Table.Briefing: ESG

Chefvolkswirt der Triodos Bank: Finanzsektor kann die Transformation der Wirtschaft führen + CSRD: Reaktionen auf Deutschlands Vorstoß

Liebe Leserin, lieber Leser,

dies ist unser letzter regulärer ESG.Table in diesem Jahr. Wir nehmen uns eine Pause, wünschen Ihnen, dass Sie das ebenso machen können, und melden uns am 3. Januar zurück.

In der Zwischenzeit können Sie sich über unseren kostenlosen Newsletter 100 Headlines auf dem Laufenden halten. Zudem erscheint auch unser Podcast Table.Today zwischen den Jahren.

Daneben möchte ich Sie auch noch einmal auf unser neuestes Briefing aufmerksam machen: der kostenlose CEO.Table. Ab diesem Samstag, 6 Uhr, starten wir die Samstags-Ausgabe von Table.Briefings – ein kostenloses Executive Briefing für alle CEOs und alle, die mit ihnen zu tun haben. Die zweite Ausgabe wird bereits am 28. Dezember erscheinen, noch vor Silvester also. 

Wir, das Team des ESG.Table, bedanken uns für Ihr Interesse und Ihre Treue und wünschen Ihnen frohe Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Ihr
Marc Winkelmann
Bild von Marc  Winkelmann

Analyse

Chefvolkswirt der Triodos Bank: Der Finanzsektor kann die Transformation der Wirtschaft anführen

Bevor Hans Stegeman 2017 bei der Triodos Bank anfing, arbeitete er fast zehn Jahre für die Rabobank.

Herr Stegeman, wie lautet Ihr Fazit am Ende dieses Jahres aus der Sicht einer nachhaltigen Bank? 
Es war ein ziemlich turbulentes Jahr. Grundsätzlich sehen wir, dass die Nachhaltigkeit einige Jahre lang boomte, mehr oder weniger von 2016 bis zur Covid-Pandemie. Jetzt ist es ganz anders. Große Teile des Bankensektors sind sehr damit beschäftigt, alle möglichen gesetzlichen Vorschriften zur Nachhaltigkeit umzusetzen. Sie sind mehr mit der Einhaltung von Regulatorik und dem Risikomanagement beschäftigt als mit der Frage, welche Art von Investitionen und Finanzierungen erforderlich sind, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Zugleich gibt es erste Belege dafür, dass Nachhaltigkeit für Banken zu einem Risikofaktor im Portfolio wird. 

Ist die Regulierung ein Hindernis für die Nachhaltigkeit, oder kann sie die Transformation beschleunigen? 
Es ist schwer abzuschätzen, welche Effekte die Sustainable-Finance-Regulierung der EU haben wird. Die aktuellen Regeln liegen in der Mitte zwischen guter und schlechter Regulierung. Sie helfen gegen Greenwashing, bei der Transparenz, aber sie sind definitiv nicht ausreichend. Denn die EU hat etwas sehr Wichtiges vergessen: auch den braunen Teil der Bilanzen der Banken zu regulieren. Eine andere Frage ist, ob die Regulierung zu komplex ist. Für den Moment ist es gut, dass es Regeln gibt. Denn ohne Regulierung hat es auch nicht funktioniert. Es ist wichtig, sie nach einer ersten Implementierungsrunde zu bewerten und dann zu verbessern. 

Kann der Finanzsektor die Nachhaltigkeitstransformation tatsächlich voranbringen? 
Das hängt davon ab, wie man es betrachtet. Folgt der Finanzsektor nur dem, was in der Realwirtschaft passiert, oder kann er die Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit leiten? Ich denke, er kann eine Führungsrolle spielen. Das setzt aber voraus, dass die Banken eine normative Haltung dazu einnehmen, was sie finanzieren. Ich gebe zu, dass dies angesichts der Probleme von Kapitalmärkten – unter anderem deren Kurzfristigkeit und fehlende Berücksichtigung von Externalitäten – schwierig ist. Aber es ist wichtig, dass die Finanzinstitute explizit normative Entscheidungen treffen. 

Was würde mehr Banken in die Lage versetzen, eine normative Haltung einzunehmen? 
Die offensichtliche Antwort wäre: Wir brauchen mehr Regulierung – aber anders gestaltet. Zum Beispiel müssen die Kapitalkosten für unsaubere und verbotene Aktivitäten erhöht werden. Denn ohne normative Haltung reagieren Bänker nur auf Gewinne, Risiko und Rendite. Man muss also die Gleichung ändern. Dahinter verbirgt sich aber ein Dilemma: Wenn die Politik die Finanzierung schädlicher Aktivitäten nicht verbietet, warum sollte dann der Sektor selbst diese Entscheidung treffen? Zugleich ist es für die Politik einfacher, die Verantwortung den Banken zu überlassen. 

