nach unserer gestrigen Sonderausgabe blicken wir heute erneut nach Amerika. Die historische Wahl Donald Trumps wirft nämlich weitere Fragen auf. Eine davon: Was passiert mit dem Inflation Reduction Act, der die Energiewende bringen soll? Der kommende Präsident hat das Gesetz auf seine Streichliste gesetzt. Aber: So leicht lässt es sich nicht abschaffen. Die Republikaner verbinden mit ihm nämlich inzwischen eine Art Hassliebe, wie Carsten Hübner erklärt.
Von Christian Klein wollte ich hingegen wissen, welche Gefahren nun der Sustainable-Finance-Branche drohen. Der Experte befürchtet, dass die ohnehin schon negative Entwicklung an Fahrt aufnimmt – und appelliert an Unternehmen, sich dieser Spirale bewusst zu werden. Was er damit meint, lesen Sie in dem Interview.
Zudem setzen wir unsere Serie zur Kreislaufwirtschaft fort. Anna Gauto stellt ein Start-up vor, dessen Lederimitat aus Hanf gängige Ersatzstoffe nochmals überbietet, weil für die Herstellung kein Kunststoff mehr eingesetzt werden muss. Das ist bei vielen Produkten immer noch der Fall – die Praxis könnte bald aber der Vergangenheit angehören.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Herr Klein, Donald Trump kehrt ins Weiße Haus zurück. Wie blicken Sie darauf?
Bei Wahlkampfveranstaltungen hat er ja häufiger “Drill, Baby, drill” gerufen, er plant also, noch mehr Öl zu fördern. Dazu sind republikanische Gouverneure beispielsweise gegen Pensionsfonds vorgegangen, wenn diese deinvestieren und fossile Energien aus ihren Anlageuniversen rausschmeißen wollten. Ich fürchte, dass das jetzt auch Folgen für die europäische Klima- und Sustainable-Finance-Politik haben wird.
Inwiefern?
Was wir ja gerade in der EU und in Deutschland sehen, ist, dass unter der Überschrift Wettbewerbsfähigkeit eigentlich gefordert wird, die Regulatorik zu entschärfen oder gar zurückzunehmen. Trumps Sieg gibt diesen Forderungen nochmal wesentlich mehr Energie – und ich gehe davon aus, dass die Sustainable-Finance-Regulatorik im deutschen Wahlkampf eine Rolle spielen wird, allerdings unter dem Schlagwort Bürokratie, die abgebaut werden müsse, um Unternehmen zu entlasten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat kürzlich gesagt, dass er an das Lieferkettengesetz die Kettensäge ansetzen will. Hat der Wahlkampf schon begonnen?
Ja, hat er. Von Habecks Formulierung war ich überrascht, weil das keine typische grüne Position ist. Zugleich zeigt sie, in welche Richtung die aktuelle Entwicklung geht. Das macht mir Sorgen.
Bei Sustainable Finance geht es darum, Gelder in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten umzuleiten. Kann man schon in Zahlen messen, welche Folgen die Tendenzen in den USA und Europa für dieses Ziel haben werden?
Nein. Aber man sieht ja, was zum Beispiel bei Blackrock passiert und wie sich die Tonlage in dem jährlichen CEO-Letter von Vorstandschef Larry Fink geändert hat. Das geht zu 100 Prozent auf das Konto der Republikaner. Unter deren Druck ist Blackrock in die Knie gegangen. Das Unternehmen hatte existenzielle Angst, dass man ihm wichtige Mandate entziehen könnte. Und wenn die weltweit mächtigste Investmentfirma so reagiert, hat das Auswirkungen.
Auswirkungen auf kleinere Investmentfirmen?
Das ist jetzt eher meine persönliche Wahrnehmung, aber: Ich sehe, dass an vielen Stellen in der Finanz- und Realwirtschaft in den letzten Monaten zurückgerudert wurde. ESG-Kriterien für Kredite wurden etwa im gegenseitigen Einverständnis zwischen Unternehmen und Kreditgeber aufgeweicht. Warum? Weil zunehmend deutlich wird, dass die Rettung der Welt viel Geld kostet und Banken und Investoren sowie die Realwirtschaft nicht so viel damit verdienen können, wie sie es von konventionellen Wirtschaftsaktivitäten aus der Vergangenheit kennen. Die Realwirtschaft dachte, sie könnte an günstige Finanzkonditionen kommen, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu finanzieren. Und die Finanzwirtschaft hat gedacht, sie könnte mit dem Thema Nachhaltigkeit leicht noch mehr Geld verdienen. Da ist aber ein Denkfehler drin. So einfach, wie sich es einige machen, ist es nicht.
Wie resilient sind die Strukturen, die bislang aufgebaut wurden? Also etwa die politischen Strategien, regulatorischen Vorgaben und Rahmenwerke, die Fonds und Finanzinstrumente?
Um das beantworten zu können, müssen wir die kommenden Monate abwarten. Vor dem Einmarsch der Russen in der Ukraine hat die Entwicklung in Europa sehr viel Hoffnung gemacht. Es war viel Enthusiasmus zu verspüren. Unternehmen und Finanzhäuser haben einander übertroffen mit Selbstverpflichtungen, Wissenschaft und Praxis haben gemeinsam über Impact diskutiert und so weiter. Dann kam der Krieg und das war der erste große Dämpfer. Ob die Wahl von Trump der zweite große Dämpfer ist, werden wir in ein paar Jahren sagen können. Ich bin ein unerträglicher Optimist, aber wenn ich in den vergangenen Monaten über diese Fragen nachgedacht habe, lief alles auf den 5. November hinaus. Auf die Wahl in den USA. Es hängt sehr viel davon ab, wer dort Präsident ist.
Ein anderes Problem könnte die Unterstützung der Ukraine sein. Bislang haben die USA einen Großteil davon geleistet, Trump droht nun, das nicht mehr fortzusetzen. Wenn Europa in diesem Fall einspringen und sich mehr engagieren sollte – fehlt dann Geld für die Transformation?
Ich erwarte, dass ab sofort massiv über Rüstung und Investitionen in Rüstung diskutiert wird. Allerdings sind die Kassen knapp und die Umschichtung und damit die Finanzierung von Panzern statt des Klimaschutzes wäre für die Finanzmärkte eine Katastrophe. Denn wenn wir davon ausgehen, dass der Klimawandel menschengemacht ist und die Bekämpfung ausbleibt, dann werden die transitorischen Risiken weltweit extrem ansteigen.
Was meinen Sie damit?
Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass wir in ein paar Jahren erschrecken, wenn wir die ersten wirklich drastischen Folgen des Klimawandels sehen, beispielsweise eine Flutkatastrophe mit noch viel mehr Toten. Wenn dann die Welt anfängt, die versäumte Klimapolitik der letzten Jahrzehnte sehr kurzfristig umzusetzen, wird es sehr wahrscheinlich große wirtschaftliche Probleme geben. So würde die plötzliche weltweite Einführung eines hohen CO₂-Preises vielleicht dazu führen, dass Geschäftsmodelle schnell nicht mehr funktionieren, Kredite platzen und es an den Finanzmärkten zu Verwerfungen kommt. Deshalb appelliere ich an Unternehmen, bitte zu verstehen, dass weniger Bürokratie zwar eine Erleichterung darstellt. Aber ein starkes Zurückrudern im Klimaschutz bedeutet faktisch, dass die Risiken für die Zukunft gewaltig wachsen.
Christian Klein ist Professor für Sustainable Finance an der Universität Kassel. Er hat die Wissenschaftsplattform Sustainable Finance Deutschland mitgegründet und ist unter anderem Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirats der Bayer AG.
“Unser Material sieht aus wie Leder, fühlt sich an wie Leder, besteht aber aus Hanfresten, die niemand mehr braucht”, so fasst Lucas Fuhrmann, CEO des Darmstädter Start-ups Revoltech, die Vorzüge seines Textils “Lovr” (Akronym für: lederähnlich, ohne Plastik, vegan, reststoffbasiert) zusammen.
