geht es um eine zukunftsfähige Wirtschaft, fällt häufig der Begriff “Kreislaufwirtschaft”. ESG-Pioniere erinnert dies an die inflationäre Nutzung des Begriffes der “Nachhaltigkeit”. Aber das Überleben von Mensch und Natur hängt nicht von der richtigen Begrifflichkeit ab, sondern von der Schaffung einer Wirtschaft, die im Einklang mit den planetaren Grenzen steht. Wie schwer das der Weltgemeinschaft in der Praxis fällt, ist erneut seit Dienstag bei der UN-Konferenz zur Schaffung eines weltweiten Plastikabkommens in Ottawa zu beobachten. Die Verfechter eines wirksamen Abkommens müssen hartnäckig sein und einen langen Atem beweisen. Mit den Knackpunkten beschäftigt sich Nicolas Heronymus.
Einen für US-Verhältnisse ungewöhnlich langen Atem bewies die Automobilgewerkschaft UAW. Dies ist ein Grund dafür, dass es ihr erstmals seit Jahrzehnten im gewerkschaftsfeindlichen Süden der USA gelang, ein Werk zu organisieren. Was das bedeutet, analysiert Carsten Hübner.
Wie wichtig freie Gewerkschaften sind, erleben deutsche Unternehmen gerade in ihren Lieferketten in China. Wenn unabhängige Akteure fehlen, die die Verhältnisse in den Lieferketten kennen, fällt es eben schwer, die Aussagen von Partnerunternehmen zu bewerten. Dies zeigt eine Befragung der Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik, über die ich berichte.
Aber es gibt auch Prozesse, bei denen die Menschen generationsübergreifend dranbleiben, um die Verhältnisse zu verbessern. Bestes Beispiel ist die Zwangsarbeit, deren Abschaffung Menschen seit 200 Jahren beschäftigt. Am Dienstag stimmte nun das EU-Parlament für ein Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit.
Seit Dienstag verhandeln Delegierte von rund 180 Staaten im kanadischen Ottawa in der nunmehr vierten Runde über ein globales Abkommen gegen Plastikmüll. Die zweite und dritte Runde 2023 brachten nur wenige Fortschritte. In Paris ging es um Verfahrensfragen. In Nairobi verhandelte man in der Sache, aber es konnte weder der allererste Entwurf konsolidiert noch ein Mandat für Verhandlungen zwischen den Runden vereinbart werden. Das lag vor allem an der Blockade einiger Ölförderländer wie Saudi-Arabien, Iran und Russland. In Ottawa muss es deutlich vorangehen, damit ein Abkommen erreichbar bleibt.
Plastik hat enorm schädliche Auswirkungen auf die Umwelt, das Klima und die menschliche Gesundheit. Das Material wird aus fossilen Brennstoffen gewonnen, beinhaltet schädliche chemische Zusatzstoffe, gibt Mikro- und Nanoplastik ab und in vielen Ländern landet es als Müll auf dem Land oder im Wasser. Das Problem: Die Menge an produziertem Plastik hat sich laut OECD von 2000 bis 2019 auf 460 Millionen Tonnen verdoppelt. Die Organisation erwartet, dass sich das Aufkommen an Plastikabfall von 2019 bis 2060 fast verdreifachen wird. Gleichzeitig werde der Recyclinganteil von etwa neun auf 17 Prozent steigen. Damit ist die Welt beim Plastik noch weit von einer Kreislaufwirtschaft entfernt.
Die Scientists’ Coalition for an Effective Plastics Treaty fordert ein wirksames Ziel für die Minderung der Produktion von Primärplastik. Erst wenn sie um mehr als drei Prozent jährlich sänke, würde die Menge laut der Initiative von über 350 Wissenschaftlern tatsächlich abnehmen. Denn wegen der “kumulativen Natur” von Plastikverschmutzung könnten Technologien für Beseitigung und Recycling nicht genug für die Eindämmung der Negativfolgen leisten. “Das Ziel sollte also deutlich über drei Prozent liegen“, sagt Melanie Bergmann, Biologin am Alfred-Wegener-Institut und Teil des Zusammenschlusses sowie der deutschen Delegation.
Zwar sagt das Mandat, dass der gesamte Lebenszyklus von der Produktion bis zur Entsorgung berücksichtigt werden soll. Wie in den Verhandlungen die Schwerpunkte gesetzt werden sollen, ist aber unter den Staatenvertretern in Ottawa umstritten. Die High Ambition Coalition aus 64 Staaten, darunter Deutschland, spricht sich dafür aus, den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen.
Dagegen versuchen einige Staaten mit starker Fossil-Industrie, den Fokus auf Recycling zu lenken, sagen Teilnehmer. Laut einer Studie der Universität Lund wollen die meisten Staaten zwar erklärtermaßen die Plastikverschmutzung beenden. Aber nur wenige äußerten sich bislang zur Notwendigkeit, die Produktion von Plastik zu reduzieren oder zu regulieren. Das fordern vor allem NGOs im Vorfeld der Ottawa-Runde.
So verlangt der WWF, “einem globalen und verbindlichen Verbot der schädlichsten und vermeidbaren Kunststoffe Vorrang einzuräumen“. Zudem müssten Anforderungen an das Produktdesign festgelegt werden, “um die Reduzierung, Wiederverwendung und das sichere Recycling aller Kunststoffprodukte zu gewährleisten”.
Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer von Plastics Europe, sagte Table.Briefings, die größte Lenkungswirkung bestehe für den europäischen Verband der Kunststofferzeuger darin, “dass das UN-Plastikabkommen Kunststoffabfälle als wertvollen Rohstoff behandelt” und Anreize für Wiederverwertung und Recycling schaffe.
Produkte sollten gleich so gestaltet werden, dass sie “am Ende ihrer Nutzung wieder konsequent in den Kreislauf zurückgeführt werden können”, sagt Bühler. “Verbote, Negativ-Listen und Produktionseinschränkungen, wie sie von einigen NGOs gefordert werden”, hält er für kontraproduktiv, weil der Bedarf an Plastik angesichts von Energiewende, Digitalisierung oder Gesundheit steige. Laut Doris Knoblauch, Co-Koordinatorin für Plastik am Ecologic Institute, braucht es aber “auch Investitionen für neue Geschäftsmodelle – etwa mit Blick auf Produktdesigns, die Recycling ermöglichen”.
Unterschiedliche Interessen verfolgen in der Frage auch die Länder des globalen Südens. “Hier wird es schwierig, denn unter den traditionellen Entwicklungsländern sind einige der größten Plastikproduzenten, etwa China. Gleichzeitig ist der Pro-Kopf-Konsum viel größer im globalen Norden“, sagt David Azoulay, geschäftsführender Anwalt vom Center for International Environmental Law in Genf. Zum Beispiel hat Ghana vergangenes Jahr eine globale Plastikabgabe für die Produzenten vorgeschlagen, um den Plastikmüll zu begrenzen.
Über die Frage der Finanzierung dürfte in Ottawa erneut gestritten werden. “Hier gibt es einen Konflikt, der sich immer mehr herauskristallisiert”, sagt die Wissenschaftlerin Bergmann. Denn der Aufbau einer funktionsfähigen Abfallwirtschaft und die Beseitigung von Plastik aus der Umwelt in besonders verschmutzten Regionen kostet viel Geld und stellt vor allem ärmere Länder vor enorme Herausforderungen. Plastics Europe spricht sich für eine Beteiligung der Hersteller an den Kosten für Entsorgung und Verwertung aus.
Nach Ansicht der meisten Akteure sollten die Verschmutzer zahlen. Aber wer ist das – der Produzent, die weiterverarbeitende Industrie oder der Konsument? Wie die Diskussionen ausgehen, hängt auch davon ab, wie die Teilnehmer letztlich die Verantwortung von Staaten, Produzenten und Konsumenten einschätzen. Es gebe Staaten wie Brasilien, die sich für das Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung (aus dem Klima-Abkommen von Rio) einsetzen, heißt es von Beobachtern.
Ebenfalls umstritten ist, welche Verpflichtungen das Abkommen enthalten soll. Das Mandat sagt, dass das Abkommen verbindlich sein soll. Dies lässt aber Spielraum, um grundsätzliche Ziele oder spezifische Verpflichtungen festzulegen. Ein gutes Beispiel für den ersten Fall sei das Pariser-Klimaabkommen, sagt David Azoulay. “Das Abkommen ist rechtsverbindlich, aber was die Staaten tun sollten, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, ist eine Liste mit freiwilligen Maßnahmen”, erklärt der Experte für internationales Umweltrecht.
Beim Plastikabkommen könnten auch spezifische Verpflichtungen festgelegt werden – mit Maßnahmen, die alle umsetzen müssen, sagt Florian Titze, Senior Policy Advisor beim WWF Deutschland und bei den Verhandlungen vor Ort. “Darum wird aber sehr stark gestritten“, ergänzt er. Neben Staaten wie Saudi-Arabien und Iran drängten auch die USA auf ein Plastikabkommen im Paris-Stil – ohne strenge Verpflichtungen, sagt Azoulay.
Über all diesen Punkten schwebt die Frage, nach welchen Regeln die Staaten am Ende eine Entscheidung treffen können. “Das ist der Elefant im Raum”, sagt der Aktivist Titze. Das Problem: Laut den Verfahrensregeln, die 2022 beschlossen wurden, sollen Entscheidungen einvernehmlich fallen. Wenn alle Mittel erschöpft sind, soll aber auch eine Zweidrittelmehrheit reichen.
Bei der zweiten Verhandlungsrunde versuchte eine kleine Gruppe von Staaten, die Entscheidungsregeln neu zu diskutieren, um die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung auszuschließen. Man einigte sich auf ein sogenanntes interpretatives Statement. Im Falle einer Abstimmung werde das Verhandlungskomitee eine mögliche Uneinigkeit berücksichtigen. Das Konsensprinzip fordern unter anderem Saudi-Arabien, Iran, Russland, Brasilien, China und Indien.
Aus juristischer Sicht seien die Verfahrensregeln zur vorläufigen Anwendung angenommen, weshalb auch abgestimmt werden könne, sagt der Jurist Azoulay. Trotzdem erwartet er aber nicht, dass es dazu kommt – vor allem wegen des Widerstands der genannten Staaten und der Tatsache, dass Staaten mit ehrgeizigen Zielen nicht bereit seien, sich mit den Verhinderungsstrategien auseinanderzusetzen. “Das ist bedauerlich, denn allein die Möglichkeit einer Abstimmung könnte zu Kompromissen führen. Um ein wirklich praktikables Abkommen durchzubekommen, muss es einen Weg geben, auf eine Entscheidung zu drängen”, betont Azoulay. Die Zeit ist knapp. Die vorerst letzte Verhandlungsrunde findet Ende November im südkoreanischen Busan statt.
Die United Autoworkers (UAW) sorgten in der vergangenen Woche mit ihrem Wahlerfolg bei Volkswagen in Chattanooga landesweit für Schlagzeilen. Die Washington Post sprach von einer “historischen Wahl”. Die New York Times nannte das Ergebnis einen “Meilenstein für die Arbeiterbewegung”. 73 Prozent der Beschäftigten des Automobilwerks im Süden des US-Bundesstaates Tennessee hatten sich bei den Gewerkschaftswahlen für eine Arbeitnehmervertretung ausgesprochen. Weniger als ein Drittel votierte dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 83,5 Prozent. 4.300 der insgesamt rund 5.500 Beschäftigten waren wahlberechtigt.
Mitbestimmung gehört zu den zentralen Elementen eines modernen ESG-Verständnisses. So gehören freie Gewerkschaften und Betriebsräte neben einer unabhängigen Zivilgesellschaft zu den Akteuren, die Unternehmen in der Transformation verändern und Auskunft geben können über die Zustände in Betrieben. Auf solche Informationen sind unter anderem Zulieferer, Abnehmer und Finanzakteure angewiesen. Welche Folgen es hat, wenn solche unabhängigen Akteure fehlen, erleben deutsche Unternehmen gerade bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes in China. Gewerkschaften können aber auch dazu beitragen, dass die Beschäftigten in von der Transformation erfassten Branchen mitgenommen werden.
