Table.Briefing: ESG

IG Metall-Vorsitzende zur Industrietransformation: „Wir haben nur noch einen Schuss frei“ + Kickl als Kanzler: So könnte Österreich beim Green Deal agieren

Liebe Leserin, lieber Leser,

“Nachhaltigkeit erfordert Mut” heißt es in einem Thesenpapier, welches das Unternehmensnetzwerk Econsense am Donnerstag anlässlich seines 25-jährigen Bestehens veröffentlicht hat. Als 19 CEOs großer Konzerne damals das Netzwerk gründeten, sei dies “mutig gewesen”, weil Nachhaltigkeit allenfalls ein Nischenthema war. Aber dem Netzwerk ist klar, dass es nun ebenfalls Mut bedarf, um Kurs zu halten. Denn heute würden “Nachhaltigkeitsziele in politischen Debatten infrage gestellt”. Das Netzwerk sieht Nachhaltigkeit als eine Gemeinschaftsaufgabe, für die es “verlässliche Spielregeln” für Staaten, Unternehmen und die einzelnen Menschen brauche.

US-Präsident Donald Trump räumt gerade ESG-Spielregeln in den USA in großem Stil ab. Aber auch im Nachbarland Österreich stehen sinnvolle Hilfestellungen für Unternehmen und Gesellschaft wieder zur Disposition. Lukas Bayer berichtet in unserer heutigen Ausgabe über die Pläne der voraussichtlich künftigen Regierung von FPÖ und ÖVP

Wie kompliziert und gleichzeitig unabdingbar in Zeiten der Transformation wegweisende gesellschaftliche Entscheidungen sind, zeigt Christiane Grefe mit Blick auf die Nutzungskonflikte um Boden auf.

Mut und richtige Spielregeln braucht es auch von der Politik, um die richtigen Entscheidungen für die Transformation der deutschen Wirtschaft in der notwendigen Eile zu bewältigen. “Wir haben nur noch einen Schuss frei”, sagte mir die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner im Interview. 

Ihr
Caspar Dohmen
Bild von Caspar  Dohmen

Interview

IG Metall-Vorsitzende zur Industrietransformation: “Wir haben nur noch einen Schuss frei”

Christiane Benner, Vorsitzende der IG Metall.

Sind Politik und Wirtschaft auf Kurs, um die Dekarbonisierung in Deutschland erfolgreich voranzutreiben? 
Politik, Unternehmen und Gewerkschaften sollten gemeinsam einen Weg in Richtung Klimaneutralität finden. Wir brauchen hier ein wirtschaftliches Wachstumsprojekt. Ideen dafür liegen reichlich auf dem Tisch. Aber im Moment verfolgen leider nicht alle Parteien diesen Weg konsequent. Vor allem vom rechten Rand wird gegen die Dekarbonisierung polemisiert. 

Anhand welcher Kriterien beurteilen Sie die Wahlprogramme der Parteien? 
Für uns als IG Metall steht im Mittelpunkt, dass wir unsere industrielle Struktur im Lande behalten. Dafür müsste die Politik energieintensive Unternehmen im Bereich der Energiekosten unterstützen. Wir müssen schnell die Elektromobilität hochfahren, dazu braucht es eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur und ein sozial ausgestaltetes Förderpaket für den Kauf von E-Autos. Außerdem brauchen wir für Bürgerinnen und Bürger eine soziale Abfederung der Transformation, beispielsweise durch ein Klimageld. Ein Kriterium ist auch: Erreichen die Ideen und die Politiker die Menschen in diesem Land?  

Welche Parteien erfüllen ihre Kriterien am besten? 
Positiv ist, dass alle demokratischen Parteien die Bedeutung von Industrie und Industriearbeitsplätzen für unseren Wohlstand und unsere Wachstumschancen anerkennen. Und dass es eine Einsicht gibt, dass sich schnell etwas ändern muss. Es gibt aber Unterschiede bei den Konsequenzen. Wie soll die Transformation finanziert werden? Und es fehlen konkrete Ideen, wie wir schneller in die Umsetzung kommen.  

Woran denken Sie? 
Wir benötigen ein besseres Innnovations- und Investitionsklima für Unternehmen. Deswegen sollte sich die nächste Bundesregierung damit beschäftigen, wie sie die Stimmung bei Unternehmen, gerade auch bei den Familienunternehmen, fördern kann, damit diese sagen: Ich glaube an den Standort und investiere hier. Es geht dabei auch darum, die Möglichkeiten der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz zu nutzen, um produktiver zu werden. 

Was wäre wichtig, um die Familienunternehmen im Land zu halten?  
Bei den energieintensiven Unternehmen geht es um Kalkulier- und Planbarkeit der Energiekosten. Das ist kompliziert, aber notwendig. Die Gesellschaft kann die Kosten für den Aufbau notwendiger neuer Infrastrukturen für Windenergie, Solarenergie und Wasserstoff nicht vollständig auf die Unternehmen abwälzen. Ansonsten können die Unternehmen nicht wettbewerbsfähig produzieren. In anderen Ländern gibt es bereits einen geförderten Industriestrompreis. Den brauchen wir auch bei uns – zumindest übergangsweise, bis genügend günstiger Strom aus Erneuerbaren zur Verfügung steht. Nur so können wir diese Industrie hier halten, insbesondere auch die Grundstoffindustrien wie den Stahl. 

Braucht es für den Aufbau von Kapazitäten für hiesigen grünen Stahl mehr Schutz durch die EU?  
Auf jeden Fall. Für uns als Gewerkschaft ist es auch inakzeptabel, unter welchen Bedingungen der Stahl in China gefertigt wird. Dort ist das Niveau für Umweltschutz- oder Arbeitsstandards wesentlich niedriger ist als bei uns. Es ist naiv zu glauben, dass unter den Bedingungen des freien Handels der Handel fair und auf Augenhöhe funktionieren kann. Wir sollten aber nicht generell die Grenzen dichtmachen, sondern uns genau überlegen, wo wir unter Umständen gezielte Schutzmaßnahmen für Industrien brauchen, die Produkte herstellen, die wir in Deutschland und Europa halten wollen. Es geht um Zukunftsprojekte, wie sie Mario Draghi in seinem Report für die EU-Kommission beschrieben hat. 

Was zählt für Sie dazu? 
In der Automobilindustrie definitiv die Batterie mit ihrer kompletten Wertschöpfung, angefangen von der Forschung zur Zellchemie bis zur Produktion. Wenn uns das nicht gelingt, bleiben wir abhängig von asiatischen Lieferanten. 

An Subventionen würden Sie trotz der Startschwierigkeiten bei geförderten Projekten wie Northvolt festhalten? 
Ja. Aber der Aufbau ist nicht so einfach. Das könnte aber auch unser deutscher Maschinenbau machen. Es ist ärgerlich, wenn einige Batteriefabriken mit chinesischen Maschinen ausgestattet werden, anstatt unsere eigenen Hersteller zu stärken. 

Fehlt hier ein strategischer Blick in der Industrie selbst? 
Das würde ich schon sagen. Wir brauchen hier einen gemeinsamen Blick von Wirtschaft und Politik. Hilfreich wäre es beispielsweise, stärker über Konsortien nachzudenken, die die Dinge mal von A bis Z durchdeklinieren. Wenn wir das mit Digitalisierung und KI verbinden, könnte uns das einen Produktivitätsschub geben. Und damit hätten wir womöglich auch wieder etwas, was wir erfolgreich exportieren könnten.  

Es gibt viele negative Nachrichten über die deutsche Wirtschaft, gibt es Projekte, die Sie gerade auch mit Blick auf die Transformation optimistisch stimmen? 
Nehmen sie den Bau der Tesla-Fabrik in Grünheide. Wir haben gerade im Pharmabereich Ansiedlungen. Nehmen sie die Entscheidung von Microsoft für Quantencomputing in Jülich. Oft spielen für Unternehmen die hiesigen Fachkräfte eine Rolle für solche Entscheidungen. Und es gibt Unternehmen, die gezielt in Regionen gehen, wo gerade Fachkräfte freiwerden, etwa durch die Transformation in der Autoindustrie. 

Haben Sie den Eindruck, mit der Wirtschaft in Deutschland geht es bergab?  
Nein. Ich habe eine Vorstellung davon, wie wir perspektivisch die Wirtschaft am Laufen halten und gute Beschäftigung hier sichern können. Deswegen bin ich optimistisch. Wir müssen aber jetzt richtig abbiegen. Ich glaube, wir haben nur noch einen Schuss frei. Wir müssen uns beeilen. Ich rede dabei nicht über fünf Jahre, es muss deutlich schneller gehen. 

Und wenn Deutschland nun richtig abbiegt, wie lange braucht es, damit wieder mehr Unternehmen in der Spitze mitspielen? 
Ich antworte einmal umgekehrt: Wenn wir falsch abbiegen und etwa in den Bereichen Digitalisierung und Batterien nicht vorwärtskommen, dann sehe ich schwarz für unsere Automobilindustrie. Wir müssen uns hier auch unbedingt um unsere Zulieferstruktur kümmern. Im Autobereich gibt es massive Finanzierungsprobleme. Die Banken geben denen keine Kredite mehr. Damit verliert unsere Autoindustrie die Struktur, die sie ja so stark gemacht hat. Und wenn wir den Industriestrompreis nicht kriegen, sehe ich schwarz für die energieintensiven Grundstoffindustrien. 

Das gesamte Interview mit der IG Metall-Vorsitzenden Christiane Benner hören Sie am Samstag ab 6 Uhr im Table.Today. Themen sind unter anderem der Umbau von VW, Sozialpartnerschaft und die sozial-ökologische Transformation.

  • Autoindustrie
  • Elektromobilität
  • Transformation
Translation missing.

Analyse

Kickl als Kanzler: So könnte Österreich bei Green Deal und Nachhaltigkeit agieren

Am Donnerstag verhandelten FPÖ und ÖVP im Parlament in Wien weiter in der Untergruppe Finanzen und Steuern.

Vom bisherigen Superressort – dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – dürfte in Österreich bald nicht mehr viel übrig sein. Der Umsetzung des Green Deals droht ein herber Rückschlag, besonders durch die Kürzung von Transformationsförderungen. Darauf deuten Wahlversprechen sowie Personal- und Budgetentscheidungen hin, die von der rechtspopulistischen FPÖ und der konservativen ÖVP in den letzten Tagen getroffen wurden. 

Seit Montag tagen sie in Untergruppen, um Detailfragen zu klären. Ein straffer Sparplan gibt den Rahmen vor: Österreich muss im laufenden Jahr 6,4 Milliarden Euro einsparen, um ein EU-Defizitverfahren abzuwenden. Das soll ohne zusätzliche Steuereinnahmen gelingen, versprachen beide Parteien. 

Die größten Einsparungen betreffen Umweltförderungen, sie sollen um 20 Prozent gekürzt werden. Die Verwaltung der Bundesministerien erhält rund 1,1 Milliarden Euro weniger. Details zu den Ministerposten sind bislang nicht bekannt, einigen Verhandlern werden jedoch gute Chancen eingeräumt. Einzig Jürgen Streitner (ÖVP) bringt hier als Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik bei der Wirtschaftskammer Erfahrungen im Umweltbereich in die Verhandlungen ein. Die Themen Umwelt- und Klimaschutz werden gemeinsam mit der Landwirtschaft verhandelt, unter der Leitung des Bauernbund-Präsidenten Georg Strasser (ÖVP). Das deute darauf hin, dass die Umsetzung des Green Deals wieder zwischen dem Landwirtschaftsministerium und weiteren Ministerien aufgeteilt werde, sagt Katharina Rogenhofer vom Kontext-Institut für Klimafragen. 

Umsetzung des Green Deals wackelt  

Diese Depriorisierung der Klima- und Nachhaltigkeitsagenden bedroht die nationale Umsetzung des Green Deals. Die letzte Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hatte Österreich zuvor erstmals auf den Zielpfad gebracht: Aktuelle Zahlen des Umweltbundesamts zeigen für das Jahr 2023 einen Rückgang der Emissionen um 6,5 Prozent. Allerdings sinken die Brutto-Emissionen kaum, wie Daniel Huppmann vom IIASA-Institut auf LinkedIn schreibt, “weil wir Wald und Boden als Senke verlieren”. Zentral für Fortschritte wäre hier die Umsetzung der EU-Renaturierungsverordnung. Das Parlament hatte sie vor einem halben Jahr dank Österreichs Zustimmung verabschiedet – und trotz Protesten der ÖVP

Die FPÖ möchte die Verordnung nun wieder “aufheben”, wie sie im Wahlprogramm schreibt. Im EU-Parlament hatte sie gegen alle Rechtsakte des Green Deals gestimmt und angekündigt, Österreich von ihm “zu befreien”. Großteils sei das Populismus, meint Rogenhofer. “Was auf EU-Ebene beschlossen wurde, können sie nicht zurückdrehen.” Allerdings könnte eine künftige FPÖ-ÖVP-Regierung weitere EU-Gesetze blockieren, im europäischen Rat die Verhandlungen um Maßnahmen des Clean Industrial Deal erschweren und die nationale Umsetzung verzögern.

Kreislaufwirtschaft als Chance  

Während sowohl FPÖ als auch ÖVP das Lieferkettengesetz stets ablehnten und eine Entbürokratisierung und Deregulierung fordern, spielte die Kreislaufwirtschaft im Wahlkampf kaum eine Rolle. “Würde eine nächste Bundesregierung sehr wirtschaftlich denken, sollte sie darauf setzen”, sagt Rogenhofer. “Ressourcen werden immer knapper, zudem wären Filtertechnologien und Aufbereitungsanlagen ein gewinnbringendes Exportgut.”  

Österreich habe nicht viele industrielle Alleinstellungsmerkmale, sagt Rogenhofer, aber im Recycling und der Ressourcenaufbereitung sei man sehr fortschrittlich aufgestellt. Beim Recycling von Glas-, Papier und Metallverpackungen liegt Österreich dem Klimaschutzministerium zufolge im EU-Spitzenfeld, bei Plastik sollen die EU-Vorgaben durch das kürzlich gestartete Pfandsystem erfüllt werden. Seit zwei Jahren gibt es zudem einen Reparaturbonus, der bis zu 50 Prozent bei Reparaturen von Elektrogeräten fördert. Die EU-Richtlinie zum “Recht auf Reparatur” muss von der künftigen Bundesregierung bis Juli 2026 umgesetzt werden.  

