ob ein Produkt, eine Technologie oder gar ein ganzes Unternehmen als nachhaltig bezeichnet werden kann: ein konfliktreiches Thema. Zumal sich mit Nachhaltigkeitsversprechen inzwischen auch viel Geld verdienen lässt.
Die Europäische Union plant daher, ESG-Ratings per Verordnung zu regulieren, sodass in Zukunft in den Portfolios auch drinsteckt, was draufsteht. Unser Autor Günter Heismann hat sich in der Finanzbranche umgehört, wie die Vorschläge der EU ankommen.
Anderes Beispiel: der Atmosphäre CO₂ entziehen. Klingt gut, klingt nachhaltig. Aber wird tatsächlich in allen Bereichen CO₂ entzogen oder nur der Ausstoß ein wenig reduziert? Wie lange muss das Kohlendioxid gespeichert werden? Wie verhalten sich die Technologien zur Biodiversität? Und wie soll der Zertifikatemarkt aussehen, auf dem sich damit Geld verdienen lässt? Lukas Scheid analysiert die Pläne der EU.
Zalando, immerhin europäischer Marktführer im Online-Modehandel, hat es mit den Nachhaltigkeitsinformationen nicht immer so genau genommen. Nun hat der Konzern dem Behördendruck nachgegeben. Und zeigt damit, was auch auf andere Unternehmen zukommen könnte.
Nicht eingelenkt hat bislang die FDP hinsichtlich der europäischen Lieferketten-Verordnung. Darüber sprach Marc Winkelmann mit Anna Lührmann, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt.
In der EU sind schätzungsweise 30 bis 40 Anbieter von ESG-Ratings tätig. Ihr Service wird zunehmend von Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen für die Kreditvergabe und Geldanlage genutzt. Sie wollen verhindern, sich Unternehmen mit einer schlechten Ökobilanz ins Portfolio zu holen, die auch in finanzieller Hinsicht ein immer größeres Risiko darstellen.
Bisher unterliegen die Anbieter von ESG-Ratings allerdings keiner spezifischen Regulierung. Jedes Rating-Haus hat seine eigenen Konzepte, Methoden und Datenquellen, die sie größtenteils nicht offenlegen. “Die mangelnde Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsbewertungen erschwert unsere Arbeit”, sagt Markus Stachel, Experte für ESG-Ratings bei der DZ Bank, dem Spitzeninstitut der deutschen Genossenschaftsbanken.
Um diese Arbeit zu erleichtern, hat die EU kürzlich ein neues Regelwerk beschlossen. Es ist bislang nur in Grundzügen bekannt, muss noch vor der Wahl im Juni verabschiedet und dann, 18 Monate nach Inkrafttreten, erstmals angewandt werden. Demnach sind alle Anbieter von ESG-Ratings künftig verpflichtet, auf ihren Websites detailliert über ihre Methoden und Konzepte zu informieren.
Dazu gehört auch, die Schwerpunkte ihrer Ratings offenzulegen. Bei manchen Agenturen steht der Klima- und Umweltschutz im Vordergrund. Andere betonen soziale Standards oder die Corporate Governance. “Es wird eine höhere Transparenz der Methoden und Kriterien erreicht, mit denen die Anbieter von ESG-Ratings arbeiten”, sagt Adrian Schwantes, Experte für Sustainable Finance beim Bundesverband deutscher Banken (BdB).
Auch der Fondsverband BVI und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) würdigen die geplante ESG-Regulierung als großen Fortschritt. Eine Standardisierung der Rating-Verfahren, die ursprünglich im Gespräch war, ist jedoch nicht vorgesehen. Die Anbieter dürfen auch künftig unterschiedliche Konzepte und Methoden verwenden. Die Interessenverbände begrüßen dies, da Vielfalt dem Wettbewerb diene.
Mit dem neuen Regelwerk will die EU auch einen Missstand beheben, der vor allem bewertete Firmen ärgert. Heute sprechen die ESG-Agenturen meist nicht mit den Unternehmen, bevor sie ihre Ratings veröffentlichen. Das Management hat dann keine Möglichkeit, Missverständnisse aufzuklären. Dies will die EU ändern. “Es soll gewährleistet werden, dass die bewerteten Unternehmen Kontakt zu den Anbietern aufnehmen können, um mögliche Missverständnisse und Fehler bei den ESG-Ratings korrigieren zu können.” Die Details dieses Beschwerdemechanismus seien allerdings noch nicht bekannt, sagt BdB-Experte Schwantes.
Alle Anbieter von ESG-Ratings aus der EU benötigen künftig eine Zulassung der European Securities and Markets Authority (ESMA), die auch für die Aufsicht dieser Finanzdienstleister zuständig sein wird. Rating-Agenturen, die ihren Sitz in einem Staat außerhalb der EU haben, müssen ihre ESG-Bewertungen von einem Anbieter aus der EU bestätigen lassen. Dies kann aber offenbar auch eine Tochtergesellschaft eines Finanzkonzerns aus New York oder London sein, die zu diesem Zweck in der EU gegründet wurde. “Es muss sichergestellt werden, dass keine Schlupflöcher bestehen”, fordert Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.
Für kleinere Rating-Häuser sind Erleichterungen vorgesehen. Sie können sich für eine weniger strenge, auf drei Jahre befristete Registrierung bei der europäischen Wertpapieraufsicht entscheiden, bei der geringere Gebühren anfallen. In “begründeten Ausnahmefällen” kann die ESMA diese Firmen zudem von bestimmten Anforderungen befreien.
Mit der gezielten Förderung kleiner und neuer Anbieter will die EU verhindern, dass sich bei ESG-Ratings ein globales Oligopol wie bei Kredit-Ratings bildet. Diesen Markt dominieren weltweit die drei amerikanischen Anbieter Moody’s, Fitch und Standard & Poor’s. Auch bei ESG-Ratings zeichnet sich eine Konzentration ab: Finanzdienstleister wie Morningstar und Moody’s haben in den vergangenen Jahren mehrere Spezialisten für ESG-Ratings übernommen. Laut der Commerzbank kommen von den sechs größten Anbietern vier aus den USA und einer aus Großbritannien; in der EU ansässig ist lediglich ISS ESG, eine Tochter der Deutschen Börse. “Mit der Regulierung von ESG-Ratings scheint die EU die Dominanz von nicht-europäischen Rating-Agenturen brechen zu wollen”, sagt Stephan Kippe, Leiter des ESG-Research bei der Commerzbank.
Ferner will die EU künftig potenzielle Interessenkonflikte verhindern. Diese können entstehen, wenn eine Unternehmensberatung zugleich als Anbieter von ESG-Ratings auftritt. Dann besteht die Gefahr, dass die Consulting-Gesellschaft allzu günstige ESG-Noten vergibt, wenn sie zuvor vom bewerteten Unternehmen einen lukrativen Auftrag erhalten hat. Solche ESG-Anbieter müssen künftig juristisch getrennte Einheiten für die verschiedenen Aktivitäten schaffen. Ausnahmen sind allerdings vorgesehen.
Als arges Versäumnis wird es in der Finanzwelt weithin betrachtet, dass der Kreis der regulierten Firmen zu eng gezogen wurde. So gilt das Regelwerk nicht für die Anbieter der Rohdaten, die von den ESG-Agenturen für ihre Ratings verwendet werden. Die Datenlieferanten legen im Allgemeinen nicht ihre Quellen offen. Die Informationen werden nur zum Teil von den bewerteten Unternehmen selbst bereitgestellt.
Sind keine firmenspezifischen Daten verfügbar, greifen die Anbieter oft zu Schätzungen oder verwenden Kennziffern, die sich auf die gesamte Branche beziehen. Der CO₂-Ausstoß je Umsatzeinheit kann sich aber zwischen Unternehmen desselben Sektors beträchtlich voneinander unterscheiden. “Fondsgesellschaften sind zur Erfüllung ihrer Transparenzpflichten zur Nachhaltigkeit auf eine hohe Datenqualität angewiesen”, heißt es beim BVI.
Um dieses Ziel sicherzustellen, hatte die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) empfohlen, die Datenanbieter in das Regelwerk der EU einzubeziehen. Viele Interessensvertreter der Finanzwirtschaft sehen dies genauso – gefolgt ist ihnen die EU allerdings nicht und hat wegen der angeblich zu hohen Zahl der betroffenen Firmen darauf verzichtet. “Dies ist eine Hypothek, die die Regulierung belastet”, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen. Laut dem Bankenverband sollte ein Regelwerk für die Datenanbieter aufgrund des andersartigen Marktes separat oder zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt werden. Günter Heismann
Die EU hat sich vorläufig darauf geeinigt, wie zukünftig Entnahme und Speicherung von CO₂ durch Zertifikate für den freiwilligen Kohlenstoffmarkt geregelt werden. In der Nacht zum Dienstag einigten sich die Unterhändler aus Europaparlament, EU-Kommission und der belgischen EU-Ratspräsidentschaft. Das Rahmenwerk (Carbon Removal Certification Framework – CRCF) soll den Hochlauf technologischer und natürlicher Kohlenstoffbindung fördern, indem transparente und überprüfbare CO₂-Entnahme-Zertifikate zu Geld gemacht werden können.
Das neue Gesetz unterscheidet zwischen unterschiedlichen Formen der CO₂-Entnahme:
Über die Aufnahme von vermiedenen Methanemissionen aus der Tierhaltung soll die Kommission bei einer Revision 2026 entscheiden. Abgeschiedenes CO₂ von großen Industrieanlagen oder Kraftwerken (CCUS) ist von dem Gesetz nicht betroffen, da diese Emissionen unter das europäische Emissionshandelssystem (ETS) fallen und keine direkten CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre darstellen.
