Table.Briefing: ESG

Exklusiv: Wasserstoff-Importstrategie sucht Mittelweg + Kreislaufwirtschafts-Strategie mit Konflikten

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie gelingt es, die Kreislaufwirtschaft in Schwung zu bringen? Einfach den Verbrauch von Primärrohstoffen senken und das Recycling hochfahren? Was einleuchtend klingt, kann in der Praxis allerdings zu Zielkonflikten führen, wie Nicolas Heronymus erfahren hat. In seiner Analyse beschreibt er deshalb, was die beteiligten Stakeholder an der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie begrüßen und kritisieren – und welche Argumente sie haben.

Am 24. Juli will das Kabinett über die Wasserstoff-Importstrategie beraten. Alex Veit hat sich einen Entwurf angeschaut, der Table.Briefings vorliegt. Sein Fazit: Die Bundesregierung versucht, eine Balance zu finden zwischen einem möglichst schnellen Markthochlauf und strengen Nachhaltigkeitskriterien.  

Und in unserer Top-100-Serie stellen wir ihnen heute zehn Persönlichkeiten von Nichtregierungsorganisationen vor. Sie streiten vehement für ihre Sache, machen bemerkenswerte Arbeit – und haben sich nicht nur die Anerkennung ihrer Unterstützer verdient, sondern werden zum Teil auch von denjenigen respektiert, die sonst das Ziel von NGO-Klagen und Kampagnen sind.

Ihr
Marc Winkelmann
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Analyse

Wasserstoff-Importstrategie sucht Mittelweg zwischen schnell und nachhaltig 

Meerwasserentsalzungsanlage auf den Kanaren: Für die Produktion von Wasserstoff wird Süßwasser benötigt.
Meerwasserentsalzungsanlage auf den Kanaren: Für die Produktion von Wasserstoff wird Süßwasser benötigt.

Wasserstoff gilt als der molekulare Energieträger der Zukunft. Doch wie zukunftsfähig das teure Gas bereits während des sogenannten “Markthochlaufs” sein sollte, ist umstritten. Manche Wirtschaftsakteure argumentieren, dass zu strenge Anforderungen den milliardenteuren Ausbau von Produktions-, Transport- und Verbrauchsstätten bremsen würden. Dies könne zur längeren Verbrennung fossiler Energieträger wie Erdgas führen. Aus der Zivilgesellschaft wird hingegen eher befürchtet, dass zu weiche Nachhaltigkeitskriterien zu “Lock-in”-Effekten führen: Investitionen in Infrastrukturen, die den Wandel zu einer vollständig dekarbonisierten Wirtschaft aufhalten. 

Die Wasserstoff-Importstrategie, deren aktueller Entwurf Table.Briefings vorliegt, versucht einen Mittelweg zwischen den beiden Positionen zu finden. Eine “nachhaltige, stabile, sichere und diversifizierte Versorgung mit Wasserstoff und seinen Derivaten” sei “im strategischen Interesse Deutschlands”, heißt es im ersten Absatz. Doch kurz darauf folgt die Einschränkung zur Frage, wie hoch die Klimaemissionen von Wasserstoff sein dürfen: “Um den notwendigen raschen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen, bezieht die Importstrategie auch kohlenstoffarmen Wasserstoff und seine Derivate in die Bedarfsdeckung mit ein.”  

Öffentliche Förderung für Verbraucher, nicht für Produzenten

Der Grenzwert für “kohlenstoffarm erzeugten Wasserstoff” wird in dem Entwurf in Anlehnung an die EU-Richtlinie für den Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt mit 3,4 Kilogramm CO₂-Äquivalente pro Kilogramm Wasserstoff angegeben. Laut Expertenmeinung könnte sogenannter “blauer” Wasserstoff aus Norwegen, der aus Erdgas hergestellt und bei dem entstehendes CO₂ Großteils abgefangen und im Meeresboden verpresst wird, dieses Kriterium bereits relativ bald erfüllen. Allerdings stellen sich hier methodische Fragen zur Bilanzierung etwa von Methan-Leckagen, die derzeit von der EU-Kommission in Vorschriften gegossen werden.  

Ohnehin, so stellt der Entwurf klar, soll es für die Herstellung von blauem Wasserstoff keine öffentliche Förderung aus Deutschland geben. Im Rahmen von Fördermitteln für industrielle Verbraucher hingegen schon, etwa durch Klimaschutzverträge oder die “Bundesförderung Industrie und Klimaschutz”. 

Keine Festlegung zu umstrittenen Derivaten 

Sehr viel unpräziser ist die Strategie zu einer “diversifizierten Produktpalette” an Wasserstoff-Derivaten. Hier werden kontroverse Stoffe wie synthetisches Methan (SNG) und Dimethylether erwähnt, die in bereits existierenden Anlagen Erdgas und Diesel ersetzen könnten. Tabellarisch werden ihre “Vorteile” und “zentralen Hemmnisse” aufgeführt. Eine Festlegung, ob der Verbrauch dieser Derivate gefördert werden sollte – bei Klimaschutzverträgen zuletzt umstritten – findet sich in dem Entwurf aber nicht. Der Import, so heißt es darin, sei “eine Option, sofern der Kohlenstoffkreislauf entlang der Wertschöpfungskette bilanziell geschlossen” sei.  

Zu den weniger umstrittenen Derivaten gehört auch Ammoniak, eine Basischemikalie für Düngemittel, der als wichtiger zukünftiger Treibstoff für Schiffe gilt. Am Donnerstag vermeldete das BMWK eine erste erfolgreiche Einkaufsauktion durch das Förderinstrument H2Global. Für etwa 250 Millionen Euro ging der Zuschlag nach Ägypten, wo neue Anlagen für erneuerbare Energie die stromintensive grüne Ammoniakproduktion für den deutschen Bedarf ermöglichen sollen.  

Schwammige Kriterien für Importe aus dem Globalen Süden 

Vollends ungenau wird der Entwurf der Importstrategie schließlich in den Abschnitten zu Wasserstoffprojekten außerhalb Europas. Wie diese Woche in einem Standpunkt dargelegt, fordern Klima- und Entwicklungsorganisationen “konkrete und verbindliche Kriterien” zu Land- und Wasserkonflikten, potenziellen Umweltschäden und der Beseitigung von Energiearmut im Globalen Süden, wenn dort in Wasserstoffprojekte investiert wird. Auch “Wertschöpfung, Innovationen und Jobs” könnten durch grüne Wasserstoffproduktion im Globalen Süden direkt verankert werden. 

Nach Informationen von Table.Briefings hatte auch das deutsche Entwicklungsministerium (BMZ) eine Reihe strengerer Kriterien für den Entwurf vorgeschlagen. In der vorliegenden Fassung sind diese jedoch größtenteils verschwunden oder abgeschwächt worden. Nun heißt es nur noch, dass durch Wasserstoffproduktion im außereuropäischen Ausland 

  • die “Nachhaltigkeit der Wertschöpfungs- und damit der Lieferkette für Wasserstoff und seiner Derivate insgesamt in den Blick zu nehmen” sei, 
  • “lokale Wasserstoff-Nutzungsoptionen berücksichtigt und auch lokale Wertschöpfung und Teilhabe ermöglicht werden” sollten, “die direkte Beiträge zur nationalen Energiewende leisten”, 
  • lokale Akteure “gestärkt” werden sollten, 
  • durch die Wasserstoffproduktion keine lokale Wasserknappheit entstehen “darf”,  
  • sowie “konkurrierende Flächennutzungsoptionen bei der Bereitstellung erneuerbarer Energie abgewogen” werden “sollten”. 

Kabinett berät am 24. Juli über Strategie

Über andere Problematiken, wie etwa die Entsorgung der in Meerwasserentsalzungsanlagen entstehenden chemisch verunreinigten Sole, verliert der aktuelle Entwurf kein Wort. Farbig markiert ist noch eine Einfügung, dass diese Ziele “im Rahmen der Kooperationsangebote der Entwicklungszusammenarbeit” erreicht werden müssen – ein Hinweis darauf, dass das BMZ seine Wünsche aus dem eigenen Budget finanzieren muss. Verwiesen wird auch auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), durch das “die Nachhaltigkeit der Lieferkette diverser Produkte” verbessert werde. Das LkSG soll nach aktuellen Plänen der Bundesregierung jedoch massiv abgeschwächt werden.  

Nach Informationen von Table.Briefings soll die Importstrategie am 24. Juli im Kabinett behandelt werden. 

  • BMZ
  • Grüner Wasserstoff
  • Methan
  • Wasserstoff
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NKWS: Welche Konflikte es bei zentralen Punkten gibt

Altautos: Künftig soll die Wirtschaft nicht nur zirkulär, sondern auch klimaneutral funktionieren.

Der Beteiligungsprozess für die Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) ist vergangene Woche mit einem Spitzentreffen im Bundesumweltministerium (BMUV) zu Ende gegangen. Lob gab es für Ministerin Steffi Lemke von den Vertretern der Wirtschafts- und Umweltverbände für die vielfältigen Möglichkeiten, ihre Positionen einzubringen, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Doch bei zentralen inhaltlichen Punkten zeichnen sich Konflikte ab.

Mit der NKWS will die Bundesregierung den Rahmen setzen für den Übergang zu einer zirkulären Wirtschaft, die Ressourcen und Klima schont – und auch die Unabhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Importen erhöhen soll. Die Strategie ist aktuell innerhalb der Bundesregierung in der Ressortabstimmung. Verabschieden soll das Bundeskabinett sie im Herbst.

