Table.Briefing: ESG

COP16: Womit Naturschützer in Kolumbien kämpfen + Batterie-Recycling: Warum Mercedes investiert

Liebe Leserin, lieber Leser,

Malaria ist so alt wie die ägyptische Zivilisation, aber die Krankheit, die Pharaonen geplagt hat, sei nun Geschichte, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Wochenende und erklärte Ägypten zum malariafreien Gebiet. Das Beispiel zeigt, es lohnt sich, beharrlich an Fortschritten zu arbeiten, etwa konsequent Brutstätten von Mücken zu beseitigen und Maßnahmen zum Mückenschutz umzusetzen. Gerade mit Blick auf ihre Gesundheit hat die Menschheit gewaltige Fortschritte erreicht.

Doch diese Fortschritte werden hinfällig, wenn sich die Menschheit nicht ebenso um die Gesundheit der Pflanzen und Tiere sorgt. Darum geht es diese Woche bei der Biodiversitäts-COP in Kolumbien. Wie schwierig die Umsetzung im Gastgeberland selbst ist, berichtet Alexandra Endres.

Die Kollegin Clair Stam stellt Astrid Schomaker vor – der neuen UN-Exekutivsekretärin für Biodiversität kommt bei den Verhandlungen eine Schlüsselrolle zu.

Doch Fortschritte bei der Biodiversität wird es nur mit einer echten Kreislaufwirtschaft entlang fairer Lieferketten geben. Beide Themen beleuchten wir in unserer heutigen Ausgabe.

Wladimir Nikoluk ist Gründer und CEO des Softwareanbieters Atlasmetrics. Ich habe mit ihm über die Rolle und Aussagekraft von Daten für die Erfüllung von Lieferkettenregulierungen und Berichtspflichten gesprochen. Anna Gauto schreibt über die erste Batterie-Recycling-Fabrik von Mercedes-Benz in Baden-Württemberg. Die langjährige Handelsblatt-Redakteurin analysiert für Sie künftig Unternehmen in der Transformation. Sie spricht mit Vorreitern, sieht sich an, wo es bei Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit noch hakt und in welchen Fällen nur die Hülle grün glitzert. Willkommen im Team.

Ihr
Caspar Dohmen
Bild von Caspar  Dohmen

Analyse

ESG-Software-Unternehmer Nikoluk: “Entscheidend sind nicht die Daten, sondern die Möglichkeiten für Unternehmen, etwas zu verändern”

Firmengründer Nikoluk: “Uns fehlt in Europa eine Zukunftsvision.”

Seit der Regulierung von Lieferketten und der Einführung diverser Berichtspflichten explodiert der Markt von Datenanbietern für Unternehmen. KMU geben teils sechsstellige Beträge für Softwarelösungen aus. Ist das notwendig?
Obwohl es schwierig ist für Unternehmen, gute von schlechten Softwarelösungen zu unterscheiden, ist der Gebrauch von Software für KMU bei diesen Themen alternativlos, denn die Software macht tausende Seiten Regulierung bewältigbar durch eine intuitive Nutzeroberfläche. Die größte Nachfrage beobachten wir im Bereich Compliance. Hier drohen Unternehmen bei Verstößen Strafen in Höhe von maximal fünf Prozent des Jahresumsatzes. Das bedeutet aber nicht, dass sechsstellige Beträge zwingend anfallen müssen. Eine performante Software wird KMUs einen fünfstelligen Betrag kosten.

Kein auf menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten basierendes Lieferkettengesetz der Welt verlangt von Unternehmen, alle Risiken auszuschließen. 2023 hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle auch keine einzige Strafe im Kontext des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes verhängt. Malen Sie da aus Vertriebsabsichten nicht absichtlich schwarz?
ESG-Regulierungen sind noch sehr jung und es ist verständlich, dass Behörden in den ersten Jahren kulant sind mit der Umsetzung der Vorgaben und somit Unternehmen nicht sofort mit Strafen belegen. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Beispielen, die zeigen, dass nachhaltigkeitsbezogene Verstöße ernst genommen werden. Volkswagen ist mit einer 35-Milliarden-US-Dollar-Strafe der traurige Spitzenreiter, aber auch Toyota, DWS, Vanguard, Eni, Goldman Sachs und H&M mussten schon Millionenbeträge in Strafen für falsche oder fehlende Daten oder Handlungen im Bereich der Nachhaltigkeit zahlen. Vor sechs Monaten hat die EU-Kommission zudem eine Untersuchung in irreführende Nachhaltigkeitsaussagen von 20 Airlines angekündigt. Mit steigenden Berichtspflichten und Transparenz werden wir mehr solcher Fälle in den nächsten Jahren sehen und incentivieren, damit Unternehmen jetzt schon präventiv handeln.

Am Ende des Tages hängt die Qualität von Softwaresystemen zur Beurteilung von Lieferketten von der Qualität der eingespeisten Daten ab. Mir erzählen Unternehmen, sie bekämen aus China jedes notwendige Zertifikat, gehen aber davon aus, dass diese oft gefälscht oder gekauft sind. Welchen Wert hat es, wenn solche Zertifikate dann in Systemen hinterlegt werden?
Da haben Sie völlig recht und Datenqualität war historisch ein großes Problem. Die Qualität der Daten wird sich aber im Laufe der Zeit stark verbessern, weil Unternehmen vergleichbarer werden und ihre Daten von Drittparteien auditieren lassen müssen. Zudem gibt es gehörige geografische Unterschiede: Man kann nicht in allen Teilen der Welt dermaßen fälschen, in Europa beispielsweise nicht. Außerdem kann man auch von solchen Zertifikaten unabhängige Risikomodelle bauen. Das geschieht immer öfter.

Wie sehen sie konkret aus?
Wenn eine Firma in großem Stil in Indien Textilien einkauft und es angeblich bei keinem Zulieferer ein Kinderarbeitsrisiko gibt, ist das sehr unwahrscheinlich. Eine Software warnt dann automatisch, damit die bestellende Firma nachfasst und etwa eine Auditfirma beauftragt, die Situation vor Ort zu prüfen. Es stechen auch Unternehmen hervor, wenn sie anders als Konkurrenten immer deutlich bessere Werte mit Blick auf Umwelt oder SDGs berichten. Mit einer Mischung aus Auditieren, dem Setzen von Benchmarks, einer Risikobetrachtung und der Modellierung von Situationen werden sich die Daten mit der Zeit verbessern, auf deren Grundlage Unternehmen dann handeln können.

Wie aussagekräftig ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen?
Zunehmend mehr – um 2021 fand ein Umschwung statt. Zuvor war Nachhaltigkeitsberichterstattung extrem schwierig. Verantwortliche schrieben ellenlange Berichte. Man konnte wegen fehlender und unterschiedlicher Indikatoren und Zahlen Unternehmen kaum vergleichen. Vereinzelt überprüften investigative Journalisten die Angaben von Unternehmen. Ansonsten konnten sich Unternehmen darauf verlassen, dass niemand Externes ihre Angaben überprüfte und schaute, ob sie sinnvoll sind. Unternehmen haben viel Unfug berichtet.

Inwiefern?
Nehmen Sie die Berichterstattung über Scope-3-Emissionen. Oft packten Unternehmen diese Angabe in eine einzelne Zahl. Dabei ist das nicht sinnvoll, denn Scope-3 hat 15 Kategorien. Man muss wissen, welche Kategorien ein Unternehmen berechnet. Sonst sind auch Vergleiche zwischen Unternehmen unsinnig.

Haben sich die Verantwortlichkeiten verändert?
Früher berichteten die Nachhaltigkeitsabteilungen meist an den Chief Marketing Office. Es ging häufig um vorteilhafte Kommunikation und Marketing. Entsprechend überprüften sie die Qualität der Angaben gewöhnlich nicht. Seit 2021 achten Unternehmen viel mehr auf Datenqualität. Zudem berichten die Abteilungen jetzt immer häufiger an CFOs, Heads of Compliance oder CEOs.

Die Menge von Daten über Zulieferer steigt. Die Angaben werden auch besser aufbereitet. Aber man kann natürlich weiter Kinder verstecken, wenn der Auditor angekündigt zur Kontrolle die Fabrik besucht. Und beim Aufbau von Beschwerdesystemen – etwa durch deutsche Automobilbauer und Zulieferer in Mexiko – sieht man auch, wie schwer sich die Betroffenen von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen damit tun, Missstände überhaupt zu berichten. Gibt es eine Diskrepanz zwischen Quantität und Qualität von Daten?
Ich glaube, das stimmt, wobei es Unterschiede zwischen der sozialen Dimension und der Umweltdimension gibt. Der Zustand der Umwelt lässt sich eben leichter abbilden. Aber man kann einiges verändern, wenn man bestimmte Fakten über Firmen kommuniziert. Coca-Cola verschwendet zum Beispiel ungefähr viermal mehr Wasser bei der Produktion als Pepsi. Das weiß aber niemand. Wenn ich das Leuten erzähle, sagen sie dann häufig, dass sie nächstes Mal eine Pepsi trinken würden. Viele solcher Mikrosignale verändern etwas, das nennt sich Marktwirtschaft. Am Ende könnte Cola Marktanteile verlieren und das Management zum Umsteuern veranlasst werden.

Wie wichtig ist Regulierung für die Bereitstellung von Daten über wirtschaftliches Handeln?
Enorm wichtig. Früher hätte doch keine Bank einen Kredit an Informationen über CO₂-Emissionen knüpfen können, weil die Kunden einfach zu einer anderen Bank gewechselt wären. Aufgrund der Regulierung müssen alle Unternehmen mittlerweile CO₂-Daten produzieren und berichten. Solche Daten beschäftigen den Markt immer mehr. Darauf achten schon jetzt Investoren und Ratingagenturen. Entscheidend sind am Ende natürlich nicht die Daten an sich, sondern die Möglichkeiten für Unternehmen, an den Situationen etwas zu verändern, etwa für mehr Biodiversität zu sorgen.

In Asien habe ich immer wieder Unternehmer getroffen, die sagten, “ihr in der EU mit euren ganzen Regeln – angesichts unseres Wachstums brauchen wir Europa künftig nicht mehr”. Ist die Regulierung schlecht für das Geschäft?
Natürlich müssen sich Transformation und Wettbewerbsfähigkeit vertragen. Aber viele Dinge setzen sich auch schlicht durch, weil es sich wirtschaftlich lohnt. Deswegen baut das republikanisch regierte Texas am schnellsten die Solarenergie aus. Uns fehlt in Europa anders als in den USA oder China auch eine Zukunftsvision und wir beschäftigen uns viel zu sehr mit dem Erhalt des Status Quo. Ich fände es gut, wenn unsere Vision wäre, ein wettbewerbsfähiger und dennoch nachhaltiger Kontinent zu sein.

Was halten Sie von einem Qualitätssiegel für Anbieter von Lieferketten-Software?
Idealerweise hätte man ein Siegel von der IHK. Allerdings ist das schwierig, solange manche Regulierungen noch nicht final definiert sind.

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Kolumbien: So hilft Deutschland bei Klimaschutz und fossilem Ausstieg

Ein Kitesurfer am Cabo de la Vela, Guajira, Kolumbien. Die Region gilt als besonders attraktiv für die Erzeugung von Windstrom und ist deshalb wichtig für die kolumbianische Energiewende.

Kolumbien verfolgt in der Klimapolitik ehrgeizige Ziele. Die Regierung unter Präsident Gustavo Petro will raus aus den fossilen Energien und die Wirtschaft komplett klimafreundlich umbauen – obwohl das Schwellenland historisch stark von den Staatseinnahmen aus Öl- und Kohleexporten abhängt. Auch auf den UN-Klimagipfeln setzt Kolumbien sich für den globalen Ausstieg aus den fossilen Energien ein. Es werde wohl rund 15 Jahre dauern, um sich im eigenen Land vollständig von Öl und Kohle zu lösen, sagte Umweltministerin Susana Muhamad kürzlich im Gespräch mit Table.Briefings. Ohne Unterstützung aus den Industrieländern werde es kaum gelingen.

Deutschland hat Kolumbien dabei Hilfe zugesichert. Das Land ist “als Amazonasanrainer und eines der Länder mit der höchsten Artenvielfalt für uns ein wichtiger und verlässlicher Partner in Sachen Klima- und Umweltschutz”, heißt es aus dem Auswärtigen Amt (AA). “Kolumbien möchte seine eigene Energiewende in Zukunft weiter vorantreiben. Mit der 2023 vereinbarten Deutsch-Kolumbianischen Partnerschaft für Klima und eine gerechte Energiewende unterstützen wir dies.” Anlässlich bilateraler Konsultationen vermeldete das AA Mitte September “große Fortschritte”. Die Umsetzung der bilateralen Klima- und Energiepartnerschaft habe für beide Seiten hohe Priorität.

Partnerschaft für Erneuerbare, Wasserstoff, Artenvielfalt, Klimafinanzierung

Neben dem AA sind auf deutscher Seite das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), Bundesumweltministerium (BMUV) und Bundesentwicklungsministerium (BMZ) an der Partnerschaft beteiligt. In ihrem Mittelpunkt stehen fünf Arbeitsgruppen zu:

  • Klimaschutz,
  • dem Ausbau der Erneuerbaren und der Entwicklung einer Wasserstoffproduktion für eine “gerechte Energiewende”,
  • dem Schutz von Umwelt und Artenvielfalt,
  • einer nachhaltigen Stadtentwicklung und
  • Klimafinanzierung.

Eine Zeitlang stand grüner Wasserstoff aus Kolumbien besonders im Fokus der Aufmerksamkeit. Die Regierung Kolumbiens hofft, die heutigen fossilen Exporte zukünftig durch Ausfuhren von grünem Wasserstoff zu ersetzen – und Deutschland wird Wasserstoffimporte aus dem Ausland brauchen. Die Bundesregierung möchte deutschen Unternehmen die Investition in kolumbianische Wasserstoffprojekte erleichtern. Eine Steuerungsgruppe zwischen dem BMWK und dem kolumbianischen Energie- sowie dem Industrieministerium koordiniert hier die Zusammenarbeit.

Geld vom BMZ für Erneuerbare, Waldschutz und klimaresiliente Städte

Innerhalb der Partnerschaft stellt Deutschland auch Geld zur Verfügung. So hat das BMZ Ende 2023 ein zinsverbilligtes Darlehen in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro zugesagt, um Kolumbien in der Umsetzung seiner Klimaziele zu unterstützen – vor allem durch den Ausbau der Erneuerbaren und Maßnahmen zur Klimaanpassung. Laut seinem Nationalen Klimaschutzbeitrag (NDC) will Kolumbien seine Emissionen bis 2030 im Vergleich zu einem Business-as-usual-Szenario um 51 Prozent reduzieren. Dafür sind vor allem die Dekarbonisierung des Energiesektors und der Kampf gegen die Entwaldung wichtig.

Laut einer Sprecherin des Ministeriums wurden 2024 zudem zwei weitere Darlehen für besseren Klimaschutz und Klimaanpassung in kolumbianischen Städten zugesagt. Hier bestehe “großes Potenzial, mit klimaresilienter Stadtentwicklung einen Beitrag zum weltweiten Klima- und Umweltschutz zu leisten”, teilte sie auf Anfrage von Table.Briefings mit. Das BMZ unterstütze daneben das auf Initiative Kolumbiens eingerichtete “Expertenpanel Klima, Schulden und Natur”.

