Table.Briefing: ESG

+++ Table.Alert: Lieferkettenrichtlinie und Verpackungsverordnung von EU-Staaten verabschiedet +++

Liebe Leserin, lieber Leser,

nach langem Ringen um die europäische Lieferkettenrichtlinie haben die EU-Staaten sie heute Mittag beschlossen. Die belgische Ratspräsidentschaft hatte vor der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt, um Staaten wie Italien doch noch umzustimmen. Die Bundesregierung blieb aufgrund der Opposition der FDP trotzdem bei ihrer Enthaltung. János Allenbach-Ammann berichtet über die Details.

Für die Verpackungsverordnung gab es im Gremium der Vertreter der Mitgliedsstaaten ebenfalls eine Mehrheit. Auch in diesem Fall ist es der belgischen Ratspräsidentschaft gelungen, die Vorbehalte zögernder Staaten zu adressieren. Wie Till Hoppe und Leonie Düngefeld berichten, hinterlegte die Bundesregierung eine Protokollnotiz zu ihren Bedenken und stimmte der Verordnung daraufhin zu.

Bereits am Morgen haben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts, die aktuellen Projektionen zur Erreichung der deutschen Klimaziele vorgestellt. Welche Lücken die Daten aufweisen und welche Bereiche nicht gut abgeschnitten haben, haben Nico Beckert und Malte Kreutzfeldt recherchiert.

Ihr
Nicolas Heronymus
Bild von Nicolas  Heronymus

News

Im dritten Anlauf: EU-Rat beschließt Lieferkettenrichtlinie

Verabschiedung der CSDDD – ein weiterer Erfolg für die belgische Ratspräsidentschaft.

Nach zwei gescheiterten Versuchen hat es im dritten Anlauf geklappt: Das Lieferkettengesetz hat am Freitag (15. März) im Ausschuss der stellvertretenden EU-Botschafter die qualifizierte Mehrheit erreicht.

Die mit dem Parlament ausgehandelten Trilogergebnisse waren zuvor zweimal am Widerstand unter anderem Deutschlands, Frankreichs und Italiens gescheitert. Deutschland enthielt sich auch am Freitag der Stimme, weil sich die Ampelkoalition nicht auf eine Position einigen konnte. Neben Deutschland enthielten sich auch acht weitere Mitgliedstaaten: Österreich, Bulgarien, Tschechien, Litauen, Estland, Malta, Ungarn und die Slowakei. Schweden beanspruchte mehr Zeit für die Prüfung.

17 Mitgliedstaaten trugen den Kompromiss aber mit, und sie erfüllten auch das nötige Quorum von 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Die belgische Ratspräsidentschaft sicherte die nötige Mehrheit im dritten Anlauf dank eines neuen Kompromissvorschlags, der Italien und Frankreich umzustimmen vermochte.

Eingeschränkter Anwendungsbereich

Der Kompromissvorschlag, der Table.Briefings vorliegt, schwächt die Lieferkettenrichtlinie in mehreren Punkten ab:

  • Der Anwendungsbereich wird auf Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von über 450 Millionen Euro eingeschränkt. Im Kompromissvorschlag vom Februar lag die Schwelle bei 300 Millionen Euro, in der Ratsposition vom Dezember bei 150 Millionen Euro.
  • Der strenger formulierte Anwendungsbereich für Risikosektoren wurde gestrichen.
  • Eine zeitlich gestaffelte Einführung soll Unternehmen mehr Zeit geben, sich auf die Bestimmungen vorzubereiten. Je nach Größe müssen Unternehmen die Bestimmungen erst drei, vier oder fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie anwenden.
  • Gestrichen wurde die Verpflichtung für Unternehmen ab einem bestimmten Schwellenwert, Klimaübergangspläne mit finanziellen Anreizen für das Management zu unterlegen.
  • Die Bedingungen für die zivilrechtliche Klagebefugnis wurden angepasst.
  • Der Finanzsektor soll weitgehend ausgeklammert bleiben.

Die Schonung des Finanzsektors war von Anfang an ein Anliegen der französischen Regierung gewesen. In den vergangenen Wochen hatte sie sich auch für eine bedeutende Einschränkung des Anwendungsbereichs eingesetzt. Die italienische Regierung dürfte ihre Meinung aber nicht nur wegen des veränderten Textes zur Lieferkettenrichtlinie geändert haben. In der wenige Minuten zuvor abgestimmten Verpackungsverordnung hatte die belgische Ratspräsidentschaft Konzessionen für die italienische Regierung eingebaut.

Erfolg für belgische Ratspräsidentschaft

Die Einigung bei diesem Dossier ist ein Erfolg für die belgische Ratspräsidentschaft. Sie erweist sich als sehr begabt dabei, die Enthaltungen des größten Mitgliedstaates – das German Vote – diplomatisch zu umschiffen. Erst wenige Tage zuvor hatte sie es geschafft, die ebenfalls hochumstrittene Plattformrichtlinie gegen den Widerstand Frankreichs und die Enthaltung Deutschlands durch den Rat zu bringen.

Die stark angepasste Lieferkettenrichtlinie muss nun auch noch vom Parlament gutgeheißen werden. Die Position des Europäischen Parlaments war weit ambitionierter als das Resultat, auf das sich die stellvertretenden EU-Botschafter heute einigen konnten. Die Abstimmung im Parlament steht am 24. April an.