Verkehr und Industrie könnten EU-Klimaziele verfehlen  

Anders sieht es in den Bereichen Verkehr und Industrie aus. Wie sich die geplanten Kürzungen klimapolitisch auswirken werden, könne man noch nicht abschätzen, sagt Margit Schratzenstaller, Senior Economist beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Aber sie würden die Erreichung der Klimaziele “erschweren”. Damit drohen Österreich Strafzahlungen in Milliardenhöhe, wie eine Studie des WIFO zeigt.

Die Verhandler von ÖVP und FPÖ planen bei wichtigen klimapolitischen Projekten weitere Einschnitte: 

  • Wegfallen soll unter anderem der Klimabonus, mit dem Belastungen aus der CO₂-Steuer ausgeglichen werden, 
  • ebenso das Gratis-Klimaticket für 18-Jährige, 
  • Förderungen für den Heizkesseltausch und der Transformationsfonds für die Industrie werden gekürzt, und 
  • Photovoltaik-Anlagen verlieren ebenso wie E-Autos einige Steuerbegünstigungen. 

Christian Pesau, Geschäftsführer des Verbands der Automobilimporteure in der Industriellenvereinigung, bezeichnet die Streichung der Förderung für E-Autos als “kontraproduktiv”. Aufgrund der EU-weiten Flottengrenzwerte sei es “für die Automobilindustrie unerlässlich, dass E-Fahrzeuge auf die Straße gebracht werden“. Im Verkehrssektor sind die Emissionen seit 1990 um mehr als 50 Prozent gestiegen und sie sinken nur langsam. Anders als auf nationaler Ebene müssen gegenüber der EU aber Sektorziele eingehalten werden. FPÖ und ÖVP sprechen sich zudem ähnlich wie die Union in Deutschland für eine Rücknahme des Verbrenner-Aus aus.

Auch der milliardenschwere Transformationsfonds für die Industrie ist von den Kürzungen betroffen. Österreichs größter Stahlerzeuger Voestalpine AG, der 16 Prozent des nationalen CO₂-Ausstoßes verursacht, erhält daraus 90 Millionen Euro zur Förderung von grünem Stahl. Offen bleibt, wie es mit dem Fonds weitergeht. Weder FPÖ noch ÖVP beantworteten eine entsprechende Anfrage von Table.Briefings. “Die Koalitionspartner würden sich selbst schaden, wenn sie die Förderungen zurücknehmen”, warnt Rogenhofer. Arbeitsplätze würden wegfallen, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit geschwächt werden.

Kürzungen treffen Energiebranche unterschiedlich stark  

Sie kritisiert zudem die “Stop-and-go-Politik” bei Windkraft, Photovoltaik und Heizungstausch. Die fehlende Planungssicherheit sei destruktiv für den Standort und sie gefährde die Ziele des Green Deals. Im Bundesland Kärnten initiierte die FPÖ etwa eine Volksbefragung, bei der sich eine knappe Mehrheit für ein Windkraftverbot aussprach. Damit könnte die Erreichung der Ziele beim Windkraftausbau weiter in die Ferne rücken, denn auch die ÖVP hatte zuletzt notwendige Gesetze blockiert

Im Bereich der Photovoltaik könnte die Befreiung von der Umsatzsteuer wegfallen. Eine “verkraftbare” Sparmaßnahme, sagt Rogenhofer, denn “PV-Anlagen haben sich am Markt gut etabliert”. Die Einschnitte bei der Förderung zum Heizungstausch würden hingegen Aufträge und Arbeitsplätze gefährden. 2025 dürfte noch ein gutes Jahr für die Branche werden, vermutet Richard Freimüller, Präsident des Verbands Wärmepumpe Austria. Schon jetzt müssten aber einige Installateure bestellte Wärmepumpen wieder stornieren. “Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Förderungen so abrupt eingestellt werden“, sagt Freimüller.

Anstatt weiter bei diesen Förderungen zu sparen, empfiehlt Schratzenstaller ähnlich wie Rogenhofer, “klimakontraproduktive Steuerausnahmen abzuschaffen“. Im nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) hatte Österreich der EU dargelegt, durch einen schrittweisen Abbau jährlich zwei Millionen Tonnen CO₂ einsparen zu wollen. So ließen sich nicht nur Strafzahlungen und der Zukauf von Emissionszertifikaten vermeiden, auch könnte das Budget konsolidiert werden. Berechnungen des Kontext-Instituts zeigen, dass allein durch eine Reform von Pendlerförderung, Dieselprotektionismus und Dienstwagenprivileg jährlich eine Milliarde Euro und mindestens 764.000 Tonnen CO₂-Äquivalente gespart werden könnten.

  • EU-Renaturierungsgesetz
  • Green Deal
  • Österreich
  • Recht auf Reparatur
  • Transformation
Translation missing.

Konkurrenz um Böden: So könnte der Konflikt Landwirtschaft vs. Klimaschutz entschärft werden

Agri-Photovoltaik Testanlage in Rheinland-Pfalz: Lässt sich so der Zielkonflikt um die Bodennutzung entschärfen?

In den Debatten um Klimakrise, Artensterben und eine zukunftsfähige Landwirtschaft, wie sie auch jetzt wieder auf der Grünen Woche stattfinden, wird ein Faktor oft verdrängt: die Konkurrenz um Flächen. Äcker und Weiden sind die Basis jedes landwirtschaftlichen Betriebs. Zugleich ist der Boden die Existenzgrundlage aller Bürgerinnen und Bürger: ein Gemeingut.

Diese nicht erneuerbare Ressource ist heftig umkämpft. Man braucht sie für den Ausbau der erneuerbaren Energien, im Naturschutz und der Landwirtschaft, für Wohn- und Verkehrsflächen, die Entwicklung von Stadt und Land. Immer öfter tritt auch Grün gegen Grün an, wenn es um die alten Fragen geht: Wem gehört das Land, und wer darf es wofür nutzen? Aber es gibt auch Ideen, um die Konflikte zu entschärfen.

Welche Interessen um den Boden kämpfen

  • Die politischen Vorgaben für den Bau neuer Windkraft- und Photovoltaikanlagen könnten laut dem Thünen-Institut bis zum Jahr 2030 mehr als 100.000 Hektar Land erfordern. Der Flächenbedarf von Batterie- und Chipfabriken kommt noch hinzu.
  • Die gleichen Flächen werden oft von bäuerlichen Betrieben und der Agrarindustrie reklamiert, zum Beispiel für Getreideanbau, Milch- und Fleischprodukte oder Energiepflanzen – bald auch, um Rohstoffe für eine grünere Chemie zu gewinnen.
  • Eine Ökologisierung der Agrarproduktion benötigt Land für mehr Weiden, biologischen Landbau, Bäume, Hecken, Lerchenfelder, Hügel. Moore müssen wieder vernässt werden, um CO₂ zu speichern statt zu emittieren, und fallen dann meist für den Anbau von Lebens- und Futtermitteln aus. 30 Prozent der Fläche sollen in unterschiedlicher Intensität dem Naturschutz dienen.
  • Bei Wäldern und Forsten spitzen sich Nutzungskonflikte zwischen Holzindustrie, Klima- und Artenschützern ebenfalls zu.
  • Auch Wohnungen, Straßen und Gewerbegebiete beanspruchen große Flächen. Immer mehr Böden werden versiegelt. Derzeit werden 52 Hektar täglich als neue Verkehrs- und Siedlungsflächen ausgewiesen – obwohl sich die Bundesregierungen seit Jahren zum Ziel gesetzt haben, neue Erschließungen auf maximal 30 Hektar pro Tag zu senken. Das sollte schon 2020 erreicht worden sein. Doch 2018 wurde die Zielmarke auf 2030 verschoben.
  • Ausgleichsflächen für den Naturschutz, die den Flächenverbrauch kompensieren sollen, sind immer schwieriger zu finden.
  • Die Landwirtschaft zieht noch öfter den Kürzeren. Allein zwischen 1992 und 2021 gingen mit über einer Million Hektar rund sieben Prozent der Äcker und Weiden verloren – und die Entwicklung schreitet weiter voran.

Hinzu kommt: Der Boden ist auch nicht gesund, sondern vielerorts verdichtet, durch Agrargifte geschädigt, ausgelaugt, vertrocknet. Dabei ist die Vielfalt der Organismen im Erdreich wichtig für eine gesunde Ernährung, die Biodiversität an der Oberfläche und auch für mehr Klimaschutz. Je lebendiger die Böden sind, desto besser bauen sie Humus auf, speichern sie Kohlenstoff, kühlen sie, säubern und versickern sie Wasser, mildern sie Hochwasserkatastrophen ab.

Steigende Bodenpreise auch durch die Energiewende

Die Konkurrenz führt dazu, dass die Preise für Grund und Boden laufend steigen. In den vergangenen zwölf Jahren haben sich die Preise für Agrarflächen in Westdeutschland verdoppelt, in Ostdeutschland teils mehr als vervierfacht. Allein 2021 verteuerten sie sich im Bundesdurchschnitt um 10,3 Prozent auf 29.545 Euro je Hektar. 2023 waren es schon 33.400 Euro.

Wie hoch Bodenpreise klettern, wird von vielen Faktoren bestimmt, doch in manchen Regionen spielt die Energiewende eine zentrale Rolle. Bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen etwa rechnen Investoren mit so hohen Renditen, dass sie dafür teils exorbitante Kauf- oder Pachtpreise auf den Tisch legen. Oft können landwirtschaftliche Familienbetriebe nicht mehr mithalten. Das Höfesterben beschleunigt sich.

Investoren aber sehen “häufig keine Priorität” darin, die Biodiversität und Fruchtbarkeit der Böden zu fördern, urteilt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in einem Report von 2021, “da diese langfristigen Investitionen keine kurzfristigen Renditen versprechen”. Zudem befördere die Zunahme kurzer Pachtverträge leicht einen “Fokus auf Maximalerträge” und damit “eine hochintensive Landbewirtschaftung” – auch zum Schaden des Klimas.

Lösungsideen für den Verteilungskampf

Um das komplexe Flächenproblem zu lösen, gibt es viele politische Hebel.

  • Würde zum Beispiel weniger Fleisch gegessen und exportiert, dann müsste nicht mehr über die Hälfte des Getreides verfüttert werden, und es würde viel Platz für andere Zwecke frei.
  • Agrarstrukturgesetze, in denen unter anderem Obergrenzen für Pachtpreise und Landbesitz festgelegt werden, könnten mehr Fairness auf dem Flächenmarkt schaffen. Doch in mehreren ostdeutschen Bundesländern scheiterten entsprechende Vorstöße. In Niedersachsen hat gerade Agrarministerin Miriam Staudte (Bündnis 90/Die Grünen) den Entwurf eines “Gesetzes zur Sicherung und Verbesserung einer bäuerlichen Agrarstruktur” zur Diskussion gestellt. Es sieht auch eine Zustimmungspflicht der Behörden für sogenannte Share Deals vor. Dabei verschaffen sich Investoren indirekt und oft intransparent Zugriff auf Grundbesitz, indem sie Anteile an einer Agrargesellschaft erwerben.
  • Mit dem Ziel, Land für kleinere Höfe erschwinglich zu halten und damit den Besitz weiter zu streuen, stellt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft eine progressive Grunderwerbssteuer zur Diskussion. Sie sähe Freibeträge und gestaffelte Steuersätze vor, nach dem Motto: Wer schon viel hat, zahlt mehr.
  • Nutzungskonkurrenzen ließen sich unmittelbar entschärfen, indem häufiger mehrere Ziele auf der gleichen Fläche verfolgt würden. Teilweise wird das schon gemacht: In einigen Bundesländern darf etwa keine Anlage für Freiflächen-PV mehr aufgestellt werden, ohne dass zugleich Schafe darunter weiden oder Lebensmittel wachsen. Zugleich müssten Solaranlagen und Grünflächen auf Dächern obligatorisch werden, wo immer möglich.
  • Neue Finanzierungsquellen für Gemeinden könnten den Ausgriff der Städte begrenzen. Ein Beispiel wäre eine Bodenwertzuwachssteuer. Sie würde auf überhöhte Preissteigerungen für Grund und Boden erhoben, von denen Landbesitzer ohne eigenes Zutun profitieren. Experten schlagen eine Umlage für die Ausweisung von Bauland innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs vor. Gemeinden könnten direkt kompensiert werden, wenn sie Naturschutzinitiativen voranbringen, statt Gewerbe anzusiedeln, und deshalb weniger Einnahmen haben. Als weitere Option werden Abgaben auf die Neuerschließung oder Neubesiedlung von Land diskutiert.
  • Kommunen könnten mit Flächenzertifikaten handeln. Ähnlich wie beim Emissionshandel mit CO₂-Zertifikaten würde ein bundesweites Kontingent für Flächen festgelegt. Jede Gemeinde bekäme entsprechende Zertifikate zugeteilt. Wer nicht baut, kann dann seine Nutzungsrechte verkaufen – ein weiterer Anreiz, Flächen zu sparen.
  • Die Versiegelungsziele – bisher eine sanktionsfreie Norm – könnten gesetzlich verankert werden. Um sie zu erreichen, bekämen dann zum Beispiel Brachen Vorrang vor zusätzlichem Baugrund und Umbauten Vorrang vor Neubauten. Auch kommunale Förderprogramme könnten einen nachhaltigen Umgang mit Flächen einbeziehen.
  • Zusammen mit Entsiegelungsanreizen würde all das helfen, Böden zu schützen und Schwammstädte mit mehr Grün zu entwickeln.

Vor allem aber müssen Bürger und Fachleute aus den verschiedenen Bereichen auf regionaler Ebene mehr miteinander reden, voneinander lernen und gemeinsam multifunktionale Lösungen finden: Das wurde beim Agrarkongress des Bundesumweltministeriums vor wenigen Tagen deutlich. Dafür könnten neue Gremien geschaffen, aber auch die Raumplanung finanziell und personell verstärkt werden.

Artenschutz, Klimaschutz, Agrarwende und klimagerechte Städte, alle müssten dann alles im Blick haben: “Wenn man den Gedanken nicht vergisst, kommt man zu den richtigen Entscheidungen”, sagte dort Claudia Bönnighausen, Naturschutzexpertin der Landesregierung Schleswig-Holsteins. Und sie sprach von einem “großen Werk”.

