bis Juli hat die Bundesregierung Zeit, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) umzusetzen. Der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf sorgt zurzeit für Bedenken: Anders als von der EU vorgeschlagen sollen nur Wirtschaftsprüfer die CSRD-Reports abnehmen können. Technische Sachverständige wie TÜV und Dekra wittern Klientelpolitik und Wettbewerbsverzerrung. Marc Winkelmann hat sich die Debatte genauer angesehen.
Besonders der Mittelstand hatte in Bezug auf die CSRD immer wieder die Sorge vor zu viel Bürokratie geäußert. Wissenschaftler des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) haben in einer neuen Studie die Auswirkungen des Gesetzes auf mittelständische Unternehmen untersucht. Ihr Ergebnis: Die Berichterstattung eröffnet den Unternehmen auch Chancen. Welche Maßnahmen ihnen den Einstieg erleichtern können, darüber berichtet Carsten Hübner in den News.
“Deutschland ist ein zentraler Knotenpunkt für saubere Technologien” – das verkündet der Brüsseler Thinktank Bruegel anhand der neuen Datenbank “Clean Tech Tracker”. Malte Kreutzfeldt hat die Ergebnisse analysiert.
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Wenn Joachim Bühler über die Umsetzung der EU-Richtlinie über Nachhaltigkeitsberichtspflichten in Deutschland spricht, ist er freundlich im Ton, spart aber nicht mit Kritik. “Die Politik bevorzugt eine einzelne Branche und baut Oligopolstrukturen auf, die zulasten der gesamten Wirtschaft gehen”, sagt er.
Bühler ist, das muss man wissen, Geschäftsführer des TÜV-Verbands und greift hiermit in erster Linie das FDP-geführte Justizministerium an. Das ist nämlich gerade dabei festzulegen, welche Instanzen CSRD-Berichte künftig abnehmen dürfen. Und der TÜV und andere technische Sachverständige dürfen es, nach aktuellem Stand, nicht. Diese Aufgabe soll ausschließlich Wirtschaftsprüfern vorbehalten sein. So sieht es der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf des Gesetzes vor.
Etwa 15.000 Unternehmen werden in Deutschland unter die von der EU Ende 2022 beschlossene Berichtspflicht fallen, darunter auch zahlreiche Mittelständler; derzeit sind nur etwa 500 große Unternehmen betroffen. Sie müssen umfangreicher als je zuvor erklären, wie nachhaltig sie schon sind und was sie tun, um ihre öko-soziale Bilanz zu verbessern. Die Bundesregierung hat noch bis Anfang Juli Zeit, um die EU-Vorgabe in nationales Recht zu gießen. Aktuell läuft die Anhörung der Verbände. Bis zum 19. April haben sie und ihre Mitglieder die Möglichkeit, sich in den Prozess einzuschalten. Wie es aussieht, werden einige die Chance dazu nutzen.
Geht es um die geforderten Kompetenzen, sieht Joachim Bühler ohnehin keinen Nachteil bei sich. “Unsere weltweiten Testierungen und Berichte sind die Grundlage für Aktionärs- und Investitionsentscheidungen.” Für ihn gibt es keinen Grund, den Markt der Prüfer künstlich zu verknappen, wie er sagt. “Das führt ohne Not zu einer geringeren Auswahl von Prüfern und zu höheren Preisen.” Er verweist darauf, dass die Gesetzgeber in Brüssel diesen Wettbewerbsgedanken hochhalten wollten und in ihrer CSRD-Vorlage nicht nur Wirtschaftsprüfer, sondern auch sogenannte “Independent Assurance Service Provider” (IASP) wie etwa den TÜV vorgesehen haben. Diese Option ist in der deutschen Fassung nun weggefallen.
Christian Sailer, als Vorstand Audit bei KPMG in Deutschland verantwortlich für die Abschlussprüfungen, hält die technischen Zertifizierungen der Konkurrenten für weniger geeignet. Wirtschaftsprüfer hätten eine ganz andere Herangehensweise, sagt er, und diese sei jetzt gefragt, weil sie sich schon bei der Prüfung von Lageberichten und Jahresabschlüssen bewährt habe.
Tatsächlich sieht die CSRD eine Angleichung der Berichte vor. Bestand in der Vergangenheit noch ein Unterschied zwischen finanziellen und nicht-finanziellen Reports, soll dieser künftig behoben werden. Nachhaltigkeit mit ihren vielen Facetten soll so stark wie möglich objektiviert und vergleichbar gemacht werden. Wie bei herkömmlichen finanziellen Kennzahlen. “Die CSRD-Prüfung läuft konzeptionell nach der gleichen Methodik ab, es gibt sogar viele Überschneidungen”, sagt Sailer. In beiden Fällen gehe es darum, mit einer Risikoeinschätzung des jeweiligen Unternehmens zu beginnen. Danach folgt die Analyse der Systeme, die Aufnahme der Prozesse und die Dokumentation der Kontrollen – woraufhin man schließlich die Systeme, Prozesse und Kontrollen prüft.
Dass es dabei zu einer Verknappung der Anbieter kommt, glaubt er nicht. “Gerade Mittelständler werden nicht auf die großen, sondern auf kleinere Prüfungsgesellschaften zugreifen, nämlich genau die, die sie schon bei der Prüfung der finanziellen Informationen begleiten.” Die integrierte Berichterstattung, die ab sofort erforderlich ist, müsse auch eine integrierte Prüfung nach sich ziehen – und kleinere Wirtschaftsprüfer würden sich genauso fit machen für die neuen Bedingungen wie die bekannten Gesellschaften.
Allerdings gibt Sailer zu, dass selbst sein Unternehmen, das zu den größten der Branche zählt, mehr Know-how in den eigenen Reihen braucht. Zu Themen wie Biodiversität oder Wasser beispielsweise hätte er aktuell keine Experten. Das Problem: Auf dem Jobmarkt sind solche Fachleute knapp und gesucht – und das hat womöglich zwei Folgen: Zum einen könnten weniger finanzstarke Prüfungsgesellschaften beim Buhlen um die besten Talente nicht mithalten. Das Risiko für sie, neue Leute einzustellen, auszubilden und durch Aufträge auszulasten, ist hoch. Zum anderen wären kleine und mittelständische Firmen, die zur Testierung ihrer CSRD-Reports verpflichtet sind, letztlich doch auf die großen Player angewiesen.
Für die Dekra ist das ein entscheidender Punkt. “Wir wissen, wie kleine und mittelständische Unternehmen Umwelt- und Energiemanagementsystems leben und kennen die verschiedenen Industrien, weil wir bereits andere Prüfaufträge wahrnehmen”, sagt Senior Vice President Maik Beermann. Außerdem verspricht er: “Wir werden nicht der Preistreiber in diesem Bereich sein. Dieses könnte aber durch den aktuellen Gesetzentwurf passieren.”
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete, der für die Außen- und Regierungsbeziehungen des Unternehmens zuständig ist, hat mit der Nähe zu den Mandanten bei der Bundesregierung schon im vergangenen Jahr für sich geworben. Vergeblich, offenbar. Und für ihn unverständlich. “Wenn jemand Tankstellen mit grünem Wasserstoff betreibt, wäre es gut, Prüfer zu haben, die wissen, was diese Technologie für die Nachhaltigkeit bedeutet und wie die Wirkung gemessen und nachgewiesen wird.” Deshalb hält er es für möglich, dass Wirtschaftsprüfer künftig auf die Dekra zukommen, weil sie eben dieses Know-how benötigen.
Grundsätzlich aber würde er ein anderes Verfahren bevorzugen, nämlich über eine Akkreditierungsnorm, die etwa die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) festlegt und prüft. Jeder, der anschließend CSRD-Berichte abnehmen will, müsste die entsprechende Qualifizierung dort dann nachweisen. “Das wäre leicht und schlank und würde die gleichen Voraussetzungen für alle infrage kommenden Marktteilnehmer bedeuten”, so Beermann.
