für die deutsche Klimapolitik war der gestrige Tage einer mit gemischten Gefühlen. Erst gab es eine Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Es entschied, dass die Bundesregierung doch Klimaschutz-Sofortmaßnahmen ergreifen muss, und zwar für den Verkehr und die Gebäude. Beide Sektoren haben ihre jeweiligen Ziele der Treibhausgasreduktion 2022 ja bekanntlich nicht erreicht – und deshalb muss dort jetzt zügig nachgesteuert werden.
Die Regierung hatte sich zuvor einen vermeintlichen Kniff überlegt, um das umgehen zu können. Statt der ursprünglichen Sektorziele beschloss sie Gesamtziele, sodass schneller reduzierende Bereiche weniger Fortschritt in anderen ausgleichen können. Das hat das Gericht nun für unzulässig erklärt und gab damit den klagenden Parteien – dem BUND und der Deutschen Umwelthilfe – Recht. Ob es dabei bleibt, ist allerdings noch nicht klar. Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht ist möglich. Und Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat bereits angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.
Besser lief es wenig später auf internationaler Bühne. Dort, genauer gesagt in Dubai, bei der UN-Klimakonferenz COP28, einigten sich die teilnehmenden Nationen auf die Struktur des Loss and Damage Fund – und Deutschland spielte nicht nur bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle, sondern kündigte auch an, zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten jeweils 100 Millionen US-Dollar einzuzahlen.
Für den Gastgeber, den COP-Präsidenten Sultan Ahmed Al Jaber, ist das ein überraschend schneller Erfolg. Der gelungene Auftakt könnte der Konferenz Auftrieb verleihen für die weiteren Gespräche. Wie Lukas Scheid und Bernhard Pötter erklären, birgt der Deal aber auch Risiken. Welche das sind und alle weiteren Details, erfahren Sie in ihrer Analyse.
Und wenn Sie täglich Hintergründe und News von der COP28 lesen möchte, dann schauen Sie doch auf unserer neuen Website vorbei – dort bündeln wir alle Infos zur Klimakonferenz.
Mit einem strategisch wichtigen Doppelerfolg hat die Präsidentschaft der COP28 am ersten Tag die Konferenz eröffnet. Überraschend beschloss das Auftaktplenum am Donnerstagnachmittag die lange umstrittenen Details für den Loss and Damage Fund (LDF) und die Tagesordnung für die Konferenz. Gleichzeitig erklärten mehrere Länder, angeführt von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Deutschland, ihre Bereitschaft, den LDF mit bislang insgesamt etwa 400 Millionen US-Dollar zu füllen.
Der “Paukenschlag”, wie David Ryfisch von der Entwicklungsorganisation Germanwatch das frühe Ergebnis nannte, verleiht dem oftmals bitteren und frustrierenden Prozess der Konferenz erst einmal eine positive Grundstimmung. Damit ist die Strategie des Teams um den obersten COP-Verantwortlichen, Sultan Al Jaber, der gestern erst offiziell zum Präsidenten der Konferenz gewählt wurde, bislang erfolgreich:
Über den “Doppelwumms” der Präsidentschaft waren schon am Vortag erste Gerüchte kursiert. Von Teilnehmern hieß es, dass besonders der Beschluss zum Loss and Damage Fund und zu seiner Finanzierung erst am Vorabend und am Morgen der Konferenz gefallen sei. “Da wurde viel herumtelefoniert, ehe alles klar war”, hieß es. Vorbereitet wurde der Deal auch durch einen Besuch des Entwicklungs-Staatssekretärs Jochen Flasbarth in Abu Dhabi im Oktober.
Dabei, so heißt es aus der Delegation, sei klar geworden, dass Deutschland und die VAE jeweils großes Interesse an einer guten Nachricht zu Beginn haben. Die VAE wollten einen positiven Start für ihre prestigeträchtige Konferenz. Sie soll mit knapp 100.000 Teilnehmern die größte Klima-COP aller Zeiten werden. Deutschland hatte großes Interesse daran, dass die VAE, die nach UN-Kriterien als Nicht-Industrieland gelten, das erste Land in der Geschichte der UN-Klimakonvention werden, das in einen UN-Topf zur Klimafinanzierung einzahlt. Bisher galt die strikte Auffassung, das sei nur Sache der Industriestaaten.
Deshalb wurde die erste Vollversammlung der COP28 auch gleich noch zu einer kleinen Geberrunde für den LDF. Der Fonds, der bei der Weltbank angesiedelt wird, braucht mindestens 200 Millionen US-Dollar als Startkapital. Bis Donnerstagabend versprachen:
Gleichzeitig nahm das Plenum der COP auch die Tagesordnung des Treffens an. Was unspektakulär klingt, ist ein ordentlicher Schritt vorwärts. Viele Konferenzen der Vergangenheit haben sich in tagelangen “Agenda-Fights” gelähmt, auf denen um einzelne Punkte auf der Tagesordnung so heftig gestritten wurde, dass anderweitig kaum Fortschritt möglich war. Erst im Juni hatte die SBSTA58 Zwischenkonferenz in Bonn praktisch die gesamte Zeit ohne ordentliche Tagesordnung verhandelt.