Der Wahlerfolg bei VW bedeutet für die UAW in zweierlei Hinsicht einen Durchbruch. Zum einen, weil sie in den gewerkschaftsfeindlichen Südstaaten seit den 1940er-Jahren keinen Produktionsstandort eines Automobilherstellers mehr organisieren konnte. Zum anderen, weil VW in Chattanooga das erste Werk eines ausländischen Automobilherstellers in den USA ist, in dem sich eine Gewerkschaft etablieren konnte.
UAW-Präsident Shawn Fain sprach in diesem Zusammenhang von einem “historischen Moment”. VW-Gesamt- und Konzern-Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo bescheinigte den Beschäftigten, mit ihrer Wahl “ein Stück US-amerikanischer Gewerkschaftsgeschichte” geschrieben zu haben.
Die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner äußerte zudem die Hoffnung, “dass sich von dem positiven Signal dieser Wahl auch andere Beschäftigte in der Region ermutigt fühlen, ihre Vereinigungsrechte wahrzunehmen.” Gelegenheit dazu gibt es schon in wenigen Wochen. Vom 13. bis 17. Mai sind die Beschäftigten von Mercedes-Benz in Alabama aufgerufen, über eine gewerkschaftliche Interessenvertretung abzustimmen.
Stephen Silvia, Wirtschaftsprofessor an der American University in Washington und Experte für Arbeitsbeziehungen, nennt gegenüber Table.Briefings mehrere Faktoren für den Erfolg der UAW. Zum einen spiele das “unverblümt aggressive Vorgehen” des neuen UAW-Präsidenten Shawn Fain eine wichtige Rolle. “Die Beschäftigten sehen die UAW jetzt als eine Organisation, die für sie kämpft”, sagt er. Dies habe sich bei den Tarifverhandlungen mit Ford, General Motors und Stellantis im Herbst 2023 gezeigt, wo sie deutlich durchsetzungsfähiger gewesen sei als zuvor. Eine Rolle spielt aus Sicht von Silvia aber auch, dass die Organizing-Abteilung der UAW von einem externen Experten mit viel Erfahrung übernommen und neu strukturiert wurde.
Neben der personellen und strategischen Neuausrichtung kam der UAW in Chattanooga zugute, dass sie bereits seit über zehn Jahren vor Ort aktiv ist. Zwar verfehlte sie bei den letzten beiden Wahlen mit 46,8 Prozent (2014) und 48,2 Prozent (2019) knapp die erforderliche Mehrheit. Dennoch wurden die betrieblichen Strukturen weiter ausgebaut. Darauf konnte sie nun aufbauen.
Für US-amerikanische Gewerkschaften ist das ungewöhnlich. Scheitern sie bei einer Wahl, brechen sie in der Regel aus Kostengründen ihre Zelte ab – um gegebenenfalls Jahre später wieder bei Null anzufangen. Anders als etwa in Deutschland konstituiert sich in den USA eine lokale Gewerkschaftsgliederung erst, wenn eine Wahl gewonnen und ein erster Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Vorher werden auch keine Mitgliedsbeiträge erhoben.
Thomas Kochan, Professor für Arbeitsbeziehungen an der Sloan School of Management des MIT in Boston, wies gegenüber Table.Briefings auf zwei weitere Aspekte hin, die es der UAW erleichtert hätten, die Wahl zu gewinnen.
Zum einen hätten “die gewerkschaftsfeindlichen Argumente der Politiker aus dem Süden an Glaubwürdigkeit verloren”, so Kochan. Dafür spricht nicht nur, dass eine gemeinsame Erklärung der republikanischen Gouverneure von Alabama, Georgia, Mississippi, South Carolina, Tennessee und Texas, die sie kurz vor der Wahl veröffentlicht hatten, weitgehend wirkungslos blieb.
Dazu passt auch eine Umfrage des konservativen Thinktanks Beacon Center Tennessee von Anfang April. Danach gaben 44 Prozent der Befragten an, eine mehr oder weniger positive Einstellung zur UAW zu haben, nur 20 Prozent äußerten sich negativ.
Zum anderen, so Kochan, habe das lokale VW-Management diesmal weitgehend auf antigewerkschaftliche Aktivitäten verzichtet. “Heutzutage gewinnen die Gewerkschaften vor allem dann, wenn das Management nicht alles tut, um ihre Organisierungsbemühungen zu vereiteln”, erklärt er.
Für die Wahl 2019 hatte VW mit Littler noch eine Wirtschaftskanzlei beauftragt, die bundesweit als Union Buster bekannt ist. IG Metall und Betriebsrat hatten damals protestiert. Diesmal hielt sich das Management zurück. Dazu hätten auch die Kontakte der UAW nach Wolfsburg beigetragen. “Immer wenn es hier ein Problem gab, konnten wir uns an den Betriebsrat wenden”, so UAW-Chef Shawn Fain.
Die nächste Hürde, die die UAW nun nehmen muss, ist der Abschluss eines ersten Tarifvertrags. Viele Unternehmen versuchen, eine erfolgreiche Gewerkschaftswahl im Nachhinein zu untergraben, indem sie Tarifverhandlungen absichtlich verzögern oder scheitern lassen. Wilma Liebman, Professorin für Arbeitsrecht an der New York University und ehemalige Vorsitzende der US-Bundesbehörde für Arbeitsbeziehungen NLRB, erwartet jedoch nicht, dass VW so vorgehen wird.
“Volkswagen hat weltweit mit Gewerkschaften oder Betriebsräten zu tun und weiß, wie es läuft”, ist Liebman überzeugt. Außerdem sei die Mehrheit riesig gewesen. “Man kann also nicht leugnen, was die Beschäftigten wollen und dass die Gewerkschaft ein klares Mandat hat.”
Für die im vergangenen Herbst gestartete Organisierungskampagne der UAW war die Wahl in Chattanooga ein erfolgreicher Auftakt. Bis 2026 will sie mit 40 Millionen US-Dollar neben VW und Mercedes-Benz auch die Autowerke von BMW, Honda, Hyundai, Mazda, Nissan, Subaru, Toyota und Volvo organisieren. Hinzu kommen die US-Elektroautohersteller Tesla, Rivian und Lucid. Insgesamt sind dort rund 150.000 Menschen beschäftigt. Im Gegensatz zu Ford, General Motors und Stellantis gibt es in den Werken weder Arbeitnehmervertretungen noch Tarifverträge.
Im Falle einer erneuten Präsidentschaft von Donald Trump dürfte das Organizing jedoch wieder deutlich schwieriger werden. Das Zeitfenster könnte sich also schon wieder schließen. Vonda McDaniel, Vorsitzende des Labor Council in Nashville, ist dennoch optimistisch. “Wenn es den Beschäftigten gelingt, in Tennessee mit seinem feindlichen Umfeld eine Gewerkschaftswahl zu gewinnen, dann können wir in den kommenden Monaten mit weiteren Erfolgen rechnen.”
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25. April 2024, 13-17 Uhr, Hamburg und online
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Diskussion Kann die Marktwirtschaft das Klima retten? Ulrike Herrmann im Gespräch mit Jens Spahn MdB (Veranstalter: Konrad-Adenauer-Stiftung) Info & Anmeldung
Die Erfüllung der Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) durch ihre chinesischen Partner stellt deutsche Unternehmen vor andere Probleme als ursprünglich erwartet. Es gebe mittlerweile ein hohes “Maß an Informiertheit” und “(vordergründiger) Kooperation auf chinesischer Seite”, heißt es einer Befragung von Unternehmen mit China-Geschäft der Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik, die Table.Briefings vor der Veröffentlichung vorlag. Häufig kämen die Fragebögen mit vollständig einwandfreien Ergebnissen zurück, “was die Frage der Glaubwürdigkeit aufwirft”.
Das stellt die deutschen Unternehmen bei der Erfüllung des LkSG “vor eine paradoxe Situation”. Die Selbstauskünfte der chinesischen Zulieferer zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten liefern juristisch betrachtet einwandfreie Ergebnisse, “deren Plausibilität jedoch oftmals bezweifelt wird, ohne sie tatsächlich überprüfen zu können”. Die befragten Fachleute verweisen auf die mangelhaften Möglichkeiten, sich unabhängige Informationen in China zu beschaffen. Dort fehle beispielsweise eine unabhängige Zivilgesellschaft. Schwierigkeiten erleben die Fachleute deswegen aber auch in ihren eigenen Unternehmen, wenn sie Ressourcen für weitere Nachforschungen in den Lieferketten wünschen. Schließlich werde der Erkenntnisgewinn solcher Versuche als gering eingeschätzt.
Befragt hat die Stiftung zehn Unternehmen mit einem hohen beziehungsweise strategisch bedeutsamen Anteil des Chinageschäfts beim Bezug von Rohstoffen oder Waren, mit Beschäftigten von 200 bis 40.000 Mitarbeitern aus unterschiedlichen Branchen. Zum Thema der Belastbarkeit von Daten und Reports führte die Stiftung zwölf weitere Interviews mit Experten aus der Finanzbranche.
Schwer fällt es den deutschen Unternehmen, bei ihren chinesischen Großlieferanten auf eine andere Handhabung des Lieferkettengesetzes hinzuwirken, denn dazu ist nach ihrer eigenen Einschätzung ihre Marktmacht zu gering. Selbst hiesige Großkonzerne mit bekannten Markennamen seien “aus der Perspektive chinesischer Zulieferer eher klein”. Verbessern dürfte sich diese Situation aus Sicht der deutschen Unternehmen durch die künftigen, europaweit geltenden EU-Standards. Das europäische Lieferkettengesetz dürfte die Verhandlungsmacht der Unternehmen aus Europa gegenüber großen Wirtschaftsräumen wie China “deutlich stärken”, heißt es. cd
Die großen Wirtschaftsverbände üben zum Teil scharfe Kritik am geplanten deutschen Umsetzungsgesetz für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Table.Briefings konnte die Beiträge von fünf Interessensverbänden zur Anhörung des Bundesjustizministeriums einsehen, bevor sie veröffentlicht werden.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) fordert eine grundsätzliche Überarbeitung der CSRD und der Europäischen Standards für die Berichterstattung (ESRS), um die Belastungen der direkt und indirekt berichtspflichtigen Unternehmen (Trickle-down-Effekt) zu reduzieren. Andere Interessensverbände halten dies für unrealistisch und begrüßen ausdrücklich, dass das deutsche Umsetzungsgesetz weitgehend den Normen der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie entspreche.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält den von der Bundesregierung geschätzten einmaligen Erfüllungsaufwand für die Einführung der CSRD-Berichterstattung (insgesamt 748 Millionen Euro) für zu niedrig. Hinzu kämen laut Bundesregierung laufende jährliche Kosten von 1,4 Milliarden; pro Firma wären dies rund 100.000 Euro. Bei den Unternehmen, die bereits freiwillig Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen, sei der Aufwand deutlich höher, meint der BDI.
Laut dem Maschinenbauverband VDMA dürften mit 100.000 Euro in mittelständischen Betrieben allenfalls die zusätzlichen Personalkosten abgedeckt werden. Darüber hinaus würden Kosten für Beratung, IT-Tools und die externe Prüfung entstehen. Dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) zufolge beläuft sich der einmalige Aufwand bei der Implementierung der CSRD-Berichterstattung auf 7,5 Milliarden Euro. Die jährlichen Kosten würden laut VCI drei Milliarden Euro betragen.
Unisono fordern die Verbände eine Wahlfreiheit für deutsche Firmen bei den Dienstleistern, die die Nachhaltigkeitsberichte prüfen. Laut dem Referentenentwurf sind nur Wirtschaftsprüfer dafür zugelassen. Die CSRD lässt aber die Möglichkeit zu, dass auch andere, entsprechend qualifizierte und zertifizierte Dienstleister diese Aufgabe übernehmen. Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI fordert, Deutschland solle auch akkreditierte Prüfstellen wie TÜV, Dekra oder DQS zulassen.
Der BDI fordert darüber hinaus eine vollständige Synchronisierung der Fristen für die Berichte nach der CSRD und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Die jeweiligen Berichtspflichten überschneiden sich stark. Der Referentenentwurf sieht daher vor, dass der Termin für die erstmalige Abgabe eines LkSG-Berichts vom 31. Mai auf den 31. Dezember 2024 verschoben wird. Dies halten die Verbände jedoch nicht für ausreichend, da viele LkSG-pflichtige Unternehmen erst für das Geschäftsjahr 2025 unter die CSRD-Berichtspflicht fallen.