IKI für Kohleausstieg und Energiegemeinschaften

Weitere finanzielle Unterstützung fließt durch die Internationale Klimaschutzinitiative IKI. Für sie ist Kolumbien ein Schwerpunktland. Laut BMUV umfasst “die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit Kolumbien im Rahmen der IKI derzeit sieben bilaterale laufende Vorhaben mit einem Fördervolumen von 65,1 Millionen Euro”.

Ein Beispiel ist das Projekt “IKI JET”, kofinanziert von der Europäischen Union, das sich für eine gerechte Energiewende in Kolumbiens Kohleregionen La Guajira und Cesar einsetzt. In seinem Rahmen unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die örtlichen Gemeinschaften, Behörden, Unternehmen und Gewerkschaften dabei, gemeinsame Pläne für die Zeit nach der Kohle zu erarbeiten. Darin soll klar werden, wie die Region die Erneuerbaren ausbauen und den Kohleausstieg sozial gerecht organisieren will. Derzeit läuft eine weitere IKI-Ausschreibung für Projekte aus zwei Bereichen, die vom BMWK und BMUV mit je 20 bis 25 Millionen Euro gefördert werden sollen: die Dekarbonisierung des Energiesektors “für einen gerechten Kohleausstieg” und die Renaturierung von Landschaften “als wirtschaftliche und multifunktionale naturbasierte Lösung für den Frieden”.

COP16 wichtig für “Frieden mit der Natur” – und für den Klimaschutz

In Kolumbien wird deutlich, wie eng Klimaschutz, Schutz der Artenvielfalt, wirtschaftliche Transformation und Friedenspolitik zusammenhängen. So verringert beispielsweise der Erhalt des Regenwalds im Amazonas-Gebiet oder an der Pazifik-Küste die kolumbianischen Treibhausgasemissionen und verbessert die Fähigkeit des Landes zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise. Die gegenwärtige kolumbianische Regierung hofft zudem, dass der Regenwald zukünftig eine Basis für die klimafreundliche Wirtschaft sein kann, etwa durch nachhaltigen Tourismus.

Umgekehrt hilft es dem besseren Management von Naturschutzgebieten – und damit auch dem Klimaschutz -, wenn Landkonflikte verringert werden können, wenn die Menschen eine nachhaltige Existenzgrundlage haben und die Gemeinschaften friedlicher zusammenleben.

Das spiegelt sich auch im Motto der UN-Biodiversitätskonferenz COP16, die am 21. Oktober in Cali beginnt: “Paz con la Naturaleza”, Frieden mit der Natur. Aus Sicht des BMUV ist die Konferenz “von zentraler Bedeutung für die Bewältigung der Doppelkrise von Klima und Biodiversität”, wie ein Sprecher mitteilt. Das Ministerium erhoffe sich von der COP16 “entscheidende Fortschritte, um die Integration von Biodiversität und Klimawandel voranzutreiben” und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung beider Krisen zu vereinbaren.

Kolumbiens Regierung hat der Bevölkerung versprochen, einen “vollständigen Frieden” (paz total) im Land zu erreichen. Wenn in zwei Jahren die nächsten Präsidentschaftswahlen anstehen, wird sich entscheiden, ob die Menschen ihre Pläne weiter unterstützen – und ob der fossile Ausstieg im Land weiter vorangetrieben werden soll.

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Kreislaufwirtschaft: Mercedes-Benz eröffnet erste Batterie-Recycling-Fabrik

Elektrofahrzeuge von Mercedes: “Großes Interesse an einer lokalen Industrie für Batterieproduktion und -recycling”.

Der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz hat im baden-württembergischen Kuppenheim seine erste Batterie-Recycling-Fabrik eröffnet. In der südlich von Karlsruhe gelegenen Fabrik sollen künftig Wertstoffe für jährlich mehr als 50.000 neue Batteriemodule wiedergewonnen werden, wie der Autobauer mitteilte.

Die Fabrik verbinde zwei Leidenschaften der Deutschen miteinander: Das Auto und das Recyclen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der sich bei einem Rundgang mit Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius vor Ort die Prozesse erklären ließ. Was Mercedes in Kuppenheim vorhabe, ergebe Sinn, sagte Scholz.

Das bestätigt auch Phillipp Rose, Director bei Strategy& Deutschland und Leiter Elektromobilität bei PwC Deutschland gegenüber Table.Briefings. Sich beim Batterie-Recycling Kompetenz aufzubauen, sei “essenziell” für deutsche Autobauer.

Noch fehlen zwar die großen Batteriemengen, damit sich Recycling-Fabriken wie in Kuppenheim rentieren. Mercedes-Benz vermeldet eine Jahreskapazität von 2.500 Tonnen. Laut einer gemeinsamen Studie der RWTH Aachen und von Strategy& arbeiten Anlagen jedoch erst ab einer Größenordnung von 10.000 Tonnen Autobatterien pro Jahr wirtschaftlich.

Massives Marktwachstum für Batterie-Recycling

Doch mit der fortschreitenden Elektrifizierung und der durch E-Mobilität wachsenden Batterieproduktion wird sich auch der Recycling-Markt in Europa “massiv” entwickeln, sagt Rose. Das Recycling von Akkus dürfte demnach schon vor 2035 ein rentables und nachhaltiges Geschäft sein. Die Experten prognostizieren für 2035 ein Umsatzvolumen von acht Milliarden Euro in Europa. Ab 2040 dürfte das Volumen sogar bei über 20 Milliarden Euro liegen.

Mercedes hat nach eigenen Angaben für die Fabrik einen zweistelligen Millionenbetrag eingesetzt. Zusätzlich fördert der Bund das Forschungsprojekt mit knapp 17 Millionen Euro.

Nicht nur wegen der Wachstumsaussichten investieren Unternehmen und Bund ins Batterie-Recycling. Auch EU-Regulation zwingt die Wirtschaft zu dieser Transformation. So verlangt die Batterieverordnung Verwertungsquoten für batterierelevante Stoffe wie Kobalt, Nickel und Kupfer von 90 Prozent bis zum Jahr 2025. Bis zum Jahr 2030 sind es sogar 95 Prozent. Um diesen Zeitraum sollen laut Rose auch 80 Prozent des Lithiums wiederverwertet werden müssen.

In der Folge investieren Unternehmen auch in effizientere Verwertungsverfahren. Bei bisher häufig eingesetzten “pyrometallurgischen” Ansätzen werden die Batterien bei sehr hohen Temperaturen eingeschmolzen. Der Prozess ist allerdings energieintensiv und führt zu Materialverlusten sowie zu giftigen Abgasen. Bei “hydrometallurgischen” Verfahren, wie sie auch Mercedes in Kuppenheim anwendet, gehen deutlich weniger Materialien verloren, auch das wertvolle Lithium lässt sich so herauslösen. Bis zu 96 Prozent Rückgewinnung der Rohstoffe erhofft sich das Unternehmen. 

Kritische Abhängigkeiten verringern

Auch andere Unternehmen betreiben Anlagen für das Batterie-Recyceln. Volkswagen hat 2021 eine Pilotanlage in Salzgitter gebaut. Der Chemiekonzern BASF hat 2023 eine Recyclinganlage am Standort Schwarzheide in Brandenburg eröffnet.

Mit Blick auf den Hochlauf der E-Mobilität werde das Recyceln laut Rose in den nächsten Jahren den größten Anteil haben. Weitere Einsatzmöglichkeiten wären “Re-Use” – also das Aufarbeiten der Akkus für den erneuten Einsatz im Auto oder “Second-Life-Anwendungen” -, etwa die Autobatterien in stationären Batteriespeichern zu verbauen.

“Unabhängig davon, ob OEMs selbst recyclen oder mit Partnern zusammenarbeiten, sollten sie sich aus strategischen Gründen Know-how aufbauen”. Ansonsten drohten ab den 2030er-Jahren größere Abhängigkeiten. Chinesische Unternehmen dominieren bei der Batteriefertigung aktuell den Markt. Derzeit würden Batterien zudem überwiegend in China recycelt, damit verblieben dort auch wertvolle Rohstoffe.

“Auch mit Blick auf das Ziel einer europäischen Kreislaufwirtschaft sollten wir in Europa ein großes Interesse an einer lokalen Industrie für Batterieproduktion und -recycling haben”, so Rose. Damit ließen sich zudem Umwelt- und Arbeitsstandards besser einhalten.

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Termine

29. Oktober 2024, 11:00 bis 12:00 Uhr, Online
Webinar Biodiversitäts-Wirkung von Unternehmen erfassen und berichten (Veranstalter: Green Works) Info & Anmeldung

5. November 2024, Online
Webinar ESG-Risikomanagement in Banken – Status Quo und zentrale Herausforderungen (Veranstalter: Bankmagazin, CRIF) Info & Anmeldung

5. November 2024, 14:00 bis 15:30 Uhr, Online
Vortrag & Diskussion Nach dem Weltnaturgipfel – wie retten wir die Artenvielfalt? (Veranstalter: Deutschen Bundesstiftung Umwelt) Info & Anmeldung

5. November 2024, 18:00 Uhr, Wuppertal
Diskussion Klimakonferenz in Baku – Kommt das neue Finanzierungsziel? (Veranstalter: Wuppertal Institut u.a.) Info & Anmeldung

5. bis 7. November 2024, Berlin
Konferenz Future Sustainability Week 2024 (Veranstalter: Tagesspiegel) Info & Anmeldung

6. November 2024, Berlin
Konferenz The Shift: 1. Corporate Climate Adaption Conference (Veranstalter: DSR & Partners) Info & Anmeldung

6. November 2024, 11:00 bis 12:00 Uhr, Online
Webinar Wo stehen Unternehmen derzeit in Sachen “Nachhaltige Transformation”? (Veranstalter: Hays) Info & Anmeldung

6. und 7. November 2024, Fulda
Tagung Lernwerkstatt kommunale Klimafolgenanpassung 2024 (Veranstalter: Zentrum KlimaAnpassung) Info & Anmeldung

11. bis 12. November 2024, Berlin
Konferenz Dena Energiewende-Kongress 2024 (Veranstalter: Deutsche Energieagentur) Info & Anmeldung

News

Lieferkettengesetz: Erfolg für NGOs, Irritation durch Kanzler Scholz

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat im Rahmen einer Beschwerde die ecuadorianische Gewerkschaft ASTAC als vollwertige Verfahrensbeteiligte anerkannt und ihr Akteneinsicht gewährt. Das werten die an der Beschwerde beteiligten deutschen NGOs Oxfam, ECCHR und das kirchliche Hilfswerk Misereor als Erfolg, wie sie am Mittwochmorgen mitteilten.

ASTAC hatte im vergangenen Jahr eine Beschwerde wegen Arbeitsrechtsverletzungen und Unterdrückung von Gewerkschaftsrechten auf Bananenplantagen in Ecuador eingereicht. Im Februar hatte die Gewerkschaft bereits beim Bafa Akteneinsicht beantragt, was die Behörde bislang verweigert hatte. “Die Entscheidung des Bafa wird Transparenz in den Beschwerdeprozess bringen”, sagte Jorge Acosta, Generalkoordinator der Gewerkschaft. Endlich biete sich eine echte Chance, die Situation vor Ort zu verbessern, sagte Franziska Humbert, Rechtsanwältin und Referentin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Oxfam.

Unklarheit herrscht unter Beobachtern unterdessen über Äußerungen von Kanzler Olaf Scholz zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beim gestrigen Arbeitgebertag. Er hatte davon gesprochen, dass das Gesetz “wegkommt”. BDA-Präsident Rainer Dulger hatte zuvor die Regierung zum Handeln aufgefordert. “Wir haben mehrfach darum gebeten, dieses Gesetz entweder zu lockern oder außer Kraft zu setzen”, sagte er. Aus Regierungskreisen hieß es, die Äußerungen des Kanzlers hätten sich auf die Berichtspflichten und nicht auf das Gesetz als solches bezogen. Auffällig ist jedoch, dass sich nach Vizekanzler Habeck nun auch Kanzler Scholz mehrdeutig zu dem Gesetz geäußert hat. Auf eine Klarstellung pocht der Steuerungskreis der Initiative Lieferkettengesetz. Gleichzeitig verwies Heike Drillisch für den Kreis darauf, dass Berichtspflichten bereits durch eine andere EU-Richtlinie geregelt seien, die schon länger in deutsches Recht hätte umgesetzt werden müssen. cd

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Wärmepumpen: Warum die EU ihr Ziel für 2030 deutlich verfehlen könnte

In Europa wird nicht genug getan, um den massiven Verkaufsrückgang bei Wärmepumpen zu stoppen. Zu dem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des polnischen Thinktanks Reform Institute. Sie stützt sich auf Zahlen der European Heat Pump Association (EHPA). Danach ist der Absatz im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 47 Prozent eingebrochen.

Wenn sich der Trend fortsetzt, wird das EU-Ziel von 60 Millionen installierten Wärmepumpen bis 2030 deutlich verfehlt, heißt es. Wärmepumpen spielen eine wichtige Rolle beim Umbau des Wärmesektors. Bis zum Ende des Jahrzehnts will die EU etwa die Hälfte ihres Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien decken.

Komplizierte Förderung und fehlende soziale Staffelung

Für seine Studie hat das Reform Institute die Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen in den zehn größten europäischen Ländern untersucht. Sie repräsentieren 81 Prozent des europäischen Haushaltsenergiebedarfs. Dabei wurde deutlich, dass sich die Defizite überall auffallend ähneln:

  • komplizierte Förderanträge und -verfahren,
  • lange Verzögerungen bei der Auszahlung der Fördermittel,
  • fehlende Kredite zur Deckung der nicht durch Zuschüsse gedeckten Kosten,
  • keine einkommensabhängige Staffelung der Förderung,
  • unzureichende Angebote für einkommensschwache Haushalte und
  • hohe Strompreise im Vergleich zu Erdgas.

“Wärmepumpen müssen allen zugutekommen”

Aleksander Śniegocki, Co-Autor der Studie und CEO des Reform Institute, warnte vor diesem Hintergrund nicht nur vor den energiepolitischen Folgen. “Wenn wir kritische politische Fehler nicht korrigieren, besteht die Gefahr, dass Ungleichheit und soziale Unzufriedenheit zunehmen”, so Śniegocki. Deshalb müsse sichergestellt werden, dass Wärmepumpen allen Haushalten zugute kämen, “sonst verschärft sich die Energiearmut und wir lassen diejenigen zurück, die Hilfe am dringendsten benötigen”.

Deutschland liegt mit seinen Maßnahmen im Mittelfeld der untersuchten Länder. Die Förderung und energiepolitische Einbettung von Wärmepumpen sei insgesamt fortschrittlich, könnte aber verbraucherfreundlicher gestaltet werden. Zudem sei das Antragsverfahren zu kompliziert und es komme zu erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung der Fördermittel. ch

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EU-Taxonomie: EuGH verhandelt über Klage Österreichs

Im Verfahren Österreich gegen die EU-Kommission, bei dem es um die Aufnahme von Atomkraft und Erdgas in die grüne EU-Taxonomie geht, hat am Montag und Dienstag die mündliche Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg stattgefunden. Damit ist nach dem schriftlichen Verfahren auch der zweite Teil der Rechtssache abgeschlossen. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

Österreich hatte im Oktober 2022 eine Nichtigkeitsklage gegen die Einstufung von Investitionen in Atomkraft und Erdgas als “nachhaltig” eingereicht. Die 16 Klagepunkte betreffen sowohl die Inhalte des delegierten Rechtsaktes der EU-Kommission als auch den gesetzgeberischen Prozess. Der Rechtsakt war im Januar 2023 in Kraft getreten.

