ein Ökosystem aus Partnern, Infrastruktur und unterstützenden gesetzlichen Regelungen. “Wir glauben, dass diese Aufgabe allein nicht zu schaffen ist. Das ist vielleicht eine der wichtigsten Lektionen, die wir in den letzten Jahren gelernt haben”, sagt er.
An Regulierungen, die das Textilrecycling voranbringen könnte, arbeitet die EU im Rahmen ihrer Textilstrategie. Zentrales Vorhaben: die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) mit der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie, die 2025 in Kraft treten soll. Textilhersteller würden die Kosten für die Bewirtschaftung von Textilabfällen künftig selbst tragen. So will die EU Anreize für kreislauffähige Produkte und weniger Müll schaffen. Die Höhe der Gebühren soll dabei an die Umweltauswirkungen der Textilien gekoppelt werden; die Einnahmen der Sammlung sollen der Sortierung und dem Recycling zugutekommen.
Eine weitere Herausforderung beim Recycling sei die Qualität der Materialien, sagt Lörke. Bei Vaude etwa gebe es “sehr strenge Regeln, was die Verwendung von Chemikalien angeht.” Um Kleidungsstücke besser recyceln zu können, brauchen Hersteller daher detaillierte Informationen über ihre Beschaffenheit. Dafür hat circular.fashion einen digitalen Produktpass namens circularity.ID entwickelt. Der scannbare Code auf dem Etikett informiert über Kriterien wie Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit. Er soll Kunden helfen, die richtigen Rückgabekanäle zu wählen. Altkleidersortierer können anhand der Informationen die recycelbaren Teile heraussuchen und an die Industrie weitergeben. Zalando hat die circularity.ID bereits getestet, Otto produziert damit seine Circular Collection, Armedangels ein T-Shirt.
Auch der Online-Händler Zalando, bei dem über 50 Millionen Kunden im Jahr 2023 insgesamt über 244 Millionen Mal Kleidung bestellt haben, macht sich Gedanken um die Kreislauffähigkeit seiner Textilien. Seit 2020 hat das Unternehmen nach eigenen Aussagen die Lebensdauer von mehr als 6,3 Millionen Modeprodukten verlängert, zum Beispiel durch Recycling oder Wiederverwendung. Angepeilt waren ursprünglich 50 Millionen bis 2023.
Die Zusammenarbeit mit dem Start-Up “Save your Wardrobe”, bei der Kunden ihre Kleidungsstücke reparieren oder ändern lassen konnten, wurde jedoch wieder eingestellt. “In der Pilotphase stellten wir eine hohe Kund*innenzufriedenheit fest. Die Preisgestaltung und die Wirtschaftlichkeit stellten allerdings eine Herausforderung dar”, erklärt Brun. Laut Zalando lag der durchschnittliche Auftragswert bei ungefähr 30 Euro, was aus Sicht des Unternehmens für potenzielle Kunden in manchen Fällen einen Neukauf attraktiver gemacht haben könnte. Zudem sei der Aufwand für den Online-Service (etwa Fotos hochladen und auf einen Kostenvoranschlag warten), eine Hürde für die Kunden gewesen. Das Unternehmen will aber weiter an zirkulären Lösungen arbeiten, zum Beispiel, indem es Secondhand-Mode anbietet.
Solche Resale-Programme werden immer beliebter, meint Nina Lorenzen, Mitgründerin des Netzwerks Fashion Changers. Dass auch Fast Fashion-Marken wie H&M oder Zara Millionen Euro in Secondhand investieren, zeige, dass die Branche darin einen wachsenden Markt vermutet. Mehr als fraglich sei jedoch, ob die Qualität der Teile dafür ausreiche, lange im Kreislauf zu bleiben. “Ein echter Gewinn wäre es, wenn die Unternehmen ihr Secondhand-Business zum Anlass nehmen würden, um die Qualität ihrer Kleidung zu erhöhen und die Neuproduktion von Kleidung zu reduzieren”, ergänzt Lorenzen. Sarah Kröger
Viel Zeit ist nicht, um die Ergebnisse der Europawahl am Sonntag zu verdauen. Während es für die frisch gewählten Abgeordneten des Europaparlaments zunächst noch keine großen klimapolitischen Entscheidungen zu treffen gilt, geht es für Kommission und Rat beinahe nahtlos weiter. Die Mitgliedstaaten müssen noch über liegengebliebene Gesetze aus der auslaufenden Legislatur entscheiden und die Verhandlungen über das EU-Klimaziel 2040 sowie das nächste NDC starten. Die Kommission und ihre Generaldirektion Klimaschutz arbeiten bereits am nächsten Klimaschutzpaket.