VDMA und BDI fordern zudem Erleichterungen bei den digitalen Berichtspflichten und fordern eine Verschiebung um mindestens ein Jahr. Die Lageberichte zur Nachhaltigkeit sollen künftig im European Single Electronic Format (ESEF) veröffentlicht werden. Hier wird zu jedem einzelnen Berichtsdatenpunkt ein aufwendiges iXBRL-Tagging verlangt. “Um die Mehrbelastungen der Prüfung in Grenzen zu halten, sollte der Gesetzgeber von einer gesonderten Prüfungspflicht für das ESEF-Reporting bzw. iXBRL-Tagging absehen”, fordert der VDMA.
Künftig müssen schätzungsweise 13.000 bis 15.000 Firmen jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, in dem sie ihre wesentlichen ESG-Risiken offenlegen.
Justizminister Marco Buschmann hatte die Verbände aufgefordert, bis zum 19. April Stellungnahmen zum Referentenentwurf für das Umsetzungsgesetz abzugeben, der am 22. März 2024 veröffentlicht wurde. Die Stellungnahmen werden in Kürze auf der Website des Bundesjustizministeriums veröffentlicht. gh
Große europäische und US-amerikanische Unternehmen wollen in den nächsten drei Jahren 3,4 Billionen US-Dollar einsetzen, um ihre Produktionskapazitäten wieder näher an ihre Heimatmärkte zu bringen. Dies geht aus einer gerade veröffentlichten Studie des Capgemini Research Institute hervor. Demnach haben 47 Prozent der befragten Unternehmen bereits in die Verlagerung ihrer Produktion investiert. 72 Prozent entwickeln derzeit eine entsprechende Strategie oder haben mit dem Umbau ihrer Lieferketten begonnen.
Die Studie zeige, dass die inländische Produktion und das “Nearshoring” immer wichtiger werden, betonte Roshan Gya, CEO der Beratungsgesellschaft Capgemini. Ziel der Unternehmen sei es, “die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität der Lieferketten zu stärken, die nationale Sicherheit in strategischen Sektoren wiederherzustellen, die Klimaziele zu erreichen und die industrielle Stärke Europas und Nordamerikas wiederzuerlangen”, so Gya.
Für 55 Prozent der befragten Unternehmen ist laut den Ergebnissen der Studie die Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen, insbesondere der Scope-3-Emissionen, von zentraler Bedeutung. 62 Prozent der Unternehmen investieren daher im Rahmen ihrer Initiativen zur Reindustrialisierung in Technologien zur Verbesserung ihrer Klimabilanz und Nachhaltigkeit.
Gigafabriken werden als ein Schlüsselelement der Transformation angesehen. So gab mehr als die Hälfte der Befragten aus der Automobil-, Batterie- und Energiebranche an, dass ihr Unternehmen derzeit eine Gigafabrik baut oder dies in den nächsten fünf Jahren plant. Dabei sind die USA mit 54 Prozent der bevorzugte Standort, gefolgt von Europa mit 38 Prozent. China lag mit 12 Prozent noch hinter den Schwellenländern (Mexiko, Vietnam, Indien etc.) mit 21 Prozent und Großbritannien mit 16 Prozent.
Für die Studie hat Capgemini im Februar dieses Jahres 1.300 Führungskräfte von Industrieunternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar befragt. ch
Der Streit in der “Science Based Targets Initiative” (SBTI), die als wichtigste Bewertungsplattform für die Klimawirksamkeit von Unternehmen gilt, hält an. Dahinter verbirgt sich nach Recherchen von Table.Briefings eine Auseinandersetzung über den Umgang mit CO₂-Zertifikaten und die Frage, ob die SBTI Unternehmen den Kauf von Zertifikaten zur Erreichung ihrer Klimaziele erlauben soll.
Die SBTI wird unter anderem getragen von der Stiftung von Amazon-Boss Jeff Bezos, dem “Bezos Earth Fund” und arbeitet eng mit dem WWF zusammen. Während das Lager um den Amazon-Chef marktorientierte Strategien und eine Ausweitung des Handels mit CO₂-Zertifikaten favorisiert, halten die Vertreter des WWF-nahen Lagers eher die wissenschaftliche Integrität des SBTI-Siegels hoch und bewerten Marktmechanismen zur Erreichung von Klimazielen zurückhaltender. Unternommen wurde der jüngste Vorstoß, Unternehmen den Kauf von Zertifikaten zu erlauben, vom Kuratorium der SBTI, jedoch ohne den technischen Rat zu konsultieren, der bislang für derartige Entscheidungen zuständig galt.
Nun gibt es offenen Streit, der WWF sprach in einer Stellungnahme von “begründeten Zweifeln bezüglich der schlechten Erfolgsbilanz der CO₂-Zertifikate” und verlangt, dass SBTI “robuste wissenschaftsbasierte Prozesse” einhalten solle. Auch unter den Mitarbeitenden und Partnerorgansationen der SBTI rumort es. So fordert etwa die in Brüssel ansässige NGO Carbon Market Watch die Rücknahme der Entscheidung des Kuratoriums, international renommierte Experten wie Stephan Singer vom Climate Action Network haben SBTI bereits verlassen. Die Fürsprecher marktbasierter Ansätze hingegen jubeln, von einem “enormen Boost” schrieb etwa David Antonioli, ehemaliger Chef vom Zertifizierer Verra, unter deren Aufsicht die meisten Waldschutz-Zertifikate ausgestellt werden.
Mehr als 5.000 Unternehmen haben mit SBTI ihre Klimaziele definiert, darunter zahlreiche große internationale Konzerne. Nach einer Einigung im internen Konflikt sieht es unterdessen nicht aus, die Leitung von SBTi bekräftigte vielmehr ihre Position und erklärte die Zertifikate-Frage zu einer “strategischen” – also nicht im Kompetenzbereich des technischen Rats. Sollten gewichtige NGOs die Organisation dann verlassen, droht ein Auseinanderbrechen der SBTI. Tin Fischer
Die ganze Analyse lesen Sie im Climate.Table.
Subventionen für fossile Treibstoffe und Verkehrsmittel heben die CO₂-Bepreisung mehr als auf. Zu dem Schluss kommen Forschende des Kopernikus-Projekt Ariadne, das vom BMBF gefördert wird. “Aktuell treten wir beim Klimaschutz im Verkehr mit einem Fuß aufs Gas, mit dem anderen auf die Bremse: Emissionsverursachende sollten durch den CO₂-Preis eigentlich Anreize zur Senkung von Emissionen erhalten”, sagt Ariadne-Experte Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. “Unsere Forschung zeigt, wie sehr Haushalte, die Diesel fahren, längere Wege mit dem privaten Auto oder Dienstwagen zur Arbeit pendeln oder innerdeutsche Flüge nutzen, aktuell durch Subventionen für den Ausstoß einer Tonne CO₂ belohnt werden”.
Für die Studie haben die beteiligten Institute die derzeit geltenden CO₂-Preise mit den Steuervergünstigungen für Diesel, Dienstwagen, Wege zur Arbeit und den innerdeutschen Flugverkehr gegengerechnet. Heraus kommt eine breite Spanne von 70 bis zu 690 Euro, welche die Nutznießer je nach Einkommen und Verkehrsmittel pro Tonne CO₂ einsparen. “Wir haben zum ersten Mal vier wesentliche Subventionen aus dem Verkehrsbereich in negative CO₂-Preise umgerechnet. Die Umrechnung ermöglicht einen Vergleich mit dem tatsächlichen CO₂-Preis für den Verkehr”, erläutert Ariadne-Fachmann Nicolas Koch vom Mercator Institute for Global Commons and Climate Change MCC.
Zu der mangelnden Lenkungswirkung hin zu mehr Klimaschutz, die die CO₂-Bepreisung eigentlich leisten soll, kommt die sozial ungleiche Verteilungswirkung. Denn Bezieher höherer Einkommen nutzen Dieselfahrzeuge, Dienstwagen und innerdeutsche Flüge vorrangig. “Von den von uns untersuchten Subventionen profitieren hauptsächlich wohlhabende Haushalte”, erläutert Ariadne-Experte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). “Auch die Pendlerpauschale entlastet vor allem mittlere und höhere Einkommensgruppen.” Die Forscher sprechen sich daher dafür aus, “verzerrende Subventionen” im Verkehr ab- und umzubauen. av
Stahl soll in Deutschland künftig umweltfreundlicher produziert werden. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) hat deshalb am Montag auf der Hannover Messe ihren Low Emission Steel Standard (LESS) vorgestellt. Er soll den Grundstein für die Entwicklung grüner Leitmärkte für klimafreundlichen Stahl legen.
LESS ist auf Initiative der WV Stahl und ihrer Mitgliedsunternehmen entstanden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat das Projekt unterstützt.
WV Stahl-Präsident Bernhard Osburg betonte bei der Vorstellung der neuen Kennzeichnung die Bedeutung klarer Regeln, Definitionen und überprüfbarer Standards für den Erfolg der Transformation der Stahlindustrie. “Ich freue mich, dass es mit vereinten Kräften gelungen ist, eine auf internationalen Regeln und Standards basierende und breit konsentierte Lösung zu entwickeln, die wir nun in die Umsetzung bringen.” Die Stahlverwender erhielten mit LESS alle notwendigen Informationen, um ihre CO₂-Einsparziele mithilfe von grünem Stahl zu dokumentieren, so Osburg.
Kernstück von LESS ist ein Kennzeichnungssystem, das über eine abgestufte Klassifizierungsskala die Einstufung von CO₂-arm produziertem Stahl ermöglicht. Gleichzeitig müssen die Unternehmen ihren Schrottanteil sowie den im Stahlfertigprodukt enthaltenen Product Carbon Footprint (PCF) beziehungsweise das Global Warming Potential (GWP) angeben.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Initiative der Stahlindustrie. “Nachhaltige Kennzeichnungen sind eine wesentliche Stellschraube, um Transparenz und Anreize für klimafreundliche Grundstoffe und Produkte im Markt zu schaffen”, unterstrich er.
Zustimmung kam auch von der Umweltorganisation Germanwatch. Die Stahlindustrie zeige, dass sie es mit der Transformation ernst meine, sagte ihr Referent für klimaneutrale Industrie, Tilman von Berlepsch “Jetzt muss die Politik weitergehende Instrumente für die Entstehung grüner Leitmärkte implementieren.” LESS biete dafür eine gute Grundlage. ch
Die Nachfrage nach Ingenieuren in Deutschland überstieg Ende 2023 das Angebot deutlich, was Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Transformation haben dürfte. Deutlich wird dies am sogenannten Engpassfaktor, den der Verband der Ingenieure (VDI) mit dem Kölner Institut der Wirtschaft (IW) ermittelt. Setzt man die Anzahl offener Stellen in Bezug zur Zahl der Arbeitslosen, ergibt sich die Engpasskennziffer. Im vierten Quartal 2023 habe die Engpasskennziffer in Ingenieur- und Informatiker-Berufen 380 offene Stellen je 100 Arbeitslose betragen – “ein deutlicher Engpass”, heißt es beim VDI. Die größten Engpässe bestünden in vier Berufskategorien, die alle wichtig für Digitalisierung und Klimaschutz sind:
“Rund 29 Prozent der von uns von November 2023 bis Januar 2024 befragten Unternehmen geben an, dass fehlende Fachkräfte ein Hemmnis darstellen, das eigene Unternehmen bezüglich des Klimaschutzes und der Energiewende besser aufzustellen”, sagt Prof. Axel Plünnecke vom IW. Die Spannbreite fehlender Fachkräfte reiche von rund 19 Prozent bei unternehmensnahen Dienstleistern bis zu rund 75 Prozent in der Branchengruppe “Energie- und Wasserversorgung, Entsorgung”. In der Gruppe der Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten erwarten für die nächsten fünf Jahre 70 Prozent einen steigenden Bedarf an Informatikern und 59 Prozent einen steigenden Bedarf an Ingenieuren speziell zur Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte.