Korrekturhinweis: In einer ersten Version des Textes hieß es irrtümlich, Moore müssten “trockengelegt werden, um CO₂ zu speichern”. Selbstverständlich ist das Gegenteil richtig. Wir haben den Fehler korrigiert.

  • Agrarpolitik
  • Agrarwende
  • Agri-PV
  • CO2-Zertifikate
  • Erneuerbare Energien
  • Grüne Woche
  • Klima & Umwelt
  • Klimaschutz
  • Landwirtschaft
  • Naturschutz

News

Globale Mindeststeuer: Warum die EU nun schnell verhandeln sollte

Nachdem US-Präsident Donald Trump an seinem ersten Amtstag ein Dekret zur Überprüfung des globalen Mindeststeuerabkommens erlassen hat, ist die Europäische Union am Zug. Das US-Finanzministerium erhielt von Trump eine 60-Tage-Frist, um zu überprüfen, ob andere Länder US-Firmen steuerlich diskriminieren und gegebenenfalls Vorschläge für Gegenmaßnahmen zu machen.

Wenn die EU sich das nicht gefallen lassen will, dann muss sie eine gemeinsame Strategie finden“, sagte der Politikökonom Lukas Hakelberg zu Table.Briefings. “Ich glaube, dass sie dann auch in der Lage wäre, sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen.” Sinnvoll wäre, so der Wissenschaftler an der Leuphana Universität Lüneburg, schon jetzt mit dem US-Finanzministerium über mögliche Kompromisse zu sprechen.

Andernfalls müssten die EU-Mitgliedstaaten demnächst: 

  • Verfahren nach der EU-Richtlinie 2022/2523 umsetzen,  
  • eine “non-compliance” der USA bei der globalen Mindestbesteuerung feststellen  
  • und entsprechende Ergänzungssteuerungsbescheide an US-Konzerne verschicken.  

In diesem Fall wäre ein Steuer- und Zollkrieg mit den USA wahrscheinlich, in dem Handels- und Finanzfragen vermischt würden, so Hakelberg.

Hintergrund für das Dekret von Trump ist aus Sicht von Hakelberg die Vorbereitung einer Steuerreform durch die neue US-Regierung. Das globale Steuerabkommen würde potenziell verhindern, dass die Trump-Regierung US-Konzernen neue Steuererleichterungen auf Auslandsgewinne gewähren kann. Diese Steuerlast beträgt derzeit 10,5 Prozent, soll nach geltendem US-Recht aber auf rund 13 Prozent steigen.

OECD-Abkommen wurde auch von Deutschland vorangetrieben 

Die globale Mindeststeuer für Unternehmen mit mindestens 750 Millionen Euro Jahresumsatz wurde im Oktober 2021 von mehr als 130 Staaten im Rahmen der OECD verabredet. Das Abkommen sieht vor, dass Konzerngewinne mit mindestens 15 Prozent versteuert werden. Geschieht dies nicht am Hauptsitz des Konzerns, dürfen andere Länder Ergänzungssteuern erheben.

Das Abkommen soll Konzernen die Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen erschweren und zugleich den Standortwettbewerb zwischen Staaten um die niedrigsten Steuersätze beenden. Die OECD erwartete global höhere Staatseinnahmen von bis zu 150 Milliarden US-Dollar, die auch für eine globale sozial-ökologische Transformation notwendig wären.

Die USA haben das Abkommen bislang nicht umgesetzt. Mit dem Dekret stellt sich das Land nun aber frontal gegen die multilaterale Vereinbarung, die auch von Deutschland maßgeblich vorangetrieben worden war. av 

  • Handel
  • Handelspolitik
  • Mindeststeuer
  • OECD
  • Steuerpolitik
  • USA

Frankreich fordert Vereinfachung von CSRD und CSDDD

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Éric Lombard fordert Korrekturen an den beschlossenen Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und zu Sorgfaltspflichten in den Lieferketten von Unternehmen (CSDDD). Die CSRD-Richtlinie müsse “für den Mittelstand stark vereinfacht werden”, forderte er in Paris. Eine Ausnahme für große Unternehmen, die ab diesem Jahr unter die Gesetzgebung fallen, lehnt der Minister hingegen ab.

Lombard forderte zudem, die CSDDD auszusetzen, solange sie nicht vereinfacht werde. Dies sei Konsens gewesen unter den Finanzministern der EU-Länder bei ihrem Treffen Anfang der Woche, sagte er. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an Vorschlägen für eine sogenannte Omnibus-Regulierung, die die Umsetzung von CSRD, CSDDD und Taxonomie für betroffene Unternehmen erleichtern soll. Laut Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis könnten auch weitere Gesetze in das Paket einbezogen werden, das für den 26. Februar terminiert ist.

Lombard betonte, man erwarte “starke Ankündigungen” in den ersten 100 Tagen der zweiten Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der ehemalige Chef der Caisse des Dépôts, dem französischen Pendant zur KfW, ist der Ansicht, dass die EU “zehn Prozent ihres Wachstumspotenzials aufgrund der Komplexität der Vorschriften” verliert. Eine Vereinfachung dürfe aber nicht gleichbedeutend mit einem Rückschritt in der Nachhaltigkeitsagenda der EU sein, mahnte er. cst

  • CSDDD
  • CSRD
  • Klima & Umwelt
  • Lieferkettengesetz
  • Nachhaltigkeit
  • Taxonomie

Batterieforschung: Weshalb die Rettung durch die neue BMBF-Spitze nur der erste Schritt ist 

Das BMBF stellt für 2025 eine Überbrückungsfinanzierung von bis zu 25 Millionen Euro aus eigenen Mitteln für die Batterieforschung bereit. “Wir werden ab sofort alle uns vorliegenden bewilligungsfähigen Projekte in der Batterieforschung auf den Weg bringen”, sagte Forschungsminister Cem Özdemir. Durch den Wegfall der Finanzmittel aus dem Klima- und Transformationsfond hätten in diesem Jahr ohne diese zusätzliche Finanzierung lediglich bereits laufende Projekte bedient werden können.  

Batterieforschung entscheidend für Automobilstandort Deutschland

Daher sah das BMBF unter Özdemir dringenden Handlungsbedarf. Er wolle “ein Signal der Verlässlichkeit” senden, sagte der Minister. Die Batterieforschung entscheide über die Technologieführerschaft in zentralen Zukunftsfeldern. “Wer global führend wird bei leistungsstarken und gleichzeitig preiswerten Energiespeichern, wird die Wertschöpfung der Zukunft bestimmen. Der Fortschritt bei der Batterietechnik ist entscheidend dafür, dass auch das Auto von morgen aus Deutschland kommt.” 

Özdemir und anscheinend vor allem Staatssekretär Karl-Eugen Huthmacher hätten hart um diese 25 Millionen Euro gekämpft, heißt es aus Kreisen. Schließlich musste das Geld intern im ohnehin knappen BMBF-Sparbudget für 2025 eingesammelt werden. 

Erleichterung und Anerkennung auf dem Batterieforum 

Entsprechend groß war am Dienstag die Anerkennung der Forschenden, die sich beim jährlichen Batterieforum des Kompetenznetzwerks Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) trafen. Von einem Schritt mit “Symbol- und Strahlkraft” sprach Martin Winter vom Meet-Batterieforschungszentrum in Münster. Auf dem Forum machte der anwesende Huthmacher nach Teilnehmerberichten auch klar, dass diese Maßnahme aus seiner Sicht nur eine Zwischenlösung sei. Eine kommende Bundesregierung müsse die Förderung der Batterieforschung wieder auf das Niveau von vor 2023 anheben. Ein Konzept dafür würde derzeit im BMBF vorbereitet.

Arno Kwade, Batterieforscher an der TU Braunschweig, begrüßt das Vorgehen. Das Konzept sollte dann “von der neuen Regierung aktiv umgesetzt und vorangetrieben” werden. Zudem solle eine kommende Koalition darauf hinarbeiten, dass die deutschen und europäischen Unternehmen enger zusammenarbeiten dürfen. Diese müssten “gemeinsam zeitnah befähigt zu werden, Batteriezellen wirtschaftlich in einer Massenproduktion herzustellen – im Extremfall sogar ähnlich dem Beispiel der Zusammenführung europäischer Flugzeughersteller zu Airbus”.

Wie sehr eine neue Regierung die Unterstützung der Batterieforschung priorisieren wird, bleibt abzuwarten. Immerhin haben alle Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind, den Punkt in ihrem Wahlprogrammbis auf AfD und FDP. mw 

  • Batterieforschung
  • BMBF
  • Cem Özdemir

Kohlebergbau-Industrie plant massive Vergrößerung der Abbaukapazitäten für Stahlindustrie 

Bergbauunternehmen planen derzeit die Eröffnung oder Erweiterung von Förderstätten für metallurgische Kohle (Met-Kohle), deren Volumen die derzeitige Weltproduktion um 50 Prozent erhöhen würde. Dies geht aus der Metallurgical Coal Exit List (MCEL) hervor, die eine internationale NGO-Allianz am Donnerstag veröffentlicht hat. Die öffentliche Datenbank listet 252 Minenprojekte von 160 Unternehmen auf, deren geplante neue Förderkapazitäten 551 Millionen Tonnen Met-Kohle pro Jahr umfassen.  

Met-Kohle, oder auch “Hüttenkohle”, wird in Hochöfen für die Eisen- und Stahlproduktion verwendet. Während die Hochofen-Technologie in Deutschland in den nächsten Jahren auslaufen und teilweise durch klimafreundlichere Technik ersetzt werden wird, werden etwa in Indien weiterhin neue Hochöfen geplant. Entsprechend gehört das Land mit Japan laut der deutsche NGO Urgewald, die an der MCEL-Datenbank mitgewirkt hat, zu den wichtigsten Zielländern für die Met-Kohle aus neuen und zur Erweiterung vorgesehenen Förderstätten. Zu den wichtigsten Förderländern, in denen Kapazitätserweiterungen geplant sind, zählen Australien, Russland und China.  

In Europa geht der Met-Kohlebergbau zurück. Trotzdem plant das Berliner Unternehmen HMS Bergbau eine Abbaugenehmigung über 1,5 Millionen Tonnen Kokskohle, eine Form der Met-Kohle, im schlesischen Kohlerevier in Polen zu beantragen. Zu den großen europäischen Bergbaufirmen mit Erweiterungsplänen gehören laut Urgewald außerdem das britische AngloAmerican und das in der Schweiz ansässige Glencore. 

Ziel der Datenbank ist laut Urgewald die Unterstützung der Finanzwirtschaft bei Risikobeurteilungen. Unter Berufung auf Zahlen der Internationalen Energieagentur schreibt die NGO, dass die bereits erschlossenen Produktionsquellen den Met-Kohlebedarf bis 2050 decken würden. Zugleich widme die Finanzindustrie den Klimagefahren der Hüttenkohle nicht genügend Aufmerksamkeit. “Metallurgische Kohle macht fast 13 Prozent der gesamten Kohleproduktion aus”, sagte Urgewald-Expertin Lia Wagner. “Finanzinstitutionen müssen sich endlich mit diesem blinden Fleck in ihren Kohlerichtlinien auseinandersetzen und neue Ausschlussregeln einführen.” Die Stahlindustrie verursacht, hauptsächlich durch die Verwendung von Met-Kohle, derzeit zwischen sieben und elf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. av 

  • Bergbau
  • Kohle
  • Kohleausstieg
  • Stahlindustrie

Grüner Zement: Verband startet freiwilliges CO₂-Label

Um den Einsatz von grünem Zement zu fördern, hat der Verein der Zementwerke (VDZ) ein freiwilliges CO₂-Label entwickelt. Damit soll der CO₂-Fußabdruck unterschiedlicher Zementprodukte vergleichbar gemacht werden. Es soll beispielsweise auf Zementsäcken oder Lieferscheinen den CO₂-Gehalt des Produkts angeben. “Auf das neue Label des VDZ kann in Ausschreibungen Bezug genommen werden, damit die Verwendung CO₂-reduzierter Zemente beim Bauen zum Standard wird”, sagt Christian Knell, Präsident des VDZ.

Das Zement-Label soll die von Politik und Industrie im vergangenen Jahr getroffene Definition grüner Zemente in die Praxis überführen. Es hat fünf CO₂-Stufen (“Cement Carbon Class”) und orientiert sich laut VDZ an Vorarbeiten der Internationalen Energieagentur (IEA). Als klimafreundlichste Zemente werden solche mit einem CO₂-Fußabdruck von unter 100 Kilogramm CO₂ pro Tonne eingestuft. Zudem gibt es vier Klassen von emissionsreduzierten Zementen mit 100 bis 500 Kilogramm CO₂ pro Tonne. Die Einstufung und Zertifizierung unterschiedlicher Produkte werden jährlich von der CCC-Zertifizierungsstelle des VDZ vorgenommen und basieren auf Ökobilanzdaten des Vorjahres, gab der Verein bekannt. Eine Voraussetzung zur Erlangung eines Labels ist demnach ein “verifizierter Emissionsbericht”. nib

  • CO2-Bilanz
  • Dekarbonisierung
  • Wirtschaft
  • Zementindustrie

GAP: Wie laut Forschern mehr Umweltschutz ohne mehr Geld möglich wird

Die EU soll für den Klima- und Umweltschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) neue Instrumente entwickeln, die günstiger und leichter umsetzbar sind als bisher. Das empfehlen Forscher der französischen Institute IDDRI und INRAE in einer Studie für den EU-Agrarausschuss. Geeignet sei eine Kombination aus Steuern und Rückerstattung: Landwirte müssten für Umweltschäden zahlen, die sie verursachen, bekämen aber einen bestimmten Betrag zurückgezahlt.

Vorbild ist die dänische Klimasteuer für die Tierhaltung. Die müssen Tierhalter pro Tonne ausgestoßener Emissionen zahlen, erhalten aber durchschnittlich 60 Prozent der Kosten zurück. So werden in der Praxis nur Emissionen über einem gewissen Schwellenwert besteuert, die sich durch Futterzusätze oder bessere Gülleverarbeitung vermeiden lassen.