Unternehmen kritisieren Zusatzbelastung

Der BDI und die Deutsche Industrie- und Handelskammer kritisierten das Ergebnis in Pressemitteilungen. DIHK-Präsident Peter Adrian meinte zwar, dass der Kompromisstext einige Verbesserungen enthielte, aber dies sei nicht genug. “Auch leicht abgespeckt bleibt die EU-Lieferkettenrichtlinie wenig praxistauglich und wird viel Bürokratie mit sich bringen“, sagte er.

Die FDP lobt sich unterdessen dafür, dass es vor allem ihr zu verdanken sei, dass es überhaupt zu diesen Veränderungen gekommen ist. “Es ist der klaren Haltung der FDP zu verdanken, dass das Gesetz an vielen Stellen verbessert wurde”, meinte die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn.

NGOs kritisieren eingegrenzten Anwendungsbereich

Der europäische NGO-Zusammenschluss European Coalition for Corporate Justice (ECCJ) nennt das Resultat einen Schritt in die richtige Richtung. ECCJ kritisiert jedoch die Einschränkung des Anwendungsbereichs. Nur 0,05  Prozent der europäischen Unternehmen würden schlussendlich noch in diesen Anwendungsbereich fallen. “Der Kompromiss fällt weit hinter die Ambition der ursprünglichen Trilog-Einigung zurück, dank der undemokratischen Manöver der Mitgliedstaaten in letzter Minute”, sagte ECCJ-Direktorin Nele Meyer.

Die sozialdemokratische Berichterstatterin des EU-Parlaments Lara Wolters zeigte sich dennoch erleichtert. “Die Menschen und der Planet haben über Zynismus gesiegt”, meldete sie auf X und bedankte sich bei der belgischen Ratspräsidentschaft. jaa

  • CSDDD
  • Lieferketten
  • Lieferkettengesetz

EU-Staaten beschließen neue Verpackungsregeln – selbst Deutschland stimmt nach inhaltlichen Änderungen zu

Verpackungsmüll im Abfalleimer – davon soll es künftig weniger geben.

Die EU-Staaten haben ein neues Gesetz zur Reduzierung von Verpackungsmüll auf den Weg gebracht. Die nötige qualifizierte Mehrheit der Vize-Botschafter stimmte der Verpackungsverordnung am Freitag zu. Lediglich Österreich und Malta trugen den Kompromiss nicht mit, wie es in Brüssel hieß.

Der belgischen Ratspräsidentschaft war es zuvor gelungen, mit inhaltlichen Änderungen zögernde Staaten wie Italien umzustimmen. Auch Deutschland stimmte nach intensiven Verhandlungen in der Koalition schließlich für die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Zuvor hatte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing quergestellt. Er machte Einwände gegen die Mehrwegquoten und die sogenannten Spiegelklauseln zum Einsatz von Rezyklaten geltend.

“Aus handelspolitischer Sicht problematisch”

Um den Bedenken Rechnung zu tragen, hinterlegte die Bundesregierung eine Protokollnotiz, wonach die Spiegelklausel “aus handelspolitischer Sicht problematisch sei, da sie als protektionistisches Instrument Handelshemmnisse schafft“. Eine Aufnahme der Klausel in die Verordnung dürfe “keine Präzedenz für zukünftige Gesetzgebung oder Freihandelsabkommen” darstellen.

Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte ähnliche Bedenken geäußert, die Behörde trägt den Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft aber ebenfalls mit. Nun fehlt noch die finale Zustimmung des Europaparlaments, damit die Verpackungsverordnung in Kraft treten kann.

Durch die Einigung in letzter Minute vermied es die Bundesregierung, bereits zum dritten Mal in dieser Woche von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt zu werden. Die Ampelkoalition hatte sich zuvor auch bei den Regeln für Arbeiter auf digitalen Plattformen und dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit in der Minderheit wiedergefunden. Bei den Plattformen war nur Frankreich, bei der Zwangsarbeit Lettland und Ungarn im gleichen Lager wie Deutschland.

Bis 2030 sollen alle Verpackungen recycelbar sein

Laut dem mit dem Europaparlament verhandelten Gesetzestext sollen Verpackungen generell reduziert werden (um fünf Prozent bis 2030, zehn Prozent bis 2035 und 15 Prozent bis 2040). Bis 2030 sollen alle Verpackungen zudem recycelbar sein. Ausnahmen sind für leichtes Holz, Kork, Textilien, Gummi, Keramik, Porzellan und Wachs vorgesehen. Anhand von Mindestzielvorgaben soll laut dem Gesetz auch der Rezyklatanteil von Verpackungen erhöht werden. Rat und Parlament legten zudem verbindliche Mehrwegziele für 2030 und Richtziele für 2040 fest.

Ab 2030 sollen Verbote für bestimmte Einweg-Plastikverpackungen gelten, etwa für Verpackungen für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse, für Lebensmittel und Getränke, die in Cafés und Restaurants abgefüllt und konsumiert werden, Einzelportionen, Miniaturverpackungen für Toilettenartikel und Schrumpffolien für Koffer in Flughäfen. Auch sehr leichte Plastiktüten sollen vom EU-Binnenmarkt verbannt werden. tho/leo

  • EU-Verpackungsverordnung
  • Kreislaufwirtschaft
  • Nachhaltigkeit
  • Verpackungen
  • Zwangsarbeit

Analyse

Klimaziele 2030 erreichbar: Habeck gibt sich optimistisch, doch die Daten weisen Lücken auf

Robert Habeck präsentiert die neuen Emissionsdaten des Umweltbundesamts.