Argumente wie diese will er in den kommenden Wochen und Monaten nochmal über die Verbändeanhörung und Gespräche mit Parlamentariern einbringen – sie müssen im Bundestag letztlich über das Gesetz entscheiden. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich für das Anliegen eine Allianz aus TÜV-Verband und den Verbänden der Chemischen Industrie (VCI), des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA), der Textilindustrie, der Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) und der Wirtschaftsvereinigung Metalle zusammengefunden und einen Brief an Justizminister Marco Buschmann geschickt.
Ob es bei seiner geplanten Regelung bleibt oder nicht – Christian Sailer von KPMG sagt zu, seinen Mandanten mit Augenmaß begegnen zu wollen. “Die Komplexität der Richtlinie ist enorm. Sie trägt das Risiko in sich, Unternehmen zu überfordern”, sagt er. Das müsse man auch in der Prüfung der Berichte berücksichtigen. Klappt das nicht, wächst die Gefahr, dass das Vorhaben, die Wirtschaft nachhaltig umzubauen, scheitert.
Angesichts der Negativ-Meldungen, die zurzeit vielerorts über den Standort Deutschland zu lesen sind, klingt diese Einschätzung durchaus überraschend: “Deutschland ist ein zentraler Knotenpunkt für saubere Technologien” und beherbergt insgesamt und in fast allen betrachteten Technologien die meisten Produktionsstätten. Zu diesem Ergebnis kommt der Brüsseler Thinktank Bruegel auf Grundlage einer neuen Datenbank. In ihr wird die wirtschaftliche Aktivität der europäischen Staaten unter anderem in den Zukunftsbranchen Windkraft, Solarenergie, Wärmepumpen, Batterien und Elektrolyseuren betrachtet.
Tatsächlich liegt Deutschland dort in vielen Technologien an der Spitze. So entfiel Ende 2022 jeweils ein Drittel der insgesamt in der EU installierten Wind- und Solarenergiekapazität auf Deutschland – wo allerdings weniger als ein Fünftel der EU-Bevölkerung lebt. Doch nicht nur in der Nutzung dieser Technologie liegt Deutschland vorn, sondern auch bei den Arbeitsplätzen: 2022 waren in der Windbranche und der Solarbranche der Bruegel-Statistik zufolge jeweils rund 87.000 Menschen tätig. Auch was die Produktionskapazitäten für Wind- und Solaranlagen anbelangt, liegt Deutschland im EU-Vergleich vorn.
Die Zahlen relativieren sich zwar, wenn man sie in Bezug zur Bevölkerungszahl setzt, doch weit über dem EU-Durchschnitt bleibt Deutschland auch dann: Bei der installierten Solar-Leistung pro Kopf liegt das Land auf Platz zwei hinter den Niederlanden. Der deutsche Wert ist dabei mit 0,8 Megawatt pro Kopf doppelt so hoch wie in den deutlich sonnenreicheren Ländern Italien und Spanien. Bei der installierten Wind-Leistung pro Kopf liegt Deutschland hinter den nordeuropäischen EU-Ländern Schweden, Dänemark, Finnland und Irland auf Platz fünf.
Ein gutes Zeugnis stellt Bruegel der Bundesrepublik auch beim Thema Batterien aus: Derzeit sind bei den Produktionskapazitäten zwar Polen, Schweden und Ungarn führend, wo Northvolt, LG sowie Samsung bereits je eine große Fabrik betreiben. Doch wenn in Deutschland die drei im Bau befindlichen Projekte von Northvolt, Volkswagen und CATL fertiggestellt sind, wird sich das ändern. In Deutschland entstehe “ein neuer Schwerpunkt” für Batterien, so Bruegel.
Widersprüchliche Ergebnisse gibt es beim Thema Wärmepumpen: In der Herstellung liegt Deutschland mit 24 Produktionsstandorten hinter Italien auf Platz zwei. Bei der Nutzung ist das Land dagegen weit abgeschlagen: Nur 4,4 Prozent der deutschen Haushalte heizten 2022 mit einer Wärmepumpe. In Finnland liegt dieser Wert dagegen bei 55,5 Prozent, in Schweden bei 46,3 Prozent und in Estland bei 39,5 Prozent. Der Bruegel-Wert für Deutschland unterscheidet sich dabei von den vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) kommunizierten drei Prozent, weil der Brüsseler Thinktank zur besseren Vergleichbarkeit mit einer einheitlichen Haushaltsgröße von 2,2 Personen rechnet.
Eingeschränkt wird die Aussagekraft der Statistik dadurch, dass die meisten Daten nur das Jahr 2022 berücksichtigen. Die rasanten Entwicklungen, die es im Jahr 2023 vor allem bei Wärmepumpen und Solarenergie gab, sind damit noch nicht enthalten. In beiden Feldern hatte Deutschland im vergangenen Jahr neue Rekordwerte erreicht.
Neben den guten Nachrichten zur Entwicklung innerhalb der EU zeigt die Bruegel-Datenbank aber auch, wo die wahre Herausforderung beim Kampf um die grünen Märkte der Zukunft liegt: Ein Vergleich von EU, USA und China zeigt, wie schnell China derzeit davonzieht: Die installierte Leistung bei Wind- und Solarenergie war dort jeweils rund doppelt so hoch wie in der EU. Pro Kopf bedeutet das zwar immer noch einen deutlich geringeren Wert, aber die jüngsten Zuwachsraten lassen erwarten, dass sich das bald ändert.
Noch extremer ist die Entwicklung bei den Produktionskapazitäten und den Arbeitsplätzen: Bei der Solarenergie dominiert China hier bereits klar; beim Wind ist die EU derzeit noch gut aufgestellt, doch auch hier holt China mit großem Tempo auf. Die Produktionskapazitäten von Elektroautos, wo China ebenfalls große Wachstumsraten verzeichnet, werden in der Bruegel-Datenbank bisher nicht abgebildet.
Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung haben Wissenschaftler des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) die Auswirkungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) auf mittelständische Unternehmen untersucht. In ihrer jetzt vorgestellten Studie “Nachhaltigkeit im Mittelstand: Die CSRD als Chance oder Herausforderung?” kommen sie zu dem Ergebnis, dass reduzierte Berichtspflichten und eine vereinfachte Datenerhebung den Einstieg erleichtern könnten.
“Ein solches Vorgehen würde es den Unternehmen ermöglichen, selbst zu entscheiden, welche weitergehenden Nachhaltigkeitsinformationen sie an ihre Stakeholder kommunizieren wollen”, erläutert Markus Rieger-Fels, einer der Autoren der Studie. So könnten Nachhaltigkeitsberichte gezielt an die Möglichkeiten des einzelnen Unternehmens und die individuellen Informationsbedürfnisse der Stakeholder angepasst werden, meint Rieger-Fels.
Die von der EU-Kommission im Jahr 2022 erlassene CSRD zielt darauf ab, den privaten Finanzmärkten Informationen über die Nachhaltigkeit von Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Bisher waren nur börsennotierte Großunternehmen betroffen. Ab 2026 müssen auch viele große mittelständische Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen.
Indirekt sind aber auch viele kleinere, selbst nicht berichtspflichtige Unternehmen von der CSRD betroffen, da sie sich mit einem steigenden Informationsbedarf ihrer berichtspflichtigen Kunden, Lieferanten oder Finanzpartner konfrontiert sehen.
“Die Nachhaltigkeitsberichterstattung eröffnet dem Mittelstand aber auch eine Reihe an Chancen”, betont Fritz Putzhammer, Projektleiter bei der Bertelsmann Stiftung. So könnten die gesammelten Informationen “zur Identifikation von Einsparpotenzialen, zur langfristigen Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells oder zur Identifikation von Innovationspotenzialen genutzt werden”, erläutert Putzhammer.
Weitere Einsatzmöglichkeiten seien die strategische Kommunikation, die Beantragung von Fördermitteln oder die Erfüllung behördlicher Informations- und Dokumentationspflichten, sofern sich staatliche Stellen an den Formaten und Inhalten der Nachhaltigkeitsberichte orientieren würden. ch
Vor allem jüngere Menschen sind davon überzeugt, dass in absehbarer Zeit Technologien zur Verfügung stehen, um den Klimawandel zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom hervor. Demnach gehen 57 Prozent der 16- bis 29-Jährigen davon aus, dass es schon bald technologische Lösungen für die Klimaprobleme geben wird.