Die Aufnahme von Carbon-Farming-Aktivitäten in den Zertifizierungsrahmen ermöglicht Landwirten, durch klimafreundlichere Landwirtschaft in Zukunft auf den freiwilligen Kohlenstoffmärkten Geld zu verdienen. Unklar ist, wann dies möglich sein wird. Die genauen Methoden zur Zertifizierung müssen nach Inkrafttreten des Gesetzes erst noch von der Kommission erarbeitetet und durch delegierte Rechtsakte festgelegt werden. Das dauert mindestens zwei Jahre und bietet kaum Mitspracherecht für die Co-Gesetzgeber.
Allerdings sieht der Kompromiss bereits einige Kriterien für die Zertifizierung vor. Unter anderem müssen Carbon-Farming-Aktivitäten immer auch einen positiven Beitrag zur Biodiversität leisten, indem zum Beispiel die Bodengesundheit gefördert und die Bodendegradation vermieden wird. Alle anderen Entnahmeformen dürfen nicht zu einer erheblichen Schädigung der Umwelt führen (“do no significant harm”).
Außerdem gelte das Additionalitätsprinzip, stellt Parlaments-Schattenberichterstatter Tiemo Wölken (SPD) klar: “Der Text enthält genug Garantien dafür, dass keine Aktivität zertifiziert wird, die auch ohne die Zertifizierung stattgefunden hätte.” Man könne aber zurecht kritisieren, dass die Mitgliedsstaaten sich die Entnahmen aus dem CRCF auf ihre anderen Ziele, beispielsweise die nationalen LULUCF-Ziele anrechnen könnten, gesteht der umweltpolitische Sprecher der S&D-Fraktion im EU-Parlament. Der Brüsseler Thinktank Carbon Market Watch kritisiert dies als Doppelzählung. “Hier war aber mit dem Rat leider nicht mehr zu erreichen”, sagt Wölken.
Als zu ungenau und zu kurzfristig bezeichnet Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, das Trilog-Ergebnis. Die Grenzen zwischen CO₂-Minderung und Entnahmen würden verschwimmen. Dies könne zu viel Greenwashing mit kleiner und kurzfristiger Klimawirkung führen. “Denn die CO₂-Speicherung in Produkten oder auch natürlichen Senken etwa über Humusaufbau oder Aufforstung unterliegt großen Unsicherheiten”, so Raddatz. Sie befürchtet, dass zertifizierte und verkaufte CO₂-Entnahmen durch Dürren und Brände doch wieder als Emission enden. Ein neuer Ablasshandel werde das Klima nicht schützen.
Wölken unterstützt die Unterscheidung zwischen Entnahme und Vermeidung zwar, verweist aber auch darauf, dass Emissionsreduktionsziele in der Effort Sharing Regulation sowie dem ETS festgelegt sind, auf die die CRCF keinen Einfluss habe. Wofür Unternehmen die Zertifikate verwenden dürfen, werde derzeit in der Green-Claims-Richtlinie verhandelt.
Peter Liese, klimapolitischer Sprecher der EVP, wäre am liebsten noch weiter gegangen. Er fordert, zumindest die technologischen Entnahmemöglichkeiten wie DACCS schnellstmöglich in das ETS einzubeziehen.
Die CO₂-Entnahmen unter dem CRCF können zwar auf die bei der UN hinterlegten EU-Klimaziele (NDCs) angerechnet werden, sodass auch hier eine Doppelberücksichtigung der Zertifikate möglich ist. Die EU-Gesetzgeber einigten sich aber darauf, dass in Europa zertifizierte CO₂-Entnahmen nicht an andere Länder für deren NDCs verkauft werden dürfen. So soll vermieden werden, dass die EU anderen Ländern Offset-Möglichkeiten bietet.
Der Trilog-Kompromiss muss noch von Parlament und Mitgliedstaaten formal bestätigt werden. Voraussichtlich stimmt das Plenum in seiner letzten Plenarsitzung im April ab, sodass das Gesetz noch vor der Europawahl im Juni verabschiedet werden kann.
24. Februar 2024, Online
Online-Workshopreihe Nachhaltigkeit in Lieferketten von Gewürzen und anderen pflanzlichen Rohstoffen (Veranstalter: Adalbert-RAPS-Stiftung & Zentrum für nachhaltige Unternehmensführung Klima) Info & Anmeldung
26. Februar 2024, 18-20 Uhr, Baunatal
Vortrag Europas Wirtschafts- und Industriepolitik im Wandel – und was das “vor Ort” bedeutet (Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
26. bis 29. Februar 2024, Padua/Milan, Italien
Konferenz 2024 Annual Meeting of the Global Alliance for Banking on Values Veranstalter: Global Alliance for Banking on Values Info & Anmeldung
27. und 28. Februar 2024, jeweils 9:30-17 Uhr, Online
Konferenz DGNB Jahreskongress 2024 (Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) Info & Anmeldung
28. Februar 2024, 18-20 Uhr, Magdeburg
Konferenz 11. Magdeburger Klimadialog: Klimaschutzpolitik wirksam gestalten – was Generationen bewegt (Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
29. Februar 2024, Zürich
Konferenz 7th Sustainable Investor Summit Zurich: Putting Capital at Work to make a Difference (Veranstalter: ICF Institutional Capital Forum) Info & Anmeldung
02. März 2024, 11-17 Uhr, Oldenburg
Seminar Kapitalismus und Natur – Was hat das Wirtschaftssystem mit Umweltzerstörung zu tun? (Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung) Info & Anmeldung
04. März 2024, 18-20 Uhr, Göttingen
Vortrag Sozialistische Klimapolitik – Wie sozial-ökologischer Umbau gelingen kann (Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung) Info & Anmeldung
07. März 2024, 10-17 Uhr, Düsseldorf
Seminar Forum Klimaresilienz NRW 2024: Unternehmen.Machen.Klimaanpassung (Veranstalter: Netzwerk Klimaanpassung & Unternehmen.NRW) Info & Anmeldung
Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann, kritisiert das Verhalten der FDP gegenüber der Europäischen Union und warnt davor, dass Deutschland Einfluss verlieren könnte. “Wir müssen ein verlässlicher Partner sein und zu dem Wort stehen, das wir einmal gegeben haben”, sagte sie zu Table.Media. “Wenn wir in den Verhandlungen eine Position vertreten, andere Mitgliedsländer auf uns zugehen und wir dann doch nicht für das erzielte Ergebnis stimmen: Dann werden die Mehrheiten künftig ohne Deutschland gebildet.” Dies könne auch wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen: “Wichtige Anliegen können wir dann nicht mehr einbringen, etwa für Unternehmen.”
Lührmann, in ihrem Amt für die Themen Europa und Klima zuständig, reagiert damit auf ein Interview von Bundesjustizminister Marco Buschmann im Spiegel. Darin verteidigte der FDP-Politiker sein spätes Veto gegen das EU-Lieferkettengesetz, welches erst nach der Trilog-Einigung erfolgte. Auch weitere Vorhaben zu Flottengrenzwerten bei Pkw und Lkw, dem Verbrenner-Aus und der Regelung von Plattformarbeit waren schon sehr weit gediehen, als die FDP ihre Blockade ankündigte. Er sei zwar ein “glühender Fan der EU” und wolle “Akzeptanz für europäische Politik”. Zugleich müssten Verhandlungen infrage gestellt werden können, wenn man das Ergebnis für falsch halte. Zumal Trilog-Gespräche und andere EU-Debatten intransparent seien. Sonst würden Rechtspopulisten nur mehr Stimmen gewinnen, so Buschmann.
“Wir können darüber sprechen, wie wir die Entscheidungsfindungsprozesse in Brüssel transparenter machen, und wie wir das Europäische Parlament stärken”, sagt Anna Lührmann. Aber: “Ich halte nichts davon, Grundsatzkritik an etablierten Verfahren zu üben, wenn man nicht gleichzeitig praktikable Alternativen vorschlägt.” Vielmehr müsse es darum gehen, für die EU zu werben und zu erklären, wie in Brüssel Entscheidungen getroffen werden. Zudem könne man nicht alle Verhandlungen, in denen es darum geht, Vertrauen aufzubauen und gemeinsame Positionen auszuloten, mit einer TV-Kamera daneben führen. “Die größte Tugend der EU ist Kompromissbereitschaft. Man darf nicht immer mit dem Kopf durch die Wand wollen.”
Die Grünen-Politikerin widerspricht auch dem Eindruck, dass die FDP keinen Einfluss auf die Verhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz hatte. “Wir haben uns in allen Schritten in der Bundesregierung abgestimmt und auch die FDP hat einzelnen Kompromissschritten im Verhandlungsprozess zugestimmt.” maw
Die Innovationstätigkeit des Mittelstands stagniert. Wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ermittelt hat, sank der Anteil der Unternehmen mit “abgeschlossenen Innovationsvorhaben” von 42 Prozent (2020) leicht auf 40 Prozent (2022). Das Gleiche gilt für die Innovationsausgaben. Sie verharrten bei knapp 34 Milliarden Euro, was aufgrund der Preissteigerungen einen realen Rückgang bedeutete. Für Sachinvestitionen gaben die Unternehmen deutlich mehr Geld aus, nämlich 240 Milliarden Euro.
Auffällig auch: Je größer ein Mittelständler ist, desto leichter fällt es, Mittel für Innovationen bereitzustellen. Bei KMUs mit maximal fünf Beschäftigten machten 18 Prozent der Ausgaben 15 Prozent und mehr des Umsatzes aus – bei KMUs mit 50 und mehr Beschäftigten lag dieser Anteil bei lediglich einem Prozent.
Ein Grund für die Probleme liegt nach Angaben der Befragten am Fachkräftemangel. Von den 2022 als “innovative Unternehmen” identifizierten Firmen sagten 52 Prozent, dass sie Probleme bei der Stellenbesetzung erwarten. 2018 lag der Anteil bei 49 Prozent, 2012 bei 35 Prozent. Von den “Unternehmen ohne Innovationen” erklärten das im Jahr 2022 nur 37 Prozent. Bemängelt werden vor allem grundlegende sowie fortgeschrittene Digitalkompetenzen.