Umstritten waren zu Beginn der COP28 auch einige Anträge vor allem aus Entwicklungsländern, die einzelne neue Tagesordnungspunkte forderten: zu schnellerer CO₂-Reduktion, zu der Verantwortung der Industrieländer, der Anpassung oder der Finanzierung. COP-Präsident Al Jaber “löste” das Problem, indem er den Staaten zusicherte, ihre Anliegen unter bereits bestehenden Punkten der Tagesordnung zu diskutieren oder eigene Verhandlungsgruppen zu bilden. Damit sind die Probleme allerdings nur aufgeschoben. Denn weil es wahrscheinlich zum Ende der Konferenz nur eine einzige große allumfassende COP-Entscheidung geben soll – zur globalen Bestandsaufnahme des “Global Stocktake” – werden diese Fragen dann dort wieder auftauchen. Und könnten die große, umfassende COP-Erklärung verwässern oder gefährden.
Der frühe Erfolg, so fürchten erfahrene Verhandler, könnte auch auf eine andere Weise nach hinten losgehen: Wenn sich die Präsidentschaft auf ihren Lorbeeren ausruht. Denn Al Jaber hat mit der Umsetzung des LDF einen großen Sieg vor allem für die Schwellen- und Entwicklungsländer eingefahren. Aber die Fragen nach einem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, dem Ausbau der Erneuerbaren oder einer neuen globalen Finanzordnung sind ungleich umstrittener. Wenn das Team um Al Jaber dafür nicht ebenso viel politisches Kapital einsetzt, könnten diese Fragen in unverbindlichen Erklärungen und Versprechen enden. Deutschlands Klima-Staatssekretärin Jennifer Morgan, die den LDF vor und hinter den Kulissen intensiv vorangetrieben hat, forderte gestern deshalb noch einmal, man wolle zu diesen Fragen beim Abschluss der COP “Entscheidungen, nicht Erklärungen” sehen.
Erst einmal jedenfalls setzt der schnelle Beschluss der COP zum LDF und seiner Finanzierung die Staats- und Regierungschefs unter Druck, die Freitag und Samstag in Dubai eintreffen. Auf dem “Climate Action Summit” haben sie jeweils drei Minuten Redezeit, um sich als Klimaschützer zu präsentieren. Aus Sicht der COP-Präsidentschaft und der Klimaschutz-Gemeinde ist das die perfekte Gelegenheit, Geld für den LDF auf den Tisch zu legen.
Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier.
für die deutsche Klimapolitik war der gestrige Tage einer mit gemischten Gefühlen. Erst gab es eine Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Es entschied, dass die Bundesregierung doch Klimaschutz-Sofortmaßnahmen ergreifen muss, und zwar für den Verkehr und die Gebäude. Beide Sektoren haben ihre jeweiligen Ziele der Treibhausgasreduktion 2022 ja bekanntlich nicht erreicht – und deshalb muss dort jetzt zügig nachgesteuert werden.
Die Regierung hatte sich zuvor einen vermeintlichen Kniff überlegt, um das umgehen zu können. Statt der ursprünglichen Sektorziele beschloss sie Gesamtziele, sodass schneller reduzierende Bereiche weniger Fortschritt in anderen ausgleichen können. Das hat das Gericht nun für unzulässig erklärt und gab damit den klagenden Parteien – dem BUND und der Deutschen Umwelthilfe – Recht. Ob es dabei bleibt, ist allerdings noch nicht klar. Eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht ist möglich. Und Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat bereits angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.
Besser lief es wenig später auf internationaler Bühne. Dort, genauer gesagt in Dubai, bei der UN-Klimakonferenz COP28, einigten sich die teilnehmenden Nationen auf die Struktur des Loss and Damage Fund – und Deutschland spielte nicht nur bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle, sondern kündigte auch an, zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten jeweils 100 Millionen US-Dollar einzuzahlen.
Für den Gastgeber, den COP-Präsidenten Sultan Ahmed Al Jaber, ist das ein überraschend schneller Erfolg. Der gelungene Auftakt könnte der Konferenz Auftrieb verleihen für die weiteren Gespräche. Wie Lukas Scheid und Bernhard Pötter erklären, birgt der Deal aber auch Risiken. Welche das sind und alle weiteren Details, erfahren Sie in ihrer Analyse.
Und wenn Sie täglich Hintergründe und News von der COP28 lesen möchte, dann schauen Sie doch auf unserer neuen Website vorbei – dort bündeln wir alle Infos zur Klimakonferenz.
Mit einem strategisch wichtigen Doppelerfolg hat die Präsidentschaft der COP28 am ersten Tag die Konferenz eröffnet. Überraschend beschloss das Auftaktplenum am Donnerstagnachmittag die lange umstrittenen Details für den Loss and Damage Fund (LDF) und die Tagesordnung für die Konferenz. Gleichzeitig erklärten mehrere Länder, angeführt von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Deutschland, ihre Bereitschaft, den LDF mit bislang insgesamt etwa 400 Millionen US-Dollar zu füllen.