Besserung ist nicht in Sicht: Im Studienjahr 2023 starteten mit 128.400 Anfängern verglichen mit dem Studienjahr 2016 in den Ingenieurwissenschaften und Informatik 10,5 Prozent weniger potenzielle Nachwuchskräfte. cd
Lieferkettengesetz in Europa: Die Schweiz liefert nicht – taz
Die EU hat bald ein Lieferkettengesetz – die Schweiz hinkt hinterher. Nun soll erneut eine Volksinitiative die Schweizer Großkonzerne in die Pflicht nehmen, berichtet Carlo Mariani. Bereits im November 2020 hatte eine knappe Mehrheit der Eidgenossen für eine Konzernverantwortungsinitiative gestimmt. Sie scheiterte jedoch an der fehlenden Zustimmung einer Mehrheit der Kantone. Zum Artikel
Verdammt zur Ausbeutung: Bangladeschs Textilarbeiter – Stuttgarter Zeitung
Das Lieferkettengesetz soll die Umwelt in den Produktionsländern schonen, die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken vor Ort schützen und dafür sorgen, dass sie angemessen bezahlt werden. Doch die Betroffenen spüren davon nichts, hat Felix Lill recherchiert. Sie kennen das Gesetz gar nicht. Zum Artikel
Sehr bald schon werden auf einem Großteil des Planeten Bedingungen herrschen, die ökologisch beispiellos sind – Süddeutsche Zeitung
Benjamin von Brackel greift die in Fachjournalen beschriebene Arbeit von Wissenschaftlern um die Paläobiologin Bethany Allen von der ETH Zürich auf, die erstmals untersucht haben, wie der Klimawandel die Erde bis zur Mitte des Jahrtausends verändern könnte. Es gibt unterschiedliche Szenarien, nach denen sich zwölf bis 50 Prozent aller Landflächen “nicht mehr klimatisch für jene Lebensräume eignen, die sich heute noch dort befinden”. Zum Artikel
Die Ökogas-Lüge – Correctiv.org
Ein Rechercheteam schreibt, dass deutsche Gasversorger Greenwashing betrieben hätten. Freiwillige “Ökogas”-Aufpreise für CO₂-Gutschriften flossen in fragwürdige Projekte. Insbesondere die NGO Verra aus den USA, welche die “Phantom-Gutschriften” handelt, aber auch der deutsche Branchenverband BDEW, werden für irreführende Angaben kritisiert. Zum Artikel
EU regulator urges action on climate threat to insurance – Financial Times
Petra Hielkema, Chefin der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA), mahnt im Gespräch mit Ian Smith schnelle Reaktionen auf zunehmende Schäden durch Naturkatastrophen an. Dazu zählt sie angepasste Bauvorschriften und Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Versicherern, um Verluste zu teilen. Was nicht in Frage käme, sei der Ausschluss gefährdeter Gebiete von Versicherungen. Zum Artikel
Is Online Shopping Bad for the Planet? – The New York Times
Theoretisch kann die Lieferung einer Ware effizienter sein als eine Fahrt zum Laden. Aber vielleicht sollte man trotzdem nachdenken, bevor man etwas in den digitalen Warenkorb legt, rät Dionne Searcey. Schließlich habe eine Studie des MIT in Boston ergeben, dass traditionelles Shopping in mehr als 75 Prozent der Fälle nachhaltiger ist. Zum Artikel
Climate Doom Is Out. ‘Apocalyptic Optimism’ Is In – The New York Times
Die Konzentration auf die drohende Katastrophe hat die Entwicklung des Planeten bisher nicht zum Besseren verändert. Könnte ein optimistischerer Ansatz eher den Weg in die Zukunft weisen, fragt sich Alexis Soloski. Zum Artikel
Grün und teuer: Das neue Vorzeige-Quartier in Berlin – Klimareporter
Im Norden Berlins entsteht das Ökoquartier Kokoni One. Holz als Baustoff, dachintegrierte Photovoltaikanlagen, geothermisches Nahwärmenetz – alles gut und richtig, aber auch teuer, findet David Zauner. Zum Artikel
Nutzfahrzeuge: Erster E-Lkw mit einem Megawatt Ladeleistung geladen – Automobil Produktion
Daimler Trucks hat den ersten E-Actros mit einem Megawatt Ladeleistung geladen. MAN hatte zuvor schon das Laden mit 700 Kilowatt demonstriert. Bereits 2025 soll es in Europa ein Kernnetz an Ladesäulen nach dem MCS-Standard (Megawatt Charging System) geben, weiß Thomas Günnel. Zum Artikel
Mammutaufgabe Wärmewende – FAZ
Wie kann es Kommunen gelingen, die Wärmeversorgung mit Gas und Öl auf grüne Energien umzustellen? Hanna Decker und Christian Greinitz sprechen mit dem Chef der Osnabrücker Stadtwerke Daniel Waschow, der bis 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen muss. Zum Artikel
Weniger Emissionen, weniger Ressourcenverbrauch, mehr Wachstum und eine bessere Versorgung mit kritischen Rohstoffen – mit dem Hochlauf der Kreislaufwirtschaft verbinden sich in Deutschland viele Hoffnungen. Geht es etwa ums CO₂, könnte die Circular Economy zu deutlichen Einsparungen bei schwer vermeidbaren Industriemissionen führen. So ließen sich laut Agora Industrie die Gesamtemissionen der Stahl-, Zement- und Kunststoffbranche mittels Kreislaufwirtschaft um ganze 25 Prozent senken. Und das bereits bis 2030, da viele der Lösungen technisch ausgereift und leicht skalierbar sind. Soweit die Theorie. In der Praxis fehlt es Unternehmen jedoch noch an verlässlichen Rahmenbedingungen, um ihre Investitionen zu tätigen. Ob Produktpässe, Recyclingquoten oder das Vergaberecht – die Liste mit den ungeklärten Fragen ist lang.
Dabei hat die Circular Economy eigentlich das Potenzial, zum echten Boom-Markt zu werden. Ab 2030 jährlich zwölf Milliarden Euro zusätzliche Bruttowertschöpfung, schätzt zum Beispiel der BDI. Weniger CO₂, mehr Wachstum – eine seltene Kombination, weshalb sich die Stiftung KlimaWirtschaft mit ihren Förderunternehmen für eine möglichst ambitionierte Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) einsetzt.
Ein wichtiger Pfeiler dabei könnten verbindliche Recyclingquoten sein. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es leistungsstarke Rücklaufsysteme für alle Rohstoffarten gibt, um Unternehmen mit ausreichend Rezyklaten zu versorgen. Ist dies nicht der Fall, droht die Gefahr, dass Produkte absichtlich vor Ende ihrer Nutzungsdauer recycelt werden, nur um die Quoten zu erfüllen. Betroffen hiervon sind vor allem langlebige Produkte und Materialien, bei denen die Nachfrage nach Rezyklaten die Verfügbarkeit deutlich übersteigt. Um diesen Fehlanreiz zu verhindern, braucht es rohstoffspezifische Quoten nach Augenmaß, die in engem Austausch mit den jeweils betroffenen Branchen festgelegt werden. Ebenfalls wichtig, um die Rezyklat-Knappheit zu beseitigen: ein Abbau rechtlicher Hemmnisse beim Abfallende.
Ob Stahlschwämme, Kupferschrott oder Plastikmüll – Abfälle sind das Rohstofflager der Zukunft. Sie als solches zu nutzen, ist allerdings gar nicht so leicht, da der Übergang vom Abfall- ins Produktrecht noch immer mit vielen Hürden verbunden ist. Anders als Rohstoffe aus dem Tagebau, die problemlos überall eingesetzt werden können, müssen Rohstoffe aus dem Recycling vor ihrer Nutzung zahlreiche Genehmigungen durchlaufen. Umwelttechnisch ist das nachvollziehbar, im Ergebnis führt diese Praxis allerdings zu einem enormen Flaschenhals bei Rezyklaten.
Um diesen Zielkonflikt zu entschärfen, braucht es vor allem bei für die Transformation kritischen Rohstoffen mehr Pragmatismus und eine rechtliche Abkehr vom Abfallbegriff. Wesentliche Vorarbeit hierfür wurde von der EU bereits mit dem Do-No-Significant-Harm-Prinzip geleistet. Der Ansatz, der für die Taxonomie bereits genutzt wird, sollte auch für die NKWS als Blaupause dienen.
Ein weiteres Handlungsfeld der NKWS sind digitale Produktpässe. Mit ihnen soll der Übergang eines Produkts von seiner Nutzungsphase in das Recycling planbarer gemacht werden. In der Baubranche ließe sich so zum Beispiel nachvollziehen, welche Rohstoffe in welchen Gebäuden wie lange gebunden sind. Das Ziel: Den Rohstoffbedarf künftig am Rezyklat-Angebot ausrichten und die Stadt so in eine Rohstoffmine verwandeln. Urban Mining statt planlosem Abreißen und Neubauen.
Erste Pilotprojekte dieser Art werden von unseren Förderunternehmen bereits realisiert. Um das Konzept im großen Maßstab umzusetzen, fehlt es jedoch noch an einheitlichen Normen. Wann gilt ein Material als zirkulär, wie wird Zirkularität gemessen und wie sollen die Daten gespeichert werden? Um Insellösungen zu vermeiden, braucht es Standards und eine zentrale Daten-Plattform.
Zudem wäre für die Baubranche auch eine stärkere Ausrichtung der Vergabepraxis auf Kreislaufwirtschaft wichtig. Aktuell werden Lebenszykluskosten hier kaum berücksichtigt, was dazu führt, dass kurzfristig günstigere Optionen den langlebigeren Kreislauflösungen vorgezogen werden. Schlecht für modulares Bauen und teuer bei der Entsorgung. Bei Vergaben sollte neben dem Preis deshalb künftig auch auf Zirkularität geachtet werden.
Wie bei allen Themen der NKWS gehen dabei Tempo und Planbarkeit vor Perfektionismus. Ziel der Bundesregierung für diese Legislatur sollte deshalb sein, neben der NKWS auch erste Gesetze zu verabschieden. Dann kann Deutschland auch noch die von Olaf Scholz geforderte internationale Vorreiterrolle im Bereich der Kreislaufwirtschaft einnehmen.
Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft, einer klimapolitischen Initiative von Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführer:innen und Familienunternehmer:innen.
Africa.Table – Wie die gesamte afrikanische Wirtschaft unter der anhaltenden Dollar-Stärke leidet: Die hohen Schulden vieler afrikanischer Staaten wiegen schwer. Doch das tatsächliche Problem liegt weniger in der Höhe der Schulden, sondern ganz woanders. Neue Erkenntnisse aus der Wirtschaftstheorie zeigen den Weg zu einer Lösung. Zum Artikel
Agrifood.Table – “Staatliche Eingriffe in den Milchmarkt führen weder zu höheren Preisen für Bauern noch verteuern sie Trinkmilch”: Entgegen der Meldung eines großen Boulevardblatts ist Landwirtschaftsminister Özdemir nicht schuld an steigenden Milchpreisen, sagt Milchmarktexperte Thiele. Zum Artikel
Research.Table – Kanzler Scholz stellt Verbesserung der steuerlichen Forschungszulage in Aussicht: Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands am Beispiel von KI ging es am Montag auf dem Gipfel für Forschung und Innovation. Der Kanzler äußerte sich zuversichtlich, auch Wirtschaft und Wissenschaft sind erstaunlich optimistisch. Zum Artikel
China.Table – “China braucht VW nicht mehr”: Volkswagen hat in China mit seinen inzwischen 39 Beteiligungen selbst gewaltige Überkapazitäten geschaffen. An Werkschließungen führe für VW in der Volksrepublik kein Weg vorbei, sagt der langjährige China-Autoexperte Jürgen Siebert. Zum Artikel
geht es um eine zukunftsfähige Wirtschaft, fällt häufig der Begriff “Kreislaufwirtschaft”. ESG-Pioniere erinnert dies an die inflationäre Nutzung des Begriffes der “Nachhaltigkeit”. Aber das Überleben von Mensch und Natur hängt nicht von der richtigen Begrifflichkeit ab, sondern von der Schaffung einer Wirtschaft, die im Einklang mit den planetaren Grenzen steht. Wie schwer das der Weltgemeinschaft in der Praxis fällt, ist erneut seit Dienstag bei der UN-Konferenz zur Schaffung eines weltweiten Plastikabkommens in Ottawa zu beobachten. Die Verfechter eines wirksamen Abkommens müssen hartnäckig sein und einen langen Atem beweisen. Mit den Knackpunkten beschäftigt sich Nicolas Heronymus.