Greenpeace wirft EU-Kommission Greenwashing vor

Auch mehrere Umweltorganisationen, darunter acht Länderbüros von Greenpeace, hatten gegen den Rechtsakt geklagt. Laut Greenpeace ist diese Klage bis zum Ausgang des Verfahrens Österreich gegen die EU-Kommission ausgesetzt; der Gerichtshof entscheidet anschließend über eine Wiederaufnahme.

Investitionen in Erdgas und Atomkraft laut der EU-Taxonomie als nachhaltig einzustufen, verlangsame die europäische Energiewende deutlich, schreibt Greenpeace in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Entsprechende Investitionen würden für den Ausbau erneuerbarer Energien und weitere Klimaschutzmaßnahmen benötigt. Die Organisation wirft in dem Bericht der EU-Kommission erneut Greenwashing vor: Erdgas und Atomkraft würden keines der sechs Umweltziele der Taxonomie erfüllen, sondern diese erheblich beeinträchtigen und somit die Kriterien für eine Aufnahme in die Taxonomie nicht erfüllen. leo

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Foodwatch: Verbrauchertäuschung durch Milchindustrie

Der “Milchmärchen”-Report, den die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch mit dem Thinktank Faba Konzepte erstellt hat, kritisiert vor allem die Initiative Milch für Werbekampagnen, in der die Klimabilanz der Milchindustrie geschönt werde. “Die Milchindustrie betreibt Greenwashing, um Milch als harmloses oder gar klimafreundliches Nahrungsmittel darzustellen und weiter große Mengen an Milchprodukten zu verkaufen”, sagt Friederike Schmitz von Faba Konzepte.

Bei der Initiative Milch handelt es sich um eine Marketing-GmbH, die auf unterschiedlichen Kanälen für Milch wirbt und vom Milchindustrie-Verband, dem Deutschen Bauernverband und dem Deutschen Raiffeisenverband getragen wird. Über Social Media wendet sich die Initiative mit Unterstützung von Influencern vor allem an ein junges Publikum. Einige Videos auf TikTok erreichen laut Foodwatch über eine Million Views.

Vorwurf: Milchlobby präsentiert geschönte Zahlen

Die Milchlobby präsentiere gerne Zahlen, die nur die direkten Methanemissionen der Rinder einbeziehen und Treibhausgase – zum Beispiel aus dem Anbau von Futtermitteln, der Produktion von Mineraldünger oder aus der Bewirtschaftung von Moorböden – außer Acht lassen, schreibt Foodwatch in dem Bericht. Wenn man diese indirekten Emissionen einbeziehe, seien die Emissionen der Tierhaltung in Deutschland mehr als dreimal so hoch, wie die Lobbyverbände suggerierten.

Durch den Umstieg auf pflanzliche Milchalternativen und die Renaturierung von Futter- und Weidefläche könnten laut Foodwatch-Report rund zehn Prozent der gesamten deutschen Treibhausgas-Emissionen eingespart werden. Die Verbraucherorganisation fordert daher mindestens eine Halbierung der Zahl der fast 3,7 Millionen Milchkühe in Deutschland. Die von der Branche präsentierten Lösungen für ihre Treibhausgas-Probleme wie Weidehaltung, Spezialfutter oder Effizienzsteigerungen kritisieren Foodwatch und Faba Konzepte als “nicht realistisch und Greenwashing”.

Keine Klage geplant

Eine Klage gegen die Milchindustrie wegen Greenwashing plant Foodwatch jedoch derzeit nicht. “Eine vielschichtige Strategie wie diejenige der Milchlobby, ihr Image grünzuwaschen, lässt sich nur schwer auf konkrete abmahnbare Falschaussagen herunterbrechen”, teilt ein Sprecher von Foodwatch auf Anfrage mit. “Wir prüfen das aber sehr genau und behalten uns auch vor, gegen bestimmte Falschaussagen juristisch vorzugehen.” mo

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Kreislaufwirtschaft: Neues BMUV-Förderprogramm will Reparatur fördern

Das Bundesumweltministerium (BMUV) will erstmals Repair-Cafés und Selbsthilfewerkstätten für Verbraucher fördern. Ab Dezember 2024 können gemeinnützige Vereine Mittel für neue Maschinen, Werkzeuge oder Ausstattung beantragen. Ziel dieses Programms sei es, “die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, um Ressourcen zu sparen”, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke bei der Vorstellung des Programms am Montag.

Bis zu 3.000 Euro für gemeinnützige Reparaturinitiativen

Das neue Förderprogramm “Reparieren statt Wegwerfen” ist die erste Bundesförderung dieser Art. Insgesamt stellt das BMUV in der ersten Förderrunde bis Anfang 2026 mehr als drei Millionen Euro dafür bereit – ein vergleichsweise bescheidener Betrag. Jede gemeinnützige Reparaturinitiative kann einmalig über ein Internetportal eine Förderung von bis zu 3.000 Euro beantragen. Die Gelder werden über die Stiftung Anstiftung verteilt.

Das Förderprogramm sei eine “wichtige Stütze” für die Umsetzung des auf EU-Ebene beschlossenen Rechts auf Reparatur, sagte Lemke. Demnach müssen etwa Tablets und Smartphones ab Juni 2025 reparierbar sein, sowie Anleitungen zur Reparatur und Ersatzteile zur Verfügung gestellt werden. Mit der Förderung will das BMUV Repair-Cafés und Selbsthilfewerkstätten als “Orte der Bürgerbeteiligung” stärken, “in denen Umweltschutz aktiv gelebt wird”, so Lemke weiter.

Weitere Fragen zu dem Förderprogramm beantwortet das BMUV in seinen FAQ. ag

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  • Recht auf Reparatur

Deutschland: So hoch sind die Subventionen für Dienstwagen mit Verbrennungsmotor

Der Verkehrsdachverband Transport and Environment (T&E) fordert von der Bundesregierung eine Reform der Dienstwagenbesteuerung. Statt “auslaufende Technologien” mit Milliarden zu fördern, müsse der heimische Markt für Elektroautos angekurbelt werden, so die Organisation. Laut einer von T&E in Auftrag gegebenen Studie werden fossil betriebe Dienstwagen in Deutschland jährlich mit 13,7 Milliarden Euro subventioniert. Die Untersuchung zeigt auch, dass die Steuervorteile steigen, je größer der Firmenwagen ist.

Unser Steuersystem bietet keinen echten Anreiz, auf E-Dienstwagen umzusteigen“, beklagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland. Jedes Jahr würden fossile Dienstwagen mit Milliardenbeträgen gefördert, während deutsche Hersteller wie zuletzt VW über einen schwachen Heimatmarkt für E-Autos klagten. In der Studie wurden die Auswirkungen der wichtigsten Steuervergünstigungen für Dienstwägen untersucht: der Vorsteuerabzug, die Abschreibung, die Pauschalbesteuerung des geldwerten Vorteils und Tankkarten. Die Studie von T&E umfasst die sechs größten europäischen Automärkte und alle zugelassenen Automodelle.

Spitzenreiter bei der Subventionierung fossiler Dienstwagen ist demnach Italien mit 16 Milliarden Euro, gefolgt von Deutschland, Frankreich, Polen und Spanien. EU-weit beliefen sich die Steuerausfälle auf 42 Milliarden Euro. Anders sehe es hingegen in Großbritannien aus. Hier würden Verbrenner deutlich höher besteuert als E-Dienstwagen. “Die Bundesregierung hat mit der Wachstumsinitiative den ersten Schritt getan, um das enorme industriepolitische Potenzial der Firmen- und Dienstwagenbesteuerung zu nutzen, indem sie gewerbliche E-Autos attraktiver gemacht hat”, betonte Goetz. Das reiche aber längst nicht. “Was fehlt, ist der Mut zum effizienteren Schritt: Verbrenner unattraktiver zu machen.” ch

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  • Verkehrswende

Energiewende bei Gebäuden: Massive Wissenslücke bei Eigentümern

Unter Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern, die ihre Immobilie selbst bewohnen, herrscht großes Unwissen über den energetischen Zustand ihrer Häuser. Zudem sind viele durch die politischen Debatten über die Wärmewende und das Heizungsgesetz verunsichert, was sie von Sanierungsmaßnahmen abhält. Das ist das Ergebnis einer Studie, bei der das Institut B+L Marktdaten bundesweit mehr als 2.000 Eigenheimbesitzer im August und im September befragte. Auftraggeber ist die Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) und die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG), in der Wirtschaftsverbände und Unternehmen vertreten sind. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie:

  • Die Qualität eigener Gebäude wird deutlich überschätzt. Zwar können mittlerweile 45 Prozent der Eigenheimbesitzer eine Aussage über den Energiestandard treffen (2002 waren es nur 33 Prozent). Allerdings ordnen nur 13 Prozent ihr Haus den niedrigen Effizienzklassen E bis H zu. Tatsächlich liegt der Anteil solcher Häuser aber bei 68 Prozent. Die Lücke verweist auf große Unkenntnis der Besitzer über den wirklichen Zustand vieler Häuser.
  • Weniger Sanierungen geplant: Zwölf Prozent der Befragten wollen in den kommenden zwölf Monaten ihr Haus energetisch sanieren. 2002 wollten dies noch 18 Prozent. Haupthindernisse sind finanzielle Unsicherheit, die fehlende Bereitschaft dafür, einen Kredit aufzunehmen, höhere Baukosten sowie die politischen Debatten um das Gebäudeenergiegesetz (GEG).
  • Unattraktive Förderprogramme: 55 Prozent der befragten Eigenheimbesitzer stufen die staatlichen Förderprogramme als wenig attraktiv ein. Mehr als 70 Prozent derjenigen, die nicht sanieren, könnten sich bei besseren Fördermöglichkeiten durchaus eine Sanierung vorstellen.

Derzeit liegt die Sanierungsrate bei nur einem Prozent. Das ist ein historisches Tief. Um die Klimaziele in Deutschland umzusetzen, bräuchte es eine Sanierungsrate von zwei Prozent, sagt Carolin Friedemann, Geschäftsführerin der Initiative Klimaneutrales Deutschland. Nach Ansicht der Herausgeber der Studie braucht es attraktivere Förderprogramme, bessere Beratungsangebote und mehr Planungssicherheit. cd

  • Energieeffizienz
  • Energiewende
  • Gebäudeenergiegesetz
  • Klimaanpassung
  • Klimaziele
  • Wärmewende

Lieferketten: Zehn Jahre Textilbündnis

Das Bündnis für nachhaltige Textilien (BNT) arbeitet nun seit zehn Jahren an nachhaltigeren Lieferketten in der Textilindustrie. Es wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter dem seinerzeitigen Minister Gerd Müller als Reaktion auf das schwerste Unglück in der Geschichte der Textilindustrie gegründet, dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch.

Mittlerweile sind 120 Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft im Bündnis vertreten. Die beteiligten Unternehmen decken rund 45 Prozent des deutschen Textileinzelhandels ab. Einige Organisationen und Unternehmen haben das Bündnis jedoch wieder verlassen, weil sie die Ambitionen etwa mit Blick auf die Einführung existenzsichernder Mindestlöhne unzureichend fanden.

Textilbündnis setzt auf Zusammenarbeit mit Partnerländern

Allerdings hat das Bündnis eine ganze Reihe von Maßnahmen initiiert:

  • Es verbannte über 160 giftige Chemikalien aus der Textilproduktion.
  • und unterstützte mehr als 12.000 Kleinbauern im Globalen Süden bei der Umstellung auf Bio-Baumwolle.
  • Durch die Einführung von Beschwerdemechanismen ermöglichte es mehr als 160.000 Arbeitnehmern den Zugang zu Rechtsmitteln.
  • Um für mehr Transparenz in der Textilindustrie zu sorgen, veröffentlicht das Bündnis seit vergangenem Jahr über den Open Supply Hub eine Lieferantenliste von knapp 8.000 Produktionsstätten weltweit.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze betonte die Bedeutung des BNT als Wegbereiter für das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Als Multi-Stakeholder-Initiative liefere es Lösungsansätze, indem die beteiligten Unternehmen Projekte direkt in den Produktionsländern umsetzten. “Die tragfähigsten Lösungen entstehen dann, wenn jene daran mitwirken, die die Arbeitsbedingungen vor Ort am besten kennen”, so Schulze. ag

  • Arbeitnehmerrechte
  • BMZ
  • Gewerkschaften
  • Lieferketten
  • Menschenrechte
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Must reads

Weltbiodiversitätskonferenz: Prekäre Operation globaler Naturschutz – FAZ
Damit das Weltnaturschutzabkommen in Cali mit Leben gefüllt werden kann, müssen in den nächsten zwei Wochen gewaltige Summen mobilisiert werden. Denn noch klafft eine Finanzierungslücke in Milliardenhöhe. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Mittel auch effizient eingesetzt werden. Katja Gelinsky schreibt vor diesem Hintergrund, dass die Einigung auf eine Finanzierungsstrategie ein entscheidender Gradmesser für den Erfolg der Konferenz sei. Die Kosten für die Umsetzung der Weltnaturschutzkonvention werden auf 700 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt. Zum Artikel

Ökobanken: Leichtgewichte unerwünscht – Die Zeit
Lange wurden Ökobanken belächelt. Doch seit dem Pariser Klimaabkommen und dem Green Deal der EU ist Nachhaltigkeit nicht nur zum Trendthema der Finanzindustrie geworden. Unternehmen müssen sich damit aktiv auseinandersetzen. Die Bilanzsummen der GLS Bank und der Triodos Bank haben sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdreifacht. Lukas Homrich ist der Frage nachgegangen, wie sich Mittelständler aufstellen müssen, um an einen “grünen” Kredit zu kommen. Zum Artikel

Wer außer der EU noch den Verbrennungsmotor verbieten will – Handelsblatt
Die Kollegen des Handelsblattes bieten einen guten Überblick über Länder, die auf die E-Mobilität setzen. Vieles weiß man über China, weniger über Indien. Dessen Verkehrsminister Nitin Gadkari will die Verbrenner innerhalb von zehn Jahren aus dem Land verbannen. Jährlich gibt das Land rund 100 Milliarden US-Dollar für fossile Kraftstoffe aus. Elektrische Mopeds, Autos und Busse seien inzwischen eine gute Alternative. “Statt 100 Rupien für Diesel ausgeben zu müssen, verbrauchen sie nur Strom im Wert von vier Rupien”, sagt der Minister. Zum Artikel

The Climate Short: Hedge Funds Pile Up Huge Bets Against Green Future – Bloomberg
Die meisten Hedgefonds setzen auf weiter fallende Kurse von Unternehmen, die grüne Technologien wie Batterien, Solarenergie, Elektrofahrzeuge und Wasserstoff anbieten. Das ergab eine Analyse des Datenanalysten Hazeltree auf Grundlage von rund 500 Hedgefonds. Im Gespräch mit Sheryl Lee, Ishika Mookerjee and Christopher Udemans verweisen die Fondsmanager darauf, dass die Rendite der Klimainvestitionen geringer ausfalle als ursprünglich erhofft. Seit 2021 hat der S&P Global Clean Energy Index fast 60 Prozent seines Wertes verloren, der S&P Global Oil Index stieg im selben Zeitraum um 50 Prozent. Zum Artikel