Die Vorteile eines solchen Mechanismus: Abgaben schafften kostengünstiger und unbürokratischer als bisherige GAP-Maßnahmen Anreize für Umwelt- und Klimaschutz, schreiben die Autoren. Rückerstattungen sorgten für bessere Akzeptanz unter Landwirten. Zum Beispiel könne eine hohe Abgabe auf die Nutzung synthetischer Pestizide oder Dünger zu deutlich weniger Umweltverschmutzung führen. Erhielten Ackerbauern dann eine Rückerstattung, müssten sie trotzdem kaum Einkommen einbüßen. Zudem könnten sie frei wählen, auf welche Weise sie Pestizide oder Dünger einsparen.

Politisch ist ein solcher Schritt allerdings unwahrscheinlich. Denn die EU ist in der Steuerpolitik nur begrenzt zuständig, alle Mitgliedstaaten müssten eine neue Umwelt- oder Klimasteuer einstimmig mittragen. Das erkennen auch die Autoren an, betonen aber: Notwendig sei die Umstellung trotzdem. Bleibe es beim bisherigen GAP-System, das auf Vorgaben und Subventionen setzt, sei mit “enttäuschenden Ergebnissen” zu rechnen. Verbesserungen für Umwelt und Klima seien dann nur mit einem deutlich höheren Agrarbudget zu erreichen. jd

  • Europäisches Parlament
  • GAP
  • GAP-Reform
  • Gemeinsame Agrarpolitik

Nächste Woche im Bundestag: Nachhaltige Landwirtschaft, Agrardiesel, Recycling

In der kommenden Sitzungswoche des Deutschen Bundestags will die FDP-Fraktion am Mittwoch in erster Lesung darüber debattieren, wie neue Züchtungsmethoden eine nachhaltigere Landwirtschaft ermöglichen können. Ein entsprechender Antrag lag zu Redaktionsschluss allerdings noch nicht vor. 

Ebenfalls am Mittwoch befasst sich der Unterausschuss Globale Gesundheit in öffentlicher Sitzung mit den Auswirkungen von Rassismus und Kolonialismus auf die Kindergesundheit. Am Abend diskutiert der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung seinen Abschlussbericht über die zu Ende gehende Legislaturperiode. 

Am Donnerstag wird in erster Lesung ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Unsere Landwirtschaft vielfältig, leistungsstark und nachhaltig ausgestalten” behandelt. Danach soll die Agrardieselvergütung wieder auf das frühere Niveau angehoben und die finanzielle Last aus Steuern und Abgaben “auf maximal die EU-Durchschnittsbelastung begrenzt werden”. “Regulatorische Alleingänge” auf Nationalebene will die Union künftig ausschließen. 

Ohne Aussprache soll zudem abschließend über eine Verordnung der Bundesregierung zur Stärkung der Bewirtschaftung von gewerblichen Siedlungsabfällen und bestimmten Bau- und Abbruchabfällen beraten und abgestimmt werden. Sie hat zum Ziel, die bisherigen Regelungen der Gewerbeabfallverordnung “noch stringenter und vollzugstauglicher” zu gestalten, um so die getrennte Sammlung zu verbessern und “das Erreichen der angestrebten Recyclingquote bei der Vorbehandlung von Gemischen zu sichern”. ch 

  • Bundestag

Must-Reads

Professor Wan und sein Schüler – Zeit 
Im Doppelinterview mit Max Hägler sprechen Volkswagen-Chef Oliver Blume und sein ehemaliger Doktorvater und Elektroautopionier Wang Gang darüber, wie China erst von deutschen Autobauern lernte, und sie dann überflügelte. Sie beschreiben auch, wo weiterhin Kooperationschancen für China und Europa bestehen, etwa beim Kampf gegen den Klimawandel. Zum Artikel 

Staat oder Blackrock? – Süddeutsche Zeitung  
Wenn der Staat die Finanzierung des Stromnetzausbaus übernehme, könnten Stromkunden viel Geld sparen, heißt es in einer Untersuchung der Ökonomen Tom Krebs und Patrick Kaczmarczyk. Zentraler Sparmechanismus wären die geringen Zinsen, die die Bundesrepublik auf Kredite bezahlt, fasst Claus Hulverscheidt zusammen. Eine Auslagerung des Netzausbaus an private Geldgeber würde die Netzbenutzungsgebühren dagegen in die Höhe treiben. Zum Artikel

Donald Trump halts more than 300bn US-Dollar in US green infrastructure funding – Financial Times 
Per Dekret hat Donald Trump 50 Milliarden US-Dollar an bereits zugesagten staatlichen Krediten für grüne Infrastruktur gestoppt, und noch einmal 280 Milliarden im Prüfstadium. Dabei gehe es um Fördermittel aus dem Inflation Reduction Act (IRA) und dem Infrastrukturgesetz, schreiben Amanda Chu und Jamie Smyth. Sie listen eine Reihe von Firmen auf, die Projekte für erneuerbare Energie abgesagt haben oder es planen. Zum Artikel 

Are big cities overrated? – Economist 
Wohnten vor 60 Jahren 15 Prozent der Menschen in Städten mit mehr als einer Million Einwohnern, ist es heute ein Viertel der Menschheit. Bislang gingen Ökonomen davon aus, dass die höhere Produktivität in großen Städten Einwohner anziehe. Die beiden Forscher Matthew Turner und David Weil von der Brown University haben Zahlen gesammelt, um dies zu überprüfen. Sie behaupten: Auch ohne große Städte hätten wir das moderne Leben, wie wir es kennen. Zum Artikel 

Tübingens Steuer auf Einwegverpackungen von Speisen legal – taz 
Eine Steuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke darf die Stadt Tübingen auch weiterhin erheben. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde dazu abgelehnt, berichtet Christian Rath. Begründung: Zwar sehe der Bund im Kreislaufwirtschaftsgesetz keine Verpackungssteuer vor. Eine kommunale Steuer widerspreche dessen Konzeption aber auch nicht. Zum Artikel 

Amazon Closes Its Operations in Quebec, Laying Off 1,700 Workers – New York Times 
In einem ungewöhnlichen Schritt habe Amazon angekündigt, seine Lager- und Logistikbetriebe in der kanadischen Provinz Quebec zu schließen und 1.700 Mitarbeiter zu entlassen, berichten Karen Weise and Vjosa Isai. Noch bis letztes Jahr habe das Unternehmen in die Provinz investiert. Beobachter vermuteten, dass Amazon sich zurückziehe, weil sich Arbeiter in einem Warenlager erfolgreich gewerkschaftlich organisierten. Amazon wollte sich nicht zu den Gründen der Schließung äußern. Zum Artikel 

Big oil spent 445m US-Dollar in last election cycle to influence Trump and Congress, report says – Guardian 
Ölfirmen haben eine Menge Geld in den Wahlkampf von Donald Trump und Kongressmitgliedern investiert, schreibt Dharna Noor unter Berufung auf eine Studie der NGO Climate Power. Ein Großteil der Summe stamme von schwerreichen Einzelpersonen. Zum Artikel 

370 Superreiche fordern in Davos höhere Steuern für sich selbst – Spiegel 
In einem offenen Brief haben Millionäre und Milliardäre höhere Steuern für “Superreiche” gefordert, berichtet Malte Göbel. Sie sähen in zu schwach besteuerten, großen Vermögen eine Gefahr für die Demokratie, schreiben unter anderem die österreichische Aktivistin Marlene Engelhorn und Disney-Erbin Abigail Disney. Zum Artikel 

Standpunkt

Nächste Bundesregierung: So kann sie Wohnen bezahlbar und klimafreundlich machen

Von Kolja Zajicek
Kolja Zajicek, Senior Referent für Politik bei der Stiftung KlimaWirtschaft.

Einer der Schlüsselsektoren bei der Erreichung der Klimaziele ist der Bausektor. Gerade er zählt immer noch zu den größten Verursachern von CO₂-Emissionen. Bereits das vierte Jahr in Folge wurden in Deutschland die Sektorziele auf dem Weg zur Klimaneutralität gerissen. Das ist die erste schlechte Nachricht.

Die zweite lautet: Auch wirtschaftlich geht es dem Bausektor schlecht, und das hat ebenfalls Folgen für die Klimaziele. Denn wenn wir zu wenig bauen und sanieren, scheitert die Transformation des Sektors.

Gründe für die schlechte Lage

Für die schlechte Lage gibt es viele Gründe. Zu den wichtigsten zählen hohe Preise und Zinsen, komplizierte Bauvorschriften, kaum überschaubare Förderprogramme und nicht zuletzt die Verunsicherung durch politische Debatten.

In den vergangenen zehn Jahren sind die Baupreise für Wohngebäude um 65 Prozent gestiegen. Nirgendwo sonst in Europa sind die Baunebenkosten höher. Als wäre das noch nicht genug, ist Bauen in Deutschland auch zu kompliziert: Der Sektor ertrinkt in einer Flut aus Vorschriften und Normen. Zu den knapp 3.900 Baunormen kommen 16 Landesbauordnungen und eine unüberschaubare Anzahl kommunaler Vorschriften. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik schätzt, dass sich die Vorgaben am Bau seit 1990 vervierfacht haben.

Wer sich als Unternehmen oder Privatperson davon nicht abschrecken lässt, muss sich noch eine Übersicht über die überkomplexe Förderlandschaft mit mehr als 3.000 verschiedenen Förderprogrammen verschaffen. Hinzu kommen die gestiegenen Zinskosten in Folge der Energiepreiskrise und die Verunsicherung durch die Debatte zum Gebäude-Energie-Gesetz (GEG). Im Ergebnis werden aktuell die meisten Bau- oder Sanierungsvorhaben beerdigt.

Planungssicherheit für Investitionen

In den vergangenen drei Jahren haben Dürren und Überschwemmungen in Deutschland etwa 90 Milliarden Euro an Immobilienwerten zerstört. Das entspricht den Kosten für eine Vollsanierung von etwa 300.000 Häusern. Immer mehr Banken und Versicherer stellen fest, dass Klimarisikoanalysetools Schwächen im Abgleich zwischen Datenbank-Ergebnissen und realen Klimaereignissen zeigen – das heißt: Die Risiken des Klimawandels werden unterschätzt.

Dabei sind sich Experten längst einig: Wenn wir die Bauwirtschaft ankurbeln, die Anzahl der Bausanierungen vorantreiben und die Klimaziele wieder in greifbare Nähe rücken wollen, muss die Branche von der Politik wieder Planungssicherheit für Investitionsentscheidungen erhalten. Wie das gelingen kann, zeigt die Stiftung KlimaWirtschaft in einem neuen, in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP erstellten Positionspapier:

Was die neue Regierung tun muss

2024 wurde die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) verabschiedet. Die EPBD bildet den europaweiten Rahmen für die Transformation des Sektors und enthält eine Fülle von Vorschriften, die bis Mai 2026 in deutsches Recht überführt werden müssen. Das erfordert eine Reform des GEG.

Ein seriöses Wahlversprechen an die Baubranche wäre es, in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung einen schlüssigen Zeitplan für die Implementierung der Richtlinie aufzuzeigen und somit privaten Bauherren und Unternehmen die dringend benötigte Planungssicherheit zu liefern. Die vielfach geforderte Rückabwicklung des Heizungsgesetzes wäre für die Branche hingegen mittelfristig ein fatales Signal.

Die nächste Bundesregierung sollte außerdem die finanzielle Unterstützung für die klimaneutrale Transformation des Gebäudesektors vereinfachen und planbar ausgestalten. In den vergangenen Jahren wurden einzelne Förderprogramme immer wieder über Nacht eingestellt, andere wiederum kaum abgerufen. Deswegen benötigt es eine übersichtliche Anzahl von schlagkräftigen Förderprogrammen, die über einen Zeitraum von mindestens 36 Monaten bestehen. Auch das sorgt bei Unternehmen, privaten Bauherren, Energieberatern und Architekten für ausreichend Planungssicherheit. Und es wird verhindert, dass die einkalkulierte Förderung bei Baustart nicht mehr zur Verfügung steht.

Deutsche Unternehmen stehen bereit

Bereits heute denken viele Unternehmen die Bauwende in Deutschland vor. Sie investieren in Digitalisierung, KI, neue Fertigungs- und Montageprozesse sowie innovative, kreislauffähige Bauprodukte. Mit diesen Bauprodukten, Baumaterialien, Bauweisen und -prozessen könnten wir eine globale Vorreiterrolle deutscher Baustoffproduzenten und Bauunternehmen etablieren.

Es wird Zeit, den progressiven Unternehmen eine klare Perspektive aufzuzeigen und sie gezielt zu unterstützen, anstatt durch zähe politische Debatten um den Heizungskeller die Branche weiter zu verunsichern.

Kolja Zajicek ist Senior Referent für Politik bei der Stiftung KlimaWirtschaft. Er arbeitet schwerpunktmäßig zur Transformation der Wirtschaft, zur Klimagesetzgebung und zum Gebäudesektor.

  • Bundestagswahl
  • CO2-Emissionen
  • Dürre
  • EPBD
  • Gebäudeenergiegesetz
  • Gebäudesektor
  • Klima & Umwelt
  • Klimaneutralität
  • Klimaziele
  • Transformation

Mehr von Table.Media

Europe.Table – BMWK will keinen Standortwettbewerb über Energiepreise: Die deutsche Industrie fürchtet, dass die Fertigungsstätten der Zukunft vor allem in Staaten mit besseren Bedingungen für erneuerbare Energien entstehen werden. Solch einen Wettbewerb will das Bundeswirtschaftsministerium verhindern. Zum Artikel

Climate.Table – Faktencheck zur Wahl: Aufweichen des Verbrenner-Aus: Zur Bundestagswahl stellen alle Parteien Vorschläge für eine veränderte Klima- und Energiepolitik vor – manche wollen das Tempo beim Klimaschutz erhöhen, andere die Anstrengungen abschwächen. Table.Briefings klopft diese Ideen darauf ab, wie realistisch, zielführend und durchsetzbar sie sind. Heute: die Verschiebung des ab 2035 geplanten Verbrenner-Verbots. Zum Artikel

Africa.Table – Davos: Afrika wirbt um grüne Investitionen: Beim diesjährigen Weltwirtschaftsgipfel in Davos versuchen sich auch kleinere afrikanische Länder zu präsentieren und locken Investoren an. Die Demokratische Republik Kongo und Lesotho wollen mit grünen Initiativen punkten. Zum Artikel

ESG.Table Redaktion

ESG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    “Nachhaltigkeit erfordert Mut” heißt es in einem Thesenpapier, welches das Unternehmensnetzwerk Econsense am Donnerstag anlässlich seines 25-jährigen Bestehens veröffentlicht hat. Als 19 CEOs großer Konzerne damals das Netzwerk gründeten, sei dies “mutig gewesen”, weil Nachhaltigkeit allenfalls ein Nischenthema war. Aber dem Netzwerk ist klar, dass es nun ebenfalls Mut bedarf, um Kurs zu halten. Denn heute würden “Nachhaltigkeitsziele in politischen Debatten infrage gestellt”. Das Netzwerk sieht Nachhaltigkeit als eine Gemeinschaftsaufgabe, für die es “verlässliche Spielregeln” für Staaten, Unternehmen und die einzelnen Menschen brauche.