Innovationen gelten als Gradmesser für die Aussicht auf Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum und Wohlstand und sind auch für die Transformation notwendig. Zugleich zielen längst nicht alle auf den sozial-ökologischen Wandel. Die gängige Definition betrachtet jegliche Art von technologischen, aber auch organisatorischen und marketingspezifischen Innovationen.
Der KfW-Innovationsbericht basiert auf dem seit 2003 durchgeführten Mittelstandspanel, das KMUs mit einem Umsatz bis 500 Millionen Euro berücksichtigt. Dafür wurden aktuell mehr als 11.000 Unternehmen befragt. maw
Geschätzte sechs bis elf Prozent der belgischen Gaslieferungen nach Deutschland im Jahr 2022 stammten ursprünglich aus Russland. Dies berichtet die NGO Urgewald in einem Briefing zu Deutschlands Gaslieferanten mit Verweis auf Zahlen der belgischen Umweltorganisation Bond Beter Leefmilieu (BBL). Das russische LNG sei über den Hafen Zeebrugge importiert worden.
Für das Jahr 2023 geht BBL sogar von einem noch höheren Anteil aus. Belgien fördert selbst kaum Erdgas, ist aber ein wichtiges Transitland. Nach Angaben der Bundesnetzagentur bezog Deutschland im vergangenen Jahr 22 Prozent seines Erdgases aus Belgien.
“Damit wir Putins Kriegskasse nicht immer weiter mit Geld füllen, muss die Bundesregierung Russlands Gaslieferwege nach Deutschland endlich konsequent versperren”, fordert Moritz Leiner, Energieexperte bei Urgewald. Auf europäischer Ebene müsse sich Deutschland zudem dafür einsetzen, dass kein russisches Gas mehr in die EU importiert und reexportiert wird, so Leiner.
Ähnlich äußerten sich diese Woche über 100 europäische Organisationen. In einem offenen Brief an die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten und der EU forderten sie, “fossile Gasimporte aus Russland in die EU endgültig zu verbieten”. Während die russischen Gaslieferungen mittels Pipelines deutlich zurückgegangen sind, liefert Russland weiterhin große Mengen Erdgas an LNG-Terminals in der EU, vor allem in Spanien, Frankreich und Belgien.
Nach aktuellen Zahlen des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) war Russland im Jahr 2023 mit einem Anteil von 11,7 Prozent der drittgrößte LNG-Exporteur in die EU, nach den USA (46 Prozent) und Katar (12,1 Prozent). Russland erzielte dadurch im letzten Jahr Einnahmen in Höhe von 8,1 Milliarden Euro, so das IEEFA. ch
In einem am Donnerstag veröffentlichten offenen Brief fordern EU-Parlamentarier, NGOs und ehemalige politische Gefangene vom Forest Stewardship Council (FSC) eine unabhängige Untersuchung seiner früheren Aktivitäten in Belarus.
Die Unterzeichner werfen dem FSC vor, bis vor zwei Jahren in dem diktatorisch regierten Land aktiv gewesen zu sein. Dabei seien auch Holz und andere Produkte aus Zwangsarbeit und Staatsforsten zertifiziert worden. An deren Verkauf habe sich unter anderem Präsident Aleksandr Lukaschenko persönlich bereichert. Der FSC ist die weltweit bedeutendste Organisation zur Zertifizierung von Waldprodukten.
“Das FSC-Siegel hat maßgeblich dazu beigetragen, Holzprodukten aus diesen Strafkolonien und Wäldern den Anschein von Nachhaltigkeit zu verleihen, und diente als Türöffner für den Handel mit der EU”, heißt es in dem offenen Brief. Dennoch habe der FSC seit seinem Rückzug aus dem Land im März 2022 seine früheren Versäumnisse nicht aufgearbeitet. “Es gibt daher nichts, was verhindern könnte, dass sie nicht anderswo wiederholt werden”, heißt es.
Dem widerspricht der FSC Deutschland. In einer Stellungnahme an Table.Media betont ein Sprecher, dass die Organisation bereits Ende 2020 Untersuchungen zur Situation in Belarus eingeleitet habe. Am Ende des Prozesses sei das Land ausgeschlossen worden, weil eine unabhängige Zertifizierung nicht mehr möglich gewesen sei. Die Gefängnisbetriebe wiederum hätten bereits 2021 ihre Zertifikate verloren.
“Es gilt auch in schwierigen Rahmenbedingungen für uns die Annahme, dass es besser ist, wenn Regeln noch extern kontrolliert werden, als wenn keine unabhängigen Akteure mehr Zugang zu Produktionsstätten haben”, so der FSC-Sprecher.
Die Unterzeichner des offenen Briefes fordern hingegen, dass sich der FSC künftig automatisch aus Autokratien zurückzieht. Zu ihnen gehört auch der österreichische Grünen-Europaabgeordnete Thomas Waitz. “Jede Tätigkeit im Holzsektor in diesen Ländern fördert die Unterdrückung und Gewalt gegen die demokratische Opposition, die Menschenrechte und die Demokratie”, meint Waitz. ch
Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) hat in einem Brief Bundesfinanzminister Christian Lindner dazu aufgefordert, die EU-Verpackungsverordnung nicht zu blockieren. Lindner solle vielmehr Sorge dafür tragen, dass die Bundesregierung “einen konstruktiven Beitrag zum erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen noch in dieser EU-Legislaturperiode” leiste.
Vergangene Woche hatte Table.Media über einen möglichen Deal zwischen Lindner und Italien berichtet, in dem Rom dem FDP-Chef zu einer Sperrminorität im Rat bei der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verhelfe und Lindner im Gegenzug dabei unterstütze, die Verpackungsverordnung zu blockieren.
Die Verpackungsverordnung dürfe nicht “zum Gegenstand eines politischen Kuhhandels werden”, schreiben BDE-Hauptgeschäftsführer Andreas Bruckschen und der Leiter der Brüsseler Vertretung des BDE, Christian Suhl. Sie warnen vor dem “allgemeinen politischen Schaden”, den ein solcher Deal dem Ansehen der Bundesregierung auf europäischer Ebene zufügen würde.
Das Gesetz sei “für die deutsche Recyclingwirtschaft von existenzieller Bedeutung“, heißt es in dem Schreiben. Die Vorgaben zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen und zum Einsatz von Rezyklat seien notwendig, um den Markt für Rezyklate zu stimulieren. Die Recyclingindustrie für Kunststoffe stehe aufgrund der niedrigen Primärrohstoffpreise und der deshalb geringen Nachfrage nach Rezyklat unter Druck; auch die hohen Energiepreise sowie der Konkurrenzdruck durch Importe aus Asien machten der hiesigen Industrie zu schaffen.
Auf eine Anfrage vom gestrigen Mittwoch reagierte das Bundesfinanzministerium bisher nicht. Die EU-Verpackungsverordnung wird derzeit im Trilog verhandelt. Laut Entwurf sollen alle Verpackungen in der EU ab 2030 recyclingfähig sein. Hierüber sind sich Rat und Parlament weitgehend einig. Schwieriger sind die Verhandlungen über Mehrwegquoten und das Verbot einiger Einwegverpackungen. Beim nächsten Treffen auf politischer Ebene am 4. März wird eine Einigung angestrebt. leo
Der Modehändler Zalando hat sich gegenüber der EU-Kommission verpflichtet, künftig auf irreführende Nachhaltigkeitskennzeichen und -symbole neben den Produkten auf seiner Website zu verzichten. Dies gab die EU-Kommission am Donnerstag bekannt.
Didier Reynders, Kommissar für Justiz, äußerte sich zufrieden. “Wir müssen auch Unternehmen in die Schranken weisen, die versuchen könnten, aus den guten Absichten der Verbraucher Profit zu schlagen.” In Bezug auf Zalando sagte er: “Ich freue mich, dass ein Marktführer wie Zalando diese Praktiken nun aufgegeben und beschlossen hat, den Verbrauchern klare und konkrete Informationen bereitzustellen.”
Der Kommission zufolge wird Zalando eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Dazu würden klare und konkrete Informationen zu spezifischen Produktqualitäten, Umweltvorteilen, ethischen “Pluspunkten” und dem prozentualen Anteil von recycelten Materialien gehören. Zudem werde Zalando auf zwei neuen Websites über Produktstandards und Nachhaltigkeitsansätze und -strategien informieren.
Eine Sprecherin von Zalando bestätigte die Einigung “nach mehr als einem Jahr intensiver Arbeit” sowie “einem engen Dialog mit der Europäischen Kommission“. Die Vorschläge des Unternehmens seien akzeptiert worden. Das Unternehmen werde “zukünftig noch spezifischere und damit klarere Informationen über Produktvorteile bereitstellen.”