Für Unternehmen wie den krisengebeutelten Autobauer Volkswagen ist das Lederimitat mit Blick auf CO₂-Ziele und Recycling eine wertvolle Innnovation. Ende August gab VW daher eine Kooperation mit Revoltech bekannt. Ab 2028 könnte das “nachhaltige Oberflächenmaterial” in Volkswagen-Modellen zum Einsatz kommen.
Am Markt tummeln sich viele Hersteller von “biobasiertem” oder “veganem” Leder. Etwa die britische Firma Ananas Anam mit ihrer Ledervariante Piñatex aus Ananasreststoffen. Die Firma kooperiert mit Marken wie Hugo Boss, Nike oder Skoda. Doch die wenigsten dieser Lederalternativen kommen ohne erdölbasierte Kunststoffe aus. Auch in Piñatex steckt Polyurethan. Zudem fehlt es Lederimitaten oftmals an Skalierbarkeit – etwa bei Alternativen aus Pilzanteilen – unter anderem, weil die nötigen Mengen fehlen.
Revoltech arbeitet anders. Das Start-up lässt tatsächlich Plastik und damit sämtliche petrochemische Inhaltsstoffen weg. Da Lovr nur aus einer Textilschicht ohne Plastikbelag besteht, lässt es sich recyceln, anders als etwa Piñatex. Zudem gebe es genug Industrie-Hanfreste, um in Masse zu produzieren, sagt Fuhrmann.
Entsprechend “von den Socken” war Thomas Taddigs, Leiter Werkstofftechnik Interieur bei VW, als er das Material von Revoltech zum ersten Mal in der Hand hielt. Denn dass vollständig biobasierte Textilien auch ohne Chemiezusatz stabil bleiben, ist eine gewaltige Herausforderung.
Die Ausgründung der TU Darmstadt profitiert von einem Kulturwandel innerhalb der Industrie. Vor zehn Jahren interessierte sich kaum jemand für Recycling. Doch heute heißt es, man müsse “bei der Entwicklung von Bauteilen kreislaufgerecht denken. Wir wollen hin zu geschlossenen Kreisläufen“, so Taddigs. Dafür eignen sich am besten Monomaterialien, “biobasiert wie von Revoltech”, oder Materialien aus “Post-Consumer-Rezyklaten”, etwa Haushaltsverpackungsabfällen.
Daneben seien auch Materialkombinationen eine Option, sofern deren einzelne Bestandteile lösbar seien. Denn nur was sich sortenrein wieder aus dem Auto herausbauen lässt, kann man auch recyceln. Alles andere wird “thermisch verwertet”, also verbrannt.
Die Kooperation mit Revoltech und der Fokus auf geschlossene Produktionskreisläufe lässt sich neben Konkurrenzdruck – BMW hat schon 2021 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) mit dem BMW i Vision Circular ein “Visionsfahrzeug für 2040” präsentiert, das zu 100 Prozent recyclingfähig sein soll – auch auf ambitionierte Recyclingquoten der EU-Kommission zurückführen.
Der Entwurf der Kommission für eine Verordnung zur kreislauforientierten Konstruktion von Fahrzeugen und die Entsorgung von Altfahrzeugen verlangt für Kunststoffe in neuen Fahrzeugen einen Rezyklatanteil von 25 Prozent, der wiederum zu einem Viertel aus Altfahrzeugen stammen muss. “Die Bestimmung zu den Altfahrzeugen gilt aber nur, wenn diese in Deutschland recycelt werden”, ergänzt Henning Wilts, Abteilungsleiter für Kreislaufwirtschaft beim Wuppertal Institut.
Überlebt dieser Passus die Einflussnahme der Autolobby, hätte die Industrie “ein Riesenproblem“, so Wilts. Schließlich werden die in Deutschland genutzten Fahrzeuge zu 80 Prozent im Ausland recycelt, “gern in Ländern wie Ghana unter fragwürdigen Bedingungen”. Plötzlich würden Autobauer wie VW ihre Altfahrzeuge zurücknehmen müssen, statt sie auf Containerschiffen in Richtung Südhalbkugel zu schicken.
Auch Wilts ist überzeugt von dem Hanfleder. Als Juror der Förderinitiative Circular Valley hat er sich dafür eingesetzt, Revoltech ins Förderprogramm aufzunehmen. “Im Auto-Luxussegment erwartet der Kunde Leder. Revoltech macht so interessant, dass die Haptik ihres Materials Leder deutlich mehr ähnelt als Synthetik“. Bislang hätten die Autobauer den Leder- und Textilbereich weitgehend ignoriert. “Doch geht man das Fahrzeug durch, um CO₂ zu sparen, müssen sie da jetzt ran”. Schon wegen steigender CO₂-Preise.
Auch hier hat die Biotech-Ausgründung der TU Darmstadt Vorteile gegenüber Tierleder. Der CO₂-Fußabdruck bei der Produktion von Lovr ist mit nur 0,25 Kilogramm CO₂ pro Quadratmeter des Stoffes, so Fuhrmann, im Vergleich zu Rindsleder (über 70 Kilo CO₂ pro Quadratmeter) verschwindend gering.
Bei VW könnte das Lederimitat etwa in der Türverkleidung oder in anderen Dekorelementen im Autoinnenraum zum Einsatz kommen. Denkbar ist laut Taddigs auch, künftig Sitzbezüge aus dem Material fertigen. Bis dahin muss Revoltech aber noch einige Hausaufgaben erledigen. Für den kommerziellen Einsatz in Autos muss der Stoff besonders abrieb- und reißfest, zudem reinigungsfähig sein.
Doch wie viel würde ein wenig Hanf in den Türen wirklich zur CO₂-Reduktion beim Autohersteller beitragen? Im Vergleich zu den wesentlich CO₂-intensiveren Metallen in Autos “sicher wenig”, räumt Wilts ein. Dennoch sei es sinnvoll, auch beim Textilanteil in den Autos CO₂ zu senken und in Kreisläufen zu denken. Nur so entstünden neue Ideen im Produktdesign, glaubt Wilts. “Die Industrie muss weg von der irren Vielfalt an Kunststoffen und Materialkombinationen. Sie muss Autos so konzipieren, dass sie sich recyceln lassen”.
Ähnlich sieht man es anscheinend in Wolfsburg. “Früher musste die Form der Funktion folgen, heute folgt die Form dem Material”, sagt die VW-Industriedesignerin Rut Sawodny. Das bedeutet, Teile so zu gestalten, dass sie sich sortenrein dekonstruieren lassen.
Noch ist Lovr in der Entwicklung. Eine Entscheidung, ob das Material bei VW in Serienproduktion gehen wird, gibt es bislang nicht. Dennoch scheint sich etwas zu tun, bei Unternehmen, die lange gut vom fossilen Geschäft gelebt haben. “Es braucht solche Innovationen, die bisher im Automobilbau in Deutschland noch nicht üblich sind. Start-ups wie Revoltech sind für mich eine Chance, neu zu denken“, konstatiert Taddigs.
Alle Artikel der Serie zur Circular Economy finden Sie hier.
Donald Trump hat im US-Präsidentschaftswahlkampf keinen Zweifel daran gelassen, dass ihm der Inflation Reduction Act (IRA) ein Dorn im Auge ist. Mehrfach bezeichnete er das Gesetz als Geldverschwendung und “Green New Scam”, also Betrug. Der IRA ist das Kernelement der grünen Transformationsagenda der Biden-Administration. Er soll die Dekarbonisierung der US-Wirtschaft und den Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030 mit rund 370 Milliarden US-Dollar an Steuergutschriften und Subventionen unterstützen.
Trump hat sich mit seinem Wahlprogramm stattdessen als Lobbyist der US-amerikanischen Öl- und Gasindustrie in Szene gesetzt. Das Ziel der amtierenden Regierung, den Energiesektor bis 2035 und die Wirtschaft bis 2050 klimaneutral zu machen, lehnt er entschieden ab. Im Gegenteil. Er will die Energiewende beenden oder sie zumindest so lange wie möglich hinauszögern.
