Table.Briefing: ESG

Rohstoffpartnerschaften: Erfolg bleibt aus + Leticia Carvalho neue ISA-Generalsekretärin

Liebe Leserin, lieber Leser,

in Zeiten sich verschärfender globaler Krisen und Konflikte gewinnt eine stabile Rohstoffversorgung zunehmend an Bedeutung. Insbesondere die Lieferketten für kritische Rohstoffe sollen resilienter werden. Einen Beitrag dazu könnten Rohstoffpartnerschaften mit sogenannten Wertepartnern leisten. Doch in der Praxis gestalten sie sich oft schwieriger als gedacht, obwohl eigentlich alle dafür sind. Leonie Düngefeld ist der Sache in ihrer Analyse auf den Grund gegangen. 

Eine völlig neue Art der Rohstoffgewinnung ist der Tiefseebergbau. Während Naturschützer darin ein schwer kalkulierbares Risiko sehen, wittern internationale Konzerne bereits gute Geschäfte. Als neue Generalsekretärin der Internationalen Meeresbodenbehörde soll Leticia Carvalho nun Chancen und Risiken abwägen und die Verhandlungen über einen tragfähigen Rechtsrahmen moderieren. Vorschusslorbeeren hat sie dafür bereits von allen Seiten bekommen, berichtet Søren Maas

Unsere Top of the Table sind auf Vorschusslorbeeren schon längst nicht mehr angewiesen. In dieser Ausgabe präsentieren wir die entscheidenden zehn Köpfe der ESG-Szene aus der Verwaltung. Damit sind die Top 100 für diese Runde komplett. Aber heute ist nicht alle Tage… 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen sonnigen Mittwoch! 

Ihr
Carsten Hübner
Bild von Carsten  Hübner

Analyse

Rohstoffpartnerschaften: Weshalb sie nicht den erhofften Erfolg bringen

Coldelco-Kupfermine in Chile: Die Kooperation mit Chile ist aus deutscher Sicht ein Erfolg. Das gilt jedoch nicht für alle Rohstoffpartnerschaften.

Deutsche Unternehmen haben bisher weniger in Rohstoffprojekte in Partnerländern investiert, als die Bundesregierung es sich von den strategischen Kooperationen erhofft hatte. Die Dringlichkeit, die Rohstoffimporte zu diversifizieren, sei in den vergangenen zwei Jahren wieder enorm gesunken, erfuhr Table.Briefings von Insidern.

Für die Transformation ihrer Wirtschaft müssen sich Deutschland und die EU kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Nickel sichern. Zwar soll auch der heimische Abbau und die Weiterverarbeitung hierzulande gestärkt werden. Doch den größten Teil der Rohstoffe und Zwischenprodukte müssen sie weiterhin importieren. Über Partnerschaften und andere Formen der Kooperation mit gleichgesinnten Ländern versuchen Bundesregierung und EU-Kommission, die Abhängigkeit insbesondere von China zu reduzieren, das in wichtigen Teilen der Wertschöpfungsketten beinahe eine Monopolstellung hat. Der EU Critical Raw Materials Act legt fest, dass bis 2030 nicht mehr als 65 Prozent eines kritischen Rohstoffs aus einem einzigen Land bezogen werden darf.

Große Schwierigkeiten bei der Umsetzung

Auf der Grundlage ihrer ersten Rohstoffstrategie von 2010 beschloss die Bundesregierung bereits 2011 eine Kooperation mit der Mongolei, 2012 mit Kasachstan und 2014 mit Peru. 2013 unterschrieb sie außerdem gemeinsam mit Chile eine völkerrechtlich nicht bindende Absichtserklärung. Der Erfolg dieser Partnerschaften blieb aus Sicht verschiedener Akteure jedoch bereits damals hinter den Erwartungen zurück.

In einer Analyse des Thinktanks Adelphi im Auftrag des Umweltbundesamts von 2016 hieß es: “Es zeigte sich, dass ein einheitliches Instrument mit der gleichen bzw. einer sehr ähnlichen Zielsetzung für alle Partnerländer eine große Herausforderung bei der Umsetzung darstellt.” Das anfänglich große Interesse der deutschen Unternehmen hätte über die Jahre immer weiter abgenommen, unter anderem aufgrund von sinkenden Rohstoffpreisen. “So konnte die Politik nur flankieren, aber von den deutschen und partnerländischen Unternehmen keine Kooperationen einfordern.”

Brantner: “Klar durch China gesteuerter Preisverfall”

Heute, mehr als zehn Jahre später, beschreibt Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), eine sehr ähnliche Erfahrung: Seit der Corona-Krise und des Angriffs auf die Ukraine sei zwar das Bewusstsein wieder gewachsen, dass man in die Resilienz seiner Lieferketten investieren müsse. “Diese Bereitschaft droht wieder zu sinken, unter anderem durch einen klar durch China gesteuerten Preisverfall.” Das Problem seien die zyklischen Entwicklungen der Rohstoffpreise. “Vor zehn oder 15 Jahren hatten wir eine ähnliche Situation: Rohstoffe waren teuer, alle wurden zusammengetrommelt in der deutschen Rohstoffallianz”, erklärte Brantner im Gespräch mit Table.Briefings. “Dann gingen die Preise wieder runter und de facto wurde weiter in China gekauft.” So gehe es dann weiter – bis zur nächsten Krise.

Unter Brantners Ägide sollte das Instrument der Rohstoffpartnerschaften in dieser Legislaturperiode frischen Rückenwind erhalten. Im Eckpunktepapier zur Novellierung der Rohstoffstrategie formulierte das BMWK Anfang 2023 das Ziel, bi- und multilaterale Abkommen zur Rohstoffsicherung abzuschließen, insbesondere mit Ländern, die als “Wertepartner” für die Bundesregierung gelten.

Inzwischen bestehen enge Kooperationen mit Australien, Brasilien, Chile, Ghana und Kanada. Die dem BMWK untergeordnete Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe arbeitet mit geologischen Diensten wie der japanischen Rohstoffagentur JOGMEC. Auch die EU-Kommission hat diverse neue Rohstoffpartnerschaften abgeschlossen, neben Serbien zuletzt etwa mit Usbekistan, Argentinien, Namibia und der DR Kongo. Darüber hinaus bestehen multilaterale Kooperationen, etwa über das Minerals Security Partnership.

Investitionen in Partnerländern laufen kaum an

Die Kooperation zwischen dem deutschen Kupferkonzern Aurubis und dem staatlichen Bergbaukonzern Codelco in Chile bezeichnet Brantner als Erfolgsprojekt: Dort sei es den Regierungen gelungen, die Kooperation über eine umweltverträglichere Kupferweiterverarbeitung und gleichzeitig über die Abnahme der Zwischenprodukte zu flankieren. “Das ist eines der Projekte, wo ich sagen würde, da passiert etwas im gegenseitigen Interesse.

In den meisten Partnerländern laufen die Investitionen deutscher Unternehmen jedoch kaum an. “Uns Deutschen stehen in den Partnerländern durchaus die Türen offen“, beschreibt Brantner ihre Erfahrung. Über eine Arbeitsgruppe zu kritischen Rohstoffen schicken etwa kanadische Ministerien detaillierte Informationen zu einzelnen Projekten; das BMWK spiele diese über die Verbände den deutschen Unternehmen zu. “Aber es ist dann natürlich eine Frage der Unternehmensentscheidung, ob man investiert und Off-take-Agreements abschließt und in Joint Ventures einsteigt.”

Wachter: “Die Sensibilität der Unternehmen ist weiterhin hoch”

Hat der Druck, zu diversifizieren, inzwischen wieder nachgelassen? “Ja und Nein”, sagt Matthias Wachter, Abteilungsleiter für Internationale Zusammenarbeit und Rohstoffe beim BDI. “Die Sensibilität ist weiterhin hoch. Die Umsetzung gestaltet sich schwieriger und langwieriger, als viele Unternehmen es gehofft haben.” Zahlreiche Unternehmen hätten gesehen, wie kritisch solche Abhängigkeiten sich im Worst-Case-Szenario auswirken können, und arbeiteten daran, diese zu reduzieren. In der Praxis gestalte sich das Diversifizieren nicht ganz so einfach.

“Um sich Rohstoffe zu sichern, müssen Unternehmen am besten langfristig eng mit Minen kooperieren“, erklärt Wachter. Solche kapitalintensiven Vorhaben scheiterten jedoch oftmals an der Finanzierung. Viele Unternehmen könnten die Risiken nicht vollständig privatwirtschaftlich finanzieren und absichern. Deshalb sei wichtig, dass der geplante Rohstofffonds der Bundesregierung endlich komme, so Wachter. Auch der politische Kontext spiele eine Rolle: Viele Rohstoffe würden in politisch schwierigen Ländern gefördert, etwa Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo. “Rahmenbedingungen wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erschweren zudem ein verstärktes Engagement in rohstoffreichen Entwicklungs- und Schwellenländern.”  

Hinter den Rohstoffpartnerschaften stehe eine gute politische Absicht, sagt Wachter, sie hätten aber bisher nicht den erhofften Erfolg gebracht. Die Kooperationen schienen auf den ersten Blick wie ein “ziemlich gutes Match”: Rohstoffreiche Länder wollen ihre Rohstoffe verkaufen, und wir können Technologie und Infrastruktur einbringen. “Wie das dann im Detail aussieht, bleibt aber offen“, erklärt Wachter. Zudem seien in der Praxis die deutschen Unternehmen, die die Rohstoffe brauchen, oft nicht die gleichen Unternehmen, die Technologie und Infrastruktur liefern könnten.