Die EU-Taxonomie soll Investitionen in nachhaltige Aktivitäten lenken. Funktioniert sie? 
Die Idee hinter der Taxonomie ist: Wenn ein Fonds nicht so grün ist, wie die Anleger dachten, dann werden sie ihr Geld in einen Fonds umleiten, der ihren Präferenzen besser entspricht. Das geschieht aber nicht, weil die Taxonomie viel zu komplex ist, als dass die Kunden die gegebenen Informationen verstehen. Die Transparenz zu erhöhen ist der billigste, aber auch unwirksamste Weg, um eine Transformation in Gang zu bringen. Denn sie zwingt die Akteure im System nicht, ihr Verhalten zu ändern. Zudem bleiben relative Preise außen vor. Es mag in zehn oder 20 Jahren funktionieren, aber nicht in den kommenden Jahren. Wir brauchen aber schnelle Veränderungen, um innerhalb der planetaren Grenzen zu bleiben. 

Dann lassen Sie uns über die Gegenwart sprechen. Die Triodos Bank wurde 1980 gegründet und ist heute die größte Nachhaltigkeitsbank in Europa. Wie gehen Sie an nachhaltiges Investieren heran? 
Wir wenden ein sehr strenges Vorsorgeprinzip an. Wenn wir glauben, dass etwas schiefgehen kann, lassen wir es bleiben – sowohl auf der sozialen als auch auf der ökologischen Seite. Wir schließen zum Beispiel fossile Brennstoffe strikt aus, weil wir wissen, dass sie auslaufen müssen. In der Wirtschaft spielen sie derzeit zwar noch eine Rolle, aber dadurch vermeiden wir das Risiko, dass Investitionen in diesem Feld zu gestrandeten Vermögenswerten werden. 

Es gibt viele Leute, die sagen, dass Unternehmen, die noch “braun” sind, Investitionen brauchen, um die Transformation erfolgreich zu bewältigen. 
Unsere Aufgabe ist es zu zeigen, dass alternative Bankmodelle funktionieren und man Dinge anders machen kann als die Main Street, indem man andere und einschränkende Entscheidungen trifft. Man braucht Vorreiter, um etwas zu erreichen. Wir gehen nicht zu den Unternehmen für fossile Brennstoffe und sagen: Hallo, wie könnt ihr euch am besten transformieren? Das tun wir nicht, weil es auch wirtschaftlich keinen Sinn macht. Die Gewinner von neuen Transformationen sind nie die Gewinner von alten Transformationen. Aber natürlich müssen wir auch auf mögliche positive Gewinner des Übergangs zur Nachhaltigkeit wetten. So funktionieren die Finanzmärkte. 

Wie machen Sie das? Ist es möglich, zu investieren, ohne dem Planeten zu schaden? 
Das ist fast unmöglich. Man müsste die planetaren Grenzen von einer globalen Ebene auf ein einzelnes Land oder ein einzelnes Unternehmen übertragen. Stattdessen versuchen wir zumindest zu verstehen, ob ein Unternehmen, das wir finanzieren, in irgendeiner Weise zu einem Wandel beiträgt. Wir fragen: Können wir verstehen, was es macht? Erfüllt es unsere Mindeststandards? Verursacht es keinen Schaden? Und dann investieren wir vielleicht. 

Aber auch Sie können die Zukunft nicht vorhersagen. Von welchen Prämissen lassen Sie sich leiten? 
Bei einem Teil unseres Portfolios versuchen wir auch zu verstehen, ob ein Unternehmen zur wirtschaftlichen Transformation beiträgt. Das ist ein qualitatives und komplexes Unterfangen, bei dem man die Dinge ganzheitlich betrachten muss. In den letzten zwei Jahren haben wir versucht, den Prozess zu konzeptualisieren und zu standardisieren. Wir wollten uns bewusster machen, wonach wir suchen. 

Wir gehen davon aus, dass es ökologische und soziale Kipppunkte gibt, an denen Systeme teilweise oder ganz zusammenbrechen. Deshalb versuchen wir, in positive Entwicklungen zu investieren und die negativen zu vermeiden – von denen einige sehr eindeutig sind, wie zum Beispiel bei den fossilen Brennstoffen und dem Klimawandel. Wir investieren zum Beispiel in naturbasierte Lösungen. 