Der “Paukenschlag”, wie David Ryfisch von der Entwicklungsorganisation Germanwatch das frühe Ergebnis nannte, verleiht dem oftmals bitteren und frustrierenden Prozess der Konferenz erst einmal eine positive Grundstimmung. Damit ist die Strategie des Teams um den obersten COP-Verantwortlichen, Sultan Al Jaber, der gestern erst offiziell zum Präsidenten der Konferenz gewählt wurde, bislang erfolgreich:
Über den “Doppelwumms” der Präsidentschaft waren schon am Vortag erste Gerüchte kursiert. Von Teilnehmern hieß es, dass besonders der Beschluss zum Loss and Damage Fund und zu seiner Finanzierung erst am Vorabend und am Morgen der Konferenz gefallen sei. “Da wurde viel herumtelefoniert, ehe alles klar war”, hieß es. Vorbereitet wurde der Deal auch durch einen Besuch des Entwicklungs-Staatssekretärs Jochen Flasbarth in Abu Dhabi im Oktober.
Dabei, so heißt es aus der Delegation, sei klar geworden, dass Deutschland und die VAE jeweils großes Interesse an einer guten Nachricht zu Beginn haben. Die VAE wollten einen positiven Start für ihre prestigeträchtige Konferenz. Sie soll mit knapp 100.000 Teilnehmern die größte Klima-COP aller Zeiten werden. Deutschland hatte großes Interesse daran, dass die VAE, die nach UN-Kriterien als Nicht-Industrieland gelten, das erste Land in der Geschichte der UN-Klimakonvention werden, das in einen UN-Topf zur Klimafinanzierung einzahlt. Bisher galt die strikte Auffassung, das sei nur Sache der Industriestaaten.
Deshalb wurde die erste Vollversammlung der COP28 auch gleich noch zu einer kleinen Geberrunde für den LDF. Der Fonds, der bei der Weltbank angesiedelt wird, braucht mindestens 200 Millionen US-Dollar als Startkapital. Bis Donnerstagabend versprachen:
Gleichzeitig nahm das Plenum der COP auch die Tagesordnung des Treffens an. Was unspektakulär klingt, ist ein ordentlicher Schritt vorwärts. Viele Konferenzen der Vergangenheit haben sich in tagelangen “Agenda-Fights” gelähmt, auf denen um einzelne Punkte auf der Tagesordnung so heftig gestritten wurde, dass anderweitig kaum Fortschritt möglich war. Erst im Juni hatte die SBSTA58 Zwischenkonferenz in Bonn praktisch die gesamte Zeit ohne ordentliche Tagesordnung verhandelt.
Umstritten waren zu Beginn der COP28 auch einige Anträge vor allem aus Entwicklungsländern, die einzelne neue Tagesordnungspunkte forderten: zu schnellerer CO₂-Reduktion, zu der Verantwortung der Industrieländer, der Anpassung oder der Finanzierung. COP-Präsident Al Jaber “löste” das Problem, indem er den Staaten zusicherte, ihre Anliegen unter bereits bestehenden Punkten der Tagesordnung zu diskutieren oder eigene Verhandlungsgruppen zu bilden. Damit sind die Probleme allerdings nur aufgeschoben. Denn weil es wahrscheinlich zum Ende der Konferenz nur eine einzige große allumfassende COP-Entscheidung geben soll – zur globalen Bestandsaufnahme des “Global Stocktake” – werden diese Fragen dann dort wieder auftauchen. Und könnten die große, umfassende COP-Erklärung verwässern oder gefährden.
Der frühe Erfolg, so fürchten erfahrene Verhandler, könnte auch auf eine andere Weise nach hinten losgehen: Wenn sich die Präsidentschaft auf ihren Lorbeeren ausruht. Denn Al Jaber hat mit der Umsetzung des LDF einen großen Sieg vor allem für die Schwellen- und Entwicklungsländer eingefahren. Aber die Fragen nach einem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen, dem Ausbau der Erneuerbaren oder einer neuen globalen Finanzordnung sind ungleich umstrittener. Wenn das Team um Al Jaber dafür nicht ebenso viel politisches Kapital einsetzt, könnten diese Fragen in unverbindlichen Erklärungen und Versprechen enden. Deutschlands Klima-Staatssekretärin Jennifer Morgan, die den LDF vor und hinter den Kulissen intensiv vorangetrieben hat, forderte gestern deshalb noch einmal, man wolle zu diesen Fragen beim Abschluss der COP “Entscheidungen, nicht Erklärungen” sehen.
Erst einmal jedenfalls setzt der schnelle Beschluss der COP zum LDF und seiner Finanzierung die Staats- und Regierungschefs unter Druck, die Freitag und Samstag in Dubai eintreffen. Auf dem “Climate Action Summit” haben sie jeweils drei Minuten Redezeit, um sich als Klimaschützer zu präsentieren. Aus Sicht der COP-Präsidentschaft und der Klimaschutz-Gemeinde ist das die perfekte Gelegenheit, Geld für den LDF auf den Tisch zu legen.
Alle bisher erschienenen Texte zur COP28 lesen Sie hier.