    US-Präsident Donald Trump räumt gerade ESG-Spielregeln in den USA in großem Stil ab. Aber auch im Nachbarland Österreich stehen sinnvolle Hilfestellungen für Unternehmen und Gesellschaft wieder zur Disposition. Lukas Bayer berichtet in unserer heutigen Ausgabe über die Pläne der voraussichtlich künftigen Regierung von FPÖ und ÖVP

    Wie kompliziert und gleichzeitig unabdingbar in Zeiten der Transformation wegweisende gesellschaftliche Entscheidungen sind, zeigt Christiane Grefe mit Blick auf die Nutzungskonflikte um Boden auf.

    Mut und richtige Spielregeln braucht es auch von der Politik, um die richtigen Entscheidungen für die Transformation der deutschen Wirtschaft in der notwendigen Eile zu bewältigen. “Wir haben nur noch einen Schuss frei”, sagte mir die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner im Interview. 

    Ihr
    Caspar Dohmen
    Bild von Caspar  Dohmen

    Interview

    IG Metall-Vorsitzende zur Industrietransformation: “Wir haben nur noch einen Schuss frei”

    Christiane Benner, Vorsitzende der IG Metall.

    Sind Politik und Wirtschaft auf Kurs, um die Dekarbonisierung in Deutschland erfolgreich voranzutreiben? 
    Politik, Unternehmen und Gewerkschaften sollten gemeinsam einen Weg in Richtung Klimaneutralität finden. Wir brauchen hier ein wirtschaftliches Wachstumsprojekt. Ideen dafür liegen reichlich auf dem Tisch. Aber im Moment verfolgen leider nicht alle Parteien diesen Weg konsequent. Vor allem vom rechten Rand wird gegen die Dekarbonisierung polemisiert. 

    Anhand welcher Kriterien beurteilen Sie die Wahlprogramme der Parteien? 
    Für uns als IG Metall steht im Mittelpunkt, dass wir unsere industrielle Struktur im Lande behalten. Dafür müsste die Politik energieintensive Unternehmen im Bereich der Energiekosten unterstützen. Wir müssen schnell die Elektromobilität hochfahren, dazu braucht es eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur und ein sozial ausgestaltetes Förderpaket für den Kauf von E-Autos. Außerdem brauchen wir für Bürgerinnen und Bürger eine soziale Abfederung der Transformation, beispielsweise durch ein Klimageld. Ein Kriterium ist auch: Erreichen die Ideen und die Politiker die Menschen in diesem Land?  

    Welche Parteien erfüllen ihre Kriterien am besten? 
    Positiv ist, dass alle demokratischen Parteien die Bedeutung von Industrie und Industriearbeitsplätzen für unseren Wohlstand und unsere Wachstumschancen anerkennen. Und dass es eine Einsicht gibt, dass sich schnell etwas ändern muss. Es gibt aber Unterschiede bei den Konsequenzen. Wie soll die Transformation finanziert werden? Und es fehlen konkrete Ideen, wie wir schneller in die Umsetzung kommen.  

    Woran denken Sie? 
    Wir benötigen ein besseres Innnovations- und Investitionsklima für Unternehmen. Deswegen sollte sich die nächste Bundesregierung damit beschäftigen, wie sie die Stimmung bei Unternehmen, gerade auch bei den Familienunternehmen, fördern kann, damit diese sagen: Ich glaube an den Standort und investiere hier. Es geht dabei auch darum, die Möglichkeiten der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz zu nutzen, um produktiver zu werden. 

    Was wäre wichtig, um die Familienunternehmen im Land zu halten?  
    Bei den energieintensiven Unternehmen geht es um Kalkulier- und Planbarkeit der Energiekosten. Das ist kompliziert, aber notwendig. Die Gesellschaft kann die Kosten für den Aufbau notwendiger neuer Infrastrukturen für Windenergie, Solarenergie und Wasserstoff nicht vollständig auf die Unternehmen abwälzen. Ansonsten können die Unternehmen nicht wettbewerbsfähig produzieren. In anderen Ländern gibt es bereits einen geförderten Industriestrompreis. Den brauchen wir auch bei uns – zumindest übergangsweise, bis genügend günstiger Strom aus Erneuerbaren zur Verfügung steht. Nur so können wir diese Industrie hier halten, insbesondere auch die Grundstoffindustrien wie den Stahl. 

    Braucht es für den Aufbau von Kapazitäten für hiesigen grünen Stahl mehr Schutz durch die EU?  
    Auf jeden Fall. Für uns als Gewerkschaft ist es auch inakzeptabel, unter welchen Bedingungen der Stahl in China gefertigt wird. Dort ist das Niveau für Umweltschutz- oder Arbeitsstandards wesentlich niedriger ist als bei uns. Es ist naiv zu glauben, dass unter den Bedingungen des freien Handels der Handel fair und auf Augenhöhe funktionieren kann. Wir sollten aber nicht generell die Grenzen dichtmachen, sondern uns genau überlegen, wo wir unter Umständen gezielte Schutzmaßnahmen für Industrien brauchen, die Produkte herstellen, die wir in Deutschland und Europa halten wollen. Es geht um Zukunftsprojekte, wie sie Mario Draghi in seinem Report für die EU-Kommission beschrieben hat. 

    Was zählt für Sie dazu? 
    In der Automobilindustrie definitiv die Batterie mit ihrer kompletten Wertschöpfung, angefangen von der Forschung zur Zellchemie bis zur Produktion. Wenn uns das nicht gelingt, bleiben wir abhängig von asiatischen Lieferanten. 

    An Subventionen würden Sie trotz der Startschwierigkeiten bei geförderten Projekten wie Northvolt festhalten? 
    Ja. Aber der Aufbau ist nicht so einfach. Das könnte aber auch unser deutscher Maschinenbau machen. Es ist ärgerlich, wenn einige Batteriefabriken mit chinesischen Maschinen ausgestattet werden, anstatt unsere eigenen Hersteller zu stärken. 

    Fehlt hier ein strategischer Blick in der Industrie selbst? 
    Das würde ich schon sagen. Wir brauchen hier einen gemeinsamen Blick von Wirtschaft und Politik. Hilfreich wäre es beispielsweise, stärker über Konsortien nachzudenken, die die Dinge mal von A bis Z durchdeklinieren. Wenn wir das mit Digitalisierung und KI verbinden, könnte uns das einen Produktivitätsschub geben. Und damit hätten wir womöglich auch wieder etwas, was wir erfolgreich exportieren könnten.  

    Es gibt viele negative Nachrichten über die deutsche Wirtschaft, gibt es Projekte, die Sie gerade auch mit Blick auf die Transformation optimistisch stimmen? 
    Nehmen sie den Bau der Tesla-Fabrik in Grünheide. Wir haben gerade im Pharmabereich Ansiedlungen. Nehmen sie die Entscheidung von Microsoft für Quantencomputing in Jülich. Oft spielen für Unternehmen die hiesigen Fachkräfte eine Rolle für solche Entscheidungen. Und es gibt Unternehmen, die gezielt in Regionen gehen, wo gerade Fachkräfte freiwerden, etwa durch die Transformation in der Autoindustrie. 

    Haben Sie den Eindruck, mit der Wirtschaft in Deutschland geht es bergab?  
    Nein. Ich habe eine Vorstellung davon, wie wir perspektivisch die Wirtschaft am Laufen halten und gute Beschäftigung hier sichern können. Deswegen bin ich optimistisch. Wir müssen aber jetzt richtig abbiegen. Ich glaube, wir haben nur noch einen Schuss frei. Wir müssen uns beeilen. Ich rede dabei nicht über fünf Jahre, es muss deutlich schneller gehen. 

    Und wenn Deutschland nun richtig abbiegt, wie lange braucht es, damit wieder mehr Unternehmen in der Spitze mitspielen? 
    Ich antworte einmal umgekehrt: Wenn wir falsch abbiegen und etwa in den Bereichen Digitalisierung und Batterien nicht vorwärtskommen, dann sehe ich schwarz für unsere Automobilindustrie. Wir müssen uns hier auch unbedingt um unsere Zulieferstruktur kümmern. Im Autobereich gibt es massive Finanzierungsprobleme. Die Banken geben denen keine Kredite mehr. Damit verliert unsere Autoindustrie die Struktur, die sie ja so stark gemacht hat. Und wenn wir den Industriestrompreis nicht kriegen, sehe ich schwarz für die energieintensiven Grundstoffindustrien. 

    Das gesamte Interview mit der IG Metall-Vorsitzenden Christiane Benner hören Sie am Samstag ab 6 Uhr im Table.Today. Themen sind unter anderem der Umbau von VW, Sozialpartnerschaft und die sozial-ökologische Transformation.

    • Autoindustrie
    • Elektromobilität
    • Transformation
    Translation missing.

    Analyse

    Kickl als Kanzler: So könnte Österreich bei Green Deal und Nachhaltigkeit agieren

    Am Donnerstag verhandelten FPÖ und ÖVP im Parlament in Wien weiter in der Untergruppe Finanzen und Steuern.

    Vom bisherigen Superressort – dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie – dürfte in Österreich bald nicht mehr viel übrig sein. Der Umsetzung des Green Deals droht ein herber Rückschlag, besonders durch die Kürzung von Transformationsförderungen. Darauf deuten Wahlversprechen sowie Personal- und Budgetentscheidungen hin, die von der rechtspopulistischen FPÖ und der konservativen ÖVP in den letzten Tagen getroffen wurden. 

    Seit Montag tagen sie in Untergruppen, um Detailfragen zu klären. Ein straffer Sparplan gibt den Rahmen vor: Österreich muss im laufenden Jahr 6,4 Milliarden Euro einsparen, um ein EU-Defizitverfahren abzuwenden. Das soll ohne zusätzliche Steuereinnahmen gelingen, versprachen beide Parteien. 

    Die größten Einsparungen betreffen Umweltförderungen, sie sollen um 20 Prozent gekürzt werden. Die Verwaltung der Bundesministerien erhält rund 1,1 Milliarden Euro weniger. Details zu den Ministerposten sind bislang nicht bekannt, einigen Verhandlern werden jedoch gute Chancen eingeräumt. Einzig Jürgen Streitner (ÖVP) bringt hier als Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik bei der Wirtschaftskammer Erfahrungen im Umweltbereich in die Verhandlungen ein. Die Themen Umwelt- und Klimaschutz werden gemeinsam mit der Landwirtschaft verhandelt, unter der Leitung des Bauernbund-Präsidenten Georg Strasser (ÖVP). Das deute darauf hin, dass die Umsetzung des Green Deals wieder zwischen dem Landwirtschaftsministerium und weiteren Ministerien aufgeteilt werde, sagt Katharina Rogenhofer vom Kontext-Institut für Klimafragen. 

    Umsetzung des Green Deals wackelt  

    Diese Depriorisierung der Klima- und Nachhaltigkeitsagenden bedroht die nationale Umsetzung des Green Deals. Die letzte Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hatte Österreich zuvor erstmals auf den Zielpfad gebracht: Aktuelle Zahlen des Umweltbundesamts zeigen für das Jahr 2023 einen Rückgang der Emissionen um 6,5 Prozent. Allerdings sinken die Brutto-Emissionen kaum, wie Daniel Huppmann vom IIASA-Institut auf LinkedIn schreibt, “weil wir Wald und Boden als Senke verlieren”. Zentral für Fortschritte wäre hier die Umsetzung der EU-Renaturierungsverordnung. Das Parlament hatte sie vor einem halben Jahr dank Österreichs Zustimmung verabschiedet – und trotz Protesten der ÖVP

    Die FPÖ möchte die Verordnung nun wieder “aufheben”, wie sie im Wahlprogramm schreibt. Im EU-Parlament hatte sie gegen alle Rechtsakte des Green Deals gestimmt und angekündigt, Österreich von ihm “zu befreien”. Großteils sei das Populismus, meint Rogenhofer. “Was auf EU-Ebene beschlossen wurde, können sie nicht zurückdrehen.” Allerdings könnte eine künftige FPÖ-ÖVP-Regierung weitere EU-Gesetze blockieren, im europäischen Rat die Verhandlungen um Maßnahmen des Clean Industrial Deal erschweren und die nationale Umsetzung verzögern.

    Kreislaufwirtschaft als Chance  

    Während sowohl FPÖ als auch ÖVP das Lieferkettengesetz stets ablehnten und eine Entbürokratisierung und Deregulierung fordern, spielte die Kreislaufwirtschaft im Wahlkampf kaum eine Rolle. “Würde eine nächste Bundesregierung sehr wirtschaftlich denken, sollte sie darauf setzen”, sagt Rogenhofer. “Ressourcen werden immer knapper, zudem wären Filtertechnologien und Aufbereitungsanlagen ein gewinnbringendes Exportgut.”  

    Österreich habe nicht viele industrielle Alleinstellungsmerkmale, sagt Rogenhofer, aber im Recycling und der Ressourcenaufbereitung sei man sehr fortschrittlich aufgestellt. Beim Recycling von Glas-, Papier und Metallverpackungen liegt Österreich dem Klimaschutzministerium zufolge im EU-Spitzenfeld, bei Plastik sollen die EU-Vorgaben durch das kürzlich gestartete Pfandsystem erfüllt werden. Seit zwei Jahren gibt es zudem einen Reparaturbonus, der bis zu 50 Prozent bei Reparaturen von Elektrogeräten fördert. Die EU-Richtlinie zum “Recht auf Reparatur” muss von der künftigen Bundesregierung bis Juli 2026 umgesetzt werden.  