Das von der Europäischen Kommission koordinierte “Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz” (CPC), dem Behörden aus verschiedenen Ländern angehören, hatte im April 2022 eine sogenannte “Koordinierte Maßnahme” eingeleitet, um irreführende Informationen bei dem Modehändler zu unterbinden. av
Volkswagen Leans on Electric Vehicles and Nostalgia to Grow in U.S. – The New York Times
Nur Amerikaner eines gewissen Alters erinnern sich an die Zeit, als der VW-Bus das angesagteste Gefährt für ein Grateful-Dead-Konzert war. Jack Ewing gehört zu ihnen. Nun schaut er nach, wie VW versucht, in den USA wieder aus der Marktnische herauszukommen. Spoiler: mittels neuer Technologien. Zum Artikel
Wie Wissings Ministerium bei der Aufarbeitung der Wasserstoffaffäre versagt – Spiegel
Beamte im Verkehrsministerium und Unternehmer, die Förderungen für Wasserstoffprojekte erhalten haben, kommunizierten allzu persönlich miteinander. Das zeigen Serafin Reiber und Gerald Traufetter auf. Inzwischen wurden alle Förderungen auf Eis gelegt. Zum Artikel
China Proposes New ESG Rules to Keep Up With Europe – BNN Bloomberg
China hat neue ESG-Regeln für seine größten Unternehmen eingeführt. Damit will sich das Land europäischen Anforderungen annähern und ausländische Investitionen in seine angeschlagene Wirtschaft zurückzubringen, berichtet Sheryl Tian Tong Lee. Zum Artikel
Nachhaltigkeitsreporting im Mittelstand: Es geht voran, aber langsam – Haufe
Nachhaltigkeitsziele sind auch im Mittelstand vermehrt verankert. Sylvia Meier wertet eine Studie aus. Diese zeigt, wie Manager die gegenwärtige Umsetzung beurteilen und welche Stolpersteine, insbesondere im Reporting-Bereich, noch überwunden werden müssen. Zum Artikel
“Wasserstoff ist vollkommen überbewertet” – Das Investment
Trotz Energiekrise und Zinsanstieg bleibt Craig Cameron, leitender Fondsmanager des Franklin Templeton Global Climate Change Fund, optimistisch in Bezug auf nachhaltige Geldanlagen. Im Gespräch mit Christoph Fröhlich erklärt er seine Strategie zwischen Profit und Impact und warum es derzeit ideale Einstiegschancen gibt. Zum Artikel
Greenwashing wirft jede Menge Rechtsfragen auf – Börsen-Zeitung
Wenn ein Investor mit einem als nachhaltig deklarierten Engagement Gewinn gemacht hat, das sich hinterher als Greenwashing herausstellt: Was folgt daraus aus (schadens-)rechtlicher Sicht? Diesen und anderen Rechtsfragen ist Detlef Fechtner in der aktuellen Episode nachgegangen. Zum Podcast
The uninsurable world: what climate change is costing homeowners – Financial Times
In den USA finden manche Hausbesitzer keine Versicherungen mehr, andere bezahlen rapide steigende Prämien. Letztlich sei dies eine CO₂-Bepreisung, analysieren Ian Smith, Attracta Mooney und Aime Williams. Zum Artikel
Rio Tinto approves world’s biggest mining project in west Africa – Financial Times
20 Milliarden US-Dollar investiert Rio Tinto als Teil eines Konsortiums in das nach eigener Aussage größte Bergbauprojekt der Welt, berichtet Tom Wilson. In Guinea werden dafür mehrere hundert Kilometer Eisenbahnschienen und ein neuer Tiefseehafen errichtet, um Eisenerz auf die Weltmärkte zu schaffen. Zum Artikel
Die Europäische Union möchte bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Doch um dieses Ziel zu erreichen, gibt es noch erheblichen Nachholbedarf. Der Gebäudesektor ist allein in Deutschland für rund 40 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich und verfehlt jedes Jahr aufs Neue seine politisch gesteckten Klimaziele. Die schlechte Energieeffizienz vieler Mehrfamilienhäuser ist ein wesentlicher Grund.
Wie unsere Daten zeigen, gibt es jedoch einige niedriginvestive Lösungen zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors. So wird allein durch die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung bereits eine mittlere Reduktion der Endenergieverbräuche um etwa 20 Prozent erzielt. Für den Abrechnungsbestand von Techem – weltweit 13 Millionen Wohnungen, davon gut die Hälfte in Deutschland und primär in Mehrfamilienhäusern – resultiert daraus eine jährliche Reduktion der CO₂-Emissionen um circa 6,3 Millionen Tonnen gegenüber einem Szenario ohne verbrauchsabhängige Kostenabrechnung.
Die aktuelle Techem Verbrauchskennwerte-Studie belegt das. Sie basiert auf der Auswertung von Daten über Verbrauch und Kosten für Heizung und Warmwasser aus 1,4 Millionen deutschen Wohnungen in rund 120.000 Mehrfamilienhäusern. Mehr als 50 Prozent dieser Gebäude werden mit Erdgas beheizt.
Digitale Instrumente stehen zur weiteren Effizienzsteigerung zur Verfügung. So können durch Monitoring und professionelle Betriebsführung von Heizungsanlagen durchschnittlich weitere 15 Prozent Energie eingespart und CO₂ vermieden werden.
Dabei versteht man unter Monitoring die Überwachung von Anlagenparametern durch eine geeignete Sensorik sowie eine Datenschutz-konforme digitale Fernüberwachung des Anlagenbetriebs. Auf diese Weise können Abweichungen erkannt und kurzfristig behoben werden. Hier setzt die professionelle Betriebsführung ein: Die regelmäßige Wartung der Heizungsanlage durch Fachpersonal, sowie die Überprüfung und Anpassung entsprechender Einstellungen.
Das wiederum wirkt sich positiv auf die Einstufung nach dem Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz aus. Das Gesetz sieht ein 10-Stufenmodell vor. Die Kohlendioxidkosten werden abhängig vom Energiestandard eines Hauses zwischen Vermietenden und Mietenden aufgeteilt werden. Digitale Instrumente und professionelle Betriebsführung können eine Verbesserung um eine ganze CO₂-Emissionsklasse herbeiführen: ein Anreiz auch für Vermietende.
Mit dem novellierten Gebäudeenergiegesetz, das am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, gibt die Politik zudem einen konkreten Fahrplan für den ebenfalls dringend benötigten Umstieg auf erneuerbare Energien vor. Neben der Elektrifizierung der Wärmeversorgung, etwa über elektrisch betriebene Wärmepumpen, spielt auch hier digitale Messtechnik, wie Smart Meter, eine Schlüsselrolle.
Erfreulich, dass der Anteil an elektrisch betriebenen Wärmepumpen zunimmt, im vergangenen Jahr in Neubauten auf 57 Prozent. Wir erwarten steigende Zahlen in den kommenden Jahren.
Diese Prognose gilt auch für den Gebäudebestand, der mit Heizkörpern beheizt wird. Unsere Auswertungen ergeben, dass die Mehrfamilienhäuser – gegebenenfalls nach einem Heizkörpertausch – bereits bis zu 90 Prozent für den Einsatz von Wärmepumpen geeignet sind.
Der CO₂-Fußabdruck einzelner Gebäude, sowie energetische Parameter wie die erwähnten CO₂-Emissionsklassen, gewinnen an Bedeutung, wenn es um Investitionsentscheidungen und damit einhergehenden Finanzierungsmöglichkeiten von Wohnungsbeständen geht. Solche Daten leisten einen entscheidenden Beitrag zur verlässlichen Bilanzierung und Planung einer zukunftsfähigen Wärmeversorgung.
Damit die Energie- und Wärmewende gelingen kann, muss allerdings die Verfügbarkeit und Analyse von Gebäude- und Verbrauchsdaten deutlich verbessert werden. Eine Vielzahl von Anfragen etwa aus Kommunen belegt, dass diese aktuell über keine geeignete Datengrundlage über Verbrauchsdaten für die kommunale Wärmeplanung verfügen. Eine Ausnahme stellen allenfalls Kommunen dar, in denen eine kommunale Fernwärmeversorgung mit Anschlusszwang bereits existiert.
Auf Anfrage haben wir entsprechendes Datenmaterial bereits aufbereitet und Kommunen zur Verfügung gestellt. So konnte etwa der mittlere spezifische Verbrauch in Postleitzahl-Bezirken oder aus Energieausweisdaten der Anteil gedämmter Gebäude in einer Kommune als Stichprobe ausgewiesen werden.
Durch digitale Technologien und smarte Gebäudetechnik, wie etwa Monitoringlösungen mit KI-gestützter, vollautomatischer Anlagenoptimierung, kann der Energieverbrauch in Gebäuden besser überwacht und die Wärmeversorgung effizienter ausgestaltet werden. Sie versetzen uns in die Lage, bisher unerschlossene Einsparpotenziale – ökologisch wie finanziell – unmittelbar zu erkennen und geringinvasiv und -investiv zu heben.
Die Digitalisierung wird somit die Art und Weise transformieren, wie wir Gebäude verwalten, warten und modernisieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Ziele der Energie- und Wärmewende erreichbar sind, wenn die bereits vorhandenen Technologien und Daten dafür eingesetzt werden.
Matthias Hartmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Techem Gruppe. Zuvor war er in leitenden Funktionen bei IBM Deutschland und bei GfK Marktforschung tätig.
Achim Truger wurde von der Bundesregierung erneut für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagen. Das Vorschlagsrecht lag bei Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der Bundespräsident muss die Berufung noch bestätigen.
Christina Dornack, Claudia Hornberg, Claudia Kemfert, Wolfgang Köck, Wolfgang Lucht, Josef Settele und Annette Elisabeth Töller wurden von der Bundesregierung als Mitglieder des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) bis Juni 2028 wiederberufen.
Marian Klemm übernimmt ehrenamtlich den Vorsitz des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Klemm ist Geschäftsführer der Green Growth Futura.
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Europe.Table – Verbrenner-Aus im Jahr 2035 gerät ins Wanken: Kommissionspräsidentin von der Leyen wird von ihrer Parteienfamilie gedrängt, das Verbrenner-Aus 2035 im Europawahlkampf infrage zu stellen. Zum Artikel
Climate.Table – Umweltsteuern trotz CO₂-Preis auf niedrigem Niveau: Eine Studie des Forums Ökologische Soziale Marktwirtschaft liefert Argumente für eine ökologische Reform des Steuersystems. Zum Artikel
Climate.Table – USA: Biden bremst Zeitplan zum Verbrenner-Aus: Autokonzerne in den USA sollen mehr Zeit für die Umstellung auf E-Mobilität bekommen. Zum Artikel
China.Table – VWs langsame Transformation in China: Rein wirtschaftlich steht Volkswagen in China gut da. Doch bei der Elektromobilität verliert der gigantische Konzern den Anschluss. Zum Artikel
Research.Table – EIT-Summit: Wasser wird Innovationsthema: Das Europäische Institut für Innovation und Technologie will ein Wissenstransfernetzwerk zum Thema “Wasser und maritime Ökosysteme” aufbauen. Zum Artikel
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Anderes Beispiel: der Atmosphäre CO₂ entziehen. Klingt gut, klingt nachhaltig. Aber wird tatsächlich in allen Bereichen CO₂ entzogen oder nur der Ausstoß ein wenig reduziert? Wie lange muss das Kohlendioxid gespeichert werden? Wie verhalten sich die Technologien zur Biodiversität? Und wie soll der Zertifikatemarkt aussehen, auf dem sich damit Geld verdienen lässt? Lukas Scheid analysiert die Pläne der EU.