Direkt nach der Wahl werden sich die Mitgliedstaaten noch einmal mit dem strittigsten Dossier des Green Deals befassen. Die belgische Ratspräsidentschaft unternimmt einen weiteren Versuch, das Renaturierungsgesetz doch noch über die Ziellinie zu bringen. Beim Umweltrat am 17. Juni soll es zur finalen Abstimmung der Mitgliedstaaten kommen. Das Parlament hat das Trilog-Ergebnis formal schon durchgewinkt, somit fehlt nur noch die Zustimmung der Ministerinnen und Minister.
Nur wenige Tage darauf hätte Klimaschutz wieder weit oben auf der Agenda stehen sollen – beim EU-Gipfel am 27./28. Juni. Dort werden sich die Staats- und Regierungschefs auf die strategische Agenda einigen – also die Richtung und Ziele der EU-Staaten für die kommenden fünf Jahre. Doch die Mitgliedsstaaten konnten sich nicht auf ambitionierte Klima-Inhalte für die strategische Agenda einigen. Zur Debatte stand, ob sich die Staaten schon hier auf eine eigene Position zum EU-Klimaziel 2040 verständigen würden. Da es Einstimmigkeit braucht, ist eine Einigung jedoch nicht in Sicht. Die Staaten konnten sich bislang weder auf den Kommissionsvorschlag von 90 Prozent CO₂-Reduktion im Vergleich zu 1990 noch auf ein niedrigeres Ziel oder einen Zielkorridor verständigen.
Auch die Bundesregierung hat noch keine geeinte Position für das EU-Klimaziel 2040, obwohl sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Ende April beim Petersberger Klimadialog in Berlin demonstrativ hinter den Kommissionsvorschlag gestellt hatte. Insider aus Brüssel berichten, dass die kommende ungarische Ratspräsidentschaft das Thema beim EU-Gipfel im Dezember aufs Tableau bringen will.
Spätestens im Frühjahr 2025 müssen die EU-Staaten dann auch ihr Klimaziel für 2035 (NDC) bei den Vereinten Nationen hinterlegen. Dafür reicht theoretisch eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat. In der EU-Logik muss dafür allerdings zunächst ein Ziel für 2040 feststehen, aus dem das Ziel für 2035 hervorgeht, was den Prozess zusätzlich verkompliziert. In den Wochen und Monaten nach der Europawahl wird es also mehr um die grundsätzlicheren klimapolitischen Linien gehen, anstatt um regulative Tätigkeiten.
Es sei denn, die neue Kommission gibt dem Druck der EVP nach und macht die Debatte um die CO₂-Flottengrenzwerte für Pkw aus dem Fit-for-55-Paket wieder auf, um das Verbrenner-Aus rückgängig zu machen. Das gilt zwar nicht als sonderlich wahrscheinlich, solange Ursula von der Leyen im Amt bleibt. Vor allem die restlichen deutschen Christdemokraten meinen es dennoch ernst mit ihrem Wunsch, auch nach 2035 noch neue Verbrenner zulassen zu können.
Die klimapolitisch wenig versierte ungarische Ratspräsidentschaft wird sich in der zweiten Jahreshälfte stark zurückhalten. Zum einen, weil keine neuen Vorschläge aus der Kommission zu erwarten sind. Zum anderen, weil sie ihre Prioritäten nicht in der Klimapolitik setzen wird.
Ein neues Gesetzespaket zur Umsetzung des Klimaziels ist erst für 2026 geplant. Anders als das Fit-for-55-Paket zum 2030er-Klimaziel soll es weniger neue Maßnahmen beinhalten, sondern die bestehenden Maßnahmen auf die potenzielle Ambitionserhöhung ausrichten. So könnte beispielsweise das europäische Emissionshandelssystem für Energie und Industrie (ETS 1) auf weitere Industriezweige ausgeweitet werden. Im Fokus steht der Agrar- und Lebensmittelsektor. Auch für die Integration von natürlichen Kohlenstoff-Senken (Carbon Farming) sowie technischen CO₂-Entnahmen (Direct Air Capture) braucht es Lösungen, die beim Klimaziel 2040 eine Rolle spielen werden.
Einige dieser Maßnahmen dürften innerhalb der turnusmäßigen Revisionen der Gesetze umgesetzt werden, die 2026 oder 2027 fällig sind. Darunter fallen das ETS sowie der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM, aber auch die Gemeinsame Agrarpolitik. Erste Vorschläge für die GAP nach 2027 werden für das kommende Jahr erwartet.