Einen für US-Verhältnisse ungewöhnlich langen Atem bewies die Automobilgewerkschaft UAW. Dies ist ein Grund dafür, dass es ihr erstmals seit Jahrzehnten im gewerkschaftsfeindlichen Süden der USA gelang, ein Werk zu organisieren. Was das bedeutet, analysiert Carsten Hübner.
Wie wichtig freie Gewerkschaften sind, erleben deutsche Unternehmen gerade in ihren Lieferketten in China. Wenn unabhängige Akteure fehlen, die die Verhältnisse in den Lieferketten kennen, fällt es eben schwer, die Aussagen von Partnerunternehmen zu bewerten. Dies zeigt eine Befragung der Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik, über die ich berichte.
Aber es gibt auch Prozesse, bei denen die Menschen generationsübergreifend dranbleiben, um die Verhältnisse zu verbessern. Bestes Beispiel ist die Zwangsarbeit, deren Abschaffung Menschen seit 200 Jahren beschäftigt. Am Dienstag stimmte nun das EU-Parlament für ein Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit.
Seit Dienstag verhandeln Delegierte von rund 180 Staaten im kanadischen Ottawa in der nunmehr vierten Runde über ein globales Abkommen gegen Plastikmüll. Die zweite und dritte Runde 2023 brachten nur wenige Fortschritte. In Paris ging es um Verfahrensfragen. In Nairobi verhandelte man in der Sache, aber es konnte weder der allererste Entwurf konsolidiert noch ein Mandat für Verhandlungen zwischen den Runden vereinbart werden. Das lag vor allem an der Blockade einiger Ölförderländer wie Saudi-Arabien, Iran und Russland. In Ottawa muss es deutlich vorangehen, damit ein Abkommen erreichbar bleibt.
Plastik hat enorm schädliche Auswirkungen auf die Umwelt, das Klima und die menschliche Gesundheit. Das Material wird aus fossilen Brennstoffen gewonnen, beinhaltet schädliche chemische Zusatzstoffe, gibt Mikro- und Nanoplastik ab und in vielen Ländern landet es als Müll auf dem Land oder im Wasser. Das Problem: Die Menge an produziertem Plastik hat sich laut OECD von 2000 bis 2019 auf 460 Millionen Tonnen verdoppelt. Die Organisation erwartet, dass sich das Aufkommen an Plastikabfall von 2019 bis 2060 fast verdreifachen wird. Gleichzeitig werde der Recyclinganteil von etwa neun auf 17 Prozent steigen. Damit ist die Welt beim Plastik noch weit von einer Kreislaufwirtschaft entfernt.
Die Scientists’ Coalition for an Effective Plastics Treaty fordert ein wirksames Ziel für die Minderung der Produktion von Primärplastik. Erst wenn sie um mehr als drei Prozent jährlich sänke, würde die Menge laut der Initiative von über 350 Wissenschaftlern tatsächlich abnehmen. Denn wegen der “kumulativen Natur” von Plastikverschmutzung könnten Technologien für Beseitigung und Recycling nicht genug für die Eindämmung der Negativfolgen leisten. “Das Ziel sollte also deutlich über drei Prozent liegen“, sagt Melanie Bergmann, Biologin am Alfred-Wegener-Institut und Teil des Zusammenschlusses sowie der deutschen Delegation.
Zwar sagt das Mandat, dass der gesamte Lebenszyklus von der Produktion bis zur Entsorgung berücksichtigt werden soll. Wie in den Verhandlungen die Schwerpunkte gesetzt werden sollen, ist aber unter den Staatenvertretern in Ottawa umstritten. Die High Ambition Coalition aus 64 Staaten, darunter Deutschland, spricht sich dafür aus, den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen.
Dagegen versuchen einige Staaten mit starker Fossil-Industrie, den Fokus auf Recycling zu lenken, sagen Teilnehmer. Laut einer Studie der Universität Lund wollen die meisten Staaten zwar erklärtermaßen die Plastikverschmutzung beenden. Aber nur wenige äußerten sich bislang zur Notwendigkeit, die Produktion von Plastik zu reduzieren oder zu regulieren. Das fordern vor allem NGOs im Vorfeld der Ottawa-Runde.
So verlangt der WWF, “einem globalen und verbindlichen Verbot der schädlichsten und vermeidbaren Kunststoffe Vorrang einzuräumen“. Zudem müssten Anforderungen an das Produktdesign festgelegt werden, “um die Reduzierung, Wiederverwendung und das sichere Recycling aller Kunststoffprodukte zu gewährleisten”.
Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer von Plastics Europe, sagte Table.Briefings, die größte Lenkungswirkung bestehe für den europäischen Verband der Kunststofferzeuger darin, “dass das UN-Plastikabkommen Kunststoffabfälle als wertvollen Rohstoff behandelt” und Anreize für Wiederverwertung und Recycling schaffe.
Produkte sollten gleich so gestaltet werden, dass sie “am Ende ihrer Nutzung wieder konsequent in den Kreislauf zurückgeführt werden können”, sagt Bühler. “Verbote, Negativ-Listen und Produktionseinschränkungen, wie sie von einigen NGOs gefordert werden”, hält er für kontraproduktiv, weil der Bedarf an Plastik angesichts von Energiewende, Digitalisierung oder Gesundheit steige. Laut Doris Knoblauch, Co-Koordinatorin für Plastik am Ecologic Institute, braucht es aber “auch Investitionen für neue Geschäftsmodelle – etwa mit Blick auf Produktdesigns, die Recycling ermöglichen”.
Unterschiedliche Interessen verfolgen in der Frage auch die Länder des globalen Südens. “Hier wird es schwierig, denn unter den traditionellen Entwicklungsländern sind einige der größten Plastikproduzenten, etwa China. Gleichzeitig ist der Pro-Kopf-Konsum viel größer im globalen Norden“, sagt David Azoulay, geschäftsführender Anwalt vom Center for International Environmental Law in Genf. Zum Beispiel hat Ghana vergangenes Jahr eine globale Plastikabgabe für die Produzenten vorgeschlagen, um den Plastikmüll zu begrenzen.
Über die Frage der Finanzierung dürfte in Ottawa erneut gestritten werden. “Hier gibt es einen Konflikt, der sich immer mehr herauskristallisiert”, sagt die Wissenschaftlerin Bergmann. Denn der Aufbau einer funktionsfähigen Abfallwirtschaft und die Beseitigung von Plastik aus der Umwelt in besonders verschmutzten Regionen kostet viel Geld und stellt vor allem ärmere Länder vor enorme Herausforderungen. Plastics Europe spricht sich für eine Beteiligung der Hersteller an den Kosten für Entsorgung und Verwertung aus.
Nach Ansicht der meisten Akteure sollten die Verschmutzer zahlen. Aber wer ist das – der Produzent, die weiterverarbeitende Industrie oder der Konsument? Wie die Diskussionen ausgehen, hängt auch davon ab, wie die Teilnehmer letztlich die Verantwortung von Staaten, Produzenten und Konsumenten einschätzen. Es gebe Staaten wie Brasilien, die sich für das Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung (aus dem Klima-Abkommen von Rio) einsetzen, heißt es von Beobachtern.
Ebenfalls umstritten ist, welche Verpflichtungen das Abkommen enthalten soll. Das Mandat sagt, dass das Abkommen verbindlich sein soll. Dies lässt aber Spielraum, um grundsätzliche Ziele oder spezifische Verpflichtungen festzulegen. Ein gutes Beispiel für den ersten Fall sei das Pariser-Klimaabkommen, sagt David Azoulay. “Das Abkommen ist rechtsverbindlich, aber was die Staaten tun sollten, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, ist eine Liste mit freiwilligen Maßnahmen”, erklärt der Experte für internationales Umweltrecht.
Beim Plastikabkommen könnten auch spezifische Verpflichtungen festgelegt werden – mit Maßnahmen, die alle umsetzen müssen, sagt Florian Titze, Senior Policy Advisor beim WWF Deutschland und bei den Verhandlungen vor Ort. “Darum wird aber sehr stark gestritten“, ergänzt er. Neben Staaten wie Saudi-Arabien und Iran drängten auch die USA auf ein Plastikabkommen im Paris-Stil – ohne strenge Verpflichtungen, sagt Azoulay.
Über all diesen Punkten schwebt die Frage, nach welchen Regeln die Staaten am Ende eine Entscheidung treffen können. “Das ist der Elefant im Raum”, sagt der Aktivist Titze. Das Problem: Laut den Verfahrensregeln, die 2022 beschlossen wurden, sollen Entscheidungen einvernehmlich fallen. Wenn alle Mittel erschöpft sind, soll aber auch eine Zweidrittelmehrheit reichen.
Bei der zweiten Verhandlungsrunde versuchte eine kleine Gruppe von Staaten, die Entscheidungsregeln neu zu diskutieren, um die Möglichkeit einer Mehrheitsentscheidung auszuschließen. Man einigte sich auf ein sogenanntes interpretatives Statement. Im Falle einer Abstimmung werde das Verhandlungskomitee eine mögliche Uneinigkeit berücksichtigen. Das Konsensprinzip fordern unter anderem Saudi-Arabien, Iran, Russland, Brasilien, China und Indien.
Aus juristischer Sicht seien die Verfahrensregeln zur vorläufigen Anwendung angenommen, weshalb auch abgestimmt werden könne, sagt der Jurist Azoulay. Trotzdem erwartet er aber nicht, dass es dazu kommt – vor allem wegen des Widerstands der genannten Staaten und der Tatsache, dass Staaten mit ehrgeizigen Zielen nicht bereit seien, sich mit den Verhinderungsstrategien auseinanderzusetzen. “Das ist bedauerlich, denn allein die Möglichkeit einer Abstimmung könnte zu Kompromissen führen. Um ein wirklich praktikables Abkommen durchzubekommen, muss es einen Weg geben, auf eine Entscheidung zu drängen”, betont Azoulay. Die Zeit ist knapp. Die vorerst letzte Verhandlungsrunde findet Ende November im südkoreanischen Busan statt.
Die United Autoworkers (UAW) sorgten in der vergangenen Woche mit ihrem Wahlerfolg bei Volkswagen in Chattanooga landesweit für Schlagzeilen. Die Washington Post sprach von einer “historischen Wahl”. Die New York Times nannte das Ergebnis einen “Meilenstein für die Arbeiterbewegung”. 73 Prozent der Beschäftigten des Automobilwerks im Süden des US-Bundesstaates Tennessee hatten sich bei den Gewerkschaftswahlen für eine Arbeitnehmervertretung ausgesprochen. Weniger als ein Drittel votierte dagegen. Die Wahlbeteiligung lag bei 83,5 Prozent. 4.300 der insgesamt rund 5.500 Beschäftigten waren wahlberechtigt.
Mitbestimmung gehört zu den zentralen Elementen eines modernen ESG-Verständnisses. So gehören freie Gewerkschaften und Betriebsräte neben einer unabhängigen Zivilgesellschaft zu den Akteuren, die Unternehmen in der Transformation verändern und Auskunft geben können über die Zustände in Betrieben. Auf solche Informationen sind unter anderem Zulieferer, Abnehmer und Finanzakteure angewiesen. Welche Folgen es hat, wenn solche unabhängigen Akteure fehlen, erleben deutsche Unternehmen gerade bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes in China. Gewerkschaften können aber auch dazu beitragen, dass die Beschäftigten in von der Transformation erfassten Branchen mitgenommen werden.
Der Wahlerfolg bei VW bedeutet für die UAW in zweierlei Hinsicht einen Durchbruch. Zum einen, weil sie in den gewerkschaftsfeindlichen Südstaaten seit den 1940er-Jahren keinen Produktionsstandort eines Automobilherstellers mehr organisieren konnte. Zum anderen, weil VW in Chattanooga das erste Werk eines ausländischen Automobilherstellers in den USA ist, in dem sich eine Gewerkschaft etablieren konnte.
UAW-Präsident Shawn Fain sprach in diesem Zusammenhang von einem “historischen Moment”. VW-Gesamt- und Konzern-Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo bescheinigte den Beschäftigten, mit ihrer Wahl “ein Stück US-amerikanischer Gewerkschaftsgeschichte” geschrieben zu haben.