Zalando, immerhin europäischer Marktführer im Online-Modehandel, hat es mit den Nachhaltigkeitsinformationen nicht immer so genau genommen. Nun hat der Konzern dem Behördendruck nachgegeben. Und zeigt damit, was auch auf andere Unternehmen zukommen könnte.
Nicht eingelenkt hat bislang die FDP hinsichtlich der europäischen Lieferketten-Verordnung. Darüber sprach Marc Winkelmann mit Anna Lührmann, Staatssekretärin im Auswärtigen Amt.
In der EU sind schätzungsweise 30 bis 40 Anbieter von ESG-Ratings tätig. Ihr Service wird zunehmend von Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen für die Kreditvergabe und Geldanlage genutzt. Sie wollen verhindern, sich Unternehmen mit einer schlechten Ökobilanz ins Portfolio zu holen, die auch in finanzieller Hinsicht ein immer größeres Risiko darstellen.
Bisher unterliegen die Anbieter von ESG-Ratings allerdings keiner spezifischen Regulierung. Jedes Rating-Haus hat seine eigenen Konzepte, Methoden und Datenquellen, die sie größtenteils nicht offenlegen. “Die mangelnde Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsbewertungen erschwert unsere Arbeit”, sagt Markus Stachel, Experte für ESG-Ratings bei der DZ Bank, dem Spitzeninstitut der deutschen Genossenschaftsbanken.
Um diese Arbeit zu erleichtern, hat die EU kürzlich ein neues Regelwerk beschlossen. Es ist bislang nur in Grundzügen bekannt, muss noch vor der Wahl im Juni verabschiedet und dann, 18 Monate nach Inkrafttreten, erstmals angewandt werden. Demnach sind alle Anbieter von ESG-Ratings künftig verpflichtet, auf ihren Websites detailliert über ihre Methoden und Konzepte zu informieren.
Dazu gehört auch, die Schwerpunkte ihrer Ratings offenzulegen. Bei manchen Agenturen steht der Klima- und Umweltschutz im Vordergrund. Andere betonen soziale Standards oder die Corporate Governance. “Es wird eine höhere Transparenz der Methoden und Kriterien erreicht, mit denen die Anbieter von ESG-Ratings arbeiten”, sagt Adrian Schwantes, Experte für Sustainable Finance beim Bundesverband deutscher Banken (BdB).
Auch der Fondsverband BVI und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) würdigen die geplante ESG-Regulierung als großen Fortschritt. Eine Standardisierung der Rating-Verfahren, die ursprünglich im Gespräch war, ist jedoch nicht vorgesehen. Die Anbieter dürfen auch künftig unterschiedliche Konzepte und Methoden verwenden. Die Interessenverbände begrüßen dies, da Vielfalt dem Wettbewerb diene.
Mit dem neuen Regelwerk will die EU auch einen Missstand beheben, der vor allem bewertete Firmen ärgert. Heute sprechen die ESG-Agenturen meist nicht mit den Unternehmen, bevor sie ihre Ratings veröffentlichen. Das Management hat dann keine Möglichkeit, Missverständnisse aufzuklären. Dies will die EU ändern. “Es soll gewährleistet werden, dass die bewerteten Unternehmen Kontakt zu den Anbietern aufnehmen können, um mögliche Missverständnisse und Fehler bei den ESG-Ratings korrigieren zu können.” Die Details dieses Beschwerdemechanismus seien allerdings noch nicht bekannt, sagt BdB-Experte Schwantes.
Alle Anbieter von ESG-Ratings aus der EU benötigen künftig eine Zulassung der European Securities and Markets Authority (ESMA), die auch für die Aufsicht dieser Finanzdienstleister zuständig sein wird. Rating-Agenturen, die ihren Sitz in einem Staat außerhalb der EU haben, müssen ihre ESG-Bewertungen von einem Anbieter aus der EU bestätigen lassen. Dies kann aber offenbar auch eine Tochtergesellschaft eines Finanzkonzerns aus New York oder London sein, die zu diesem Zweck in der EU gegründet wurde. “Es muss sichergestellt werden, dass keine Schlupflöcher bestehen”, fordert Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.
Für kleinere Rating-Häuser sind Erleichterungen vorgesehen. Sie können sich für eine weniger strenge, auf drei Jahre befristete Registrierung bei der europäischen Wertpapieraufsicht entscheiden, bei der geringere Gebühren anfallen. In “begründeten Ausnahmefällen” kann die ESMA diese Firmen zudem von bestimmten Anforderungen befreien.
Mit der gezielten Förderung kleiner und neuer Anbieter will die EU verhindern, dass sich bei ESG-Ratings ein globales Oligopol wie bei Kredit-Ratings bildet. Diesen Markt dominieren weltweit die drei amerikanischen Anbieter Moody’s, Fitch und Standard & Poor’s. Auch bei ESG-Ratings zeichnet sich eine Konzentration ab: Finanzdienstleister wie Morningstar und Moody’s haben in den vergangenen Jahren mehrere Spezialisten für ESG-Ratings übernommen. Laut der Commerzbank kommen von den sechs größten Anbietern vier aus den USA und einer aus Großbritannien; in der EU ansässig ist lediglich ISS ESG, eine Tochter der Deutschen Börse. “Mit der Regulierung von ESG-Ratings scheint die EU die Dominanz von nicht-europäischen Rating-Agenturen brechen zu wollen”, sagt Stephan Kippe, Leiter des ESG-Research bei der Commerzbank.
Ferner will die EU künftig potenzielle Interessenkonflikte verhindern. Diese können entstehen, wenn eine Unternehmensberatung zugleich als Anbieter von ESG-Ratings auftritt. Dann besteht die Gefahr, dass die Consulting-Gesellschaft allzu günstige ESG-Noten vergibt, wenn sie zuvor vom bewerteten Unternehmen einen lukrativen Auftrag erhalten hat. Solche ESG-Anbieter müssen künftig juristisch getrennte Einheiten für die verschiedenen Aktivitäten schaffen. Ausnahmen sind allerdings vorgesehen.
Als arges Versäumnis wird es in der Finanzwelt weithin betrachtet, dass der Kreis der regulierten Firmen zu eng gezogen wurde. So gilt das Regelwerk nicht für die Anbieter der Rohdaten, die von den ESG-Agenturen für ihre Ratings verwendet werden. Die Datenlieferanten legen im Allgemeinen nicht ihre Quellen offen. Die Informationen werden nur zum Teil von den bewerteten Unternehmen selbst bereitgestellt.
Sind keine firmenspezifischen Daten verfügbar, greifen die Anbieter oft zu Schätzungen oder verwenden Kennziffern, die sich auf die gesamte Branche beziehen. Der CO₂-Ausstoß je Umsatzeinheit kann sich aber zwischen Unternehmen desselben Sektors beträchtlich voneinander unterscheiden. “Fondsgesellschaften sind zur Erfüllung ihrer Transparenzpflichten zur Nachhaltigkeit auf eine hohe Datenqualität angewiesen”, heißt es beim BVI.
Um dieses Ziel sicherzustellen, hatte die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) empfohlen, die Datenanbieter in das Regelwerk der EU einzubeziehen. Viele Interessensvertreter der Finanzwirtschaft sehen dies genauso – gefolgt ist ihnen die EU allerdings nicht und hat wegen der angeblich zu hohen Zahl der betroffenen Firmen darauf verzichtet. “Dies ist eine Hypothek, die die Regulierung belastet”, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen. Laut dem Bankenverband sollte ein Regelwerk für die Datenanbieter aufgrund des andersartigen Marktes separat oder zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt werden. Günter Heismann
Die EU hat sich vorläufig darauf geeinigt, wie zukünftig Entnahme und Speicherung von CO₂ durch Zertifikate für den freiwilligen Kohlenstoffmarkt geregelt werden. In der Nacht zum Dienstag einigten sich die Unterhändler aus Europaparlament, EU-Kommission und der belgischen EU-Ratspräsidentschaft. Das Rahmenwerk (Carbon Removal Certification Framework – CRCF) soll den Hochlauf technologischer und natürlicher Kohlenstoffbindung fördern, indem transparente und überprüfbare CO₂-Entnahme-Zertifikate zu Geld gemacht werden können.
Das neue Gesetz unterscheidet zwischen unterschiedlichen Formen der CO₂-Entnahme:
Über die Aufnahme von vermiedenen Methanemissionen aus der Tierhaltung soll die Kommission bei einer Revision 2026 entscheiden. Abgeschiedenes CO₂ von großen Industrieanlagen oder Kraftwerken (CCUS) ist von dem Gesetz nicht betroffen, da diese Emissionen unter das europäische Emissionshandelssystem (ETS) fallen und keine direkten CO₂-Entnahmen aus der Atmosphäre darstellen.
Die Aufnahme von Carbon-Farming-Aktivitäten in den Zertifizierungsrahmen ermöglicht Landwirten, durch klimafreundlichere Landwirtschaft in Zukunft auf den freiwilligen Kohlenstoffmärkten Geld zu verdienen. Unklar ist, wann dies möglich sein wird. Die genauen Methoden zur Zertifizierung müssen nach Inkrafttreten des Gesetzes erst noch von der Kommission erarbeitetet und durch delegierte Rechtsakte festgelegt werden. Das dauert mindestens zwei Jahre und bietet kaum Mitspracherecht für die Co-Gesetzgeber.