Partnerschaften brauchen kontextspezifische Analyse

Ähnlich lautet auch die Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung: Die bisherigen Partnerschaften zwischen der EU bzw. einzelnen Mitglied­staaten und Drittländern würden überwiegend auf Absichtserklärungen beruhen. “Eine kontextspezifische Analyse scheint nicht ausreichend erfolgt zu sein”, heißt es in dem Papier von Mai 2024. Ebenso sei unklar, “ob und inwieweit Expertise von Vertreter_innen von Zivilge­ sellschaft,
Gewerkschaften und Wirtschaft eingeflossen ist.” Eine auf das jeweilige Land zugeschnittene Strategie sei erforderlich, die in Zusam­menarbeit mit allen relevanten Stakeholdern, auch der Wirtschaft, entwickelt werde.

In ihren Empfehlungen nennen die Autorinnen unter anderem zwei Aspekte:

  • Da Länder mit reichen Rohstoffvorkommen höherwertige Verarbeitungsstufen im eigenen Land etablieren wollen, sei es entscheidend, dass “Zusagen nach Wert­schöpfungsaufbau und Verlagerung nicht nur rhetori­scher Natur bleiben”. Alle Absichtserklärungen enthielten zwar das Ziel, höhere Wertschöpfung vor Ort zu generieren. Doch wie dies konkret umgesetzt werden solle, scheine bisher unklar.
  • Entscheidend sei auch eine gesicherte Finanzierung für Rohstoffvorhaben. Hier würden Public Private Partnerships und Ausfallgarantien für Kredite als aussichtsreich gelten. Die Bedingungen und Prozesse der von EU und Bundesregierung angekündigten Instrumente (Global Gateway-Programm, Rohstofffonds etc.) seien jedoch undurchsichtig. Zudem sei die Rolle der KfW neu zu justieren.
  • Critical Raw Materials Act
  • CRMA
  • Global Gateway
  • kritische Rohstoffe
  • Rohstoffe
  • Rohstoffstrategie
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Termine

7. August 2024. 9:00-12:30 Uhr, Online und Erfurt
Workshop Leichter Einstieg in das EcoVadis-Erstrating (Veranstalter: Rittweger & Team) Info & Anmeldung

12. August, 15-18 Uhr, Wildpark Eekholt
Infoveranstaltung Mit Nachwuchskräften Nachhaltigkeit in Unternehmen voranbringen (Veranstalter: BAUM e.V.) Info & Anmeldung

12. bis 16. August 2024
Radtour Eine Region im Wandel – Fahrradtour durch das Ruhrgebiet “25 Jahre Industriekultur” (Veranstalter: Konrad-Adenauer-Stiftung) Info & Anmeldung

13. August 2024 10:00-11:30 Uhr, Online
Diskussion Werkzeuge für die treibhausgasneutrale Kommune (Veranstalter: Difu) Info & Anmeldung

17. August 2024, 17:00 – 20:00 Uhr, Kiel
Exkursion Stadtentwicklung in Zeiten der Klimakrise – Wie Grünflächen schützen? (Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung) Info & Anmeldung

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News

Internationale Meeresbodenbehörde: Brasilianerin Carvalho wird neue Generalsekretärin

Leticia Carvalho wird neue Generalsekretärin der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA). Die Staatenversammlung der ISA hat die Brasilianerin als Nachfolgerin von Michael Lodge aus Großbritannien gewählt, der die Behörde seit 2016 leitete. Carvalho tritt ihr Amt zu Beginn des kommenden Jahres an.

Carvalho wird die Verhandlungen der 170 Vertragsparteien der ISA leiten, insbesondere bezüglich eines Rechtsrahmens für möglichen Tiefseebergbau. Mehrere Staaten und Unternehmen planen den Abbau wichtiger Ressourcen auf dem Meeresgrund. Carvalho strebt an, den Prozess zu verlangsamen und Abbaulizenzen erst zu erteilen, wenn das Regelwerk vollständig ist. Im Gegensatz dazu befürwortete ihr Vorgänger Lodge schnelle Genehmigungen und galt als industrienah.

Franziska Brantner (Grüne), die als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium für das Thema verantwortlich ist, meint dazu: “Es ist ein erfreuliches Signal, dass die Behörde ab dem kommenden Jahr von einer ausgewiesenen Expertin aus einem Land des globalen Südens geführt wird.” Das Ministerium vertraue darauf, dass Carvalho die Vertragsparteien der ISA effektiv und sachkundig unterstützen werde.

Positive Resonanz aus Industrie und Zivilgesellschaft

Die Environmental Justice Foundation (EJF) begrüßte ebenfalls Carvalhos Wahl: “Wir gratulieren Leticia Carvalho zu ihrer Wahl als Generalsekretärin der Internationalen Meeresbodenbehörde”, sagte Martin Webeler, der die Tiefseebergbau-Kampagne der NGO leitet. Die EJF unterstützte Carvalhos Forderung nach mehr Transparenz in den Entscheidungsprozessen der ISA

Webeler sagte weiter: “Aus wissenschaftlicher Sicht ist unstrittig, dass Tiefseebergbau weite Teile nahezu unberührter Ökosysteme unseres Planeten unwiderruflich zerstören würde.” Er hoffe auf eine grundlegende Diskussion über den Schutz der Tiefsee.

Das kanadische Unternehmen The Metals Company – ein Vorreiter im Tiefseebergbau – gratulierte Carvalho auf X und schrieb: “Wir sind zuversichtlich, dass unser erstklassiger Umweltdatensatz die Informationen liefern wird, die für die Genehmigung unseres Antrags durch die ISA erforderlich sind, damit wir der erste kommerzielle Betreiber in dieser vielversprechenden Branche werden können.” spm

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Studie: Welches Leitbild braucht die Transformation?

Um eine hohe Lebensqualität bei geringem Ressourcenverbrauch zu ermöglichen, sollte nicht Wirtschaftswachstum, sondern Bedürfnisbefriedigung das Leitbild für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine jetzt veröffentlichte Studie des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS).

Das Leitbild Wirtschaftswachstum behindert den Wandel

“Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen wir die derzeitigen Produktions- und Konsummuster in den vier zentralen Versorgungssystemen Ernährung, Mobilität, Wohnen und Freizeit ändern”, sagt Halliki Kreinin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am RIFS und Erstautorin der Studie. Mit ihrer Forschungsarbeit wollte sie herausfinden, “welche gesellschaftlichen Strukturen den Wandel am meisten behindern”.

Dazu wurden Interviews mit Experten aus Deutschland und vier weiteren EU-Staaten geführt und die Ergebnisse mit Vertretern aus Politik, Zivilgesellschaft, Medien und Think-Tanks diskutiert. Es habe sich gezeigt, so Kreinin, dass die Befragten das Leitbild des Wirtschaftswachstums als größtes Transformationshindernis ansehen. Seine Wirkungsmacht zeige sich allein schon darin, dass es von Akteuren aus allen gesellschaftlichen Bereichen undifferenziert als Handlungsziel übernommen werde.

Einfluss mächtiger Interessengruppen müsste eingedämmt werden

Würde stattdessen das allgemeine Wohlergehen in den Mittelpunkt gestellt, ergäben sich neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Politik. “Zurzeit stehen Klima- und Wirtschaftspolitik häufig im Konflikt miteinander”, sagt Doris Fuchs, Direktorin des RIFS und Ko-Autorin der Studie. Um das zu ändern und eine kohärente Nachhaltigkeitspolitik durchzusetzen, müssten die Regierungen den Einfluss mächtiger Interessengruppen wie der fossilen Industrie zurückdrängen.

Dazu gehöre auch, so die Autoren, das Verschwinden einiger umweltschädlicher Industrien und Technologien in Kauf zu nehmen. Sinnvoll seien zudem ökonomische Anreize für Investitionen in nachhaltige Technologien und Produkte sowie die Einpreisung von Umweltkosten, etwa durch niedrigere Steuern auf Arbeit und höhere Steuern auf den Energieverbrauch. ch

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  • Pariser Klimaabkommen
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  • Wirtschaftswachstum

Verpackungen: Welchen Stellenwert Nachhaltigkeit für Konsumenten hat

Nachhaltigkeit ist den Verbrauchern auch bei der Verpackung von Produkten wichtig. Allerdings sind sie immer weniger bereit, dafür einen Aufpreis zu zahlen. Die internationale Strategieberatung Simon-Kucher führt dies in ihrer aktuellen Studie “Sustainable Product Packaging” darauf zurück, dass recycelte und wiederverwertbare Verpackungen zunehmend als Standard angesehen werden.

Nur noch 64 Prozent der Verbraucher akzeptieren einen Aufpreis

“Für Konsumenten sind nachhaltige Verpackungen bereits heute eine Voraussetzung”, sagt Daniel Bornemann, Senior Partner und Experte für die Papier- und Verpackungsindustrie bei Simon-Kucher. “Hersteller sollten jetzt handeln, um effiziente Lösungen zu entwickeln und dem Trend immer einen Schritt voraus zu sein.”

Laut einer repräsentativen Umfrage, die der Studie zugrunde liegt, sind heute nur 64 Prozent der Befragten bereit, für nachhaltig verpackte Waren mehr zu bezahlen. Im Jahr 2021 waren es noch 83 Prozent. Auch der Aufpreis, den diese Kunden zu zahlen bereit sind, ist leicht gesunken. Mit sechs Prozent des Warenwertes liegt er rund ein Prozent niedriger als noch vor drei Jahren.

CO₂-Bilanz ist Verbrauchern weniger wichtig

Verpackungen aus wiederverwertbaren, recycelten und biologisch abbaubaren Materialien werden von jeweils rund der Hälfte der Befragten klar bevorzugt. 55 Prozent der Verbraucher würden sogar gerne ganz oder weitestgehend auf Verpackungen verzichten. Eine ressourcenschonende Produktion und eine gute CO₂-Bilanz rangieren in der Nachhaltigkeitswahrnehmung hingegen auf den hinteren Plätzen und werden nur von rund einem Drittel der Befragten genannt.