Für die kommenden Jahre stellt sich auch die Frage, wie Energie- und Industriewende finanziert werden können. Der Pandemie-Wiederaufbaufonds läuft Ende 2026 aus und die öffentlichen Mittel werden auch durch die neuen EU-Schuldenregeln wieder knapper gehalten. Ein zentrales Anliegen der EU-Kommission und einiger Mitgliedstaatsregierungen ist deshalb die Vertiefung der Kapitalmarktunion. Dies soll europäischen Unternehmen einen einfacheren Zugang zu Finanzmitteln sichern, um in ihr Wachstum zu investieren.
Nationale Hürden könnten diesem Ziel aber weiterhin im Weg stehen. Auch wenn die Kapitalmarktunion zustande kommt, ist nicht garantiert, dass das zusätzliche Kapital in klimafreundliche Maßnahmen fließen wird. Eine weitere Möglichkeit für mehr Finanzmittel bietet der nächste mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFF) für die Periode von 2028 bis 2034. Der erste Vorschlag dafür ist Mitte 2025 fällig. Mit János Ammann
Alle Texte zur Europawahl 2024 finden Sie hier. Unseren Newsfeed finden Sie hier.
Viele Unternehmen in der Baubranche erwarten, dass durch die neue Abfallende-Verordnung größere Mengen bestimmter mineralischer Ersatzbaustoffe als nötig auf Deponien landen könnten – was laut Branchenvertretern den Übergang zu einer zirkulären Bauwirtschaft erschweren würde. Das geht aus einer von acht Verbänden der Entsorgungsindustrie beauftragten Prognos-Umfrage hervor, die an diesem Freitag veröffentlicht wird. Sie liegt Table.Briefings exklusiv vorab vor. Teilgenommen haben 457 Mitarbeiter von Unternehmen und Behörden.
Anlass für die Befürchtungen sind Pläne des Bundesumweltministeriums (BMUV), den Produktstatus für einige mineralische Ersatzbaustoffe (MEB) festzulegen – darunter fallen etwa recycelte Abfälle. Speziell geht es um die Eckpunkte für die neue Abfallende-Verordnung, die das BMUV Ende Dezember 2023 vorgestellt hat.
79 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass mineralische Ersatzbaustoffe – wozu Steine und Sand gehören – aus höher mit Schadstoffen belasteten Materialklassen künftig deponiert werden, obwohl sie in technischen Bauwerken wie Straßen verwendet werden könnten. Das BMUV plant im Eckpunktepapier der Verordnung bislang, nur Materialien mit den geringsten Schadstoffbelastungen explizit als Produkt anzuerkennen.
Die BMUV-Regelungen würden “eine Ressourcenwende in die falsche Richtung” bedeuten, “die sich gerade im Umweltministerium niemand wünschen kann”, sagt Michael Stoll, Geschäftsführer von Remex, einem Recyclingunternehmen für mineralische Baustoffe. “Weniger Recycling bedeutet höheren Ressourcenverbrauch”.
Gleichzeitig geben 75 Prozent der Befragten an, dass sie eine höhere Nachfrage für MEB aus den relativ schadstoffarmen Materialklassen erwarten – unter anderem wegen größerer Akzeptanz als Produkt. “Wenn der Gesetzgeber einzelnen Materialklassen Produktstatus gibt, greift der psychologische Effekt, dass andere Klassen noch fokussierter als Abfall wahrgenommen und nicht mehr so stark oder gar nicht mehr nachgefragt werden”, sagt Stefan Schmidmeyer, Geschäftsführer im Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung.
Ohnehin hält er es für “unverhältnismäßig, nur bestimmten Ersatzbaustoffen und nur bestimmten Materialklassen von MEB den Produktstatus zuzusprechen“. Die bereits in Kraft getretene Ersatzbaustoffverordnung würde für alle Ersatzbaustoffe und Materialklassen Vorgaben machen, “die einen Schaden für Mensch und Umwelt ausschließen”, sodass diesbezüglich kein weiterer Regelungsbedarf bestehe. nh
Der EU-Ministerrat will in der Green-Claims-Richtlinie verankern, dass Produkte auch dann als “klimaneutral” oder “CO₂-reduziert” beworben werden können, wenn der Klimanutzen durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten erreicht wurde. Einen entsprechenden Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft haben laut gut informierten Kreisen die nationalen EU-Botschafter am Mittwoch nach längeren Verhandlungen befürwortet.