Gleichzeitig soll die Ausbeutung fossiler Energievorkommen weiter forciert werden. “Drill, Baby, Drill”, heißt es dazu im Programm. Das soll günstige Strom-, Gas- und Treibstoffpreise für die Industrie und die Bürger garantieren und die Energieunabhängigkeit der USA sichern.
Trump hat diese Ambitionen in seiner Siegesrede in der Wahlnacht unterstrichen. “Wir haben mehr flüssiges Gold, Öl und Gas. Wir haben mehr flüssiges Gold als jedes andere Land der Welt. Mehr als Saudi-Arabien. Wir haben mehr als Russland”, so Trump. Wie zu Beginn seiner ersten Präsidentschaft im Jahr 2017 gilt es als ausgemacht, dass er unmittelbar nach seinem Amtsantritt den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen verkünden wird.
Der wichtigste rechte Thinktank der USA, die Heritage Foundation, unterstützt diesen Kurs. In ihrem Project 2025, das sich wie eine Regieanweisung für Trumps Präsidentschaft liest, drängt sie auf eine Ausweitung der Öl- und Gasförderung. Dazu sollen Umweltstandards gesenkt und Bohrungen in Schutzgebieten erlaubt werden. Trump hat versprochen, entsprechende Dekrete auf seine Prioritätenliste für den Day 1, den 20. Januar 2025, zu setzen – seinen ersten Tag als 47. Präsident der USA.
Um den IRA loszuwerden, bedarf es jedoch mehr als einer Executive Order des Präsidenten. Das Gesetz greift tief in das Budgetrecht des US-Kongresses ein. Für seine Verabschiedung im Jahr 2022 war eine Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat erforderlich. Die Einigung kam seinerzeit erst nach langwierigen parteiübergreifenden Verhandlungen zustande. Die Konstellation für die Abschaffung des IRA scheint derzeit günstiger, weil die Republikaner künftig beide Kammern des Kongresses kontrollieren.
Doch das könnte täuschen. Denn längst nicht alle Republikaner im Repräsentantenhaus lehnen den IRA ab. Der Grund: Viele der Projekte, die mit Geldern aus dem Gesetzespaket auf den Weg gebracht wurden, liegen in Wahlkreisen republikanischer Abgeordneter.
Laut einer aktuellen Übersicht der Organisation Climate Power belaufen sich die dort getätigten Investitionen mittlerweile auf über 286 Milliarden US-Dollar – das entspricht rund drei Vierteln der Gesamtsumme. Die Investitionen fließen in Fabriken zur Herstellung von E-Autos, Batterien, Solarmodulen und Windkraftanlagen. Hinzu kommen weitere Projekte im Bereich der sauberen Energien wie Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff.
Republikanische Wahlkreise profitieren demnach auch in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung überdurchschnittlich stark vom IRA. Dafür stehen auch die bisher rund 135.000 neu geschaffenen Arbeitsplätze. Grund genug für 18 republikanische Abgeordnete, sich im August dieses Jahres an Mike Johnson, ihren Fraktionsvorsitzenden im Repräsentantenhaus, zu wenden. Ihre Forderung: Auch nach einem Wahlsieg im November soll der IRA weitgehend unangetastet bleiben.
“Die Steuergutschriften haben Innovationen vorangetrieben, Investitionen gefördert und in vielen Teilen des Landes gute Arbeitsplätze geschaffen – auch in vielen Wahlkreisen, die von Mitgliedern unserer Fraktion vertreten werden”, heißt es in ihrem Schreiben. Als “Worst-Case-Szenario” bezeichnen sie darin, dass die zugesagten Steuererleichterungen wegfallen, obwohl bereits Investitionen in Milliardenhöhe ausgelöst worden seien.
Angesichts der derzeit absehbar relativ knappen Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus könnten die Stimmen dieser Abgeordneten daher durchaus Gewicht haben. Hinzu kommt, dass die Partei im Senat nicht über die notwendigen 60 von 100 Sitzen verfügt, um einen Filibuster der Demokraten abzuwenden. Dabei geht es um die Taktik der Marathonrede, um eine etwaige Abstimmung zu verhindern.
Statt den IRA komplett abzuschaffen, könnte Trump deshalb zunächst versuchen, besonders missliebige Teile aus dem Gesetzespaket herauszulösen – vor allem, wenn er sie per Dekret beseitigen kann. Dazu könnten Regeln zum Umwelt- und Klimaschutz gehören, etwa das Programm zur Vermeidung von Methanemissionen bei der Förderung und dem Transport von Erdgas.
In den vergangenen Jahren haben die Republikaner dafür im Repräsentantenhaus bereits 54 Anläufe unternommen, wie Climate Power gezählt hat. Bisher allerdings ohne Erfolg.
Nach einer langen Verhandlung hat das Europaparlament am Mittwoch Jessika Roswall (EVP) als Umweltkommissarin bestätigt. Die Zweidrittelmehrheit im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) kam durch die Stimmen der EVP, EKR, S&D, Renew und der Grünen zustande. Roswalls Auftritt am Dienstagabend vor dem Ausschuss war schwach gewesen. Sogar in ihrer eigenen Fraktion gab es dann Zweifel an ihrer Eignung.
Am Mittwoch verständigten sich zeitgleich zur Roswall-Abstimmung vier Ausschüsse über die Bewerbung von Hadja Lahbib. Die belgische Außenministerin wird künftig für die Bereiche Resilienz, Krisenmanagement und Gleichstellung zuständig sein.
Während die Vorbehalte gegenüber der konservativen Roswall bei den liberalen und linken Parteien am größten war, kam die Kritik an der Liberalen Lahbib vor allem aus der EVP. Vertreter von EVP und Renew zeigten sich nach den Abstimmungen aber zufrieden damit, dass ihre Kandidatinnen als Teil eines Verhandlungspakets bestätigt wurden.
Jutta Paulus, die für die Grünen im ENVI-Ausschuss sitzt, sagte zu Table.Briefings, dass Roswall immerhin eine gute Zuhörerin sei, die sich offen für Anregungen zeige. Außerdem sei unklar gewesen, ob die schwedische Regierung, die gestützt wird von den rechtsextremen und EU-skeptischen Schwedendemokraten, eine bessere Ersatzkandidatin gestellt hätte.
Am Dienstag werden sich die sechs Kandidaten für die Kommissions-Vizepräsidentschaften den Abgeordneten vorstellen, darunter Teresa Ribera (Wettbewerb) und Stéphane Séjourné (Industrie). av
Die EVP will es nicht beim reinen Aufschub der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) belassen: Die deutsche Abgeordnete Christine Schneider hat im Namen der Fraktion eine Reihe von inhaltlichen Änderungsanträgen eingebracht. Die Christdemokraten hatten den Text immer wieder als zu bürokratisch kritisiert. Sie fordern nun, aus ihrer Sicht unnötige Belastungen für Unternehmen zu streichen. Schneider schlägt zudem vor, die Anwendung der Regeln um zwei Jahre auf den 30. Dezember 2026 zu verschieben, statt wie von der Kommission vorgeschlagen um ein Jahr.
Händler will die EVP von den Erfordernissen der EUDR ausnehmen. Die Regeln würden nur noch für diejenigen gelten, die Produkte erstmals auf den EU-Markt bringen, also Erzeuger und Importeure. So würden Bürokratie und Preiserhöhungen vermieden, heißt es zur Begründung.
Die EVP-Änderungsanträge sehen überdies Erleichterungen für Produkte aus Ländern mit “vernachlässigbarem” Entwaldungsrisiko vor. Bisher unterscheidet der Text nur zwischen hohem, mittleren und niedrigen Risiko. Erzeuger oder Importeure von Produkten aus Ländern dieser neuen Kategorie müssten nicht mehr aktiv sicherstellen, dass diese ohne Abholzung hergestellt wurden – sondern nur, dass die Gesetze des Herkunftslands eingehalten wurden.
Viele in der Verordnung vorgegebene Sorgfaltspflichten fielen für diese Erzeugnisse weg. Und die EU-Länder müssten Unternehmen, die solche Produkte auf den Markt bringen, weniger häufig kontrollieren.