Es war ein gut gelaunter Wirtschaftsminister, der am Freitagmorgen um 8 Uhr vor die Kameras trat: Er habe etwas “Ungewöhnliches und Erfolgreiches” zu vermelden, sagte Robert Habeck. Und tatsächlich sind die Zahlen, die er zusammen mit dem UBA-Präsidenten Dirk Messner präsentiert, überraschend positiv: Die jüngste Projektion des Umweltbundesamts zeigt, dass die 2030er-Klimaziele erreichbar sind. Habeck zeigte sich darum optimistisch, die von der vorherigen Koalition geerbte Klimalücke bis zum Ende des Jahrzehnts schließen zu können – auch, wenn sich die Wirtschaft erholt und im Schnitt um 1,4 Prozent pro Jahr wächst.

Zu Beginn der Legislaturperiode hatte die Lücke noch bei 1.100 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten gelegen, im letzten Jahr war das UBA im besten Szenario von 194 Millionen Tonnen zu hohen Emissionen ausgegangen. Die jüngste Projektion zeigt nun, dass die kumulierten Emissionen bis 2030 sogar um 47 Millionen Tonnen niedriger liegen könnten, als vom Klimaschutzgesetz gefordert.

Doch es ist unklar, wie verlässlich die neue Schätzung ist. Denn die Kürzungen beim Klima- und Transformationsfonds und die Abschwächung der Anforderungen an neue Heizungen gingen noch nicht in die Berechnung der Projektion ein. Grund zur Sorge bieten zudem die neuen Zahlen zur Auswirkung von Landnutzungsänderungen (LULUCF).

Laut den UBA-Projektionsdaten werden die einzelnen Sektoren bis 2030 wie folgt abschneiden:

  • Die Energiewirtschaft werde ihr kumuliertes Emissionsziel deutlich übertreffen und ihre Emissionen um 175 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente mehr reduzieren als im Klimaschutzgesetz vorgegeben.
  • Auch für die Industrie sieht die Prognose positiv aus. Der Sektor werde 37 Millionen Tonnen unter seiner Zielmarke liegen.
  • Bei der Landwirtschaft und im Abfallsektor sowie bei den Sonstigen sieht es ebenfalls gut aus. Die Sektoren übererfüllen ihre Ziele laut UBA-Daten um 29 Millionen Tonnen.
  • Einzig die Sektoren Verkehr und Gebäude verfehlen ihre Emissionsziele bis 2030 – der Verkehr sehr stark, nämlich um 180 Millionen Tonnen, die Gebäude in geringerem Ausmaß um 32 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.

Insgesamt lande Deutschland laut Projektion im Jahr 2030 bei einem Rückgang der CO₂-Emissionen um 64 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990. Zielwert ist 65 Prozent. Durch ein prognostiziertes Übererreichen der Ziele in einigen Sektoren in den Vorjahren entstehe aber über die Einzeljahre kumuliert keine Lücke. Laut BMWK haben Maßnahmen für effizientere Gebäude (BEG), das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Erhöhung der Lkw-Maut “Beiträge geleistet, um die Ziellücken in den Sektoren Gebäude und Verkehr zu verringern”.

Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds noch nicht berücksichtigt

Allerdings gibt es auch Grund zum Zweifel an der UBA-Projektion. Die massiven Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds (KTF) seien noch nicht im Projektionsbericht berücksichtigt worden, räumte UBA-Präsident Dirk Messner auf Nachfrage von Table.Briefings ein. Bei den Kürzungen im KTF habe man versucht, alle Klimaschutzmaßnahmen vor Kürzungen zu schützen, sagte Wirtschaftsminister Habeck. Insgesamt seien die “Klimaschutzmaßnahmen im KTF gewahrt und geschützt worden”.

Das stimmt aber nur teilweise. Die 60 Milliarden Euro, die aufgrund des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts aus der Rücklage des KTF gestrichen werden mussten, verringern die geplanten Fördersummen bei vielen Klimaschutzmaßnahmen. Besonders betroffen ist der Gebäudesektor, in dem Fördergelder für energetische Gebäudesanierungen verringert wurden. Auch bei der Heizungsförderung ist unklar, ob in den nächsten Jahren ausreichend Mittel zur Verfügung stehen werden. Dennoch entspricht die neue UBA-Projektion im Gebäudesektor fast exakt jener aus dem vergangenen Jahr. Die Deutsche Umwelthilfe sieht die Projektion im Gebäudesektor darum skeptisch: “Im UBA-Szenario finden sich noch zahlreiche Maßnahmen, die inzwischen politisch wieder aufgekündigt worden”, sagte DUH-Expertin Elisabeth Staudt Table.Briefings.

Rückgang 2023 durch Wirtschaftseinbruch

Für das vergangene Jahr meldet das UBA einen starken Rückgang der Emissionen um gut zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das entspricht den Schätzungen, die der Thinktank Agora Energiewende Anfang des Jahres vorgelegt hat. Für den Rückgang sei vor allem der “Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie” infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine verantwortlich, so das BMWK.