“Die CO₂-Bilanz spielt für Verbraucher seit Jahren nur eine untergeordnete Rolle, wenn es um nachhaltige Verpackungen geht”, sagt Stephanie Sparber, Senior Director bei Simon-Kucher. “Vor allem im Vergleich zu anderen Branchen, wo die CO₂-Bilanz als wichtiges Nachhaltigkeitskriterium gilt. Greifbare Nachhaltigkeits-Attribute wie Recycling fallen bei Verpackungen stärker ins Gewicht.” ch

  • Nachhaltiger Konsum
  • Nachhaltigkeit
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CSRD: Aktieninstitut veröffentlicht Leitfaden zur Umsetzung der ESRS

Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) hat einen Bericht zur Umsetzung der EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) hatte die Kommission im Juli vergangenen Jahres veröffentlicht. Der DAI-Bericht fasst die Erfahrungen seiner Mitglieder bei der Umsetzung der ESRS zusammen. Außerdem gibt er Tipps für Unternehmen, die gemäß der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) berichten müssen.

Künftig werden rund 15.000 deutsche Unternehmen von diesen Anforderungen betroffen sein. Der Bericht zeigt auch, auf welche Herausforderungen die Mitgliedsunternehmen gestoßen sind.

Der DAI-Bericht unterteilt sich in vier Themengebiete:

  • die Bedeutung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse
  • die Erweiterung des Berichtskreises
  • Definitionen zentraler Begriffe der ESRS aus Sicht der Unternehmenspraxis
  • die Implementierung eines internen Kontrollsystems (IKS) nach der CSRD.

Deutschland hinkt bei der Umsetzung der CSRD hinterher

Die CSRD ist Teil des europäischen Green Deal, mit dem die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden sollen. Sie verschärft und vereinheitlicht die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und weitet sie europaweit auf rund 50.000 Unternehmen aus. Die Richtlinie trat im Januar letzten Jahres in Kraft, woraufhin die EU-Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit hatten, sie in nationales Recht umzusetzen. Diese Frist lief am 5. Juli ab.

Weil die deutsche Umsetzung sich um mehrere Monate verzögert hat, hinkt Deutschland bei der Umsetzung im internationalen Vergleich hinterher. Umstritten war vor allem die Frage, wer die CSRD-Berichte prüfen darf. 

Nach dem neuesten Gesetzentwurf zur Umsetzung der CSRD, den die Bundesregierung am 24. Juli beschlossen hat, dürfen ausschließlich Wirtschaftsprüfer CSRD-Berichte testieren. Über diesen Entwurf wird nach der Sommerpause im Bundestag abgestimmt. 

Unternehmen sehen bereits geschäftliche Vorteile in CSRD

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung gewinnt für Unternehmen zunehmend an Bedeutung. In einer Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers  (PwC), die im April und Mai dieses Jahres knapp 550 Geschäftsführungen zur CSRD befragt hat, geben drei Viertel der befragten Unternehmen an, dass sie das Thema Nachhaltigkeit bereits stärker in ihre Entscheidungen miteinbeziehen und in der CSRD-Berichterstattung geschäftliche Vorteile sehen.

Ersten Analysen und Umfragen zufolge erkennt die Mehrheit der Unternehmen den Wert von doppelten Wesentlichkeitsanalysen, die auf objektiven, wissenschaftlichen Daten beruhen. Besonders relevant sind für die befragten Unternehmen die ESRS-Kriterien Klima, eigene Belegschaft und Unternehmenspolitik und -führung. ag

  • Berichtspflichten
  • CSRD
  • Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • Nachhaltigkeitsstandards

Neue Studie: So stark erhöhen Waldschäden den CO₂-Ausstoß im südlichen Amazonas

Der südliche Amazonas-Regenwald stößt durch Waldschädigungen mittlerweile deutlich mehr CO₂ aus, als er aufnimmt. Das zeigt eine Auswertung von detaillierten Luftaufnahmen im Fachmagazin PNAS in den brasilianischen Bundesstaaten Rondônia, Mato Grosso und Pará zwischen 2016 und 2018. Insgesamt entdeckte das Team rund um Ovidiu Csillik vom California Institute of Technology Waldschäden auf 21,6 Prozent der untersuchten Fläche, die 544.300 Quadratkilometer einnimmt (8,2 Prozent des Amazonas-Gebiets). Davon entfielen:

  • 0,7 Prozent auf Holzfällung,
  • 0,7 Prozent auf Kultivierungen für die Landwirtschaft,
  • 2,8 Prozent auf Feuer, die großteils von Menschen entzündet wurden,
  • 14,7 Prozent auf kleinere natürliche und menschengemachte Störungen – darunter 2,7 Prozent auf Sturmschäden.

Waldwachstum reicht nicht zum Ausgleich

Auf 62,1 Prozent der Fläche zeigte sich hingegen keine Änderung zwischen den beiden Aufnahmen, die im Abstand von einem bis eineinhalb Jahren mit dem Flugzeug durchgeführt wurden. Auf 16,3 Prozent der Fläche stellten die Forschenden darüber hinaus ein deutlich erkennbares Waldwachstum fest.

Dieses Waldwachstum bindet zwar 44,1 Millionen Tonnen CO₂ zusätzlich, reicht jedoch nicht, um die 134,6 Millionen Tonnen CO₂ der geschädigten Flächen auszugleichen. Das ergibt auf der untersuchten Fläche zwischen 2016 und 2018 in der Bilanz Emissionen von jährlich 90,5 Millionen Tonnen Kohlenstoff. Nicht berücksichtigt wurde dabei die Kohlenstoffbilanz des Bodens. Allerdings belegen weitere Studien – etwa 2021 in Nature mit Berücksichtigung des Bodens -, dass Teile des Amazonas-Regenwalds zunehmend CO₂ emittieren. Immer öfter wird auch vor einem nahenden Kipppunkt gewarnt, zuletzt etwa in einer Nature-Studie im Februar dieses Jahres. dpa/lb

  • Brasilien
  • Emissionen
  • Regenwald

Must-reads

Umweltbundesamt skeptisch bei Biodiesel – Spiegel
Das UBA ist skeptisch gegenüber der Nutzung von HVO100, um die Treibhausgas-Bilanz in Deutschland zu senken – und widerspricht damit den Prognosen von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), wie Gerald Traufetter berichtet. Der aus altem Speiseöl hergestellte Kraftstoff würde nicht weniger CO₂ emittieren als herkömmlicher Diesel, so das UBA. Problematisch sei auch die Herkunft des Speisefetts – denn weniger als ein Prozent stamme aus Deutschland, der überwiegende Rest aus Asien. Zum Artikel

Klima oder Kohle? – Süddeutsche Zeitung
Viele Arbeitnehmer in Deutschland wünschen sich einen grünen Job – mehr als in Frankreich oder den USA. Das ergibt eine Untersuchung des Jobnetzwerks LinkedIn. Bernd Kramer hat sich die Zahlen angeguckt und kommt zu spannenden Ergebnissen. Fast die Hälfte der Befragten ist nämlich auch bereit, Emissionen des Arbeitgebers zu ignorieren – solange das Gehalt passt. Nur sieben Prozent würden ein lukratives Angebot aus Klimagründen ablehnen.  Zum Artikel

Lieferkettengesetz der EU: Endlich Schluss mit der Ausbeutung? – FAZ
Mit dem Lieferkettengesetz will die EU sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden. Doch viele sehen darin ein bürokratisches Monster. Felix Schwarz ist der Frage nachgegangen, ob das Gesetz für Einzel- und Großhandelsunternehmen auch eine Chance sein kann – etwa, weil Unternehmen generell einen besseren Überblick über ihre Lieferkette bekommen. Zum Artikel

Chile wirbt um deutsche Investoren für seine Lithiumproduktion – Handelsblatt
Chile will seine Lithiumproduktion bis 2030 verdoppeln und die Kooperation mit deutschen Investoren ausbauen, berichtet Alexander Busch. Dafür will der chilenische Wirtschaftsminister Nicolás Grau die Genehmigungsverfahren für Abbaustätten von Lithium vereinfachen. Chile verfügt über fast die Hälfte der weltweiten Lithium-Reserven, der Großteil davon wird in den südamerikanischen Anden durch Verdunstung aus Salzseen gewonnen. Bewohner der Anden fürchten derweil, dass ihr Wasser dadurch immer knapper wird. Zum Artikel

Türkis-grüne Einigung: Ausstieg aus Russen-Gas bis 2027 – Kurier
Österreich soll bis 2027 unabhängig von russischem Erdgas werden. Darauf habe sich die Koalitionsregierung aus ÖVP und Grünen geeinigt, berichten Raffaela Lindorfer und Michael Hammerl. Der Anteil russischen Erdgases in Österreichs Leitungen liegt derzeit noch bei geschätzten 80 bis 90 Prozent. Einen genauen Umsetzungsplan gibt es aber noch nicht. Zum Artikel

Brazil minister warns carbon credit buyers to beware fraud – Financial Times
Die brasilianische Polizei hat Betrugsfälle bei Emissionsausgleichsprojekten im Amazonas-Gebiet aufgedeckt, bei denen Millionen US-Dollar mit dem illegalen Verkauf von Carbon Credits verdient wurden. Die Projekte sollen auf gestohlenen Landflächen stattgefunden und die Rechte der indigenen Bevölkerung verletzt haben. Die brasilianische Umweltministerin Marina Silva warnt internationale Käufer vor weiteren Betrugsfällen und davor, dass diese die Glaubwürdigkeit des Carbon Credit Mechanismus schädigen könnten. Zum Artikel

Podcast: A Radical Reboot of Nuclear Energy – The New York Times
In einer Kohleregion im Südwesten des US-Bundesstaates Wyoming hat die Firma Terra Power mit dem Bau eines ersten Kernkraftwerks der neuen Generation begonnen. Es soll vor allem kleiner und kostengünstiger sein als die Vorgängermodelle. Mit der Fertigstellung wird nicht vor 2030 gerechnet. Brad Plumer berichtet über das Comeback der Atomenergie in den USA und welche Rolle Bill Gates und die Dekarbonisierung der Energieversorgung dabei spielen. Zum Podcast

Podcast: Wie Kreuzfahrten klimaschonender werden sollen – Süddeutsche Zeitung
Kreuzfahrten gelten als Klima-Killer. Trotzdem sind sie so beliebt wie nie – 3,7 Millionen Deutsche haben 2023 so Urlaub gemacht. Welche Maßnahmen ergreifen Anbieter, um ihre Emissionen zu senken? Und warum ist es so schwer zu erfahren, wie klimaschädlich eine Reise wirklich ist? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich Sonja Salzburger und Lea Hampel aus der SZ-Wirtschaftsredaktion im Podcast “Das Thema”. Zum Artikel 

Heads

Die entscheidenden Köpfe der ESG-Szene – Verwaltung

Ingrid-Gabriela Hoven – Vorstandsmitglied, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

Ingrid-Gabriela Hoven ist eine der profiliertesten deutschen Entwicklungsökonominnen. Seit 2020 ist sie Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Dort hat sie dazu beigetragen, Klimathemen ins Zentrum der Entwicklungszusammenarbeit zu rücken. Dahinter steht die Überzeugung, dass der Klimawandel ein wichtiger Treiber für soziale Ungleichheit, Konflikte und Migration ist. Vor ihrer Berufung in den Vorstand der GIZ war sie in verschiedenen Funktionen für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) tätig und vertrat Deutschland von 2010 bis 2014 als Exekutivdirektorin bei der Weltbankgruppe. Heute ist Ingrid-Gabriela Hoven auch Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Energie-Agentur.