Wegen der knappen Zeit vor dem eigentlichen Inkrafttreten der Verordnung am 30. Dezember hatte der Rat in seiner Verhandlungsposition den Kommissionsvorschlag ohne Änderungen übernommen. Votiert das Parlament bei der Abstimmung kommende Woche für die EVP-Anträge, würden, anders als bisher geplant, Trilogverhandlungen nötig. Viel Zeit bliebe Rat und Parlament nicht, sich auf eine wortgleiche Version zu einigen. Fraktionskreise zeigen sich trotzdem zuversichtlich, dass auch in diesem Fall alles rechtzeitig unter Dach und Fach wäre.
Die Grünen haben sich klar gegen inhaltliche Änderungen gestellt, auch vonseiten der S&D hat Berichterstatterin Delara Burkhardt für diesen Fall Widerstand angekündigt. Dem Vernehmen nach hatten die Sozialdemokraten erfolglos versucht, im Gegenzug für ihre Zustimmung zur EVP-Politikerin Jessika Roswall als Umweltkommissarin die EVP vom Einreichen der Anträge abzubringen.
Auch ohne die Fraktionen von S&D und Grünen wäre eine Mehrheit für die Änderungen möglich. Dafür wäre die EVP allerdings auf die Rechtsaußen-Fraktionen im Parlament angewiesen. jd
Vertreter von Industrie, Zivilgesellschaft und Wissenschaft können sich seit Donnerstag für die Teilnahme am Ökodesign-Forum bewerben – die Frist dafür endet am 5. Dezember. Das neue Gremium soll der EU-Kommission bei der Umsetzung der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR) helfen. Zu den Aufgaben gehört es, bei der Formulierung von Arbeitsplänen und bei der Entwicklung von Produktanforderungen zu unterstützen. Außerdem sollen die Mitglieder regelmäßig über Entwicklungen im Themenfeld informiert werden.
Die im Juli in Kraft getretene Ökodesign-Verordnung macht Vorgaben für die umweltfreundliche Gestaltung von Produkten. Mit delegierten Rechtsakten will die Kommission in den kommenden Jahren Mindestanforderungen für einzelne Produktgruppen definieren – etwa für Textilien und Schuhe, Möbel oder Stahl und Aluminium. Die entsprechenden Informationen sollen dann für relevante Gruppen, etwa in der Wertschöpfungskette, in einem digitalen Produktpass zugänglich sein.
Die Verordnung war ein wesentlicher Teil des Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft der letzten Kommission. In Maßnahmen wie der kreislauffähigen Gestaltung von Produkten sah sie einen wichtigen Hebel, um den Green Deal voranzubringen – bis zu 25 Prozent könnten sie zu ihren Klimazielen beitragen, schätze die Kommission. nh
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Batterierecht-Durchführungsgesetz (BattDG) beschlossen. Dieses soll das deutsche Recht an die EU-Batterieverordnung anpassen und das bisherige Batteriegesetz (BattG) ersetzen.
Das neue Gesetz legt Zuständigkeiten für die neuen Aufgaben aus der EU-Verordnung fest und weist insbesondere Herstellern eine größere Verantwortung in der Abfallphase von Batterien zu. Bisherige, “gut funktionierende” Strukturen, insbesondere aus der Entsorgung von Geräte-Altbatterien, übernimmt das Gesetz aus dem BattG.
Die EU-Batterieverordnung ist im Februar 2024 in Kraft getreten. Es ist das erste Gesetz, das aus dem Aktionsplan der Kommission für Kreislaufwirtschaft 2020 stammt.
Das BattDG soll am 18. August 2025 in Kraft treten. Zunächst müssen Bundesrat und Bundestag noch über das Gesetz abstimmen. leo
Mit Blick auf die Transformation beginnt die kommende Sitzungswoche des Bundestags bereits am Montag mit einer öffentlichen Expertenanhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Es geht um einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung – dabei unter anderem um die Transformation der Energieversorgung und die Folgen des Klimawandels für das Bauplanungsrecht.
Am Mittwoch nimmt sich der Wirtschaftsausschuss in einer öffentlichen Anhörung der Zukunft der Automobilindustrie an. Dazu liegt ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Unsere Automobilindustrie braucht eine Zukunft – Den Industriestandort Deutschland wettbewerbsfähig machen” vor. Darin fordert die Fraktion unter anderem, die Strafzahlungen bei Nichteinhaltung der EU-Flottengrenzwerte auszusetzen und den Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw voranzutreiben.
Am selben Tag berät der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in öffentlicher Sitzung das Thema “Export, Nutzung, Nutzen und Nebenwirkungen von in der Europäischen Union nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln“. Erörtert werden etwa die Rolle von Pflanzenschutzmitteln für die Sicherung der globalen Ernährung sowie die gesundheitlichen Risiken und ökologischen Folgen des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, die in der EU nicht zugelassen sind.
Am Mittwochabend tagt turnusgemäß der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung. Diesmal steht ein Fachgespräch zu “Nachhaltigkeitsaspekten des Jahreswirtschaftsberichts” auf der Tagesordnung.
Die Tagesordnung des Plenums lag zu Redaktionsschluss noch nicht vor. Wir reichen sie in der nächsten Ausgabe nach. ch
Vorsicht, dieses Kleid könnte giftig sein – Zeit
Unternehmen in Deutschland produzieren gefährliche Chemikalien, die gegen die einschlägige EU-Verordnung verstoßen – und exportieren sie trotzdem ganz legal. In Kleidungsstücken landen die Giftstoffe aber später bei deutschen Modehändlern. Zu dem Ergebnis kommen Carmen Maiwald und Vanessa Materla nach Tests von Kleidung auf Schadstoffe. Zum Artikel.
Ist das Lieferkettengesetz reine “Compliance-Übung”? – Springer Professional
Nachhaltigkeit sei ihnen sehr wichtig, behaupten die meisten Unternehmen. Der GBP-Monitor, den sich Annette Speck näher angesehen hat, deutet jedoch auf wenig Veränderung bei der Auswahl von Kunden und Lieferanten. Finanzielle Kennzahlen wie Preis, Produkteigenschaften, Liefer- und Zahlungsmodalitäten seien wichtiger als Nachhaltigkeit. Zum Artikel
Europe’s chocolate groups lead opposition to EU deforestation law delay – Financial Times
Nestlé, Michelin und 50 weitere Unternehmen wehren sich gegen die Verschiebung der Anti-Entwaldungsvorordnung. Kritisch sehen sie auch Anträge im EU-Parlament zur Änderung der Verordnung, berichtet Alice Hancock. Die Unternehmen seien vorbereitet und befürchten Instabilität in den Lieferketten durch die politisch geschaffene Unsicherheit. Zum Artikel
Elections take the shine off green hydrogen – Oxpeckers
Die namibische Regierungspartei SWAPO rückt von den Projekten für grünen Wasserstoff ab, schreibt John Grobler. Bislang seien nur wenige Jobs entstanden, dafür aber die Bürokratie gewachsen. Viele Projekte seien hinter dem Zeitplan, die Investitionskosten hoch und Wasser knapp. Zum Artikel
Rücktritte und Kündigungen bei der Allianz Foundation: Keine Allianz fürs Leben – Süddeutsche Zeitung
Esra Küçük positionierte die Allianz Foundation als finanzstarke Verbündete von Klimaschützern, Menschenrechtsanwälten und Regimekritikern. Doch dem Versicherungskonzern wurde das Engagement der Leiterin wohl zu risikoreich, vermutet Jörg Häntzschel. Die Allianz wolle die Stiftung wohl eher für Feelgood-Aktionen der Mitarbeiter einsetzen. Nun wurde Küçük fristlos gekündigt. Zum Artikel
Climate.Table – Nach US-Wahl: Das sind die Notfallpläne der Klimaschützer: Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist für die Klimaschützer weltweit ein Schock. Jetzt debattieren sie Pläne, wie die globale Kooperation und die Energiewende weitergehen sollen, selbst wenn die USA zum dritten Mal den UN-Prozess zum Klima verlassen. Zum Artikel
Afrika.Table – Standpunkt: COP29 muss Klimagerechtigkeit priorisieren: Die COP29 steht vor der Tür. Klimaexpertin Grace Mbungu fordert einen stärkeren Fokus auf Klimagerechtigkeit für die Länder des Globalen Südens. Insbesondere mit Blick auf die Finanzierung sieht Mbungu großen Handlungsbedarf. Zum Artikel
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Von Christian Klein wollte ich hingegen wissen, welche Gefahren nun der Sustainable-Finance-Branche drohen. Der Experte befürchtet, dass die ohnehin schon negative Entwicklung an Fahrt aufnimmt – und appelliert an Unternehmen, sich dieser Spirale bewusst zu werden. Was er damit meint, lesen Sie in dem Interview.