Damit nimmt der Rat in einer bedeutenden Frage eine gegensätzliche Position zum Europäischen Parlament ein. Dessen im März verabschiedete Verhandlungsposition sieht vor, CO₂-Kompensationen nur in Ausnahmefällen zu erlauben, nämlich wenn ein Unternehmen seine CO₂-Emissionen bereits so weit wie möglich reduziert hat. Das EU-Parlament will, dass Einsparungen tatsächlich in der Wertschöpfungskette eines Produktes erfolgt sind, damit es mit einem Green Claim beworben werden darf.
Mehr nationale Freiheiten wollen die EU-Länder bei Strafen für Unternehmen, die gegen die Green-Claims-Richtlinie verstoßen. In der nun vorliegenden Version des Rates sollen die einzelnen Mitgliedsstaaten diese selbst festlegen, vorausgesetzt, die Sanktionen sind “effektiv, angemessen und abschreckend”. Das EU-Parlament will dagegen Geldbußen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes EU-weit vorschreiben.
Darüber hinaus soll die Green-Claims-Richtlinie laut Ratskompromiss auch für Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern gelten. Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission sah vor, diese Unternehmen von der Richtlinie auszunehmen, was auch vom EU-Parlament unterstützt wird. Für Kleinstunternehmen soll die Richtlinie nach dem Willen des Rates aber erst ein halbes Jahr später in Kraft treten als für alle anderen, für die die Regeln ab 2028 gelten sollen.
Die Einigung der Botschafter soll am 17. Juni vom EU-Umweltrat als offizielle Verhandlungsposition beschlossen werden. Beobachter rechnen auch hier mit der nötigen qualifizierten Mehrheit. Die deutsche Bundesregierung will sich laut gut informierten Kreisen enthalten. Nimmt der Rat sein Verhandlungsmandat an, muss er sich danach mit dem Parlament auf eine gemeinsame Fassung des Textes einigen. mo
Der unabhängige Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung hat am Donnerstag ein Leitbild für einen zukunftsfähigen Finanzsektor vorgelegt. “Wir wollen damit den Begriff Sustainable Finance hinter uns lassen”, sagte die Beiratsvorsitzende Silke Stremlau zu Table.Briefings. Denn Investments sollten künftig immer nachhaltig sein.
Drei Dimensionen umfasst das Leitbild:
Bei der Arbeit des Beirats zu Aspekten des nachhaltigen Finanzsystems habe man festgestellt, “dass es mehr als konkrete Verbesserungsvorschläge und Empfehlungen braucht, um den nächsten Entwicklungsschritt in Richtung eines nachhaltigen Finanzsystems zu gehen“, sagt Stremlau. “Das Zukunftsbild soll alle ermutigen, den manchmal steinigen Weg weiterzugehen.”
Infolge der Regulation der Finanz- und Realwirtschaft gebe es gerade “viel Ernüchterung und Ermüdung”, räumt sie ein. Es brauche daher ein positives Bild, wie die Welt in zehn Jahren aussehen könnte. Stremlau hofft, dass etwa Nachhaltigkeitsberichterstattung oder Lieferkettengesetze Früchte tragen, nachdem sie weiterentwickelt worden sind. “Wenn wir diese Regulierungen feinschleifen, werden wir in den nächsten Jahren enorme Entwicklungen sehen.”
Investments böten “eine enorme Chance” für den Finanzplatz, um im globalen Marktanteil Geschäftsanteile zu gewinnen, sagte Gerald Podobnik von der Deutschen Bank, der ebenfalls im Beirat mitarbeitet. “Eine Chance, die wir gemeinsam als Sektor unbedingt nutzen sollten”.
Konkret soll das Leitbild auch helfen, zum Beispiel öffentliche Förderbanken zu verändern. Sie gäben “massiv Geld aus”, befindet Stremlau. Förderprogramme seien aber häufig wegen der Probleme der 1990er-Jahre geschaffen worden, “als es um die Schaffung von Arbeitsplätzen ging”. Angesichts des heutigen Fachkräftemangels sei das nicht mehr das entscheidende Thema. Nach dem neuen Leitbild sollten Förderprogramme “radikal am Thema einer sozial-ökologischen Transformation ausgerichtet werden”, sagt sie. cd
Deutsche Finanzinstitute stufen die Bedeutung von Biodiversität für ihr Wirtschaften überwiegend als gering ein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) und WWF Deutschland, in der Banken, Asset Owner und Asset Manager befragt wurden. Etwa drei Viertel aller Befragten und 88 Prozent der Banken beurteilten die Bedeutung von Biodiversitäts- und Ökosystemaspekten im deutschen Finanzsektor als “eher gering”, zehn Prozent als “sehr niedrig”.