Allerdings sieht der Kompromiss bereits einige Kriterien für die Zertifizierung vor. Unter anderem müssen Carbon-Farming-Aktivitäten immer auch einen positiven Beitrag zur Biodiversität leisten, indem zum Beispiel die Bodengesundheit gefördert und die Bodendegradation vermieden wird. Alle anderen Entnahmeformen dürfen nicht zu einer erheblichen Schädigung der Umwelt führen (“do no significant harm”).
Außerdem gelte das Additionalitätsprinzip, stellt Parlaments-Schattenberichterstatter Tiemo Wölken (SPD) klar: “Der Text enthält genug Garantien dafür, dass keine Aktivität zertifiziert wird, die auch ohne die Zertifizierung stattgefunden hätte.” Man könne aber zurecht kritisieren, dass die Mitgliedsstaaten sich die Entnahmen aus dem CRCF auf ihre anderen Ziele, beispielsweise die nationalen LULUCF-Ziele anrechnen könnten, gesteht der umweltpolitische Sprecher der S&D-Fraktion im EU-Parlament. Der Brüsseler Thinktank Carbon Market Watch kritisiert dies als Doppelzählung. “Hier war aber mit dem Rat leider nicht mehr zu erreichen”, sagt Wölken.
Als zu ungenau und zu kurzfristig bezeichnet Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, das Trilog-Ergebnis. Die Grenzen zwischen CO₂-Minderung und Entnahmen würden verschwimmen. Dies könne zu viel Greenwashing mit kleiner und kurzfristiger Klimawirkung führen. “Denn die CO₂-Speicherung in Produkten oder auch natürlichen Senken etwa über Humusaufbau oder Aufforstung unterliegt großen Unsicherheiten”, so Raddatz. Sie befürchtet, dass zertifizierte und verkaufte CO₂-Entnahmen durch Dürren und Brände doch wieder als Emission enden. Ein neuer Ablasshandel werde das Klima nicht schützen.
Wölken unterstützt die Unterscheidung zwischen Entnahme und Vermeidung zwar, verweist aber auch darauf, dass Emissionsreduktionsziele in der Effort Sharing Regulation sowie dem ETS festgelegt sind, auf die die CRCF keinen Einfluss habe. Wofür Unternehmen die Zertifikate verwenden dürfen, werde derzeit in der Green-Claims-Richtlinie verhandelt.
Peter Liese, klimapolitischer Sprecher der EVP, wäre am liebsten noch weiter gegangen. Er fordert, zumindest die technologischen Entnahmemöglichkeiten wie DACCS schnellstmöglich in das ETS einzubeziehen.
Die CO₂-Entnahmen unter dem CRCF können zwar auf die bei der UN hinterlegten EU-Klimaziele (NDCs) angerechnet werden, sodass auch hier eine Doppelberücksichtigung der Zertifikate möglich ist. Die EU-Gesetzgeber einigten sich aber darauf, dass in Europa zertifizierte CO₂-Entnahmen nicht an andere Länder für deren NDCs verkauft werden dürfen. So soll vermieden werden, dass die EU anderen Ländern Offset-Möglichkeiten bietet.
Der Trilog-Kompromiss muss noch von Parlament und Mitgliedstaaten formal bestätigt werden. Voraussichtlich stimmt das Plenum in seiner letzten Plenarsitzung im April ab, sodass das Gesetz noch vor der Europawahl im Juni verabschiedet werden kann.
24. Februar 2024, Online
Online-Workshopreihe Nachhaltigkeit in Lieferketten von Gewürzen und anderen pflanzlichen Rohstoffen (Veranstalter: Adalbert-RAPS-Stiftung & Zentrum für nachhaltige Unternehmensführung Klima) Info & Anmeldung
26. Februar 2024, 18-20 Uhr, Baunatal
Vortrag Europas Wirtschafts- und Industriepolitik im Wandel – und was das “vor Ort” bedeutet (Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
26. bis 29. Februar 2024, Padua/Milan, Italien
Konferenz 2024 Annual Meeting of the Global Alliance for Banking on Values Veranstalter: Global Alliance for Banking on Values Info & Anmeldung
27. und 28. Februar 2024, jeweils 9:30-17 Uhr, Online
Konferenz DGNB Jahreskongress 2024 (Veranstalter: Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) Info & Anmeldung
28. Februar 2024, 18-20 Uhr, Magdeburg
Konferenz 11. Magdeburger Klimadialog: Klimaschutzpolitik wirksam gestalten – was Generationen bewegt (Veranstalter: Friedrich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
29. Februar 2024, Zürich
Konferenz 7th Sustainable Investor Summit Zurich: Putting Capital at Work to make a Difference (Veranstalter: ICF Institutional Capital Forum) Info & Anmeldung
02. März 2024, 11-17 Uhr, Oldenburg
Seminar Kapitalismus und Natur – Was hat das Wirtschaftssystem mit Umweltzerstörung zu tun? (Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung) Info & Anmeldung
04. März 2024, 18-20 Uhr, Göttingen
Vortrag Sozialistische Klimapolitik – Wie sozial-ökologischer Umbau gelingen kann (Veranstalter: Rosa-Luxemburg-Stiftung) Info & Anmeldung
07. März 2024, 10-17 Uhr, Düsseldorf
Seminar Forum Klimaresilienz NRW 2024: Unternehmen.Machen.Klimaanpassung (Veranstalter: Netzwerk Klimaanpassung & Unternehmen.NRW) Info & Anmeldung
Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann, kritisiert das Verhalten der FDP gegenüber der Europäischen Union und warnt davor, dass Deutschland Einfluss verlieren könnte. “Wir müssen ein verlässlicher Partner sein und zu dem Wort stehen, das wir einmal gegeben haben”, sagte sie zu Table.Media. “Wenn wir in den Verhandlungen eine Position vertreten, andere Mitgliedsländer auf uns zugehen und wir dann doch nicht für das erzielte Ergebnis stimmen: Dann werden die Mehrheiten künftig ohne Deutschland gebildet.” Dies könne auch wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen: “Wichtige Anliegen können wir dann nicht mehr einbringen, etwa für Unternehmen.”
Lührmann, in ihrem Amt für die Themen Europa und Klima zuständig, reagiert damit auf ein Interview von Bundesjustizminister Marco Buschmann im Spiegel. Darin verteidigte der FDP-Politiker sein spätes Veto gegen das EU-Lieferkettengesetz, welches erst nach der Trilog-Einigung erfolgte. Auch weitere Vorhaben zu Flottengrenzwerten bei Pkw und Lkw, dem Verbrenner-Aus und der Regelung von Plattformarbeit waren schon sehr weit gediehen, als die FDP ihre Blockade ankündigte. Er sei zwar ein “glühender Fan der EU” und wolle “Akzeptanz für europäische Politik”. Zugleich müssten Verhandlungen infrage gestellt werden können, wenn man das Ergebnis für falsch halte. Zumal Trilog-Gespräche und andere EU-Debatten intransparent seien. Sonst würden Rechtspopulisten nur mehr Stimmen gewinnen, so Buschmann.
“Wir können darüber sprechen, wie wir die Entscheidungsfindungsprozesse in Brüssel transparenter machen, und wie wir das Europäische Parlament stärken”, sagt Anna Lührmann. Aber: “Ich halte nichts davon, Grundsatzkritik an etablierten Verfahren zu üben, wenn man nicht gleichzeitig praktikable Alternativen vorschlägt.” Vielmehr müsse es darum gehen, für die EU zu werben und zu erklären, wie in Brüssel Entscheidungen getroffen werden. Zudem könne man nicht alle Verhandlungen, in denen es darum geht, Vertrauen aufzubauen und gemeinsame Positionen auszuloten, mit einer TV-Kamera daneben führen. “Die größte Tugend der EU ist Kompromissbereitschaft. Man darf nicht immer mit dem Kopf durch die Wand wollen.”
Die Grünen-Politikerin widerspricht auch dem Eindruck, dass die FDP keinen Einfluss auf die Verhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz hatte. “Wir haben uns in allen Schritten in der Bundesregierung abgestimmt und auch die FDP hat einzelnen Kompromissschritten im Verhandlungsprozess zugestimmt.” maw
Die Innovationstätigkeit des Mittelstands stagniert. Wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ermittelt hat, sank der Anteil der Unternehmen mit “abgeschlossenen Innovationsvorhaben” von 42 Prozent (2020) leicht auf 40 Prozent (2022). Das Gleiche gilt für die Innovationsausgaben. Sie verharrten bei knapp 34 Milliarden Euro, was aufgrund der Preissteigerungen einen realen Rückgang bedeutete. Für Sachinvestitionen gaben die Unternehmen deutlich mehr Geld aus, nämlich 240 Milliarden Euro.
Auffällig auch: Je größer ein Mittelständler ist, desto leichter fällt es, Mittel für Innovationen bereitzustellen. Bei KMUs mit maximal fünf Beschäftigten machten 18 Prozent der Ausgaben 15 Prozent und mehr des Umsatzes aus – bei KMUs mit 50 und mehr Beschäftigten lag dieser Anteil bei lediglich einem Prozent.
Ein Grund für die Probleme liegt nach Angaben der Befragten am Fachkräftemangel. Von den 2022 als “innovative Unternehmen” identifizierten Firmen sagten 52 Prozent, dass sie Probleme bei der Stellenbesetzung erwarten. 2018 lag der Anteil bei 49 Prozent, 2012 bei 35 Prozent. Von den “Unternehmen ohne Innovationen” erklärten das im Jahr 2022 nur 37 Prozent. Bemängelt werden vor allem grundlegende sowie fortgeschrittene Digitalkompetenzen.