Masdar outlines plan to become one of world’s biggest renewable energy groups – Financial Times
Masdar, ein staatliches Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, will zu einem der größten Unternehmen für erneuerbare Energien werden. Seine Wind- und Solarkapazität soll bis zum Ende des Jahrzehnts auf 100 Gigawatt steigen, vergleichbar mit der gesamten Stromerzeugung Großbritanniens. Für dieses Jahr kündigte Masdar Investitionen von 6,5 Milliarden Euro in Spanien und Griechenland an. Der Vorstandsvorsitzende Mohamed Jameel Al Ramahi betonte, dass das Unternehmen kein Finanzinvestor sei, sondern ein Versorger, der eine einstellige Rendite anstrebt. Zum Artikel

Nestlé muss sich neu erfinden – Neue Zürcher Zeitung
Der größte Lebensmittelkonzern weltweit steckt in einer Krise. Denn das schweizerische Unternehmen Nestlé hat in den vergangenen Jahren wichtige Marktanteile verloren, etwa im Tiefkühlsegment und in der Säuglingsnahrung. Auch über das Mineralwassergeschäft kommt es immer wieder zu Skandalen, etwa wegen illegaler Aufbereitungsmethoden und Verunreinigungen. Nestlé sitze auf Produkten aus einer anderen Welt, schreibt Janique Weder. Derweil versucht der Konzern, sein Portfolio auszubauen – zum Beispiel über Fleischersatzprodukte und Nahrungsergänzungsmittel für ältere Menschen. Zum Artikel

Degrowth needs to solve its image problem for the sake of the planet – The Guardian
In seinem Meinungsbeitrag fordert Larry Elliott, dass die Finanzpolitik mit den Folgen des Klimawandels umgehen sollte wie mit der Inflation. Das Konzept “Degrowth” habe zu viele Schwachstellen, um global umgesetzt zu werden – vor allem, weil Volkswirtschaften mit kleinen und mittleren Einkommen das Wachstum als Hebel für Armutsbekämpfung sehen. Zum Artikel

Standpunkt

Generationenkapital: Feuerprobe für Sustainable Finance

Von Kathrin Petz und Mathias von Gemmingen
Mathias von Gemmingen und Kathrin Petz.

Kurz vor der UN-Klimakonferenz im November könnte der Startschuss für den größten Staatsfonds der deutschen Geschichte fallen: Mit einem “Generationenkapital” im Umfang von 200 Milliarden Euro will der Bund künftig weltweit Wertpapiere kaufen. Mit den erhofften Renditen will die Politik das Rentensystem stützen. Gleichzeitig könnte sie ein Signal an die internationalen Finanzmärkte senden: Seht her, die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt investiert in eine fossilfreie Zukunft.

Dieses Signal brauchen wir dringend: Denn die Klimakatastrophe ist im vollen Gange und die fossile Industrie verschärft mit ihren Expansionsprojekten diese existenzielle Bedrohung. Während die internationale Politik in mühsamen Verhandlungen versucht, den CO₂-Ausstoß auf Paris-Kurs zu bringen, kippen die fossilen Riesen ständig weiter Öl ins Feuer.

Vor diesem Hintergrund debattiert der Bundestag derzeit über den Gesetzentwurf für das “Generationenkapital”. Und was tut die Chefin des Fonds, der künftig die Rentenanlagen verantworten soll? Anja Mikus, CEO des staatlichen Atomfonds Kenfo, lehnt Nachhaltigkeitsvorgaben durch den Gesetzgeber in aller Öffentlichkeit als “kontraproduktiv” ab.  Mikus beharrt darauf, weiter in Gas- und Ölkonzerne zu investieren – als hätte es das Pariser Klima-Abkommen nie gegeben.

Kenfo investierte in über 100 fossile Unternehmen

Fakt ist: Der Kenfo investierte nach letztem Stand in über 100 fossile Unternehmen. Darunter die sogenannten “Oil Majors” Shell, Total Energies und BP sowie die beiden Unternehmen mit den größten kurzfristigen Expansionsplänen innerhalb der Branche: der brasilianische Konzern Petrobas und Saudi Aramco.

Zum Kenfo-Portfolio gehören laut einer kürzlich von Greenpeace veröffentlichten Studie auch weitere Unternehmen mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Euro, die mit schweren Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden.

Die Kenfo-Chefin versucht die Rolle ihres Fondsmanagements in solchen Fragen kleinzureden: Mit dem Ausschluss fossiler Aktien lasse sich kein CO₂ sparen. Dabei ignoriert sie die Signalwirkung eines gezielten Divestments – des Verkaufs kritischer Wertpapiere auf Basis klar definierter Ausschlusskriterien. Wissenschaftliche Forschung hat diesen “Signaling-Effekt” und Emissionsminderungen infolge solcher Divestment-Schritte längst nachgewiesen.

Andere Investoren gehen voran

Zahlreiche namhafte Investoren nutzen diesen Hebel bereits. So hat der irische Staatsfonds (ISIF) Ausschlüsse für fossile Unternehmen formuliert – ebenfalls verschiedene niederländische Pensionsfonds wie PME, PFZW oder ABP. Sorgen um ihre Rendite machen sie sich aufgrund des Rauswurfs fossiler Konzerne übrigens nicht. Zitat ABP: “Der Fonds geht nicht davon aus, dass sich diese Entscheidung negativ auf die langfristigen Renditen auswirken wird.”

Welche positiven Klimawirkungen solche Schritte entfalten können, zeigt das Beispiel des norwegischen Pensionsfonds: Im Jahr 2015 beschloss das norwegische Parlament, große Kohlekonzerne aus dem Fondsportfolio zu entfernen. Dass ein solch weltweit beachteter Fonds divestierte, entfaltete starke Signalwirkung in der Branche. Es folgte eine ganze Kaskade weiterer Kohle-Divestment-Entscheidungen in der gesamten europäischen Finanzindustrie, von Investoren, Banken und Versicherern. Für Kohleunternehmen ist es seitdem deutlich schwieriger geworden, frisches Kapital aufzunehmen, mit denen sich Expansionsprojekte finanzieren ließen. Jede Kohlemine, die nicht erschlossen wird, verhindert Millionen Tonnen an schädlichen Treibhausgasen.

Kritische Dialoge helfen wenig

Auch der Kenfo hat sich hier eingereiht: Er schließt größere Kohlebergbaufirmen und Betreiber von Kohlekraftwerken aus, ebenso einige weitere Unternehmen. Umso unverständlicher ist die hartnäckige Weigerung der Kenfo-Chefin, ihr Portfolio auch von schmutzigen Investitionen in die Öl- und Gasförderung zu befreien. Dabei könnte sie auf diese Weise die Klima-Versprechen des Kenfo endlich konsequent mit Leben füllen, passend zu den Empfehlungen des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung. So fordert es auch eine breite NGO-Koalition.

Auch das viel bemühte Transformationsargument ist mit Blick auf die rücksichtslose Expansionsstrategie der Öl- und Gasindustrie unhaltbar. Bislang gibt es keinen Beweis dafür, dass Investoren durch “kritischen Dialog” mit solchen Konzernen positiven Einfluss auf deren Klima-Effekte nehmen können. Oder welcher Investor glaubt ernsthaft, Saudi Aramco am Konferenztisch auf Klimakurs bringen zu können?

Lässt Anja Mikus ihr Fondsmanagement weiter wie bisher investieren, wettet sie gegen die Interessen künftiger Generationen. Die Basis für deren Wohlstand bilden Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Achtung von Menschenrechten – nicht ein gekipptes Klima, ein entwaldeter Amazonas und ausgebeutete Arbeiter*innen.

In einem Land, das sich selbst eine Vorreiterrolle als “Sustainable-Finance-Standort” verordnet hat, muss Fossilfreiheit der öffentlichen Kapitalanlage zum Mindeststandard werden. Nur so können der Kenfo und das “Generationenkapital” auch generationengerecht werden.

Kathrin Petz arbeitet seit 2012 als Finanz-Campaignerin bei der NGO urgewald. Sie beschäftigt sich intensiv mit den Auswirkungen auf das Klima durch öffentliche und privaten Finanzinstitutionen in Deutschland. Sie hat Erfahrung aus zahlreichen Divestment-Kampagnen. Mathias von Gemmingen ist Sprecher der Klima-Initiative FOSSIL FREE Berlin und engagiert sich seit 2015 ehrenamtlich für Divestment.

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Heads

Astrid Schomaker – COP-Debüt für die neue UN-Biodiversitätschefin

Schomaker bei einer UN-Konferenz in New York.

Drei Monate hatte Astrid Schomaker Zeit, um sich auf die Weltnaturschutzkonferenz (COP16) im kolumbianischen Cali vorzubereiten. Erst im Juli hat sie ihre neue Rolle als Exekutivsekretärin des UN-Übereinkommens über biologische Vielfalt angetreten. Bei der seit Montag laufenden COP16 hat die erfahrene EU-Umweltdiplomatin die Aufgabe, schwierige politische Verhandlungen zu moderieren.

Verhandlungsführer und Beobachter würden ihr zwar einen Vertrauensvorschuss zugestehen, sagt Juliette Landry, Biodiversitätsforscherin am Institut für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen. “Aber in ihrem neuen Mandat muss sie über den technokratischen Rahmen hinausgehen und deutlich politischer werden.” Diese Konferenz sei ein Wendepunkt. “Es ist eine COP, in der politische Dynamik gefragt ist und daher eine charismatische, eloquente Persönlichkeit, die bereit ist, die Staaten zur Rechenschaft zu ziehen”, fügt Landry hinzu.

Beim Beschluss des Weltnaturschutzabkommens Ende 2022 im kanadischen Montreal hatten sich die Staaten des Globalen Nordens und Südens trotz großer Spannungen auf einen neuen Fonds für Biodiversität geeinigt. Da bislang jedoch nur 260 Millionen US-Dollar (239 Millionen Euro) zusammengekommen sind, könnte der Kompromiss in Cali zur Disposition stehen – und die Diskussionen über die Notwendigkeit eines weiteren Fonds erneut aufkommen.

Ihre Erfahrungen als EU-Technokratin könnten ihr helfen

Eine Einigung zwischen dem Süden und dem Norden herbeizuführen, ist daher die zentrale Aufgabe für Schomaker, die sich in der EU etwa 20 Jahre mit Umweltfragen beschäftigt hat. Bei der Arbeit in der Kommission, zu der sie 1992 stieß, stehen aber andere Qualitäten im Vordergrund als etwa im Europäischen Parlament. EU-Beamte müssen politisch neutral sein und nationale Präferenzen ignorieren.

So hat auch Schomaker den Ruf, in erster Linie Technokratin zu sein. “Sie ist eine sehr gute Administratorin, sie ist sehr geschickt darin, Ordnung zu schaffen. Und sie ist auch für ihre Effizienz bekannt”, heißt es aus Diplomatenkreisen. Das könne ihr auch für die Organisation des UN-Sekretariats nutzen. Obwohl das Thema immer wichtiger werde, leide es nämlich “unter Personalmangel” und habe auch “nicht viele finanzielle Mittel”. Für Schomaker gehe es jetzt also darum, sich als Umweltdiplomatin in einem neuen Kontext zu beweisen.

In der Kommission war sie lange für Umweltdiplomatie zuständig

Die Stärke der EU-Beamten, die im Berlaymont – dem Gebäude der Kommission – tätig sind, ist ihr Fachwissen. Das trifft auch auf Schomaker zu, die sich schon seit 2004 mit Biodiversitätsthemen beschäftigt. Ausgewählt worden sei sie für den neuen Job nach einem intensiven Auswahlprozess, weil sie über Expertise in der Umweltdiplomatie verfügt, berichten Diplomatenkreise. Schomaker war sieben Jahre lang Direktorin für globale nachhaltige Entwicklung sowie für grüne Diplomatie und Multilateralismus in der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission.

“Wir hatten gemeinsame Kämpfe mit Astrid Schomaker, insbesondere beim Gesetz gegen Entwaldung, das ein Eckpfeiler des europäischen Engagements für den Schutz der globalen Biodiversität ist. Ich bin sicher, dass sie diese Kämpfe nun im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt fortsetzen wird”, sagt Pascal Canfin, EU-Abgeordneter und ehemaliger Vorsitzende des Umweltausschusses im Parlament.

Ihre europäischen Kolleginnen und Kollegen hat sie überzeugt. Jetzt muss sich Schomaker auf der internationalen Bühne behaupten. Claire Stam

  • Biodiversität
  • Naturschutz
  • Vereinte Nationen

Mehr von Table.Briefings

Agrifood.Table – Landtagswahl 2026 in Baden-Württemberg: Warum Özdemir als Spitzenkandidat zur lahmen Ente für die Agrar- und Ernährungspolitik im Bund wird: Zum Ende seiner Amtszeit nimmt der Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung keine Vorreiterrolle mehr ein. Das hat auch mit seinen Karriereplänen zu tun. Zum Artikel

Climate.Table – Weltbank und IWF: So bremsen die Mitgliedstaaten den Reformprozess: Zur Jahrestagung von Weltbank und IWF loben Beobachter und NGOs die Reformbemühungen – und warnen, dieser Elan schwinde gerade. Die Mitgliedstaaten müssten mehr Geld bereitstellen. Auch Deutschland und die EZB lehnen einen wichtigen Hebel für mehr Klimafinanzierung ab. Zum Artikel

Research.Table – Weshalb sich die Nato für Forschungssicherheit interessiert: Die Nato investiert Millionen in Forschung und Wissenschaft und sorgt sich zunehmend um Informationsabfluss nach China. Eine neue Wissenschaftsstrategie soll das Problem angehen. Zum Artikel

Dessert

Bauernproteste in Berlin: “Das Transformationsprojekt zerbricht an seiner eigenen Logik und inneren Widersprüchlichkeit”, sagt Ingolfur Blühdorn.

Die sozial-ökologische Transformation ist längst in den Mühen der Ebene angekommen. Vorbei sind die Zeiten, in denen erneuerbare Energien selbst von Wirtschaftsliberalen wie Christian Lindner als “Freiheitsenergien” gepriesen wurden. Nur zwei Jahre später weht der Wind aus der Gegenrichtung. Zarte Transformationsblüten wie das Lieferkettengesetz, das Verbrenner-Aus, die Wärmepumpe oder das Grundeinkommen werden vor aller Augen zerpflückt, ohne dass sich nennenswerter Widerstand regt.

Das mag viele überraschen. Ingolfur Blühdorn nicht. Der Professor für Soziale Nachhaltigkeit und Leiter des Instituts für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit an der Wirtschaftsuniversität Wien hat bereits 2020 ein Buch mit dem Titel “Nachhaltige Nicht-Nachhaltigkeit – Warum die ökologische Transformation der Gesellschaft nicht stattfindet” vorgelegt. In diesem Jahr folgte “Unhaltbarkeit – Auf dem Weg in eine andere Moderne“.

Seine These: Das sozial-ökologische Transformationsprojekt scheitert an seiner eigenen Logik und Widersprüchlichkeit. Ausdruck dessen ist etwa, dass linksliberale Ideale wie Nachhaltigkeit zusehends an Überzeugungskraft verlieren, weil sie zwar mit Autonomieversprechen verbunden sind, aber oft als einschränkend empfunden werden. In der Folge wenden sich viele Menschen ab oder sogar autoritären und rechten Politikangeboten zu.