Zwar nimmt das Technikvertrauen mit zunehmendem Alter ab. Bei den 30- bis 49-Jährigen ist es aber immer noch fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent), die auf Technologie zur Bewältigung der Klimakrise setzt. Bei den 50- bis 64-Jährigen sind es nur noch 37 Prozent, bei den über 65-Jährigen mit 30 Prozent schließlich weniger als ein Drittel.
Insgesamt sprachen sich laut Bitkom 78 Prozent der Befragten dafür aus, alle verfügbaren digitalen Technologien für den Klima- und Umweltschutz zu nutzen. 73 Prozent sind der Meinung, dass die Folgen des Klimawandels ohne Digitalisierung nicht zu bewältigen sind.
Wie die neue Bitkom-Studie “Klimaeffekte der Digitalisierung 2.0” zeigt, könnte eine beschleunigte Digitalisierung den CO₂-Ausstoß in Deutschland im Jahr 2030 um rund 73 Millionen Tonnen reduzieren. “Die Digitalisierung kann fast ein Viertel zu Deutschlands selbstgesteckten Klimazielen im Jahr 2030 beitragen”, betont Bitkom-Vizepräsidentin Christina Raab. Würde die Digitalisierung dagegen im bisherigen Tempo voranschreiten, könnten nur rund 50 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden, was 16 Prozent des Zielwerts entspräche.
Am 10. April 2024 findet in Berlin der Digital Sustainability Summit des Bitkom statt. Der Digitalverband wurde 1999 gegründet und vertritt nach eigenen Angaben mehr als 2.200 Unternehmen. ch
Das Land Schleswig-Holstein will Kommunen und Verbände dabei unterstützen, mehr Abfälle zu vermeiden und eine Kreislaufwirtschaft zu stärken. Das Landesumweltministerium hat dafür eine Förderrichtlinie und einen Fördertopf mit Mitteln von insgesamt 400.000 Euro vorgestellt. Bis Ende 2026 können förderfähige Projekte bis zu 75.000 Euro vom Land erhalten.
“Wir wollen gezielt Abfallvermeidungsprojekte vor Ort stärken, denn dort entwickeln Projekte eine Wirkung unmittelbar bei den Menschen”
, erklärte Staatssekretär Joschka Knuth. “Deshalb sprechen wir mit dieser Förderrichtlinie speziell die Gemeinden, Ämter und Kreise sowie Vereine und Verbände mit kommunaler Beteiligung an.”
Schleswig-Holstein wolle mit der Förderrichtlinie unter anderem regionale Vorhaben fördern, die sogenannte Zero-Waste-Strategien konzipieren, initiieren und durchführen sollen, hieß es in einer Pressemitteilung. Diese Maßnahmen verlängerten etwa die Nutzungsdauer von Produkten oder führten ausgediente Produkte einem neuen Zweck zu. Auch Konzepte für ehrenamtliche Reparaturtreffen, den Aufbau von Reparaturnetzwerken sowie Initiativen zur Mehrfachnutzung sollen bezuschusst werden. leo
Die kommende Sitzungswoche hält eine Reihe von ESG- und Transformationsthemen bereit.
Montag findet eine öffentliche Anhörung des Verkehrsausschusses zum Antrag “Nationale Hafenstrategie abschließen – Finanzierung verbindlich zusagen” der CDU/CSU-Fraktion statt. Darin fordert die Union unter anderem, die deutschen Häfen zu Drehscheiben der Energiewende und des Ausbaus der On- und Offshore-Windenergie zu machen und für den Import von flüssigen und verflüssigten Energieträgern zu ertüchtigen. Auch soll die Bundesregierung Maßnahmen zur Defossilisierung der Schifffahrt technologieoffen und schiffsgrößenunabhängig fördern und damit die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stärken.
Mittwoch widmet sich der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) in einer öffentlichen Anhörung dem Thema “Agrarökologie und Saatgutbanken”. Es soll diskutiert werden, welchen Beitrag der agrarökologische Ansatz zur Ernährungssicherheit leisten kann und welche Bedeutung Saatgutbanken dabei zukommt.
Am späten Mittwochnachmittag berät der Bundestag in dritter Lesung den Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Potenziale der Geothermie nutzen – Hürden abbauen, Risiken minimieren, Stromsektor entlasten”. Darin spricht sich die Unionsfraktion für eine stärkere Förderung der Nutzung der oberflächennahen Geothermie aus. Kurze Zeit später tagt, wie immer mittwochs, der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung.
Ebenfalls in dritter Lesung wird am Donnerstag der Unionsantrag “Wirtschaftswende jetzt – Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft” beraten. CDU/CSU wollen damit die schwächelnde Konjunktur ankurbeln. Zu den zwölf geforderten Maßnahmen gehört auch die Aussetzung und Überarbeitung des deutschen Lieferkettengesetzes.
Am frühen Abend befasst sich der Bundestag mit zwei Themen mit direktem EU-Bezug. Zum einen geht es um die erste Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten “Ersten Gesetzes zur Änderung des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes”. Hinter dem kompliziert klingenden Titel verbirgt sich im Kern die Ausweitung von Sanktionsmöglichkeiten auf Empfänger von EU-Agrarsubventionen, die bestimmte arbeits-, gesundheits- und sicherheitsrechtliche Vorschriften nicht einhalten. Bisher werden nur Verstöße gegen bestimmte Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und die Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ-Standards) geahndet.
Anschließend geht es um den Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht. Hier gibt der federführende Umweltausschuss einen Zwischenbericht zum Stand der Beratungen. Ein zentraler Punkt: der zügige Ausbau von Windenergieanlagen an Land und von grünen Elektrolyseuren.
Zum Auftakt der Plenardebatte am Freitag beraten die Abgeordneten in erster Lesung die Ernährungsstrategie der Bundesregierung “Gutes Essen für Deutschland”. Die Strategie soll bis 2050 umgesetzt werden und widmet sich insbesondere der Außer-Haus-Verpflegung. In Kantinen und Mensen, in denen täglich rund 17 Millionen Menschen essen, sollen mehr pflanzliche, saisonale, möglichst regionale und ökologisch erzeugte Produkte auf den Speiseplan kommen. ch
Mercedes soll Gewerkschaftsmitglieder in Alabama drangsaliert haben – Der Spiegel
Die größte US-Autogewerkschaft UAW habe gegen Mercedes Beschwerde nach dem deutschen Lieferkettengesetz eingelegt, berichtet Alexander Demling. Der Vorwurf: Das Unternehmen gehe in seinem Werk in Alabama mit unfairen Methoden gegen Mitarbeiter vor, um zu verhindern, dass diese über die Anerkennung der UAW als ihre Interessenvertretung abstimmen. Zum Artikel
ESG-Risiken beeinflussen Kreditprozesse bislang kaum – Springer Professional
Immer mehr Banken identifizieren ökologische, soziale und Governance-Risiken (ESG) im Rahmen ihres Risikomanagements. Für die Preisgestaltung und in der Kreditvergabepraxis spielen sie nach aktuellen Daten aber oft kaum eine Rolle. Angelika Breinich-Schilly geht davon aus, dass sich dies in Zukunft ändern wird. Zum Artikel
Klimasprint oder Klimaleugnung? Bei der US-Wahl steht viel auf dem Spiel – Der Standard
Wer nach der Wahl im Weißen Haus sitzt, wird auch die internationale Klimapolitik auf Jahre hinaus mitbestimmen, vermuten Philip Pramer und Nora Laufer. Was kommt: grüne Wende oder der Ausbau der Ölförderung? Zum Artikel
Nachhaltiges Anlegen: “Aus Investitionssicht sollten wir uns auf die Dekarbonisierung der Wirtschaft konzentrieren” – Handelszeitung
Nachhaltiges Anlegen ist mehr als ESG, sagt Jennifer Wu von JP Morgan im Interview mit Andreas Minor. Aus ihrer Sicht spielt es aber keine Rolle, wie man es nennt. Wichtig sei die Wirkung. Zum Artikel
USA hängen Europa bei Greentech-Wachstum ab – Handelsblatt
Die USA bauen grüne Technologien deutlich schneller aus als Europa, allein 2023 stiegen die Investitionen um 40 Prozent, schreibt ein Team des Handelsblatts. Der Inflation Reduction Act entfalte einen Sog, der Investitionen in der gesamten Wertschöpfungskette auslöse. Besonders die Autoindustrie profitiere von dem Programm, darunter auch deutsche Autobauer. Zum Artikel
Ghana to raise cocoa farmgate price by up to 50 %, Cocobod says – Reuters
Die Kakaovermarktungsbehörde von Ghana habe angekündigt, den Erzeugerpreis für Kakao um bis zu 50 Prozent zu erhöhen, berichtet Maxwell Akalaare Adombila. Damit sollen Bauern von den sehr hohen Weltmarktpreisen für die Bohne profitieren und vom Schmuggel abgehalten werden. Die Preise haben sich vergangenes Jahr mehr als verdreifacht. Zum Artikel
Umfassende Strategie: So berät die Commerzbank ihre Kunden in Sachen ESG – Finanz Business
Im Interview mit Hauke Rudolph erläutert Wolfgang Vitzthum, Director ESG und Sustainable Finance Solutions bei der Commerzbank, wie Finanzinstitute bei der ESG-Beratung ihrer Kunden vorgehen sollten. Zum Artikel
Der Lithium-Crash – FAZ
Die Lithiumpreise seien seit Ende 2022 um mehr als 80 Prozent abgestürzt, berichtet Marcus Theurer. Dies liege an Überkapazitäten in der Produktion des Batteriemetalls, denn die Verkaufszahlen von E-Autos in Europa und den USA würden heute weniger schnell wachsen als erwartet. Zum Artikel
2019 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Pläne für eine grüne Taxonomie – ein System zur Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten, um Investitionen in diese Bereiche zu lenken. Antje Schneeweiß schrieb kurzerhand ein eigenes Konzept für eine Sozialtaxonomie. “Mir war klar, dass es ein soziales Pendant zur Umwelttaxonomie braucht”, sagt sie heute. Mit einem solchen Regelwerk ließen sich Unternehmen sowie ihre Wirtschaftsaktivitäten und Produkte als sozial einstufen. Investoren könnten besser erkennen, welches Geschäft sich positiv auf die Gesellschaft auswirkt.