Innovationen gelten als Gradmesser für die Aussicht auf Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum und Wohlstand und sind auch für die Transformation notwendig. Zugleich zielen längst nicht alle auf den sozial-ökologischen Wandel. Die gängige Definition betrachtet jegliche Art von technologischen, aber auch organisatorischen und marketingspezifischen Innovationen.
Der KfW-Innovationsbericht basiert auf dem seit 2003 durchgeführten Mittelstandspanel, das KMUs mit einem Umsatz bis 500 Millionen Euro berücksichtigt. Dafür wurden aktuell mehr als 11.000 Unternehmen befragt. maw
Geschätzte sechs bis elf Prozent der belgischen Gaslieferungen nach Deutschland im Jahr 2022 stammten ursprünglich aus Russland. Dies berichtet die NGO Urgewald in einem Briefing zu Deutschlands Gaslieferanten mit Verweis auf Zahlen der belgischen Umweltorganisation Bond Beter Leefmilieu (BBL). Das russische LNG sei über den Hafen Zeebrugge importiert worden.
Für das Jahr 2023 geht BBL sogar von einem noch höheren Anteil aus. Belgien fördert selbst kaum Erdgas, ist aber ein wichtiges Transitland. Nach Angaben der Bundesnetzagentur bezog Deutschland im vergangenen Jahr 22 Prozent seines Erdgases aus Belgien.
“Damit wir Putins Kriegskasse nicht immer weiter mit Geld füllen, muss die Bundesregierung Russlands Gaslieferwege nach Deutschland endlich konsequent versperren”, fordert Moritz Leiner, Energieexperte bei Urgewald. Auf europäischer Ebene müsse sich Deutschland zudem dafür einsetzen, dass kein russisches Gas mehr in die EU importiert und reexportiert wird, so Leiner.
Ähnlich äußerten sich diese Woche über 100 europäische Organisationen. In einem offenen Brief an die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten und der EU forderten sie, “fossile Gasimporte aus Russland in die EU endgültig zu verbieten”. Während die russischen Gaslieferungen mittels Pipelines deutlich zurückgegangen sind, liefert Russland weiterhin große Mengen Erdgas an LNG-Terminals in der EU, vor allem in Spanien, Frankreich und Belgien.
Nach aktuellen Zahlen des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) war Russland im Jahr 2023 mit einem Anteil von 11,7 Prozent der drittgrößte LNG-Exporteur in die EU, nach den USA (46 Prozent) und Katar (12,1 Prozent). Russland erzielte dadurch im letzten Jahr Einnahmen in Höhe von 8,1 Milliarden Euro, so das IEEFA. ch
In einem am Donnerstag veröffentlichten offenen Brief fordern EU-Parlamentarier, NGOs und ehemalige politische Gefangene vom Forest Stewardship Council (FSC) eine unabhängige Untersuchung seiner früheren Aktivitäten in Belarus.
Die Unterzeichner werfen dem FSC vor, bis vor zwei Jahren in dem diktatorisch regierten Land aktiv gewesen zu sein. Dabei seien auch Holz und andere Produkte aus Zwangsarbeit und Staatsforsten zertifiziert worden. An deren Verkauf habe sich unter anderem Präsident Aleksandr Lukaschenko persönlich bereichert. Der FSC ist die weltweit bedeutendste Organisation zur Zertifizierung von Waldprodukten.
“Das FSC-Siegel hat maßgeblich dazu beigetragen, Holzprodukten aus diesen Strafkolonien und Wäldern den Anschein von Nachhaltigkeit zu verleihen, und diente als Türöffner für den Handel mit der EU”, heißt es in dem offenen Brief. Dennoch habe der FSC seit seinem Rückzug aus dem Land im März 2022 seine früheren Versäumnisse nicht aufgearbeitet. “Es gibt daher nichts, was verhindern könnte, dass sie nicht anderswo wiederholt werden”, heißt es.
Dem widerspricht der FSC Deutschland. In einer Stellungnahme an Table.Media betont ein Sprecher, dass die Organisation bereits Ende 2020 Untersuchungen zur Situation in Belarus eingeleitet habe. Am Ende des Prozesses sei das Land ausgeschlossen worden, weil eine unabhängige Zertifizierung nicht mehr möglich gewesen sei. Die Gefängnisbetriebe wiederum hätten bereits 2021 ihre Zertifikate verloren.
“Es gilt auch in schwierigen Rahmenbedingungen für uns die Annahme, dass es besser ist, wenn Regeln noch extern kontrolliert werden, als wenn keine unabhängigen Akteure mehr Zugang zu Produktionsstätten haben”, so der FSC-Sprecher.
Die Unterzeichner des offenen Briefes fordern hingegen, dass sich der FSC künftig automatisch aus Autokratien zurückzieht. Zu ihnen gehört auch der österreichische Grünen-Europaabgeordnete Thomas Waitz. “Jede Tätigkeit im Holzsektor in diesen Ländern fördert die Unterdrückung und Gewalt gegen die demokratische Opposition, die Menschenrechte und die Demokratie”, meint Waitz. ch
Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) hat in einem Brief Bundesfinanzminister Christian Lindner dazu aufgefordert, die EU-Verpackungsverordnung nicht zu blockieren. Lindner solle vielmehr Sorge dafür tragen, dass die Bundesregierung “einen konstruktiven Beitrag zum erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen noch in dieser EU-Legislaturperiode” leiste.
Vergangene Woche hatte Table.Media über einen möglichen Deal zwischen Lindner und Italien berichtet, in dem Rom dem FDP-Chef zu einer Sperrminorität im Rat bei der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verhelfe und Lindner im Gegenzug dabei unterstütze, die Verpackungsverordnung zu blockieren.
Die Verpackungsverordnung dürfe nicht “zum Gegenstand eines politischen Kuhhandels werden”, schreiben BDE-Hauptgeschäftsführer Andreas Bruckschen und der Leiter der Brüsseler Vertretung des BDE, Christian Suhl. Sie warnen vor dem “allgemeinen politischen Schaden”, den ein solcher Deal dem Ansehen der Bundesregierung auf europäischer Ebene zufügen würde.
Das Gesetz sei “für die deutsche Recyclingwirtschaft von existenzieller Bedeutung“, heißt es in dem Schreiben. Die Vorgaben zur Recyclingfähigkeit von Verpackungen und zum Einsatz von Rezyklat seien notwendig, um den Markt für Rezyklate zu stimulieren. Die Recyclingindustrie für Kunststoffe stehe aufgrund der niedrigen Primärrohstoffpreise und der deshalb geringen Nachfrage nach Rezyklat unter Druck; auch die hohen Energiepreise sowie der Konkurrenzdruck durch Importe aus Asien machten der hiesigen Industrie zu schaffen.
Auf eine Anfrage vom gestrigen Mittwoch reagierte das Bundesfinanzministerium bisher nicht. Die EU-Verpackungsverordnung wird derzeit im Trilog verhandelt. Laut Entwurf sollen alle Verpackungen in der EU ab 2030 recyclingfähig sein. Hierüber sind sich Rat und Parlament weitgehend einig. Schwieriger sind die Verhandlungen über Mehrwegquoten und das Verbot einiger Einwegverpackungen. Beim nächsten Treffen auf politischer Ebene am 4. März wird eine Einigung angestrebt. leo
Der Modehändler Zalando hat sich gegenüber der EU-Kommission verpflichtet, künftig auf irreführende Nachhaltigkeitskennzeichen und -symbole neben den Produkten auf seiner Website zu verzichten. Dies gab die EU-Kommission am Donnerstag bekannt.
Didier Reynders, Kommissar für Justiz, äußerte sich zufrieden. “Wir müssen auch Unternehmen in die Schranken weisen, die versuchen könnten, aus den guten Absichten der Verbraucher Profit zu schlagen.” In Bezug auf Zalando sagte er: “Ich freue mich, dass ein Marktführer wie Zalando diese Praktiken nun aufgegeben und beschlossen hat, den Verbrauchern klare und konkrete Informationen bereitzustellen.”
Der Kommission zufolge wird Zalando eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Dazu würden klare und konkrete Informationen zu spezifischen Produktqualitäten, Umweltvorteilen, ethischen “Pluspunkten” und dem prozentualen Anteil von recycelten Materialien gehören. Zudem werde Zalando auf zwei neuen Websites über Produktstandards und Nachhaltigkeitsansätze und -strategien informieren.
Eine Sprecherin von Zalando bestätigte die Einigung “nach mehr als einem Jahr intensiver Arbeit” sowie “einem engen Dialog mit der Europäischen Kommission“. Die Vorschläge des Unternehmens seien akzeptiert worden. Das Unternehmen werde “zukünftig noch spezifischere und damit klarere Informationen über Produktvorteile bereitstellen.”