Das Thema habe “bislang weitgehend noch keine strategische Bedeutung für Finanzunternehmen“, heißt es in dem Bericht von PwC und WWF. Biodiversitätsdaten würden von etwa einem Drittel der Befragten überwiegend für das externe Reporting und für das Risikomanagement genutzt. Nur ein sehr kleiner Teil nutze die Daten bereits für einen Steuerungsrahmen, um negative Auswirkungen zu reduzieren oder Klimatransitionspläne zu erstellen.
Auch die Nachfrage nach Produkten mit Biodiversitätskriterien wird in der Umfrage von den Finanzinstituten als niedrig eingestuft: 40 Prozent der Unternehmen stufen diese bei Privatkundinnen, 69 Prozent bei Geschäftskunden als “eher gering” ein.
“Das Vernachlässigen von Chancen und Risiken der Biodiversität im Finanzsektor wird langfristig zum K.-o.-Kriterium werden, nicht nur für den Erhalt unserer Ökosysteme, sondern auch für die wirtschaftliche Stabilität”, kommentierte Katja Kirchstein, Senior Advisor für Sustainable Finance bei WWF Deutschland, die Befragung. Finanzunternehmen würden langfristig von stabileren Renditen und einer stärkeren Marktposition profitieren, wenn sie sich frühzeitig mit der Bedeutung von Biodiversität auseinandersetzten.
Nach der Corporate Sustainable Reporting Directive (CSRD) müssen Unternehmen auch über ihre Auswirkungen auf und ihre Abhängigkeiten von Biodiversität berichten. Laut der Befragung hat noch keines der Unternehmen den entsprechenden Reportingstandard (ESRS E4) vollständig umgesetzt. 17 Prozent haben ihn teilweise umgesetzt, zwei Drittel befinden sich in der Entwicklung der Umsetzung. leo
Der Weltmarkt für batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) ist in den letzten Jahren rasant gewachsen. Während 2019 noch 1,6 Millionen BEV verkauft wurden, betrug ihr Anteil am Gesamtfahrzeugmarkt 2023 mit 9,6 Millionen Einheiten bereits 15 Prozent. Allein im vergangenen Jahr haben die Automobilhersteller dafür rund 150 Milliarden Euro in Fahrzeuge, Batterien und Ladeinfrastruktur investiert.
Die europäische Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) hat untersucht, wohin diese Investitionen von 2021 bis 2023 geflossen sind. Dazu hat sie die angekündigten Investitionen von 19 weltweit tätigen Automobilkonzernen analysiert. Insgesamt geht es um 265 Milliarden Euro.
Der jetzt vorgestellten Studie “Carmaker’s EV investments: Is Europe falling behind?” zufolge ist Nordamerika derzeit der attraktivste Investitionsstandort im Bereich E-Mobilität. 97 Milliarden Euro oder 37 Prozent der weltweiten Investitionen wurden in den letzten drei Jahren in den USA, Mexiko und Kanada getätigt.
Nordamerika war auch die einzige Region, die in nennenswertem Umfang Investitionen von ausländischen Herstellern – zum Beispiel aus Europa, Japan und Südkorea – anziehen konnte. Die Autoren der Studie führen dies auf den Inflation Reduction Act in den USA zurück.
Europa lag im selben Zeitraum mit Investitionen von 70 Milliarden Euro weltweit auf Platz 2. Hier investierten vor allem die europäischen Hersteller. Doch zunehmend hält sich die europäische Automobilindustrie auch in den heimischen Märkten zurück. Waren es 2022 noch 29 Milliarden Euro, beliefen sich die Investitionen 2023 auf nur noch vier Milliarden Euro.
“Europa hat noch keine Antwort auf den Inflation Reduction Act gefunden und muss dringend eine Strategie entwickeln, um die Lieferketten der Autos der Zukunft, die zweifelsfrei elektrisch sein werden, in Europa zu halten”, warnt Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland.
Vor diesem Hintergrund kritisierte er die anhaltende Diskussion um das Aus für den Verbrennungsmotor. Es müsse jetzt alles dafür getan werden, “dass Deutschland auch in Zukunft zu den führenden Standorten der Autoindustrie zählt”, so Bock. Dafür brauche es aber Planungssicherheit. ch
Der Trend zum E-Fahrrad hat aus Sicht der NGO Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (WEED) nicht nur positive Seiten. Die wachsende Industrie müsse stärker auf Menschenrechte und Umweltstandards entlang ihrer globalen Wertschöpfungsketten achten, forderte WEED in dieser Woche. Nur so könne die Branche “eine Vorreiterrolle einnehmen und ihrem nachhaltigen Image gerecht werden”, sagte Anton Pieper, Referent für Wirtschaft und Menschenrechte.