Klaus Müller – Präsident, Bundesnetzagentur

Eine sozial-ökologisch transformierte Wirtschaft braucht eine andere Infrastruktur. Für einen großen Teil davon ist Klaus Müller als Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) verantwortlich. Er gilt als Vertrauter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und wacht seit Februar 2022 darüber, dass der Wettbewerb funktioniert und der Ausbau der Energie- und Kommunikationsnetze vorankommt. Das Wächteramt kennt Müller bereits aus seiner Zeit bei der Verbraucherzentrale, die er ab 2006 in Nordrhein-Westfalen und ab 2014 bundesweit geleitet hat. Doch während sich Müller als Verbraucherschützer auch öffentlich mit großen Konzernen angelegt hat, sucht er als Chef der BNetzA eher den Ausgleich. Zum Beispiel bei kniffligen Fragen der Kostenverteilung beim Stromnetzausbau.


Ralph Watzel – Präsident, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 

Wenn es um Nachhaltigkeit geht, verweist Ralph Watzel auf drei Dimensionen, die in Einklang gebracht werden müssen: Ökonomie, Ökologie und Soziales. “In der Abwägung dieser unterschiedlichen Belange entsteht Nachhaltigkeit”, ist er überzeugt. Der promovierte Geologe und Geophysiker ist seit mehr als acht Jahren Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Damit ist er in einem zentralen Bereich der Transformation tätig. Zuletzt hat seine Behörde mit einem Forschungsprojekt in der Lüneburger Heide auf sich aufmerksam gemacht, bei dem es um die Gewinnung von Lithium aus Tiefenwasser geht. Das Leichtmetall ist ein gefragter Rohstoff für die Batterieproduktion. Die Diversifizierung der Bezugsquellen sei wichtig, um die Resilienz zu erhöhen, so Watzel.


Susanne Lottermoser – Abteilungsleiterin, Bundesumweltministerium

Susanne Lottermoser leitet die Abteilung “Transformation – Digitalisierung, Circular Economy, Klimaanpassung” im Bundesumweltministerium (BMUV). Die promovierte Juristin ist Expertin für Umweltrecht und arbeitet seit 1990 im BMUV. Ihre langjährigen Erfahrungen sammelte sie nicht nur im Dialog mit der Wirtschaft, sondern auch auf internationaler Ebene. So begleitete sie unter anderem die Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll vor Ort. Später war sie fast zehn Jahre für Grundsatzfragen der Umweltpolitik zuständig. Dabei spielte die Ökologisierung eine zentrale Rolle. Seit 2022 ist Lottermoser als Abteilungsleiterin unter anderem für zentrale Projekte im Bereich der Kreislaufwirtschaft zuständig, darunter die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie.

Carsten Stender – Abteilungsleiter, Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Carsten Stender war in den letzten Jahren maßgeblich an der Erarbeitung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und den Verhandlungen für eine europäische Lieferkettenrichtlinie beteiligt. Als Leiter der Abteilung “Europäische und Internationale Beschäftigungs- und Sozialpolitik” im Bundesarbeitsministerium sitzt er an einer strategischen Schaltstelle für Wirtschaft, Menschenrechte und Unternehmensverantwortung. Dem Juristen und Politikwissenschaftler wird nachgesagt, einen internationalen Blick zu haben und sehr gut vernetzt zu sein. Von 2017 bis 2019 war er Referatsleiter im Auswärtigen Amt. Zudem hat er viele Jahre als Büroleiter des SPD-Parteivorstands gearbeitet. Stender ist ein enger politischer Weggefährte von Arbeitsminister Hubertus Heil.

Alexander Janz – Abteilungsleiter, Umweltbundesamt

Alexander Janz ist Experte für zirkuläres Wirtschaften. Seit 2021 leitet er die Abteilung “Nachhaltige Produkte und nachhaltiger Konsum, Kreislaufwirtschaft” im Umweltbundesamt (UBA). Für Janz ist wichtig, dass der Wandel hin zu einer zirkulären Wirtschaft deutlich an Fahrt gewinnt. Dafür braucht es aus seiner Sicht mehr Mut in der Politik, die Transformation gemeinsam mit der Wirtschaft und der Bevölkerung voranzutreiben. Vor seiner Tätigkeit beim UBA arbeitete er zwölf Jahre lang für das Bundesumweltministerium im Referat “Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen”. Außerdem hatte der Diplom-Ingenieur für Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik einen Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe.

Tobias Krause – Referatsleiter, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

Tobias Krause ist Referatsleiter “Kontrolle der Sorgfaltspflichten” im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Er gehört zu den Experten im BAFA, die die Voraussetzungen für die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes geschaffen haben – eine Pionierleistung, denn die Behörde ist die erste, die ein so umfassendes Gesetz kontrolliert. Krause kommt aus der Privatwirtschaft, wo er für große Industrieunternehmen in Nordamerika und Asien tätig war. Darüber hinaus hat er Erfahrungen bei der NGO-Arbeit in Ostafrika gesammelt. Er weiß deshalb sowohl um die Dynamiken in Unternehmen als auch was es braucht, damit Menschen in anderen Teilen der Welt gute Arbeitsbedingungen vorfinden.

Torsten Safarik – Geschäftsführer, Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV)

Der Mensch ist das Wichtigste, was es auf der Welt gibt, hatte Torsten Safarik einst als Chef des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erklärt, wo er die Verantwortung für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes trug. Jetzt, seit Juli, ist er der Technische Geschäftsführer der LMBV und nutzt seine Erfahrung, um die Bergbausanierung und den Strukturwandel in Ostdeutschland sozialverträglich und umweltfreundlich zu gestalten. Safarik kehrt damit in die Region zurück, aus der er stammt. Der gebürtige Görlitzer hat Mathematik studiert, in der Regionalentwicklung und im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gearbeitet, bevor er für die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag tätig war. 2019 rückte er an die Spitze des BAFA und verstand sich dort als Partner der Wirtschaft.

Mattia Pellegrini – Referatsleiter, Generaldirektion Umwelt, EU-Kommission

Mattia Pellegrini leitet seit 2019 das Referat “From Waste to Resources” in der Europäischen Kommission. In dieser Rolle hat er unter anderem die Verpackungsverordnung mitkonzipiert – eines der besonders hart umstrittenen Gesetze der vergangenen Legislaturperiode. Darüber hinaus arbeitet Pellegrini an einer Reihe wichtiger Regulierungen, die die Kreislaufwirtschaft in der EU voranbringen sollen. Dazu gehören die WEEE-Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte und die Abfallrahmenrichtlinie. Beide werden derzeit überarbeitet. Insgesamt arbeitet der Experte für EU-Recht bereits seit 16 Jahren für die Kommission in Brüssel. In dieser Zeit war er unter anderem Referatsleiter für Rohstoffe in der Generaldirektion Binnenmarkt.

Aiko Wichmann – Leiter, Vergabe- und Beschaffungszentrum der Stadt Dortmund 

Aiko Wichmann leitet eine der kommunalen Vergabestellen in Deutschland, die als Vorreiter für nachhaltige Beschaffung gelten: das Vergabe- und Beschaffungszentrum der Stadt Dortmund. Hier setzt er sich seit vielen Jahren leidenschaftlich dafür ein, dass die Einkäufe, Produkte und Dienstleistungen der Stadt ökologischen und sozialen Kriterien entsprechen. Das hat Dortmund den Ruf einer Vorzeigestadt für öko-faire Beschaffung eingebracht. Dabei lässt sich Wichmann auch von schwierigen Situationen nicht aufhalten – sei es bei der Überzeugung von Fachabteilungen, dass sich nachhaltige Beschaffung wirtschaftlich rechnet, oder im Dialog mit Unternehmen, die noch Vorbehalte haben, weil sie selbst erst am Anfang der Transformation stehen.

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Research.Table – Entrepreneurship: Was Forscher brauchen, um erfolgreich zu gründen: Für Ausgründungen und Start-ups braucht es mehr Engagement der Hochschulen und der Wirtschaft. Auch die Ausbildung muss sich ändern, damit es künftig mehr Tech-Unternehmer gibt. Zum Artikel

China.Table – Batterie: Wie CATL in sechs Jahren zum größten Auto-Zulieferer werden kann: Noch dominieren deutsche und japanische Zulieferer den Batterie-Markt für E-Autos. Doch China holt auf. Bereits im Jahr 2030 könnte CATL Bosch als größten Zulieferer ablösen. Zum Artikel

Climate.Table – China: Offene Fragen zur neuen Obergrenze für CO₂-Emissionen: China will erstmals eine harte Obergrenze für CO₂-Emissionen festlegen und leitet damit eine “neue Ära in der chinesischen Klimapolitik” ein. Doch es bleiben wichtige Details offen und es fehlt am nötigen Tempo, kritisieren Experten. Zum Artikel

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in Zeiten sich verschärfender globaler Krisen und Konflikte gewinnt eine stabile Rohstoffversorgung zunehmend an Bedeutung. Insbesondere die Lieferketten für kritische Rohstoffe sollen resilienter werden. Einen Beitrag dazu könnten Rohstoffpartnerschaften mit sogenannten Wertepartnern leisten. Doch in der Praxis gestalten sie sich oft schwieriger als gedacht, obwohl eigentlich alle dafür sind. Leonie Düngefeld ist der Sache in ihrer Analyse auf den Grund gegangen. 