    Verkehr und Industrie könnten EU-Klimaziele verfehlen  

    Anders sieht es in den Bereichen Verkehr und Industrie aus. Wie sich die geplanten Kürzungen klimapolitisch auswirken werden, könne man noch nicht abschätzen, sagt Margit Schratzenstaller, Senior Economist beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). Aber sie würden die Erreichung der Klimaziele “erschweren”. Damit drohen Österreich Strafzahlungen in Milliardenhöhe, wie eine Studie des WIFO zeigt.

    Die Verhandler von ÖVP und FPÖ planen bei wichtigen klimapolitischen Projekten weitere Einschnitte: 

    • Wegfallen soll unter anderem der Klimabonus, mit dem Belastungen aus der CO₂-Steuer ausgeglichen werden, 
    • ebenso das Gratis-Klimaticket für 18-Jährige, 
    • Förderungen für den Heizkesseltausch und der Transformationsfonds für die Industrie werden gekürzt, und 
    • Photovoltaik-Anlagen verlieren ebenso wie E-Autos einige Steuerbegünstigungen. 

    Christian Pesau, Geschäftsführer des Verbands der Automobilimporteure in der Industriellenvereinigung, bezeichnet die Streichung der Förderung für E-Autos als “kontraproduktiv”. Aufgrund der EU-weiten Flottengrenzwerte sei es “für die Automobilindustrie unerlässlich, dass E-Fahrzeuge auf die Straße gebracht werden“. Im Verkehrssektor sind die Emissionen seit 1990 um mehr als 50 Prozent gestiegen und sie sinken nur langsam. Anders als auf nationaler Ebene müssen gegenüber der EU aber Sektorziele eingehalten werden. FPÖ und ÖVP sprechen sich zudem ähnlich wie die Union in Deutschland für eine Rücknahme des Verbrenner-Aus aus.

    Auch der milliardenschwere Transformationsfonds für die Industrie ist von den Kürzungen betroffen. Österreichs größter Stahlerzeuger Voestalpine AG, der 16 Prozent des nationalen CO₂-Ausstoßes verursacht, erhält daraus 90 Millionen Euro zur Förderung von grünem Stahl. Offen bleibt, wie es mit dem Fonds weitergeht. Weder FPÖ noch ÖVP beantworteten eine entsprechende Anfrage von Table.Briefings. “Die Koalitionspartner würden sich selbst schaden, wenn sie die Förderungen zurücknehmen”, warnt Rogenhofer. Arbeitsplätze würden wegfallen, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit geschwächt werden.

    Kürzungen treffen Energiebranche unterschiedlich stark  

    Sie kritisiert zudem die “Stop-and-go-Politik” bei Windkraft, Photovoltaik und Heizungstausch. Die fehlende Planungssicherheit sei destruktiv für den Standort und sie gefährde die Ziele des Green Deals. Im Bundesland Kärnten initiierte die FPÖ etwa eine Volksbefragung, bei der sich eine knappe Mehrheit für ein Windkraftverbot aussprach. Damit könnte die Erreichung der Ziele beim Windkraftausbau weiter in die Ferne rücken, denn auch die ÖVP hatte zuletzt notwendige Gesetze blockiert

    Im Bereich der Photovoltaik könnte die Befreiung von der Umsatzsteuer wegfallen. Eine “verkraftbare” Sparmaßnahme, sagt Rogenhofer, denn “PV-Anlagen haben sich am Markt gut etabliert”. Die Einschnitte bei der Förderung zum Heizungstausch würden hingegen Aufträge und Arbeitsplätze gefährden. 2025 dürfte noch ein gutes Jahr für die Branche werden, vermutet Richard Freimüller, Präsident des Verbands Wärmepumpe Austria. Schon jetzt müssten aber einige Installateure bestellte Wärmepumpen wieder stornieren. “Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Förderungen so abrupt eingestellt werden“, sagt Freimüller.

    Anstatt weiter bei diesen Förderungen zu sparen, empfiehlt Schratzenstaller ähnlich wie Rogenhofer, “klimakontraproduktive Steuerausnahmen abzuschaffen“. Im nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) hatte Österreich der EU dargelegt, durch einen schrittweisen Abbau jährlich zwei Millionen Tonnen CO₂ einsparen zu wollen. So ließen sich nicht nur Strafzahlungen und der Zukauf von Emissionszertifikaten vermeiden, auch könnte das Budget konsolidiert werden. Berechnungen des Kontext-Instituts zeigen, dass allein durch eine Reform von Pendlerförderung, Dieselprotektionismus und Dienstwagenprivileg jährlich eine Milliarde Euro und mindestens 764.000 Tonnen CO₂-Äquivalente gespart werden könnten.

    • EU-Renaturierungsgesetz
    • Green Deal
    • Österreich
    • Recht auf Reparatur
    • Transformation
    Translation missing.

    Konkurrenz um Böden: So könnte der Konflikt Landwirtschaft vs. Klimaschutz entschärft werden

    Agri-Photovoltaik Testanlage in Rheinland-Pfalz: Lässt sich so der Zielkonflikt um die Bodennutzung entschärfen?

    In den Debatten um Klimakrise, Artensterben und eine zukunftsfähige Landwirtschaft, wie sie auch jetzt wieder auf der Grünen Woche stattfinden, wird ein Faktor oft verdrängt: die Konkurrenz um Flächen. Äcker und Weiden sind die Basis jedes landwirtschaftlichen Betriebs. Zugleich ist der Boden die Existenzgrundlage aller Bürgerinnen und Bürger: ein Gemeingut.

    Diese nicht erneuerbare Ressource ist heftig umkämpft. Man braucht sie für den Ausbau der erneuerbaren Energien, im Naturschutz und der Landwirtschaft, für Wohn- und Verkehrsflächen, die Entwicklung von Stadt und Land. Immer öfter tritt auch Grün gegen Grün an, wenn es um die alten Fragen geht: Wem gehört das Land, und wer darf es wofür nutzen? Aber es gibt auch Ideen, um die Konflikte zu entschärfen.

    Welche Interessen um den Boden kämpfen

    • Die politischen Vorgaben für den Bau neuer Windkraft- und Photovoltaikanlagen könnten laut dem Thünen-Institut bis zum Jahr 2030 mehr als 100.000 Hektar Land erfordern. Der Flächenbedarf von Batterie- und Chipfabriken kommt noch hinzu.
    • Die gleichen Flächen werden oft von bäuerlichen Betrieben und der Agrarindustrie reklamiert, zum Beispiel für Getreideanbau, Milch- und Fleischprodukte oder Energiepflanzen – bald auch, um Rohstoffe für eine grünere Chemie zu gewinnen.
    • Eine Ökologisierung der Agrarproduktion benötigt Land für mehr Weiden, biologischen Landbau, Bäume, Hecken, Lerchenfelder, Hügel. Moore müssen wieder vernässt werden, um CO₂ zu speichern statt zu emittieren, und fallen dann meist für den Anbau von Lebens- und Futtermitteln aus. 30 Prozent der Fläche sollen in unterschiedlicher Intensität dem Naturschutz dienen.
    • Bei Wäldern und Forsten spitzen sich Nutzungskonflikte zwischen Holzindustrie, Klima- und Artenschützern ebenfalls zu.
    • Auch Wohnungen, Straßen und Gewerbegebiete beanspruchen große Flächen. Immer mehr Böden werden versiegelt. Derzeit werden 52 Hektar täglich als neue Verkehrs- und Siedlungsflächen ausgewiesen – obwohl sich die Bundesregierungen seit Jahren zum Ziel gesetzt haben, neue Erschließungen auf maximal 30 Hektar pro Tag zu senken. Das sollte schon 2020 erreicht worden sein. Doch 2018 wurde die Zielmarke auf 2030 verschoben.
    • Ausgleichsflächen für den Naturschutz, die den Flächenverbrauch kompensieren sollen, sind immer schwieriger zu finden.
    • Die Landwirtschaft zieht noch öfter den Kürzeren. Allein zwischen 1992 und 2021 gingen mit über einer Million Hektar rund sieben Prozent der Äcker und Weiden verloren – und die Entwicklung schreitet weiter voran.

    Hinzu kommt: Der Boden ist auch nicht gesund, sondern vielerorts verdichtet, durch Agrargifte geschädigt, ausgelaugt, vertrocknet. Dabei ist die Vielfalt der Organismen im Erdreich wichtig für eine gesunde Ernährung, die Biodiversität an der Oberfläche und auch für mehr Klimaschutz. Je lebendiger die Böden sind, desto besser bauen sie Humus auf, speichern sie Kohlenstoff, kühlen sie, säubern und versickern sie Wasser, mildern sie Hochwasserkatastrophen ab.

    Steigende Bodenpreise auch durch die Energiewende

    Die Konkurrenz führt dazu, dass die Preise für Grund und Boden laufend steigen. In den vergangenen zwölf Jahren haben sich die Preise für Agrarflächen in Westdeutschland verdoppelt, in Ostdeutschland teils mehr als vervierfacht. Allein 2021 verteuerten sie sich im Bundesdurchschnitt um 10,3 Prozent auf 29.545 Euro je Hektar. 2023 waren es schon 33.400 Euro.

    Wie hoch Bodenpreise klettern, wird von vielen Faktoren bestimmt, doch in manchen Regionen spielt die Energiewende eine zentrale Rolle. Bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen etwa rechnen Investoren mit so hohen Renditen, dass sie dafür teils exorbitante Kauf- oder Pachtpreise auf den Tisch legen. Oft können landwirtschaftliche Familienbetriebe nicht mehr mithalten. Das Höfesterben beschleunigt sich.

    Investoren aber sehen “häufig keine Priorität” darin, die Biodiversität und Fruchtbarkeit der Böden zu fördern, urteilt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in einem Report von 2021, “da diese langfristigen Investitionen keine kurzfristigen Renditen versprechen”. Zudem befördere die Zunahme kurzer Pachtverträge leicht einen “Fokus auf Maximalerträge” und damit “eine hochintensive Landbewirtschaftung” – auch zum Schaden des Klimas.

    Lösungsideen für den Verteilungskampf

    Um das komplexe Flächenproblem zu lösen, gibt es viele politische Hebel.

    • Würde zum Beispiel weniger Fleisch gegessen und exportiert, dann müsste nicht mehr über die Hälfte des Getreides verfüttert werden, und es würde viel Platz für andere Zwecke frei.
    • Agrarstrukturgesetze, in denen unter anderem Obergrenzen für Pachtpreise und Landbesitz festgelegt werden, könnten mehr Fairness auf dem Flächenmarkt schaffen. Doch in mehreren ostdeutschen Bundesländern scheiterten entsprechende Vorstöße. In Niedersachsen hat gerade Agrarministerin Miriam Staudte (Bündnis 90/Die Grünen) den Entwurf eines “Gesetzes zur Sicherung und Verbesserung einer bäuerlichen Agrarstruktur” zur Diskussion gestellt. Es sieht auch eine Zustimmungspflicht der Behörden für sogenannte Share Deals vor. Dabei verschaffen sich Investoren indirekt und oft intransparent Zugriff auf Grundbesitz, indem sie Anteile an einer Agrargesellschaft erwerben.
    • Mit dem Ziel, Land für kleinere Höfe erschwinglich zu halten und damit den Besitz weiter zu streuen, stellt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft eine progressive Grunderwerbssteuer zur Diskussion. Sie sähe Freibeträge und gestaffelte Steuersätze vor, nach dem Motto: Wer schon viel hat, zahlt mehr.
    • Nutzungskonkurrenzen ließen sich unmittelbar entschärfen, indem häufiger mehrere Ziele auf der gleichen Fläche verfolgt würden. Teilweise wird das schon gemacht: In einigen Bundesländern darf etwa keine Anlage für Freiflächen-PV mehr aufgestellt werden, ohne dass zugleich Schafe darunter weiden oder Lebensmittel wachsen. Zugleich müssten Solaranlagen und Grünflächen auf Dächern obligatorisch werden, wo immer möglich.
    • Neue Finanzierungsquellen für Gemeinden könnten den Ausgriff der Städte begrenzen. Ein Beispiel wäre eine Bodenwertzuwachssteuer. Sie würde auf überhöhte Preissteigerungen für Grund und Boden erhoben, von denen Landbesitzer ohne eigenes Zutun profitieren. Experten schlagen eine Umlage für die Ausweisung von Bauland innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs vor. Gemeinden könnten direkt kompensiert werden, wenn sie Naturschutzinitiativen voranbringen, statt Gewerbe anzusiedeln, und deshalb weniger Einnahmen haben. Als weitere Option werden Abgaben auf die Neuerschließung oder Neubesiedlung von Land diskutiert.
    • Kommunen könnten mit Flächenzertifikaten handeln. Ähnlich wie beim Emissionshandel mit CO₂-Zertifikaten würde ein bundesweites Kontingent für Flächen festgelegt. Jede Gemeinde bekäme entsprechende Zertifikate zugeteilt. Wer nicht baut, kann dann seine Nutzungsrechte verkaufen – ein weiterer Anreiz, Flächen zu sparen.
    • Die Versiegelungsziele – bisher eine sanktionsfreie Norm – könnten gesetzlich verankert werden. Um sie zu erreichen, bekämen dann zum Beispiel Brachen Vorrang vor zusätzlichem Baugrund und Umbauten Vorrang vor Neubauten. Auch kommunale Förderprogramme könnten einen nachhaltigen Umgang mit Flächen einbeziehen.
    • Zusammen mit Entsiegelungsanreizen würde all das helfen, Böden zu schützen und Schwammstädte mit mehr Grün zu entwickeln.

    Vor allem aber müssen Bürger und Fachleute aus den verschiedenen Bereichen auf regionaler Ebene mehr miteinander reden, voneinander lernen und gemeinsam multifunktionale Lösungen finden: Das wurde beim Agrarkongress des Bundesumweltministeriums vor wenigen Tagen deutlich. Dafür könnten neue Gremien geschaffen, aber auch die Raumplanung finanziell und personell verstärkt werden.

    Artenschutz, Klimaschutz, Agrarwende und klimagerechte Städte, alle müssten dann alles im Blick haben: “Wenn man den Gedanken nicht vergisst, kommt man zu den richtigen Entscheidungen”, sagte dort Claudia Bönnighausen, Naturschutzexpertin der Landesregierung Schleswig-Holsteins. Und sie sprach von einem “großen Werk”.

    Korrekturhinweis: In einer ersten Version des Textes hieß es irrtümlich, Moore müssten “trockengelegt werden, um CO₂ zu speichern”. Selbstverständlich ist das Gegenteil richtig. Wir haben den Fehler korrigiert.