Zudem setzen wir unsere Serie zur Kreislaufwirtschaft fort. Anna Gauto stellt ein Start-up vor, dessen Lederimitat aus Hanf gängige Ersatzstoffe nochmals überbietet, weil für die Herstellung kein Kunststoff mehr eingesetzt werden muss. Das ist bei vielen Produkten immer noch der Fall – die Praxis könnte bald aber der Vergangenheit angehören.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Herr Klein, Donald Trump kehrt ins Weiße Haus zurück. Wie blicken Sie darauf?
Bei Wahlkampfveranstaltungen hat er ja häufiger “Drill, Baby, drill” gerufen, er plant also, noch mehr Öl zu fördern. Dazu sind republikanische Gouverneure beispielsweise gegen Pensionsfonds vorgegangen, wenn diese deinvestieren und fossile Energien aus ihren Anlageuniversen rausschmeißen wollten. Ich fürchte, dass das jetzt auch Folgen für die europäische Klima- und Sustainable-Finance-Politik haben wird.
Inwiefern?
Was wir ja gerade in der EU und in Deutschland sehen, ist, dass unter der Überschrift Wettbewerbsfähigkeit eigentlich gefordert wird, die Regulatorik zu entschärfen oder gar zurückzunehmen. Trumps Sieg gibt diesen Forderungen nochmal wesentlich mehr Energie – und ich gehe davon aus, dass die Sustainable-Finance-Regulatorik im deutschen Wahlkampf eine Rolle spielen wird, allerdings unter dem Schlagwort Bürokratie, die abgebaut werden müsse, um Unternehmen zu entlasten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat kürzlich gesagt, dass er an das Lieferkettengesetz die Kettensäge ansetzen will. Hat der Wahlkampf schon begonnen?
Ja, hat er. Von Habecks Formulierung war ich überrascht, weil das keine typische grüne Position ist. Zugleich zeigt sie, in welche Richtung die aktuelle Entwicklung geht. Das macht mir Sorgen.
Bei Sustainable Finance geht es darum, Gelder in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten umzuleiten. Kann man schon in Zahlen messen, welche Folgen die Tendenzen in den USA und Europa für dieses Ziel haben werden?
Nein. Aber man sieht ja, was zum Beispiel bei Blackrock passiert und wie sich die Tonlage in dem jährlichen CEO-Letter von Vorstandschef Larry Fink geändert hat. Das geht zu 100 Prozent auf das Konto der Republikaner. Unter deren Druck ist Blackrock in die Knie gegangen. Das Unternehmen hatte existenzielle Angst, dass man ihm wichtige Mandate entziehen könnte. Und wenn die weltweit mächtigste Investmentfirma so reagiert, hat das Auswirkungen.
Auswirkungen auf kleinere Investmentfirmen?
Das ist jetzt eher meine persönliche Wahrnehmung, aber: Ich sehe, dass an vielen Stellen in der Finanz- und Realwirtschaft in den letzten Monaten zurückgerudert wurde. ESG-Kriterien für Kredite wurden etwa im gegenseitigen Einverständnis zwischen Unternehmen und Kreditgeber aufgeweicht. Warum? Weil zunehmend deutlich wird, dass die Rettung der Welt viel Geld kostet und Banken und Investoren sowie die Realwirtschaft nicht so viel damit verdienen können, wie sie es von konventionellen Wirtschaftsaktivitäten aus der Vergangenheit kennen. Die Realwirtschaft dachte, sie könnte an günstige Finanzkonditionen kommen, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu finanzieren. Und die Finanzwirtschaft hat gedacht, sie könnte mit dem Thema Nachhaltigkeit leicht noch mehr Geld verdienen. Da ist aber ein Denkfehler drin. So einfach, wie sich es einige machen, ist es nicht.
Wie resilient sind die Strukturen, die bislang aufgebaut wurden? Also etwa die politischen Strategien, regulatorischen Vorgaben und Rahmenwerke, die Fonds und Finanzinstrumente?
Um das beantworten zu können, müssen wir die kommenden Monate abwarten. Vor dem Einmarsch der Russen in der Ukraine hat die Entwicklung in Europa sehr viel Hoffnung gemacht. Es war viel Enthusiasmus zu verspüren. Unternehmen und Finanzhäuser haben einander übertroffen mit Selbstverpflichtungen, Wissenschaft und Praxis haben gemeinsam über Impact diskutiert und so weiter. Dann kam der Krieg und das war der erste große Dämpfer. Ob die Wahl von Trump der zweite große Dämpfer ist, werden wir in ein paar Jahren sagen können. Ich bin ein unerträglicher Optimist, aber wenn ich in den vergangenen Monaten über diese Fragen nachgedacht habe, lief alles auf den 5. November hinaus. Auf die Wahl in den USA. Es hängt sehr viel davon ab, wer dort Präsident ist.
Ein anderes Problem könnte die Unterstützung der Ukraine sein. Bislang haben die USA einen Großteil davon geleistet, Trump droht nun, das nicht mehr fortzusetzen. Wenn Europa in diesem Fall einspringen und sich mehr engagieren sollte – fehlt dann Geld für die Transformation?
Ich erwarte, dass ab sofort massiv über Rüstung und Investitionen in Rüstung diskutiert wird. Allerdings sind die Kassen knapp und die Umschichtung und damit die Finanzierung von Panzern statt des Klimaschutzes wäre für die Finanzmärkte eine Katastrophe. Denn wenn wir davon ausgehen, dass der Klimawandel menschengemacht ist und die Bekämpfung ausbleibt, dann werden die transitorischen Risiken weltweit extrem ansteigen.
Was meinen Sie damit?
Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass wir in ein paar Jahren erschrecken, wenn wir die ersten wirklich drastischen Folgen des Klimawandels sehen, beispielsweise eine Flutkatastrophe mit noch viel mehr Toten. Wenn dann die Welt anfängt, die versäumte Klimapolitik der letzten Jahrzehnte sehr kurzfristig umzusetzen, wird es sehr wahrscheinlich große wirtschaftliche Probleme geben. So würde die plötzliche weltweite Einführung eines hohen CO₂-Preises vielleicht dazu führen, dass Geschäftsmodelle schnell nicht mehr funktionieren, Kredite platzen und es an den Finanzmärkten zu Verwerfungen kommt. Deshalb appelliere ich an Unternehmen, bitte zu verstehen, dass weniger Bürokratie zwar eine Erleichterung darstellt. Aber ein starkes Zurückrudern im Klimaschutz bedeutet faktisch, dass die Risiken für die Zukunft gewaltig wachsen.
Christian Klein ist Professor für Sustainable Finance an der Universität Kassel. Er hat die Wissenschaftsplattform Sustainable Finance Deutschland mitgegründet und ist unter anderem Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirats der Bayer AG.
“Unser Material sieht aus wie Leder, fühlt sich an wie Leder, besteht aber aus Hanfresten, die niemand mehr braucht”, so fasst Lucas Fuhrmann, CEO des Darmstädter Start-ups Revoltech, die Vorzüge seines Textils “Lovr” (Akronym für: lederähnlich, ohne Plastik, vegan, reststoffbasiert) zusammen.
Für Unternehmen wie den krisengebeutelten Autobauer Volkswagen ist das Lederimitat mit Blick auf CO₂-Ziele und Recycling eine wertvolle Innnovation. Ende August gab VW daher eine Kooperation mit Revoltech bekannt. Ab 2028 könnte das “nachhaltige Oberflächenmaterial” in Volkswagen-Modellen zum Einsatz kommen.