Seit 1991 beschäftigt sich die 59-Jährige, die Philosophie studierte, mit dem Thema nachhaltige Geldanlagen. Mehr als zwanzig Jahre lang arbeitete sie beim wissenschaftlichen Institut Südwind. Heute teilt sie sich mit Karin Bassler die Geschäftsführung des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI), einem Zusammenschluss von institutionellen Anlegern der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) für ethisch-nachhaltige Investitionen.
Innerhalb eines Jahres krempelte sich Schneeweiß’ Berufsleben 2019 um: Sie wechselte nicht nur zum AKI und stand nun im direkten Austausch mit institutionellen Anlegern der EKD, statt im Hintergrund Analysen zu schreiben. Gleichzeitig berief die EU-Kommission sie als Leiterin einer Expertengruppe, die Vorschläge für eine Sozialtaxonomie entwickeln sollte. Und sie wurde in den Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung berufen.
Beim AKI bringt Schneeweiß NGOs, Investoren und Unternehmen zu kritischen Gesprächen zusammen. Aktuell ist unter anderem die Umsetzung des Lieferkettengesetzes ein wichtiges Thema. Zu ihrem politischen Engagement kam sie unverhofft, sagt sie. Für die Kirche zu arbeiten, sei ihr dagegen ein persönliches Anliegen.
Schneeweiß gehört zu den wenigen Expertinnen und Experten für sozial-nachhaltige Investitionen. “Im sozialen Bereich muss man oft Verständnis dafür schaffen, dass Kapitalmärkte nicht nur böse sind und sozial Positives bewirken können“, sagt sie und lacht.
Mit ihrem Konzept für eine soziale Taxonomie bewarb sich Schneeweiß 2020 als Mitglied der EU-Plattform für nachhaltiges Finanzwesen. Das Gremium berät die EU-Kommission in der Entwicklung ihrer nachhaltigen Finanzpolitik, vor allem im Hinblick auf die EU-Taxonomie. Als Leiterin der Unterarbeitsgruppe zur sozialen Taxonomie und stellte Schneeweiß im Februar 2022 einen Bericht vor. Darin schlägt das Gremium drei Ziele für eine soziale Taxonomie vor:
Laut dem Bericht gilt ein Unternehmen als sozial nachhaltig und finanzierungswürdig, wenn es soziale Produkte und Dienstleistungen wie Pflegeheime allen Menschen, auch vulnerablen Gruppen, zugänglich macht. Sozial nachhaltig ist auch, wer viel in die Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte investiert.
Die Kommission hat den Bericht bislang nicht bearbeitet, in dieser Legislaturperiode wird sie es wohl kaum noch tun. Grund dafür, so hört man aus Brüssel, sei die Erfahrung mit der grünen Taxonomie. Die Kommission sei gehemmt, nach der hitzigen Debatte über den Delegierten Rechtsakt zu Erdgas– und Atomkraftaktivitäten ein weiteres Taxonomie-Thema auszupacken.
Ein Problem sei, dass die Einhaltung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sich nicht mit Daten messen lässt wie CO₂-Emissionen in der Umwelttaxonomie. “Das ist eine Diskussion, die gerade erst anfängt”, meint Schneeweiß. “Was mich umtreibt, ist dieses massive Ungleichgewicht zwischen Grün und Sozial“, erklärt sie. Pflegeheimen drohten Nachteile bei der Kreditvergabe, wenn nur ökologische Faktoren, nicht aber soziale Vorteile einer Investition berücksichtigt würden.
Eine besonders kontroverse Debatte sorgte auch die Frage, ob Aktivitäten der Rüstungsbranche in die Sozialtaxonomie aufgenommen werden sollten. Die Rüstungsindustrie argumentierte, ihre Produkte seien die Grundlage für die Sicherheit Europas. Die Briefe, die Schneeweiß 2020 als Leiterin der EU-Expertengruppe erhielt, liegen noch heute in ihrem Büro. “Die schrieben mir: Sie sind verantwortlich dafür, dass die Rüstungsindustrie als sozial eingestuft wird“, erzählt sie. “Das war heftig.” Letztendlich nahm das Gremium in seinem Bericht die Branche jedoch nicht mit auf – das Projekt der sozialen Taxonomie hätte sich dadurch unglaubwürdig gemacht, sagte Schneeweiß damals.
Schneeweiß geht es um soziale Gerechtigkeit. Das sei ihr intrinsischer Antrieb. Trotzdem sehe sie sich als Pragmatikerin. Ihre Arbeit sei abstrakt, langwierig, sie müsse viele Interessensgruppen an einen Tisch bringen. “Aber wenn man einmal etwas in Gang bringt am Finanzmarkt, dann hat das eine große Wirkung.” Charlotte Pekel
Thomas Losse-Müller (51) verstärkt seit dem 1. April die Geschäftsführung der Stiftung Klimaneutralität. Der Volkswirt und Strategieberater wird die Stiftung im neu gegründeten Sozial-Klimarat vertreten und Projekte der Stiftung im Bereich Industriepolitik, Gesundheit und Sicherheitspolitik verantworten.
Henrik Pontzen (44) ist seit dem 1. April Chief Sustainability Officer (CSO) bei Union Investment. Die Stelle wurde von der Fondsgesellschaft neu geschaffen. Gleichzeitig wird er ESG-Leiter im Portfoliomanagement bleiben. Diese Position bekleidet er seit Anfang 2019.
Astrid Schomaker ist von UN-Generalsekretär António Guterres zur neuen Chefin der Convention on Biological Diversity ernannt worden. Zuvor war sie in verschiedenen Rollen in der EU-Kommission tätig und war unter anderem für die Umsetzung der Agenda 2030 zuständig. Die nächste UN-Konferenz zur Biodiversität, COP 16, findet Ende des Jahres in Kolumbien statt.