Wirtschaftsminister Habeck zeigte sich für die kommenden Jahre äußerst optimistisch: “Durch politische Maßnahmen haben wir es geschafft, in der Zukunft auf Kurs zu kommen. Wachstum und Produktion und klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft gehen und gehören zusammen”, so Habeck. Wenn man beim Klimaschutz “Kurs halte, dann sind wir durch”. Die Klimaschutzmaßnahmen infrage zu stellen, würde die Erfolge gefährden.

Lücken beim Verkehrssektor bedrohen langfristige Klimaziele

Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner sagte bei Vorstellung der neuen Zahlen: “Wir sind noch nicht über den Berg, aber die Richtung und Geschwindigkeit passt”. Allerdings bleibe der Verkehrssektor das “Sorgenkind der Klimapolitik”, so Messner. Gelinge es in dem Sektor nicht, die Emissionen bis 2030 zu senken, müsse der Sektor danach eine rapide Senkung schaffen, um die Netto-Null-Ziele erreichbar zu halten.

Mit Blick auf die langfristigen Klimaziele nach 2030 hatte Messner Anfang März noch gewarnt: Man sei “in der entscheidenden Dekade, um Deutschland und Europa noch auf den Kurs zur Klimaneutralität zu bringen. Und wir sind drauf und dran, die Chance zu verspielen”, sagte der UBA-Präsident der Süddeutschen Zeitung. Das UBA schreibt in seinem Bericht dann auch: “Das Ziel der Netto-Treibhausneutralität im Jahr 2045 droht weiter verfehlt zu werden.”

Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch, rief Bundeskanzler Olaf Scholz zum Eingreifen auf. “Scholz muss mit seiner Richtlinienkompetenz dafür sorgen, dass sein Verkehrsminister Wissing endlich zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr umsetzt”. Wenn Deutschland “wegen Volker Wissings Realitätsverweigerung die europäischen Zielvorgaben im Bereich Effort Sharing weiter verfehlt, wird es teuer für den Bundeshaushalt”, mahnt Weischer.

Landnutzungsänderungen keine Senke mehr

Grund zur Sorge bereitet auch die Klimabilanz der Landnutzung (LULUCF). In der Vergangenheit waren die UBA-Projektionen davon ausgegangen, dass dort mehr Treibhausgase gebunden als freigesetzt werden, diese also als Senke fungieren und damit die unvermeidbaren Emissionen aus Landwirtschaft und Industrie im Umfang von rund 20 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr ausgleichen können.

In der neuen Projektion stellen die Landnutzungsänderungen dagegen keine Senke mehr dar: Im Jahr 2030 ist ihre Bilanz ungefähr ausgeglichen, 2050 führen sie sogar zu zusätzlichen Emissionen von fünf bis zehn Millionen Tonnen pro Jahr. Grund für diese Veränderung ist laut UBA eine veränderte Berechnungsmethode, die Teiche stärker berücksichtigt.

  • BMWK
  • Deutschland
  • Emissionsdaten
  • Gebäudeenergiegesetz
  • Klimaschutz

Termine

Nächste Woche im Bundestag: Fußball, Bauen, Vogelmanagement

Der Deutsche Bundestag beginnt seine Sitzungswoche am Montag, 18. März, mit einer Anhörung des Unterausschusses Globale Gesundheit. Gesundheit und Wohlbefinden gehören zu den 17 Nachhaltigkeitsziele der UN. Im Fokus der Expertenbefragung: die Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria.

Am frühen Mittwochabend tagt turnusgemäß der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung. Thema ist diesmal: Nachhaltigkeitsaspekte der Fußball-EM 2024 in Deutschland.

In der Kernzeitdebatte am Donnerstagvormittag berät der Bundestag in zweiter und dritter Lesung den Antrag der Unionsfraktionen Deutschland aus der Baukrise führen – Jetzt wirksame Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen ergreifen”. Der Antrag fordert unter anderem eine Sonderabschreibung für den sozialen Wohnungsbau und staatlich garantierte Mietkaufmodelle für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Außerdem soll ein Belastungsmoratorium verhängt werden: Bis Ende 2027 sollen keine neuen Vorschriften erlassen werden, die das Bauen unnötig verteuern oder verlangsamen.

Am Donnerstagnachmittag befasst sich der Bundestag mit dem Bereich internationale Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft und Forschung. Neben einem Bericht der Bundesregierung steht ein Antrag der Koalition zur Debatte, der sich für eine interessen- und wertegeleitete Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschulbildung ausspricht. CDU/CSU wiederum wollen die entsprechenden deutschen Mittlerorganisationen stärken.

In erster Beratung befasst sich das Plenum mit einem Antrag der Linken mit dem Titel “Schuldenbremse in einem ersten Schritt reformieren – Zukunftsinvestitionen ermöglichen” und dem Antrag von CDU/CSU “Potenziale der Geothermie nutzen – Hürden abbauen, Risiken minimieren, Stromsektor entlasten“.

Bevor die Abgeordneten am Freitag in ihre Wahlkreise zurückkehren, beschäftigen sie sich noch mit der Vogelwelt und ihren Auswirkungen auf Fischerei und Landwirtschaft. Im Visier der Antragsteller aus der Unionsfraktion: der Kormoran und die Saatkrähe. ch

  • Bundestag

ESG.Table Redaktion

ESG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    nach langem Ringen um die europäische Lieferkettenrichtlinie haben die EU-Staaten sie heute Mittag beschlossen. Die belgische Ratspräsidentschaft hatte vor der Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertreter einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt, um Staaten wie Italien doch noch umzustimmen. Die Bundesregierung blieb aufgrund der Opposition der FDP trotzdem bei ihrer Enthaltung. János Allenbach-Ammann berichtet über die Details.