E-Bikes liegen derzeit voll im Trend. Laut Marktdaten des Fahrradindustrie-Verbands ZIV stieg der Bestand im letzten Jahr auf elf Millionen Räder an. Vor zehn Jahren zuvor waren es erst 1,6 Millionen. Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 2,1 Millionen E-Bikes verkauft – und damit erstmals mehr als Fahrräder ohne Motorunterstützung. Damit ist das E-Bike das dominierende Elektrofahrzeug auf dem deutschen Markt. Eine Marktsättigung ist laut ZIV noch nicht in Sicht.
“Das E-Bike ist so etwas wie der SUV der Fahrradbranche: Mehr Material und vor allem höhere Gewinne”, sagt Anton Pieper von WEED. “In Deutschland machen E-Bikes bereits heute über 80 Prozent des nationalen Fahrradumsatzes aus, Tendenz steigend.”
Insbesondere für die Batterien gehe damit ein stetig steigender Bedarf an Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Mangan einher. In vielen Abbauländern käme es zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung. “Dieser Verantwortung stellt sich die E-Fahrrad-Branche bislang noch viel zu wenig”, kritisiert Pieper und fordert sie auf, bei der Umsetzung menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten nachzubessern.
“Zudem müssen Recycling-Kapazitäten dringend ausgebaut werden“, so Pieper. Weltweit landeten jährlich rund 15 Millionen Fahrräder auf Mülldeponien – ein immer größerer Teil davon seien E-Bikes. “Ambitioniertere politische Vorgaben sind daher zwingend notwendig, um bislang fehlende finanzielle Anreize auszugleichen und eine flächendeckende Recyclinginfrastruktur zu etablieren.” ch
Der Deutsche Bundestag beginnt seine Sitzungswoche am Montagnachmittag mit einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Anlässlich des 70. Jahrestages der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor 75 Jahren geht es um die “Durchsetzung internationaler und europäischer Menschenrechtskonventionen”.
Im Anschluss befasst sich der Unterausschuss Globale Gesundheit in einer Anhörung mit dem Auf- und Ausbau von Impfstoffkapazitäten in Afrika.
Am Mittwochabend kommt der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung in öffentlicher Sitzung zusammen. Er hat im Deutschen Bundestag eine Art Wachhund-Funktion und überprüft, ob parlamentarische Vorhaben die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigen.
Tagesordnungen der Parlamentssitzungen vom 12. bis 14. Juni lagen zu Redaktionsschluss noch nicht vor. ch
Investors pull cash from ESG funds as performance lags – Financial Times
Während in den USA schon seit einiger Zeit Investitionen in ESG-Fonds zurückgehen, hat der Trend nun auch Europa erreicht, schreiben Patrick Temple-West und Will Schmitt. Neue Zahlen der Rechercheabteilung von Barclays zeigten, dass allein im April fast zwei Milliarden US-Dollar abgezogen worden sind. Zum Artikel
As Solar Power Surges, U.S. Wind Is in Trouble – New York Times
Der Inflation Reduction Act (IRA) sollte mittels Steuererleichterungen einen Boom bei den erneuerbaren Energien auslösen. Während die Installation von Solarmodulen tatsächlich Rekordhöhen erreicht, werden nun jedoch weniger Windkraftanlagen gebaut als zuvor, berichten Brad Plumer und Nadja Popovich. Zum Artikel
“Investieren in den Klimaschutz” – taz
IW-Chef Michael Hüther plädiert im Gespräch mit Simon Poelchau ein weiteres Mal für kreditfinanzierte staatliche Investitionen. Die FDP-Argumente für die Schuldenbremse überzeugen ihn hingegen nicht. Schließlich heize “eine dysfunktionale öffentliche Infrastruktur” die Inflation an, denn Waren und Dienstleistungen würden dadurch teurer. Zum Artikel
Justizminister Marco Buschmann: “Ich will Greenwashing-Bürokratie stoppen” – FAZ