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bis Juli hat die Bundesregierung Zeit, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) umzusetzen. Der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf sorgt zurzeit für Bedenken: Anders als von der EU vorgeschlagen sollen nur Wirtschaftsprüfer die CSRD-Reports abnehmen können. Technische Sachverständige wie TÜV und Dekra wittern Klientelpolitik und Wettbewerbsverzerrung. Marc Winkelmann hat sich die Debatte genauer angesehen.
Besonders der Mittelstand hatte in Bezug auf die CSRD immer wieder die Sorge vor zu viel Bürokratie geäußert. Wissenschaftler des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) haben in einer neuen Studie die Auswirkungen des Gesetzes auf mittelständische Unternehmen untersucht. Ihr Ergebnis: Die Berichterstattung eröffnet den Unternehmen auch Chancen. Welche Maßnahmen ihnen den Einstieg erleichtern können, darüber berichtet Carsten Hübner in den News.
“Deutschland ist ein zentraler Knotenpunkt für saubere Technologien” – das verkündet der Brüsseler Thinktank Bruegel anhand der neuen Datenbank “Clean Tech Tracker”. Malte Kreutzfeldt hat die Ergebnisse analysiert.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!
Wenn Joachim Bühler über die Umsetzung der EU-Richtlinie über Nachhaltigkeitsberichtspflichten in Deutschland spricht, ist er freundlich im Ton, spart aber nicht mit Kritik. “Die Politik bevorzugt eine einzelne Branche und baut Oligopolstrukturen auf, die zulasten der gesamten Wirtschaft gehen”, sagt er.
Bühler ist, das muss man wissen, Geschäftsführer des TÜV-Verbands und greift hiermit in erster Linie das FDP-geführte Justizministerium an. Das ist nämlich gerade dabei festzulegen, welche Instanzen CSRD-Berichte künftig abnehmen dürfen. Und der TÜV und andere technische Sachverständige dürfen es, nach aktuellem Stand, nicht. Diese Aufgabe soll ausschließlich Wirtschaftsprüfern vorbehalten sein. So sieht es der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf des Gesetzes vor.
Etwa 15.000 Unternehmen werden in Deutschland unter die von der EU Ende 2022 beschlossene Berichtspflicht fallen, darunter auch zahlreiche Mittelständler; derzeit sind nur etwa 500 große Unternehmen betroffen. Sie müssen umfangreicher als je zuvor erklären, wie nachhaltig sie schon sind und was sie tun, um ihre öko-soziale Bilanz zu verbessern. Die Bundesregierung hat noch bis Anfang Juli Zeit, um die EU-Vorgabe in nationales Recht zu gießen. Aktuell läuft die Anhörung der Verbände. Bis zum 19. April haben sie und ihre Mitglieder die Möglichkeit, sich in den Prozess einzuschalten. Wie es aussieht, werden einige die Chance dazu nutzen.
Geht es um die geforderten Kompetenzen, sieht Joachim Bühler ohnehin keinen Nachteil bei sich. “Unsere weltweiten Testierungen und Berichte sind die Grundlage für Aktionärs- und Investitionsentscheidungen.” Für ihn gibt es keinen Grund, den Markt der Prüfer künstlich zu verknappen, wie er sagt. “Das führt ohne Not zu einer geringeren Auswahl von Prüfern und zu höheren Preisen.” Er verweist darauf, dass die Gesetzgeber in Brüssel diesen Wettbewerbsgedanken hochhalten wollten und in ihrer CSRD-Vorlage nicht nur Wirtschaftsprüfer, sondern auch sogenannte “Independent Assurance Service Provider” (IASP) wie etwa den TÜV vorgesehen haben. Diese Option ist in der deutschen Fassung nun weggefallen.
Christian Sailer, als Vorstand Audit bei KPMG in Deutschland verantwortlich für die Abschlussprüfungen, hält die technischen Zertifizierungen der Konkurrenten für weniger geeignet. Wirtschaftsprüfer hätten eine ganz andere Herangehensweise, sagt er, und diese sei jetzt gefragt, weil sie sich schon bei der Prüfung von Lageberichten und Jahresabschlüssen bewährt habe.
Tatsächlich sieht die CSRD eine Angleichung der Berichte vor. Bestand in der Vergangenheit noch ein Unterschied zwischen finanziellen und nicht-finanziellen Reports, soll dieser künftig behoben werden. Nachhaltigkeit mit ihren vielen Facetten soll so stark wie möglich objektiviert und vergleichbar gemacht werden. Wie bei herkömmlichen finanziellen Kennzahlen. “Die CSRD-Prüfung läuft konzeptionell nach der gleichen Methodik ab, es gibt sogar viele Überschneidungen”, sagt Sailer. In beiden Fällen gehe es darum, mit einer Risikoeinschätzung des jeweiligen Unternehmens zu beginnen. Danach folgt die Analyse der Systeme, die Aufnahme der Prozesse und die Dokumentation der Kontrollen – woraufhin man schließlich die Systeme, Prozesse und Kontrollen prüft.
Dass es dabei zu einer Verknappung der Anbieter kommt, glaubt er nicht. “Gerade Mittelständler werden nicht auf die großen, sondern auf kleinere Prüfungsgesellschaften zugreifen, nämlich genau die, die sie schon bei der Prüfung der finanziellen Informationen begleiten.” Die integrierte Berichterstattung, die ab sofort erforderlich ist, müsse auch eine integrierte Prüfung nach sich ziehen – und kleinere Wirtschaftsprüfer würden sich genauso fit machen für die neuen Bedingungen wie die bekannten Gesellschaften.
Allerdings gibt Sailer zu, dass selbst sein Unternehmen, das zu den größten der Branche zählt, mehr Know-how in den eigenen Reihen braucht. Zu Themen wie Biodiversität oder Wasser beispielsweise hätte er aktuell keine Experten. Das Problem: Auf dem Jobmarkt sind solche Fachleute knapp und gesucht – und das hat womöglich zwei Folgen: Zum einen könnten weniger finanzstarke Prüfungsgesellschaften beim Buhlen um die besten Talente nicht mithalten. Das Risiko für sie, neue Leute einzustellen, auszubilden und durch Aufträge auszulasten, ist hoch. Zum anderen wären kleine und mittelständische Firmen, die zur Testierung ihrer CSRD-Reports verpflichtet sind, letztlich doch auf die großen Player angewiesen.
Für die Dekra ist das ein entscheidender Punkt. “Wir wissen, wie kleine und mittelständische Unternehmen Umwelt- und Energiemanagementsystems leben und kennen die verschiedenen Industrien, weil wir bereits andere Prüfaufträge wahrnehmen”, sagt Senior Vice President Maik Beermann. Außerdem verspricht er: “Wir werden nicht der Preistreiber in diesem Bereich sein. Dieses könnte aber durch den aktuellen Gesetzentwurf passieren.”
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete, der für die Außen- und Regierungsbeziehungen des Unternehmens zuständig ist, hat mit der Nähe zu den Mandanten bei der Bundesregierung schon im vergangenen Jahr für sich geworben. Vergeblich, offenbar. Und für ihn unverständlich. “Wenn jemand Tankstellen mit grünem Wasserstoff betreibt, wäre es gut, Prüfer zu haben, die wissen, was diese Technologie für die Nachhaltigkeit bedeutet und wie die Wirkung gemessen und nachgewiesen wird.” Deshalb hält er es für möglich, dass Wirtschaftsprüfer künftig auf die Dekra zukommen, weil sie eben dieses Know-how benötigen.
Grundsätzlich aber würde er ein anderes Verfahren bevorzugen, nämlich über eine Akkreditierungsnorm, die etwa die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) festlegt und prüft. Jeder, der anschließend CSRD-Berichte abnehmen will, müsste die entsprechende Qualifizierung dort dann nachweisen. “Das wäre leicht und schlank und würde die gleichen Voraussetzungen für alle infrage kommenden Marktteilnehmer bedeuten”, so Beermann.