Das von der Europäischen Kommission koordinierte “Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz” (CPC), dem Behörden aus verschiedenen Ländern angehören, hatte im April 2022 eine sogenannte “Koordinierte Maßnahme” eingeleitet, um irreführende Informationen bei dem Modehändler zu unterbinden. av
Volkswagen Leans on Electric Vehicles and Nostalgia to Grow in U.S. – The New York Times
Nur Amerikaner eines gewissen Alters erinnern sich an die Zeit, als der VW-Bus das angesagteste Gefährt für ein Grateful-Dead-Konzert war. Jack Ewing gehört zu ihnen. Nun schaut er nach, wie VW versucht, in den USA wieder aus der Marktnische herauszukommen. Spoiler: mittels neuer Technologien. Zum Artikel
Wie Wissings Ministerium bei der Aufarbeitung der Wasserstoffaffäre versagt – Spiegel
Beamte im Verkehrsministerium und Unternehmer, die Förderungen für Wasserstoffprojekte erhalten haben, kommunizierten allzu persönlich miteinander. Das zeigen Serafin Reiber und Gerald Traufetter auf. Inzwischen wurden alle Förderungen auf Eis gelegt. Zum Artikel
China Proposes New ESG Rules to Keep Up With Europe – BNN Bloomberg
China hat neue ESG-Regeln für seine größten Unternehmen eingeführt. Damit will sich das Land europäischen Anforderungen annähern und ausländische Investitionen in seine angeschlagene Wirtschaft zurückzubringen, berichtet Sheryl Tian Tong Lee. Zum Artikel
Nachhaltigkeitsreporting im Mittelstand: Es geht voran, aber langsam – Haufe
Nachhaltigkeitsziele sind auch im Mittelstand vermehrt verankert. Sylvia Meier wertet eine Studie aus. Diese zeigt, wie Manager die gegenwärtige Umsetzung beurteilen und welche Stolpersteine, insbesondere im Reporting-Bereich, noch überwunden werden müssen. Zum Artikel
“Wasserstoff ist vollkommen überbewertet” – Das Investment
Trotz Energiekrise und Zinsanstieg bleibt Craig Cameron, leitender Fondsmanager des Franklin Templeton Global Climate Change Fund, optimistisch in Bezug auf nachhaltige Geldanlagen. Im Gespräch mit Christoph Fröhlich erklärt er seine Strategie zwischen Profit und Impact und warum es derzeit ideale Einstiegschancen gibt. Zum Artikel
Greenwashing wirft jede Menge Rechtsfragen auf – Börsen-Zeitung
Wenn ein Investor mit einem als nachhaltig deklarierten Engagement Gewinn gemacht hat, das sich hinterher als Greenwashing herausstellt: Was folgt daraus aus (schadens-)rechtlicher Sicht? Diesen und anderen Rechtsfragen ist Detlef Fechtner in der aktuellen Episode nachgegangen. Zum Podcast
The uninsurable world: what climate change is costing homeowners – Financial Times
In den USA finden manche Hausbesitzer keine Versicherungen mehr, andere bezahlen rapide steigende Prämien. Letztlich sei dies eine CO₂-Bepreisung, analysieren Ian Smith, Attracta Mooney und Aime Williams. Zum Artikel
Rio Tinto approves world’s biggest mining project in west Africa – Financial Times
20 Milliarden US-Dollar investiert Rio Tinto als Teil eines Konsortiums in das nach eigener Aussage größte Bergbauprojekt der Welt, berichtet Tom Wilson. In Guinea werden dafür mehrere hundert Kilometer Eisenbahnschienen und ein neuer Tiefseehafen errichtet, um Eisenerz auf die Weltmärkte zu schaffen. Zum Artikel
Die Europäische Union möchte bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Doch um dieses Ziel zu erreichen, gibt es noch erheblichen Nachholbedarf. Der Gebäudesektor ist allein in Deutschland für rund 40 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich und verfehlt jedes Jahr aufs Neue seine politisch gesteckten Klimaziele. Die schlechte Energieeffizienz vieler Mehrfamilienhäuser ist ein wesentlicher Grund.
Wie unsere Daten zeigen, gibt es jedoch einige niedriginvestive Lösungen zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors. So wird allein durch die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung bereits eine mittlere Reduktion der Endenergieverbräuche um etwa 20 Prozent erzielt. Für den Abrechnungsbestand von Techem – weltweit 13 Millionen Wohnungen, davon gut die Hälfte in Deutschland und primär in Mehrfamilienhäusern – resultiert daraus eine jährliche Reduktion der CO₂-Emissionen um circa 6,3 Millionen Tonnen gegenüber einem Szenario ohne verbrauchsabhängige Kostenabrechnung.
Die aktuelle Techem Verbrauchskennwerte-Studie belegt das. Sie basiert auf der Auswertung von Daten über Verbrauch und Kosten für Heizung und Warmwasser aus 1,4 Millionen deutschen Wohnungen in rund 120.000 Mehrfamilienhäusern. Mehr als 50 Prozent dieser Gebäude werden mit Erdgas beheizt.
Digitale Instrumente stehen zur weiteren Effizienzsteigerung zur Verfügung. So können durch Monitoring und professionelle Betriebsführung von Heizungsanlagen durchschnittlich weitere 15 Prozent Energie eingespart und CO₂ vermieden werden.
Dabei versteht man unter Monitoring die Überwachung von Anlagenparametern durch eine geeignete Sensorik sowie eine Datenschutz-konforme digitale Fernüberwachung des Anlagenbetriebs. Auf diese Weise können Abweichungen erkannt und kurzfristig behoben werden. Hier setzt die professionelle Betriebsführung ein: Die regelmäßige Wartung der Heizungsanlage durch Fachpersonal, sowie die Überprüfung und Anpassung entsprechender Einstellungen.
Das wiederum wirkt sich positiv auf die Einstufung nach dem Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz aus. Das Gesetz sieht ein 10-Stufenmodell vor. Die Kohlendioxidkosten werden abhängig vom Energiestandard eines Hauses zwischen Vermietenden und Mietenden aufgeteilt werden. Digitale Instrumente und professionelle Betriebsführung können eine Verbesserung um eine ganze CO₂-Emissionsklasse herbeiführen: ein Anreiz auch für Vermietende.
Mit dem novellierten Gebäudeenergiegesetz, das am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, gibt die Politik zudem einen konkreten Fahrplan für den ebenfalls dringend benötigten Umstieg auf erneuerbare Energien vor. Neben der Elektrifizierung der Wärmeversorgung, etwa über elektrisch betriebene Wärmepumpen, spielt auch hier digitale Messtechnik, wie Smart Meter, eine Schlüsselrolle.
Erfreulich, dass der Anteil an elektrisch betriebenen Wärmepumpen zunimmt, im vergangenen Jahr in Neubauten auf 57 Prozent. Wir erwarten steigende Zahlen in den kommenden Jahren.
Diese Prognose gilt auch für den Gebäudebestand, der mit Heizkörpern beheizt wird. Unsere Auswertungen ergeben, dass die Mehrfamilienhäuser – gegebenenfalls nach einem Heizkörpertausch – bereits bis zu 90 Prozent für den Einsatz von Wärmepumpen geeignet sind.
Der CO₂-Fußabdruck einzelner Gebäude, sowie energetische Parameter wie die erwähnten CO₂-Emissionsklassen, gewinnen an Bedeutung, wenn es um Investitionsentscheidungen und damit einhergehenden Finanzierungsmöglichkeiten von Wohnungsbeständen geht. Solche Daten leisten einen entscheidenden Beitrag zur verlässlichen Bilanzierung und Planung einer zukunftsfähigen Wärmeversorgung.
Damit die Energie- und Wärmewende gelingen kann, muss allerdings die Verfügbarkeit und Analyse von Gebäude- und Verbrauchsdaten deutlich verbessert werden. Eine Vielzahl von Anfragen etwa aus Kommunen belegt, dass diese aktuell über keine geeignete Datengrundlage über Verbrauchsdaten für die kommunale Wärmeplanung verfügen. Eine Ausnahme stellen allenfalls Kommunen dar, in denen eine kommunale Fernwärmeversorgung mit Anschlusszwang bereits existiert.
Auf Anfrage haben wir entsprechendes Datenmaterial bereits aufbereitet und Kommunen zur Verfügung gestellt. So konnte etwa der mittlere spezifische Verbrauch in Postleitzahl-Bezirken oder aus Energieausweisdaten der Anteil gedämmter Gebäude in einer Kommune als Stichprobe ausgewiesen werden.
Durch digitale Technologien und smarte Gebäudetechnik, wie etwa Monitoringlösungen mit KI-gestützter, vollautomatischer Anlagenoptimierung, kann der Energieverbrauch in Gebäuden besser überwacht und die Wärmeversorgung effizienter ausgestaltet werden. Sie versetzen uns in die Lage, bisher unerschlossene Einsparpotenziale – ökologisch wie finanziell – unmittelbar zu erkennen und geringinvasiv und -investiv zu heben.
Die Digitalisierung wird somit die Art und Weise transformieren, wie wir Gebäude verwalten, warten und modernisieren. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Ziele der Energie- und Wärmewende erreichbar sind, wenn die bereits vorhandenen Technologien und Daten dafür eingesetzt werden.
Matthias Hartmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Techem Gruppe. Zuvor war er in leitenden Funktionen bei IBM Deutschland und bei GfK Marktforschung tätig.
Achim Truger wurde von der Bundesregierung erneut für den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagen. Das Vorschlagsrecht lag bei Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der Bundespräsident muss die Berufung noch bestätigen.
Christina Dornack, Claudia Hornberg, Claudia Kemfert, Wolfgang Köck, Wolfgang Lucht, Josef Settele und Annette Elisabeth Töller wurden von der Bundesregierung als Mitglieder des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU) bis Juni 2028 wiederberufen.
Marian Klemm übernimmt ehrenamtlich den Vorsitz des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Klemm ist Geschäftsführer der Green Growth Futura.
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Europe.Table – Verbrenner-Aus im Jahr 2035 gerät ins Wanken: Kommissionspräsidentin von der Leyen wird von ihrer Parteienfamilie gedrängt, das Verbrenner-Aus 2035 im Europawahlkampf infrage zu stellen. Zum Artikel
Climate.Table – Umweltsteuern trotz CO₂-Preis auf niedrigem Niveau: Eine Studie des Forums Ökologische Soziale Marktwirtschaft liefert Argumente für eine ökologische Reform des Steuersystems. Zum Artikel
Climate.Table – USA: Biden bremst Zeitplan zum Verbrenner-Aus: Autokonzerne in den USA sollen mehr Zeit für die Umstellung auf E-Mobilität bekommen. Zum Artikel
China.Table – VWs langsame Transformation in China: Rein wirtschaftlich steht Volkswagen in China gut da. Doch bei der Elektromobilität verliert der gigantische Konzern den Anschluss. Zum Artikel
Research.Table – EIT-Summit: Wasser wird Innovationsthema: Das Europäische Institut für Innovation und Technologie will ein Wissenstransfernetzwerk zum Thema “Wasser und maritime Ökosysteme” aufbauen. Zum Artikel