    Für die Verpackungsverordnung gab es im Gremium der Vertreter der Mitgliedsstaaten ebenfalls eine Mehrheit. Auch in diesem Fall ist es der belgischen Ratspräsidentschaft gelungen, die Vorbehalte zögernder Staaten zu adressieren. Wie Till Hoppe und Leonie Düngefeld berichten, hinterlegte die Bundesregierung eine Protokollnotiz zu ihren Bedenken und stimmte der Verordnung daraufhin zu.

    Bereits am Morgen haben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts, die aktuellen Projektionen zur Erreichung der deutschen Klimaziele vorgestellt. Welche Lücken die Daten aufweisen und welche Bereiche nicht gut abgeschnitten haben, haben Nico Beckert und Malte Kreutzfeldt recherchiert.

    Ihr
    Nicolas Heronymus
    Bild von Nicolas  Heronymus

    News

    Im dritten Anlauf: EU-Rat beschließt Lieferkettenrichtlinie

    Verabschiedung der CSDDD – ein weiterer Erfolg für die belgische Ratspräsidentschaft.

    Nach zwei gescheiterten Versuchen hat es im dritten Anlauf geklappt: Das Lieferkettengesetz hat am Freitag (15. März) im Ausschuss der stellvertretenden EU-Botschafter die qualifizierte Mehrheit erreicht.

    Die mit dem Parlament ausgehandelten Trilogergebnisse waren zuvor zweimal am Widerstand unter anderem Deutschlands, Frankreichs und Italiens gescheitert. Deutschland enthielt sich auch am Freitag der Stimme, weil sich die Ampelkoalition nicht auf eine Position einigen konnte. Neben Deutschland enthielten sich auch acht weitere Mitgliedstaaten: Österreich, Bulgarien, Tschechien, Litauen, Estland, Malta, Ungarn und die Slowakei. Schweden beanspruchte mehr Zeit für die Prüfung.

    17 Mitgliedstaaten trugen den Kompromiss aber mit, und sie erfüllten auch das nötige Quorum von 65 Prozent der EU-Bevölkerung. Die belgische Ratspräsidentschaft sicherte die nötige Mehrheit im dritten Anlauf dank eines neuen Kompromissvorschlags, der Italien und Frankreich umzustimmen vermochte.

    Eingeschränkter Anwendungsbereich

    Der Kompromissvorschlag, der Table.Briefings vorliegt, schwächt die Lieferkettenrichtlinie in mehreren Punkten ab:

    • Der Anwendungsbereich wird auf Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von über 450 Millionen Euro eingeschränkt. Im Kompromissvorschlag vom Februar lag die Schwelle bei 300 Millionen Euro, in der Ratsposition vom Dezember bei 150 Millionen Euro.
    • Der strenger formulierte Anwendungsbereich für Risikosektoren wurde gestrichen.
    • Eine zeitlich gestaffelte Einführung soll Unternehmen mehr Zeit geben, sich auf die Bestimmungen vorzubereiten. Je nach Größe müssen Unternehmen die Bestimmungen erst drei, vier oder fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie anwenden.
    • Gestrichen wurde die Verpflichtung für Unternehmen ab einem bestimmten Schwellenwert, Klimaübergangspläne mit finanziellen Anreizen für das Management zu unterlegen.
    • Die Bedingungen für die zivilrechtliche Klagebefugnis wurden angepasst.
    • Der Finanzsektor soll weitgehend ausgeklammert bleiben.

    Die Schonung des Finanzsektors war von Anfang an ein Anliegen der französischen Regierung gewesen. In den vergangenen Wochen hatte sie sich auch für eine bedeutende Einschränkung des Anwendungsbereichs eingesetzt. Die italienische Regierung dürfte ihre Meinung aber nicht nur wegen des veränderten Textes zur Lieferkettenrichtlinie geändert haben. In der wenige Minuten zuvor abgestimmten Verpackungsverordnung hatte die belgische Ratspräsidentschaft Konzessionen für die italienische Regierung eingebaut.

    Erfolg für belgische Ratspräsidentschaft

    Die Einigung bei diesem Dossier ist ein Erfolg für die belgische Ratspräsidentschaft. Sie erweist sich als sehr begabt dabei, die Enthaltungen des größten Mitgliedstaates – das German Vote – diplomatisch zu umschiffen. Erst wenige Tage zuvor hatte sie es geschafft, die ebenfalls hochumstrittene Plattformrichtlinie gegen den Widerstand Frankreichs und die Enthaltung Deutschlands durch den Rat zu bringen.

    Die stark angepasste Lieferkettenrichtlinie muss nun auch noch vom Parlament gutgeheißen werden. Die Position des Europäischen Parlaments war weit ambitionierter als das Resultat, auf das sich die stellvertretenden EU-Botschafter heute einigen konnten. Die Abstimmung im Parlament steht am 24. April an.