Unter der Kommissionspräsidentin von der Leyen drohe Europa “zur Bürokratiemaschine zu werden”, kritisiert Justizminister Buschmann im Interview mit Katja Gelinsky. Die Legislaturperiode nach der Europawahl müsse eine “Periode des Bürokratieabbaus” werden. Zum Artikel
Diese Lebensmittel werden durch den Klimawandel massiv teurer – Standard
Die Folgen der Erderwärmung sind Dürren, Starkregen und auch Pflanzenkrankheiten. So hat die deutsche Fruchtsaftindustrie inzwischen Orangenalarm ausgerufen, schreibt Lukas Kapeller. Auch andere Produkte werden teurer. Zum Artikel
Nachhaltigkeit statt Landgrabbing: Öko-Bauer profitiert von neuen Vergaberichtlinien für ehemalige DDR-Flächen – rbb24
Bislang verkaufte die Bundesrepublik landwirtschaftliche Flächen aus DDR-Besitz an die Höchstbietenden. Neue Kriterien sollen nun Vielfalt und Regionalität, sowie Klima-, Arten- und Tierschutz gewährleisten. Ein Beispiel aus dem Barnim zeigt, dass auch agrarstrukturellen Zielsetzungen Rechnung getragen wird. Zum Artikel
Der autogerechten Stadt droht der Totalschaden – Spiegel
Autos dürfen in Deutschland auf öffentlichem Grund fast kostenlos stehen, und selbst Falschparken wird kaum bestraft. Sollte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig allerdings einer Klage aus Bremen stattgeben, könnte es damit bald vorbeisein, berichtet Arvid Haitsch. Zum Artikel
Wie viel Emissionen verursacht die Formel E? – Elektroauto News
Die vollelektrische Formel E-Rennserie rast seit 2014 im Kreis. Die elektrischen Rennautos gelten als nachhaltige Alternative zum klassischen Rennsport. Doch Logistik und Reisen verursachen viele CO2-Emissionen, weiß Hannes Dollinger. Zum Artikel
“Sozialisten hatten manchmal eine zu starre Vorstellung” – Zeit
Lars Groos interviewt in seinem Podcast “Future Histories” gerne unorthodoxe Denker. In einem langen Gespräch mit Lars Weisbrod erklärt diesmal er, warum demokratische besser sei als kapitalistische Planwirtschaft. Zum Artikel
34 europäische Länder habe sie in den vergangenen fünf Jahren besucht, erzählt Svenja Hahn gleich zu Beginn des Gesprächs. Auf diesen Reisen habe sie immer wieder Menschen getroffen, für die es nicht nur schwieriger sei, frei zu reisen, sondern die auch sonst schlechtere Ausgangsbedingungen im Leben vorfänden als die Bürgerinnen und Bürger der Staaten Westeuropas.
Seit 2019 sitzt Svenja Hahn für die FDP im Europäischen Parlament. Damals musste sie sich den Listenplatz noch in einer Kampfabstimmung sichern. Diesmal nicht: Für die kommende EU-Wahl wurde die Hamburgerin ohne Gegenkandidat erneut auf den sicheren zweiten Listenplatz gewählt. Ohnehin ist Hahn als Europapolitikerin schon länger profiliert: Als Nachwuchs-Liberale war sie von 2016 bis 2020 zunächst Vizepräsidentin und dann Präsidentin der European Liberal Youth (LYMEC), des liberalen Jugendverbands auf EU-Ebene. Seit 2022 ist sie zudem Vizepräsidentin der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), des Europäischen Dachverbands der FDP.
Im EU-Parlament hat Hahn sich auf Wirtschafts- und Handelspolitik fokussiert, war Schattenberichterstatterin ihrer Fraktion bei den Verhandlungen zum AI Act und zur europäischen Lieferkettenrichtlinie CSDDD. Die Lieferkettengesetzgebung der EU trug sie nicht mit, wie auch ihre Partei vor den entscheidenden Abstimmungen einen Rückzieher gemacht hat.
Sie habe nicht nur gegen die CSDDD gestimmt, weil der Schutz von Menschenrechten für sie wie für ihre Partei eine genuin staatliche Aufgabe sei, sagt sie. Sondern auch, weil insbesondere kleinere Unternehmen damit überfordert seien, sich mit Regimen wie in China anzulegen, wo systematische Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung seien. Statt der kleinen Unternehmen solle sich daher die Europäische Union der Probleme annehmen: “Es muss immer die Aufgabe der EU sein, Menschenrechtsverletzungen anzusprechen und klar zu benennen.”