    Eine völlig neue Art der Rohstoffgewinnung ist der Tiefseebergbau. Während Naturschützer darin ein schwer kalkulierbares Risiko sehen, wittern internationale Konzerne bereits gute Geschäfte. Als neue Generalsekretärin der Internationalen Meeresbodenbehörde soll Leticia Carvalho nun Chancen und Risiken abwägen und die Verhandlungen über einen tragfähigen Rechtsrahmen moderieren. Vorschusslorbeeren hat sie dafür bereits von allen Seiten bekommen, berichtet Søren Maas

    Unsere Top of the Table sind auf Vorschusslorbeeren schon längst nicht mehr angewiesen. In dieser Ausgabe präsentieren wir die entscheidenden zehn Köpfe der ESG-Szene aus der Verwaltung. Damit sind die Top 100 für diese Runde komplett. Aber heute ist nicht alle Tage… 

    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen sonnigen Mittwoch! 

    Ihr
    Carsten Hübner
    Bild von Carsten  Hübner

    Analyse

    Rohstoffpartnerschaften: Weshalb sie nicht den erhofften Erfolg bringen

    Coldelco-Kupfermine in Chile: Die Kooperation mit Chile ist aus deutscher Sicht ein Erfolg. Das gilt jedoch nicht für alle Rohstoffpartnerschaften.

    Deutsche Unternehmen haben bisher weniger in Rohstoffprojekte in Partnerländern investiert, als die Bundesregierung es sich von den strategischen Kooperationen erhofft hatte. Die Dringlichkeit, die Rohstoffimporte zu diversifizieren, sei in den vergangenen zwei Jahren wieder enorm gesunken, erfuhr Table.Briefings von Insidern.

    Für die Transformation ihrer Wirtschaft müssen sich Deutschland und die EU kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Nickel sichern. Zwar soll auch der heimische Abbau und die Weiterverarbeitung hierzulande gestärkt werden. Doch den größten Teil der Rohstoffe und Zwischenprodukte müssen sie weiterhin importieren. Über Partnerschaften und andere Formen der Kooperation mit gleichgesinnten Ländern versuchen Bundesregierung und EU-Kommission, die Abhängigkeit insbesondere von China zu reduzieren, das in wichtigen Teilen der Wertschöpfungsketten beinahe eine Monopolstellung hat. Der EU Critical Raw Materials Act legt fest, dass bis 2030 nicht mehr als 65 Prozent eines kritischen Rohstoffs aus einem einzigen Land bezogen werden darf.

    Große Schwierigkeiten bei der Umsetzung

    Auf der Grundlage ihrer ersten Rohstoffstrategie von 2010 beschloss die Bundesregierung bereits 2011 eine Kooperation mit der Mongolei, 2012 mit Kasachstan und 2014 mit Peru. 2013 unterschrieb sie außerdem gemeinsam mit Chile eine völkerrechtlich nicht bindende Absichtserklärung. Der Erfolg dieser Partnerschaften blieb aus Sicht verschiedener Akteure jedoch bereits damals hinter den Erwartungen zurück.

    In einer Analyse des Thinktanks Adelphi im Auftrag des Umweltbundesamts von 2016 hieß es: “Es zeigte sich, dass ein einheitliches Instrument mit der gleichen bzw. einer sehr ähnlichen Zielsetzung für alle Partnerländer eine große Herausforderung bei der Umsetzung darstellt.” Das anfänglich große Interesse der deutschen Unternehmen hätte über die Jahre immer weiter abgenommen, unter anderem aufgrund von sinkenden Rohstoffpreisen. “So konnte die Politik nur flankieren, aber von den deutschen und partnerländischen Unternehmen keine Kooperationen einfordern.”

    Brantner: “Klar durch China gesteuerter Preisverfall”

    Heute, mehr als zehn Jahre später, beschreibt Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), eine sehr ähnliche Erfahrung: Seit der Corona-Krise und des Angriffs auf die Ukraine sei zwar das Bewusstsein wieder gewachsen, dass man in die Resilienz seiner Lieferketten investieren müsse. “Diese Bereitschaft droht wieder zu sinken, unter anderem durch einen klar durch China gesteuerten Preisverfall.” Das Problem seien die zyklischen Entwicklungen der Rohstoffpreise. “Vor zehn oder 15 Jahren hatten wir eine ähnliche Situation: Rohstoffe waren teuer, alle wurden zusammengetrommelt in der deutschen Rohstoffallianz”, erklärte Brantner im Gespräch mit Table.Briefings. “Dann gingen die Preise wieder runter und de facto wurde weiter in China gekauft.” So gehe es dann weiter – bis zur nächsten Krise.

    Unter Brantners Ägide sollte das Instrument der Rohstoffpartnerschaften in dieser Legislaturperiode frischen Rückenwind erhalten. Im Eckpunktepapier zur Novellierung der Rohstoffstrategie formulierte das BMWK Anfang 2023 das Ziel, bi- und multilaterale Abkommen zur Rohstoffsicherung abzuschließen, insbesondere mit Ländern, die als “Wertepartner” für die Bundesregierung gelten.

    Inzwischen bestehen enge Kooperationen mit Australien, Brasilien, Chile, Ghana und Kanada. Die dem BMWK untergeordnete Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe arbeitet mit geologischen Diensten wie der japanischen Rohstoffagentur JOGMEC. Auch die EU-Kommission hat diverse neue Rohstoffpartnerschaften abgeschlossen, neben Serbien zuletzt etwa mit Usbekistan, Argentinien, Namibia und der DR Kongo. Darüber hinaus bestehen multilaterale Kooperationen, etwa über das Minerals Security Partnership.

    Investitionen in Partnerländern laufen kaum an

    Die Kooperation zwischen dem deutschen Kupferkonzern Aurubis und dem staatlichen Bergbaukonzern Codelco in Chile bezeichnet Brantner als Erfolgsprojekt: Dort sei es den Regierungen gelungen, die Kooperation über eine umweltverträglichere Kupferweiterverarbeitung und gleichzeitig über die Abnahme der Zwischenprodukte zu flankieren. “Das ist eines der Projekte, wo ich sagen würde, da passiert etwas im gegenseitigen Interesse.

    In den meisten Partnerländern laufen die Investitionen deutscher Unternehmen jedoch kaum an. “Uns Deutschen stehen in den Partnerländern durchaus die Türen offen“, beschreibt Brantner ihre Erfahrung. Über eine Arbeitsgruppe zu kritischen Rohstoffen schicken etwa kanadische Ministerien detaillierte Informationen zu einzelnen Projekten; das BMWK spiele diese über die Verbände den deutschen Unternehmen zu. “Aber es ist dann natürlich eine Frage der Unternehmensentscheidung, ob man investiert und Off-take-Agreements abschließt und in Joint Ventures einsteigt.”

    Wachter: “Die Sensibilität der Unternehmen ist weiterhin hoch”

    Hat der Druck, zu diversifizieren, inzwischen wieder nachgelassen? “Ja und Nein”, sagt Matthias Wachter, Abteilungsleiter für Internationale Zusammenarbeit und Rohstoffe beim BDI. “Die Sensibilität ist weiterhin hoch. Die Umsetzung gestaltet sich schwieriger und langwieriger, als viele Unternehmen es gehofft haben.” Zahlreiche Unternehmen hätten gesehen, wie kritisch solche Abhängigkeiten sich im Worst-Case-Szenario auswirken können, und arbeiteten daran, diese zu reduzieren. In der Praxis gestalte sich das Diversifizieren nicht ganz so einfach.

    “Um sich Rohstoffe zu sichern, müssen Unternehmen am besten langfristig eng mit Minen kooperieren“, erklärt Wachter. Solche kapitalintensiven Vorhaben scheiterten jedoch oftmals an der Finanzierung. Viele Unternehmen könnten die Risiken nicht vollständig privatwirtschaftlich finanzieren und absichern. Deshalb sei wichtig, dass der geplante Rohstofffonds der Bundesregierung endlich komme, so Wachter. Auch der politische Kontext spiele eine Rolle: Viele Rohstoffe würden in politisch schwierigen Ländern gefördert, etwa Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo. “Rahmenbedingungen wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erschweren zudem ein verstärktes Engagement in rohstoffreichen Entwicklungs- und Schwellenländern.”  

    Hinter den Rohstoffpartnerschaften stehe eine gute politische Absicht, sagt Wachter, sie hätten aber bisher nicht den erhofften Erfolg gebracht. Die Kooperationen schienen auf den ersten Blick wie ein “ziemlich gutes Match”: Rohstoffreiche Länder wollen ihre Rohstoffe verkaufen, und wir können Technologie und Infrastruktur einbringen. “Wie das dann im Detail aussieht, bleibt aber offen“, erklärt Wachter. Zudem seien in der Praxis die deutschen Unternehmen, die die Rohstoffe brauchen, oft nicht die gleichen Unternehmen, die Technologie und Infrastruktur liefern könnten.