Argumente wie diese will er in den kommenden Wochen und Monaten nochmal über die Verbändeanhörung und Gespräche mit Parlamentariern einbringen – sie müssen im Bundestag letztlich über das Gesetz entscheiden. Bereits im vergangenen Jahr hatte sich für das Anliegen eine Allianz aus TÜV-Verband und den Verbänden der Chemischen Industrie (VCI), des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA), der Textilindustrie, der Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) und der Wirtschaftsvereinigung Metalle zusammengefunden und einen Brief an Justizminister Marco Buschmann geschickt.
Ob es bei seiner geplanten Regelung bleibt oder nicht – Christian Sailer von KPMG sagt zu, seinen Mandanten mit Augenmaß begegnen zu wollen. “Die Komplexität der Richtlinie ist enorm. Sie trägt das Risiko in sich, Unternehmen zu überfordern”, sagt er. Das müsse man auch in der Prüfung der Berichte berücksichtigen. Klappt das nicht, wächst die Gefahr, dass das Vorhaben, die Wirtschaft nachhaltig umzubauen, scheitert.
Angesichts der Negativ-Meldungen, die zurzeit vielerorts über den Standort Deutschland zu lesen sind, klingt diese Einschätzung durchaus überraschend: “Deutschland ist ein zentraler Knotenpunkt für saubere Technologien” und beherbergt insgesamt und in fast allen betrachteten Technologien die meisten Produktionsstätten. Zu diesem Ergebnis kommt der Brüsseler Thinktank Bruegel auf Grundlage einer neuen Datenbank. In ihr wird die wirtschaftliche Aktivität der europäischen Staaten unter anderem in den Zukunftsbranchen Windkraft, Solarenergie, Wärmepumpen, Batterien und Elektrolyseuren betrachtet.
Tatsächlich liegt Deutschland dort in vielen Technologien an der Spitze. So entfiel Ende 2022 jeweils ein Drittel der insgesamt in der EU installierten Wind- und Solarenergiekapazität auf Deutschland – wo allerdings weniger als ein Fünftel der EU-Bevölkerung lebt. Doch nicht nur in der Nutzung dieser Technologie liegt Deutschland vorn, sondern auch bei den Arbeitsplätzen: 2022 waren in der Windbranche und der Solarbranche der Bruegel-Statistik zufolge jeweils rund 87.000 Menschen tätig. Auch was die Produktionskapazitäten für Wind- und Solaranlagen anbelangt, liegt Deutschland im EU-Vergleich vorn.
Die Zahlen relativieren sich zwar, wenn man sie in Bezug zur Bevölkerungszahl setzt, doch weit über dem EU-Durchschnitt bleibt Deutschland auch dann: Bei der installierten Solar-Leistung pro Kopf liegt das Land auf Platz zwei hinter den Niederlanden. Der deutsche Wert ist dabei mit 0,8 Megawatt pro Kopf doppelt so hoch wie in den deutlich sonnenreicheren Ländern Italien und Spanien. Bei der installierten Wind-Leistung pro Kopf liegt Deutschland hinter den nordeuropäischen EU-Ländern Schweden, Dänemark, Finnland und Irland auf Platz fünf.
Ein gutes Zeugnis stellt Bruegel der Bundesrepublik auch beim Thema Batterien aus: Derzeit sind bei den Produktionskapazitäten zwar Polen, Schweden und Ungarn führend, wo Northvolt, LG sowie Samsung bereits je eine große Fabrik betreiben. Doch wenn in Deutschland die drei im Bau befindlichen Projekte von Northvolt, Volkswagen und CATL fertiggestellt sind, wird sich das ändern. In Deutschland entstehe “ein neuer Schwerpunkt” für Batterien, so Bruegel.
Widersprüchliche Ergebnisse gibt es beim Thema Wärmepumpen: In der Herstellung liegt Deutschland mit 24 Produktionsstandorten hinter Italien auf Platz zwei. Bei der Nutzung ist das Land dagegen weit abgeschlagen: Nur 4,4 Prozent der deutschen Haushalte heizten 2022 mit einer Wärmepumpe. In Finnland liegt dieser Wert dagegen bei 55,5 Prozent, in Schweden bei 46,3 Prozent und in Estland bei 39,5 Prozent. Der Bruegel-Wert für Deutschland unterscheidet sich dabei von den vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) kommunizierten drei Prozent, weil der Brüsseler Thinktank zur besseren Vergleichbarkeit mit einer einheitlichen Haushaltsgröße von 2,2 Personen rechnet.
Eingeschränkt wird die Aussagekraft der Statistik dadurch, dass die meisten Daten nur das Jahr 2022 berücksichtigen. Die rasanten Entwicklungen, die es im Jahr 2023 vor allem bei Wärmepumpen und Solarenergie gab, sind damit noch nicht enthalten. In beiden Feldern hatte Deutschland im vergangenen Jahr neue Rekordwerte erreicht.
Neben den guten Nachrichten zur Entwicklung innerhalb der EU zeigt die Bruegel-Datenbank aber auch, wo die wahre Herausforderung beim Kampf um die grünen Märkte der Zukunft liegt: Ein Vergleich von EU, USA und China zeigt, wie schnell China derzeit davonzieht: Die installierte Leistung bei Wind- und Solarenergie war dort jeweils rund doppelt so hoch wie in der EU. Pro Kopf bedeutet das zwar immer noch einen deutlich geringeren Wert, aber die jüngsten Zuwachsraten lassen erwarten, dass sich das bald ändert.
Noch extremer ist die Entwicklung bei den Produktionskapazitäten und den Arbeitsplätzen: Bei der Solarenergie dominiert China hier bereits klar; beim Wind ist die EU derzeit noch gut aufgestellt, doch auch hier holt China mit großem Tempo auf. Die Produktionskapazitäten von Elektroautos, wo China ebenfalls große Wachstumsraten verzeichnet, werden in der Bruegel-Datenbank bisher nicht abgebildet.
Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung haben Wissenschaftler des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) die Auswirkungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) auf mittelständische Unternehmen untersucht. In ihrer jetzt vorgestellten Studie “Nachhaltigkeit im Mittelstand: Die CSRD als Chance oder Herausforderung?” kommen sie zu dem Ergebnis, dass reduzierte Berichtspflichten und eine vereinfachte Datenerhebung den Einstieg erleichtern könnten.
“Ein solches Vorgehen würde es den Unternehmen ermöglichen, selbst zu entscheiden, welche weitergehenden Nachhaltigkeitsinformationen sie an ihre Stakeholder kommunizieren wollen”, erläutert Markus Rieger-Fels, einer der Autoren der Studie. So könnten Nachhaltigkeitsberichte gezielt an die Möglichkeiten des einzelnen Unternehmens und die individuellen Informationsbedürfnisse der Stakeholder angepasst werden, meint Rieger-Fels.
Die von der EU-Kommission im Jahr 2022 erlassene CSRD zielt darauf ab, den privaten Finanzmärkten Informationen über die Nachhaltigkeit von Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Bisher waren nur börsennotierte Großunternehmen betroffen. Ab 2026 müssen auch viele große mittelständische Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen.
Indirekt sind aber auch viele kleinere, selbst nicht berichtspflichtige Unternehmen von der CSRD betroffen, da sie sich mit einem steigenden Informationsbedarf ihrer berichtspflichtigen Kunden, Lieferanten oder Finanzpartner konfrontiert sehen.
“Die Nachhaltigkeitsberichterstattung eröffnet dem Mittelstand aber auch eine Reihe an Chancen”, betont Fritz Putzhammer, Projektleiter bei der Bertelsmann Stiftung. So könnten die gesammelten Informationen “zur Identifikation von Einsparpotenzialen, zur langfristigen Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells oder zur Identifikation von Innovationspotenzialen genutzt werden”, erläutert Putzhammer.
Weitere Einsatzmöglichkeiten seien die strategische Kommunikation, die Beantragung von Fördermitteln oder die Erfüllung behördlicher Informations- und Dokumentationspflichten, sofern sich staatliche Stellen an den Formaten und Inhalten der Nachhaltigkeitsberichte orientieren würden. ch
Vor allem jüngere Menschen sind davon überzeugt, dass in absehbarer Zeit Technologien zur Verfügung stehen, um den Klimawandel zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom hervor. Demnach gehen 57 Prozent der 16- bis 29-Jährigen davon aus, dass es schon bald technologische Lösungen für die Klimaprobleme geben wird.