Die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner äußerte zudem die Hoffnung, “dass sich von dem positiven Signal dieser Wahl auch andere Beschäftigte in der Region ermutigt fühlen, ihre Vereinigungsrechte wahrzunehmen.” Gelegenheit dazu gibt es schon in wenigen Wochen. Vom 13. bis 17. Mai sind die Beschäftigten von Mercedes-Benz in Alabama aufgerufen, über eine gewerkschaftliche Interessenvertretung abzustimmen.
Stephen Silvia, Wirtschaftsprofessor an der American University in Washington und Experte für Arbeitsbeziehungen, nennt gegenüber Table.Briefings mehrere Faktoren für den Erfolg der UAW. Zum einen spiele das “unverblümt aggressive Vorgehen” des neuen UAW-Präsidenten Shawn Fain eine wichtige Rolle. “Die Beschäftigten sehen die UAW jetzt als eine Organisation, die für sie kämpft”, sagt er. Dies habe sich bei den Tarifverhandlungen mit Ford, General Motors und Stellantis im Herbst 2023 gezeigt, wo sie deutlich durchsetzungsfähiger gewesen sei als zuvor. Eine Rolle spielt aus Sicht von Silvia aber auch, dass die Organizing-Abteilung der UAW von einem externen Experten mit viel Erfahrung übernommen und neu strukturiert wurde.
Neben der personellen und strategischen Neuausrichtung kam der UAW in Chattanooga zugute, dass sie bereits seit über zehn Jahren vor Ort aktiv ist. Zwar verfehlte sie bei den letzten beiden Wahlen mit 46,8 Prozent (2014) und 48,2 Prozent (2019) knapp die erforderliche Mehrheit. Dennoch wurden die betrieblichen Strukturen weiter ausgebaut. Darauf konnte sie nun aufbauen.
Für US-amerikanische Gewerkschaften ist das ungewöhnlich. Scheitern sie bei einer Wahl, brechen sie in der Regel aus Kostengründen ihre Zelte ab – um gegebenenfalls Jahre später wieder bei Null anzufangen. Anders als etwa in Deutschland konstituiert sich in den USA eine lokale Gewerkschaftsgliederung erst, wenn eine Wahl gewonnen und ein erster Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Vorher werden auch keine Mitgliedsbeiträge erhoben.
Thomas Kochan, Professor für Arbeitsbeziehungen an der Sloan School of Management des MIT in Boston, wies gegenüber Table.Briefings auf zwei weitere Aspekte hin, die es der UAW erleichtert hätten, die Wahl zu gewinnen.
Zum einen hätten “die gewerkschaftsfeindlichen Argumente der Politiker aus dem Süden an Glaubwürdigkeit verloren”, so Kochan. Dafür spricht nicht nur, dass eine gemeinsame Erklärung der republikanischen Gouverneure von Alabama, Georgia, Mississippi, South Carolina, Tennessee und Texas, die sie kurz vor der Wahl veröffentlicht hatten, weitgehend wirkungslos blieb.
Dazu passt auch eine Umfrage des konservativen Thinktanks Beacon Center Tennessee von Anfang April. Danach gaben 44 Prozent der Befragten an, eine mehr oder weniger positive Einstellung zur UAW zu haben, nur 20 Prozent äußerten sich negativ.
Zum anderen, so Kochan, habe das lokale VW-Management diesmal weitgehend auf antigewerkschaftliche Aktivitäten verzichtet. “Heutzutage gewinnen die Gewerkschaften vor allem dann, wenn das Management nicht alles tut, um ihre Organisierungsbemühungen zu vereiteln”, erklärt er.
Für die Wahl 2019 hatte VW mit Littler noch eine Wirtschaftskanzlei beauftragt, die bundesweit als Union Buster bekannt ist. IG Metall und Betriebsrat hatten damals protestiert. Diesmal hielt sich das Management zurück. Dazu hätten auch die Kontakte der UAW nach Wolfsburg beigetragen. “Immer wenn es hier ein Problem gab, konnten wir uns an den Betriebsrat wenden”, so UAW-Chef Shawn Fain.
Die nächste Hürde, die die UAW nun nehmen muss, ist der Abschluss eines ersten Tarifvertrags. Viele Unternehmen versuchen, eine erfolgreiche Gewerkschaftswahl im Nachhinein zu untergraben, indem sie Tarifverhandlungen absichtlich verzögern oder scheitern lassen. Wilma Liebman, Professorin für Arbeitsrecht an der New York University und ehemalige Vorsitzende der US-Bundesbehörde für Arbeitsbeziehungen NLRB, erwartet jedoch nicht, dass VW so vorgehen wird.
“Volkswagen hat weltweit mit Gewerkschaften oder Betriebsräten zu tun und weiß, wie es läuft”, ist Liebman überzeugt. Außerdem sei die Mehrheit riesig gewesen. “Man kann also nicht leugnen, was die Beschäftigten wollen und dass die Gewerkschaft ein klares Mandat hat.”
Für die im vergangenen Herbst gestartete Organisierungskampagne der UAW war die Wahl in Chattanooga ein erfolgreicher Auftakt. Bis 2026 will sie mit 40 Millionen US-Dollar neben VW und Mercedes-Benz auch die Autowerke von BMW, Honda, Hyundai, Mazda, Nissan, Subaru, Toyota und Volvo organisieren. Hinzu kommen die US-Elektroautohersteller Tesla, Rivian und Lucid. Insgesamt sind dort rund 150.000 Menschen beschäftigt. Im Gegensatz zu Ford, General Motors und Stellantis gibt es in den Werken weder Arbeitnehmervertretungen noch Tarifverträge.
Im Falle einer erneuten Präsidentschaft von Donald Trump dürfte das Organizing jedoch wieder deutlich schwieriger werden. Das Zeitfenster könnte sich also schon wieder schließen. Vonda McDaniel, Vorsitzende des Labor Council in Nashville, ist dennoch optimistisch. “Wenn es den Beschäftigten gelingt, in Tennessee mit seinem feindlichen Umfeld eine Gewerkschaftswahl zu gewinnen, dann können wir in den kommenden Monaten mit weiteren Erfolgen rechnen.”
25. April 2024, 10-11 Uhr, Online
Webinar Doppelte Wesentlichkeit als Kern der CSRD verstehen (Veranstalter: KliMa Wirtschaft) Info & Anmeldung
25. April 2024, 13-17 Uhr, Hamburg und online
Tagung 5. Hamburger Nachhaltigkeitsdialoge (Veranstalter: Heldenrat GmbH) Info & Anmeldung
26. April 2024, 8:30-12 Uhr, Arnstadt
Seminar Neue Energie – Exkursion zur Firma Agrokraft (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung) Info & Anmeldung
26.-27. April 2024, Berlin
Konferenz Bürgerenergie Konvent 2024 (Veranstalter: Bündnis Bürgerenergie e.V.) Info & Anmeldung
28. April 2024, 11-19 Uhr, Berlin
Festival 29. Umweltfestival: “Wald – Einer für alle” (Veranstalter: GRÜNE LIGA Berlin) Info & Anmeldung
29. April 2024, 19-20:30 Uhr, Kiel
Vortrag Agrarpolitik quo vadis – wie Ernährungssicherheit und Ökosystemleistungen in Einklang bringen? (Veranstalter: Hermann Ehlers Akademie) Info & Anmeldung
29. April 2024, 19-21 Uhr, Online
Vortrag Rechtspopulistische Parteien in der Umweltpolitik in Europa – was kommt mit der Europawahl auf uns zu? (Veranstalter: BUND) Info & Anmeldung
30. April 2024, 17 Uhr, Kelheim
Vortrag Die digitale Transformation: Wie Digitalisierung und KI unsere Gesellschaft verändern (Veranstalter: Hanns-Seidel-Stiftung) Info & Anmeldung
30. April 2024, 18 Uhr
Diskussion Kann die Marktwirtschaft das Klima retten? Ulrike Herrmann im Gespräch mit Jens Spahn MdB (Veranstalter: Konrad-Adenauer-Stiftung) Info & Anmeldung
Die Erfüllung der Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) durch ihre chinesischen Partner stellt deutsche Unternehmen vor andere Probleme als ursprünglich erwartet. Es gebe mittlerweile ein hohes “Maß an Informiertheit” und “(vordergründiger) Kooperation auf chinesischer Seite”, heißt es einer Befragung von Unternehmen mit China-Geschäft der Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik, die Table.Briefings vor der Veröffentlichung vorlag. Häufig kämen die Fragebögen mit vollständig einwandfreien Ergebnissen zurück, “was die Frage der Glaubwürdigkeit aufwirft”.
Das stellt die deutschen Unternehmen bei der Erfüllung des LkSG “vor eine paradoxe Situation”. Die Selbstauskünfte der chinesischen Zulieferer zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten liefern juristisch betrachtet einwandfreie Ergebnisse, “deren Plausibilität jedoch oftmals bezweifelt wird, ohne sie tatsächlich überprüfen zu können”. Die befragten Fachleute verweisen auf die mangelhaften Möglichkeiten, sich unabhängige Informationen in China zu beschaffen. Dort fehle beispielsweise eine unabhängige Zivilgesellschaft. Schwierigkeiten erleben die Fachleute deswegen aber auch in ihren eigenen Unternehmen, wenn sie Ressourcen für weitere Nachforschungen in den Lieferketten wünschen. Schließlich werde der Erkenntnisgewinn solcher Versuche als gering eingeschätzt.
Befragt hat die Stiftung zehn Unternehmen mit einem hohen beziehungsweise strategisch bedeutsamen Anteil des Chinageschäfts beim Bezug von Rohstoffen oder Waren, mit Beschäftigten von 200 bis 40.000 Mitarbeitern aus unterschiedlichen Branchen. Zum Thema der Belastbarkeit von Daten und Reports führte die Stiftung zwölf weitere Interviews mit Experten aus der Finanzbranche.
Schwer fällt es den deutschen Unternehmen, bei ihren chinesischen Großlieferanten auf eine andere Handhabung des Lieferkettengesetzes hinzuwirken, denn dazu ist nach ihrer eigenen Einschätzung ihre Marktmacht zu gering. Selbst hiesige Großkonzerne mit bekannten Markennamen seien “aus der Perspektive chinesischer Zulieferer eher klein”. Verbessern dürfte sich diese Situation aus Sicht der deutschen Unternehmen durch die künftigen, europaweit geltenden EU-Standards. Das europäische Lieferkettengesetz dürfte die Verhandlungsmacht der Unternehmen aus Europa gegenüber großen Wirtschaftsräumen wie China “deutlich stärken”, heißt es. cd
Die großen Wirtschaftsverbände üben zum Teil scharfe Kritik am geplanten deutschen Umsetzungsgesetz für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Table.Briefings konnte die Beiträge von fünf Interessensverbänden zur Anhörung des Bundesjustizministeriums einsehen, bevor sie veröffentlicht werden.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) fordert eine grundsätzliche Überarbeitung der CSRD und der Europäischen Standards für die Berichterstattung (ESRS), um die Belastungen der direkt und indirekt berichtspflichtigen Unternehmen (Trickle-down-Effekt) zu reduzieren. Andere Interessensverbände halten dies für unrealistisch und begrüßen ausdrücklich, dass das deutsche Umsetzungsgesetz weitgehend den Normen der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie entspreche.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält den von der Bundesregierung geschätzten einmaligen Erfüllungsaufwand für die Einführung der CSRD-Berichterstattung (insgesamt 748 Millionen Euro) für zu niedrig. Hinzu kämen laut Bundesregierung laufende jährliche Kosten von 1,4 Milliarden; pro Firma wären dies rund 100.000 Euro. Bei den Unternehmen, die bereits freiwillig Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen, sei der Aufwand deutlich höher, meint der BDI.
Laut dem Maschinenbauverband VDMA dürften mit 100.000 Euro in mittelständischen Betrieben allenfalls die zusätzlichen Personalkosten abgedeckt werden. Darüber hinaus würden Kosten für Beratung, IT-Tools und die externe Prüfung entstehen. Dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) zufolge beläuft sich der einmalige Aufwand bei der Implementierung der CSRD-Berichterstattung auf 7,5 Milliarden Euro. Die jährlichen Kosten würden laut VCI drei Milliarden Euro betragen.