    Unternehmen kritisieren Zusatzbelastung

    Der BDI und die Deutsche Industrie- und Handelskammer kritisierten das Ergebnis in Pressemitteilungen. DIHK-Präsident Peter Adrian meinte zwar, dass der Kompromisstext einige Verbesserungen enthielte, aber dies sei nicht genug. “Auch leicht abgespeckt bleibt die EU-Lieferkettenrichtlinie wenig praxistauglich und wird viel Bürokratie mit sich bringen“, sagte er.

    Die FDP lobt sich unterdessen dafür, dass es vor allem ihr zu verdanken sei, dass es überhaupt zu diesen Veränderungen gekommen ist. “Es ist der klaren Haltung der FDP zu verdanken, dass das Gesetz an vielen Stellen verbessert wurde”, meinte die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn.

    NGOs kritisieren eingegrenzten Anwendungsbereich

    Der europäische NGO-Zusammenschluss European Coalition for Corporate Justice (ECCJ) nennt das Resultat einen Schritt in die richtige Richtung. ECCJ kritisiert jedoch die Einschränkung des Anwendungsbereichs. Nur 0,05  Prozent der europäischen Unternehmen würden schlussendlich noch in diesen Anwendungsbereich fallen. “Der Kompromiss fällt weit hinter die Ambition der ursprünglichen Trilog-Einigung zurück, dank der undemokratischen Manöver der Mitgliedstaaten in letzter Minute”, sagte ECCJ-Direktorin Nele Meyer.

    Die sozialdemokratische Berichterstatterin des EU-Parlaments Lara Wolters zeigte sich dennoch erleichtert. “Die Menschen und der Planet haben über Zynismus gesiegt”, meldete sie auf X und bedankte sich bei der belgischen Ratspräsidentschaft. jaa

    • CSDDD
    • Lieferketten
    • Lieferkettengesetz

    EU-Staaten beschließen neue Verpackungsregeln – selbst Deutschland stimmt nach inhaltlichen Änderungen zu

    Verpackungsmüll im Abfalleimer – davon soll es künftig weniger geben.

    Die EU-Staaten haben ein neues Gesetz zur Reduzierung von Verpackungsmüll auf den Weg gebracht. Die nötige qualifizierte Mehrheit der Vize-Botschafter stimmte der Verpackungsverordnung am Freitag zu. Lediglich Österreich und Malta trugen den Kompromiss nicht mit, wie es in Brüssel hieß.

    Der belgischen Ratspräsidentschaft war es zuvor gelungen, mit inhaltlichen Änderungen zögernde Staaten wie Italien umzustimmen. Auch Deutschland stimmte nach intensiven Verhandlungen in der Koalition schließlich für die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR). Zuvor hatte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing quergestellt. Er machte Einwände gegen die Mehrwegquoten und die sogenannten Spiegelklauseln zum Einsatz von Rezyklaten geltend.

    “Aus handelspolitischer Sicht problematisch”

    Um den Bedenken Rechnung zu tragen, hinterlegte die Bundesregierung eine Protokollnotiz, wonach die Spiegelklausel “aus handelspolitischer Sicht problematisch sei, da sie als protektionistisches Instrument Handelshemmnisse schafft“. Eine Aufnahme der Klausel in die Verordnung dürfe “keine Präzedenz für zukünftige Gesetzgebung oder Freihandelsabkommen” darstellen.

    Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte ähnliche Bedenken geäußert, die Behörde trägt den Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft aber ebenfalls mit. Nun fehlt noch die finale Zustimmung des Europaparlaments, damit die Verpackungsverordnung in Kraft treten kann.

    Durch die Einigung in letzter Minute vermied es die Bundesregierung, bereits zum dritten Mal in dieser Woche von den anderen Mitgliedstaaten überstimmt zu werden. Die Ampelkoalition hatte sich zuvor auch bei den Regeln für Arbeiter auf digitalen Plattformen und dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit in der Minderheit wiedergefunden. Bei den Plattformen war nur Frankreich, bei der Zwangsarbeit Lettland und Ungarn im gleichen Lager wie Deutschland.

    Bis 2030 sollen alle Verpackungen recycelbar sein

    Laut dem mit dem Europaparlament verhandelten Gesetzestext sollen Verpackungen generell reduziert werden (um fünf Prozent bis 2030, zehn Prozent bis 2035 und 15 Prozent bis 2040). Bis 2030 sollen alle Verpackungen zudem recycelbar sein. Ausnahmen sind für leichtes Holz, Kork, Textilien, Gummi, Keramik, Porzellan und Wachs vorgesehen. Anhand von Mindestzielvorgaben soll laut dem Gesetz auch der Rezyklatanteil von Verpackungen erhöht werden. Rat und Parlament legten zudem verbindliche Mehrwegziele für 2030 und Richtziele für 2040 fest.

    Ab 2030 sollen Verbote für bestimmte Einweg-Plastikverpackungen gelten, etwa für Verpackungen für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse, für Lebensmittel und Getränke, die in Cafés und Restaurants abgefüllt und konsumiert werden, Einzelportionen, Miniaturverpackungen für Toilettenartikel und Schrumpffolien für Koffer in Flughäfen. Auch sehr leichte Plastiktüten sollen vom EU-Binnenmarkt verbannt werden. tho/leo

    • EU-Verpackungsverordnung
    • Kreislaufwirtschaft
    • Nachhaltigkeit
    • Verpackungen
    • Zwangsarbeit

    Analyse

    Klimaziele 2030 erreichbar: Habeck gibt sich optimistisch, doch die Daten weisen Lücken auf

    Robert Habeck präsentiert die neuen Emissionsdaten des Umweltbundesamts.