Man mag die Analysen von Blühdorn teilen oder nicht. Diskussionswürdig sind sie allemal. Das Institut Solidarische Moderne hat Blühdorn deshalb in seinen Podcast Transit Talk eingeladen. Ein hörenswertes Gespräch.

Carsten Hübner

ESG.Table Redaktion

ESG.TABLE REDAKTION

Licenses:
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Malaria ist so alt wie die ägyptische Zivilisation, aber die Krankheit, die Pharaonen geplagt hat, sei nun Geschichte, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Wochenende und erklärte Ägypten zum malariafreien Gebiet. Das Beispiel zeigt, es lohnt sich, beharrlich an Fortschritten zu arbeiten, etwa konsequent Brutstätten von Mücken zu beseitigen und Maßnahmen zum Mückenschutz umzusetzen. Gerade mit Blick auf ihre Gesundheit hat die Menschheit gewaltige Fortschritte erreicht.

    Doch diese Fortschritte werden hinfällig, wenn sich die Menschheit nicht ebenso um die Gesundheit der Pflanzen und Tiere sorgt. Darum geht es diese Woche bei der Biodiversitäts-COP in Kolumbien. Wie schwierig die Umsetzung im Gastgeberland selbst ist, berichtet Alexandra Endres.

    Die Kollegin Clair Stam stellt Astrid Schomaker vor – der neuen UN-Exekutivsekretärin für Biodiversität kommt bei den Verhandlungen eine Schlüsselrolle zu.

    Doch Fortschritte bei der Biodiversität wird es nur mit einer echten Kreislaufwirtschaft entlang fairer Lieferketten geben. Beide Themen beleuchten wir in unserer heutigen Ausgabe.

    Wladimir Nikoluk ist Gründer und CEO des Softwareanbieters Atlasmetrics. Ich habe mit ihm über die Rolle und Aussagekraft von Daten für die Erfüllung von Lieferkettenregulierungen und Berichtspflichten gesprochen. Anna Gauto schreibt über die erste Batterie-Recycling-Fabrik von Mercedes-Benz in Baden-Württemberg. Die langjährige Handelsblatt-Redakteurin analysiert für Sie künftig Unternehmen in der Transformation. Sie spricht mit Vorreitern, sieht sich an, wo es bei Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit noch hakt und in welchen Fällen nur die Hülle grün glitzert. Willkommen im Team.

    Ihr
    Caspar Dohmen
    Bild von Caspar  Dohmen

    Analyse

    ESG-Software-Unternehmer Nikoluk: “Entscheidend sind nicht die Daten, sondern die Möglichkeiten für Unternehmen, etwas zu verändern”

    Firmengründer Nikoluk: “Uns fehlt in Europa eine Zukunftsvision.”

    Seit der Regulierung von Lieferketten und der Einführung diverser Berichtspflichten explodiert der Markt von Datenanbietern für Unternehmen. KMU geben teils sechsstellige Beträge für Softwarelösungen aus. Ist das notwendig?
    Obwohl es schwierig ist für Unternehmen, gute von schlechten Softwarelösungen zu unterscheiden, ist der Gebrauch von Software für KMU bei diesen Themen alternativlos, denn die Software macht tausende Seiten Regulierung bewältigbar durch eine intuitive Nutzeroberfläche. Die größte Nachfrage beobachten wir im Bereich Compliance. Hier drohen Unternehmen bei Verstößen Strafen in Höhe von maximal fünf Prozent des Jahresumsatzes. Das bedeutet aber nicht, dass sechsstellige Beträge zwingend anfallen müssen. Eine performante Software wird KMUs einen fünfstelligen Betrag kosten.

    Kein auf menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten basierendes Lieferkettengesetz der Welt verlangt von Unternehmen, alle Risiken auszuschließen. 2023 hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle auch keine einzige Strafe im Kontext des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes verhängt. Malen Sie da aus Vertriebsabsichten nicht absichtlich schwarz?
    ESG-Regulierungen sind noch sehr jung und es ist verständlich, dass Behörden in den ersten Jahren kulant sind mit der Umsetzung der Vorgaben und somit Unternehmen nicht sofort mit Strafen belegen. Gleichzeitig gibt es eine Reihe von Beispielen, die zeigen, dass nachhaltigkeitsbezogene Verstöße ernst genommen werden. Volkswagen ist mit einer 35-Milliarden-US-Dollar-Strafe der traurige Spitzenreiter, aber auch Toyota, DWS, Vanguard, Eni, Goldman Sachs und H&M mussten schon Millionenbeträge in Strafen für falsche oder fehlende Daten oder Handlungen im Bereich der Nachhaltigkeit zahlen. Vor sechs Monaten hat die EU-Kommission zudem eine Untersuchung in irreführende Nachhaltigkeitsaussagen von 20 Airlines angekündigt. Mit steigenden Berichtspflichten und Transparenz werden wir mehr solcher Fälle in den nächsten Jahren sehen und incentivieren, damit Unternehmen jetzt schon präventiv handeln.

    Am Ende des Tages hängt die Qualität von Softwaresystemen zur Beurteilung von Lieferketten von der Qualität der eingespeisten Daten ab. Mir erzählen Unternehmen, sie bekämen aus China jedes notwendige Zertifikat, gehen aber davon aus, dass diese oft gefälscht oder gekauft sind. Welchen Wert hat es, wenn solche Zertifikate dann in Systemen hinterlegt werden?
    Da haben Sie völlig recht und Datenqualität war historisch ein großes Problem. Die Qualität der Daten wird sich aber im Laufe der Zeit stark verbessern, weil Unternehmen vergleichbarer werden und ihre Daten von Drittparteien auditieren lassen müssen. Zudem gibt es gehörige geografische Unterschiede: Man kann nicht in allen Teilen der Welt dermaßen fälschen, in Europa beispielsweise nicht. Außerdem kann man auch von solchen Zertifikaten unabhängige Risikomodelle bauen. Das geschieht immer öfter.

    Wie sehen sie konkret aus?
    Wenn eine Firma in großem Stil in Indien Textilien einkauft und es angeblich bei keinem Zulieferer ein Kinderarbeitsrisiko gibt, ist das sehr unwahrscheinlich. Eine Software warnt dann automatisch, damit die bestellende Firma nachfasst und etwa eine Auditfirma beauftragt, die Situation vor Ort zu prüfen. Es stechen auch Unternehmen hervor, wenn sie anders als Konkurrenten immer deutlich bessere Werte mit Blick auf Umwelt oder SDGs berichten. Mit einer Mischung aus Auditieren, dem Setzen von Benchmarks, einer Risikobetrachtung und der Modellierung von Situationen werden sich die Daten mit der Zeit verbessern, auf deren Grundlage Unternehmen dann handeln können.

    Wie aussagekräftig ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen?
    Zunehmend mehr – um 2021 fand ein Umschwung statt. Zuvor war Nachhaltigkeitsberichterstattung extrem schwierig. Verantwortliche schrieben ellenlange Berichte. Man konnte wegen fehlender und unterschiedlicher Indikatoren und Zahlen Unternehmen kaum vergleichen. Vereinzelt überprüften investigative Journalisten die Angaben von Unternehmen. Ansonsten konnten sich Unternehmen darauf verlassen, dass niemand Externes ihre Angaben überprüfte und schaute, ob sie sinnvoll sind. Unternehmen haben viel Unfug berichtet.

    Inwiefern?
    Nehmen Sie die Berichterstattung über Scope-3-Emissionen. Oft packten Unternehmen diese Angabe in eine einzelne Zahl. Dabei ist das nicht sinnvoll, denn Scope-3 hat 15 Kategorien. Man muss wissen, welche Kategorien ein Unternehmen berechnet. Sonst sind auch Vergleiche zwischen Unternehmen unsinnig.

    Haben sich die Verantwortlichkeiten verändert?
    Früher berichteten die Nachhaltigkeitsabteilungen meist an den Chief Marketing Office. Es ging häufig um vorteilhafte Kommunikation und Marketing. Entsprechend überprüften sie die Qualität der Angaben gewöhnlich nicht. Seit 2021 achten Unternehmen viel mehr auf Datenqualität. Zudem berichten die Abteilungen jetzt immer häufiger an CFOs, Heads of Compliance oder CEOs.

    Die Menge von Daten über Zulieferer steigt. Die Angaben werden auch besser aufbereitet. Aber man kann natürlich weiter Kinder verstecken, wenn der Auditor angekündigt zur Kontrolle die Fabrik besucht. Und beim Aufbau von Beschwerdesystemen – etwa durch deutsche Automobilbauer und Zulieferer in Mexiko – sieht man auch, wie schwer sich die Betroffenen von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen damit tun, Missstände überhaupt zu berichten. Gibt es eine Diskrepanz zwischen Quantität und Qualität von Daten?
    Ich glaube, das stimmt, wobei es Unterschiede zwischen der sozialen Dimension und der Umweltdimension gibt. Der Zustand der Umwelt lässt sich eben leichter abbilden. Aber man kann einiges verändern, wenn man bestimmte Fakten über Firmen kommuniziert. Coca-Cola verschwendet zum Beispiel ungefähr viermal mehr Wasser bei der Produktion als Pepsi. Das weiß aber niemand. Wenn ich das Leuten erzähle, sagen sie dann häufig, dass sie nächstes Mal eine Pepsi trinken würden. Viele solcher Mikrosignale verändern etwas, das nennt sich Marktwirtschaft. Am Ende könnte Cola Marktanteile verlieren und das Management zum Umsteuern veranlasst werden.

    Wie wichtig ist Regulierung für die Bereitstellung von Daten über wirtschaftliches Handeln?
    Enorm wichtig. Früher hätte doch keine Bank einen Kredit an Informationen über CO₂-Emissionen knüpfen können, weil die Kunden einfach zu einer anderen Bank gewechselt wären. Aufgrund der Regulierung müssen alle Unternehmen mittlerweile CO₂-Daten produzieren und berichten. Solche Daten beschäftigen den Markt immer mehr. Darauf achten schon jetzt Investoren und Ratingagenturen. Entscheidend sind am Ende natürlich nicht die Daten an sich, sondern die Möglichkeiten für Unternehmen, an den Situationen etwas zu verändern, etwa für mehr Biodiversität zu sorgen.

    In Asien habe ich immer wieder Unternehmer getroffen, die sagten, “ihr in der EU mit euren ganzen Regeln – angesichts unseres Wachstums brauchen wir Europa künftig nicht mehr”. Ist die Regulierung schlecht für das Geschäft?
    Natürlich müssen sich Transformation und Wettbewerbsfähigkeit vertragen. Aber viele Dinge setzen sich auch schlicht durch, weil es sich wirtschaftlich lohnt. Deswegen baut das republikanisch regierte Texas am schnellsten die Solarenergie aus. Uns fehlt in Europa anders als in den USA oder China auch eine Zukunftsvision und wir beschäftigen uns viel zu sehr mit dem Erhalt des Status Quo. Ich fände es gut, wenn unsere Vision wäre, ein wettbewerbsfähiger und dennoch nachhaltiger Kontinent zu sein.

    Was halten Sie von einem Qualitätssiegel für Anbieter von Lieferketten-Software?
    Idealerweise hätte man ein Siegel von der IHK. Allerdings ist das schwierig, solange manche Regulierungen noch nicht final definiert sind.

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    Kolumbien: So hilft Deutschland bei Klimaschutz und fossilem Ausstieg

    Ein Kitesurfer am Cabo de la Vela, Guajira, Kolumbien. Die Region gilt als besonders attraktiv für die Erzeugung von Windstrom und ist deshalb wichtig für die kolumbianische Energiewende.

    Kolumbien verfolgt in der Klimapolitik ehrgeizige Ziele. Die Regierung unter Präsident Gustavo Petro will raus aus den fossilen Energien und die Wirtschaft komplett klimafreundlich umbauen – obwohl das Schwellenland historisch stark von den Staatseinnahmen aus Öl- und Kohleexporten abhängt. Auch auf den UN-Klimagipfeln setzt Kolumbien sich für den globalen Ausstieg aus den fossilen Energien ein. Es werde wohl rund 15 Jahre dauern, um sich im eigenen Land vollständig von Öl und Kohle zu lösen, sagte Umweltministerin Susana Muhamad kürzlich im Gespräch mit Table.Briefings. Ohne Unterstützung aus den Industrieländern werde es kaum gelingen.

    Deutschland hat Kolumbien dabei Hilfe zugesichert. Das Land ist “als Amazonasanrainer und eines der Länder mit der höchsten Artenvielfalt für uns ein wichtiger und verlässlicher Partner in Sachen Klima- und Umweltschutz”, heißt es aus dem Auswärtigen Amt (AA). “Kolumbien möchte seine eigene Energiewende in Zukunft weiter vorantreiben. Mit der 2023 vereinbarten Deutsch-Kolumbianischen Partnerschaft für Klima und eine gerechte Energiewende unterstützen wir dies.” Anlässlich bilateraler Konsultationen vermeldete das AA Mitte September “große Fortschritte”. Die Umsetzung der bilateralen Klima- und Energiepartnerschaft habe für beide Seiten hohe Priorität.

    Partnerschaft für Erneuerbare, Wasserstoff, Artenvielfalt, Klimafinanzierung

    Neben dem AA sind auf deutscher Seite das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), Bundesumweltministerium (BMUV) und Bundesentwicklungsministerium (BMZ) an der Partnerschaft beteiligt. In ihrem Mittelpunkt stehen fünf Arbeitsgruppen zu:

    • Klimaschutz,
    • dem Ausbau der Erneuerbaren und der Entwicklung einer Wasserstoffproduktion für eine “gerechte Energiewende”,
    • dem Schutz von Umwelt und Artenvielfalt,
    • einer nachhaltigen Stadtentwicklung und
    • Klimafinanzierung.

    Eine Zeitlang stand grüner Wasserstoff aus Kolumbien besonders im Fokus der Aufmerksamkeit. Die Regierung Kolumbiens hofft, die heutigen fossilen Exporte zukünftig durch Ausfuhren von grünem Wasserstoff zu ersetzen – und Deutschland wird Wasserstoffimporte aus dem Ausland brauchen. Die Bundesregierung möchte deutschen Unternehmen die Investition in kolumbianische Wasserstoffprojekte erleichtern. Eine Steuerungsgruppe zwischen dem BMWK und dem kolumbianischen Energie- sowie dem Industrieministerium koordiniert hier die Zusammenarbeit.

    Geld vom BMZ für Erneuerbare, Waldschutz und klimaresiliente Städte

    Innerhalb der Partnerschaft stellt Deutschland auch Geld zur Verfügung. So hat das BMZ Ende 2023 ein zinsverbilligtes Darlehen in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro zugesagt, um Kolumbien in der Umsetzung seiner Klimaziele zu unterstützen – vor allem durch den Ausbau der Erneuerbaren und Maßnahmen zur Klimaanpassung. Laut seinem Nationalen Klimaschutzbeitrag (NDC) will Kolumbien seine Emissionen bis 2030 im Vergleich zu einem Business-as-usual-Szenario um 51 Prozent reduzieren. Dafür sind vor allem die Dekarbonisierung des Energiesektors und der Kampf gegen die Entwaldung wichtig.