Halbierung des Primärrohstoffverbrauchs als “pauschales Ziel” umstritten

Den Primärrohstoffverbrauch pro Kopf bis 2045 von ungefähr 16 auf acht Tonnen zu halbieren, ist ein Hauptziel der NKWS. Vor allem Umweltverbände haben sich dafür stark gemacht, dass es ein absolutes Reduktionsziel gibt, denn laut wissenschaftlichen Modellrechnungen ist nur mit einer solchen Reduzierung des Rohstoffverbrauchs ein Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen möglich.

Kritik daran kommt vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): “Die pauschale Vorgabe der Zielgröße zur Absenkung des Primärrohstoffeinsatzes auf acht Tonnen pro Kopf und Jahr bis zum Jahr 2045 ist nicht dazu geeignet, zielgenaue und positive Effekte für die zirkuläre Wertschöpfung in Deutschland auszulösen“, sagt Claas Oehlmann, Leiter der Circular Economy Initiative des BDI, zu Table.Briefings. Statt einer “materialübergreifenden” Messgröße müssten “einzelne Stoffströme differenziert betrachtet” und “sinnvolle Ziele” für diese diskutiert werden.

Das Acht-Tonnen-Ziel müsse “zwingend erhalten bleiben”, fordert hingegen Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Sonst würde die Strategie “ohne Durchschlagskraft bleiben”. Zudem brauche es ein Zwischenziel für das Jahr 2030; die DUH schlägt zehn Tonnen vor. Für Zwischenziele plädiert auch Rebecca Tauer, Programmleiterin für Circular Economy beim WWF: “Wenn wir in zehn Jahren noch bei 16 Tonnen pro Kopf stehen, dann schaffen wir die mindestens notwendige Halbierung nur disruptiv – statt planvoll, vorausschauend finanziert und sozialverträglich”, warnt sie. Zudem fordert der WWF die Bundesregierung auf, ein Reduktionsziel von sieben Tonnen zu verfolgen – wie Österreich.

Zielkonflikt: Klima-Transformation versus Ressourcenschonung

Hintergrund der Diskussionen sind mögliche Zielkonflikte. Künftig soll die Wirtschaft nämlich nicht nur zirkulär, sondern auch klimaneutral funktionieren. Der dafür notwendige Ausbau von Erneuerbaren Energien zum Beispiel braucht aber sehr viele Ressourcen. Das gilt ebenso für die Modernisierung von Infrastruktur oder den Wohnungsbau.

Oehlmann fordert daher “Flexibilität” bei “rein gewichtsbasierten Indizes” wie dem Primärrohstoffverbrauch pro Kopf. Ähnlich sieht es Gunda Röstel, die stellvertretende Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Sie hält es unter Umständen für nötig, zu diskutieren, “ob eine gewisse Flexibilität auf der Zeitachse möglich ist, wenn dies durch den Hochlauf neuer Technologien, wie bei der Klimaschutztransformation – gegebenenfalls aber auch als Folge geopolitischer Spannungen – sinnvoll erscheint”.

Rezyklateinsatzquoten: Vorbehalte in Elektro- und Bauindustrie

Ein Hebel für einen geringeren Primärrohstoffverbrauch ist, mehr Sekundärrohstoffe zu nutzen. Bis 2030 soll sich der Anteil von recyceltem Material am Rohstoffverbrauch daher verdoppeln. Um diesem zusätzlichen Kernziel des NKWS-Entwurfs näher zu kommen, will das BMUV “eine mittel- bis langfristige Weiterentwicklung von Rezyklateinsatzquoten für zentrale Stoffgruppen prüfen”. In der neuen Verpackungsverordnung der EU sind solche Quoten schon vorgesehen, ebenso wie in der Batterieverordnung von 2023.

Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) unterstütze “den Ansatz, realistische und quantifizierbare Ziele durch einen Stakeholder-Prozess zu klären”, sagt Christian Eckert, ZVEI-Bereichsleiter Nachhaltigkeit und Umwelt. Einsatzquoten seien aber nicht für alle Stoffströme sinnvoll. “Wenn das Instrument verbindlich festgeschrieben wird, sollte die Verfügbarkeit stets im Blick gehalten werden.” Für die Akzeptanz “entscheidend” sei auch die Qualität.

Auch im Bausektor, der einer der ressourcenintensivsten ist, gibt es Vorbehalte gegen Mindestquoten für die Nutzung von Sekundärmaterial. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, hält einen “Wertungsvorteil in der Ausschreibung für die Unternehmen, die Recycling-Materialien einsetzen”, für sinnvoller. Ein großes Problem von Einsatzquoten sei nämlich, “dass das für das Recycling geeignete Material nicht flächendeckend in entsprechender Menge und Qualität (ökologisch/schadstoffmäßig und bautechnische Eignung) verfügbar” sei, was zu “erheblichen” Verwerfungen führen könne.

Zirkuläres Wirtschaften braucht mehr als Recycling

Anja Siegesmund, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), hingegen hält Quoten für wichtig. Heute seien zum Beispiel recycelte Kunststoffe noch viel teurer als Neumaterial. Eine Quote sei deshalb “das richtige Mittel für mehr Wertschöpfung”, sagt sie. Um den Rohstoffverbrauch absolut zu senken, brauche es aber auch neue Geschäftsmodelle wie Leasing, Sharing oder Reparatur, heißt es zudem in einer Stellungnahme des Verbands.

Die größten Potenziale, um den Primärrohstoffverbrauch zu senken, lägen in der Vermeidung (von Nutzung) und Wiederverwendung (nicht Recycling). Trotzdem zeige der Entwurf für die NKWS “einen starken Fokus auf Maßnahmen des Bereichs Recyclings sowie Materialeffizienz (Ökodesign)”, sagt Fischer von der DUH. Er fordert stattdessen “konkrete, verbindliche und ambitionierte Maßnahmen zur Vermeidung, Langlebigkeit, Reparatur und Mehrwegförderung”.

Obwohl die Strategie alle R-Strategien für Kreislaufwirtschaft – neben Recycling auch Reduce und Reuse – berücksichtigen wollte, sei sie nun “sehr technologiefokussiert”, kritisiert der WWF in einer Stellungnahme. “Es sollten unter anderem Maßnahmen für den Ausbau von Leih- und Mietangeboten, zur Stärkung flächendeckender Rücknahme- oder Mehrwegsysteme und zur Kompetenzstärkung bei Verbraucher:innen aufgenommen werden” fordert die Umweltschutzorganisation – auch um die Menschen mitzunehmen und Akzeptanz für den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

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  • NKWS
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  • Zirkuläres Wirtschaften
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News

Rat der Meeresbodenbehörde: Um diese Fragen geht es in den Verhandlungen

Ab Montag tagt zwei Wochen lang der Rat der Internationalen Meeresbodenbehörde (IMB) in Kingston, Jamaika. Die 36 Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, verhandeln weiter über einen Entwurf des Regelwerks für den Tiefseebergbau in internationalen Gewässern. Im März hatten sie zwar erstmals über einen konsolidierten Text diskutiert. Die Verhandlungen waren bisher insgesamt jedoch nur langsam vorangekommen.

Die Zeit drängt, denn das kanadische Unternehmen The Metals Company (TMC) möchte mit dem pazifischen Inselstaat Nauru noch in diesem Sommer die erste Lizenz zum Abbau von Rohstoffen am Meeresboden beantragen. 2021 hatte es bereits die sogenannte Zwei-Jahres-Klausel des internationalen Seerechts ausgelöst. Die IMB hätte demnach innerhalb von zwei Jahren ein Regelwerk vorlegen müssen. Die Frist dafür lief im Juli 2023 ab.

Finanzmechanismus und Verteilung der Gewinne noch offen

Der Abbau von Rohstoffen am Meeresboden könnte einen Vorteil im Wettlauf um Mangan, Kupfer oder Nickel bieten- wichtige Rohstoffe für Energiewende und Digitalisierung. Norwegen etwa hatte Anfang des Jahres die Erkundung des arktischen Meeresbodens und den Abbau von Mineralien am norwegischen Meeresboden beschlossen. Es will damit das erste Land werden, das Tiefseebergbau in kommerziellem Maßstab betreibt. Deutschland, Frankreich und weitere Länder werben hingegen für ein Moratorium oder eine vorsorgliche Pause, bis ausreichend Erkenntnisse über die Auswirkungen des Tiefseebergbaus vorliegen.

Bei den Verhandlungen in Kingston seien noch wichtige Fragen offen, sagte Carsten Rühlemann, Meeresgeologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Gespräch mit Table.Briefings. Er vertritt Deutschland in der Rechts- und Fachkommission der Meeresbodenbehörde, die bereits vom 1. bis zum 12. Juli in Kingston tagte. Zu den noch fraglichen Aspekten gehören unter anderem:

  • der Finanzmechanismus, also die Art der Berechnung und Höhe der Abgaben, die aus einem zukünftigen Abbau an die IMB fließen sollen,
  • die Verteilung der Gewinne der IMB aus dem Abbau, und
  • Ausgleichszahlungen an Entwicklungsländer, denen durch den konkurrierenden Tiefseebergbau Gewinne aus dem Landbergbau entgehen.

Versammlung entscheidet über Generalsekretär

Bei der anschließenden Sitzung der Versammlung der Meeresbodenbehörde vom 29. Juli bis zum 2. August steht ein weiterer wichtiger Termin an: die Wahl des Generalsekretärs – oder der Generalsekretärin. Die 168 Mitgliedsländer entscheiden, ob der seit 2016 amtierende Michael Lodge seinen Posten behält oder durch seine Herausforderin Leticia Carvalho abgelöst wird. Carvalho will sich laut Medienberichten dafür einsetzen, den Prozess zu verlangsamen und keine Abbaulizenzen zu erteilen, solange das Regelwerk nicht komplett ist. Lodge hingegen steht für eine schnellstmögliche Fertigstellung und Genehmigung entsprechender Projekte.

Die New York Times hatte vergangene Woche über Behauptungen berichtet, Lodge hätte Zahlungen veranlasst, um sich Stimmen für seine Wiederwahl zu sichern. Carvalho soll laut den Recherchen zudem ein Jobangebot erhalten haben, damit sie ihre Kandidatur zurückzieht. Bereits in der Vergangenheit war Lodge fehlende Neutralität zugunsten der Industrie vorgeworfen worden. So hatte etwa Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im BMWK, im März 2023 einen Brief an Lodge verfasst und sich “ernsthaft besorgt” geäußert über dessen Versuche, einseitig auf die Delegationen Einfluss zu nehmen. Die Wahl soll am 2. August stattfinden. leo

  • Tiefseebergbau

Human Rights Watch: Diese Branche aus Xinjiang muss auf die EU-Zwangsarbeitsliste

Nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sollen Aluminium-Produkte aus Xinjiang in das geplante EU-Warenregister zur Einschätzung des Zwangsarbeitsrisikos aufgenommen werden.

Das Register ist Teil der EU-Verordnung zu Produkten aus Zwangsarbeit. Damit diese eine konkrete Auswirkung auf staatlich verordnete Zwangsarbeit in China habe, sei die Aufnahme von Xinjiang und des Aluminiumsektors in die Datenbank von entscheidender Bedeutung, erklärte HRW in einer Mitteilung. Die Organisation empfiehlt insgesamt 17 Branchen von Kleidungs- bis Spielzeug-Produktion in der Region Xinjiang, die in das EU-Register aufgenommen werden sollten.  

Auch die USA beziehen Aluminium ein

Die EU würde damit den USA folgen, die Aluminium in der Gesetzgebung zum Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) ergänzt haben, sagte Alejandro Mayorkas, US-Minister für Innere Sicherheit, in einem Gespräch mit dem US-Thinktank CSIS. Demnach umfasst der UFLPA auch Meeresfrüchte und PVC. 

Die geplante EU-Verordnung soll Verbraucher daran hindern, Waren zu kaufen, die unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden. In der Online-Datenbank sollen bestimmte geografische Gebiete und Sektoren veröffentlicht werden, in denen das Risiko von Zwangsarbeit besteht, auch von staatlicher Seite. Die Datenbank soll ab 2026 verfügbar sein. Die Verordnung soll dann Ende 2027 in Kraft treten. ari

  • Menschenrechte
  • Xinjiang
  • Zwangsarbeit
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Europäische Autoindustrie: Wie die Umstellung auf grünen Stahl finanzierbar ist

Die Kosten einer schrittweisen Umstellung der europäischen Automobilproduktion auf grünen Stahl halten sich nach Berechnungen der Unternehmensberatung Ricardo in Grenzen. Für das Jahr 2030 rechnen die Experten bei einem Anteil von 40 Prozent des verwendeten Stahls mit Mehrkosten pro Fahrzeug von 57 Euro. Im Jahr 2040 sollen es aufgrund der CO₂-Bepreisung und sinkender Produktionskosten bei einem Anteil von 100 Prozent sogar nur noch acht Euro sein.

Aufbau ist günstiger als ein Reifenwechsel

“Es kostet Europa pro Auto weniger als einen Reifenwechsel, eine grüne Stahlindustrie aufzubauen”, sagte Lars Andersen, Referent bei der NGO Transport & Environment (T&E) Deutschland. Die Politik müsse jedoch zunächst “mit klaren verbindlichen Rahmenbedingungen einen grünen Leitmarkt schaffen, um die Umstellung auf kohlenstoffarmen Stahl in der Automobilindustrie anzustoßen”. T&E hatte die Studie in Auftrag gegeben. Die NGO setzt sich für eine sozial-ökologische Transformation des Verkehrs- und Transportsektors ein.

Die Dekarbonisierung der Stahlindustrie ist ein zentraler Punkt des Konzepts “Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe”, das Wirtschaftsminister Robert Habeck im Mai vorgestellt hat. Ziel ist es, energieintensive Grundstoffe wie Stahl, Zement oder Ammoniak künftig mit reduzierten oder nahezu ohne Treibhausgasemissionen herzustellen. Dafür fehlt es zum Teil noch an der Technologie, vor allem aber an den Kapazitäten für eine wettbewerbsfähige Massenproduktion.

Stahlproduktion soll europäischer grüner Leitmarkt werden

Die Leitmärkte sollen dazu beitragen, die Nachfrage in diesen Bereichen zu stärken und damit Investitionen in neue Technologien und Verfahren lenken. Allein der Aufbau von Produktionskapazitäten für grünen Stahl erfordert Investitionen in Milliardenhöhe und wird stark von einem zuverlässigen Absatz abhängen.

T&E erwartet daher von der Bundesregierung, dass sie sich in der EU für einen europäischen Leitmarkt für grünen Stahl mit abgestimmten Standards einsetzt. Um die Nachfrage anzukurbeln, sollten die europäischen Autohersteller dazu verpflichtet werden, ab 2030 zunehmend mehr grünen Stahl in Neuwagen zu verbauen. 2030 soll der Anteil bei 40 Prozent, ab 2035 bei 75 Prozent und ab 2040 bei 100 Prozent liegen. Die Studie zeigt, dass dann genügend grüner Stahl zur Verfügung steht, um die gesamte Nachfrage des Automobilsektors zu decken. ch

  • Autoindustrie
  • Stahlindustrie
  • Transformation

Must-reads

Studie: Weniger Chefinnen im öffentlichen Sektor – Süddeutsche Zeitung
Weibliche Führungskräfte sind in Dax-Unternehmen mit 23,2 Prozent stärker vertreten als in Firmen öffentlicher Hand mit nur 22,1 Prozent, hat Lisa Nguyen aus einer Studie der Zeppelin Universität Friedrichshagen erfahren. Besonders auffällig seien dabei die regionalen Unterschiede: In den Städten der ostdeutschen Länder liegt der Frauenanteil bei 23,2 Prozent, in den westdeutschen Flächenländern bei 18,6 Prozent. Zum Artikel

Finanzierung von Klimaschutz: “Schmerzhafte Kürzungen” im Klimafonds – Klimareporter
Der große Crash beim Klima- und Transformationsfonds bleibt mit der Einigung der Bundesregierung auf den Haushalt 2025 vorerst aus. Langfristig brauche die Finanzierung von Klimaschutz als gesamtstaatliche Aufgabe aber ein besseres Fundament, meint Joachim Wille. Denn noch sei offen, wie der KTF als wichtigstes Finanzierungsinstrument für die Transformation am Ende der Haushaltsberatungen genau aussehen wird. Zum Artikel

Amazon Says It Reached a Climate Goal Seven Years Early – The New York Times
Amazon hat erklärt, dass es sein Ziel, 100 Prozent seines Strombedarfs aus Erneuerbaren zu beziehen, sieben Jahre früher als geplant erreicht habe. Hierfür habe der Großkonzern in über 500 Solar- und Windprojekte investiert. Kritiker sehen das anders, schreiben Ivan Penn und Eli Tan. Denn der Strom aus Erneuerbaren versorge die Produktionsstätten von Amazon nicht direkt. Außerdem sei der Verbrauch von KI-Rechenzentren nicht in die Berechnungen eingeflossen. Zum Artikel

Microsoft and Occidental sign carbon credit deal to help offset AI energy surge – Financial Times
Microsoft will 2030 “carbon negative” sein, aber seine Kohlenstoffemissionen steigen seit Jahren, nicht zuletzt aufgrund seines massiven KI-Ausbaus. Nun könnte die Erdölindustrie helfen, berichten Myles McCormick und Camilla Hodgson. Occidental Petroleum baut in Texas eine Anlage, mit der Kohlenstoff aus der Atmosphäre gesaugt werden soll. Microsoft hat sich 500.000 Zertifikate gesichert. Zum Artikel

Grüne in der EU: “E-Fuels nicht völlig ausgeschlossen” – Heise Autos
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist auf der Suche nach Mehrheiten für eine zweite Amtszeit. Deshalb hat sie jüngst auch die Fraktion der europäischen Grünen besucht. Die hätten grundsätzlich darauf bestanden, dass nicht am Green Deal gerüttelt wird, wie Martin Franz berichtet. Beim Thema E-Fuels zeigten sie sich hingegen beweglicher. Schließlich seien sie als sogenannter Erwägungsgrund bereits im Gesetz zum Verbrenner-Aus im Jahr 2035 verankert. Zum Artikel

MEPs: Stop ‘race to bottom’ of cheapest-price public procurement – EU Observer
Eine Gruppe von Europaabgeordneten, die sich zur “Public Procurement Alliance” zusammengeschlossen hat, habe die Kommission dazu aufgefordert, die Vorschriften für die öffentliche Beschaffung zu reformieren, berichtet Piet Ruig. Das parteiübergreifende Bündnis fordere, dass die Ausschreibungsleitlinien mit den sozialpolitischen Zielen der EU in Einklang gebracht werden. Bisher zähle bei der öffentlichen Vergabe vor allem der niedrigste Preis, was die Ziele in Bezug auf Tarifverträge und Sozialschutz untergrabe. Zum Artikel

Heads

Die entscheidenden Köpfe der ESG-Szene – NGO

Miriam Saage-Maaß – Legal Director, ECCHR

Miriam Saage-Maaß hat sich Respekt in Unternehmen verschafft. Die promovierte Juristin und Völkerrechtlerin ist Legal Director beim European Center for Constitutional Rights, einer in Berlin ansässigen gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation. Mit juristischen Mitteln versucht die NGO, Verantwortliche von Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Saage-Maaß organisierte nach dem Brand der Fabrik Ali Enterprises in Pakistan etwa die Klage von Arbeitern und Angehörigen gegen den Textildiscounter KiK. Saage-Maaß hat seitdem viele weitere Klagen vorbereitet und mit Kollegen auch einen maßgeblichen Kommentar zum deutschen Lieferkettengesetz geschrieben.

Armin Paasch – Koordinator verantwortliches Wirtschaften, Misereor

Armin Pasch spielt eine zentrale Rolle in der Zivilgesellschaft, wenn es um Menschen- und Umweltrechte in der Wirtschaft geht. Der Historiker und Germanist beschäftigt sich auf allen Ebenen mit Regulierungsvorhaben der Politik für die Wirtschaft, etwa zum Lieferkettengesetz, zur Rohstoffpolitik und zu Menschenrechten. Außerdem vertritt er den entwicklungspolitischen Dachverband VENRO in der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte beim BMAS zum Monitoring der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP).

Maren Leifker – Referentin Wirtschaft und Menschenrechte, Brot für die Welt

Maren Leifker ist die Vertreterin der Zivilgesellschaft in dem beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eingerichteten Beirat zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Darin hat die Bundesregierung Vertreter wichtiger Stakeholdergruppen versammelt. Die Juristin arbeitet seit 2017 im Referat Menschenrechte und Frieden bei Brot für die Welt und hat in der Initiative Lieferkettengesetz eine wichtige Rolle gespielt. Leifker ist als Gesprächspartnerin bei Unternehmen gefragt. Bis Oktober ist sie in Elternzeit

Cornelia Heydenreich – Bereichsleiterin Unternehmensverantwortung, Germanwatch

Cornelia Heydenreich hat 2001 bei Germanwatch begonnen, sich mit den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen zu befassen. Diese waren gerade überarbeitet worden und ab sofort durften auch NGOs Beschwerden vorbringen; zuvor waren es nur Gewerkschaften. Heydenreich, die Geografie, Ethnologie und Agrarwissenschaften studiert hat, half fortan, das Thema auf mehreren Ebenen zu verankern: Sie schob 2003 das NGO-Netzwerk “OECD Watch” mit an, gehörte 2005 zu den Mitgründern des europäischen Dachverbands ECCJ und baute das nationale CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung mit auf.

Gerhard Schick – Vorstand, Bürgerbewegung Finanzwende e.V.

Gerhard Schick engagiert sich seit zwei Jahrzehnten für eine nachhaltige Finanzwirtschaft. Der Volkswirt studierte in Freiburg und ist geprägt vom dort verankerten Ordoliberalismus, wenn es etwa um die Notwendigkeit von Wettbewerb von Unternehmen geht. Als langjähriger finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen machte er sich einen Namen mit der Aufarbeitung der Finanzkrise und der Cum-Ex-Geschäfte. 2018 legte er sein Mandat nieder und gründete die Bürgerbewegung Finanzwende. Für sein Anliegen gewann er wichtige Verbündete, zuletzt als Geschäftsführerin Anne Brorhilker, die wohl erfolgreichste Cum-Ex-Ermittlerin.

Peter Fuchs – Geschäftsführender Vorstand, PowerShift

Peter Fuchs ist einer der zivilgesellschaftlichen Pioniere, wenn es um Rohstoffe, Energie und internationale Handelsregeln geht. Der Volkswirt und Sozialökonom widmet sich diesen Themen seit mehr als 30 Jahren. 2010 gründete er den Verein PowerShift, der im politischen Berlin als kritische Stimme und Impulsgeber geschätzt wird. Denn das Team benennt nicht nur Probleme, sondern auch mögliche Lösungen. Mittlerweile ist Fuchs geschäftsführender Vorstand der NGO und beschäftigt sich mit den Themen Energiewende, Bürgerenergie und Agri-PV. Außerdem baut er ehrenamtlich die Partnerorganisation PowerShift Brandenburg e.V auf.

Christiane Averbeck – Geschäftsführende Vorständin, Klima-Allianz Deutschland

Christiane Averbeck leitet seit 2015 die Geschicke des größten zivilgesellschaftlichen Klimabündnisses – zunächst als Geschäftsführerin, heute als geschäftsführende Vorständin. Mit rund 150 Mitgliedsorganisationen aus Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend, Soziales und Gewerkschaften vertritt die Klima-Allianz rund 25 Millionen Menschen. Die promovierte Biologin sitzt zudem im nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung, wo sie entschieden für grünen Wasserstoff streitet. Zuvor war Averbeck unter anderem Geschäftsführerin der Kampagne Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Friedel Hütz-Adams – Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene

Wenn es um nachhaltigen Kakao geht, wird Friedel Hütz-Adams meist als Erster genannt. Der Mitarbeiter des Südwind Instituts in Bonn gilt als einer der profiliertesten Experten auf diesem Gebiet. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit geht es ihm immer auch darum, wie die Arbeits- und Lebensbedingungen der Produzenten verbessert werden können. Dies hat ihn auch in den Fachbeirat Nachhaltigkeit von Pro Planet geführt, wo er das Handlungsfeld “Fairness” abdeckt. Mit dem Siegel zeichnen Rewe, Penny und Toom Baumarkt Eigenmarken aus, die nachhaltiger produziert werden. Trotzdem bleibt Hütz-Adams dabei stets kritisch.

Rebecca Tauer – Programmleiterin Circular Economy, WWF Deutschland

Rebecca Tauer ist Expertin für zirkuläres Wirtschaften. Unter ihrer Leitung entstand das “Modell Deutschland Circular Economy”, ein wichtiger Impuls für die Debatten um zirkuläres Wirtschaften. Geschätzt wird ihre Expertise in verschiedenen Gremien – etwa dem Beirat des “Circularity Gap Report”, einer jährlichen Studie zur globalen Kreislaufwirtschaft. Tauer, die sich als jemanden beschreibt, der Komplexität navigiert, Dinge initiiert und erledigt, zeichnen vielfältige Erfahrungen aus. Bevor sie 2016 zum WWF ging, lebte sie in Australien. Dort arbeitete sie unter anderem als Strategiemanagerin in einem großen Logistikunternehmen und machte einen Master in Sustainable Development.

Philipp Mimkes – Geschäftsführer, FIAN Deutschland e.V.

Der “himmelschreienden Ungerechtigkeit” der Weltwirtschaft etwas entgegensetzen – das ist das Ziel von Philipp Mimkes. Seit acht Jahren leitet er die deutsche Sektion der NGO FIAN, die für das Recht auf Ernährung kämpft und in deren Namen er auch schon mal vors Gericht zieht: Vor zwei Jahren verklagte Mimkes die KfW, um mehr über ein Investment in Paraguay zu erfahren, das zu Landkonflikten und Umweltschäden geführt haben soll. Vor seiner heutigen Tätigkeit war er mehr als 20 Jahre lang Geschäftsführer des Vereins Coordination gegen BAYER-Gefahren und hat Physik studiert. Sein Ziel schon damals: “fundiert zu ökologischen Problemen zu arbeiten”, wie er sagt.

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Dessert

Kinder! Die gute Butter ist auch nicht mehr, was sie einmal war!

“Savor” kann man sowohl im Sinne von “genießen” als auch als “würdigen” oder “probieren” übersetzen. Der Name des Start-ups aus dem kalifornischen San José ist damit gleich in mehrfacher Hinsicht Programm. Denn es hat eine neuartige Butter entwickelt, die es nun auf den Markt bringen will.

Das besondere daran ist, dass der Herstellungsprozess “gänzlich ohne Biologie” auskommt, wie die Technologiechefin Kathleen Alexander das Fachmagazin New Scientist wissen ließ. Tatsächlich enthält das Produkt weder Milch noch pflanzliche Rohstoffe, sondern basiert auf Kohlenstoff, wie er zum Beispiel in CO₂ vorkommt. Mit viel Petrochemie, Sauerstoff, Glycerin, Wasser und Emulgatoren wird daraus schließlich eine butterartige Substanz. Noch ein wenig Beta-Carotin und Rosmarinöl dazu und fertig ist “Savor”.

In Zeiten der Klimakrise versteht es sich von selbst, dass Savor mit der Nachhaltigkeit seines Produkts wirbt: Weder haben Kühe dafür Methan ausgerülpst noch wurden wertvolle Flächen beackert, die stattdessen für den Naturschutz oder zur CO₂-Speicherung genutzt werden könnten. Ob das reicht, um den Kunden ein solches Laborprodukt schmackhaft zu machen, wird sich zeigen. Zumal die Sache nicht ganz billig wird.

Ex-Microsoft-Chef Bill Gates hat Savor jedenfalls schon getestet und keinen Unterschied zum Naturprodukt festgestellt. Auch Elon Musk, der bekanntlich gerne auf den Mars umziehen würde, dürfte begeistert sein. Denn die Atmosphäre des Mars besteht zu 95 Prozent aus CO₂. Für Frühstücksbutter wäre also gesorgt. Carsten Hübner

ESG.Table Redaktion

ESG.TABLE REDAKTION

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    wie gelingt es, die Kreislaufwirtschaft in Schwung zu bringen? Einfach den Verbrauch von Primärrohstoffen senken und das Recycling hochfahren? Was einleuchtend klingt, kann in der Praxis allerdings zu Zielkonflikten führen, wie Nicolas Heronymus erfahren hat. In seiner Analyse beschreibt er deshalb, was die beteiligten Stakeholder an der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie begrüßen und kritisieren – und welche Argumente sie haben.

    Am 24. Juli will das Kabinett über die Wasserstoff-Importstrategie beraten. Alex Veit hat sich einen Entwurf angeschaut, der Table.Briefings vorliegt. Sein Fazit: Die Bundesregierung versucht, eine Balance zu finden zwischen einem möglichst schnellen Markthochlauf und strengen Nachhaltigkeitskriterien.  

    Und in unserer Top-100-Serie stellen wir ihnen heute zehn Persönlichkeiten von Nichtregierungsorganisationen vor. Sie streiten vehement für ihre Sache, machen bemerkenswerte Arbeit – und haben sich nicht nur die Anerkennung ihrer Unterstützer verdient, sondern werden zum Teil auch von denjenigen respektiert, die sonst das Ziel von NGO-Klagen und Kampagnen sind.

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    Wasserstoff-Importstrategie sucht Mittelweg zwischen schnell und nachhaltig 

    Meerwasserentsalzungsanlage auf den Kanaren: Für die Produktion von Wasserstoff wird Süßwasser benötigt.
    Meerwasserentsalzungsanlage auf den Kanaren: Für die Produktion von Wasserstoff wird Süßwasser benötigt.

    Wasserstoff gilt als der molekulare Energieträger der Zukunft. Doch wie zukunftsfähig das teure Gas bereits während des sogenannten “Markthochlaufs” sein sollte, ist umstritten. Manche Wirtschaftsakteure argumentieren, dass zu strenge Anforderungen den milliardenteuren Ausbau von Produktions-, Transport- und Verbrauchsstätten bremsen würden. Dies könne zur längeren Verbrennung fossiler Energieträger wie Erdgas führen. Aus der Zivilgesellschaft wird hingegen eher befürchtet, dass zu weiche Nachhaltigkeitskriterien zu “Lock-in”-Effekten führen: Investitionen in Infrastrukturen, die den Wandel zu einer vollständig dekarbonisierten Wirtschaft aufhalten. 

    Die Wasserstoff-Importstrategie, deren aktueller Entwurf Table.Briefings vorliegt, versucht einen Mittelweg zwischen den beiden Positionen zu finden. Eine “nachhaltige, stabile, sichere und diversifizierte Versorgung mit Wasserstoff und seinen Derivaten” sei “im strategischen Interesse Deutschlands”, heißt es im ersten Absatz. Doch kurz darauf folgt die Einschränkung zur Frage, wie hoch die Klimaemissionen von Wasserstoff sein dürfen: “Um den notwendigen raschen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen, bezieht die Importstrategie auch kohlenstoffarmen Wasserstoff und seine Derivate in die Bedarfsdeckung mit ein.”  

    Öffentliche Förderung für Verbraucher, nicht für Produzenten

    Der Grenzwert für “kohlenstoffarm erzeugten Wasserstoff” wird in dem Entwurf in Anlehnung an die EU-Richtlinie für den Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt mit 3,4 Kilogramm CO₂-Äquivalente pro Kilogramm Wasserstoff angegeben. Laut Expertenmeinung könnte sogenannter “blauer” Wasserstoff aus Norwegen, der aus Erdgas hergestellt und bei dem entstehendes CO₂ Großteils abgefangen und im Meeresboden verpresst wird, dieses Kriterium bereits relativ bald erfüllen. Allerdings stellen sich hier methodische Fragen zur Bilanzierung etwa von Methan-Leckagen, die derzeit von der EU-Kommission in Vorschriften gegossen werden.  

    Ohnehin, so stellt der Entwurf klar, soll es für die Herstellung von blauem Wasserstoff keine öffentliche Förderung aus Deutschland geben. Im Rahmen von Fördermitteln für industrielle Verbraucher hingegen schon, etwa durch Klimaschutzverträge oder die “Bundesförderung Industrie und Klimaschutz”. 

    Keine Festlegung zu umstrittenen Derivaten 

    Sehr viel unpräziser ist die Strategie zu einer “diversifizierten Produktpalette” an Wasserstoff-Derivaten. Hier werden kontroverse Stoffe wie synthetisches Methan (SNG) und Dimethylether erwähnt, die in bereits existierenden Anlagen Erdgas und Diesel ersetzen könnten. Tabellarisch werden ihre “Vorteile” und “zentralen Hemmnisse” aufgeführt. Eine Festlegung, ob der Verbrauch dieser Derivate gefördert werden sollte – bei Klimaschutzverträgen zuletzt umstritten – findet sich in dem Entwurf aber nicht. Der Import, so heißt es darin, sei “eine Option, sofern der Kohlenstoffkreislauf entlang der Wertschöpfungskette bilanziell geschlossen” sei.  

    Zu den weniger umstrittenen Derivaten gehört auch Ammoniak, eine Basischemikalie für Düngemittel, der als wichtiger zukünftiger Treibstoff für Schiffe gilt. Am Donnerstag vermeldete das BMWK eine erste erfolgreiche Einkaufsauktion durch das Förderinstrument H2Global. Für etwa 250 Millionen Euro ging der Zuschlag nach Ägypten, wo neue Anlagen für erneuerbare Energie die stromintensive grüne Ammoniakproduktion für den deutschen Bedarf ermöglichen sollen.  

    Schwammige Kriterien für Importe aus dem Globalen Süden 

    Vollends ungenau wird der Entwurf der Importstrategie schließlich in den Abschnitten zu Wasserstoffprojekten außerhalb Europas. Wie diese Woche in einem Standpunkt dargelegt, fordern Klima- und Entwicklungsorganisationen “konkrete und verbindliche Kriterien” zu Land- und Wasserkonflikten, potenziellen Umweltschäden und der Beseitigung von Energiearmut im Globalen Süden, wenn dort in Wasserstoffprojekte investiert wird. Auch “Wertschöpfung, Innovationen und Jobs” könnten durch grüne Wasserstoffproduktion im Globalen Süden direkt verankert werden. 

    Nach Informationen von Table.Briefings hatte auch das deutsche Entwicklungsministerium (BMZ) eine Reihe strengerer Kriterien für den Entwurf vorgeschlagen. In der vorliegenden Fassung sind diese jedoch größtenteils verschwunden oder abgeschwächt worden. Nun heißt es nur noch, dass durch Wasserstoffproduktion im außereuropäischen Ausland 

    • die “Nachhaltigkeit der Wertschöpfungs- und damit der Lieferkette für Wasserstoff und seiner Derivate insgesamt in den Blick zu nehmen” sei, 
    • “lokale Wasserstoff-Nutzungsoptionen berücksichtigt und auch lokale Wertschöpfung und Teilhabe ermöglicht werden” sollten, “die direkte Beiträge zur nationalen Energiewende leisten”, 
    • lokale Akteure “gestärkt” werden sollten, 
    • durch die Wasserstoffproduktion keine lokale Wasserknappheit entstehen “darf”,  
    • sowie “konkurrierende Flächennutzungsoptionen bei der Bereitstellung erneuerbarer Energie abgewogen” werden “sollten”. 

    Kabinett berät am 24. Juli über Strategie

    Über andere Problematiken, wie etwa die Entsorgung der in Meerwasserentsalzungsanlagen entstehenden chemisch verunreinigten Sole, verliert der aktuelle Entwurf kein Wort. Farbig markiert ist noch eine Einfügung, dass diese Ziele “im Rahmen der Kooperationsangebote der Entwicklungszusammenarbeit” erreicht werden müssen – ein Hinweis darauf, dass das BMZ seine Wünsche aus dem eigenen Budget finanzieren muss. Verwiesen wird auch auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), durch das “die Nachhaltigkeit der Lieferkette diverser Produkte” verbessert werde. Das LkSG soll nach aktuellen Plänen der Bundesregierung jedoch massiv abgeschwächt werden.  

    Nach Informationen von Table.Briefings soll die Importstrategie am 24. Juli im Kabinett behandelt werden. 

    • BMZ
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    NKWS: Welche Konflikte es bei zentralen Punkten gibt

    Altautos: Künftig soll die Wirtschaft nicht nur zirkulär, sondern auch klimaneutral funktionieren.

    Der Beteiligungsprozess für die Erarbeitung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) ist vergangene Woche mit einem Spitzentreffen im Bundesumweltministerium (BMUV) zu Ende gegangen. Lob gab es für Ministerin Steffi Lemke von den Vertretern der Wirtschafts- und Umweltverbände für die vielfältigen Möglichkeiten, ihre Positionen einzubringen, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Doch bei zentralen inhaltlichen Punkten zeichnen sich Konflikte ab.

    Mit der NKWS will die Bundesregierung den Rahmen setzen für den Übergang zu einer zirkulären Wirtschaft, die Ressourcen und Klima schont – und auch die Unabhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Importen erhöhen soll. Die Strategie ist aktuell innerhalb der Bundesregierung in der Ressortabstimmung. Verabschieden soll das Bundeskabinett sie im Herbst.

    Halbierung des Primärrohstoffverbrauchs als “pauschales Ziel” umstritten

    Den Primärrohstoffverbrauch pro Kopf bis 2045 von ungefähr 16 auf acht Tonnen zu halbieren, ist ein Hauptziel der NKWS. Vor allem Umweltverbände haben sich dafür stark gemacht, dass es ein absolutes Reduktionsziel gibt, denn laut wissenschaftlichen Modellrechnungen ist nur mit einer solchen Reduzierung des Rohstoffverbrauchs ein Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen möglich.

    Kritik daran kommt vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): “Die pauschale Vorgabe der Zielgröße zur Absenkung des Primärrohstoffeinsatzes auf acht Tonnen pro Kopf und Jahr bis zum Jahr 2045 ist nicht dazu geeignet, zielgenaue und positive Effekte für die zirkuläre Wertschöpfung in Deutschland auszulösen“, sagt Claas Oehlmann, Leiter der Circular Economy Initiative des BDI, zu Table.Briefings. Statt einer “materialübergreifenden” Messgröße müssten “einzelne Stoffströme differenziert betrachtet” und “sinnvolle Ziele” für diese diskutiert werden.

    Das Acht-Tonnen-Ziel müsse “zwingend erhalten bleiben”, fordert hingegen Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Sonst würde die Strategie “ohne Durchschlagskraft bleiben”. Zudem brauche es ein Zwischenziel für das Jahr 2030; die DUH schlägt zehn Tonnen vor. Für Zwischenziele plädiert auch Rebecca Tauer, Programmleiterin für Circular Economy beim WWF: “Wenn wir in zehn Jahren noch bei 16 Tonnen pro Kopf stehen, dann schaffen wir die mindestens notwendige Halbierung nur disruptiv – statt planvoll, vorausschauend finanziert und sozialverträglich”, warnt sie. Zudem fordert der WWF die Bundesregierung auf, ein Reduktionsziel von sieben Tonnen zu verfolgen – wie Österreich.

    Zielkonflikt: Klima-Transformation versus Ressourcenschonung

    Hintergrund der Diskussionen sind mögliche Zielkonflikte. Künftig soll die Wirtschaft nämlich nicht nur zirkulär, sondern auch klimaneutral funktionieren. Der dafür notwendige Ausbau von Erneuerbaren Energien zum Beispiel braucht aber sehr viele Ressourcen. Das gilt ebenso für die Modernisierung von Infrastruktur oder den Wohnungsbau.

    Oehlmann fordert daher “Flexibilität” bei “rein gewichtsbasierten Indizes” wie dem Primärrohstoffverbrauch pro Kopf. Ähnlich sieht es Gunda Röstel, die stellvertretende Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Sie hält es unter Umständen für nötig, zu diskutieren, “ob eine gewisse Flexibilität auf der Zeitachse möglich ist, wenn dies durch den Hochlauf neuer Technologien, wie bei der Klimaschutztransformation – gegebenenfalls aber auch als Folge geopolitischer Spannungen – sinnvoll erscheint”.

    Rezyklateinsatzquoten: Vorbehalte in Elektro- und Bauindustrie

    Ein Hebel für einen geringeren Primärrohstoffverbrauch ist, mehr Sekundärrohstoffe zu nutzen. Bis 2030 soll sich der Anteil von recyceltem Material am Rohstoffverbrauch daher verdoppeln. Um diesem zusätzlichen Kernziel des NKWS-Entwurfs näher zu kommen, will das BMUV “eine mittel- bis langfristige Weiterentwicklung von Rezyklateinsatzquoten für zentrale Stoffgruppen prüfen”. In der neuen Verpackungsverordnung der EU sind solche Quoten schon vorgesehen, ebenso wie in der Batterieverordnung von 2023.

    Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) unterstütze “den Ansatz, realistische und quantifizierbare Ziele durch einen Stakeholder-Prozess zu klären”, sagt Christian Eckert, ZVEI-Bereichsleiter Nachhaltigkeit und Umwelt. Einsatzquoten seien aber nicht für alle Stoffströme sinnvoll. “Wenn das Instrument verbindlich festgeschrieben wird, sollte die Verfügbarkeit stets im Blick gehalten werden.” Für die Akzeptanz “entscheidend” sei auch die Qualität.

    Auch im Bausektor, der einer der ressourcenintensivsten ist, gibt es Vorbehalte gegen Mindestquoten für die Nutzung von Sekundärmaterial. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, hält einen “Wertungsvorteil in der Ausschreibung für die Unternehmen, die Recycling-Materialien einsetzen”, für sinnvoller. Ein großes Problem von Einsatzquoten sei nämlich, “dass das für das Recycling geeignete Material nicht flächendeckend in entsprechender Menge und Qualität (ökologisch/schadstoffmäßig und bautechnische Eignung) verfügbar” sei, was zu “erheblichen” Verwerfungen führen könne.

    Zirkuläres Wirtschaften braucht mehr als Recycling

    Anja Siegesmund, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), hingegen hält Quoten für wichtig. Heute seien zum Beispiel recycelte Kunststoffe noch viel teurer als Neumaterial. Eine Quote sei deshalb “das richtige Mittel für mehr Wertschöpfung”, sagt sie. Um den Rohstoffverbrauch absolut zu senken, brauche es aber auch neue Geschäftsmodelle wie Leasing, Sharing oder Reparatur, heißt es zudem in einer Stellungnahme des Verbands.

    Die größten Potenziale, um den Primärrohstoffverbrauch zu senken, lägen in der Vermeidung (von Nutzung) und Wiederverwendung (nicht Recycling). Trotzdem zeige der Entwurf für die NKWS “einen starken Fokus auf Maßnahmen des Bereichs Recyclings sowie Materialeffizienz (Ökodesign)”, sagt Fischer von der DUH. Er fordert stattdessen “konkrete, verbindliche und ambitionierte Maßnahmen zur Vermeidung, Langlebigkeit, Reparatur und Mehrwegförderung”.

    Obwohl die Strategie alle R-Strategien für Kreislaufwirtschaft – neben Recycling auch Reduce und Reuse – berücksichtigen wollte, sei sie nun “sehr technologiefokussiert”, kritisiert der WWF in einer Stellungnahme. “Es sollten unter anderem Maßnahmen für den Ausbau von Leih- und Mietangeboten, zur Stärkung flächendeckender Rücknahme- oder Mehrwegsysteme und zur Kompetenzstärkung bei Verbraucher:innen aufgenommen werden” fordert die Umweltschutzorganisation – auch um die Menschen mitzunehmen und Akzeptanz für den Wandel zur Kreislaufwirtschaft zu schaffen.

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    News

    Rat der Meeresbodenbehörde: Um diese Fragen geht es in den Verhandlungen

    Ab Montag tagt zwei Wochen lang der Rat der Internationalen Meeresbodenbehörde (IMB) in Kingston, Jamaika. Die 36 Mitgliedsländer, darunter auch Deutschland, verhandeln weiter über einen Entwurf des Regelwerks für den Tiefseebergbau in internationalen Gewässern. Im März hatten sie zwar erstmals über einen konsolidierten Text diskutiert. Die Verhandlungen waren bisher insgesamt jedoch nur langsam vorangekommen.

    Die Zeit drängt, denn das kanadische Unternehmen The Metals Company (TMC) möchte mit dem pazifischen Inselstaat Nauru noch in diesem Sommer die erste Lizenz zum Abbau von Rohstoffen am Meeresboden beantragen. 2021 hatte es bereits die sogenannte Zwei-Jahres-Klausel des internationalen Seerechts ausgelöst. Die IMB hätte demnach innerhalb von zwei Jahren ein Regelwerk vorlegen müssen. Die Frist dafür lief im Juli 2023 ab.

    Finanzmechanismus und Verteilung der Gewinne noch offen

    Der Abbau von Rohstoffen am Meeresboden könnte einen Vorteil im Wettlauf um Mangan, Kupfer oder Nickel bieten- wichtige Rohstoffe für Energiewende und Digitalisierung. Norwegen etwa hatte Anfang des Jahres die Erkundung des arktischen Meeresbodens und den Abbau von Mineralien am norwegischen Meeresboden beschlossen. Es will damit das erste Land werden, das Tiefseebergbau in kommerziellem Maßstab betreibt. Deutschland, Frankreich und weitere Länder werben hingegen für ein Moratorium oder eine vorsorgliche Pause, bis ausreichend Erkenntnisse über die Auswirkungen des Tiefseebergbaus vorliegen.

    Bei den Verhandlungen in Kingston seien noch wichtige Fragen offen, sagte Carsten Rühlemann, Meeresgeologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Gespräch mit Table.Briefings. Er vertritt Deutschland in der Rechts- und Fachkommission der Meeresbodenbehörde, die bereits vom 1. bis zum 12. Juli in Kingston tagte. Zu den noch fraglichen Aspekten gehören unter anderem:

    • der Finanzmechanismus, also die Art der Berechnung und Höhe der Abgaben, die aus einem zukünftigen Abbau an die IMB fließen sollen,
    • die Verteilung der Gewinne der IMB aus dem Abbau, und
    • Ausgleichszahlungen an Entwicklungsländer, denen durch den konkurrierenden Tiefseebergbau Gewinne aus dem Landbergbau entgehen.

    Versammlung entscheidet über Generalsekretär

    Bei der anschließenden Sitzung der Versammlung der Meeresbodenbehörde vom 29. Juli bis zum 2. August steht ein weiterer wichtiger Termin an: die Wahl des Generalsekretärs – oder der Generalsekretärin. Die 168 Mitgliedsländer entscheiden, ob der seit 2016 amtierende Michael Lodge seinen Posten behält oder durch seine Herausforderin Leticia Carvalho abgelöst wird. Carvalho will sich laut Medienberichten dafür einsetzen, den Prozess zu verlangsamen und keine Abbaulizenzen zu erteilen, solange das Regelwerk nicht komplett ist. Lodge hingegen steht für eine schnellstmögliche Fertigstellung und Genehmigung entsprechender Projekte.

    Die New York Times hatte vergangene Woche über Behauptungen berichtet, Lodge hätte Zahlungen veranlasst, um sich Stimmen für seine Wiederwahl zu sichern. Carvalho soll laut den Recherchen zudem ein Jobangebot erhalten haben, damit sie ihre Kandidatur zurückzieht. Bereits in der Vergangenheit war Lodge fehlende Neutralität zugunsten der Industrie vorgeworfen worden. So hatte etwa Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im BMWK, im März 2023 einen Brief an Lodge verfasst und sich “ernsthaft besorgt” geäußert über dessen Versuche, einseitig auf die Delegationen Einfluss zu nehmen. Die Wahl soll am 2. August stattfinden. leo

    • Tiefseebergbau

    Human Rights Watch: Diese Branche aus Xinjiang muss auf die EU-Zwangsarbeitsliste

    Nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sollen Aluminium-Produkte aus Xinjiang in das geplante EU-Warenregister zur Einschätzung des Zwangsarbeitsrisikos aufgenommen werden.

    Das Register ist Teil der EU-Verordnung zu Produkten aus Zwangsarbeit. Damit diese eine konkrete Auswirkung auf staatlich verordnete Zwangsarbeit in China habe, sei die Aufnahme von Xinjiang und des Aluminiumsektors in die Datenbank von entscheidender Bedeutung, erklärte HRW in einer Mitteilung. Die Organisation empfiehlt insgesamt 17 Branchen von Kleidungs- bis Spielzeug-Produktion in der Region Xinjiang, die in das EU-Register aufgenommen werden sollten.  

    Auch die USA beziehen Aluminium ein

    Die EU würde damit den USA folgen, die Aluminium in der Gesetzgebung zum Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) ergänzt haben, sagte Alejandro Mayorkas, US-Minister für Innere Sicherheit, in einem Gespräch mit dem US-Thinktank CSIS. Demnach umfasst der UFLPA auch Meeresfrüchte und PVC. 

    Die geplante EU-Verordnung soll Verbraucher daran hindern, Waren zu kaufen, die unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden. In der Online-Datenbank sollen bestimmte geografische Gebiete und Sektoren veröffentlicht werden, in denen das Risiko von Zwangsarbeit besteht, auch von staatlicher Seite. Die Datenbank soll ab 2026 verfügbar sein. Die Verordnung soll dann Ende 2027 in Kraft treten. ari

    • Menschenrechte
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    • Zwangsarbeit
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    Europäische Autoindustrie: Wie die Umstellung auf grünen Stahl finanzierbar ist

    Die Kosten einer schrittweisen Umstellung der europäischen Automobilproduktion auf grünen Stahl halten sich nach Berechnungen der Unternehmensberatung Ricardo in Grenzen. Für das Jahr 2030 rechnen die Experten bei einem Anteil von 40 Prozent des verwendeten Stahls mit Mehrkosten pro Fahrzeug von 57 Euro. Im Jahr 2040 sollen es aufgrund der CO₂-Bepreisung und sinkender Produktionskosten bei einem Anteil von 100 Prozent sogar nur noch acht Euro sein.

    Aufbau ist günstiger als ein Reifenwechsel

    “Es kostet Europa pro Auto weniger als einen Reifenwechsel, eine grüne Stahlindustrie aufzubauen”, sagte Lars Andersen, Referent bei der NGO Transport & Environment (T&E) Deutschland. Die Politik müsse jedoch zunächst “mit klaren verbindlichen Rahmenbedingungen einen grünen Leitmarkt schaffen, um die Umstellung auf kohlenstoffarmen Stahl in der Automobilindustrie anzustoßen”. T&E hatte die Studie in Auftrag gegeben. Die NGO setzt sich für eine sozial-ökologische Transformation des Verkehrs- und Transportsektors ein.

    Die Dekarbonisierung der Stahlindustrie ist ein zentraler Punkt des Konzepts “Leitmärkte für klimafreundliche Grundstoffe”, das Wirtschaftsminister Robert Habeck im Mai vorgestellt hat. Ziel ist es, energieintensive Grundstoffe wie Stahl, Zement oder Ammoniak künftig mit reduzierten oder nahezu ohne Treibhausgasemissionen herzustellen. Dafür fehlt es zum Teil noch an der Technologie, vor allem aber an den Kapazitäten für eine wettbewerbsfähige Massenproduktion.

    Stahlproduktion soll europäischer grüner Leitmarkt werden

    Die Leitmärkte sollen dazu beitragen, die Nachfrage in diesen Bereichen zu stärken und damit Investitionen in neue Technologien und Verfahren lenken. Allein der Aufbau von Produktionskapazitäten für grünen Stahl erfordert Investitionen in Milliardenhöhe und wird stark von einem zuverlässigen Absatz abhängen.

    T&E erwartet daher von der Bundesregierung, dass sie sich in der EU für einen europäischen Leitmarkt für grünen Stahl mit abgestimmten Standards einsetzt. Um die Nachfrage anzukurbeln, sollten die europäischen Autohersteller dazu verpflichtet werden, ab 2030 zunehmend mehr grünen Stahl in Neuwagen zu verbauen. 2030 soll der Anteil bei 40 Prozent, ab 2035 bei 75 Prozent und ab 2040 bei 100 Prozent liegen. Die Studie zeigt, dass dann genügend grüner Stahl zur Verfügung steht, um die gesamte Nachfrage des Automobilsektors zu decken. ch

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    Must-reads

    Studie: Weniger Chefinnen im öffentlichen Sektor – Süddeutsche Zeitung
    Weibliche Führungskräfte sind in Dax-Unternehmen mit 23,2 Prozent stärker vertreten als in Firmen öffentlicher Hand mit nur 22,1 Prozent, hat Lisa Nguyen aus einer Studie der Zeppelin Universität Friedrichshagen erfahren. Besonders auffällig seien dabei die regionalen Unterschiede: In den Städten der ostdeutschen Länder liegt der Frauenanteil bei 23,2 Prozent, in den westdeutschen Flächenländern bei 18,6 Prozent. Zum Artikel

    Finanzierung von Klimaschutz: “Schmerzhafte Kürzungen” im Klimafonds – Klimareporter
    Der große Crash beim Klima- und Transformationsfonds bleibt mit der Einigung der Bundesregierung auf den Haushalt 2025 vorerst aus. Langfristig brauche die Finanzierung von Klimaschutz als gesamtstaatliche Aufgabe aber ein besseres Fundament, meint Joachim Wille. Denn noch sei offen, wie der KTF als wichtigstes Finanzierungsinstrument für die Transformation am Ende der Haushaltsberatungen genau aussehen wird. Zum Artikel

    Amazon Says It Reached a Climate Goal Seven Years Early – The New York Times
    Amazon hat erklärt, dass es sein Ziel, 100 Prozent seines Strombedarfs aus Erneuerbaren zu beziehen, sieben Jahre früher als geplant erreicht habe. Hierfür habe der Großkonzern in über 500 Solar- und Windprojekte investiert. Kritiker sehen das anders, schreiben Ivan Penn und Eli Tan. Denn der Strom aus Erneuerbaren versorge die Produktionsstätten von Amazon nicht direkt. Außerdem sei der Verbrauch von KI-Rechenzentren nicht in die Berechnungen eingeflossen. Zum Artikel

    Microsoft and Occidental sign carbon credit deal to help offset AI energy surge – Financial Times
    Microsoft will 2030 “carbon negative” sein, aber seine Kohlenstoffemissionen steigen seit Jahren, nicht zuletzt aufgrund seines massiven KI-Ausbaus. Nun könnte die Erdölindustrie helfen, berichten Myles McCormick und Camilla Hodgson. Occidental Petroleum baut in Texas eine Anlage, mit der Kohlenstoff aus der Atmosphäre gesaugt werden soll. Microsoft hat sich 500.000 Zertifikate gesichert. Zum Artikel

    Grüne in der EU: “E-Fuels nicht völlig ausgeschlossen” – Heise Autos
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist auf der Suche nach Mehrheiten für eine zweite Amtszeit. Deshalb hat sie jüngst auch die Fraktion der europäischen Grünen besucht. Die hätten grundsätzlich darauf bestanden, dass nicht am Green Deal gerüttelt wird, wie Martin Franz berichtet. Beim Thema E-Fuels zeigten sie sich hingegen beweglicher. Schließlich seien sie als sogenannter Erwägungsgrund bereits im Gesetz zum Verbrenner-Aus im Jahr 2035 verankert. Zum Artikel

    MEPs: Stop ‘race to bottom’ of cheapest-price public procurement – EU Observer
    Eine Gruppe von Europaabgeordneten, die sich zur “Public Procurement Alliance” zusammengeschlossen hat, habe die Kommission dazu aufgefordert, die Vorschriften für die öffentliche Beschaffung zu reformieren, berichtet Piet Ruig. Das parteiübergreifende Bündnis fordere, dass die Ausschreibungsleitlinien mit den sozialpolitischen Zielen der EU in Einklang gebracht werden. Bisher zähle bei der öffentlichen Vergabe vor allem der niedrigste Preis, was die Ziele in Bezug auf Tarifverträge und Sozialschutz untergrabe. Zum Artikel

    Heads

    Die entscheidenden Köpfe der ESG-Szene – NGO

    Miriam Saage-Maaß – Legal Director, ECCHR

    Miriam Saage-Maaß hat sich Respekt in Unternehmen verschafft. Die promovierte Juristin und Völkerrechtlerin ist Legal Director beim European Center for Constitutional Rights, einer in Berlin ansässigen gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation. Mit juristischen Mitteln versucht die NGO, Verantwortliche von Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Saage-Maaß organisierte nach dem Brand der Fabrik Ali Enterprises in Pakistan etwa die Klage von Arbeitern und Angehörigen gegen den Textildiscounter KiK. Saage-Maaß hat seitdem viele weitere Klagen vorbereitet und mit Kollegen auch einen maßgeblichen Kommentar zum deutschen Lieferkettengesetz geschrieben.

    Armin Paasch – Koordinator verantwortliches Wirtschaften, Misereor

    Armin Pasch spielt eine zentrale Rolle in der Zivilgesellschaft, wenn es um Menschen- und Umweltrechte in der Wirtschaft geht. Der Historiker und Germanist beschäftigt sich auf allen Ebenen mit Regulierungsvorhaben der Politik für die Wirtschaft, etwa zum Lieferkettengesetz, zur Rohstoffpolitik und zu Menschenrechten. Außerdem vertritt er den entwicklungspolitischen Dachverband VENRO in der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte beim BMAS zum Monitoring der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP).

    Maren Leifker – Referentin Wirtschaft und Menschenrechte, Brot für die Welt

    Maren Leifker ist die Vertreterin der Zivilgesellschaft in dem beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle eingerichteten Beirat zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Darin hat die Bundesregierung Vertreter wichtiger Stakeholdergruppen versammelt. Die Juristin arbeitet seit 2017 im Referat Menschenrechte und Frieden bei Brot für die Welt und hat in der Initiative Lieferkettengesetz eine wichtige Rolle gespielt. Leifker ist als Gesprächspartnerin bei Unternehmen gefragt. Bis Oktober ist sie in Elternzeit

    Cornelia Heydenreich – Bereichsleiterin Unternehmensverantwortung, Germanwatch

    Cornelia Heydenreich hat 2001 bei Germanwatch begonnen, sich mit den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen zu befassen. Diese waren gerade überarbeitet worden und ab sofort durften auch NGOs Beschwerden vorbringen; zuvor waren es nur Gewerkschaften. Heydenreich, die Geografie, Ethnologie und Agrarwissenschaften studiert hat, half fortan, das Thema auf mehreren Ebenen zu verankern: Sie schob 2003 das NGO-Netzwerk “OECD Watch” mit an, gehörte 2005 zu den Mitgründern des europäischen Dachverbands ECCJ und baute das nationale CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung mit auf.

    Gerhard Schick – Vorstand, Bürgerbewegung Finanzwende e.V.

    Gerhard Schick engagiert sich seit zwei Jahrzehnten für eine nachhaltige Finanzwirtschaft. Der Volkswirt studierte in Freiburg und ist geprägt vom dort verankerten Ordoliberalismus, wenn es etwa um die Notwendigkeit von Wettbewerb von Unternehmen geht. Als langjähriger finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen machte er sich einen Namen mit der Aufarbeitung der Finanzkrise und der Cum-Ex-Geschäfte. 2018 legte er sein Mandat nieder und gründete die Bürgerbewegung Finanzwende. Für sein Anliegen gewann er wichtige Verbündete, zuletzt als Geschäftsführerin Anne Brorhilker, die wohl erfolgreichste Cum-Ex-Ermittlerin.

    Peter Fuchs – Geschäftsführender Vorstand, PowerShift

    Peter Fuchs ist einer der zivilgesellschaftlichen Pioniere, wenn es um Rohstoffe, Energie und internationale Handelsregeln geht. Der Volkswirt und Sozialökonom widmet sich diesen Themen seit mehr als 30 Jahren. 2010 gründete er den Verein PowerShift, der im politischen Berlin als kritische Stimme und Impulsgeber geschätzt wird. Denn das Team benennt nicht nur Probleme, sondern auch mögliche Lösungen. Mittlerweile ist Fuchs geschäftsführender Vorstand der NGO und beschäftigt sich mit den Themen Energiewende, Bürgerenergie und Agri-PV. Außerdem baut er ehrenamtlich die Partnerorganisation PowerShift Brandenburg e.V auf.

    Christiane Averbeck – Geschäftsführende Vorständin, Klima-Allianz Deutschland

    Christiane Averbeck leitet seit 2015 die Geschicke des größten zivilgesellschaftlichen Klimabündnisses – zunächst als Geschäftsführerin, heute als geschäftsführende Vorständin. Mit rund 150 Mitgliedsorganisationen aus Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend, Soziales und Gewerkschaften vertritt die Klima-Allianz rund 25 Millionen Menschen. Die promovierte Biologin sitzt zudem im nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung, wo sie entschieden für grünen Wasserstoff streitet. Zuvor war Averbeck unter anderem Geschäftsführerin der Kampagne Bildung für nachhaltige Entwicklung.

    Friedel Hütz-Adams – Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene

    Wenn es um nachhaltigen Kakao geht, wird Friedel Hütz-Adams meist als Erster genannt. Der Mitarbeiter des Südwind Instituts in Bonn gilt als einer der profiliertesten Experten auf diesem Gebiet. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit geht es ihm immer auch darum, wie die Arbeits- und Lebensbedingungen der Produzenten verbessert werden können. Dies hat ihn auch in den Fachbeirat Nachhaltigkeit von Pro Planet geführt, wo er das Handlungsfeld “Fairness” abdeckt. Mit dem Siegel zeichnen Rewe, Penny und Toom Baumarkt Eigenmarken aus, die nachhaltiger produziert werden. Trotzdem bleibt Hütz-Adams dabei stets kritisch.

    Rebecca Tauer – Programmleiterin Circular Economy, WWF Deutschland

    Rebecca Tauer ist Expertin für zirkuläres Wirtschaften. Unter ihrer Leitung entstand das “Modell Deutschland Circular Economy”, ein wichtiger Impuls für die Debatten um zirkuläres Wirtschaften. Geschätzt wird ihre Expertise in verschiedenen Gremien – etwa dem Beirat des “Circularity Gap Report”, einer jährlichen Studie zur globalen Kreislaufwirtschaft. Tauer, die sich als jemanden beschreibt, der Komplexität navigiert, Dinge initiiert und erledigt, zeichnen vielfältige Erfahrungen aus. Bevor sie 2016 zum WWF ging, lebte sie in Australien. Dort arbeitete sie unter anderem als Strategiemanagerin in einem großen Logistikunternehmen und machte einen Master in Sustainable Development.

    Philipp Mimkes – Geschäftsführer, FIAN Deutschland e.V.

    Der “himmelschreienden Ungerechtigkeit” der Weltwirtschaft etwas entgegensetzen – das ist das Ziel von Philipp Mimkes. Seit acht Jahren leitet er die deutsche Sektion der NGO FIAN, die für das Recht auf Ernährung kämpft und in deren Namen er auch schon mal vors Gericht zieht: Vor zwei Jahren verklagte Mimkes die KfW, um mehr über ein Investment in Paraguay zu erfahren, das zu Landkonflikten und Umweltschäden geführt haben soll. Vor seiner heutigen Tätigkeit war er mehr als 20 Jahre lang Geschäftsführer des Vereins Coordination gegen BAYER-Gefahren und hat Physik studiert. Sein Ziel schon damals: “fundiert zu ökologischen Problemen zu arbeiten”, wie er sagt.

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    Dessert

    Kinder! Die gute Butter ist auch nicht mehr, was sie einmal war!

    “Savor” kann man sowohl im Sinne von “genießen” als auch als “würdigen” oder “probieren” übersetzen. Der Name des Start-ups aus dem kalifornischen San José ist damit gleich in mehrfacher Hinsicht Programm. Denn es hat eine neuartige Butter entwickelt, die es nun auf den Markt bringen will.

    Das besondere daran ist, dass der Herstellungsprozess “gänzlich ohne Biologie” auskommt, wie die Technologiechefin Kathleen Alexander das Fachmagazin New Scientist wissen ließ. Tatsächlich enthält das Produkt weder Milch noch pflanzliche Rohstoffe, sondern basiert auf Kohlenstoff, wie er zum Beispiel in CO₂ vorkommt. Mit viel Petrochemie, Sauerstoff, Glycerin, Wasser und Emulgatoren wird daraus schließlich eine butterartige Substanz. Noch ein wenig Beta-Carotin und Rosmarinöl dazu und fertig ist “Savor”.

    In Zeiten der Klimakrise versteht es sich von selbst, dass Savor mit der Nachhaltigkeit seines Produkts wirbt: Weder haben Kühe dafür Methan ausgerülpst noch wurden wertvolle Flächen beackert, die stattdessen für den Naturschutz oder zur CO₂-Speicherung genutzt werden könnten. Ob das reicht, um den Kunden ein solches Laborprodukt schmackhaft zu machen, wird sich zeigen. Zumal die Sache nicht ganz billig wird.

    Ex-Microsoft-Chef Bill Gates hat Savor jedenfalls schon getestet und keinen Unterschied zum Naturprodukt festgestellt. Auch Elon Musk, der bekanntlich gerne auf den Mars umziehen würde, dürfte begeistert sein. Denn die Atmosphäre des Mars besteht zu 95 Prozent aus CO₂. Für Frühstücksbutter wäre also gesorgt. Carsten Hübner

    ESG.Table Redaktion

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