Am Markt tummeln sich viele Hersteller von “biobasiertem” oder “veganem” Leder. Etwa die britische Firma Ananas Anam mit ihrer Ledervariante Piñatex aus Ananasreststoffen. Die Firma kooperiert mit Marken wie Hugo Boss, Nike oder Skoda. Doch die wenigsten dieser Lederalternativen kommen ohne erdölbasierte Kunststoffe aus. Auch in Piñatex steckt Polyurethan. Zudem fehlt es Lederimitaten oftmals an Skalierbarkeit – etwa bei Alternativen aus Pilzanteilen – unter anderem, weil die nötigen Mengen fehlen.
Revoltech arbeitet anders. Das Start-up lässt tatsächlich Plastik und damit sämtliche petrochemische Inhaltsstoffen weg. Da Lovr nur aus einer Textilschicht ohne Plastikbelag besteht, lässt es sich recyceln, anders als etwa Piñatex. Zudem gebe es genug Industrie-Hanfreste, um in Masse zu produzieren, sagt Fuhrmann.
Entsprechend “von den Socken” war Thomas Taddigs, Leiter Werkstofftechnik Interieur bei VW, als er das Material von Revoltech zum ersten Mal in der Hand hielt. Denn dass vollständig biobasierte Textilien auch ohne Chemiezusatz stabil bleiben, ist eine gewaltige Herausforderung.
Die Ausgründung der TU Darmstadt profitiert von einem Kulturwandel innerhalb der Industrie. Vor zehn Jahren interessierte sich kaum jemand für Recycling. Doch heute heißt es, man müsse “bei der Entwicklung von Bauteilen kreislaufgerecht denken. Wir wollen hin zu geschlossenen Kreisläufen“, so Taddigs. Dafür eignen sich am besten Monomaterialien, “biobasiert wie von Revoltech”, oder Materialien aus “Post-Consumer-Rezyklaten”, etwa Haushaltsverpackungsabfällen.
Daneben seien auch Materialkombinationen eine Option, sofern deren einzelne Bestandteile lösbar seien. Denn nur was sich sortenrein wieder aus dem Auto herausbauen lässt, kann man auch recyceln. Alles andere wird “thermisch verwertet”, also verbrannt.
Die Kooperation mit Revoltech und der Fokus auf geschlossene Produktionskreisläufe lässt sich neben Konkurrenzdruck – BMW hat schon 2021 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) mit dem BMW i Vision Circular ein “Visionsfahrzeug für 2040” präsentiert, das zu 100 Prozent recyclingfähig sein soll – auch auf ambitionierte Recyclingquoten der EU-Kommission zurückführen.
Der Entwurf der Kommission für eine Verordnung zur kreislauforientierten Konstruktion von Fahrzeugen und die Entsorgung von Altfahrzeugen verlangt für Kunststoffe in neuen Fahrzeugen einen Rezyklatanteil von 25 Prozent, der wiederum zu einem Viertel aus Altfahrzeugen stammen muss. “Die Bestimmung zu den Altfahrzeugen gilt aber nur, wenn diese in Deutschland recycelt werden”, ergänzt Henning Wilts, Abteilungsleiter für Kreislaufwirtschaft beim Wuppertal Institut.
Überlebt dieser Passus die Einflussnahme der Autolobby, hätte die Industrie “ein Riesenproblem“, so Wilts. Schließlich werden die in Deutschland genutzten Fahrzeuge zu 80 Prozent im Ausland recycelt, “gern in Ländern wie Ghana unter fragwürdigen Bedingungen”. Plötzlich würden Autobauer wie VW ihre Altfahrzeuge zurücknehmen müssen, statt sie auf Containerschiffen in Richtung Südhalbkugel zu schicken.
Auch Wilts ist überzeugt von dem Hanfleder. Als Juror der Förderinitiative Circular Valley hat er sich dafür eingesetzt, Revoltech ins Förderprogramm aufzunehmen. “Im Auto-Luxussegment erwartet der Kunde Leder. Revoltech macht so interessant, dass die Haptik ihres Materials Leder deutlich mehr ähnelt als Synthetik“. Bislang hätten die Autobauer den Leder- und Textilbereich weitgehend ignoriert. “Doch geht man das Fahrzeug durch, um CO₂ zu sparen, müssen sie da jetzt ran”. Schon wegen steigender CO₂-Preise.
Auch hier hat die Biotech-Ausgründung der TU Darmstadt Vorteile gegenüber Tierleder. Der CO₂-Fußabdruck bei der Produktion von Lovr ist mit nur 0,25 Kilogramm CO₂ pro Quadratmeter des Stoffes, so Fuhrmann, im Vergleich zu Rindsleder (über 70 Kilo CO₂ pro Quadratmeter) verschwindend gering.
Bei VW könnte das Lederimitat etwa in der Türverkleidung oder in anderen Dekorelementen im Autoinnenraum zum Einsatz kommen. Denkbar ist laut Taddigs auch, künftig Sitzbezüge aus dem Material fertigen. Bis dahin muss Revoltech aber noch einige Hausaufgaben erledigen. Für den kommerziellen Einsatz in Autos muss der Stoff besonders abrieb- und reißfest, zudem reinigungsfähig sein.
Doch wie viel würde ein wenig Hanf in den Türen wirklich zur CO₂-Reduktion beim Autohersteller beitragen? Im Vergleich zu den wesentlich CO₂-intensiveren Metallen in Autos “sicher wenig”, räumt Wilts ein. Dennoch sei es sinnvoll, auch beim Textilanteil in den Autos CO₂ zu senken und in Kreisläufen zu denken. Nur so entstünden neue Ideen im Produktdesign, glaubt Wilts. “Die Industrie muss weg von der irren Vielfalt an Kunststoffen und Materialkombinationen. Sie muss Autos so konzipieren, dass sie sich recyceln lassen”.
Ähnlich sieht man es anscheinend in Wolfsburg. “Früher musste die Form der Funktion folgen, heute folgt die Form dem Material”, sagt die VW-Industriedesignerin Rut Sawodny. Das bedeutet, Teile so zu gestalten, dass sie sich sortenrein dekonstruieren lassen.
Noch ist Lovr in der Entwicklung. Eine Entscheidung, ob das Material bei VW in Serienproduktion gehen wird, gibt es bislang nicht. Dennoch scheint sich etwas zu tun, bei Unternehmen, die lange gut vom fossilen Geschäft gelebt haben. “Es braucht solche Innovationen, die bisher im Automobilbau in Deutschland noch nicht üblich sind. Start-ups wie Revoltech sind für mich eine Chance, neu zu denken“, konstatiert Taddigs.
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Donald Trump hat im US-Präsidentschaftswahlkampf keinen Zweifel daran gelassen, dass ihm der Inflation Reduction Act (IRA) ein Dorn im Auge ist. Mehrfach bezeichnete er das Gesetz als Geldverschwendung und “Green New Scam”, also Betrug. Der IRA ist das Kernelement der grünen Transformationsagenda der Biden-Administration. Er soll die Dekarbonisierung der US-Wirtschaft und den Ausbau erneuerbarer Energien bis 2030 mit rund 370 Milliarden US-Dollar an Steuergutschriften und Subventionen unterstützen.
Trump hat sich mit seinem Wahlprogramm stattdessen als Lobbyist der US-amerikanischen Öl- und Gasindustrie in Szene gesetzt. Das Ziel der amtierenden Regierung, den Energiesektor bis 2035 und die Wirtschaft bis 2050 klimaneutral zu machen, lehnt er entschieden ab. Im Gegenteil. Er will die Energiewende beenden oder sie zumindest so lange wie möglich hinauszögern.
Gleichzeitig soll die Ausbeutung fossiler Energievorkommen weiter forciert werden. “Drill, Baby, Drill”, heißt es dazu im Programm. Das soll günstige Strom-, Gas- und Treibstoffpreise für die Industrie und die Bürger garantieren und die Energieunabhängigkeit der USA sichern.