    Partnerschaften brauchen kontextspezifische Analyse

    Ähnlich lautet auch die Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung: Die bisherigen Partnerschaften zwischen der EU bzw. einzelnen Mitglied­staaten und Drittländern würden überwiegend auf Absichtserklärungen beruhen. “Eine kontextspezifische Analyse scheint nicht ausreichend erfolgt zu sein”, heißt es in dem Papier von Mai 2024. Ebenso sei unklar, “ob und inwieweit Expertise von Vertreter_innen von Zivilge­ sellschaft,
    Gewerkschaften und Wirtschaft eingeflossen ist.” Eine auf das jeweilige Land zugeschnittene Strategie sei erforderlich, die in Zusam­menarbeit mit allen relevanten Stakeholdern, auch der Wirtschaft, entwickelt werde.

    In ihren Empfehlungen nennen die Autorinnen unter anderem zwei Aspekte:

    • Da Länder mit reichen Rohstoffvorkommen höherwertige Verarbeitungsstufen im eigenen Land etablieren wollen, sei es entscheidend, dass “Zusagen nach Wert­schöpfungsaufbau und Verlagerung nicht nur rhetori­scher Natur bleiben”. Alle Absichtserklärungen enthielten zwar das Ziel, höhere Wertschöpfung vor Ort zu generieren. Doch wie dies konkret umgesetzt werden solle, scheine bisher unklar.
    • Entscheidend sei auch eine gesicherte Finanzierung für Rohstoffvorhaben. Hier würden Public Private Partnerships und Ausfallgarantien für Kredite als aussichtsreich gelten. Die Bedingungen und Prozesse der von EU und Bundesregierung angekündigten Instrumente (Global Gateway-Programm, Rohstofffonds etc.) seien jedoch undurchsichtig. Zudem sei die Rolle der KfW neu zu justieren.
    • Critical Raw Materials Act
    • CRMA
    • Global Gateway
    • kritische Rohstoffe
    • Rohstoffe
    • Rohstoffstrategie
    Translation missing.

    Termine

    7. August 2024. 9:00-12:30 Uhr, Online und Erfurt
    Workshop Leichter Einstieg in das EcoVadis-Erstrating (Veranstalter: Rittweger & Team) Info & Anmeldung

    12. August, 15-18 Uhr, Wildpark Eekholt
    Infoveranstaltung Mit Nachwuchskräften Nachhaltigkeit in Unternehmen voranbringen (Veranstalter: BAUM e.V.) Info & Anmeldung

    12. bis 16. August 2024
    Radtour Eine Region im Wandel – Fahrradtour durch das Ruhrgebiet “25 Jahre Industriekultur” (Veranstalter: Konrad-Adenauer-Stiftung) Info & Anmeldung

    13. August 2024 10:00-11:30 Uhr, Online
    Diskussion Werkzeuge für die treibhausgasneutrale Kommune (Veranstalter: Difu) Info & Anmeldung

    17. August 2024, 17:00 – 20:00 Uhr, Kiel
    Exkursion Stadtentwicklung in Zeiten der Klimakrise – Wie Grünflächen schützen? (Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung) Info & Anmeldung

    Translation missing.

    News

    Internationale Meeresbodenbehörde: Brasilianerin Carvalho wird neue Generalsekretärin

    Leticia Carvalho wird neue Generalsekretärin der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA). Die Staatenversammlung der ISA hat die Brasilianerin als Nachfolgerin von Michael Lodge aus Großbritannien gewählt, der die Behörde seit 2016 leitete. Carvalho tritt ihr Amt zu Beginn des kommenden Jahres an.

    Carvalho wird die Verhandlungen der 170 Vertragsparteien der ISA leiten, insbesondere bezüglich eines Rechtsrahmens für möglichen Tiefseebergbau. Mehrere Staaten und Unternehmen planen den Abbau wichtiger Ressourcen auf dem Meeresgrund. Carvalho strebt an, den Prozess zu verlangsamen und Abbaulizenzen erst zu erteilen, wenn das Regelwerk vollständig ist. Im Gegensatz dazu befürwortete ihr Vorgänger Lodge schnelle Genehmigungen und galt als industrienah.

    Franziska Brantner (Grüne), die als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium für das Thema verantwortlich ist, meint dazu: “Es ist ein erfreuliches Signal, dass die Behörde ab dem kommenden Jahr von einer ausgewiesenen Expertin aus einem Land des globalen Südens geführt wird.” Das Ministerium vertraue darauf, dass Carvalho die Vertragsparteien der ISA effektiv und sachkundig unterstützen werde.

    Positive Resonanz aus Industrie und Zivilgesellschaft

    Die Environmental Justice Foundation (EJF) begrüßte ebenfalls Carvalhos Wahl: “Wir gratulieren Leticia Carvalho zu ihrer Wahl als Generalsekretärin der Internationalen Meeresbodenbehörde”, sagte Martin Webeler, der die Tiefseebergbau-Kampagne der NGO leitet. Die EJF unterstützte Carvalhos Forderung nach mehr Transparenz in den Entscheidungsprozessen der ISA

    Webeler sagte weiter: “Aus wissenschaftlicher Sicht ist unstrittig, dass Tiefseebergbau weite Teile nahezu unberührter Ökosysteme unseres Planeten unwiderruflich zerstören würde.” Er hoffe auf eine grundlegende Diskussion über den Schutz der Tiefsee.

    Das kanadische Unternehmen The Metals Company – ein Vorreiter im Tiefseebergbau – gratulierte Carvalho auf X und schrieb: “Wir sind zuversichtlich, dass unser erstklassiger Umweltdatensatz die Informationen liefern wird, die für die Genehmigung unseres Antrags durch die ISA erforderlich sind, damit wir der erste kommerzielle Betreiber in dieser vielversprechenden Branche werden können.” spm

    • International
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    • Ozeane
    • Rohstoffe
    • Tiefseebergbau

    Studie: Welches Leitbild braucht die Transformation?

    Um eine hohe Lebensqualität bei geringem Ressourcenverbrauch zu ermöglichen, sollte nicht Wirtschaftswachstum, sondern Bedürfnisbefriedigung das Leitbild für die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine jetzt veröffentlichte Studie des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS).

    Das Leitbild Wirtschaftswachstum behindert den Wandel

    “Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen wir die derzeitigen Produktions- und Konsummuster in den vier zentralen Versorgungssystemen Ernährung, Mobilität, Wohnen und Freizeit ändern”, sagt Halliki Kreinin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am RIFS und Erstautorin der Studie. Mit ihrer Forschungsarbeit wollte sie herausfinden, “welche gesellschaftlichen Strukturen den Wandel am meisten behindern”.

    Dazu wurden Interviews mit Experten aus Deutschland und vier weiteren EU-Staaten geführt und die Ergebnisse mit Vertretern aus Politik, Zivilgesellschaft, Medien und Think-Tanks diskutiert. Es habe sich gezeigt, so Kreinin, dass die Befragten das Leitbild des Wirtschaftswachstums als größtes Transformationshindernis ansehen. Seine Wirkungsmacht zeige sich allein schon darin, dass es von Akteuren aus allen gesellschaftlichen Bereichen undifferenziert als Handlungsziel übernommen werde.

    Einfluss mächtiger Interessengruppen müsste eingedämmt werden

    Würde stattdessen das allgemeine Wohlergehen in den Mittelpunkt gestellt, ergäben sich neue Möglichkeiten für eine nachhaltige Politik. “Zurzeit stehen Klima- und Wirtschaftspolitik häufig im Konflikt miteinander”, sagt Doris Fuchs, Direktorin des RIFS und Ko-Autorin der Studie. Um das zu ändern und eine kohärente Nachhaltigkeitspolitik durchzusetzen, müssten die Regierungen den Einfluss mächtiger Interessengruppen wie der fossilen Industrie zurückdrängen.

    Dazu gehöre auch, so die Autoren, das Verschwinden einiger umweltschädlicher Industrien und Technologien in Kauf zu nehmen. Sinnvoll seien zudem ökonomische Anreize für Investitionen in nachhaltige Technologien und Produkte sowie die Einpreisung von Umweltkosten, etwa durch niedrigere Steuern auf Arbeit und höhere Steuern auf den Energieverbrauch. ch

    • Klimakrise
    • Pariser Klimaabkommen
    • Transformation
    • Wachstum
    • Wirtschaftswachstum

    Verpackungen: Welchen Stellenwert Nachhaltigkeit für Konsumenten hat

    Nachhaltigkeit ist den Verbrauchern auch bei der Verpackung von Produkten wichtig. Allerdings sind sie immer weniger bereit, dafür einen Aufpreis zu zahlen. Die internationale Strategieberatung Simon-Kucher führt dies in ihrer aktuellen Studie “Sustainable Product Packaging” darauf zurück, dass recycelte und wiederverwertbare Verpackungen zunehmend als Standard angesehen werden.

    Nur noch 64 Prozent der Verbraucher akzeptieren einen Aufpreis

    “Für Konsumenten sind nachhaltige Verpackungen bereits heute eine Voraussetzung”, sagt Daniel Bornemann, Senior Partner und Experte für die Papier- und Verpackungsindustrie bei Simon-Kucher. “Hersteller sollten jetzt handeln, um effiziente Lösungen zu entwickeln und dem Trend immer einen Schritt voraus zu sein.”

    Laut einer repräsentativen Umfrage, die der Studie zugrunde liegt, sind heute nur 64 Prozent der Befragten bereit, für nachhaltig verpackte Waren mehr zu bezahlen. Im Jahr 2021 waren es noch 83 Prozent. Auch der Aufpreis, den diese Kunden zu zahlen bereit sind, ist leicht gesunken. Mit sechs Prozent des Warenwertes liegt er rund ein Prozent niedriger als noch vor drei Jahren.

    CO₂-Bilanz ist Verbrauchern weniger wichtig

    Verpackungen aus wiederverwertbaren, recycelten und biologisch abbaubaren Materialien werden von jeweils rund der Hälfte der Befragten klar bevorzugt. 55 Prozent der Verbraucher würden sogar gerne ganz oder weitestgehend auf Verpackungen verzichten. Eine ressourcenschonende Produktion und eine gute CO₂-Bilanz rangieren in der Nachhaltigkeitswahrnehmung hingegen auf den hinteren Plätzen und werden nur von rund einem Drittel der Befragten genannt.