    Laut einer Sprecherin des Ministeriums wurden 2024 zudem zwei weitere Darlehen für besseren Klimaschutz und Klimaanpassung in kolumbianischen Städten zugesagt. Hier bestehe “großes Potenzial, mit klimaresilienter Stadtentwicklung einen Beitrag zum weltweiten Klima- und Umweltschutz zu leisten”, teilte sie auf Anfrage von Table.Briefings mit. Das BMZ unterstütze daneben das auf Initiative Kolumbiens eingerichtete “Expertenpanel Klima, Schulden und Natur”.

    IKI für Kohleausstieg und Energiegemeinschaften

    Weitere finanzielle Unterstützung fließt durch die Internationale Klimaschutzinitiative IKI. Für sie ist Kolumbien ein Schwerpunktland. Laut BMUV umfasst “die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit Kolumbien im Rahmen der IKI derzeit sieben bilaterale laufende Vorhaben mit einem Fördervolumen von 65,1 Millionen Euro”.

    Ein Beispiel ist das Projekt “IKI JET”, kofinanziert von der Europäischen Union, das sich für eine gerechte Energiewende in Kolumbiens Kohleregionen La Guajira und Cesar einsetzt. In seinem Rahmen unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die örtlichen Gemeinschaften, Behörden, Unternehmen und Gewerkschaften dabei, gemeinsame Pläne für die Zeit nach der Kohle zu erarbeiten. Darin soll klar werden, wie die Region die Erneuerbaren ausbauen und den Kohleausstieg sozial gerecht organisieren will. Derzeit läuft eine weitere IKI-Ausschreibung für Projekte aus zwei Bereichen, die vom BMWK und BMUV mit je 20 bis 25 Millionen Euro gefördert werden sollen: die Dekarbonisierung des Energiesektors “für einen gerechten Kohleausstieg” und die Renaturierung von Landschaften “als wirtschaftliche und multifunktionale naturbasierte Lösung für den Frieden”.

    COP16 wichtig für “Frieden mit der Natur” – und für den Klimaschutz

    In Kolumbien wird deutlich, wie eng Klimaschutz, Schutz der Artenvielfalt, wirtschaftliche Transformation und Friedenspolitik zusammenhängen. So verringert beispielsweise der Erhalt des Regenwalds im Amazonas-Gebiet oder an der Pazifik-Küste die kolumbianischen Treibhausgasemissionen und verbessert die Fähigkeit des Landes zur Anpassung an die Folgen der Klimakrise. Die gegenwärtige kolumbianische Regierung hofft zudem, dass der Regenwald zukünftig eine Basis für die klimafreundliche Wirtschaft sein kann, etwa durch nachhaltigen Tourismus.

    Umgekehrt hilft es dem besseren Management von Naturschutzgebieten – und damit auch dem Klimaschutz -, wenn Landkonflikte verringert werden können, wenn die Menschen eine nachhaltige Existenzgrundlage haben und die Gemeinschaften friedlicher zusammenleben.

    Das spiegelt sich auch im Motto der UN-Biodiversitätskonferenz COP16, die am 21. Oktober in Cali beginnt: “Paz con la Naturaleza”, Frieden mit der Natur. Aus Sicht des BMUV ist die Konferenz “von zentraler Bedeutung für die Bewältigung der Doppelkrise von Klima und Biodiversität”, wie ein Sprecher mitteilt. Das Ministerium erhoffe sich von der COP16 “entscheidende Fortschritte, um die Integration von Biodiversität und Klimawandel voranzutreiben” und konkrete Maßnahmen zur Bewältigung beider Krisen zu vereinbaren.

    Kolumbiens Regierung hat der Bevölkerung versprochen, einen “vollständigen Frieden” (paz total) im Land zu erreichen. Wenn in zwei Jahren die nächsten Präsidentschaftswahlen anstehen, wird sich entscheiden, ob die Menschen ihre Pläne weiter unterstützen – und ob der fossile Ausstieg im Land weiter vorangetrieben werden soll.

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    Kreislaufwirtschaft: Mercedes-Benz eröffnet erste Batterie-Recycling-Fabrik

    Elektrofahrzeuge von Mercedes: “Großes Interesse an einer lokalen Industrie für Batterieproduktion und -recycling”.

    Der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz hat im baden-württembergischen Kuppenheim seine erste Batterie-Recycling-Fabrik eröffnet. In der südlich von Karlsruhe gelegenen Fabrik sollen künftig Wertstoffe für jährlich mehr als 50.000 neue Batteriemodule wiedergewonnen werden, wie der Autobauer mitteilte.

    Die Fabrik verbinde zwei Leidenschaften der Deutschen miteinander: Das Auto und das Recyclen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der sich bei einem Rundgang mit Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius vor Ort die Prozesse erklären ließ. Was Mercedes in Kuppenheim vorhabe, ergebe Sinn, sagte Scholz.

    Das bestätigt auch Phillipp Rose, Director bei Strategy& Deutschland und Leiter Elektromobilität bei PwC Deutschland gegenüber Table.Briefings. Sich beim Batterie-Recycling Kompetenz aufzubauen, sei “essenziell” für deutsche Autobauer.

    Noch fehlen zwar die großen Batteriemengen, damit sich Recycling-Fabriken wie in Kuppenheim rentieren. Mercedes-Benz vermeldet eine Jahreskapazität von 2.500 Tonnen. Laut einer gemeinsamen Studie der RWTH Aachen und von Strategy& arbeiten Anlagen jedoch erst ab einer Größenordnung von 10.000 Tonnen Autobatterien pro Jahr wirtschaftlich.

    Massives Marktwachstum für Batterie-Recycling

    Doch mit der fortschreitenden Elektrifizierung und der durch E-Mobilität wachsenden Batterieproduktion wird sich auch der Recycling-Markt in Europa “massiv” entwickeln, sagt Rose. Das Recycling von Akkus dürfte demnach schon vor 2035 ein rentables und nachhaltiges Geschäft sein. Die Experten prognostizieren für 2035 ein Umsatzvolumen von acht Milliarden Euro in Europa. Ab 2040 dürfte das Volumen sogar bei über 20 Milliarden Euro liegen.

    Mercedes hat nach eigenen Angaben für die Fabrik einen zweistelligen Millionenbetrag eingesetzt. Zusätzlich fördert der Bund das Forschungsprojekt mit knapp 17 Millionen Euro.

    Nicht nur wegen der Wachstumsaussichten investieren Unternehmen und Bund ins Batterie-Recycling. Auch EU-Regulation zwingt die Wirtschaft zu dieser Transformation. So verlangt die Batterieverordnung Verwertungsquoten für batterierelevante Stoffe wie Kobalt, Nickel und Kupfer von 90 Prozent bis zum Jahr 2025. Bis zum Jahr 2030 sind es sogar 95 Prozent. Um diesen Zeitraum sollen laut Rose auch 80 Prozent des Lithiums wiederverwertet werden müssen.

    In der Folge investieren Unternehmen auch in effizientere Verwertungsverfahren. Bei bisher häufig eingesetzten “pyrometallurgischen” Ansätzen werden die Batterien bei sehr hohen Temperaturen eingeschmolzen. Der Prozess ist allerdings energieintensiv und führt zu Materialverlusten sowie zu giftigen Abgasen. Bei “hydrometallurgischen” Verfahren, wie sie auch Mercedes in Kuppenheim anwendet, gehen deutlich weniger Materialien verloren, auch das wertvolle Lithium lässt sich so herauslösen. Bis zu 96 Prozent Rückgewinnung der Rohstoffe erhofft sich das Unternehmen. 

    Kritische Abhängigkeiten verringern

    Auch andere Unternehmen betreiben Anlagen für das Batterie-Recyceln. Volkswagen hat 2021 eine Pilotanlage in Salzgitter gebaut. Der Chemiekonzern BASF hat 2023 eine Recyclinganlage am Standort Schwarzheide in Brandenburg eröffnet.

    Mit Blick auf den Hochlauf der E-Mobilität werde das Recyceln laut Rose in den nächsten Jahren den größten Anteil haben. Weitere Einsatzmöglichkeiten wären “Re-Use” – also das Aufarbeiten der Akkus für den erneuten Einsatz im Auto oder “Second-Life-Anwendungen” -, etwa die Autobatterien in stationären Batteriespeichern zu verbauen.

    “Unabhängig davon, ob OEMs selbst recyclen oder mit Partnern zusammenarbeiten, sollten sie sich aus strategischen Gründen Know-how aufbauen”. Ansonsten drohten ab den 2030er-Jahren größere Abhängigkeiten. Chinesische Unternehmen dominieren bei der Batteriefertigung aktuell den Markt. Derzeit würden Batterien zudem überwiegend in China recycelt, damit verblieben dort auch wertvolle Rohstoffe.

    “Auch mit Blick auf das Ziel einer europäischen Kreislaufwirtschaft sollten wir in Europa ein großes Interesse an einer lokalen Industrie für Batterieproduktion und -recycling haben”, so Rose. Damit ließen sich zudem Umwelt- und Arbeitsstandards besser einhalten.

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    Termine

    29. Oktober 2024, 11:00 bis 12:00 Uhr, Online
    Webinar Biodiversitäts-Wirkung von Unternehmen erfassen und berichten (Veranstalter: Green Works) Info & Anmeldung

    5. November 2024, Online
    Webinar ESG-Risikomanagement in Banken – Status Quo und zentrale Herausforderungen (Veranstalter: Bankmagazin, CRIF) Info & Anmeldung

    5. November 2024, 14:00 bis 15:30 Uhr, Online
    Vortrag & Diskussion Nach dem Weltnaturgipfel – wie retten wir die Artenvielfalt? (Veranstalter: Deutschen Bundesstiftung Umwelt) Info & Anmeldung

    5. November 2024, 18:00 Uhr, Wuppertal
    Diskussion Klimakonferenz in Baku – Kommt das neue Finanzierungsziel? (Veranstalter: Wuppertal Institut u.a.) Info & Anmeldung

    5. bis 7. November 2024, Berlin
    Konferenz Future Sustainability Week 2024 (Veranstalter: Tagesspiegel) Info & Anmeldung

    6. November 2024, Berlin
    Konferenz The Shift: 1. Corporate Climate Adaption Conference (Veranstalter: DSR & Partners) Info & Anmeldung

    6. November 2024, 11:00 bis 12:00 Uhr, Online
    Webinar Wo stehen Unternehmen derzeit in Sachen “Nachhaltige Transformation”? (Veranstalter: Hays) Info & Anmeldung

    6. und 7. November 2024, Fulda
    Tagung Lernwerkstatt kommunale Klimafolgenanpassung 2024 (Veranstalter: Zentrum KlimaAnpassung) Info & Anmeldung

    11. bis 12. November 2024, Berlin
    Konferenz Dena Energiewende-Kongress 2024 (Veranstalter: Deutsche Energieagentur) Info & Anmeldung

    News

    Lieferkettengesetz: Erfolg für NGOs, Irritation durch Kanzler Scholz

    Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat im Rahmen einer Beschwerde die ecuadorianische Gewerkschaft ASTAC als vollwertige Verfahrensbeteiligte anerkannt und ihr Akteneinsicht gewährt. Das werten die an der Beschwerde beteiligten deutschen NGOs Oxfam, ECCHR und das kirchliche Hilfswerk Misereor als Erfolg, wie sie am Mittwochmorgen mitteilten.

    ASTAC hatte im vergangenen Jahr eine Beschwerde wegen Arbeitsrechtsverletzungen und Unterdrückung von Gewerkschaftsrechten auf Bananenplantagen in Ecuador eingereicht. Im Februar hatte die Gewerkschaft bereits beim Bafa Akteneinsicht beantragt, was die Behörde bislang verweigert hatte. “Die Entscheidung des Bafa wird Transparenz in den Beschwerdeprozess bringen”, sagte Jorge Acosta, Generalkoordinator der Gewerkschaft. Endlich biete sich eine echte Chance, die Situation vor Ort zu verbessern, sagte Franziska Humbert, Rechtsanwältin und Referentin für Wirtschaft und Menschenrechte bei Oxfam.

    Unklarheit herrscht unter Beobachtern unterdessen über Äußerungen von Kanzler Olaf Scholz zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beim gestrigen Arbeitgebertag. Er hatte davon gesprochen, dass das Gesetz “wegkommt”. BDA-Präsident Rainer Dulger hatte zuvor die Regierung zum Handeln aufgefordert. “Wir haben mehrfach darum gebeten, dieses Gesetz entweder zu lockern oder außer Kraft zu setzen”, sagte er. Aus Regierungskreisen hieß es, die Äußerungen des Kanzlers hätten sich auf die Berichtspflichten und nicht auf das Gesetz als solches bezogen. Auffällig ist jedoch, dass sich nach Vizekanzler Habeck nun auch Kanzler Scholz mehrdeutig zu dem Gesetz geäußert hat. Auf eine Klarstellung pocht der Steuerungskreis der Initiative Lieferkettengesetz. Gleichzeitig verwies Heike Drillisch für den Kreis darauf, dass Berichtspflichten bereits durch eine andere EU-Richtlinie geregelt seien, die schon länger in deutsches Recht hätte umgesetzt werden müssen. cd

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    Wärmepumpen: Warum die EU ihr Ziel für 2030 deutlich verfehlen könnte

    In Europa wird nicht genug getan, um den massiven Verkaufsrückgang bei Wärmepumpen zu stoppen. Zu dem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des polnischen Thinktanks Reform Institute. Sie stützt sich auf Zahlen der European Heat Pump Association (EHPA). Danach ist der Absatz im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 47 Prozent eingebrochen.

    Wenn sich der Trend fortsetzt, wird das EU-Ziel von 60 Millionen installierten Wärmepumpen bis 2030 deutlich verfehlt, heißt es. Wärmepumpen spielen eine wichtige Rolle beim Umbau des Wärmesektors. Bis zum Ende des Jahrzehnts will die EU etwa die Hälfte ihres Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien decken.

    Komplizierte Förderung und fehlende soziale Staffelung

    Für seine Studie hat das Reform Institute die Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen in den zehn größten europäischen Ländern untersucht. Sie repräsentieren 81 Prozent des europäischen Haushaltsenergiebedarfs. Dabei wurde deutlich, dass sich die Defizite überall auffallend ähneln:

    • komplizierte Förderanträge und -verfahren,
    • lange Verzögerungen bei der Auszahlung der Fördermittel,
    • fehlende Kredite zur Deckung der nicht durch Zuschüsse gedeckten Kosten,
    • keine einkommensabhängige Staffelung der Förderung,
    • unzureichende Angebote für einkommensschwache Haushalte und
    • hohe Strompreise im Vergleich zu Erdgas.

    “Wärmepumpen müssen allen zugutekommen”

    Aleksander Śniegocki, Co-Autor der Studie und CEO des Reform Institute, warnte vor diesem Hintergrund nicht nur vor den energiepolitischen Folgen. “Wenn wir kritische politische Fehler nicht korrigieren, besteht die Gefahr, dass Ungleichheit und soziale Unzufriedenheit zunehmen”, so Śniegocki. Deshalb müsse sichergestellt werden, dass Wärmepumpen allen Haushalten zugute kämen, “sonst verschärft sich die Energiearmut und wir lassen diejenigen zurück, die Hilfe am dringendsten benötigen”.