Trump hat diese Ambitionen in seiner Siegesrede in der Wahlnacht unterstrichen. “Wir haben mehr flüssiges Gold, Öl und Gas. Wir haben mehr flüssiges Gold als jedes andere Land der Welt. Mehr als Saudi-Arabien. Wir haben mehr als Russland”, so Trump. Wie zu Beginn seiner ersten Präsidentschaft im Jahr 2017 gilt es als ausgemacht, dass er unmittelbar nach seinem Amtsantritt den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen verkünden wird.
Der wichtigste rechte Thinktank der USA, die Heritage Foundation, unterstützt diesen Kurs. In ihrem Project 2025, das sich wie eine Regieanweisung für Trumps Präsidentschaft liest, drängt sie auf eine Ausweitung der Öl- und Gasförderung. Dazu sollen Umweltstandards gesenkt und Bohrungen in Schutzgebieten erlaubt werden. Trump hat versprochen, entsprechende Dekrete auf seine Prioritätenliste für den Day 1, den 20. Januar 2025, zu setzen – seinen ersten Tag als 47. Präsident der USA.
Um den IRA loszuwerden, bedarf es jedoch mehr als einer Executive Order des Präsidenten. Das Gesetz greift tief in das Budgetrecht des US-Kongresses ein. Für seine Verabschiedung im Jahr 2022 war eine Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat erforderlich. Die Einigung kam seinerzeit erst nach langwierigen parteiübergreifenden Verhandlungen zustande. Die Konstellation für die Abschaffung des IRA scheint derzeit günstiger, weil die Republikaner künftig beide Kammern des Kongresses kontrollieren.
Doch das könnte täuschen. Denn längst nicht alle Republikaner im Repräsentantenhaus lehnen den IRA ab. Der Grund: Viele der Projekte, die mit Geldern aus dem Gesetzespaket auf den Weg gebracht wurden, liegen in Wahlkreisen republikanischer Abgeordneter.
Laut einer aktuellen Übersicht der Organisation Climate Power belaufen sich die dort getätigten Investitionen mittlerweile auf über 286 Milliarden US-Dollar – das entspricht rund drei Vierteln der Gesamtsumme. Die Investitionen fließen in Fabriken zur Herstellung von E-Autos, Batterien, Solarmodulen und Windkraftanlagen. Hinzu kommen weitere Projekte im Bereich der sauberen Energien wie Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff.
Republikanische Wahlkreise profitieren demnach auch in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung überdurchschnittlich stark vom IRA. Dafür stehen auch die bisher rund 135.000 neu geschaffenen Arbeitsplätze. Grund genug für 18 republikanische Abgeordnete, sich im August dieses Jahres an Mike Johnson, ihren Fraktionsvorsitzenden im Repräsentantenhaus, zu wenden. Ihre Forderung: Auch nach einem Wahlsieg im November soll der IRA weitgehend unangetastet bleiben.
“Die Steuergutschriften haben Innovationen vorangetrieben, Investitionen gefördert und in vielen Teilen des Landes gute Arbeitsplätze geschaffen – auch in vielen Wahlkreisen, die von Mitgliedern unserer Fraktion vertreten werden”, heißt es in ihrem Schreiben. Als “Worst-Case-Szenario” bezeichnen sie darin, dass die zugesagten Steuererleichterungen wegfallen, obwohl bereits Investitionen in Milliardenhöhe ausgelöst worden seien.
Angesichts der derzeit absehbar relativ knappen Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus könnten die Stimmen dieser Abgeordneten daher durchaus Gewicht haben. Hinzu kommt, dass die Partei im Senat nicht über die notwendigen 60 von 100 Sitzen verfügt, um einen Filibuster der Demokraten abzuwenden. Dabei geht es um die Taktik der Marathonrede, um eine etwaige Abstimmung zu verhindern.
Statt den IRA komplett abzuschaffen, könnte Trump deshalb zunächst versuchen, besonders missliebige Teile aus dem Gesetzespaket herauszulösen – vor allem, wenn er sie per Dekret beseitigen kann. Dazu könnten Regeln zum Umwelt- und Klimaschutz gehören, etwa das Programm zur Vermeidung von Methanemissionen bei der Förderung und dem Transport von Erdgas.
In den vergangenen Jahren haben die Republikaner dafür im Repräsentantenhaus bereits 54 Anläufe unternommen, wie Climate Power gezählt hat. Bisher allerdings ohne Erfolg.
Nach einer langen Verhandlung hat das Europaparlament am Mittwoch Jessika Roswall (EVP) als Umweltkommissarin bestätigt. Die Zweidrittelmehrheit im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) kam durch die Stimmen der EVP, EKR, S&D, Renew und der Grünen zustande. Roswalls Auftritt am Dienstagabend vor dem Ausschuss war schwach gewesen. Sogar in ihrer eigenen Fraktion gab es dann Zweifel an ihrer Eignung.
Am Mittwoch verständigten sich zeitgleich zur Roswall-Abstimmung vier Ausschüsse über die Bewerbung von Hadja Lahbib. Die belgische Außenministerin wird künftig für die Bereiche Resilienz, Krisenmanagement und Gleichstellung zuständig sein.
Während die Vorbehalte gegenüber der konservativen Roswall bei den liberalen und linken Parteien am größten war, kam die Kritik an der Liberalen Lahbib vor allem aus der EVP. Vertreter von EVP und Renew zeigten sich nach den Abstimmungen aber zufrieden damit, dass ihre Kandidatinnen als Teil eines Verhandlungspakets bestätigt wurden.
Jutta Paulus, die für die Grünen im ENVI-Ausschuss sitzt, sagte zu Table.Briefings, dass Roswall immerhin eine gute Zuhörerin sei, die sich offen für Anregungen zeige. Außerdem sei unklar gewesen, ob die schwedische Regierung, die gestützt wird von den rechtsextremen und EU-skeptischen Schwedendemokraten, eine bessere Ersatzkandidatin gestellt hätte.
Am Dienstag werden sich die sechs Kandidaten für die Kommissions-Vizepräsidentschaften den Abgeordneten vorstellen, darunter Teresa Ribera (Wettbewerb) und Stéphane Séjourné (Industrie). av
Die EVP will es nicht beim reinen Aufschub der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) belassen: Die deutsche Abgeordnete Christine Schneider hat im Namen der Fraktion eine Reihe von inhaltlichen Änderungsanträgen eingebracht. Die Christdemokraten hatten den Text immer wieder als zu bürokratisch kritisiert. Sie fordern nun, aus ihrer Sicht unnötige Belastungen für Unternehmen zu streichen. Schneider schlägt zudem vor, die Anwendung der Regeln um zwei Jahre auf den 30. Dezember 2026 zu verschieben, statt wie von der Kommission vorgeschlagen um ein Jahr.
Händler will die EVP von den Erfordernissen der EUDR ausnehmen. Die Regeln würden nur noch für diejenigen gelten, die Produkte erstmals auf den EU-Markt bringen, also Erzeuger und Importeure. So würden Bürokratie und Preiserhöhungen vermieden, heißt es zur Begründung.
Die EVP-Änderungsanträge sehen überdies Erleichterungen für Produkte aus Ländern mit “vernachlässigbarem” Entwaldungsrisiko vor. Bisher unterscheidet der Text nur zwischen hohem, mittleren und niedrigen Risiko. Erzeuger oder Importeure von Produkten aus Ländern dieser neuen Kategorie müssten nicht mehr aktiv sicherstellen, dass diese ohne Abholzung hergestellt wurden – sondern nur, dass die Gesetze des Herkunftslands eingehalten wurden.
Viele in der Verordnung vorgegebene Sorgfaltspflichten fielen für diese Erzeugnisse weg. Und die EU-Länder müssten Unternehmen, die solche Produkte auf den Markt bringen, weniger häufig kontrollieren.
Wegen der knappen Zeit vor dem eigentlichen Inkrafttreten der Verordnung am 30. Dezember hatte der Rat in seiner Verhandlungsposition den Kommissionsvorschlag ohne Änderungen übernommen. Votiert das Parlament bei der Abstimmung kommende Woche für die EVP-Anträge, würden, anders als bisher geplant, Trilogverhandlungen nötig. Viel Zeit bliebe Rat und Parlament nicht, sich auf eine wortgleiche Version zu einigen. Fraktionskreise zeigen sich trotzdem zuversichtlich, dass auch in diesem Fall alles rechtzeitig unter Dach und Fach wäre.