Unisono fordern die Verbände eine Wahlfreiheit für deutsche Firmen bei den Dienstleistern, die die Nachhaltigkeitsberichte prüfen. Laut dem Referentenentwurf sind nur Wirtschaftsprüfer dafür zugelassen. Die CSRD lässt aber die Möglichkeit zu, dass auch andere, entsprechend qualifizierte und zertifizierte Dienstleister diese Aufgabe übernehmen. Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI fordert, Deutschland solle auch akkreditierte Prüfstellen wie TÜV, Dekra oder DQS zulassen.
Der BDI fordert darüber hinaus eine vollständige Synchronisierung der Fristen für die Berichte nach der CSRD und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Die jeweiligen Berichtspflichten überschneiden sich stark. Der Referentenentwurf sieht daher vor, dass der Termin für die erstmalige Abgabe eines LkSG-Berichts vom 31. Mai auf den 31. Dezember 2024 verschoben wird. Dies halten die Verbände jedoch nicht für ausreichend, da viele LkSG-pflichtige Unternehmen erst für das Geschäftsjahr 2025 unter die CSRD-Berichtspflicht fallen.
VDMA und BDI fordern zudem Erleichterungen bei den digitalen Berichtspflichten und fordern eine Verschiebung um mindestens ein Jahr. Die Lageberichte zur Nachhaltigkeit sollen künftig im European Single Electronic Format (ESEF) veröffentlicht werden. Hier wird zu jedem einzelnen Berichtsdatenpunkt ein aufwendiges iXBRL-Tagging verlangt. “Um die Mehrbelastungen der Prüfung in Grenzen zu halten, sollte der Gesetzgeber von einer gesonderten Prüfungspflicht für das ESEF-Reporting bzw. iXBRL-Tagging absehen”, fordert der VDMA.
Künftig müssen schätzungsweise 13.000 bis 15.000 Firmen jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen, in dem sie ihre wesentlichen ESG-Risiken offenlegen.
Justizminister Marco Buschmann hatte die Verbände aufgefordert, bis zum 19. April Stellungnahmen zum Referentenentwurf für das Umsetzungsgesetz abzugeben, der am 22. März 2024 veröffentlicht wurde. Die Stellungnahmen werden in Kürze auf der Website des Bundesjustizministeriums veröffentlicht. gh
Große europäische und US-amerikanische Unternehmen wollen in den nächsten drei Jahren 3,4 Billionen US-Dollar einsetzen, um ihre Produktionskapazitäten wieder näher an ihre Heimatmärkte zu bringen. Dies geht aus einer gerade veröffentlichten Studie des Capgemini Research Institute hervor. Demnach haben 47 Prozent der befragten Unternehmen bereits in die Verlagerung ihrer Produktion investiert. 72 Prozent entwickeln derzeit eine entsprechende Strategie oder haben mit dem Umbau ihrer Lieferketten begonnen.
Die Studie zeige, dass die inländische Produktion und das “Nearshoring” immer wichtiger werden, betonte Roshan Gya, CEO der Beratungsgesellschaft Capgemini. Ziel der Unternehmen sei es, “die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität der Lieferketten zu stärken, die nationale Sicherheit in strategischen Sektoren wiederherzustellen, die Klimaziele zu erreichen und die industrielle Stärke Europas und Nordamerikas wiederzuerlangen”, so Gya.
Für 55 Prozent der befragten Unternehmen ist laut den Ergebnissen der Studie die Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen, insbesondere der Scope-3-Emissionen, von zentraler Bedeutung. 62 Prozent der Unternehmen investieren daher im Rahmen ihrer Initiativen zur Reindustrialisierung in Technologien zur Verbesserung ihrer Klimabilanz und Nachhaltigkeit.
Gigafabriken werden als ein Schlüsselelement der Transformation angesehen. So gab mehr als die Hälfte der Befragten aus der Automobil-, Batterie- und Energiebranche an, dass ihr Unternehmen derzeit eine Gigafabrik baut oder dies in den nächsten fünf Jahren plant. Dabei sind die USA mit 54 Prozent der bevorzugte Standort, gefolgt von Europa mit 38 Prozent. China lag mit 12 Prozent noch hinter den Schwellenländern (Mexiko, Vietnam, Indien etc.) mit 21 Prozent und Großbritannien mit 16 Prozent.
Für die Studie hat Capgemini im Februar dieses Jahres 1.300 Führungskräfte von Industrieunternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar befragt. ch
Der Streit in der “Science Based Targets Initiative” (SBTI), die als wichtigste Bewertungsplattform für die Klimawirksamkeit von Unternehmen gilt, hält an. Dahinter verbirgt sich nach Recherchen von Table.Briefings eine Auseinandersetzung über den Umgang mit CO₂-Zertifikaten und die Frage, ob die SBTI Unternehmen den Kauf von Zertifikaten zur Erreichung ihrer Klimaziele erlauben soll.
Die SBTI wird unter anderem getragen von der Stiftung von Amazon-Boss Jeff Bezos, dem “Bezos Earth Fund” und arbeitet eng mit dem WWF zusammen. Während das Lager um den Amazon-Chef marktorientierte Strategien und eine Ausweitung des Handels mit CO₂-Zertifikaten favorisiert, halten die Vertreter des WWF-nahen Lagers eher die wissenschaftliche Integrität des SBTI-Siegels hoch und bewerten Marktmechanismen zur Erreichung von Klimazielen zurückhaltender. Unternommen wurde der jüngste Vorstoß, Unternehmen den Kauf von Zertifikaten zu erlauben, vom Kuratorium der SBTI, jedoch ohne den technischen Rat zu konsultieren, der bislang für derartige Entscheidungen zuständig galt.
Nun gibt es offenen Streit, der WWF sprach in einer Stellungnahme von “begründeten Zweifeln bezüglich der schlechten Erfolgsbilanz der CO₂-Zertifikate” und verlangt, dass SBTI “robuste wissenschaftsbasierte Prozesse” einhalten solle. Auch unter den Mitarbeitenden und Partnerorgansationen der SBTI rumort es. So fordert etwa die in Brüssel ansässige NGO Carbon Market Watch die Rücknahme der Entscheidung des Kuratoriums, international renommierte Experten wie Stephan Singer vom Climate Action Network haben SBTI bereits verlassen. Die Fürsprecher marktbasierter Ansätze hingegen jubeln, von einem “enormen Boost” schrieb etwa David Antonioli, ehemaliger Chef vom Zertifizierer Verra, unter deren Aufsicht die meisten Waldschutz-Zertifikate ausgestellt werden.
Mehr als 5.000 Unternehmen haben mit SBTI ihre Klimaziele definiert, darunter zahlreiche große internationale Konzerne. Nach einer Einigung im internen Konflikt sieht es unterdessen nicht aus, die Leitung von SBTi bekräftigte vielmehr ihre Position und erklärte die Zertifikate-Frage zu einer “strategischen” – also nicht im Kompetenzbereich des technischen Rats. Sollten gewichtige NGOs die Organisation dann verlassen, droht ein Auseinanderbrechen der SBTI. Tin Fischer
Die ganze Analyse lesen Sie im Climate.Table.
Subventionen für fossile Treibstoffe und Verkehrsmittel heben die CO₂-Bepreisung mehr als auf. Zu dem Schluss kommen Forschende des Kopernikus-Projekt Ariadne, das vom BMBF gefördert wird. “Aktuell treten wir beim Klimaschutz im Verkehr mit einem Fuß aufs Gas, mit dem anderen auf die Bremse: Emissionsverursachende sollten durch den CO₂-Preis eigentlich Anreize zur Senkung von Emissionen erhalten”, sagt Ariadne-Experte Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. “Unsere Forschung zeigt, wie sehr Haushalte, die Diesel fahren, längere Wege mit dem privaten Auto oder Dienstwagen zur Arbeit pendeln oder innerdeutsche Flüge nutzen, aktuell durch Subventionen für den Ausstoß einer Tonne CO₂ belohnt werden”.
Für die Studie haben die beteiligten Institute die derzeit geltenden CO₂-Preise mit den Steuervergünstigungen für Diesel, Dienstwagen, Wege zur Arbeit und den innerdeutschen Flugverkehr gegengerechnet. Heraus kommt eine breite Spanne von 70 bis zu 690 Euro, welche die Nutznießer je nach Einkommen und Verkehrsmittel pro Tonne CO₂ einsparen. “Wir haben zum ersten Mal vier wesentliche Subventionen aus dem Verkehrsbereich in negative CO₂-Preise umgerechnet. Die Umrechnung ermöglicht einen Vergleich mit dem tatsächlichen CO₂-Preis für den Verkehr”, erläutert Ariadne-Fachmann Nicolas Koch vom Mercator Institute for Global Commons and Climate Change MCC.
Zu der mangelnden Lenkungswirkung hin zu mehr Klimaschutz, die die CO₂-Bepreisung eigentlich leisten soll, kommt die sozial ungleiche Verteilungswirkung. Denn Bezieher höherer Einkommen nutzen Dieselfahrzeuge, Dienstwagen und innerdeutsche Flüge vorrangig. “Von den von uns untersuchten Subventionen profitieren hauptsächlich wohlhabende Haushalte”, erläutert Ariadne-Experte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). “Auch die Pendlerpauschale entlastet vor allem mittlere und höhere Einkommensgruppen.” Die Forscher sprechen sich daher dafür aus, “verzerrende Subventionen” im Verkehr ab- und umzubauen. av
Stahl soll in Deutschland künftig umweltfreundlicher produziert werden. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) hat deshalb am Montag auf der Hannover Messe ihren Low Emission Steel Standard (LESS) vorgestellt. Er soll den Grundstein für die Entwicklung grüner Leitmärkte für klimafreundlichen Stahl legen.
LESS ist auf Initiative der WV Stahl und ihrer Mitgliedsunternehmen entstanden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat das Projekt unterstützt.
WV Stahl-Präsident Bernhard Osburg betonte bei der Vorstellung der neuen Kennzeichnung die Bedeutung klarer Regeln, Definitionen und überprüfbarer Standards für den Erfolg der Transformation der Stahlindustrie. “Ich freue mich, dass es mit vereinten Kräften gelungen ist, eine auf internationalen Regeln und Standards basierende und breit konsentierte Lösung zu entwickeln, die wir nun in die Umsetzung bringen.” Die Stahlverwender erhielten mit LESS alle notwendigen Informationen, um ihre CO₂-Einsparziele mithilfe von grünem Stahl zu dokumentieren, so Osburg.
Kernstück von LESS ist ein Kennzeichnungssystem, das über eine abgestufte Klassifizierungsskala die Einstufung von CO₂-arm produziertem Stahl ermöglicht. Gleichzeitig müssen die Unternehmen ihren Schrottanteil sowie den im Stahlfertigprodukt enthaltenen Product Carbon Footprint (PCF) beziehungsweise das Global Warming Potential (GWP) angeben.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte die Initiative der Stahlindustrie. “Nachhaltige Kennzeichnungen sind eine wesentliche Stellschraube, um Transparenz und Anreize für klimafreundliche Grundstoffe und Produkte im Markt zu schaffen”, unterstrich er.
Zustimmung kam auch von der Umweltorganisation Germanwatch. Die Stahlindustrie zeige, dass sie es mit der Transformation ernst meine, sagte ihr Referent für klimaneutrale Industrie, Tilman von Berlepsch “Jetzt muss die Politik weitergehende Instrumente für die Entstehung grüner Leitmärkte implementieren.” LESS biete dafür eine gute Grundlage. ch
Die Nachfrage nach Ingenieuren in Deutschland überstieg Ende 2023 das Angebot deutlich, was Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Transformation haben dürfte. Deutlich wird dies am sogenannten Engpassfaktor, den der Verband der Ingenieure (VDI) mit dem Kölner Institut der Wirtschaft (IW) ermittelt. Setzt man die Anzahl offener Stellen in Bezug zur Zahl der Arbeitslosen, ergibt sich die Engpasskennziffer. Im vierten Quartal 2023 habe die Engpasskennziffer in Ingenieur- und Informatiker-Berufen 380 offene Stellen je 100 Arbeitslose betragen – “ein deutlicher Engpass”, heißt es beim VDI. Die größten Engpässe bestünden in vier Berufskategorien, die alle wichtig für Digitalisierung und Klimaschutz sind:
“Rund 29 Prozent der von uns von November 2023 bis Januar 2024 befragten Unternehmen geben an, dass fehlende Fachkräfte ein Hemmnis darstellen, das eigene Unternehmen bezüglich des Klimaschutzes und der Energiewende besser aufzustellen”, sagt Prof. Axel Plünnecke vom IW. Die Spannbreite fehlender Fachkräfte reiche von rund 19 Prozent bei unternehmensnahen Dienstleistern bis zu rund 75 Prozent in der Branchengruppe “Energie- und Wasserversorgung, Entsorgung”. In der Gruppe der Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten erwarten für die nächsten fünf Jahre 70 Prozent einen steigenden Bedarf an Informatikern und 59 Prozent einen steigenden Bedarf an Ingenieuren speziell zur Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte.