    Es war ein gut gelaunter Wirtschaftsminister, der am Freitagmorgen um 8 Uhr vor die Kameras trat: Er habe etwas “Ungewöhnliches und Erfolgreiches” zu vermelden, sagte Robert Habeck. Und tatsächlich sind die Zahlen, die er zusammen mit dem UBA-Präsidenten Dirk Messner präsentiert, überraschend positiv: Die jüngste Projektion des Umweltbundesamts zeigt, dass die 2030er-Klimaziele erreichbar sind. Habeck zeigte sich darum optimistisch, die von der vorherigen Koalition geerbte Klimalücke bis zum Ende des Jahrzehnts schließen zu können – auch, wenn sich die Wirtschaft erholt und im Schnitt um 1,4 Prozent pro Jahr wächst.

    Zu Beginn der Legislaturperiode hatte die Lücke noch bei 1.100 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten gelegen, im letzten Jahr war das UBA im besten Szenario von 194 Millionen Tonnen zu hohen Emissionen ausgegangen. Die jüngste Projektion zeigt nun, dass die kumulierten Emissionen bis 2030 sogar um 47 Millionen Tonnen niedriger liegen könnten, als vom Klimaschutzgesetz gefordert.

    Doch es ist unklar, wie verlässlich die neue Schätzung ist. Denn die Kürzungen beim Klima- und Transformationsfonds und die Abschwächung der Anforderungen an neue Heizungen gingen noch nicht in die Berechnung der Projektion ein. Grund zur Sorge bieten zudem die neuen Zahlen zur Auswirkung von Landnutzungsänderungen (LULUCF).

    Laut den UBA-Projektionsdaten werden die einzelnen Sektoren bis 2030 wie folgt abschneiden:

    • Die Energiewirtschaft werde ihr kumuliertes Emissionsziel deutlich übertreffen und ihre Emissionen um 175 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente mehr reduzieren als im Klimaschutzgesetz vorgegeben.
    • Auch für die Industrie sieht die Prognose positiv aus. Der Sektor werde 37 Millionen Tonnen unter seiner Zielmarke liegen.
    • Bei der Landwirtschaft und im Abfallsektor sowie bei den Sonstigen sieht es ebenfalls gut aus. Die Sektoren übererfüllen ihre Ziele laut UBA-Daten um 29 Millionen Tonnen.
    • Einzig die Sektoren Verkehr und Gebäude verfehlen ihre Emissionsziele bis 2030 – der Verkehr sehr stark, nämlich um 180 Millionen Tonnen, die Gebäude in geringerem Ausmaß um 32 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.

    Insgesamt lande Deutschland laut Projektion im Jahr 2030 bei einem Rückgang der CO₂-Emissionen um 64 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990. Zielwert ist 65 Prozent. Durch ein prognostiziertes Übererreichen der Ziele in einigen Sektoren in den Vorjahren entstehe aber über die Einzeljahre kumuliert keine Lücke. Laut BMWK haben Maßnahmen für effizientere Gebäude (BEG), das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und die Erhöhung der Lkw-Maut “Beiträge geleistet, um die Ziellücken in den Sektoren Gebäude und Verkehr zu verringern”.

    Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds noch nicht berücksichtigt

    Allerdings gibt es auch Grund zum Zweifel an der UBA-Projektion. Die massiven Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds (KTF) seien noch nicht im Projektionsbericht berücksichtigt worden, räumte UBA-Präsident Dirk Messner auf Nachfrage von Table.Briefings ein. Bei den Kürzungen im KTF habe man versucht, alle Klimaschutzmaßnahmen vor Kürzungen zu schützen, sagte Wirtschaftsminister Habeck. Insgesamt seien die “Klimaschutzmaßnahmen im KTF gewahrt und geschützt worden”.

    Das stimmt aber nur teilweise. Die 60 Milliarden Euro, die aufgrund des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts aus der Rücklage des KTF gestrichen werden mussten, verringern die geplanten Fördersummen bei vielen Klimaschutzmaßnahmen. Besonders betroffen ist der Gebäudesektor, in dem Fördergelder für energetische Gebäudesanierungen verringert wurden. Auch bei der Heizungsförderung ist unklar, ob in den nächsten Jahren ausreichend Mittel zur Verfügung stehen werden. Dennoch entspricht die neue UBA-Projektion im Gebäudesektor fast exakt jener aus dem vergangenen Jahr. Die Deutsche Umwelthilfe sieht die Projektion im Gebäudesektor darum skeptisch: “Im UBA-Szenario finden sich noch zahlreiche Maßnahmen, die inzwischen politisch wieder aufgekündigt worden”, sagte DUH-Expertin Elisabeth Staudt Table.Briefings.

    Rückgang 2023 durch Wirtschaftseinbruch

    Für das vergangene Jahr meldet das UBA einen starken Rückgang der Emissionen um gut zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das entspricht den Schätzungen, die der Thinktank Agora Energiewende Anfang des Jahres vorgelegt hat. Für den Rückgang sei vor allem der “Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie” infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine verantwortlich, so das BMWK.