Zwar nimmt das Technikvertrauen mit zunehmendem Alter ab. Bei den 30- bis 49-Jährigen ist es aber immer noch fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent), die auf Technologie zur Bewältigung der Klimakrise setzt. Bei den 50- bis 64-Jährigen sind es nur noch 37 Prozent, bei den über 65-Jährigen mit 30 Prozent schließlich weniger als ein Drittel.
Insgesamt sprachen sich laut Bitkom 78 Prozent der Befragten dafür aus, alle verfügbaren digitalen Technologien für den Klima- und Umweltschutz zu nutzen. 73 Prozent sind der Meinung, dass die Folgen des Klimawandels ohne Digitalisierung nicht zu bewältigen sind.
Wie die neue Bitkom-Studie “Klimaeffekte der Digitalisierung 2.0” zeigt, könnte eine beschleunigte Digitalisierung den CO₂-Ausstoß in Deutschland im Jahr 2030 um rund 73 Millionen Tonnen reduzieren. “Die Digitalisierung kann fast ein Viertel zu Deutschlands selbstgesteckten Klimazielen im Jahr 2030 beitragen”, betont Bitkom-Vizepräsidentin Christina Raab. Würde die Digitalisierung dagegen im bisherigen Tempo voranschreiten, könnten nur rund 50 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden, was 16 Prozent des Zielwerts entspräche.
Am 10. April 2024 findet in Berlin der Digital Sustainability Summit des Bitkom statt. Der Digitalverband wurde 1999 gegründet und vertritt nach eigenen Angaben mehr als 2.200 Unternehmen. ch
Das Land Schleswig-Holstein will Kommunen und Verbände dabei unterstützen, mehr Abfälle zu vermeiden und eine Kreislaufwirtschaft zu stärken. Das Landesumweltministerium hat dafür eine Förderrichtlinie und einen Fördertopf mit Mitteln von insgesamt 400.000 Euro vorgestellt. Bis Ende 2026 können förderfähige Projekte bis zu 75.000 Euro vom Land erhalten.
“Wir wollen gezielt Abfallvermeidungsprojekte vor Ort stärken, denn dort entwickeln Projekte eine Wirkung unmittelbar bei den Menschen”
, erklärte Staatssekretär Joschka Knuth. “Deshalb sprechen wir mit dieser Förderrichtlinie speziell die Gemeinden, Ämter und Kreise sowie Vereine und Verbände mit kommunaler Beteiligung an.”
Schleswig-Holstein wolle mit der Förderrichtlinie unter anderem regionale Vorhaben fördern, die sogenannte Zero-Waste-Strategien konzipieren, initiieren und durchführen sollen, hieß es in einer Pressemitteilung. Diese Maßnahmen verlängerten etwa die Nutzungsdauer von Produkten oder führten ausgediente Produkte einem neuen Zweck zu. Auch Konzepte für ehrenamtliche Reparaturtreffen, den Aufbau von Reparaturnetzwerken sowie Initiativen zur Mehrfachnutzung sollen bezuschusst werden. leo
Die kommende Sitzungswoche hält eine Reihe von ESG- und Transformationsthemen bereit.
Montag findet eine öffentliche Anhörung des Verkehrsausschusses zum Antrag “Nationale Hafenstrategie abschließen – Finanzierung verbindlich zusagen” der CDU/CSU-Fraktion statt. Darin fordert die Union unter anderem, die deutschen Häfen zu Drehscheiben der Energiewende und des Ausbaus der On- und Offshore-Windenergie zu machen und für den Import von flüssigen und verflüssigten Energieträgern zu ertüchtigen. Auch soll die Bundesregierung Maßnahmen zur Defossilisierung der Schifffahrt technologieoffen und schiffsgrößenunabhängig fördern und damit die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stärken.
Mittwoch widmet sich der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) in einer öffentlichen Anhörung dem Thema “Agrarökologie und Saatgutbanken”. Es soll diskutiert werden, welchen Beitrag der agrarökologische Ansatz zur Ernährungssicherheit leisten kann und welche Bedeutung Saatgutbanken dabei zukommt.
Am späten Mittwochnachmittag berät der Bundestag in dritter Lesung den Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Potenziale der Geothermie nutzen – Hürden abbauen, Risiken minimieren, Stromsektor entlasten”. Darin spricht sich die Unionsfraktion für eine stärkere Förderung der Nutzung der oberflächennahen Geothermie aus. Kurze Zeit später tagt, wie immer mittwochs, der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung.
Ebenfalls in dritter Lesung wird am Donnerstag der Unionsantrag “Wirtschaftswende jetzt – Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft” beraten. CDU/CSU wollen damit die schwächelnde Konjunktur ankurbeln. Zu den zwölf geforderten Maßnahmen gehört auch die Aussetzung und Überarbeitung des deutschen Lieferkettengesetzes.
Am frühen Abend befasst sich der Bundestag mit zwei Themen mit direktem EU-Bezug. Zum einen geht es um die erste Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten “Ersten Gesetzes zur Änderung des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes”. Hinter dem kompliziert klingenden Titel verbirgt sich im Kern die Ausweitung von Sanktionsmöglichkeiten auf Empfänger von EU-Agrarsubventionen, die bestimmte arbeits-, gesundheits- und sicherheitsrechtliche Vorschriften nicht einhalten. Bisher werden nur Verstöße gegen bestimmte Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) und die Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ-Standards) geahndet.
Anschließend geht es um den Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht. Hier gibt der federführende Umweltausschuss einen Zwischenbericht zum Stand der Beratungen. Ein zentraler Punkt: der zügige Ausbau von Windenergieanlagen an Land und von grünen Elektrolyseuren.
Zum Auftakt der Plenardebatte am Freitag beraten die Abgeordneten in erster Lesung die Ernährungsstrategie der Bundesregierung “Gutes Essen für Deutschland”. Die Strategie soll bis 2050 umgesetzt werden und widmet sich insbesondere der Außer-Haus-Verpflegung. In Kantinen und Mensen, in denen täglich rund 17 Millionen Menschen essen, sollen mehr pflanzliche, saisonale, möglichst regionale und ökologisch erzeugte Produkte auf den Speiseplan kommen. ch
Mercedes soll Gewerkschaftsmitglieder in Alabama drangsaliert haben – Der Spiegel
Die größte US-Autogewerkschaft UAW habe gegen Mercedes Beschwerde nach dem deutschen Lieferkettengesetz eingelegt, berichtet Alexander Demling. Der Vorwurf: Das Unternehmen gehe in seinem Werk in Alabama mit unfairen Methoden gegen Mitarbeiter vor, um zu verhindern, dass diese über die Anerkennung der UAW als ihre Interessenvertretung abstimmen. Zum Artikel
ESG-Risiken beeinflussen Kreditprozesse bislang kaum – Springer Professional
Immer mehr Banken identifizieren ökologische, soziale und Governance-Risiken (ESG) im Rahmen ihres Risikomanagements. Für die Preisgestaltung und in der Kreditvergabepraxis spielen sie nach aktuellen Daten aber oft kaum eine Rolle. Angelika Breinich-Schilly geht davon aus, dass sich dies in Zukunft ändern wird. Zum Artikel
Klimasprint oder Klimaleugnung? Bei der US-Wahl steht viel auf dem Spiel – Der Standard
Wer nach der Wahl im Weißen Haus sitzt, wird auch die internationale Klimapolitik auf Jahre hinaus mitbestimmen, vermuten Philip Pramer und Nora Laufer. Was kommt: grüne Wende oder der Ausbau der Ölförderung? Zum Artikel
Nachhaltiges Anlegen: “Aus Investitionssicht sollten wir uns auf die Dekarbonisierung der Wirtschaft konzentrieren” – Handelszeitung
Nachhaltiges Anlegen ist mehr als ESG, sagt Jennifer Wu von JP Morgan im Interview mit Andreas Minor. Aus ihrer Sicht spielt es aber keine Rolle, wie man es nennt. Wichtig sei die Wirkung. Zum Artikel
USA hängen Europa bei Greentech-Wachstum ab – Handelsblatt
Die USA bauen grüne Technologien deutlich schneller aus als Europa, allein 2023 stiegen die Investitionen um 40 Prozent, schreibt ein Team des Handelsblatts. Der Inflation Reduction Act entfalte einen Sog, der Investitionen in der gesamten Wertschöpfungskette auslöse. Besonders die Autoindustrie profitiere von dem Programm, darunter auch deutsche Autobauer. Zum Artikel
Ghana to raise cocoa farmgate price by up to 50 %, Cocobod says – Reuters
Die Kakaovermarktungsbehörde von Ghana habe angekündigt, den Erzeugerpreis für Kakao um bis zu 50 Prozent zu erhöhen, berichtet Maxwell Akalaare Adombila. Damit sollen Bauern von den sehr hohen Weltmarktpreisen für die Bohne profitieren und vom Schmuggel abgehalten werden. Die Preise haben sich vergangenes Jahr mehr als verdreifacht. Zum Artikel
Umfassende Strategie: So berät die Commerzbank ihre Kunden in Sachen ESG – Finanz Business
Im Interview mit Hauke Rudolph erläutert Wolfgang Vitzthum, Director ESG und Sustainable Finance Solutions bei der Commerzbank, wie Finanzinstitute bei der ESG-Beratung ihrer Kunden vorgehen sollten. Zum Artikel
Der Lithium-Crash – FAZ
Die Lithiumpreise seien seit Ende 2022 um mehr als 80 Prozent abgestürzt, berichtet Marcus Theurer. Dies liege an Überkapazitäten in der Produktion des Batteriemetalls, denn die Verkaufszahlen von E-Autos in Europa und den USA würden heute weniger schnell wachsen als erwartet. Zum Artikel
2019 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Pläne für eine grüne Taxonomie – ein System zur Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten, um Investitionen in diese Bereiche zu lenken. Antje Schneeweiß schrieb kurzerhand ein eigenes Konzept für eine Sozialtaxonomie. “Mir war klar, dass es ein soziales Pendant zur Umwelttaxonomie braucht”, sagt sie heute. Mit einem solchen Regelwerk ließen sich Unternehmen sowie ihre Wirtschaftsaktivitäten und Produkte als sozial einstufen. Investoren könnten besser erkennen, welches Geschäft sich positiv auf die Gesellschaft auswirkt.