Als Vertreterin der FDP betont sie zugleich die Vorteile des globalen Handels und besonders von Freihandelsabkommen. “Für viele Menschen in Partnerländern außerhalb Europas bedeutet mehr Handel auch Wege aus der Armut hinein in die Selbstbestimmung”, sagt sie. Freihandel stehe nicht per se im Widerspruch zur Einhaltung von Menschenrechten. Vielmehr würden diese “durch die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den EU-Freihandelsabkommen gestärkt.”
Allerdings müssten diese Bestimmungen in Abkommen auch durchgesetzt werden. “Bei den Handelsvorteilen für weniger entwickelte Länder muss die EU-Kommission endlich stärker darauf achten, dass die Bedingungen für diese Vorteile wie die Einhaltung grundlegender Menschenrechte auch tatsächlich erfüllt werden”, mahnt sie an. Ansonsten müssten solche Abkommen ausgesetzt werden.
In der kommenden Legislatur will Hahn sich dafür einsetzen, dass Wirtschafts- und Sicherheitspolitik der EU stärker verschränkt werden. Bislang werde die EU auf globaler Ebene nur als wirtschaftspolitische Akteurin wahrgenommen. Diese außenpolitische Schwäche Europas habe zur politischen Überfrachtung von Handelsregelungen beigetragen, wie es etwa bei der CSDDD geschehen sei.
Der Großkonflikt unserer Zeit sei nun die Auseinandersetzung zwischen Demokratien und Autokratien. Dabei geht es für Hahn nicht nur um die unmittelbare Verteidigung der Demokratie, sondern letztlich auch wieder um Handelspolitik. “Russlands Angriffskrieg in der Ukraine oder Chinas Drohgebärden gegen Taiwan zeigen, dass Autokratien keine verlässlichen Handelspartner sind”, schließt sie aus den Entwicklungen der letzten Jahre. Länder wie China und Russland wollten strategische Abhängigkeiten aufbauen, “um diese gegen uns zu nutzen”.
Mit wem dann aber noch Handel treiben? Für Hahn ist die Lösung “eine europäische Offensive für mehr Freihandel”, und zwar “insbesondere mit mehr demokratischen Partnern”. So würde die EU unabhängiger von einzelnen Ländern und zugleich wirtschaftlich und geopolitisch stärker aufgestellt. Autokratien wie Russland und China seien hingegen “keine verlässlichen Handelspartner”.
Wenn es um die EU selbst geht, zählt Hahn zu den Befürworterinnen einer “ever closer union” und spricht sich für das Zusammenwachsen Europas “in Richtung eines föderalen Bundesstaates” aus. Ein Bundesstaat allerdings, der sich möglichst aus dem Wirtschaftsgeschehen selbst heraushalten sollte. Denn wenn es um Industrie- und Finanzpolitik geht, zieht sich Hahn weitgehend auf die liberale Parteilinie zurück: Bürokratieabbau, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, keine neuen Subventionen und keine neuen Schulden, so ihr Credo. Stattdessen gehe es um “Chancenpolitik”: Wirtschaftspolitik, “für mich die Grundlage von allem”, solle vor allem die Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit der Menschen fördern. Lukas Franke
Climate.Table: Rechtspopulismus: So nutzt und polarisiert die AfD die Klimadebatte: Bei der Europawahl wirbt die AfD mit der Ablehnung des Green Deal und der Klimapolitik. Mit Blick auf deutsche Kommunal- und Landtagswahlen leugnet sie den menschengemachten Klimawandel und lehnt das Pariser Abkommen ab. Zum Artikel
China.Table: Zuckerbrot und Peitsche: Wie China noch versucht, die EU-Zölle auf E-Autos abzuwenden: Einen Tag nach der EU-Wahl will die EU-Kommission aller Voraussicht nach die Zölle auf chinesische E-Fahrzeuge bekannt geben. Pekings Versuche, sie noch abzuwenden, scheinen gescheitert zu sein. Droht ein neuer Handelskrieg? Zum Artikel
Europe.Table: Ausblick Energie: Warum die Wärmepumpe nur der Anfang war:
Die europäische Energiepolitik nach den Wahlen wird wohl vor allem ein Thema prägen: der Kampf für ein EU-weites Elektrifizierungsziel. Warum es die Branche durchdrücken will und was die Stakeholder noch fordern. Zum Artikel
Climate.Table: UN-Generalsekretär fordert Verbot von Werbung für fossile Energien: UN-Generalsekretär António Guterres hat zum Welt-Umwelttag mit drastischen Worten vor der Klimakrise gewarnt. Vor allem geht er die fossilen Industrien direkt an und fordert eine schnelle Reduktion von Kohle, Öl und Gas. Zum Artikel