    • Agrarpolitik
    • Agrarwende
    • Agri-PV
    • CO2-Zertifikate
    • Erneuerbare Energien
    • Grüne Woche
    • Klima & Umwelt
    • Klimaschutz
    • Landwirtschaft
    • Naturschutz

    News

    Globale Mindeststeuer: Warum die EU nun schnell verhandeln sollte

    Nachdem US-Präsident Donald Trump an seinem ersten Amtstag ein Dekret zur Überprüfung des globalen Mindeststeuerabkommens erlassen hat, ist die Europäische Union am Zug. Das US-Finanzministerium erhielt von Trump eine 60-Tage-Frist, um zu überprüfen, ob andere Länder US-Firmen steuerlich diskriminieren und gegebenenfalls Vorschläge für Gegenmaßnahmen zu machen.

    Wenn die EU sich das nicht gefallen lassen will, dann muss sie eine gemeinsame Strategie finden“, sagte der Politikökonom Lukas Hakelberg zu Table.Briefings. “Ich glaube, dass sie dann auch in der Lage wäre, sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen.” Sinnvoll wäre, so der Wissenschaftler an der Leuphana Universität Lüneburg, schon jetzt mit dem US-Finanzministerium über mögliche Kompromisse zu sprechen.

    Andernfalls müssten die EU-Mitgliedstaaten demnächst: 

    • Verfahren nach der EU-Richtlinie 2022/2523 umsetzen,  
    • eine “non-compliance” der USA bei der globalen Mindestbesteuerung feststellen  
    • und entsprechende Ergänzungssteuerungsbescheide an US-Konzerne verschicken.  

    In diesem Fall wäre ein Steuer- und Zollkrieg mit den USA wahrscheinlich, in dem Handels- und Finanzfragen vermischt würden, so Hakelberg.

    Hintergrund für das Dekret von Trump ist aus Sicht von Hakelberg die Vorbereitung einer Steuerreform durch die neue US-Regierung. Das globale Steuerabkommen würde potenziell verhindern, dass die Trump-Regierung US-Konzernen neue Steuererleichterungen auf Auslandsgewinne gewähren kann. Diese Steuerlast beträgt derzeit 10,5 Prozent, soll nach geltendem US-Recht aber auf rund 13 Prozent steigen.

    OECD-Abkommen wurde auch von Deutschland vorangetrieben 

    Die globale Mindeststeuer für Unternehmen mit mindestens 750 Millionen Euro Jahresumsatz wurde im Oktober 2021 von mehr als 130 Staaten im Rahmen der OECD verabredet. Das Abkommen sieht vor, dass Konzerngewinne mit mindestens 15 Prozent versteuert werden. Geschieht dies nicht am Hauptsitz des Konzerns, dürfen andere Länder Ergänzungssteuern erheben.

    Das Abkommen soll Konzernen die Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen erschweren und zugleich den Standortwettbewerb zwischen Staaten um die niedrigsten Steuersätze beenden. Die OECD erwartete global höhere Staatseinnahmen von bis zu 150 Milliarden US-Dollar, die auch für eine globale sozial-ökologische Transformation notwendig wären.

    Die USA haben das Abkommen bislang nicht umgesetzt. Mit dem Dekret stellt sich das Land nun aber frontal gegen die multilaterale Vereinbarung, die auch von Deutschland maßgeblich vorangetrieben worden war. av 

    • Handel
    • Handelspolitik
    • Mindeststeuer
    • OECD
    • Steuerpolitik
    • USA

    Frankreich fordert Vereinfachung von CSRD und CSDDD

    Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Éric Lombard fordert Korrekturen an den beschlossenen Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und zu Sorgfaltspflichten in den Lieferketten von Unternehmen (CSDDD). Die CSRD-Richtlinie müsse “für den Mittelstand stark vereinfacht werden”, forderte er in Paris. Eine Ausnahme für große Unternehmen, die ab diesem Jahr unter die Gesetzgebung fallen, lehnt der Minister hingegen ab.

    Lombard forderte zudem, die CSDDD auszusetzen, solange sie nicht vereinfacht werde. Dies sei Konsens gewesen unter den Finanzministern der EU-Länder bei ihrem Treffen Anfang der Woche, sagte er. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an Vorschlägen für eine sogenannte Omnibus-Regulierung, die die Umsetzung von CSRD, CSDDD und Taxonomie für betroffene Unternehmen erleichtern soll. Laut Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis könnten auch weitere Gesetze in das Paket einbezogen werden, das für den 26. Februar terminiert ist.

    Lombard betonte, man erwarte “starke Ankündigungen” in den ersten 100 Tagen der zweiten Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der ehemalige Chef der Caisse des Dépôts, dem französischen Pendant zur KfW, ist der Ansicht, dass die EU “zehn Prozent ihres Wachstumspotenzials aufgrund der Komplexität der Vorschriften” verliert. Eine Vereinfachung dürfe aber nicht gleichbedeutend mit einem Rückschritt in der Nachhaltigkeitsagenda der EU sein, mahnte er. cst

    • CSDDD
    • CSRD
    • Klima & Umwelt
    • Lieferkettengesetz
    • Nachhaltigkeit
    • Taxonomie

    Batterieforschung: Weshalb die Rettung durch die neue BMBF-Spitze nur der erste Schritt ist 

    Das BMBF stellt für 2025 eine Überbrückungsfinanzierung von bis zu 25 Millionen Euro aus eigenen Mitteln für die Batterieforschung bereit. “Wir werden ab sofort alle uns vorliegenden bewilligungsfähigen Projekte in der Batterieforschung auf den Weg bringen”, sagte Forschungsminister Cem Özdemir. Durch den Wegfall der Finanzmittel aus dem Klima- und Transformationsfond hätten in diesem Jahr ohne diese zusätzliche Finanzierung lediglich bereits laufende Projekte bedient werden können.  

    Batterieforschung entscheidend für Automobilstandort Deutschland

    Daher sah das BMBF unter Özdemir dringenden Handlungsbedarf. Er wolle “ein Signal der Verlässlichkeit” senden, sagte der Minister. Die Batterieforschung entscheide über die Technologieführerschaft in zentralen Zukunftsfeldern. “Wer global führend wird bei leistungsstarken und gleichzeitig preiswerten Energiespeichern, wird die Wertschöpfung der Zukunft bestimmen. Der Fortschritt bei der Batterietechnik ist entscheidend dafür, dass auch das Auto von morgen aus Deutschland kommt.” 

    Özdemir und anscheinend vor allem Staatssekretär Karl-Eugen Huthmacher hätten hart um diese 25 Millionen Euro gekämpft, heißt es aus Kreisen. Schließlich musste das Geld intern im ohnehin knappen BMBF-Sparbudget für 2025 eingesammelt werden. 

    Erleichterung und Anerkennung auf dem Batterieforum 

    Entsprechend groß war am Dienstag die Anerkennung der Forschenden, die sich beim jährlichen Batterieforum des Kompetenznetzwerks Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) trafen. Von einem Schritt mit “Symbol- und Strahlkraft” sprach Martin Winter vom Meet-Batterieforschungszentrum in Münster. Auf dem Forum machte der anwesende Huthmacher nach Teilnehmerberichten auch klar, dass diese Maßnahme aus seiner Sicht nur eine Zwischenlösung sei. Eine kommende Bundesregierung müsse die Förderung der Batterieforschung wieder auf das Niveau von vor 2023 anheben. Ein Konzept dafür würde derzeit im BMBF vorbereitet.

    Arno Kwade, Batterieforscher an der TU Braunschweig, begrüßt das Vorgehen. Das Konzept sollte dann “von der neuen Regierung aktiv umgesetzt und vorangetrieben” werden. Zudem solle eine kommende Koalition darauf hinarbeiten, dass die deutschen und europäischen Unternehmen enger zusammenarbeiten dürfen. Diese müssten “gemeinsam zeitnah befähigt zu werden, Batteriezellen wirtschaftlich in einer Massenproduktion herzustellen – im Extremfall sogar ähnlich dem Beispiel der Zusammenführung europäischer Flugzeughersteller zu Airbus”.

    Wie sehr eine neue Regierung die Unterstützung der Batterieforschung priorisieren wird, bleibt abzuwarten. Immerhin haben alle Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind, den Punkt in ihrem Wahlprogrammbis auf AfD und FDP. mw 

    • Batterieforschung
    • BMBF
    • Cem Özdemir

    Kohlebergbau-Industrie plant massive Vergrößerung der Abbaukapazitäten für Stahlindustrie 

    Bergbauunternehmen planen derzeit die Eröffnung oder Erweiterung von Förderstätten für metallurgische Kohle (Met-Kohle), deren Volumen die derzeitige Weltproduktion um 50 Prozent erhöhen würde. Dies geht aus der Metallurgical Coal Exit List (MCEL) hervor, die eine internationale NGO-Allianz am Donnerstag veröffentlicht hat. Die öffentliche Datenbank listet 252 Minenprojekte von 160 Unternehmen auf, deren geplante neue Förderkapazitäten 551 Millionen Tonnen Met-Kohle pro Jahr umfassen.  

    Met-Kohle, oder auch “Hüttenkohle”, wird in Hochöfen für die Eisen- und Stahlproduktion verwendet. Während die Hochofen-Technologie in Deutschland in den nächsten Jahren auslaufen und teilweise durch klimafreundlichere Technik ersetzt werden wird, werden etwa in Indien weiterhin neue Hochöfen geplant. Entsprechend gehört das Land mit Japan laut der deutsche NGO Urgewald, die an der MCEL-Datenbank mitgewirkt hat, zu den wichtigsten Zielländern für die Met-Kohle aus neuen und zur Erweiterung vorgesehenen Förderstätten. Zu den wichtigsten Förderländern, in denen Kapazitätserweiterungen geplant sind, zählen Australien, Russland und China.  

    In Europa geht der Met-Kohlebergbau zurück. Trotzdem plant das Berliner Unternehmen HMS Bergbau eine Abbaugenehmigung über 1,5 Millionen Tonnen Kokskohle, eine Form der Met-Kohle, im schlesischen Kohlerevier in Polen zu beantragen. Zu den großen europäischen Bergbaufirmen mit Erweiterungsplänen gehören laut Urgewald außerdem das britische AngloAmerican und das in der Schweiz ansässige Glencore. 

    Ziel der Datenbank ist laut Urgewald die Unterstützung der Finanzwirtschaft bei Risikobeurteilungen. Unter Berufung auf Zahlen der Internationalen Energieagentur schreibt die NGO, dass die bereits erschlossenen Produktionsquellen den Met-Kohlebedarf bis 2050 decken würden. Zugleich widme die Finanzindustrie den Klimagefahren der Hüttenkohle nicht genügend Aufmerksamkeit. “Metallurgische Kohle macht fast 13 Prozent der gesamten Kohleproduktion aus”, sagte Urgewald-Expertin Lia Wagner. “Finanzinstitutionen müssen sich endlich mit diesem blinden Fleck in ihren Kohlerichtlinien auseinandersetzen und neue Ausschlussregeln einführen.” Die Stahlindustrie verursacht, hauptsächlich durch die Verwendung von Met-Kohle, derzeit zwischen sieben und elf Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. av 

    • Bergbau
    • Kohle
    • Kohleausstieg
    • Stahlindustrie

    Grüner Zement: Verband startet freiwilliges CO₂-Label

    Um den Einsatz von grünem Zement zu fördern, hat der Verein der Zementwerke (VDZ) ein freiwilliges CO₂-Label entwickelt. Damit soll der CO₂-Fußabdruck unterschiedlicher Zementprodukte vergleichbar gemacht werden. Es soll beispielsweise auf Zementsäcken oder Lieferscheinen den CO₂-Gehalt des Produkts angeben. “Auf das neue Label des VDZ kann in Ausschreibungen Bezug genommen werden, damit die Verwendung CO₂-reduzierter Zemente beim Bauen zum Standard wird”, sagt Christian Knell, Präsident des VDZ.

    Das Zement-Label soll die von Politik und Industrie im vergangenen Jahr getroffene Definition grüner Zemente in die Praxis überführen. Es hat fünf CO₂-Stufen (“Cement Carbon Class”) und orientiert sich laut VDZ an Vorarbeiten der Internationalen Energieagentur (IEA). Als klimafreundlichste Zemente werden solche mit einem CO₂-Fußabdruck von unter 100 Kilogramm CO₂ pro Tonne eingestuft. Zudem gibt es vier Klassen von emissionsreduzierten Zementen mit 100 bis 500 Kilogramm CO₂ pro Tonne. Die Einstufung und Zertifizierung unterschiedlicher Produkte werden jährlich von der CCC-Zertifizierungsstelle des VDZ vorgenommen und basieren auf Ökobilanzdaten des Vorjahres, gab der Verein bekannt. Eine Voraussetzung zur Erlangung eines Labels ist demnach ein “verifizierter Emissionsbericht”. nib

    • CO2-Bilanz
    • Dekarbonisierung
    • Wirtschaft
    • Zementindustrie

    GAP: Wie laut Forschern mehr Umweltschutz ohne mehr Geld möglich wird

    Die EU soll für den Klima- und Umweltschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) neue Instrumente entwickeln, die günstiger und leichter umsetzbar sind als bisher. Das empfehlen Forscher der französischen Institute IDDRI und INRAE in einer Studie für den EU-Agrarausschuss. Geeignet sei eine Kombination aus Steuern und Rückerstattung: Landwirte müssten für Umweltschäden zahlen, die sie verursachen, bekämen aber einen bestimmten Betrag zurückgezahlt.

    Vorbild ist die dänische Klimasteuer für die Tierhaltung. Die müssen Tierhalter pro Tonne ausgestoßener Emissionen zahlen, erhalten aber durchschnittlich 60 Prozent der Kosten zurück. So werden in der Praxis nur Emissionen über einem gewissen Schwellenwert besteuert, die sich durch Futterzusätze oder bessere Gülleverarbeitung vermeiden lassen.

    Die Vorteile eines solchen Mechanismus: Abgaben schafften kostengünstiger und unbürokratischer als bisherige GAP-Maßnahmen Anreize für Umwelt- und Klimaschutz, schreiben die Autoren. Rückerstattungen sorgten für bessere Akzeptanz unter Landwirten. Zum Beispiel könne eine hohe Abgabe auf die Nutzung synthetischer Pestizide oder Dünger zu deutlich weniger Umweltverschmutzung führen. Erhielten Ackerbauern dann eine Rückerstattung, müssten sie trotzdem kaum Einkommen einbüßen. Zudem könnten sie frei wählen, auf welche Weise sie Pestizide oder Dünger einsparen.