    “Die CO₂-Bilanz spielt für Verbraucher seit Jahren nur eine untergeordnete Rolle, wenn es um nachhaltige Verpackungen geht”, sagt Stephanie Sparber, Senior Director bei Simon-Kucher. “Vor allem im Vergleich zu anderen Branchen, wo die CO₂-Bilanz als wichtiges Nachhaltigkeitskriterium gilt. Greifbare Nachhaltigkeits-Attribute wie Recycling fallen bei Verpackungen stärker ins Gewicht.” ch

    • Nachhaltiger Konsum
    • Nachhaltigkeit
    • Recycling
    • Verpackungen

    CSRD: Aktieninstitut veröffentlicht Leitfaden zur Umsetzung der ESRS

    Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) hat einen Bericht zur Umsetzung der EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) hatte die Kommission im Juli vergangenen Jahres veröffentlicht. Der DAI-Bericht fasst die Erfahrungen seiner Mitglieder bei der Umsetzung der ESRS zusammen. Außerdem gibt er Tipps für Unternehmen, die gemäß der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) berichten müssen.

    Künftig werden rund 15.000 deutsche Unternehmen von diesen Anforderungen betroffen sein. Der Bericht zeigt auch, auf welche Herausforderungen die Mitgliedsunternehmen gestoßen sind.

    Der DAI-Bericht unterteilt sich in vier Themengebiete:

    • die Bedeutung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse
    • die Erweiterung des Berichtskreises
    • Definitionen zentraler Begriffe der ESRS aus Sicht der Unternehmenspraxis
    • die Implementierung eines internen Kontrollsystems (IKS) nach der CSRD.

    Deutschland hinkt bei der Umsetzung der CSRD hinterher

    Die CSRD ist Teil des europäischen Green Deal, mit dem die Nachhaltigkeitsziele erreicht werden sollen. Sie verschärft und vereinheitlicht die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und weitet sie europaweit auf rund 50.000 Unternehmen aus. Die Richtlinie trat im Januar letzten Jahres in Kraft, woraufhin die EU-Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit hatten, sie in nationales Recht umzusetzen. Diese Frist lief am 5. Juli ab.

    Weil die deutsche Umsetzung sich um mehrere Monate verzögert hat, hinkt Deutschland bei der Umsetzung im internationalen Vergleich hinterher. Umstritten war vor allem die Frage, wer die CSRD-Berichte prüfen darf. 

    Nach dem neuesten Gesetzentwurf zur Umsetzung der CSRD, den die Bundesregierung am 24. Juli beschlossen hat, dürfen ausschließlich Wirtschaftsprüfer CSRD-Berichte testieren. Über diesen Entwurf wird nach der Sommerpause im Bundestag abgestimmt. 

    Unternehmen sehen bereits geschäftliche Vorteile in CSRD

    Die Nachhaltigkeitsberichterstattung gewinnt für Unternehmen zunehmend an Bedeutung. In einer Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers  (PwC), die im April und Mai dieses Jahres knapp 550 Geschäftsführungen zur CSRD befragt hat, geben drei Viertel der befragten Unternehmen an, dass sie das Thema Nachhaltigkeit bereits stärker in ihre Entscheidungen miteinbeziehen und in der CSRD-Berichterstattung geschäftliche Vorteile sehen.

    Ersten Analysen und Umfragen zufolge erkennt die Mehrheit der Unternehmen den Wert von doppelten Wesentlichkeitsanalysen, die auf objektiven, wissenschaftlichen Daten beruhen. Besonders relevant sind für die befragten Unternehmen die ESRS-Kriterien Klima, eigene Belegschaft und Unternehmenspolitik und -führung. ag

    • Berichtspflichten
    • CSRD
    • Nachhaltigkeitsberichterstattung
    • Nachhaltigkeitsstandards

    Neue Studie: So stark erhöhen Waldschäden den CO₂-Ausstoß im südlichen Amazonas

    Der südliche Amazonas-Regenwald stößt durch Waldschädigungen mittlerweile deutlich mehr CO₂ aus, als er aufnimmt. Das zeigt eine Auswertung von detaillierten Luftaufnahmen im Fachmagazin PNAS in den brasilianischen Bundesstaaten Rondônia, Mato Grosso und Pará zwischen 2016 und 2018. Insgesamt entdeckte das Team rund um Ovidiu Csillik vom California Institute of Technology Waldschäden auf 21,6 Prozent der untersuchten Fläche, die 544.300 Quadratkilometer einnimmt (8,2 Prozent des Amazonas-Gebiets). Davon entfielen:

    • 0,7 Prozent auf Holzfällung,
    • 0,7 Prozent auf Kultivierungen für die Landwirtschaft,
    • 2,8 Prozent auf Feuer, die großteils von Menschen entzündet wurden,
    • 14,7 Prozent auf kleinere natürliche und menschengemachte Störungen – darunter 2,7 Prozent auf Sturmschäden.

    Waldwachstum reicht nicht zum Ausgleich

    Auf 62,1 Prozent der Fläche zeigte sich hingegen keine Änderung zwischen den beiden Aufnahmen, die im Abstand von einem bis eineinhalb Jahren mit dem Flugzeug durchgeführt wurden. Auf 16,3 Prozent der Fläche stellten die Forschenden darüber hinaus ein deutlich erkennbares Waldwachstum fest.

    Dieses Waldwachstum bindet zwar 44,1 Millionen Tonnen CO₂ zusätzlich, reicht jedoch nicht, um die 134,6 Millionen Tonnen CO₂ der geschädigten Flächen auszugleichen. Das ergibt auf der untersuchten Fläche zwischen 2016 und 2018 in der Bilanz Emissionen von jährlich 90,5 Millionen Tonnen Kohlenstoff. Nicht berücksichtigt wurde dabei die Kohlenstoffbilanz des Bodens. Allerdings belegen weitere Studien – etwa 2021 in Nature mit Berücksichtigung des Bodens -, dass Teile des Amazonas-Regenwalds zunehmend CO₂ emittieren. Immer öfter wird auch vor einem nahenden Kipppunkt gewarnt, zuletzt etwa in einer Nature-Studie im Februar dieses Jahres. dpa/lb

    • Brasilien
    • Emissionen
    • Regenwald

    Must-reads

    Umweltbundesamt skeptisch bei Biodiesel – Spiegel
    Das UBA ist skeptisch gegenüber der Nutzung von HVO100, um die Treibhausgas-Bilanz in Deutschland zu senken – und widerspricht damit den Prognosen von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), wie Gerald Traufetter berichtet. Der aus altem Speiseöl hergestellte Kraftstoff würde nicht weniger CO₂ emittieren als herkömmlicher Diesel, so das UBA. Problematisch sei auch die Herkunft des Speisefetts – denn weniger als ein Prozent stamme aus Deutschland, der überwiegende Rest aus Asien. Zum Artikel

    Klima oder Kohle? – Süddeutsche Zeitung
    Viele Arbeitnehmer in Deutschland wünschen sich einen grünen Job – mehr als in Frankreich oder den USA. Das ergibt eine Untersuchung des Jobnetzwerks LinkedIn. Bernd Kramer hat sich die Zahlen angeguckt und kommt zu spannenden Ergebnissen. Fast die Hälfte der Befragten ist nämlich auch bereit, Emissionen des Arbeitgebers zu ignorieren – solange das Gehalt passt. Nur sieben Prozent würden ein lukratives Angebot aus Klimagründen ablehnen.  Zum Artikel

    Lieferkettengesetz der EU: Endlich Schluss mit der Ausbeutung? – FAZ
    Mit dem Lieferkettengesetz will die EU sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden. Doch viele sehen darin ein bürokratisches Monster. Felix Schwarz ist der Frage nachgegangen, ob das Gesetz für Einzel- und Großhandelsunternehmen auch eine Chance sein kann – etwa, weil Unternehmen generell einen besseren Überblick über ihre Lieferkette bekommen. Zum Artikel

    Chile wirbt um deutsche Investoren für seine Lithiumproduktion – Handelsblatt
    Chile will seine Lithiumproduktion bis 2030 verdoppeln und die Kooperation mit deutschen Investoren ausbauen, berichtet Alexander Busch. Dafür will der chilenische Wirtschaftsminister Nicolás Grau die Genehmigungsverfahren für Abbaustätten von Lithium vereinfachen. Chile verfügt über fast die Hälfte der weltweiten Lithium-Reserven, der Großteil davon wird in den südamerikanischen Anden durch Verdunstung aus Salzseen gewonnen. Bewohner der Anden fürchten derweil, dass ihr Wasser dadurch immer knapper wird. Zum Artikel

    Türkis-grüne Einigung: Ausstieg aus Russen-Gas bis 2027 – Kurier
    Österreich soll bis 2027 unabhängig von russischem Erdgas werden. Darauf habe sich die Koalitionsregierung aus ÖVP und Grünen geeinigt, berichten Raffaela Lindorfer und Michael Hammerl. Der Anteil russischen Erdgases in Österreichs Leitungen liegt derzeit noch bei geschätzten 80 bis 90 Prozent. Einen genauen Umsetzungsplan gibt es aber noch nicht. Zum Artikel

    Brazil minister warns carbon credit buyers to beware fraud – Financial Times
    Die brasilianische Polizei hat Betrugsfälle bei Emissionsausgleichsprojekten im Amazonas-Gebiet aufgedeckt, bei denen Millionen US-Dollar mit dem illegalen Verkauf von Carbon Credits verdient wurden. Die Projekte sollen auf gestohlenen Landflächen stattgefunden und die Rechte der indigenen Bevölkerung verletzt haben. Die brasilianische Umweltministerin Marina Silva warnt internationale Käufer vor weiteren Betrugsfällen und davor, dass diese die Glaubwürdigkeit des Carbon Credit Mechanismus schädigen könnten. Zum Artikel