    Wirtschaftsminister Habeck zeigte sich für die kommenden Jahre äußerst optimistisch: “Durch politische Maßnahmen haben wir es geschafft, in der Zukunft auf Kurs zu kommen. Wachstum und Produktion und klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft gehen und gehören zusammen”, so Habeck. Wenn man beim Klimaschutz “Kurs halte, dann sind wir durch”. Die Klimaschutzmaßnahmen infrage zu stellen, würde die Erfolge gefährden.

    Lücken beim Verkehrssektor bedrohen langfristige Klimaziele

    Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner sagte bei Vorstellung der neuen Zahlen: “Wir sind noch nicht über den Berg, aber die Richtung und Geschwindigkeit passt”. Allerdings bleibe der Verkehrssektor das “Sorgenkind der Klimapolitik”, so Messner. Gelinge es in dem Sektor nicht, die Emissionen bis 2030 zu senken, müsse der Sektor danach eine rapide Senkung schaffen, um die Netto-Null-Ziele erreichbar zu halten.

    Mit Blick auf die langfristigen Klimaziele nach 2030 hatte Messner Anfang März noch gewarnt: Man sei “in der entscheidenden Dekade, um Deutschland und Europa noch auf den Kurs zur Klimaneutralität zu bringen. Und wir sind drauf und dran, die Chance zu verspielen”, sagte der UBA-Präsident der Süddeutschen Zeitung. Das UBA schreibt in seinem Bericht dann auch: “Das Ziel der Netto-Treibhausneutralität im Jahr 2045 droht weiter verfehlt zu werden.”

    Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch, rief Bundeskanzler Olaf Scholz zum Eingreifen auf. “Scholz muss mit seiner Richtlinienkompetenz dafür sorgen, dass sein Verkehrsminister Wissing endlich zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr umsetzt”. Wenn Deutschland “wegen Volker Wissings Realitätsverweigerung die europäischen Zielvorgaben im Bereich Effort Sharing weiter verfehlt, wird es teuer für den Bundeshaushalt”, mahnt Weischer.

    Landnutzungsänderungen keine Senke mehr

    Grund zur Sorge bereitet auch die Klimabilanz der Landnutzung (LULUCF). In der Vergangenheit waren die UBA-Projektionen davon ausgegangen, dass dort mehr Treibhausgase gebunden als freigesetzt werden, diese also als Senke fungieren und damit die unvermeidbaren Emissionen aus Landwirtschaft und Industrie im Umfang von rund 20 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr ausgleichen können.

    In der neuen Projektion stellen die Landnutzungsänderungen dagegen keine Senke mehr dar: Im Jahr 2030 ist ihre Bilanz ungefähr ausgeglichen, 2050 führen sie sogar zu zusätzlichen Emissionen von fünf bis zehn Millionen Tonnen pro Jahr. Grund für diese Veränderung ist laut UBA eine veränderte Berechnungsmethode, die Teiche stärker berücksichtigt.

    • BMWK
    • Deutschland
    • Emissionsdaten
    • Gebäudeenergiegesetz
    • Klimaschutz

    Termine

    Nächste Woche im Bundestag: Fußball, Bauen, Vogelmanagement

    Der Deutsche Bundestag beginnt seine Sitzungswoche am Montag, 18. März, mit einer Anhörung des Unterausschusses Globale Gesundheit. Gesundheit und Wohlbefinden gehören zu den 17 Nachhaltigkeitsziele der UN. Im Fokus der Expertenbefragung: die Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria.

    Am frühen Mittwochabend tagt turnusgemäß der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung. Thema ist diesmal: Nachhaltigkeitsaspekte der Fußball-EM 2024 in Deutschland.

    In der Kernzeitdebatte am Donnerstagvormittag berät der Bundestag in zweiter und dritter Lesung den Antrag der Unionsfraktionen Deutschland aus der Baukrise führen – Jetzt wirksame Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen ergreifen”. Der Antrag fordert unter anderem eine Sonderabschreibung für den sozialen Wohnungsbau und staatlich garantierte Mietkaufmodelle für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Außerdem soll ein Belastungsmoratorium verhängt werden: Bis Ende 2027 sollen keine neuen Vorschriften erlassen werden, die das Bauen unnötig verteuern oder verlangsamen.

    Am Donnerstagnachmittag befasst sich der Bundestag mit dem Bereich internationale Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft und Forschung. Neben einem Bericht der Bundesregierung steht ein Antrag der Koalition zur Debatte, der sich für eine interessen- und wertegeleitete Internationalisierung von Wissenschaft und Hochschulbildung ausspricht. CDU/CSU wiederum wollen die entsprechenden deutschen Mittlerorganisationen stärken.

    In erster Beratung befasst sich das Plenum mit einem Antrag der Linken mit dem Titel “Schuldenbremse in einem ersten Schritt reformieren – Zukunftsinvestitionen ermöglichen” und dem Antrag von CDU/CSU “Potenziale der Geothermie nutzen – Hürden abbauen, Risiken minimieren, Stromsektor entlasten“.

    Bevor die Abgeordneten am Freitag in ihre Wahlkreise zurückkehren, beschäftigen sie sich noch mit der Vogelwelt und ihren Auswirkungen auf Fischerei und Landwirtschaft. Im Visier der Antragsteller aus der Unionsfraktion: der Kormoran und die Saatkrähe. ch

    • Bundestag

    ESG.Table Redaktion

    ESG.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen