Table.Briefing: ESG

EUDR-Verschiebung: Wie es weitergeht + Vergabe: Bei welchen Aufträgen Nachhaltigkeit verbindlich wird

Liebe Leserin, lieber Leser,

ohne staatliche Hilfen fällt es Unternehmen schwer, ihre Geschäftsmodelle umzustellen und saubere, emissionsarme Technologien anzuschaffen. Die Großindustrie erhält dafür zum Teil Milliardensummen. Im Mittelstand sieht es dagegen anders aus: Längst nicht in jedem Bundesland gibt es die gleichen Förderprogramme – und die bürokratischen Hürden erschweren es KMU zudem, Kredite zu beantragen, wie Günter Heismann erklärt.

Wie die Bundesregierung die Vergabe öffentlicher Aufträge zugänglicher und nachhaltiger gestalten will, hat Nicolas Heronymus in unserer Ausgabe am Mittwoch bereits erklärt. Inzwischen liegen ihm der Referentenentwurf und der Vorschlag für eine ergänzende Allgemeine Verwaltungsvorschrift vor. Welche Details darin für Unternehmen wichtig sind, lesen Sie in seiner Analyse.

Zudem stellen wir Ihnen Jessika Roswall vor. Die Schwedin ist die neue EU-Umweltkommissarin und damit auch zuständig für eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft. Erfahrung mit Umweltthemen hat sie bislang allerdings nicht gesammelt, berichtet Sarah Schaefer.

Ihr
Marc Winkelmann
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Analyse

KMU-Förderung: Wo der Mittelstand das Nachsehen hat

Die LfA Förderbank Bayern hat eines der reichhaltigsten Angebote zur Förderung der nachhaltigen Transformation.

Sieben Milliarden Euro haben Bund und Länder allein für die Umstellung der Stahlindustrie auf klimafreundliche Produktionstechnologien bereitgestellt. Aktuell wird in Berlin auch diskutiert, energieintensive Großunternehmen mit kräftigen Rabatten bei den Stromkosten unter die Arme zu greifen.  

Die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) lässt dagegen zu wünschen übrig, obwohl die Förderbanken von Bund und Ländern zahlreiche Programme zur Transformationsfinanzierung aufgelegt haben. So richten sich die Angebote der bundesweit aktiven KfW tendenziell eher an größere Mittelständler und Großunternehmen

Die Kredite dieser Förderbank können zwar im Prinzip auch von KMU genutzt werden, die laut EU-Definition weniger als 250 Mitarbeiter haben und die zudem einen Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von weniger als 43 Millionen aufweisen. Die Firmen klagen aber darüber, dass die Prozeduren für die Kreditvergabe bei der KfW meist recht kompliziert und langwierig sind.  

Mittelständler greifen eher auf Förderbanken der Länder zurück

Besser aufgehoben fühlen sich Mittelständler oft bei den Förderbanken der Länder, deren Angebote zu einem Gutteil passgenau auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten sind. Allerdings bieten keineswegs alle Institute umfassende Programme für den Klima- und Umweltschutz an.  

Ein reichhaltiges Angebot hat die LfA Förderbank Bayern, die fünf Programme für die Transformation aufgelegt hat. Sie decken nahezu alle Themen ab – von den erneuerbaren Energien und der Ressourceneffizienz über die Abwasserreinigung und Luftreinhaltung bis zur Kreislaufwirtschaft und der Einführung umweltfreundlicher Produktionsverfahren. Das bevorzugte Finanzierungsinstrument der LfA sind vergünstigte Kredite. “Die Zinsen unserer Förderkredite werden zum Teil mit Mitteln aus dem bayerischen Haushalt subventioniert”, sagt Claudia Hörner, Leiterin der Abteilung Förderkredite bei der LfA.   

Dazu gewährt die bayerische Förderbank bei ihren Krediten Laufzeiten bis zu 20 Jahre; bei erneuerbaren Energien sind sogar 30 Jahre möglich. Ferner lässt sich für die Rückzahlung der Kredite eine tilgungsfreie Periode von einem bis drei Jahren vereinbaren. Solche Konditionen bietet keine Geschäftsbank.

NRW-Bank: Förderkredite, aber kein Leasing

Auch die NRW-Bank hat ein recht breites Förderspektrum. Die beiden Schwerpunkte des nordrhein-westfälischen Förderinstituts bilden Elektromobilität sowie energieeffiziente Maschinen und Anlagen. Das Mittel der Wahl sind bei der NRW-Bank ebenfalls Förderkredite. Ausgeschlossen ist hingegen – wie bei nahezu allen Förderinstituten – Leasing. “Dies ist in der Praxis aber ein gängiger Finanzierungsweg”, kritisiert die Nachhaltigkeitsexpertin Bianca Illner vom Maschinenbauverband VDMA. Rund ein Viertel der Maschinen und nahezu alle Fahrzeuge werden im Mittelstand per Leasing genutzt.

Auch Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt bieten Programme an, mit denen sich Transformationsprojekte der unterschiedlichsten Art finanzieren lassen. Viele Förderinstitute, insbesondere aus den kleineren Ländern, beschränken sich jedoch auf einige wenige Themen.

Hierzu gehört die WI-Bank des Landes Hessen, die im Wesentlichen nur die Nutzung von Abwärme, Wärmenetze und die Forschung und Entwicklung auf den Gebieten Kreislaufwirtschaft und innovative Energien fördert. “Die KfW hat bereits gut gefüllte Fördertöpfe. Wir wollen Doppelstrukturen vermeiden“, teilt das Förderinstitut mit.

Baden-Württemberg trotz Grünen-Regierung nur bei wenigen Transformationsthemen aktiv

Überraschend ist allerdings, dass auch Baden-Württemberg, das erste Bundesland mit einem grünen Ministerpräsidenten, nur auf sehr wenigen Gebieten der ökologischen Transformation aktiv ist. Die L-Bank, das Förderinstitut des Landes, konzentriert sich auf die Förderung von Bioenergie, Windkraft und Solarenergie im Umfeld der Landwirtschaft. Ferner gewährt das Institut Zuschüsse zu den Betriebskosten von elektrisch betriebenen Pkw und Nutzfahrzeugen.

Damit ist den zahllosen KMU, die im Musterländle in den Branchen Maschinenbau, Elektrotechnik und Autozulieferungen aktiv sind, aber nur wenig geholfen. Sie finden bei der L-Bank keine Programme, mit denen sie etwa die Anschaffung energiesparender Maschinen finanzieren könnten.

Niedersachsen: N-Bank vergibt nicht-rückzahlbare Zuschüsse

Während die meisten Fördermaßnahmen auf Krediten aufbauen, vergibt die niedersächsische N-Bank bei ihrem Programm “Klimaschutz und Effizienz” nicht-rückzahlbare Zuschüsse. Je nach Art des Projektes und der Firmengröße werden 30 bis 70 Prozent der Investitionen bezuschusst.

Die Subventionen werden jedoch nur gewährt, wenn die Unternehmen laut N-Bank “nachweislich eine erhebliche Reduktion (teilweise mehr als 50 Prozent) des fossilen Energieverbrauchs sowie der Treibhausgasemissionen” erreichen. Dies sind im Vergleich zu anderen Förderinstituten sehr hohe Anforderungen. So verlangt die NRW-Bank bei ihrem Effizienzprogramm nur eine Energie-Einsparung von mindestens 20 Prozent.

Ein KMU aus Niedersachsen kann sich jedoch nicht einfach an die NRW-Bank oder die LfA in Bayern wenden, weil diese womöglich die besseren Programme haben. Die Institute dürfen in der Regel nur Firmen mit Sitz im jeweiligen Bundesland unterstützen. Immerhin: Oft können sich auch in der Region ansässige Zweigwerke oder Tochterfirmen gebietsfremder Unternehmen fördern lassen. Dann dürfen die gewährten Mittel jedoch nur für diese Betriebe genutzt werden.

Förderantrag muss bei Hausbank gestellt werden

Den Förderantrag muss ein Unternehmen im Allgemeinen bei seiner Hausbank stellen. Diese prüft den Antrag und leitet ihn an das zuständige Förderinstitut weiter. Gibt dieses grünes Licht, zahlt die Hausbank den Kredit aus; sie refinanziert sich dann bei der Förderbank.

Die Hausbank, die den Kredit ja auf eigenes Risiko vergibt, wird vielleicht zögern, wenn die Bonität des Antragstellers mittelmäßig ist. In solchen Fällen bieten etwa die NRW-Bank, die LfA und die Investitionsbank Berlin eine Haftungsfreistellung an: Die Institute übernehmen zwischen 50 und 80 Prozent des Ausfallrisikos. Wird eine geförderte Firma zahlungsunfähig, muss die Hausbank also nur einen Teil des Schadens tragen. Allerdings bieten längst nicht alle Förderbanken eine Haftungsfreistellung an.

KMU kritisieren hohen Aufwand für Förderungen

Zudem beklagen KMU ein weiteres Problem: Die Förderungen sind für sie oft mit einem ziemlich hohen Aufwand verbunden. So muss etwa bei der Anschaffung von energieeffizienten Maschinen und Anlagen meist exakt nachgewiesen werden, in welchem Umfang der Stromverbrauch gegenüber den alten Geräten reduziert werden kann. Viele Förderbanken verlangen hierzu Gutachten von zertifizierten Energie-Experten.

Die Wirtschaftsvereinigung der Grünen forderte deshalb kürzlich, die Förderprogramme zu streichen und durch bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu ersetzen. In einem Interview mit dem Handelsblatt sagte der Chef der Organisation, Thomas Fischer: “Wenn wir Investitionen schneller und flexibler abschreiben könnten, würde das richtig was bringen.” Günter Heismann

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Vergabe: Bei welchen Aufträgen Nachhaltigkeit verbindlich werden soll

Bei der Beschaffung von Kaffee und ausgewählten anderen Produkten soll Nachhaltigkeit immer verpflichtend werden.

Die Vergabe von Staatsaufträgen soll einfacher und schneller sein – zum Vorteil von Verwaltung und Wirtschaft. Gleichzeitig soll sie durch mehr Verbindlichkeit nachhaltigen Produkten helfen, zum Marktstandard zu werden. Die Bundesregierung verfolgt mit der Vergaberechtsreform, über die Table.Briefings am Mittwoch berichtete, beide Ziele. Das Dilemma: Mehr Verbindlichkeit braucht Vorgaben, mehr Vorgaben können Prozesse komplexer machen.

Um die Vergabestellen zu unterstützen, schlägt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) in der Ressortabstimmung daher Produktlisten vor. Sie beinhalten Leistungen, die sich besonders für eine nachhaltige Beschaffung eignen und solche, die als nicht nachhaltig gelten. Dafür hat das BMWK einen Entwurf für eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) formuliert, der Table.Briefings vorliegt. Bei diesen Produkten soll Nachhaltigkeit immer verpflichtend sein.

  • Für eine umweltbezogene Beschaffung eignen sich demnach: IT-Hardware, Tintenpatronen, diverse Arten von Papier, Wasch- und Reinigungsmittel mit Palmöl, Textilien, Arbeitsschuhe, einige Möbelarten, bestimmte Holzprodukte.  
  • Mit Blick auf soziale Beschaffung nennt die AVV: Kaffee, Tee, Kakao, Bananen sowie Textilien, Arbeitsschuhe, einige Möbelarten und bestimmte Holzprodukte.  
  • Auf der Negativliste stehen hingegen unter anderem Kühlgeräte mit halogenierten Kältemitteln, Getränke in bestimmten Einwegverpackungen und Einweggeschirr. 

Wie Umwelt- und soziale Kriterien definiert sind 

Bei der Beschaffung von Produkten, die nicht auf den Listen stehen, müssen Vergabestellen nach den Plänen des BMWK zwar auch mindestens ein soziales oder umweltbezogenes Kriterium berücksichtigen. Ausnahmen sollen mit Begründung aber möglich sein. Wann ein Kriterium als umwelt- oder sozialbezogen gilt, ist im Referentenentwurf für das sogenannte Vergaberechtstransformationsgesetz definiert, der Table.Briefings ebenfalls vorliegt. 

Demzufolge ist ein Vergabe-Kriterium unter anderem umweltbezogen, wenn das Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus, klimaschonend, biodiversitätsfördernd, rohstoffschonend ist. Erwähnt werden aber auch Eigenschaften wie “reparaturfreundlich” oder “wiederverwendbar” – was für die Ausrichtung der öffentlichen Vergabe auf Kreislaufwirtschaft relevant und in Plänen des Bundesumweltministeriums für eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie vorgesehen ist. 

Sozialbezogen soll ein Kriterium etwa sein, wenn Produkte unter “fairen Arbeitsbedingungen” hergestellt und dabei beispielsweise die Gleichstellung von Geschlechtern oder die Integration von Menschen mit Behinderung gefördert wurde. Die Einhaltung von tarifvertraglichen Regeln, zu der ein Auftragnehmer per Gesetz verpflichtet ist – wie künftig womöglich durch das geplante Bundestariftreugesetz – soll aber nicht reichen, um die Nachhaltigkeitsvorgaben zu erfüllen.

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News

EUDR-Verschiebung: Wie es in Parlament und Rat weitergeht

Nach der Ankündigung der Europäischen Kommission, den Start der neuen EU-Regeln für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) um ein Jahr verschieben zu wollen, richtet sich der Blick auf Parlament und Rat. Sie müssen der Änderung zustimmen – voraussichtlich im Schnellverfahren, denn bis Dezember, dem bislang geplanten Start für die Verordnung, bleibt wenig Zeit. Im Parlament könnte direkt das Plenum abstimmen, statt zuerst der zuständige Ausschuss. Und Rat und Parlament können die Trilogverhandlungen auslassen, wenn beide den Kommissionsvorschlag ohne Änderungen mittragen.

Während viele Mitgliedstaaten einen Aufschub gefordert hatten, kommt aus dem Parlament Kritik. Die Verschiebung sei ein Trauerspiel, kommentiert etwa Anna Cavazzini (Grüne), Vorsitzende des Binnenmarktausschusses. S&D-Schattenberichterstatterin Delara Burkhardt bemängelt, Ursula von der Leyen säge schon kurz nach Beginn ihrer zweiten Amtszeit am Green Deal. Die Kommissionspräsidentin hätte die Verzögerung verhindern können, ist sie überzeugt: “Sie hätte längst Umsetzungsleitlinien für betroffene Unternehmen, Behörden und Produzentenländer herausgeben können.” Dass von der Leyen die Leitlinien zurückhielt, habe für unnötige Verunsicherung bei allen Betroffenen gesorgt, sagt Burkhardt zu Table.Briefings.

Parlamentsmehrheit für reine Verschiebung möglich

Sollten im nun neu zu eröffnenden Gesetzgebungsverfahren neben der Änderung des Startdatums weitere Details des Gesetzes angefasst werden, kündigt Burkhardt Widerstand an. Eine reine Verschiebung wollen die Sozialdemokraten dagegen nicht blockieren. Wie die Grünen sich positionieren, ist noch unklar. Mit der Unterstützung der S&D dürfte es aber auch ohne die Grünen für eine Parlamentsmehrheit reichen.

Man werde alles dafür tun, dass die EVP das Gesetzgebungsverfahren nicht dafür ausnutzt, die Verordnung “zu einem zahnlosen Papiertiger zusammenschrumpfen zu lassen”, betont Burkhardt. Auch Cavazzini sieht insbesondere die EVP in der Pflicht: “Wir müssen jetzt sicherstellen, dass mit der Verschiebung nicht die Büchse der Pandora geöffnet und das Gesetz nicht abgeschwächt wird.”

EVP will vorerst nur Zeitplan ändern

Der EVP-Abgeordnete und Vorsitzende des Agrarausschusses, Herbert Dorfmann, sagte zu Table.Briefings, man wolle lediglich die Verschiebung im Schnellverfahren beschließen. Sonst bestehe die Gefahr, dass diese nicht rechtzeitig beschlossen würde. Er schließt jedoch nicht aus, in einem zweiten, späteren Gesetzgebungsverfahren auch inhaltliche Aspekte zu überarbeiten. Das komme darauf an, wie die Kommission die Umsetzungsrechtsakte ausgestaltet. “Bei einer vernünftigen Umsetzung müsste man nicht noch einmal ran“, so Dorfmann.

Während die EU-Kommission die lange erwarteten Leitlinien nun vorgelegt hat, stehen andere Elemente zur Umsetzung noch aus. Das Benchmarking, das jedem Land ein bestimmtes Entwaldungsrisiko zuweist, will sie bis zum 30. Juni 2025 vorlegen. Ab Dezember dieses Jahres soll das nötige IT-System in Betrieb sein.

Branchenverbände fordern weiterhin, den Inhalt der Verordnung zu ändern. So wollen der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Familienbetriebe Land und Forst, dass Länder mit geringem Entwaldungsrisiko wie Deutschland von den Regeln ausgenommen werden. Die Ampel-Koalition ist dazu gespalten: Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad sprach sich für eine “grundlegende Überarbeitung” aus, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) dagegen. luk/jd

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Berichtspflichten: Robert Habeck will “Kettensäge anwerfen”

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht in umfassenden Berichtspflichten ein Problem für die deutsche Wirtschaft und fordert ein fundamentales Umdenken. Der Weg seien nicht einzelne Verbesserungen, “sondern die Kettensäge anzuwerfen und das ganze Ding wegzubolzen”, sagte Habeck auch mit Bezug auf das Lieferkettengesetz bei einem Unternehmertag des Außenhandelsverbands BGA am Mittwoch. “Wir haben uns eingebuddelt in einer Welt, wo am Ende die Richtigkeit der Berichtspflichten darüber entscheidet, wie wettbewerbsfähig ein Unternehmen ist.”

Bei Regularien wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Entwaldungsrichtlinie oder dem Lieferkettengesetz sei man “bei guter Intention völlig falsch abgebogen”. Die Wettbewerbsfähigkeit stehe in Deutschland unter Druck, betonte der Grünen-Politiker. Bei der Bürokratie müsse man energischer rangehen.

Habeck: Mehr Eigenverantwortung, stattdessen klare Regeln

Habeck sprach sich dafür aus, den Unternehmerinnen und Unternehmern wieder mehr Eigenverantwortung zuzutrauen. Kein Unternehmen wolle Kinder- oder Sklavenarbeit in seinen Produkten. Es sei eine fundamentale Umkehr in der Logik notwendig: “Klare Regelgesetzgebung, aber keine Berichtspflichten, sondern an Regeln halten und im Zweifelsfall die Strafen dafür zu bezahlen, wenn man erwischt wird”, sagte Habeck.

Unterstützung bekam er von Olaf Scholz. Der Bundeskanzler sagte beim BGA: “Bei der ab 2025 einsetzenden Nachhaltigkeitsberichterstattung wollen wir den geplanten Umfang der Berichtspflichten nicht akzeptieren. Wir setzen uns deshalb bei der Europäischen Kommission dafür ein, die Vorgaben zum Inhalt der Berichterstattung deutlich zu reduzieren.”

Die Bundesregierung hatte in ihrer Wachstumsinitiative angekündigt, dass es bei der Umsetzung von Sorgfalts- und Berichtspflichten gelte, unverhältnismäßige Belastungen der Unternehmen zu vermeiden. Die Europäische Lieferkettenrichtlinie solle so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden. dpa 

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Recycling- und Bergbauprojekte: Wie Unternehmen Förderung bekommen

Am Mittwoch startete der Rohstofffonds, mit dem die Bundesregierung die Versorgung mit besonders wichtigen, sogenannten kritischen Rohstoffen, sichern möchte. Angesiedelt ist der Fonds bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Ausgestattet mit zunächst einer Milliarde Euro soll mit dem Fonds staatliches Eigenkapital im Umfang von je 50 bis 150 Millionen Euro in einzelne Unternehmungen fließen. Wenn sich das Instrument bewähre, könne dem Fonds auch mehr Geld bereitgestellt werden, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK). 

“Mit dem Rohstofffonds will die Bundesregierung die Rohstoffsicherheit und damit die Resilienz der deutschen und europäischen Wirtschaft stärken, indem wir uns unabhängiger machen von einzelnen Rohstoffexporteuren”, so Franziska Brantner, parlamentarische Staatssekretärin im BMWK. “Dazu wird der Rohstofffonds Projekte zur Gewinnung, zur Verarbeitung und zum Recycling kritischer Rohstoffe auch mit Eigenkapital unterstützen.”  

Staatlicher Einstieg nur bei bestehenden Abnahmeverträgen 

Dadurch sollen vor allem Projekte in frühen Phasen der Finanzierung unterstützt werden. Aber laut der KfW gehe es nicht um reine Exploration – vielmehr müssten bereits Abnahmeverträge für die Rohstoffe von europäischen Unternehmen mit einer Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte in Deutschland vorliegen. Dies sei das zentrale Kriterium für den Einstieg des Staats. Er solle nicht Mehrheitseigner werden, müsse aber im Verhältnis der Einlagen Stimmrechte erhalten. Zudem seien gemeinsame Projekte mit Italien und Frankreich möglich, wo ähnliche Fonds aufgesetzt worden sind.

Gefördert werden Rohstoffe, die von der EU im Rahmen des Critical Raw Materials Act als kritisch festgelegt worden sind. Zur Minimierung von Umweltschäden und der Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen verlangt die KfW laut ihrer Website die Einhaltung der “jeweiligen nationalen Gesetzgebung” sowie internationaler Umwelt- und Sozialstandards. Dies sei derart allgemein formuliert, da die Risiken etwa beim Recycling andere seien als im Bergbau. Es werde jedoch eine genaue Prüfung anhand von ESG-Kriterien geben, heißt es aus Kreisen der KfW. av

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Volkswagen: Wie der Konzern den E-Auto-Verkauf ankurbeln will

Volkswagen bietet sein Elektroauto ID.3 Pure erstmals unter der psychologisch wichtigen Schwelle von 30.000 Euro an. Möglich wird dies durch eine Senkung des Listenpreises von bisher 36.900 Euro auf 33.330 Euro. Sie gilt seit dem 1. Oktober. Zusammen mit dem E-Mobilitätsbonus in Höhe von 3.570 Euro, den VW bis Ende des Jahres gewährt, liegt der Verkaufspreis des ID.3 Pure damit bei 29.760 Euro. 

Listenpreis von Golf und ID.3 fast gleich 

Da VW erst im September die Preise für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor deutlich angehoben hat, beträgt der Unterschied zwischen einem in Größe und Komfort vergleichbaren Golf mit einem Einstiegspreis von 28.330 Euro und dem ID.3 Pure aktuell nur noch 1.430 Euro.

“Unser Ziel ist es, möglichst viele Kundinnen und Kunden für den Umstieg auf elektrische Volkswagen zu begeistern. Attraktive Einstiegspreise spielen dabei eine wichtige Rolle”, betonte VW-Vertriebsvorstand Martin Sander gegenüber den Wolfsburger Nachrichten. Man habe in den vergangenen Wochen intensiv an den internen Kosten gearbeitet. “Deshalb können wir den ID.3 Pure nun zu einem deutlich niedrigeren Preis anbieten”, so Sander.

VW fehlt es an günstigen Einstiegsmodellen 

VW steht seit geraumer Zeit in der Kritik, weil der Konzern keine günstigen Elektroautos im Angebot hat. Die Produktion des beliebten E-up wurde Ende vergangenen Jahres wegen strengerer Cyber-Sicherheitsregeln für Neuwagen eingestellt. Preiswerte Nachfolger wie der ID.1 und der ID.2 dürften aber frühestens 2026 oder später auf den Markt kommen. Sie sollen dann in der jeweiligen Einstiegsversion für 20.000 und 25.000 Euro zu haben sein. 

Entsprechend blieben die Verkaufszahlen bisher deutlich hinter den Erwartungen zurück. Das muss sich ändern, wenn der Konzern die ab 2025 geltenden CO₂-Flottengrenzwerte der EU einhalten und empfindliche Strafzahlungen vermeiden will. (Table.Briefings berichtete

VW-Werk in Polen deckt Strombedarf aus eigener PV-Anlage 

Unterdessen meldete VW einen Meilenstein bei der Dekarbonisierung seiner Produktion. Wie jetzt bekannt wurde, konnte das Werk im polnischen Września, in dem unter anderem der Transporter Crafter gebaut wird, am 27. September seinen gesamten Strombedarf durch die Photovoltaikanlage auf dem Werksgelände decken.  

Die 25.000 PV-Module haben nach Unternehmensangaben eine Leistung von 15,2 Megawatt (MW). Damit gehört die Solaranlage zu den größten ihrer Art in Europa. Im Jahresdurchschnitt deckt sie rund 20 Prozent des Strombedarfs des Werks. Eine Erweiterung um knapp 10 MW ist bereits in Planung. ch 

  • CO₂-Flottengrenzwerte
  • Dekarbonisierung
  • Elektromobilität
  • Verkehrswende

Forstsektor: Warum der Wald als CO₂-Speicher ausfällt

Bis 2030 rechnen Experten damit, dass der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) mehr Treibhausgase ausstößt als er einlagert – dass er also von einer CO₂-Senke zu einer CO₂-Quelle wird. Das geht aus Projektionen des Thünen-Instituts hervor. Auch die “Bundeswaldinventur”, die das Bundesministerium für Landwirtschaft BMEL am 8. Oktober vorstellen will, bestätigt diesen Trend. 

Dabei könnten die offiziellen Daten von Treibhausgasinventur und Bundeswaldinventur das Problem noch unterschätzen, legt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) nahe. Denn die offiziellen Rechnungen “berücksichtigen natürliche Störungen im Wald wie starke Trockenheit, Schäden durch Käfer und den damit verbunden Rückgang der Vitalität der Bäume sowie ihr Absterben nicht ausreichend”, heißt es vom Öko-Institut. Insgesamt liege die CO₂-Speicherfunktion des deutschen Waldes deshalb wohl “für die Jahre 2018 bis 2021 um 55 bis 60 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr geringer als bisher angenommen“, so das Fazit. 

CO₂-Zertifikate aus dem deutschen Wald könnten ihren Wert verlieren 

Dabei plant die offizielle deutsche Klimapolitik den Forstsektor als Senke dringend ein: Von 2027 bis 2030 sollen laut Klimaschutzgesetz (KSG) jedes Jahr 25 Millionen Tonnen CO₂ gespeichert werden – 2037 bis 2040 sollen es schon 35 Millionen Tonnen jährlich sein. Damit sollen die Wälder, die ein Drittel Deutschlands auf 11,4 Millionen Hektar bedecken, laut KSG etwa Emissionen aus der Zementindustrie ausgleichen, die sich ansonsten nur sehr schwer vermeiden lassen. 

Diese Werte werden allerdings nach den bisherigen Projektionen des Thünen-Instituts weit verfehlt. In einem Szenario, das alle Klimaschutzmaßnahmen bis zum Frühjahr 2024 einrechnet, speichert der Sektor in den Jahren um 2030 höchstens etwa eine Million Tonnen – die Lücke zu den gesetzlichen Vorgaben beträgt also etwa 24 Millionen Tonnen.  

Als Folge könnte auch der Erwerb von CO₂-Zertifikaten aus dem deutschen Wald seinen Zweck verfehlen. In den vergangenen Jahren sind zunehmend mehr Anbieter auf den Markt gekommen, die Emissionszertifikate aus Aufforstungen oder dem Verzicht von Holznutzungen verkaufen. Unternehmen sollen dem Geschäftsmodell nach so ihren Treibhausgasausstoß kompensieren können. Weltweit stehen Waldprojekte allerdings schon länger in der Kritik, weil der Handel mit den Zertifikaten nicht immer transparent und die Wirksamkeit der Pflanzungen unklar ist. bpo, ag 

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Nächste Woche im Bundestag: Energie, Bürokratieabbau, Wärme, E-Mobilität

ESG-relevante Themen werden in der kommenden Sitzungswoche des Bundestages ab Mittwoch verhandelt. Am Vormittag befasst sich der Ausschuss für Klimaschutz und Energie in einer öffentlichen Anhörung mit der Novelle des Energiedienstleistungsgesetzes. Dazu liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der unter anderem Änderungen der EU zur Energieauditpflicht für Unternehmen in deutsches Recht umsetzt. 

Zeitgleich findet im Verkehrsausschuss eine öffentliche Anhörung zum Entwurf des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes statt. Dabei geht es um die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Finanzierung des Deutschlandtickets und die damit verbundenen Ausgleichszahlungen. 

Am Mittwochnachmittag hat der Finanzausschuss mehrere Sachverständige zu einer öffentlichen Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht geladen. Darin geht es unter anderem um den Wegfall der Steuerbefreiung für Strom aus Klär-, Deponiegas und Biomasse

Etwa zur selben Zeit berät der Tourismusausschuss in öffentlicher Sitzung über die Potenziale des naturnahen Tourismus. Am Abend kommt außerdem der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung steht die nachhaltige Krankenhausverpflegung

Donnerstag: Stadtentwicklung und Wärmeversorgung auf der Agenda 

Am Donnerstag stehen gleich zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung auf der Tagesordnung, die sich mit der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren befassen. Zunächst beraten die Abgeordneten den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung. Es sieht unter anderem vor, dass Kommunen bei der Erteilung von Baugenehmigungen Maßnahmen wie die Anlage von Gründächern anordnen können, um die Klimaanpassung zu stärken. 

Später geht es um die Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung. Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetzentwurf den Bau und die Installation von Erdwärmeanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern erleichtern. 

Außerdem werden sich die Abgeordneten in erster Lesung mit einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion befassen, der bei Redaktionsschluss noch nicht vorlag. Er trägt den Titel “Betrug mit gefälschten Klima-Zertifikaten lückenlos aufklären – Zu Unrecht ausgestellte Zertifikate aberkennen”.

Am Freitag berät der Bundestag schließlich in erster Lesung über die Auswirkungen der Elektromobilität auf die Automobilwirtschaft. Der entsprechende Antrag der CDU/CSU-Fraktion lag bei Redaktionsschluss ebenfalls noch nicht vor. ch 

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  • Klimaanpassung
  • Wärmewende

Must-Reads

Gemeinsame Beschaffung von nichtrussischem Gas in Europa war bisher ein Flop – Der Standard
AggregateEU ist die Beschaffungsplattform der EU für den gemeinsamen Einkauf von nicht-russischem Erdgas. Durch die Bündelung der Nachfrage sollten Haushalte und vor allem die energieintensive Industrie Zugang zu günstigerem Gas erhalten. Doch 17 Monate nach dem Start macht sich Ernüchterung breit, berichtet Günther Strobl. Medienrecherchen zufolge seien lediglich zwei Prozent des potenziellen Bedarfs gemeinschaftlich beschafft worden. Zum Artikel 

Betrügereien in der Biogas-Branche: Falsche Zertifikate, illegales Öl – taz 
Der Skandal um mutmaßlich gefälschten Biodiesel aus China ist im niedersächsischen Landtag angekommen, berichtet Nadine Conti. 1.700 Biogas-Anlagen in Niedersachsen seien von dem Preisverfall betroffen und fürchten um ihr Geschäftsmodell. Während der grüne Umweltminister Aufklärung verspricht, haben sich rund 40 Unternehmen in der “Initiative Klimabetrug stoppen” zusammengeschlossen. Zum Artikel 

Chinese outbound investment surges to record on clean energy ‘tsunami’ – Financial Times 
Chinesische Auslandsinvestitionen in erneuerbare Energie und Elektrifizierung steigen weiter rapide an, so Edward White and William Sandlund. Seit 2023 seien 109 Milliarden US-Dollar bereitgestellt worden. Neu sei insbesondere die Errichtung von Produktionsstätten in Ländern wie Ungarn und Marokko, um Einfuhrzölle in die EU zu umgehen. Zum Artikel  

An ‘Elegant’ Idea Could Pay Billions to Protect Trees – New York Times 
Brasilien will einen neuen Klimafonds ins Leben rufen, um die Abholzung des Regenwaldes zu stoppen. Die sogenannte Tropical Forests Forever Facility (TFFF), die erstmals auf der COP28 in Dubai vorgestellt wurde, will Länder des Globalen Südens mit bis zu vier Milliarden US-Dollar im Jahr dabei unterstützen. Für jeden Hektar stehenden Waldes sollen vier US-Dollar ausgezahlt werden – finanziert von Ländern des globalen Nordens. Wie Manuela Andreoni berichtet, sind Fragen zur konkreten Ausgestaltung des Fonds jedoch noch offen. Zum Artikel 

Nachhaltigkeit versus Preis: Den Deutschen ist nicht mehr danach, die Welt zu retten – Lebensmittel Praxis 
Für Nachhaltigkeit auf den eigenen Wohlstand verzichten? Nein, sagen hierzu fast 70 Prozent der Befragten einer Studie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), die sich Susanne Klopsch genauer angesehen hat. Demnach haben der Ukraine-Krieg und die daraus resultierende Inflation tiefe Spuren im Konsumverhalten der Menschen hinterlassen. In der Folge sinke die Bereitschaft, sich beim Konsum an Nachhaltigkeitskriterien zu orientieren. Zum Artikel 

Apple is being accused of ‘illegally’ violating workers’ rights by the U.S. labor board – Quartz 
Das National Labor Relations Board in den USA beschuldigt den Tech-Konzern Apple, Arbeitnehmer zu “illegalen” Vereinbarungen genötigt zu haben, etwa Verschwiegenheitspflichten, die kollektive Organisation erschweren. Apple bestreitet die Vorwürfe. Wie Rachel Dalloo berichtet, laufen in den USA weitere arbeitsrechtliche Verfahren gegen die Firma. Zum Artikel

Heads

Jessika Roswall – Eine Umweltkommissarin ausgerechnet aus Schweden

Die designierte Umweltkommissarin Jessika Roswall darf sich auf eine ungemütliche Anhörung im Umweltausschuss einstellen.

Erfahrung hat die designierte Umweltkommissarin Jessika Roswall in ihrem Zuständigkeitsbereich bislang nicht gesammelt, der Lebenslauf der 51-jährigen Juristin weist keine direkten Berührungspunkte mit Umweltthemen auf. Roswall war seit 2010 Abgeordnete der Moderaten im schwedischen Parlament für den Wahlkreis Uppsala und arbeitete zu verbraucher- und verkehrspolitischen Themen. Seit 2022 war sie EU-Ministerin, in diese Zeit fiel die schwedische Ratspräsidentschaft. In der neuen Kommission soll sie nun zuständig sein für Umwelt, Wasserresilienz und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft.

Als Umweltkommissarin folgt Roswall auf den Litauer Virginijus Sinkevičius, einem Grünen. Der EVP, die sich zuletzt gegen mehrere Green-Deal- und Umweltgesetze aufgelehnt hat, kommt es entgegen, eine Kollegin aus den eigenen Reihen in diesem Amt zu sehen.

Circular Economy Act und eine neue bioökonomische Strategie

Roswall wird unter Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera arbeiten, ihr wird die Generaldirektion Umwelt (DG ENV) zugeordnet sein. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat eine Reihe an Aufgaben für Roswall vorgesehen. Gemeinsam mit Exekutiv-Vize Stéphane Séjourné soll sie zuständig für ein Gesetz zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy Act) sein und in diesem Rahmen eine neue bioökonomische Strategie vorschlagen. 

Von der Leyen beauftragt sie auch mit der Arbeit an einem Gesetzespaket für die Chemieindustrie, das eine “nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit” dieser Industrie ermöglichen, die Chemikalienverordnung REACH vereinfachen und Klarheit über den Umgang mit Ewigkeitschemikalien (PFAS) schaffen soll.

Private Investitionen in den Umweltschutz

Sie soll zudem die Europäische Strategie für Wasserresilienz erarbeiten. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Kommission eine Wasserresilienz-Initiative angekündigt, dann jedoch unter Protest von Umweltorganisationen auf unbestimmte Zeit verschoben. Von der Leyen verlangt von Roswall auch einen Beitrag zum Klima-Anpassungs-Plan, insbesondere in Bezug auf die Prävention von Waldbränden

Auf Roswalls Aufgabenliste stehen ferner die “Naturgutschriften” (nature credits), die von der Leyen kürzlich ins Gespräch gebracht hat. Ziel ist, private Investitionen in den Umwelt- und Artenschutz zu fördern. Dieses Modell könnte ein wichtiges Element in der Agrarpolitik der kommenden Jahre werden. 

“Schwedische Regierung hat Umwelt- und Klimaarbeit verraten”

Umweltpolitiker äußern teils scharfe Kritik an Roswalls Ernennung. Als schwedische Ministerin vertrat sie eine Regierung, die bei wichtigen Umweltgesetzen auf die Bremse getreten ist. So stimmte Schweden gegen das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur und enthielt sich der Stimme, als die Beschlüsse über die Verordnungen zur Entwaldung und zu den Kohlenstoffsenken (LULUCF) gefasst wurden. Dabei geht es der schwedischen Regierung vor allem um die heimische Forstwirtschaft, die sie durch die Gesetze bedroht sieht. 

Die Regierungskoalition in Stockholm, angeführt von den Moderaten, wird gestützt von den rechtsextremen und EU-skeptischen Schwedendemokraten (SD). Den Schwedendemokraten gehören auch Klimawandel-Leugner an. 

Die grüne Europaabgeordnete Alice Kuhnke nannte es “besorgniserregend”, dass Schweden für die Umweltarbeit in der Kommission zuständig sei. Kuhnkes Parteikollegin Isabella Lövin schlug hoffnungsvollere Töne an: “Die schwedische Regierung hat ihre Umwelt- und Klimaarbeit verraten, um die Unterstützung der SD zu gewinnen. Jessika Roswall muss das nicht tun”, sagte die Europaabgeordnete der Zeitung “ETC“. Sie hoffe, dass Roswall als Kommissarin eine ehrgeizige Umwelt- und Klimapolitik verfolgen wird.

Anhörung im Umweltausschuss wohl kein Spaziergang

Besonders der Umweltausschuss des Europaparlaments dürfte einige Fragen an die Schwedin haben. Pascal Canfin, liberales ENVI-Mitglied, hat bereits angekündigt, die Anhörungen zu nutzen, um “Klarheit” über Roswalls Rolle als Umweltkommissarin zu gewinnen.

Schwedens Ministerpräsident hingegen, Roswalls Parteikollege Ulf Kristersson, zeigte sich zufrieden damit, dass sein Land die Umweltkommissarin stellt – und begründete dies in einem schriftlichen Kommentar für das schwedische Fernsehen ausgerechnet mit der Forstwirtschaft, für die Roswall zuständig sei. Zur Beruhigung kritischer Stimmen dürfte diese Aussage eher nicht beitragen. Sarah Schaefer

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ESG.Table Redaktion

ESG.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    ohne staatliche Hilfen fällt es Unternehmen schwer, ihre Geschäftsmodelle umzustellen und saubere, emissionsarme Technologien anzuschaffen. Die Großindustrie erhält dafür zum Teil Milliardensummen. Im Mittelstand sieht es dagegen anders aus: Längst nicht in jedem Bundesland gibt es die gleichen Förderprogramme – und die bürokratischen Hürden erschweren es KMU zudem, Kredite zu beantragen, wie Günter Heismann erklärt.

    Wie die Bundesregierung die Vergabe öffentlicher Aufträge zugänglicher und nachhaltiger gestalten will, hat Nicolas Heronymus in unserer Ausgabe am Mittwoch bereits erklärt. Inzwischen liegen ihm der Referentenentwurf und der Vorschlag für eine ergänzende Allgemeine Verwaltungsvorschrift vor. Welche Details darin für Unternehmen wichtig sind, lesen Sie in seiner Analyse.

    Zudem stellen wir Ihnen Jessika Roswall vor. Die Schwedin ist die neue EU-Umweltkommissarin und damit auch zuständig für eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft. Erfahrung mit Umweltthemen hat sie bislang allerdings nicht gesammelt, berichtet Sarah Schaefer.

    Ihr
    Marc Winkelmann
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    Analyse

    KMU-Förderung: Wo der Mittelstand das Nachsehen hat

    Die LfA Förderbank Bayern hat eines der reichhaltigsten Angebote zur Förderung der nachhaltigen Transformation.

    Sieben Milliarden Euro haben Bund und Länder allein für die Umstellung der Stahlindustrie auf klimafreundliche Produktionstechnologien bereitgestellt. Aktuell wird in Berlin auch diskutiert, energieintensive Großunternehmen mit kräftigen Rabatten bei den Stromkosten unter die Arme zu greifen.  

    Die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) lässt dagegen zu wünschen übrig, obwohl die Förderbanken von Bund und Ländern zahlreiche Programme zur Transformationsfinanzierung aufgelegt haben. So richten sich die Angebote der bundesweit aktiven KfW tendenziell eher an größere Mittelständler und Großunternehmen

    Die Kredite dieser Förderbank können zwar im Prinzip auch von KMU genutzt werden, die laut EU-Definition weniger als 250 Mitarbeiter haben und die zudem einen Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von weniger als 43 Millionen aufweisen. Die Firmen klagen aber darüber, dass die Prozeduren für die Kreditvergabe bei der KfW meist recht kompliziert und langwierig sind.  

    Mittelständler greifen eher auf Förderbanken der Länder zurück

    Besser aufgehoben fühlen sich Mittelständler oft bei den Förderbanken der Länder, deren Angebote zu einem Gutteil passgenau auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten sind. Allerdings bieten keineswegs alle Institute umfassende Programme für den Klima- und Umweltschutz an.  

    Ein reichhaltiges Angebot hat die LfA Förderbank Bayern, die fünf Programme für die Transformation aufgelegt hat. Sie decken nahezu alle Themen ab – von den erneuerbaren Energien und der Ressourceneffizienz über die Abwasserreinigung und Luftreinhaltung bis zur Kreislaufwirtschaft und der Einführung umweltfreundlicher Produktionsverfahren. Das bevorzugte Finanzierungsinstrument der LfA sind vergünstigte Kredite. “Die Zinsen unserer Förderkredite werden zum Teil mit Mitteln aus dem bayerischen Haushalt subventioniert”, sagt Claudia Hörner, Leiterin der Abteilung Förderkredite bei der LfA.   

    Dazu gewährt die bayerische Förderbank bei ihren Krediten Laufzeiten bis zu 20 Jahre; bei erneuerbaren Energien sind sogar 30 Jahre möglich. Ferner lässt sich für die Rückzahlung der Kredite eine tilgungsfreie Periode von einem bis drei Jahren vereinbaren. Solche Konditionen bietet keine Geschäftsbank.

    NRW-Bank: Förderkredite, aber kein Leasing

    Auch die NRW-Bank hat ein recht breites Förderspektrum. Die beiden Schwerpunkte des nordrhein-westfälischen Förderinstituts bilden Elektromobilität sowie energieeffiziente Maschinen und Anlagen. Das Mittel der Wahl sind bei der NRW-Bank ebenfalls Förderkredite. Ausgeschlossen ist hingegen – wie bei nahezu allen Förderinstituten – Leasing. “Dies ist in der Praxis aber ein gängiger Finanzierungsweg”, kritisiert die Nachhaltigkeitsexpertin Bianca Illner vom Maschinenbauverband VDMA. Rund ein Viertel der Maschinen und nahezu alle Fahrzeuge werden im Mittelstand per Leasing genutzt.

    Auch Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt bieten Programme an, mit denen sich Transformationsprojekte der unterschiedlichsten Art finanzieren lassen. Viele Förderinstitute, insbesondere aus den kleineren Ländern, beschränken sich jedoch auf einige wenige Themen.

    Hierzu gehört die WI-Bank des Landes Hessen, die im Wesentlichen nur die Nutzung von Abwärme, Wärmenetze und die Forschung und Entwicklung auf den Gebieten Kreislaufwirtschaft und innovative Energien fördert. “Die KfW hat bereits gut gefüllte Fördertöpfe. Wir wollen Doppelstrukturen vermeiden“, teilt das Förderinstitut mit.

    Baden-Württemberg trotz Grünen-Regierung nur bei wenigen Transformationsthemen aktiv

    Überraschend ist allerdings, dass auch Baden-Württemberg, das erste Bundesland mit einem grünen Ministerpräsidenten, nur auf sehr wenigen Gebieten der ökologischen Transformation aktiv ist. Die L-Bank, das Förderinstitut des Landes, konzentriert sich auf die Förderung von Bioenergie, Windkraft und Solarenergie im Umfeld der Landwirtschaft. Ferner gewährt das Institut Zuschüsse zu den Betriebskosten von elektrisch betriebenen Pkw und Nutzfahrzeugen.

    Damit ist den zahllosen KMU, die im Musterländle in den Branchen Maschinenbau, Elektrotechnik und Autozulieferungen aktiv sind, aber nur wenig geholfen. Sie finden bei der L-Bank keine Programme, mit denen sie etwa die Anschaffung energiesparender Maschinen finanzieren könnten.

    Niedersachsen: N-Bank vergibt nicht-rückzahlbare Zuschüsse

    Während die meisten Fördermaßnahmen auf Krediten aufbauen, vergibt die niedersächsische N-Bank bei ihrem Programm “Klimaschutz und Effizienz” nicht-rückzahlbare Zuschüsse. Je nach Art des Projektes und der Firmengröße werden 30 bis 70 Prozent der Investitionen bezuschusst.

    Die Subventionen werden jedoch nur gewährt, wenn die Unternehmen laut N-Bank “nachweislich eine erhebliche Reduktion (teilweise mehr als 50 Prozent) des fossilen Energieverbrauchs sowie der Treibhausgasemissionen” erreichen. Dies sind im Vergleich zu anderen Förderinstituten sehr hohe Anforderungen. So verlangt die NRW-Bank bei ihrem Effizienzprogramm nur eine Energie-Einsparung von mindestens 20 Prozent.

    Ein KMU aus Niedersachsen kann sich jedoch nicht einfach an die NRW-Bank oder die LfA in Bayern wenden, weil diese womöglich die besseren Programme haben. Die Institute dürfen in der Regel nur Firmen mit Sitz im jeweiligen Bundesland unterstützen. Immerhin: Oft können sich auch in der Region ansässige Zweigwerke oder Tochterfirmen gebietsfremder Unternehmen fördern lassen. Dann dürfen die gewährten Mittel jedoch nur für diese Betriebe genutzt werden.

    Förderantrag muss bei Hausbank gestellt werden

    Den Förderantrag muss ein Unternehmen im Allgemeinen bei seiner Hausbank stellen. Diese prüft den Antrag und leitet ihn an das zuständige Förderinstitut weiter. Gibt dieses grünes Licht, zahlt die Hausbank den Kredit aus; sie refinanziert sich dann bei der Förderbank.

    Die Hausbank, die den Kredit ja auf eigenes Risiko vergibt, wird vielleicht zögern, wenn die Bonität des Antragstellers mittelmäßig ist. In solchen Fällen bieten etwa die NRW-Bank, die LfA und die Investitionsbank Berlin eine Haftungsfreistellung an: Die Institute übernehmen zwischen 50 und 80 Prozent des Ausfallrisikos. Wird eine geförderte Firma zahlungsunfähig, muss die Hausbank also nur einen Teil des Schadens tragen. Allerdings bieten längst nicht alle Förderbanken eine Haftungsfreistellung an.

    KMU kritisieren hohen Aufwand für Förderungen

    Zudem beklagen KMU ein weiteres Problem: Die Förderungen sind für sie oft mit einem ziemlich hohen Aufwand verbunden. So muss etwa bei der Anschaffung von energieeffizienten Maschinen und Anlagen meist exakt nachgewiesen werden, in welchem Umfang der Stromverbrauch gegenüber den alten Geräten reduziert werden kann. Viele Förderbanken verlangen hierzu Gutachten von zertifizierten Energie-Experten.

    Die Wirtschaftsvereinigung der Grünen forderte deshalb kürzlich, die Förderprogramme zu streichen und durch bessere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten zu ersetzen. In einem Interview mit dem Handelsblatt sagte der Chef der Organisation, Thomas Fischer: “Wenn wir Investitionen schneller und flexibler abschreiben könnten, würde das richtig was bringen.” Günter Heismann

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    Vergabe: Bei welchen Aufträgen Nachhaltigkeit verbindlich werden soll

    Bei der Beschaffung von Kaffee und ausgewählten anderen Produkten soll Nachhaltigkeit immer verpflichtend werden.

    Die Vergabe von Staatsaufträgen soll einfacher und schneller sein – zum Vorteil von Verwaltung und Wirtschaft. Gleichzeitig soll sie durch mehr Verbindlichkeit nachhaltigen Produkten helfen, zum Marktstandard zu werden. Die Bundesregierung verfolgt mit der Vergaberechtsreform, über die Table.Briefings am Mittwoch berichtete, beide Ziele. Das Dilemma: Mehr Verbindlichkeit braucht Vorgaben, mehr Vorgaben können Prozesse komplexer machen.

    Um die Vergabestellen zu unterstützen, schlägt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) in der Ressortabstimmung daher Produktlisten vor. Sie beinhalten Leistungen, die sich besonders für eine nachhaltige Beschaffung eignen und solche, die als nicht nachhaltig gelten. Dafür hat das BMWK einen Entwurf für eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) formuliert, der Table.Briefings vorliegt. Bei diesen Produkten soll Nachhaltigkeit immer verpflichtend sein.

    • Für eine umweltbezogene Beschaffung eignen sich demnach: IT-Hardware, Tintenpatronen, diverse Arten von Papier, Wasch- und Reinigungsmittel mit Palmöl, Textilien, Arbeitsschuhe, einige Möbelarten, bestimmte Holzprodukte.  
    • Mit Blick auf soziale Beschaffung nennt die AVV: Kaffee, Tee, Kakao, Bananen sowie Textilien, Arbeitsschuhe, einige Möbelarten und bestimmte Holzprodukte.  
    • Auf der Negativliste stehen hingegen unter anderem Kühlgeräte mit halogenierten Kältemitteln, Getränke in bestimmten Einwegverpackungen und Einweggeschirr. 

    Wie Umwelt- und soziale Kriterien definiert sind 

    Bei der Beschaffung von Produkten, die nicht auf den Listen stehen, müssen Vergabestellen nach den Plänen des BMWK zwar auch mindestens ein soziales oder umweltbezogenes Kriterium berücksichtigen. Ausnahmen sollen mit Begründung aber möglich sein. Wann ein Kriterium als umwelt- oder sozialbezogen gilt, ist im Referentenentwurf für das sogenannte Vergaberechtstransformationsgesetz definiert, der Table.Briefings ebenfalls vorliegt. 

    Demzufolge ist ein Vergabe-Kriterium unter anderem umweltbezogen, wenn das Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus, klimaschonend, biodiversitätsfördernd, rohstoffschonend ist. Erwähnt werden aber auch Eigenschaften wie “reparaturfreundlich” oder “wiederverwendbar” – was für die Ausrichtung der öffentlichen Vergabe auf Kreislaufwirtschaft relevant und in Plänen des Bundesumweltministeriums für eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie vorgesehen ist. 

    Sozialbezogen soll ein Kriterium etwa sein, wenn Produkte unter “fairen Arbeitsbedingungen” hergestellt und dabei beispielsweise die Gleichstellung von Geschlechtern oder die Integration von Menschen mit Behinderung gefördert wurde. Die Einhaltung von tarifvertraglichen Regeln, zu der ein Auftragnehmer per Gesetz verpflichtet ist – wie künftig womöglich durch das geplante Bundestariftreugesetz – soll aber nicht reichen, um die Nachhaltigkeitsvorgaben zu erfüllen.

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    EUDR-Verschiebung: Wie es in Parlament und Rat weitergeht

    Nach der Ankündigung der Europäischen Kommission, den Start der neuen EU-Regeln für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) um ein Jahr verschieben zu wollen, richtet sich der Blick auf Parlament und Rat. Sie müssen der Änderung zustimmen – voraussichtlich im Schnellverfahren, denn bis Dezember, dem bislang geplanten Start für die Verordnung, bleibt wenig Zeit. Im Parlament könnte direkt das Plenum abstimmen, statt zuerst der zuständige Ausschuss. Und Rat und Parlament können die Trilogverhandlungen auslassen, wenn beide den Kommissionsvorschlag ohne Änderungen mittragen.

    Während viele Mitgliedstaaten einen Aufschub gefordert hatten, kommt aus dem Parlament Kritik. Die Verschiebung sei ein Trauerspiel, kommentiert etwa Anna Cavazzini (Grüne), Vorsitzende des Binnenmarktausschusses. S&D-Schattenberichterstatterin Delara Burkhardt bemängelt, Ursula von der Leyen säge schon kurz nach Beginn ihrer zweiten Amtszeit am Green Deal. Die Kommissionspräsidentin hätte die Verzögerung verhindern können, ist sie überzeugt: “Sie hätte längst Umsetzungsleitlinien für betroffene Unternehmen, Behörden und Produzentenländer herausgeben können.” Dass von der Leyen die Leitlinien zurückhielt, habe für unnötige Verunsicherung bei allen Betroffenen gesorgt, sagt Burkhardt zu Table.Briefings.

    Parlamentsmehrheit für reine Verschiebung möglich

    Sollten im nun neu zu eröffnenden Gesetzgebungsverfahren neben der Änderung des Startdatums weitere Details des Gesetzes angefasst werden, kündigt Burkhardt Widerstand an. Eine reine Verschiebung wollen die Sozialdemokraten dagegen nicht blockieren. Wie die Grünen sich positionieren, ist noch unklar. Mit der Unterstützung der S&D dürfte es aber auch ohne die Grünen für eine Parlamentsmehrheit reichen.

    Man werde alles dafür tun, dass die EVP das Gesetzgebungsverfahren nicht dafür ausnutzt, die Verordnung “zu einem zahnlosen Papiertiger zusammenschrumpfen zu lassen”, betont Burkhardt. Auch Cavazzini sieht insbesondere die EVP in der Pflicht: “Wir müssen jetzt sicherstellen, dass mit der Verschiebung nicht die Büchse der Pandora geöffnet und das Gesetz nicht abgeschwächt wird.”

    EVP will vorerst nur Zeitplan ändern

    Der EVP-Abgeordnete und Vorsitzende des Agrarausschusses, Herbert Dorfmann, sagte zu Table.Briefings, man wolle lediglich die Verschiebung im Schnellverfahren beschließen. Sonst bestehe die Gefahr, dass diese nicht rechtzeitig beschlossen würde. Er schließt jedoch nicht aus, in einem zweiten, späteren Gesetzgebungsverfahren auch inhaltliche Aspekte zu überarbeiten. Das komme darauf an, wie die Kommission die Umsetzungsrechtsakte ausgestaltet. “Bei einer vernünftigen Umsetzung müsste man nicht noch einmal ran“, so Dorfmann.

    Während die EU-Kommission die lange erwarteten Leitlinien nun vorgelegt hat, stehen andere Elemente zur Umsetzung noch aus. Das Benchmarking, das jedem Land ein bestimmtes Entwaldungsrisiko zuweist, will sie bis zum 30. Juni 2025 vorlegen. Ab Dezember dieses Jahres soll das nötige IT-System in Betrieb sein.

    Branchenverbände fordern weiterhin, den Inhalt der Verordnung zu ändern. So wollen der Deutsche Bauernverband (DBV) und die Familienbetriebe Land und Forst, dass Länder mit geringem Entwaldungsrisiko wie Deutschland von den Regeln ausgenommen werden. Die Ampel-Koalition ist dazu gespalten: Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad sprach sich für eine “grundlegende Überarbeitung” aus, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) dagegen. luk/jd

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    Berichtspflichten: Robert Habeck will “Kettensäge anwerfen”

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht in umfassenden Berichtspflichten ein Problem für die deutsche Wirtschaft und fordert ein fundamentales Umdenken. Der Weg seien nicht einzelne Verbesserungen, “sondern die Kettensäge anzuwerfen und das ganze Ding wegzubolzen”, sagte Habeck auch mit Bezug auf das Lieferkettengesetz bei einem Unternehmertag des Außenhandelsverbands BGA am Mittwoch. “Wir haben uns eingebuddelt in einer Welt, wo am Ende die Richtigkeit der Berichtspflichten darüber entscheidet, wie wettbewerbsfähig ein Unternehmen ist.”

    Bei Regularien wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung, der Entwaldungsrichtlinie oder dem Lieferkettengesetz sei man “bei guter Intention völlig falsch abgebogen”. Die Wettbewerbsfähigkeit stehe in Deutschland unter Druck, betonte der Grünen-Politiker. Bei der Bürokratie müsse man energischer rangehen.

    Habeck: Mehr Eigenverantwortung, stattdessen klare Regeln

    Habeck sprach sich dafür aus, den Unternehmerinnen und Unternehmern wieder mehr Eigenverantwortung zuzutrauen. Kein Unternehmen wolle Kinder- oder Sklavenarbeit in seinen Produkten. Es sei eine fundamentale Umkehr in der Logik notwendig: “Klare Regelgesetzgebung, aber keine Berichtspflichten, sondern an Regeln halten und im Zweifelsfall die Strafen dafür zu bezahlen, wenn man erwischt wird”, sagte Habeck.

    Unterstützung bekam er von Olaf Scholz. Der Bundeskanzler sagte beim BGA: “Bei der ab 2025 einsetzenden Nachhaltigkeitsberichterstattung wollen wir den geplanten Umfang der Berichtspflichten nicht akzeptieren. Wir setzen uns deshalb bei der Europäischen Kommission dafür ein, die Vorgaben zum Inhalt der Berichterstattung deutlich zu reduzieren.”

    Die Bundesregierung hatte in ihrer Wachstumsinitiative angekündigt, dass es bei der Umsetzung von Sorgfalts- und Berichtspflichten gelte, unverhältnismäßige Belastungen der Unternehmen zu vermeiden. Die Europäische Lieferkettenrichtlinie solle so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden. dpa 

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    Recycling- und Bergbauprojekte: Wie Unternehmen Förderung bekommen

    Am Mittwoch startete der Rohstofffonds, mit dem die Bundesregierung die Versorgung mit besonders wichtigen, sogenannten kritischen Rohstoffen, sichern möchte. Angesiedelt ist der Fonds bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Ausgestattet mit zunächst einer Milliarde Euro soll mit dem Fonds staatliches Eigenkapital im Umfang von je 50 bis 150 Millionen Euro in einzelne Unternehmungen fließen. Wenn sich das Instrument bewähre, könne dem Fonds auch mehr Geld bereitgestellt werden, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK). 

    “Mit dem Rohstofffonds will die Bundesregierung die Rohstoffsicherheit und damit die Resilienz der deutschen und europäischen Wirtschaft stärken, indem wir uns unabhängiger machen von einzelnen Rohstoffexporteuren”, so Franziska Brantner, parlamentarische Staatssekretärin im BMWK. “Dazu wird der Rohstofffonds Projekte zur Gewinnung, zur Verarbeitung und zum Recycling kritischer Rohstoffe auch mit Eigenkapital unterstützen.”  

    Staatlicher Einstieg nur bei bestehenden Abnahmeverträgen 

    Dadurch sollen vor allem Projekte in frühen Phasen der Finanzierung unterstützt werden. Aber laut der KfW gehe es nicht um reine Exploration – vielmehr müssten bereits Abnahmeverträge für die Rohstoffe von europäischen Unternehmen mit einer Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte in Deutschland vorliegen. Dies sei das zentrale Kriterium für den Einstieg des Staats. Er solle nicht Mehrheitseigner werden, müsse aber im Verhältnis der Einlagen Stimmrechte erhalten. Zudem seien gemeinsame Projekte mit Italien und Frankreich möglich, wo ähnliche Fonds aufgesetzt worden sind.

    Gefördert werden Rohstoffe, die von der EU im Rahmen des Critical Raw Materials Act als kritisch festgelegt worden sind. Zur Minimierung von Umweltschäden und der Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen verlangt die KfW laut ihrer Website die Einhaltung der “jeweiligen nationalen Gesetzgebung” sowie internationaler Umwelt- und Sozialstandards. Dies sei derart allgemein formuliert, da die Risiken etwa beim Recycling andere seien als im Bergbau. Es werde jedoch eine genaue Prüfung anhand von ESG-Kriterien geben, heißt es aus Kreisen der KfW. av

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    Volkswagen: Wie der Konzern den E-Auto-Verkauf ankurbeln will

    Volkswagen bietet sein Elektroauto ID.3 Pure erstmals unter der psychologisch wichtigen Schwelle von 30.000 Euro an. Möglich wird dies durch eine Senkung des Listenpreises von bisher 36.900 Euro auf 33.330 Euro. Sie gilt seit dem 1. Oktober. Zusammen mit dem E-Mobilitätsbonus in Höhe von 3.570 Euro, den VW bis Ende des Jahres gewährt, liegt der Verkaufspreis des ID.3 Pure damit bei 29.760 Euro. 

    Listenpreis von Golf und ID.3 fast gleich 

    Da VW erst im September die Preise für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor deutlich angehoben hat, beträgt der Unterschied zwischen einem in Größe und Komfort vergleichbaren Golf mit einem Einstiegspreis von 28.330 Euro und dem ID.3 Pure aktuell nur noch 1.430 Euro.

    “Unser Ziel ist es, möglichst viele Kundinnen und Kunden für den Umstieg auf elektrische Volkswagen zu begeistern. Attraktive Einstiegspreise spielen dabei eine wichtige Rolle”, betonte VW-Vertriebsvorstand Martin Sander gegenüber den Wolfsburger Nachrichten. Man habe in den vergangenen Wochen intensiv an den internen Kosten gearbeitet. “Deshalb können wir den ID.3 Pure nun zu einem deutlich niedrigeren Preis anbieten”, so Sander.

    VW fehlt es an günstigen Einstiegsmodellen 

    VW steht seit geraumer Zeit in der Kritik, weil der Konzern keine günstigen Elektroautos im Angebot hat. Die Produktion des beliebten E-up wurde Ende vergangenen Jahres wegen strengerer Cyber-Sicherheitsregeln für Neuwagen eingestellt. Preiswerte Nachfolger wie der ID.1 und der ID.2 dürften aber frühestens 2026 oder später auf den Markt kommen. Sie sollen dann in der jeweiligen Einstiegsversion für 20.000 und 25.000 Euro zu haben sein. 

    Entsprechend blieben die Verkaufszahlen bisher deutlich hinter den Erwartungen zurück. Das muss sich ändern, wenn der Konzern die ab 2025 geltenden CO₂-Flottengrenzwerte der EU einhalten und empfindliche Strafzahlungen vermeiden will. (Table.Briefings berichtete

    VW-Werk in Polen deckt Strombedarf aus eigener PV-Anlage 

    Unterdessen meldete VW einen Meilenstein bei der Dekarbonisierung seiner Produktion. Wie jetzt bekannt wurde, konnte das Werk im polnischen Września, in dem unter anderem der Transporter Crafter gebaut wird, am 27. September seinen gesamten Strombedarf durch die Photovoltaikanlage auf dem Werksgelände decken.  

    Die 25.000 PV-Module haben nach Unternehmensangaben eine Leistung von 15,2 Megawatt (MW). Damit gehört die Solaranlage zu den größten ihrer Art in Europa. Im Jahresdurchschnitt deckt sie rund 20 Prozent des Strombedarfs des Werks. Eine Erweiterung um knapp 10 MW ist bereits in Planung. ch 

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    Forstsektor: Warum der Wald als CO₂-Speicher ausfällt

    Bis 2030 rechnen Experten damit, dass der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) mehr Treibhausgase ausstößt als er einlagert – dass er also von einer CO₂-Senke zu einer CO₂-Quelle wird. Das geht aus Projektionen des Thünen-Instituts hervor. Auch die “Bundeswaldinventur”, die das Bundesministerium für Landwirtschaft BMEL am 8. Oktober vorstellen will, bestätigt diesen Trend. 

    Dabei könnten die offiziellen Daten von Treibhausgasinventur und Bundeswaldinventur das Problem noch unterschätzen, legt eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) nahe. Denn die offiziellen Rechnungen “berücksichtigen natürliche Störungen im Wald wie starke Trockenheit, Schäden durch Käfer und den damit verbunden Rückgang der Vitalität der Bäume sowie ihr Absterben nicht ausreichend”, heißt es vom Öko-Institut. Insgesamt liege die CO₂-Speicherfunktion des deutschen Waldes deshalb wohl “für die Jahre 2018 bis 2021 um 55 bis 60 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr geringer als bisher angenommen“, so das Fazit. 

    CO₂-Zertifikate aus dem deutschen Wald könnten ihren Wert verlieren 

    Dabei plant die offizielle deutsche Klimapolitik den Forstsektor als Senke dringend ein: Von 2027 bis 2030 sollen laut Klimaschutzgesetz (KSG) jedes Jahr 25 Millionen Tonnen CO₂ gespeichert werden – 2037 bis 2040 sollen es schon 35 Millionen Tonnen jährlich sein. Damit sollen die Wälder, die ein Drittel Deutschlands auf 11,4 Millionen Hektar bedecken, laut KSG etwa Emissionen aus der Zementindustrie ausgleichen, die sich ansonsten nur sehr schwer vermeiden lassen. 

    Diese Werte werden allerdings nach den bisherigen Projektionen des Thünen-Instituts weit verfehlt. In einem Szenario, das alle Klimaschutzmaßnahmen bis zum Frühjahr 2024 einrechnet, speichert der Sektor in den Jahren um 2030 höchstens etwa eine Million Tonnen – die Lücke zu den gesetzlichen Vorgaben beträgt also etwa 24 Millionen Tonnen.  

    Als Folge könnte auch der Erwerb von CO₂-Zertifikaten aus dem deutschen Wald seinen Zweck verfehlen. In den vergangenen Jahren sind zunehmend mehr Anbieter auf den Markt gekommen, die Emissionszertifikate aus Aufforstungen oder dem Verzicht von Holznutzungen verkaufen. Unternehmen sollen dem Geschäftsmodell nach so ihren Treibhausgasausstoß kompensieren können. Weltweit stehen Waldprojekte allerdings schon länger in der Kritik, weil der Handel mit den Zertifikaten nicht immer transparent und die Wirksamkeit der Pflanzungen unklar ist. bpo, ag 

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    Nächste Woche im Bundestag: Energie, Bürokratieabbau, Wärme, E-Mobilität

    ESG-relevante Themen werden in der kommenden Sitzungswoche des Bundestages ab Mittwoch verhandelt. Am Vormittag befasst sich der Ausschuss für Klimaschutz und Energie in einer öffentlichen Anhörung mit der Novelle des Energiedienstleistungsgesetzes. Dazu liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der unter anderem Änderungen der EU zur Energieauditpflicht für Unternehmen in deutsches Recht umsetzt. 

    Zeitgleich findet im Verkehrsausschuss eine öffentliche Anhörung zum Entwurf des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes statt. Dabei geht es um die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Finanzierung des Deutschlandtickets und die damit verbundenen Ausgleichszahlungen. 

    Am Mittwochnachmittag hat der Finanzausschuss mehrere Sachverständige zu einer öffentlichen Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht geladen. Darin geht es unter anderem um den Wegfall der Steuerbefreiung für Strom aus Klär-, Deponiegas und Biomasse

    Etwa zur selben Zeit berät der Tourismusausschuss in öffentlicher Sitzung über die Potenziale des naturnahen Tourismus. Am Abend kommt außerdem der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung steht die nachhaltige Krankenhausverpflegung

    Donnerstag: Stadtentwicklung und Wärmeversorgung auf der Agenda 

    Am Donnerstag stehen gleich zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung auf der Tagesordnung, die sich mit der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren befassen. Zunächst beraten die Abgeordneten den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung. Es sieht unter anderem vor, dass Kommunen bei der Erteilung von Baugenehmigungen Maßnahmen wie die Anlage von Gründächern anordnen können, um die Klimaanpassung zu stärken. 

    Später geht es um die Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung. Die Bundesregierung will mit ihrem Gesetzentwurf den Bau und die Installation von Erdwärmeanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern erleichtern. 

    Außerdem werden sich die Abgeordneten in erster Lesung mit einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion befassen, der bei Redaktionsschluss noch nicht vorlag. Er trägt den Titel “Betrug mit gefälschten Klima-Zertifikaten lückenlos aufklären – Zu Unrecht ausgestellte Zertifikate aberkennen”.

    Am Freitag berät der Bundestag schließlich in erster Lesung über die Auswirkungen der Elektromobilität auf die Automobilwirtschaft. Der entsprechende Antrag der CDU/CSU-Fraktion lag bei Redaktionsschluss ebenfalls noch nicht vor. ch 

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    Must-Reads

    Gemeinsame Beschaffung von nichtrussischem Gas in Europa war bisher ein Flop – Der Standard
    AggregateEU ist die Beschaffungsplattform der EU für den gemeinsamen Einkauf von nicht-russischem Erdgas. Durch die Bündelung der Nachfrage sollten Haushalte und vor allem die energieintensive Industrie Zugang zu günstigerem Gas erhalten. Doch 17 Monate nach dem Start macht sich Ernüchterung breit, berichtet Günther Strobl. Medienrecherchen zufolge seien lediglich zwei Prozent des potenziellen Bedarfs gemeinschaftlich beschafft worden. Zum Artikel 

    Betrügereien in der Biogas-Branche: Falsche Zertifikate, illegales Öl – taz 
    Der Skandal um mutmaßlich gefälschten Biodiesel aus China ist im niedersächsischen Landtag angekommen, berichtet Nadine Conti. 1.700 Biogas-Anlagen in Niedersachsen seien von dem Preisverfall betroffen und fürchten um ihr Geschäftsmodell. Während der grüne Umweltminister Aufklärung verspricht, haben sich rund 40 Unternehmen in der “Initiative Klimabetrug stoppen” zusammengeschlossen. Zum Artikel 

    Chinese outbound investment surges to record on clean energy ‘tsunami’ – Financial Times 
    Chinesische Auslandsinvestitionen in erneuerbare Energie und Elektrifizierung steigen weiter rapide an, so Edward White and William Sandlund. Seit 2023 seien 109 Milliarden US-Dollar bereitgestellt worden. Neu sei insbesondere die Errichtung von Produktionsstätten in Ländern wie Ungarn und Marokko, um Einfuhrzölle in die EU zu umgehen. Zum Artikel  

    An ‘Elegant’ Idea Could Pay Billions to Protect Trees – New York Times 
    Brasilien will einen neuen Klimafonds ins Leben rufen, um die Abholzung des Regenwaldes zu stoppen. Die sogenannte Tropical Forests Forever Facility (TFFF), die erstmals auf der COP28 in Dubai vorgestellt wurde, will Länder des Globalen Südens mit bis zu vier Milliarden US-Dollar im Jahr dabei unterstützen. Für jeden Hektar stehenden Waldes sollen vier US-Dollar ausgezahlt werden – finanziert von Ländern des globalen Nordens. Wie Manuela Andreoni berichtet, sind Fragen zur konkreten Ausgestaltung des Fonds jedoch noch offen. Zum Artikel 

    Nachhaltigkeit versus Preis: Den Deutschen ist nicht mehr danach, die Welt zu retten – Lebensmittel Praxis 
    Für Nachhaltigkeit auf den eigenen Wohlstand verzichten? Nein, sagen hierzu fast 70 Prozent der Befragten einer Studie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), die sich Susanne Klopsch genauer angesehen hat. Demnach haben der Ukraine-Krieg und die daraus resultierende Inflation tiefe Spuren im Konsumverhalten der Menschen hinterlassen. In der Folge sinke die Bereitschaft, sich beim Konsum an Nachhaltigkeitskriterien zu orientieren. Zum Artikel 

    Apple is being accused of ‘illegally’ violating workers’ rights by the U.S. labor board – Quartz 
    Das National Labor Relations Board in den USA beschuldigt den Tech-Konzern Apple, Arbeitnehmer zu “illegalen” Vereinbarungen genötigt zu haben, etwa Verschwiegenheitspflichten, die kollektive Organisation erschweren. Apple bestreitet die Vorwürfe. Wie Rachel Dalloo berichtet, laufen in den USA weitere arbeitsrechtliche Verfahren gegen die Firma. Zum Artikel

    Heads

    Jessika Roswall – Eine Umweltkommissarin ausgerechnet aus Schweden

    Die designierte Umweltkommissarin Jessika Roswall darf sich auf eine ungemütliche Anhörung im Umweltausschuss einstellen.

    Erfahrung hat die designierte Umweltkommissarin Jessika Roswall in ihrem Zuständigkeitsbereich bislang nicht gesammelt, der Lebenslauf der 51-jährigen Juristin weist keine direkten Berührungspunkte mit Umweltthemen auf. Roswall war seit 2010 Abgeordnete der Moderaten im schwedischen Parlament für den Wahlkreis Uppsala und arbeitete zu verbraucher- und verkehrspolitischen Themen. Seit 2022 war sie EU-Ministerin, in diese Zeit fiel die schwedische Ratspräsidentschaft. In der neuen Kommission soll sie nun zuständig sein für Umwelt, Wasserresilienz und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft.

    Als Umweltkommissarin folgt Roswall auf den Litauer Virginijus Sinkevičius, einem Grünen. Der EVP, die sich zuletzt gegen mehrere Green-Deal- und Umweltgesetze aufgelehnt hat, kommt es entgegen, eine Kollegin aus den eigenen Reihen in diesem Amt zu sehen.

    Circular Economy Act und eine neue bioökonomische Strategie

    Roswall wird unter Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera arbeiten, ihr wird die Generaldirektion Umwelt (DG ENV) zugeordnet sein. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat eine Reihe an Aufgaben für Roswall vorgesehen. Gemeinsam mit Exekutiv-Vize Stéphane Séjourné soll sie zuständig für ein Gesetz zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy Act) sein und in diesem Rahmen eine neue bioökonomische Strategie vorschlagen. 

    Von der Leyen beauftragt sie auch mit der Arbeit an einem Gesetzespaket für die Chemieindustrie, das eine “nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit” dieser Industrie ermöglichen, die Chemikalienverordnung REACH vereinfachen und Klarheit über den Umgang mit Ewigkeitschemikalien (PFAS) schaffen soll.

    Private Investitionen in den Umweltschutz

    Sie soll zudem die Europäische Strategie für Wasserresilienz erarbeiten. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Kommission eine Wasserresilienz-Initiative angekündigt, dann jedoch unter Protest von Umweltorganisationen auf unbestimmte Zeit verschoben. Von der Leyen verlangt von Roswall auch einen Beitrag zum Klima-Anpassungs-Plan, insbesondere in Bezug auf die Prävention von Waldbränden

    Auf Roswalls Aufgabenliste stehen ferner die “Naturgutschriften” (nature credits), die von der Leyen kürzlich ins Gespräch gebracht hat. Ziel ist, private Investitionen in den Umwelt- und Artenschutz zu fördern. Dieses Modell könnte ein wichtiges Element in der Agrarpolitik der kommenden Jahre werden. 

    “Schwedische Regierung hat Umwelt- und Klimaarbeit verraten”

    Umweltpolitiker äußern teils scharfe Kritik an Roswalls Ernennung. Als schwedische Ministerin vertrat sie eine Regierung, die bei wichtigen Umweltgesetzen auf die Bremse getreten ist. So stimmte Schweden gegen das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur und enthielt sich der Stimme, als die Beschlüsse über die Verordnungen zur Entwaldung und zu den Kohlenstoffsenken (LULUCF) gefasst wurden. Dabei geht es der schwedischen Regierung vor allem um die heimische Forstwirtschaft, die sie durch die Gesetze bedroht sieht. 

    Die Regierungskoalition in Stockholm, angeführt von den Moderaten, wird gestützt von den rechtsextremen und EU-skeptischen Schwedendemokraten (SD). Den Schwedendemokraten gehören auch Klimawandel-Leugner an. 

    Die grüne Europaabgeordnete Alice Kuhnke nannte es “besorgniserregend”, dass Schweden für die Umweltarbeit in der Kommission zuständig sei. Kuhnkes Parteikollegin Isabella Lövin schlug hoffnungsvollere Töne an: “Die schwedische Regierung hat ihre Umwelt- und Klimaarbeit verraten, um die Unterstützung der SD zu gewinnen. Jessika Roswall muss das nicht tun”, sagte die Europaabgeordnete der Zeitung “ETC“. Sie hoffe, dass Roswall als Kommissarin eine ehrgeizige Umwelt- und Klimapolitik verfolgen wird.

    Anhörung im Umweltausschuss wohl kein Spaziergang

    Besonders der Umweltausschuss des Europaparlaments dürfte einige Fragen an die Schwedin haben. Pascal Canfin, liberales ENVI-Mitglied, hat bereits angekündigt, die Anhörungen zu nutzen, um “Klarheit” über Roswalls Rolle als Umweltkommissarin zu gewinnen.

    Schwedens Ministerpräsident hingegen, Roswalls Parteikollege Ulf Kristersson, zeigte sich zufrieden damit, dass sein Land die Umweltkommissarin stellt – und begründete dies in einem schriftlichen Kommentar für das schwedische Fernsehen ausgerechnet mit der Forstwirtschaft, für die Roswall zuständig sei. Zur Beruhigung kritischer Stimmen dürfte diese Aussage eher nicht beitragen. Sarah Schaefer

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