    Politisch ist ein solcher Schritt allerdings unwahrscheinlich. Denn die EU ist in der Steuerpolitik nur begrenzt zuständig, alle Mitgliedstaaten müssten eine neue Umwelt- oder Klimasteuer einstimmig mittragen. Das erkennen auch die Autoren an, betonen aber: Notwendig sei die Umstellung trotzdem. Bleibe es beim bisherigen GAP-System, das auf Vorgaben und Subventionen setzt, sei mit “enttäuschenden Ergebnissen” zu rechnen. Verbesserungen für Umwelt und Klima seien dann nur mit einem deutlich höheren Agrarbudget zu erreichen. jd

    • Europäisches Parlament
    • GAP
    • GAP-Reform
    • Gemeinsame Agrarpolitik

    Nächste Woche im Bundestag: Nachhaltige Landwirtschaft, Agrardiesel, Recycling

    In der kommenden Sitzungswoche des Deutschen Bundestags will die FDP-Fraktion am Mittwoch in erster Lesung darüber debattieren, wie neue Züchtungsmethoden eine nachhaltigere Landwirtschaft ermöglichen können. Ein entsprechender Antrag lag zu Redaktionsschluss allerdings noch nicht vor. 

    Ebenfalls am Mittwoch befasst sich der Unterausschuss Globale Gesundheit in öffentlicher Sitzung mit den Auswirkungen von Rassismus und Kolonialismus auf die Kindergesundheit. Am Abend diskutiert der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung seinen Abschlussbericht über die zu Ende gehende Legislaturperiode. 

    Am Donnerstag wird in erster Lesung ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Unsere Landwirtschaft vielfältig, leistungsstark und nachhaltig ausgestalten” behandelt. Danach soll die Agrardieselvergütung wieder auf das frühere Niveau angehoben und die finanzielle Last aus Steuern und Abgaben “auf maximal die EU-Durchschnittsbelastung begrenzt werden”. “Regulatorische Alleingänge” auf Nationalebene will die Union künftig ausschließen. 

    Ohne Aussprache soll zudem abschließend über eine Verordnung der Bundesregierung zur Stärkung der Bewirtschaftung von gewerblichen Siedlungsabfällen und bestimmten Bau- und Abbruchabfällen beraten und abgestimmt werden. Sie hat zum Ziel, die bisherigen Regelungen der Gewerbeabfallverordnung “noch stringenter und vollzugstauglicher” zu gestalten, um so die getrennte Sammlung zu verbessern und “das Erreichen der angestrebten Recyclingquote bei der Vorbehandlung von Gemischen zu sichern”. ch 

    • Bundestag

    Must-Reads

    Professor Wan und sein Schüler – Zeit 
    Im Doppelinterview mit Max Hägler sprechen Volkswagen-Chef Oliver Blume und sein ehemaliger Doktorvater und Elektroautopionier Wang Gang darüber, wie China erst von deutschen Autobauern lernte, und sie dann überflügelte. Sie beschreiben auch, wo weiterhin Kooperationschancen für China und Europa bestehen, etwa beim Kampf gegen den Klimawandel. Zum Artikel 

    Staat oder Blackrock? – Süddeutsche Zeitung  
    Wenn der Staat die Finanzierung des Stromnetzausbaus übernehme, könnten Stromkunden viel Geld sparen, heißt es in einer Untersuchung der Ökonomen Tom Krebs und Patrick Kaczmarczyk. Zentraler Sparmechanismus wären die geringen Zinsen, die die Bundesrepublik auf Kredite bezahlt, fasst Claus Hulverscheidt zusammen. Eine Auslagerung des Netzausbaus an private Geldgeber würde die Netzbenutzungsgebühren dagegen in die Höhe treiben. Zum Artikel

    Donald Trump halts more than 300bn US-Dollar in US green infrastructure funding – Financial Times 
    Per Dekret hat Donald Trump 50 Milliarden US-Dollar an bereits zugesagten staatlichen Krediten für grüne Infrastruktur gestoppt, und noch einmal 280 Milliarden im Prüfstadium. Dabei gehe es um Fördermittel aus dem Inflation Reduction Act (IRA) und dem Infrastrukturgesetz, schreiben Amanda Chu und Jamie Smyth. Sie listen eine Reihe von Firmen auf, die Projekte für erneuerbare Energie abgesagt haben oder es planen. Zum Artikel 

    Are big cities overrated? – Economist 
    Wohnten vor 60 Jahren 15 Prozent der Menschen in Städten mit mehr als einer Million Einwohnern, ist es heute ein Viertel der Menschheit. Bislang gingen Ökonomen davon aus, dass die höhere Produktivität in großen Städten Einwohner anziehe. Die beiden Forscher Matthew Turner und David Weil von der Brown University haben Zahlen gesammelt, um dies zu überprüfen. Sie behaupten: Auch ohne große Städte hätten wir das moderne Leben, wie wir es kennen. Zum Artikel 

    Tübingens Steuer auf Einwegverpackungen von Speisen legal – taz 
    Eine Steuer auf Einwegverpackungen für Speisen und Getränke darf die Stadt Tübingen auch weiterhin erheben. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde dazu abgelehnt, berichtet Christian Rath. Begründung: Zwar sehe der Bund im Kreislaufwirtschaftsgesetz keine Verpackungssteuer vor. Eine kommunale Steuer widerspreche dessen Konzeption aber auch nicht. Zum Artikel 

    Amazon Closes Its Operations in Quebec, Laying Off 1,700 Workers – New York Times 
    In einem ungewöhnlichen Schritt habe Amazon angekündigt, seine Lager- und Logistikbetriebe in der kanadischen Provinz Quebec zu schließen und 1.700 Mitarbeiter zu entlassen, berichten Karen Weise and Vjosa Isai. Noch bis letztes Jahr habe das Unternehmen in die Provinz investiert. Beobachter vermuteten, dass Amazon sich zurückziehe, weil sich Arbeiter in einem Warenlager erfolgreich gewerkschaftlich organisierten. Amazon wollte sich nicht zu den Gründen der Schließung äußern. Zum Artikel 

    Big oil spent 445m US-Dollar in last election cycle to influence Trump and Congress, report says – Guardian 
    Ölfirmen haben eine Menge Geld in den Wahlkampf von Donald Trump und Kongressmitgliedern investiert, schreibt Dharna Noor unter Berufung auf eine Studie der NGO Climate Power. Ein Großteil der Summe stamme von schwerreichen Einzelpersonen. Zum Artikel 

    370 Superreiche fordern in Davos höhere Steuern für sich selbst – Spiegel 
    In einem offenen Brief haben Millionäre und Milliardäre höhere Steuern für “Superreiche” gefordert, berichtet Malte Göbel. Sie sähen in zu schwach besteuerten, großen Vermögen eine Gefahr für die Demokratie, schreiben unter anderem die österreichische Aktivistin Marlene Engelhorn und Disney-Erbin Abigail Disney. Zum Artikel 

    Standpunkt

    Nächste Bundesregierung: So kann sie Wohnen bezahlbar und klimafreundlich machen

    Von Kolja Zajicek
    Kolja Zajicek, Senior Referent für Politik bei der Stiftung KlimaWirtschaft.

    Einer der Schlüsselsektoren bei der Erreichung der Klimaziele ist der Bausektor. Gerade er zählt immer noch zu den größten Verursachern von CO₂-Emissionen. Bereits das vierte Jahr in Folge wurden in Deutschland die Sektorziele auf dem Weg zur Klimaneutralität gerissen. Das ist die erste schlechte Nachricht.

    Die zweite lautet: Auch wirtschaftlich geht es dem Bausektor schlecht, und das hat ebenfalls Folgen für die Klimaziele. Denn wenn wir zu wenig bauen und sanieren, scheitert die Transformation des Sektors.

    Gründe für die schlechte Lage

    Für die schlechte Lage gibt es viele Gründe. Zu den wichtigsten zählen hohe Preise und Zinsen, komplizierte Bauvorschriften, kaum überschaubare Förderprogramme und nicht zuletzt die Verunsicherung durch politische Debatten.

    In den vergangenen zehn Jahren sind die Baupreise für Wohngebäude um 65 Prozent gestiegen. Nirgendwo sonst in Europa sind die Baunebenkosten höher. Als wäre das noch nicht genug, ist Bauen in Deutschland auch zu kompliziert: Der Sektor ertrinkt in einer Flut aus Vorschriften und Normen. Zu den knapp 3.900 Baunormen kommen 16 Landesbauordnungen und eine unüberschaubare Anzahl kommunaler Vorschriften. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik schätzt, dass sich die Vorgaben am Bau seit 1990 vervierfacht haben.

    Wer sich als Unternehmen oder Privatperson davon nicht abschrecken lässt, muss sich noch eine Übersicht über die überkomplexe Förderlandschaft mit mehr als 3.000 verschiedenen Förderprogrammen verschaffen. Hinzu kommen die gestiegenen Zinskosten in Folge der Energiepreiskrise und die Verunsicherung durch die Debatte zum Gebäude-Energie-Gesetz (GEG). Im Ergebnis werden aktuell die meisten Bau- oder Sanierungsvorhaben beerdigt.

    Planungssicherheit für Investitionen

    In den vergangenen drei Jahren haben Dürren und Überschwemmungen in Deutschland etwa 90 Milliarden Euro an Immobilienwerten zerstört. Das entspricht den Kosten für eine Vollsanierung von etwa 300.000 Häusern. Immer mehr Banken und Versicherer stellen fest, dass Klimarisikoanalysetools Schwächen im Abgleich zwischen Datenbank-Ergebnissen und realen Klimaereignissen zeigen – das heißt: Die Risiken des Klimawandels werden unterschätzt.

    Dabei sind sich Experten längst einig: Wenn wir die Bauwirtschaft ankurbeln, die Anzahl der Bausanierungen vorantreiben und die Klimaziele wieder in greifbare Nähe rücken wollen, muss die Branche von der Politik wieder Planungssicherheit für Investitionsentscheidungen erhalten. Wie das gelingen kann, zeigt die Stiftung KlimaWirtschaft in einem neuen, in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP erstellten Positionspapier:

    Was die neue Regierung tun muss

    2024 wurde die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) verabschiedet. Die EPBD bildet den europaweiten Rahmen für die Transformation des Sektors und enthält eine Fülle von Vorschriften, die bis Mai 2026 in deutsches Recht überführt werden müssen. Das erfordert eine Reform des GEG.

    Ein seriöses Wahlversprechen an die Baubranche wäre es, in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung einen schlüssigen Zeitplan für die Implementierung der Richtlinie aufzuzeigen und somit privaten Bauherren und Unternehmen die dringend benötigte Planungssicherheit zu liefern. Die vielfach geforderte Rückabwicklung des Heizungsgesetzes wäre für die Branche hingegen mittelfristig ein fatales Signal.

    Die nächste Bundesregierung sollte außerdem die finanzielle Unterstützung für die klimaneutrale Transformation des Gebäudesektors vereinfachen und planbar ausgestalten. In den vergangenen Jahren wurden einzelne Förderprogramme immer wieder über Nacht eingestellt, andere wiederum kaum abgerufen. Deswegen benötigt es eine übersichtliche Anzahl von schlagkräftigen Förderprogrammen, die über einen Zeitraum von mindestens 36 Monaten bestehen. Auch das sorgt bei Unternehmen, privaten Bauherren, Energieberatern und Architekten für ausreichend Planungssicherheit. Und es wird verhindert, dass die einkalkulierte Förderung bei Baustart nicht mehr zur Verfügung steht.

    Deutsche Unternehmen stehen bereit

    Bereits heute denken viele Unternehmen die Bauwende in Deutschland vor. Sie investieren in Digitalisierung, KI, neue Fertigungs- und Montageprozesse sowie innovative, kreislauffähige Bauprodukte. Mit diesen Bauprodukten, Baumaterialien, Bauweisen und -prozessen könnten wir eine globale Vorreiterrolle deutscher Baustoffproduzenten und Bauunternehmen etablieren.

    Es wird Zeit, den progressiven Unternehmen eine klare Perspektive aufzuzeigen und sie gezielt zu unterstützen, anstatt durch zähe politische Debatten um den Heizungskeller die Branche weiter zu verunsichern.

    Kolja Zajicek ist Senior Referent für Politik bei der Stiftung KlimaWirtschaft. Er arbeitet schwerpunktmäßig zur Transformation der Wirtschaft, zur Klimagesetzgebung und zum Gebäudesektor.

    • Bundestagswahl
    • CO2-Emissionen
    • Dürre
    • EPBD
    • Gebäudeenergiegesetz
    • Gebäudesektor
    • Klima & Umwelt
    • Klimaneutralität
    • Klimaziele
    • Transformation

    Mehr von Table.Media

    Europe.Table – BMWK will keinen Standortwettbewerb über Energiepreise: Die deutsche Industrie fürchtet, dass die Fertigungsstätten der Zukunft vor allem in Staaten mit besseren Bedingungen für erneuerbare Energien entstehen werden. Solch einen Wettbewerb will das Bundeswirtschaftsministerium verhindern. Zum Artikel

    Climate.Table – Faktencheck zur Wahl: Aufweichen des Verbrenner-Aus: Zur Bundestagswahl stellen alle Parteien Vorschläge für eine veränderte Klima- und Energiepolitik vor – manche wollen das Tempo beim Klimaschutz erhöhen, andere die Anstrengungen abschwächen. Table.Briefings klopft diese Ideen darauf ab, wie realistisch, zielführend und durchsetzbar sie sind. Heute: die Verschiebung des ab 2035 geplanten Verbrenner-Verbots. Zum Artikel

    Africa.Table – Davos: Afrika wirbt um grüne Investitionen: Beim diesjährigen Weltwirtschaftsgipfel in Davos versuchen sich auch kleinere afrikanische Länder zu präsentieren und locken Investoren an. Die Demokratische Republik Kongo und Lesotho wollen mit grünen Initiativen punkten. Zum Artikel

    ESG.Table Redaktion

    ESG.TABLE REDAKTION

    Licenses:

      Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

      Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

      Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

      Anmelden und weiterlesen