    Deutschland liegt mit seinen Maßnahmen im Mittelfeld der untersuchten Länder. Die Förderung und energiepolitische Einbettung von Wärmepumpen sei insgesamt fortschrittlich, könnte aber verbraucherfreundlicher gestaltet werden. Zudem sei das Antragsverfahren zu kompliziert und es komme zu erheblichen Verzögerungen bei der Auszahlung der Fördermittel. ch

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    EU-Taxonomie: EuGH verhandelt über Klage Österreichs

    Im Verfahren Österreich gegen die EU-Kommission, bei dem es um die Aufnahme von Atomkraft und Erdgas in die grüne EU-Taxonomie geht, hat am Montag und Dienstag die mündliche Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg stattgefunden. Damit ist nach dem schriftlichen Verfahren auch der zweite Teil der Rechtssache abgeschlossen. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

    Österreich hatte im Oktober 2022 eine Nichtigkeitsklage gegen die Einstufung von Investitionen in Atomkraft und Erdgas als “nachhaltig” eingereicht. Die 16 Klagepunkte betreffen sowohl die Inhalte des delegierten Rechtsaktes der EU-Kommission als auch den gesetzgeberischen Prozess. Der Rechtsakt war im Januar 2023 in Kraft getreten.

    Greenpeace wirft EU-Kommission Greenwashing vor

    Auch mehrere Umweltorganisationen, darunter acht Länderbüros von Greenpeace, hatten gegen den Rechtsakt geklagt. Laut Greenpeace ist diese Klage bis zum Ausgang des Verfahrens Österreich gegen die EU-Kommission ausgesetzt; der Gerichtshof entscheidet anschließend über eine Wiederaufnahme.

    Investitionen in Erdgas und Atomkraft laut der EU-Taxonomie als nachhaltig einzustufen, verlangsame die europäische Energiewende deutlich, schreibt Greenpeace in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Entsprechende Investitionen würden für den Ausbau erneuerbarer Energien und weitere Klimaschutzmaßnahmen benötigt. Die Organisation wirft in dem Bericht der EU-Kommission erneut Greenwashing vor: Erdgas und Atomkraft würden keines der sechs Umweltziele der Taxonomie erfüllen, sondern diese erheblich beeinträchtigen und somit die Kriterien für eine Aufnahme in die Taxonomie nicht erfüllen. leo

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    Foodwatch: Verbrauchertäuschung durch Milchindustrie

    Der “Milchmärchen”-Report, den die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch mit dem Thinktank Faba Konzepte erstellt hat, kritisiert vor allem die Initiative Milch für Werbekampagnen, in der die Klimabilanz der Milchindustrie geschönt werde. “Die Milchindustrie betreibt Greenwashing, um Milch als harmloses oder gar klimafreundliches Nahrungsmittel darzustellen und weiter große Mengen an Milchprodukten zu verkaufen”, sagt Friederike Schmitz von Faba Konzepte.

    Bei der Initiative Milch handelt es sich um eine Marketing-GmbH, die auf unterschiedlichen Kanälen für Milch wirbt und vom Milchindustrie-Verband, dem Deutschen Bauernverband und dem Deutschen Raiffeisenverband getragen wird. Über Social Media wendet sich die Initiative mit Unterstützung von Influencern vor allem an ein junges Publikum. Einige Videos auf TikTok erreichen laut Foodwatch über eine Million Views.

    Vorwurf: Milchlobby präsentiert geschönte Zahlen

    Die Milchlobby präsentiere gerne Zahlen, die nur die direkten Methanemissionen der Rinder einbeziehen und Treibhausgase – zum Beispiel aus dem Anbau von Futtermitteln, der Produktion von Mineraldünger oder aus der Bewirtschaftung von Moorböden – außer Acht lassen, schreibt Foodwatch in dem Bericht. Wenn man diese indirekten Emissionen einbeziehe, seien die Emissionen der Tierhaltung in Deutschland mehr als dreimal so hoch, wie die Lobbyverbände suggerierten.

    Durch den Umstieg auf pflanzliche Milchalternativen und die Renaturierung von Futter- und Weidefläche könnten laut Foodwatch-Report rund zehn Prozent der gesamten deutschen Treibhausgas-Emissionen eingespart werden. Die Verbraucherorganisation fordert daher mindestens eine Halbierung der Zahl der fast 3,7 Millionen Milchkühe in Deutschland. Die von der Branche präsentierten Lösungen für ihre Treibhausgas-Probleme wie Weidehaltung, Spezialfutter oder Effizienzsteigerungen kritisieren Foodwatch und Faba Konzepte als “nicht realistisch und Greenwashing”.

    Keine Klage geplant

    Eine Klage gegen die Milchindustrie wegen Greenwashing plant Foodwatch jedoch derzeit nicht. “Eine vielschichtige Strategie wie diejenige der Milchlobby, ihr Image grünzuwaschen, lässt sich nur schwer auf konkrete abmahnbare Falschaussagen herunterbrechen”, teilt ein Sprecher von Foodwatch auf Anfrage mit. “Wir prüfen das aber sehr genau und behalten uns auch vor, gegen bestimmte Falschaussagen juristisch vorzugehen.” mo

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    Kreislaufwirtschaft: Neues BMUV-Förderprogramm will Reparatur fördern

    Das Bundesumweltministerium (BMUV) will erstmals Repair-Cafés und Selbsthilfewerkstätten für Verbraucher fördern. Ab Dezember 2024 können gemeinnützige Vereine Mittel für neue Maschinen, Werkzeuge oder Ausstattung beantragen. Ziel dieses Programms sei es, “die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, um Ressourcen zu sparen”, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke bei der Vorstellung des Programms am Montag.

    Bis zu 3.000 Euro für gemeinnützige Reparaturinitiativen

    Das neue Förderprogramm “Reparieren statt Wegwerfen” ist die erste Bundesförderung dieser Art. Insgesamt stellt das BMUV in der ersten Förderrunde bis Anfang 2026 mehr als drei Millionen Euro dafür bereit – ein vergleichsweise bescheidener Betrag. Jede gemeinnützige Reparaturinitiative kann einmalig über ein Internetportal eine Förderung von bis zu 3.000 Euro beantragen. Die Gelder werden über die Stiftung Anstiftung verteilt.

    Das Förderprogramm sei eine “wichtige Stütze” für die Umsetzung des auf EU-Ebene beschlossenen Rechts auf Reparatur, sagte Lemke. Demnach müssen etwa Tablets und Smartphones ab Juni 2025 reparierbar sein, sowie Anleitungen zur Reparatur und Ersatzteile zur Verfügung gestellt werden. Mit der Förderung will das BMUV Repair-Cafés und Selbsthilfewerkstätten als “Orte der Bürgerbeteiligung” stärken, “in denen Umweltschutz aktiv gelebt wird”, so Lemke weiter.

    Weitere Fragen zu dem Förderprogramm beantwortet das BMUV in seinen FAQ. ag

    • Kreislaufwirtschaft
    • Recht auf Reparatur

    Deutschland: So hoch sind die Subventionen für Dienstwagen mit Verbrennungsmotor

    Der Verkehrsdachverband Transport and Environment (T&E) fordert von der Bundesregierung eine Reform der Dienstwagenbesteuerung. Statt “auslaufende Technologien” mit Milliarden zu fördern, müsse der heimische Markt für Elektroautos angekurbelt werden, so die Organisation. Laut einer von T&E in Auftrag gegebenen Studie werden fossil betriebe Dienstwagen in Deutschland jährlich mit 13,7 Milliarden Euro subventioniert. Die Untersuchung zeigt auch, dass die Steuervorteile steigen, je größer der Firmenwagen ist.

    Unser Steuersystem bietet keinen echten Anreiz, auf E-Dienstwagen umzusteigen“, beklagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland. Jedes Jahr würden fossile Dienstwagen mit Milliardenbeträgen gefördert, während deutsche Hersteller wie zuletzt VW über einen schwachen Heimatmarkt für E-Autos klagten. In der Studie wurden die Auswirkungen der wichtigsten Steuervergünstigungen für Dienstwägen untersucht: der Vorsteuerabzug, die Abschreibung, die Pauschalbesteuerung des geldwerten Vorteils und Tankkarten. Die Studie von T&E umfasst die sechs größten europäischen Automärkte und alle zugelassenen Automodelle.

    Spitzenreiter bei der Subventionierung fossiler Dienstwagen ist demnach Italien mit 16 Milliarden Euro, gefolgt von Deutschland, Frankreich, Polen und Spanien. EU-weit beliefen sich die Steuerausfälle auf 42 Milliarden Euro. Anders sehe es hingegen in Großbritannien aus. Hier würden Verbrenner deutlich höher besteuert als E-Dienstwagen. “Die Bundesregierung hat mit der Wachstumsinitiative den ersten Schritt getan, um das enorme industriepolitische Potenzial der Firmen- und Dienstwagenbesteuerung zu nutzen, indem sie gewerbliche E-Autos attraktiver gemacht hat”, betonte Goetz. Das reiche aber längst nicht. “Was fehlt, ist der Mut zum effizienteren Schritt: Verbrenner unattraktiver zu machen.” ch

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    • Verkehrspolitik
    • Verkehrswende

    Energiewende bei Gebäuden: Massive Wissenslücke bei Eigentümern

    Unter Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern, die ihre Immobilie selbst bewohnen, herrscht großes Unwissen über den energetischen Zustand ihrer Häuser. Zudem sind viele durch die politischen Debatten über die Wärmewende und das Heizungsgesetz verunsichert, was sie von Sanierungsmaßnahmen abhält. Das ist das Ergebnis einer Studie, bei der das Institut B+L Marktdaten bundesweit mehr als 2.000 Eigenheimbesitzer im August und im September befragte. Auftraggeber ist die Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) und die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG), in der Wirtschaftsverbände und Unternehmen vertreten sind. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie:

    • Die Qualität eigener Gebäude wird deutlich überschätzt. Zwar können mittlerweile 45 Prozent der Eigenheimbesitzer eine Aussage über den Energiestandard treffen (2002 waren es nur 33 Prozent). Allerdings ordnen nur 13 Prozent ihr Haus den niedrigen Effizienzklassen E bis H zu. Tatsächlich liegt der Anteil solcher Häuser aber bei 68 Prozent. Die Lücke verweist auf große Unkenntnis der Besitzer über den wirklichen Zustand vieler Häuser.
    • Weniger Sanierungen geplant: Zwölf Prozent der Befragten wollen in den kommenden zwölf Monaten ihr Haus energetisch sanieren. 2002 wollten dies noch 18 Prozent. Haupthindernisse sind finanzielle Unsicherheit, die fehlende Bereitschaft dafür, einen Kredit aufzunehmen, höhere Baukosten sowie die politischen Debatten um das Gebäudeenergiegesetz (GEG).
    • Unattraktive Förderprogramme: 55 Prozent der befragten Eigenheimbesitzer stufen die staatlichen Förderprogramme als wenig attraktiv ein. Mehr als 70 Prozent derjenigen, die nicht sanieren, könnten sich bei besseren Fördermöglichkeiten durchaus eine Sanierung vorstellen.

    Derzeit liegt die Sanierungsrate bei nur einem Prozent. Das ist ein historisches Tief. Um die Klimaziele in Deutschland umzusetzen, bräuchte es eine Sanierungsrate von zwei Prozent, sagt Carolin Friedemann, Geschäftsführerin der Initiative Klimaneutrales Deutschland. Nach Ansicht der Herausgeber der Studie braucht es attraktivere Förderprogramme, bessere Beratungsangebote und mehr Planungssicherheit. cd

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    Lieferketten: Zehn Jahre Textilbündnis

    Das Bündnis für nachhaltige Textilien (BNT) arbeitet nun seit zehn Jahren an nachhaltigeren Lieferketten in der Textilindustrie. Es wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter dem seinerzeitigen Minister Gerd Müller als Reaktion auf das schwerste Unglück in der Geschichte der Textilindustrie gegründet, dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch.

    Mittlerweile sind 120 Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft im Bündnis vertreten. Die beteiligten Unternehmen decken rund 45 Prozent des deutschen Textileinzelhandels ab. Einige Organisationen und Unternehmen haben das Bündnis jedoch wieder verlassen, weil sie die Ambitionen etwa mit Blick auf die Einführung existenzsichernder Mindestlöhne unzureichend fanden.

    Textilbündnis setzt auf Zusammenarbeit mit Partnerländern

    Allerdings hat das Bündnis eine ganze Reihe von Maßnahmen initiiert:

    • Es verbannte über 160 giftige Chemikalien aus der Textilproduktion.
    • und unterstützte mehr als 12.000 Kleinbauern im Globalen Süden bei der Umstellung auf Bio-Baumwolle.
    • Durch die Einführung von Beschwerdemechanismen ermöglichte es mehr als 160.000 Arbeitnehmern den Zugang zu Rechtsmitteln.
    • Um für mehr Transparenz in der Textilindustrie zu sorgen, veröffentlicht das Bündnis seit vergangenem Jahr über den Open Supply Hub eine Lieferantenliste von knapp 8.000 Produktionsstätten weltweit.

    Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze betonte die Bedeutung des BNT als Wegbereiter für das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Als Multi-Stakeholder-Initiative liefere es Lösungsansätze, indem die beteiligten Unternehmen Projekte direkt in den Produktionsländern umsetzten. “Die tragfähigsten Lösungen entstehen dann, wenn jene daran mitwirken, die die Arbeitsbedingungen vor Ort am besten kennen”, so Schulze. ag

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    Must reads

    Weltbiodiversitätskonferenz: Prekäre Operation globaler Naturschutz – FAZ
    Damit das Weltnaturschutzabkommen in Cali mit Leben gefüllt werden kann, müssen in den nächsten zwei Wochen gewaltige Summen mobilisiert werden. Denn noch klafft eine Finanzierungslücke in Milliardenhöhe. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Mittel auch effizient eingesetzt werden. Katja Gelinsky schreibt vor diesem Hintergrund, dass die Einigung auf eine Finanzierungsstrategie ein entscheidender Gradmesser für den Erfolg der Konferenz sei. Die Kosten für die Umsetzung der Weltnaturschutzkonvention werden auf 700 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt. Zum Artikel

    Ökobanken: Leichtgewichte unerwünscht – Die Zeit
    Lange wurden Ökobanken belächelt. Doch seit dem Pariser Klimaabkommen und dem Green Deal der EU ist Nachhaltigkeit nicht nur zum Trendthema der Finanzindustrie geworden. Unternehmen müssen sich damit aktiv auseinandersetzen. Die Bilanzsummen der GLS Bank und der Triodos Bank haben sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdreifacht. Lukas Homrich ist der Frage nachgegangen, wie sich Mittelständler aufstellen müssen, um an einen “grünen” Kredit zu kommen. Zum Artikel

    Wer außer der EU noch den Verbrennungsmotor verbieten will – Handelsblatt
    Die Kollegen des Handelsblattes bieten einen guten Überblick über Länder, die auf die E-Mobilität setzen. Vieles weiß man über China, weniger über Indien. Dessen Verkehrsminister Nitin Gadkari will die Verbrenner innerhalb von zehn Jahren aus dem Land verbannen. Jährlich gibt das Land rund 100 Milliarden US-Dollar für fossile Kraftstoffe aus. Elektrische Mopeds, Autos und Busse seien inzwischen eine gute Alternative. “Statt 100 Rupien für Diesel ausgeben zu müssen, verbrauchen sie nur Strom im Wert von vier Rupien”, sagt der Minister. Zum Artikel