    Podcast: A Radical Reboot of Nuclear Energy – The New York Times
    In einer Kohleregion im Südwesten des US-Bundesstaates Wyoming hat die Firma Terra Power mit dem Bau eines ersten Kernkraftwerks der neuen Generation begonnen. Es soll vor allem kleiner und kostengünstiger sein als die Vorgängermodelle. Mit der Fertigstellung wird nicht vor 2030 gerechnet. Brad Plumer berichtet über das Comeback der Atomenergie in den USA und welche Rolle Bill Gates und die Dekarbonisierung der Energieversorgung dabei spielen. Zum Podcast

    Podcast: Wie Kreuzfahrten klimaschonender werden sollen – Süddeutsche Zeitung
    Kreuzfahrten gelten als Klima-Killer. Trotzdem sind sie so beliebt wie nie – 3,7 Millionen Deutsche haben 2023 so Urlaub gemacht. Welche Maßnahmen ergreifen Anbieter, um ihre Emissionen zu senken? Und warum ist es so schwer zu erfahren, wie klimaschädlich eine Reise wirklich ist? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich Sonja Salzburger und Lea Hampel aus der SZ-Wirtschaftsredaktion im Podcast “Das Thema”. Zum Artikel 

    Heads

    Die entscheidenden Köpfe der ESG-Szene – Verwaltung

    Ingrid-Gabriela Hoven – Vorstandsmitglied, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

    Ingrid-Gabriela Hoven ist eine der profiliertesten deutschen Entwicklungsökonominnen. Seit 2020 ist sie Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Dort hat sie dazu beigetragen, Klimathemen ins Zentrum der Entwicklungszusammenarbeit zu rücken. Dahinter steht die Überzeugung, dass der Klimawandel ein wichtiger Treiber für soziale Ungleichheit, Konflikte und Migration ist. Vor ihrer Berufung in den Vorstand der GIZ war sie in verschiedenen Funktionen für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) tätig und vertrat Deutschland von 2010 bis 2014 als Exekutivdirektorin bei der Weltbankgruppe. Heute ist Ingrid-Gabriela Hoven auch Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Energie-Agentur.

    Klaus Müller – Präsident, Bundesnetzagentur

    Eine sozial-ökologisch transformierte Wirtschaft braucht eine andere Infrastruktur. Für einen großen Teil davon ist Klaus Müller als Präsident der Bundesnetzagentur (BNetzA) verantwortlich. Er gilt als Vertrauter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und wacht seit Februar 2022 darüber, dass der Wettbewerb funktioniert und der Ausbau der Energie- und Kommunikationsnetze vorankommt. Das Wächteramt kennt Müller bereits aus seiner Zeit bei der Verbraucherzentrale, die er ab 2006 in Nordrhein-Westfalen und ab 2014 bundesweit geleitet hat. Doch während sich Müller als Verbraucherschützer auch öffentlich mit großen Konzernen angelegt hat, sucht er als Chef der BNetzA eher den Ausgleich. Zum Beispiel bei kniffligen Fragen der Kostenverteilung beim Stromnetzausbau.


    Ralph Watzel – Präsident, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 

    Wenn es um Nachhaltigkeit geht, verweist Ralph Watzel auf drei Dimensionen, die in Einklang gebracht werden müssen: Ökonomie, Ökologie und Soziales. “In der Abwägung dieser unterschiedlichen Belange entsteht Nachhaltigkeit”, ist er überzeugt. Der promovierte Geologe und Geophysiker ist seit mehr als acht Jahren Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Damit ist er in einem zentralen Bereich der Transformation tätig. Zuletzt hat seine Behörde mit einem Forschungsprojekt in der Lüneburger Heide auf sich aufmerksam gemacht, bei dem es um die Gewinnung von Lithium aus Tiefenwasser geht. Das Leichtmetall ist ein gefragter Rohstoff für die Batterieproduktion. Die Diversifizierung der Bezugsquellen sei wichtig, um die Resilienz zu erhöhen, so Watzel.


    Susanne Lottermoser – Abteilungsleiterin, Bundesumweltministerium

    Susanne Lottermoser leitet die Abteilung “Transformation – Digitalisierung, Circular Economy, Klimaanpassung” im Bundesumweltministerium (BMUV). Die promovierte Juristin ist Expertin für Umweltrecht und arbeitet seit 1990 im BMUV. Ihre langjährigen Erfahrungen sammelte sie nicht nur im Dialog mit der Wirtschaft, sondern auch auf internationaler Ebene. So begleitete sie unter anderem die Verhandlungen zum Kyoto-Protokoll vor Ort. Später war sie fast zehn Jahre für Grundsatzfragen der Umweltpolitik zuständig. Dabei spielte die Ökologisierung eine zentrale Rolle. Seit 2022 ist Lottermoser als Abteilungsleiterin unter anderem für zentrale Projekte im Bereich der Kreislaufwirtschaft zuständig, darunter die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie.

    Carsten Stender – Abteilungsleiter, Bundesministerium für Arbeit und Soziales

    Carsten Stender war in den letzten Jahren maßgeblich an der Erarbeitung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und den Verhandlungen für eine europäische Lieferkettenrichtlinie beteiligt. Als Leiter der Abteilung “Europäische und Internationale Beschäftigungs- und Sozialpolitik” im Bundesarbeitsministerium sitzt er an einer strategischen Schaltstelle für Wirtschaft, Menschenrechte und Unternehmensverantwortung. Dem Juristen und Politikwissenschaftler wird nachgesagt, einen internationalen Blick zu haben und sehr gut vernetzt zu sein. Von 2017 bis 2019 war er Referatsleiter im Auswärtigen Amt. Zudem hat er viele Jahre als Büroleiter des SPD-Parteivorstands gearbeitet. Stender ist ein enger politischer Weggefährte von Arbeitsminister Hubertus Heil.

    Alexander Janz – Abteilungsleiter, Umweltbundesamt

    Alexander Janz ist Experte für zirkuläres Wirtschaften. Seit 2021 leitet er die Abteilung “Nachhaltige Produkte und nachhaltiger Konsum, Kreislaufwirtschaft” im Umweltbundesamt (UBA). Für Janz ist wichtig, dass der Wandel hin zu einer zirkulären Wirtschaft deutlich an Fahrt gewinnt. Dafür braucht es aus seiner Sicht mehr Mut in der Politik, die Transformation gemeinsam mit der Wirtschaft und der Bevölkerung voranzutreiben. Vor seiner Tätigkeit beim UBA arbeitete er zwölf Jahre lang für das Bundesumweltministerium im Referat “Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen”. Außerdem hatte der Diplom-Ingenieur für Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik einen Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe.

    Tobias Krause – Referatsleiter, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

    Tobias Krause ist Referatsleiter “Kontrolle der Sorgfaltspflichten” im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Er gehört zu den Experten im BAFA, die die Voraussetzungen für die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes geschaffen haben – eine Pionierleistung, denn die Behörde ist die erste, die ein so umfassendes Gesetz kontrolliert. Krause kommt aus der Privatwirtschaft, wo er für große Industrieunternehmen in Nordamerika und Asien tätig war. Darüber hinaus hat er Erfahrungen bei der NGO-Arbeit in Ostafrika gesammelt. Er weiß deshalb sowohl um die Dynamiken in Unternehmen als auch was es braucht, damit Menschen in anderen Teilen der Welt gute Arbeitsbedingungen vorfinden.

    Torsten Safarik – Geschäftsführer, Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV)

    Der Mensch ist das Wichtigste, was es auf der Welt gibt, hatte Torsten Safarik einst als Chef des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erklärt, wo er die Verantwortung für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes trug. Jetzt, seit Juli, ist er der Technische Geschäftsführer der LMBV und nutzt seine Erfahrung, um die Bergbausanierung und den Strukturwandel in Ostdeutschland sozialverträglich und umweltfreundlich zu gestalten. Safarik kehrt damit in die Region zurück, aus der er stammt. Der gebürtige Görlitzer hat Mathematik studiert, in der Regionalentwicklung und im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gearbeitet, bevor er für die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag tätig war. 2019 rückte er an die Spitze des BAFA und verstand sich dort als Partner der Wirtschaft.

    Mattia Pellegrini – Referatsleiter, Generaldirektion Umwelt, EU-Kommission

    Mattia Pellegrini leitet seit 2019 das Referat “From Waste to Resources” in der Europäischen Kommission. In dieser Rolle hat er unter anderem die Verpackungsverordnung mitkonzipiert – eines der besonders hart umstrittenen Gesetze der vergangenen Legislaturperiode. Darüber hinaus arbeitet Pellegrini an einer Reihe wichtiger Regulierungen, die die Kreislaufwirtschaft in der EU voranbringen sollen. Dazu gehören die WEEE-Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte und die Abfallrahmenrichtlinie. Beide werden derzeit überarbeitet. Insgesamt arbeitet der Experte für EU-Recht bereits seit 16 Jahren für die Kommission in Brüssel. In dieser Zeit war er unter anderem Referatsleiter für Rohstoffe in der Generaldirektion Binnenmarkt.

    Aiko Wichmann – Leiter, Vergabe- und Beschaffungszentrum der Stadt Dortmund 

    Aiko Wichmann leitet eine der kommunalen Vergabestellen in Deutschland, die als Vorreiter für nachhaltige Beschaffung gelten: das Vergabe- und Beschaffungszentrum der Stadt Dortmund. Hier setzt er sich seit vielen Jahren leidenschaftlich dafür ein, dass die Einkäufe, Produkte und Dienstleistungen der Stadt ökologischen und sozialen Kriterien entsprechen. Das hat Dortmund den Ruf einer Vorzeigestadt für öko-faire Beschaffung eingebracht. Dabei lässt sich Wichmann auch von schwierigen Situationen nicht aufhalten – sei es bei der Überzeugung von Fachabteilungen, dass sich nachhaltige Beschaffung wirtschaftlich rechnet, oder im Dialog mit Unternehmen, die noch Vorbehalte haben, weil sie selbst erst am Anfang der Transformation stehen.

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