Die Grünen haben sich klar gegen inhaltliche Änderungen gestellt, auch vonseiten der S&D hat Berichterstatterin Delara Burkhardt für diesen Fall Widerstand angekündigt. Dem Vernehmen nach hatten die Sozialdemokraten erfolglos versucht, im Gegenzug für ihre Zustimmung zur EVP-Politikerin Jessika Roswall als Umweltkommissarin die EVP vom Einreichen der Anträge abzubringen.
Auch ohne die Fraktionen von S&D und Grünen wäre eine Mehrheit für die Änderungen möglich. Dafür wäre die EVP allerdings auf die Rechtsaußen-Fraktionen im Parlament angewiesen. jd
Vertreter von Industrie, Zivilgesellschaft und Wissenschaft können sich seit Donnerstag für die Teilnahme am Ökodesign-Forum bewerben – die Frist dafür endet am 5. Dezember. Das neue Gremium soll der EU-Kommission bei der Umsetzung der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR) helfen. Zu den Aufgaben gehört es, bei der Formulierung von Arbeitsplänen und bei der Entwicklung von Produktanforderungen zu unterstützen. Außerdem sollen die Mitglieder regelmäßig über Entwicklungen im Themenfeld informiert werden.
Die im Juli in Kraft getretene Ökodesign-Verordnung macht Vorgaben für die umweltfreundliche Gestaltung von Produkten. Mit delegierten Rechtsakten will die Kommission in den kommenden Jahren Mindestanforderungen für einzelne Produktgruppen definieren – etwa für Textilien und Schuhe, Möbel oder Stahl und Aluminium. Die entsprechenden Informationen sollen dann für relevante Gruppen, etwa in der Wertschöpfungskette, in einem digitalen Produktpass zugänglich sein.
Die Verordnung war ein wesentlicher Teil des Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft der letzten Kommission. In Maßnahmen wie der kreislauffähigen Gestaltung von Produkten sah sie einen wichtigen Hebel, um den Green Deal voranzubringen – bis zu 25 Prozent könnten sie zu ihren Klimazielen beitragen, schätze die Kommission. nh
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Batterierecht-Durchführungsgesetz (BattDG) beschlossen. Dieses soll das deutsche Recht an die EU-Batterieverordnung anpassen und das bisherige Batteriegesetz (BattG) ersetzen.
Das neue Gesetz legt Zuständigkeiten für die neuen Aufgaben aus der EU-Verordnung fest und weist insbesondere Herstellern eine größere Verantwortung in der Abfallphase von Batterien zu. Bisherige, “gut funktionierende” Strukturen, insbesondere aus der Entsorgung von Geräte-Altbatterien, übernimmt das Gesetz aus dem BattG.
Die EU-Batterieverordnung ist im Februar 2024 in Kraft getreten. Es ist das erste Gesetz, das aus dem Aktionsplan der Kommission für Kreislaufwirtschaft 2020 stammt.
Das BattDG soll am 18. August 2025 in Kraft treten. Zunächst müssen Bundesrat und Bundestag noch über das Gesetz abstimmen. leo
Mit Blick auf die Transformation beginnt die kommende Sitzungswoche des Bundestags bereits am Montag mit einer öffentlichen Expertenanhörung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Es geht um einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung – dabei unter anderem um die Transformation der Energieversorgung und die Folgen des Klimawandels für das Bauplanungsrecht.
Am Mittwoch nimmt sich der Wirtschaftsausschuss in einer öffentlichen Anhörung der Zukunft der Automobilindustrie an. Dazu liegt ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel “Unsere Automobilindustrie braucht eine Zukunft – Den Industriestandort Deutschland wettbewerbsfähig machen” vor. Darin fordert die Fraktion unter anderem, die Strafzahlungen bei Nichteinhaltung der EU-Flottengrenzwerte auszusetzen und den Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw voranzutreiben.
Am selben Tag berät der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in öffentlicher Sitzung das Thema “Export, Nutzung, Nutzen und Nebenwirkungen von in der Europäischen Union nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln“. Erörtert werden etwa die Rolle von Pflanzenschutzmitteln für die Sicherung der globalen Ernährung sowie die gesundheitlichen Risiken und ökologischen Folgen des Einsatzes von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, die in der EU nicht zugelassen sind.
Am Mittwochabend tagt turnusgemäß der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung. Diesmal steht ein Fachgespräch zu “Nachhaltigkeitsaspekten des Jahreswirtschaftsberichts” auf der Tagesordnung.
Die Tagesordnung des Plenums lag zu Redaktionsschluss noch nicht vor. Wir reichen sie in der nächsten Ausgabe nach. ch
Vorsicht, dieses Kleid könnte giftig sein – Zeit
Unternehmen in Deutschland produzieren gefährliche Chemikalien, die gegen die einschlägige EU-Verordnung verstoßen – und exportieren sie trotzdem ganz legal. In Kleidungsstücken landen die Giftstoffe aber später bei deutschen Modehändlern. Zu dem Ergebnis kommen Carmen Maiwald und Vanessa Materla nach Tests von Kleidung auf Schadstoffe. Zum Artikel.
Ist das Lieferkettengesetz reine “Compliance-Übung”? – Springer Professional
Nachhaltigkeit sei ihnen sehr wichtig, behaupten die meisten Unternehmen. Der GBP-Monitor, den sich Annette Speck näher angesehen hat, deutet jedoch auf wenig Veränderung bei der Auswahl von Kunden und Lieferanten. Finanzielle Kennzahlen wie Preis, Produkteigenschaften, Liefer- und Zahlungsmodalitäten seien wichtiger als Nachhaltigkeit. Zum Artikel
Europe’s chocolate groups lead opposition to EU deforestation law delay – Financial Times
Nestlé, Michelin und 50 weitere Unternehmen wehren sich gegen die Verschiebung der Anti-Entwaldungsvorordnung. Kritisch sehen sie auch Anträge im EU-Parlament zur Änderung der Verordnung, berichtet Alice Hancock. Die Unternehmen seien vorbereitet und befürchten Instabilität in den Lieferketten durch die politisch geschaffene Unsicherheit. Zum Artikel
Elections take the shine off green hydrogen – Oxpeckers
Die namibische Regierungspartei SWAPO rückt von den Projekten für grünen Wasserstoff ab, schreibt John Grobler. Bislang seien nur wenige Jobs entstanden, dafür aber die Bürokratie gewachsen. Viele Projekte seien hinter dem Zeitplan, die Investitionskosten hoch und Wasser knapp. Zum Artikel
Rücktritte und Kündigungen bei der Allianz Foundation: Keine Allianz fürs Leben – Süddeutsche Zeitung
Esra Küçük positionierte die Allianz Foundation als finanzstarke Verbündete von Klimaschützern, Menschenrechtsanwälten und Regimekritikern. Doch dem Versicherungskonzern wurde das Engagement der Leiterin wohl zu risikoreich, vermutet Jörg Häntzschel. Die Allianz wolle die Stiftung wohl eher für Feelgood-Aktionen der Mitarbeiter einsetzen. Nun wurde Küçük fristlos gekündigt. Zum Artikel
Climate.Table – Nach US-Wahl: Das sind die Notfallpläne der Klimaschützer: Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist für die Klimaschützer weltweit ein Schock. Jetzt debattieren sie Pläne, wie die globale Kooperation und die Energiewende weitergehen sollen, selbst wenn die USA zum dritten Mal den UN-Prozess zum Klima verlassen. Zum Artikel
Afrika.Table – Standpunkt: COP29 muss Klimagerechtigkeit priorisieren: Die COP29 steht vor der Tür. Klimaexpertin Grace Mbungu fordert einen stärkeren Fokus auf Klimagerechtigkeit für die Länder des Globalen Südens. Insbesondere mit Blick auf die Finanzierung sieht Mbungu großen Handlungsbedarf. Zum Artikel