    The Climate Short: Hedge Funds Pile Up Huge Bets Against Green Future – Bloomberg
    Die meisten Hedgefonds setzen auf weiter fallende Kurse von Unternehmen, die grüne Technologien wie Batterien, Solarenergie, Elektrofahrzeuge und Wasserstoff anbieten. Das ergab eine Analyse des Datenanalysten Hazeltree auf Grundlage von rund 500 Hedgefonds. Im Gespräch mit Sheryl Lee, Ishika Mookerjee and Christopher Udemans verweisen die Fondsmanager darauf, dass die Rendite der Klimainvestitionen geringer ausfalle als ursprünglich erhofft. Seit 2021 hat der S&P Global Clean Energy Index fast 60 Prozent seines Wertes verloren, der S&P Global Oil Index stieg im selben Zeitraum um 50 Prozent. Zum Artikel

    Masdar outlines plan to become one of world’s biggest renewable energy groups – Financial Times
    Masdar, ein staatliches Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, will zu einem der größten Unternehmen für erneuerbare Energien werden. Seine Wind- und Solarkapazität soll bis zum Ende des Jahrzehnts auf 100 Gigawatt steigen, vergleichbar mit der gesamten Stromerzeugung Großbritanniens. Für dieses Jahr kündigte Masdar Investitionen von 6,5 Milliarden Euro in Spanien und Griechenland an. Der Vorstandsvorsitzende Mohamed Jameel Al Ramahi betonte, dass das Unternehmen kein Finanzinvestor sei, sondern ein Versorger, der eine einstellige Rendite anstrebt. Zum Artikel

    Nestlé muss sich neu erfinden – Neue Zürcher Zeitung
    Der größte Lebensmittelkonzern weltweit steckt in einer Krise. Denn das schweizerische Unternehmen Nestlé hat in den vergangenen Jahren wichtige Marktanteile verloren, etwa im Tiefkühlsegment und in der Säuglingsnahrung. Auch über das Mineralwassergeschäft kommt es immer wieder zu Skandalen, etwa wegen illegaler Aufbereitungsmethoden und Verunreinigungen. Nestlé sitze auf Produkten aus einer anderen Welt, schreibt Janique Weder. Derweil versucht der Konzern, sein Portfolio auszubauen – zum Beispiel über Fleischersatzprodukte und Nahrungsergänzungsmittel für ältere Menschen. Zum Artikel

    Degrowth needs to solve its image problem for the sake of the planet – The Guardian
    In seinem Meinungsbeitrag fordert Larry Elliott, dass die Finanzpolitik mit den Folgen des Klimawandels umgehen sollte wie mit der Inflation. Das Konzept “Degrowth” habe zu viele Schwachstellen, um global umgesetzt zu werden – vor allem, weil Volkswirtschaften mit kleinen und mittleren Einkommen das Wachstum als Hebel für Armutsbekämpfung sehen. Zum Artikel

    Standpunkt

    Generationenkapital: Feuerprobe für Sustainable Finance

    Von Kathrin Petz und Mathias von Gemmingen
    Mathias von Gemmingen und Kathrin Petz.

    Kurz vor der UN-Klimakonferenz im November könnte der Startschuss für den größten Staatsfonds der deutschen Geschichte fallen: Mit einem “Generationenkapital” im Umfang von 200 Milliarden Euro will der Bund künftig weltweit Wertpapiere kaufen. Mit den erhofften Renditen will die Politik das Rentensystem stützen. Gleichzeitig könnte sie ein Signal an die internationalen Finanzmärkte senden: Seht her, die drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt investiert in eine fossilfreie Zukunft.

    Dieses Signal brauchen wir dringend: Denn die Klimakatastrophe ist im vollen Gange und die fossile Industrie verschärft mit ihren Expansionsprojekten diese existenzielle Bedrohung. Während die internationale Politik in mühsamen Verhandlungen versucht, den CO₂-Ausstoß auf Paris-Kurs zu bringen, kippen die fossilen Riesen ständig weiter Öl ins Feuer.

    Vor diesem Hintergrund debattiert der Bundestag derzeit über den Gesetzentwurf für das “Generationenkapital”. Und was tut die Chefin des Fonds, der künftig die Rentenanlagen verantworten soll? Anja Mikus, CEO des staatlichen Atomfonds Kenfo, lehnt Nachhaltigkeitsvorgaben durch den Gesetzgeber in aller Öffentlichkeit als “kontraproduktiv” ab.  Mikus beharrt darauf, weiter in Gas- und Ölkonzerne zu investieren – als hätte es das Pariser Klima-Abkommen nie gegeben.

    Kenfo investierte in über 100 fossile Unternehmen

    Fakt ist: Der Kenfo investierte nach letztem Stand in über 100 fossile Unternehmen. Darunter die sogenannten “Oil Majors” Shell, Total Energies und BP sowie die beiden Unternehmen mit den größten kurzfristigen Expansionsplänen innerhalb der Branche: der brasilianische Konzern Petrobas und Saudi Aramco.

    Zum Kenfo-Portfolio gehören laut einer kürzlich von Greenpeace veröffentlichten Studie auch weitere Unternehmen mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Euro, die mit schweren Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden.

    Die Kenfo-Chefin versucht die Rolle ihres Fondsmanagements in solchen Fragen kleinzureden: Mit dem Ausschluss fossiler Aktien lasse sich kein CO₂ sparen. Dabei ignoriert sie die Signalwirkung eines gezielten Divestments – des Verkaufs kritischer Wertpapiere auf Basis klar definierter Ausschlusskriterien. Wissenschaftliche Forschung hat diesen “Signaling-Effekt” und Emissionsminderungen infolge solcher Divestment-Schritte längst nachgewiesen.

    Andere Investoren gehen voran

    Zahlreiche namhafte Investoren nutzen diesen Hebel bereits. So hat der irische Staatsfonds (ISIF) Ausschlüsse für fossile Unternehmen formuliert – ebenfalls verschiedene niederländische Pensionsfonds wie PME, PFZW oder ABP. Sorgen um ihre Rendite machen sie sich aufgrund des Rauswurfs fossiler Konzerne übrigens nicht. Zitat ABP: “Der Fonds geht nicht davon aus, dass sich diese Entscheidung negativ auf die langfristigen Renditen auswirken wird.”

    Welche positiven Klimawirkungen solche Schritte entfalten können, zeigt das Beispiel des norwegischen Pensionsfonds: Im Jahr 2015 beschloss das norwegische Parlament, große Kohlekonzerne aus dem Fondsportfolio zu entfernen. Dass ein solch weltweit beachteter Fonds divestierte, entfaltete starke Signalwirkung in der Branche. Es folgte eine ganze Kaskade weiterer Kohle-Divestment-Entscheidungen in der gesamten europäischen Finanzindustrie, von Investoren, Banken und Versicherern. Für Kohleunternehmen ist es seitdem deutlich schwieriger geworden, frisches Kapital aufzunehmen, mit denen sich Expansionsprojekte finanzieren ließen. Jede Kohlemine, die nicht erschlossen wird, verhindert Millionen Tonnen an schädlichen Treibhausgasen.

    Kritische Dialoge helfen wenig

    Auch der Kenfo hat sich hier eingereiht: Er schließt größere Kohlebergbaufirmen und Betreiber von Kohlekraftwerken aus, ebenso einige weitere Unternehmen. Umso unverständlicher ist die hartnäckige Weigerung der Kenfo-Chefin, ihr Portfolio auch von schmutzigen Investitionen in die Öl- und Gasförderung zu befreien. Dabei könnte sie auf diese Weise die Klima-Versprechen des Kenfo endlich konsequent mit Leben füllen, passend zu den Empfehlungen des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung. So fordert es auch eine breite NGO-Koalition.

    Auch das viel bemühte Transformationsargument ist mit Blick auf die rücksichtslose Expansionsstrategie der Öl- und Gasindustrie unhaltbar. Bislang gibt es keinen Beweis dafür, dass Investoren durch “kritischen Dialog” mit solchen Konzernen positiven Einfluss auf deren Klima-Effekte nehmen können. Oder welcher Investor glaubt ernsthaft, Saudi Aramco am Konferenztisch auf Klimakurs bringen zu können?

    Lässt Anja Mikus ihr Fondsmanagement weiter wie bisher investieren, wettet sie gegen die Interessen künftiger Generationen. Die Basis für deren Wohlstand bilden Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Achtung von Menschenrechten – nicht ein gekipptes Klima, ein entwaldeter Amazonas und ausgebeutete Arbeiter*innen.

    In einem Land, das sich selbst eine Vorreiterrolle als “Sustainable-Finance-Standort” verordnet hat, muss Fossilfreiheit der öffentlichen Kapitalanlage zum Mindeststandard werden. Nur so können der Kenfo und das “Generationenkapital” auch generationengerecht werden.

    Kathrin Petz arbeitet seit 2012 als Finanz-Campaignerin bei der NGO urgewald. Sie beschäftigt sich intensiv mit den Auswirkungen auf das Klima durch öffentliche und privaten Finanzinstitutionen in Deutschland. Sie hat Erfahrung aus zahlreichen Divestment-Kampagnen. Mathias von Gemmingen ist Sprecher der Klima-Initiative FOSSIL FREE Berlin und engagiert sich seit 2015 ehrenamtlich für Divestment.

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    Heads

    Astrid Schomaker – COP-Debüt für die neue UN-Biodiversitätschefin

    Schomaker bei einer UN-Konferenz in New York.

    Drei Monate hatte Astrid Schomaker Zeit, um sich auf die Weltnaturschutzkonferenz (COP16) im kolumbianischen Cali vorzubereiten. Erst im Juli hat sie ihre neue Rolle als Exekutivsekretärin des UN-Übereinkommens über biologische Vielfalt angetreten. Bei der seit Montag laufenden COP16 hat die erfahrene EU-Umweltdiplomatin die Aufgabe, schwierige politische Verhandlungen zu moderieren.

    Verhandlungsführer und Beobachter würden ihr zwar einen Vertrauensvorschuss zugestehen, sagt Juliette Landry, Biodiversitätsforscherin am Institut für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen. “Aber in ihrem neuen Mandat muss sie über den technokratischen Rahmen hinausgehen und deutlich politischer werden.” Diese Konferenz sei ein Wendepunkt. “Es ist eine COP, in der politische Dynamik gefragt ist und daher eine charismatische, eloquente Persönlichkeit, die bereit ist, die Staaten zur Rechenschaft zu ziehen”, fügt Landry hinzu.

    Beim Beschluss des Weltnaturschutzabkommens Ende 2022 im kanadischen Montreal hatten sich die Staaten des Globalen Nordens und Südens trotz großer Spannungen auf einen neuen Fonds für Biodiversität geeinigt. Da bislang jedoch nur 260 Millionen US-Dollar (239 Millionen Euro) zusammengekommen sind, könnte der Kompromiss in Cali zur Disposition stehen – und die Diskussionen über die Notwendigkeit eines weiteren Fonds erneut aufkommen.

    Ihre Erfahrungen als EU-Technokratin könnten ihr helfen

    Eine Einigung zwischen dem Süden und dem Norden herbeizuführen, ist daher die zentrale Aufgabe für Schomaker, die sich in der EU etwa 20 Jahre mit Umweltfragen beschäftigt hat. Bei der Arbeit in der Kommission, zu der sie 1992 stieß, stehen aber andere Qualitäten im Vordergrund als etwa im Europäischen Parlament. EU-Beamte müssen politisch neutral sein und nationale Präferenzen ignorieren.

    So hat auch Schomaker den Ruf, in erster Linie Technokratin zu sein. “Sie ist eine sehr gute Administratorin, sie ist sehr geschickt darin, Ordnung zu schaffen. Und sie ist auch für ihre Effizienz bekannt”, heißt es aus Diplomatenkreisen. Das könne ihr auch für die Organisation des UN-Sekretariats nutzen. Obwohl das Thema immer wichtiger werde, leide es nämlich “unter Personalmangel” und habe auch “nicht viele finanzielle Mittel”. Für Schomaker gehe es jetzt also darum, sich als Umweltdiplomatin in einem neuen Kontext zu beweisen.

    In der Kommission war sie lange für Umweltdiplomatie zuständig

    Die Stärke der EU-Beamten, die im Berlaymont – dem Gebäude der Kommission – tätig sind, ist ihr Fachwissen. Das trifft auch auf Schomaker zu, die sich schon seit 2004 mit Biodiversitätsthemen beschäftigt. Ausgewählt worden sei sie für den neuen Job nach einem intensiven Auswahlprozess, weil sie über Expertise in der Umweltdiplomatie verfügt, berichten Diplomatenkreise. Schomaker war sieben Jahre lang Direktorin für globale nachhaltige Entwicklung sowie für grüne Diplomatie und Multilateralismus in der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission.

    “Wir hatten gemeinsame Kämpfe mit Astrid Schomaker, insbesondere beim Gesetz gegen Entwaldung, das ein Eckpfeiler des europäischen Engagements für den Schutz der globalen Biodiversität ist. Ich bin sicher, dass sie diese Kämpfe nun im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt fortsetzen wird”, sagt Pascal Canfin, EU-Abgeordneter und ehemaliger Vorsitzende des Umweltausschusses im Parlament.

    Ihre europäischen Kolleginnen und Kollegen hat sie überzeugt. Jetzt muss sich Schomaker auf der internationalen Bühne behaupten. Claire Stam

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    Bauernproteste in Berlin: “Das Transformationsprojekt zerbricht an seiner eigenen Logik und inneren Widersprüchlichkeit”, sagt Ingolfur Blühdorn.

    Die sozial-ökologische Transformation ist längst in den Mühen der Ebene angekommen. Vorbei sind die Zeiten, in denen erneuerbare Energien selbst von Wirtschaftsliberalen wie Christian Lindner als “Freiheitsenergien” gepriesen wurden. Nur zwei Jahre später weht der Wind aus der Gegenrichtung. Zarte Transformationsblüten wie das Lieferkettengesetz, das Verbrenner-Aus, die Wärmepumpe oder das Grundeinkommen werden vor aller Augen zerpflückt, ohne dass sich nennenswerter Widerstand regt.

    Das mag viele überraschen. Ingolfur Blühdorn nicht. Der Professor für Soziale Nachhaltigkeit und Leiter des Instituts für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit an der Wirtschaftsuniversität Wien hat bereits 2020 ein Buch mit dem Titel “Nachhaltige Nicht-Nachhaltigkeit – Warum die ökologische Transformation der Gesellschaft nicht stattfindet” vorgelegt. In diesem Jahr folgte “Unhaltbarkeit – Auf dem Weg in eine andere Moderne“.

    Seine These: Das sozial-ökologische Transformationsprojekt scheitert an seiner eigenen Logik und Widersprüchlichkeit. Ausdruck dessen ist etwa, dass linksliberale Ideale wie Nachhaltigkeit zusehends an Überzeugungskraft verlieren, weil sie zwar mit Autonomieversprechen verbunden sind, aber oft als einschränkend empfunden werden. In der Folge wenden sich viele Menschen ab oder sogar autoritären und rechten Politikangeboten zu.

    Man mag die Analysen von Blühdorn teilen oder nicht. Diskussionswürdig sind sie allemal. Das Institut Solidarische Moderne hat Blühdorn deshalb in seinen Podcast Transit Talk eingeladen. Ein hörenswertes Gespräch.

    Carsten Hübner

    ESG.Table Redaktion

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