Seit 1991 beschäftigt sich die 59-Jährige, die Philosophie studierte, mit dem Thema nachhaltige Geldanlagen. Mehr als zwanzig Jahre lang arbeitete sie beim wissenschaftlichen Institut Südwind. Heute teilt sie sich mit Karin Bassler die Geschäftsführung des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI), einem Zusammenschluss von institutionellen Anlegern der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) für ethisch-nachhaltige Investitionen.
Innerhalb eines Jahres krempelte sich Schneeweiß’ Berufsleben 2019 um: Sie wechselte nicht nur zum AKI und stand nun im direkten Austausch mit institutionellen Anlegern der EKD, statt im Hintergrund Analysen zu schreiben. Gleichzeitig berief die EU-Kommission sie als Leiterin einer Expertengruppe, die Vorschläge für eine Sozialtaxonomie entwickeln sollte. Und sie wurde in den Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung berufen.
Beim AKI bringt Schneeweiß NGOs, Investoren und Unternehmen zu kritischen Gesprächen zusammen. Aktuell ist unter anderem die Umsetzung des Lieferkettengesetzes ein wichtiges Thema. Zu ihrem politischen Engagement kam sie unverhofft, sagt sie. Für die Kirche zu arbeiten, sei ihr dagegen ein persönliches Anliegen.
Schneeweiß gehört zu den wenigen Expertinnen und Experten für sozial-nachhaltige Investitionen. “Im sozialen Bereich muss man oft Verständnis dafür schaffen, dass Kapitalmärkte nicht nur böse sind und sozial Positives bewirken können“, sagt sie und lacht.
Mit ihrem Konzept für eine soziale Taxonomie bewarb sich Schneeweiß 2020 als Mitglied der EU-Plattform für nachhaltiges Finanzwesen. Das Gremium berät die EU-Kommission in der Entwicklung ihrer nachhaltigen Finanzpolitik, vor allem im Hinblick auf die EU-Taxonomie. Als Leiterin der Unterarbeitsgruppe zur sozialen Taxonomie und stellte Schneeweiß im Februar 2022 einen Bericht vor. Darin schlägt das Gremium drei Ziele für eine soziale Taxonomie vor:
Laut dem Bericht gilt ein Unternehmen als sozial nachhaltig und finanzierungswürdig, wenn es soziale Produkte und Dienstleistungen wie Pflegeheime allen Menschen, auch vulnerablen Gruppen, zugänglich macht. Sozial nachhaltig ist auch, wer viel in die Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte investiert.
Die Kommission hat den Bericht bislang nicht bearbeitet, in dieser Legislaturperiode wird sie es wohl kaum noch tun. Grund dafür, so hört man aus Brüssel, sei die Erfahrung mit der grünen Taxonomie. Die Kommission sei gehemmt, nach der hitzigen Debatte über den Delegierten Rechtsakt zu Erdgas– und Atomkraftaktivitäten ein weiteres Taxonomie-Thema auszupacken.
Ein Problem sei, dass die Einhaltung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sich nicht mit Daten messen lässt wie CO₂-Emissionen in der Umwelttaxonomie. “Das ist eine Diskussion, die gerade erst anfängt”, meint Schneeweiß. “Was mich umtreibt, ist dieses massive Ungleichgewicht zwischen Grün und Sozial“, erklärt sie. Pflegeheimen drohten Nachteile bei der Kreditvergabe, wenn nur ökologische Faktoren, nicht aber soziale Vorteile einer Investition berücksichtigt würden.
Eine besonders kontroverse Debatte sorgte auch die Frage, ob Aktivitäten der Rüstungsbranche in die Sozialtaxonomie aufgenommen werden sollten. Die Rüstungsindustrie argumentierte, ihre Produkte seien die Grundlage für die Sicherheit Europas. Die Briefe, die Schneeweiß 2020 als Leiterin der EU-Expertengruppe erhielt, liegen noch heute in ihrem Büro. “Die schrieben mir: Sie sind verantwortlich dafür, dass die Rüstungsindustrie als sozial eingestuft wird“, erzählt sie. “Das war heftig.” Letztendlich nahm das Gremium in seinem Bericht die Branche jedoch nicht mit auf – das Projekt der sozialen Taxonomie hätte sich dadurch unglaubwürdig gemacht, sagte Schneeweiß damals.
Schneeweiß geht es um soziale Gerechtigkeit. Das sei ihr intrinsischer Antrieb. Trotzdem sehe sie sich als Pragmatikerin. Ihre Arbeit sei abstrakt, langwierig, sie müsse viele Interessensgruppen an einen Tisch bringen. “Aber wenn man einmal etwas in Gang bringt am Finanzmarkt, dann hat das eine große Wirkung.” Charlotte Pekel
Thomas Losse-Müller (51) verstärkt seit dem 1. April die Geschäftsführung der Stiftung Klimaneutralität. Der Volkswirt und Strategieberater wird die Stiftung im neu gegründeten Sozial-Klimarat vertreten und Projekte der Stiftung im Bereich Industriepolitik, Gesundheit und Sicherheitspolitik verantworten.
Henrik Pontzen (44) ist seit dem 1. April Chief Sustainability Officer (CSO) bei Union Investment. Die Stelle wurde von der Fondsgesellschaft neu geschaffen. Gleichzeitig wird er ESG-Leiter im Portfoliomanagement bleiben. Diese Position bekleidet er seit Anfang 2019.
Astrid Schomaker ist von UN-Generalsekretär António Guterres zur neuen Chefin der Convention on Biological Diversity ernannt worden. Zuvor war sie in verschiedenen Rollen in der EU-Kommission tätig und war unter anderem für die Umsetzung der Agenda 2030 zuständig. Die nächste UN-Konferenz zur Biodiversität, COP 16, findet Ende des Jahres in Kolumbien statt.
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