Besserung ist nicht in Sicht: Im Studienjahr 2023 starteten mit 128.400 Anfängern verglichen mit dem Studienjahr 2016 in den Ingenieurwissenschaften und Informatik 10,5 Prozent weniger potenzielle Nachwuchskräfte. cd
Lieferkettengesetz in Europa: Die Schweiz liefert nicht – taz
Die EU hat bald ein Lieferkettengesetz – die Schweiz hinkt hinterher. Nun soll erneut eine Volksinitiative die Schweizer Großkonzerne in die Pflicht nehmen, berichtet Carlo Mariani. Bereits im November 2020 hatte eine knappe Mehrheit der Eidgenossen für eine Konzernverantwortungsinitiative gestimmt. Sie scheiterte jedoch an der fehlenden Zustimmung einer Mehrheit der Kantone. Zum Artikel
Verdammt zur Ausbeutung: Bangladeschs Textilarbeiter – Stuttgarter Zeitung
Das Lieferkettengesetz soll die Umwelt in den Produktionsländern schonen, die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken vor Ort schützen und dafür sorgen, dass sie angemessen bezahlt werden. Doch die Betroffenen spüren davon nichts, hat Felix Lill recherchiert. Sie kennen das Gesetz gar nicht. Zum Artikel
Sehr bald schon werden auf einem Großteil des Planeten Bedingungen herrschen, die ökologisch beispiellos sind – Süddeutsche Zeitung
Benjamin von Brackel greift die in Fachjournalen beschriebene Arbeit von Wissenschaftlern um die Paläobiologin Bethany Allen von der ETH Zürich auf, die erstmals untersucht haben, wie der Klimawandel die Erde bis zur Mitte des Jahrtausends verändern könnte. Es gibt unterschiedliche Szenarien, nach denen sich zwölf bis 50 Prozent aller Landflächen “nicht mehr klimatisch für jene Lebensräume eignen, die sich heute noch dort befinden”. Zum Artikel
Die Ökogas-Lüge – Correctiv.org
Ein Rechercheteam schreibt, dass deutsche Gasversorger Greenwashing betrieben hätten. Freiwillige “Ökogas”-Aufpreise für CO₂-Gutschriften flossen in fragwürdige Projekte. Insbesondere die NGO Verra aus den USA, welche die “Phantom-Gutschriften” handelt, aber auch der deutsche Branchenverband BDEW, werden für irreführende Angaben kritisiert. Zum Artikel
EU regulator urges action on climate threat to insurance – Financial Times
Petra Hielkema, Chefin der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA), mahnt im Gespräch mit Ian Smith schnelle Reaktionen auf zunehmende Schäden durch Naturkatastrophen an. Dazu zählt sie angepasste Bauvorschriften und Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Versicherern, um Verluste zu teilen. Was nicht in Frage käme, sei der Ausschluss gefährdeter Gebiete von Versicherungen. Zum Artikel
Is Online Shopping Bad for the Planet? – The New York Times
Theoretisch kann die Lieferung einer Ware effizienter sein als eine Fahrt zum Laden. Aber vielleicht sollte man trotzdem nachdenken, bevor man etwas in den digitalen Warenkorb legt, rät Dionne Searcey. Schließlich habe eine Studie des MIT in Boston ergeben, dass traditionelles Shopping in mehr als 75 Prozent der Fälle nachhaltiger ist. Zum Artikel
Climate Doom Is Out. ‘Apocalyptic Optimism’ Is In – The New York Times
Die Konzentration auf die drohende Katastrophe hat die Entwicklung des Planeten bisher nicht zum Besseren verändert. Könnte ein optimistischerer Ansatz eher den Weg in die Zukunft weisen, fragt sich Alexis Soloski. Zum Artikel
Grün und teuer: Das neue Vorzeige-Quartier in Berlin – Klimareporter
Im Norden Berlins entsteht das Ökoquartier Kokoni One. Holz als Baustoff, dachintegrierte Photovoltaikanlagen, geothermisches Nahwärmenetz – alles gut und richtig, aber auch teuer, findet David Zauner. Zum Artikel
Nutzfahrzeuge: Erster E-Lkw mit einem Megawatt Ladeleistung geladen – Automobil Produktion
Daimler Trucks hat den ersten E-Actros mit einem Megawatt Ladeleistung geladen. MAN hatte zuvor schon das Laden mit 700 Kilowatt demonstriert. Bereits 2025 soll es in Europa ein Kernnetz an Ladesäulen nach dem MCS-Standard (Megawatt Charging System) geben, weiß Thomas Günnel. Zum Artikel
Mammutaufgabe Wärmewende – FAZ
Wie kann es Kommunen gelingen, die Wärmeversorgung mit Gas und Öl auf grüne Energien umzustellen? Hanna Decker und Christian Greinitz sprechen mit dem Chef der Osnabrücker Stadtwerke Daniel Waschow, der bis 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen muss. Zum Artikel
Weniger Emissionen, weniger Ressourcenverbrauch, mehr Wachstum und eine bessere Versorgung mit kritischen Rohstoffen – mit dem Hochlauf der Kreislaufwirtschaft verbinden sich in Deutschland viele Hoffnungen. Geht es etwa ums CO₂, könnte die Circular Economy zu deutlichen Einsparungen bei schwer vermeidbaren Industriemissionen führen. So ließen sich laut Agora Industrie die Gesamtemissionen der Stahl-, Zement- und Kunststoffbranche mittels Kreislaufwirtschaft um ganze 25 Prozent senken. Und das bereits bis 2030, da viele der Lösungen technisch ausgereift und leicht skalierbar sind. Soweit die Theorie. In der Praxis fehlt es Unternehmen jedoch noch an verlässlichen Rahmenbedingungen, um ihre Investitionen zu tätigen. Ob Produktpässe, Recyclingquoten oder das Vergaberecht – die Liste mit den ungeklärten Fragen ist lang.
Dabei hat die Circular Economy eigentlich das Potenzial, zum echten Boom-Markt zu werden. Ab 2030 jährlich zwölf Milliarden Euro zusätzliche Bruttowertschöpfung, schätzt zum Beispiel der BDI. Weniger CO₂, mehr Wachstum – eine seltene Kombination, weshalb sich die Stiftung KlimaWirtschaft mit ihren Förderunternehmen für eine möglichst ambitionierte Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) einsetzt.
Ein wichtiger Pfeiler dabei könnten verbindliche Recyclingquoten sein. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es leistungsstarke Rücklaufsysteme für alle Rohstoffarten gibt, um Unternehmen mit ausreichend Rezyklaten zu versorgen. Ist dies nicht der Fall, droht die Gefahr, dass Produkte absichtlich vor Ende ihrer Nutzungsdauer recycelt werden, nur um die Quoten zu erfüllen. Betroffen hiervon sind vor allem langlebige Produkte und Materialien, bei denen die Nachfrage nach Rezyklaten die Verfügbarkeit deutlich übersteigt. Um diesen Fehlanreiz zu verhindern, braucht es rohstoffspezifische Quoten nach Augenmaß, die in engem Austausch mit den jeweils betroffenen Branchen festgelegt werden. Ebenfalls wichtig, um die Rezyklat-Knappheit zu beseitigen: ein Abbau rechtlicher Hemmnisse beim Abfallende.
Ob Stahlschwämme, Kupferschrott oder Plastikmüll – Abfälle sind das Rohstofflager der Zukunft. Sie als solches zu nutzen, ist allerdings gar nicht so leicht, da der Übergang vom Abfall- ins Produktrecht noch immer mit vielen Hürden verbunden ist. Anders als Rohstoffe aus dem Tagebau, die problemlos überall eingesetzt werden können, müssen Rohstoffe aus dem Recycling vor ihrer Nutzung zahlreiche Genehmigungen durchlaufen. Umwelttechnisch ist das nachvollziehbar, im Ergebnis führt diese Praxis allerdings zu einem enormen Flaschenhals bei Rezyklaten.
Um diesen Zielkonflikt zu entschärfen, braucht es vor allem bei für die Transformation kritischen Rohstoffen mehr Pragmatismus und eine rechtliche Abkehr vom Abfallbegriff. Wesentliche Vorarbeit hierfür wurde von der EU bereits mit dem Do-No-Significant-Harm-Prinzip geleistet. Der Ansatz, der für die Taxonomie bereits genutzt wird, sollte auch für die NKWS als Blaupause dienen.
Ein weiteres Handlungsfeld der NKWS sind digitale Produktpässe. Mit ihnen soll der Übergang eines Produkts von seiner Nutzungsphase in das Recycling planbarer gemacht werden. In der Baubranche ließe sich so zum Beispiel nachvollziehen, welche Rohstoffe in welchen Gebäuden wie lange gebunden sind. Das Ziel: Den Rohstoffbedarf künftig am Rezyklat-Angebot ausrichten und die Stadt so in eine Rohstoffmine verwandeln. Urban Mining statt planlosem Abreißen und Neubauen.
Erste Pilotprojekte dieser Art werden von unseren Förderunternehmen bereits realisiert. Um das Konzept im großen Maßstab umzusetzen, fehlt es jedoch noch an einheitlichen Normen. Wann gilt ein Material als zirkulär, wie wird Zirkularität gemessen und wie sollen die Daten gespeichert werden? Um Insellösungen zu vermeiden, braucht es Standards und eine zentrale Daten-Plattform.
Zudem wäre für die Baubranche auch eine stärkere Ausrichtung der Vergabepraxis auf Kreislaufwirtschaft wichtig. Aktuell werden Lebenszykluskosten hier kaum berücksichtigt, was dazu führt, dass kurzfristig günstigere Optionen den langlebigeren Kreislauflösungen vorgezogen werden. Schlecht für modulares Bauen und teuer bei der Entsorgung. Bei Vergaben sollte neben dem Preis deshalb künftig auch auf Zirkularität geachtet werden.
Wie bei allen Themen der NKWS gehen dabei Tempo und Planbarkeit vor Perfektionismus. Ziel der Bundesregierung für diese Legislatur sollte deshalb sein, neben der NKWS auch erste Gesetze zu verabschieden. Dann kann Deutschland auch noch die von Olaf Scholz geforderte internationale Vorreiterrolle im Bereich der Kreislaufwirtschaft einnehmen.
Sabine Nallinger ist Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft, einer klimapolitischen Initiative von Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführer:innen und Familienunternehmer:innen.
Africa.Table – Wie die gesamte afrikanische Wirtschaft unter der anhaltenden Dollar-Stärke leidet: Die hohen Schulden vieler afrikanischer Staaten wiegen schwer. Doch das tatsächliche Problem liegt weniger in der Höhe der Schulden, sondern ganz woanders. Neue Erkenntnisse aus der Wirtschaftstheorie zeigen den Weg zu einer Lösung. Zum Artikel
Agrifood.Table – “Staatliche Eingriffe in den Milchmarkt führen weder zu höheren Preisen für Bauern noch verteuern sie Trinkmilch”: Entgegen der Meldung eines großen Boulevardblatts ist Landwirtschaftsminister Özdemir nicht schuld an steigenden Milchpreisen, sagt Milchmarktexperte Thiele. Zum Artikel
Research.Table – Kanzler Scholz stellt Verbesserung der steuerlichen Forschungszulage in Aussicht: Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands am Beispiel von KI ging es am Montag auf dem Gipfel für Forschung und Innovation. Der Kanzler äußerte sich zuversichtlich, auch Wirtschaft und Wissenschaft sind erstaunlich optimistisch. Zum Artikel
China.Table – “China braucht VW nicht mehr”: Volkswagen hat in China mit seinen inzwischen 39 Beteiligungen selbst gewaltige Überkapazitäten geschaffen. An Werkschließungen führe für VW in der Volksrepublik kein Weg vorbei, sagt der langjährige China-Autoexperte Jürgen Siebert. Zum Artikel