Was sind die Herausforderungen für Banken, die nicht speziell auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind? 
Generell möchte jede Bank im Finanzsektor alle Daten und Antworten haben, um sie in ein herkömmliches Risikomodell einzugeben und ein richtiges oder falsches Ergebnis zu bekommen. Aber so funktioniert das nicht. Wenn Sie bei einer großen Bank arbeiten, haben Sie in der Bilanz einen hohen Anteil an nicht-nachhaltigen Aktivitäten. Es ist eine Herausforderung, diese loszuwerden. Die meisten Banken entwickeln sich nicht weiter, weil diese Altlasten ihnen immer noch einen großen Teil ihrer Gewinne bescheren. Wer wird dann aufhören? 

Wie müssten die Regeln für Banken geändert werden, um die Nachhaltigkeit in großem Maßstab zu fördern? 
Ein paar sehr einfache Anpassungen würden ausreichen. Es beginnt damit: Finanziere nur die Realwirtschaft, die du als Bank verstehst. Koppel also den Finanzsektor an die Realwirtschaft. So wäre der Sektor kleiner, aber die Investoren würden verstehen, welcher Wert geschaffen wird. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Widerstandsfähigkeit und Vielfalt des Finanzsektors. Ohne eine vollständige Bankenunion in der EU können die großen Banken nicht bankrottgehen. Es gibt also eine implizite Subventionierung durch die Regierungen. 

Alles in allem machen wir immer noch viele Dinge falsch – wir kennen sie seit langem. Aber deswegen dient der Finanzsektor nicht der Nachhaltigkeit. 

  • Banken
  • Daten
  • Fossile Brennstoffe
  • Sustainable Finance
  • Transformation
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CSRD: Wie die Reaktionen auf Deutschlands Vorstoß ausfallen

Jörg Kukies (SPD, links) und Robert Habeck (Grüne, rechts) sind zwei der vier Unterzeichner der Initiative.

Vor zwei Tagen hatte Table.Briefings exklusiv über einen Brief der Bundesminister für Wirtschaft, Arbeit, Justiz und Finanzen an die EU-Kommission berichtet. Darin fordern sie von der EU-Kommission, die Anwendung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für Firmen der zweiten und dritten Welle um zwei Jahre zu verschieben. In der ersten Phase sind Konzerne erfasst, die bereits früher Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen mussten und für die sich nichts ändern soll. Außerdem sollte, so die Absender, die Zahl der erhobenen Datenpunkte um die Hälfte reduziert und die Definition “großer” Mittelständler so geändert werden, dass weniger Unternehmen in diese Kategorie fallen.  

In der Wirtschaft wird der Vorstoß der Bundesregierung ausdrücklich begrüßt: “Die Politik muss ihren Ansatz für die ökologische Transformation dringend ändern”, sagte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner zu Table.Briefings. Die neue Bundesregierung müsse Erleichterungen bei der CSRD und den verbundenen Standards in Brüssel vorantreiben: “Der Berichtsumfang muss auf wenige steuerungsrelevante Kennzahlen begrenzt werden.” 

Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), stimmt zu: “Die EU-Berichtsstandards sind für Unternehmen aller Größen viel zu komplex und bürokratisch.” Um die Wettbewerbsfähigkeit sowie nachhaltige Geschäftsmodelle zu fördern, müsse die Kommission den geltenden delegierten Rechtsakt zurückziehen und neu fassen. In einem neuen Positionspapier kritisiert die BDA die Berichtsanforderungen als “exzessiv”. 

Entkernung der CSRD befürchtet 

Fraglich ist allerdings, wie wirksam die CSRD nach Umsetzung der deutschen Vorschläge noch wäre. Maximilian Müller, Professor für Finanzbuchhaltung der Uni Köln, wies bei LinkedIn darauf hin, dass bei einer Umsetzung der deutschen Vorschläge fast 90 Prozent aller bislang betroffenen Firmen aus der Betrachtung fallen würden. Ziel der CSRD ist es, Firmen über die Offenlegung von vergleichbaren Daten zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Investoren sollen zudem nachhaltige Geschäftsmodelle besser von weniger zukunftsfähigen unterscheiden können.

Alexander Bassen ist Professor für Kapitalmärkte und Unternehmensführung an der Uni Hamburg und zugleich Mitglied des EFRAG-Boards für Nachhaltigkeitsberichterstattung. Er hat die ESRS-Kriterien, nach denen Firmen berichten müssen, mitentwickelt. “Ich finde diesen Brief sehr enttäuschend“, sagte er zu Table.Briefings. Die Entwicklung der CSRD und der ESRS sei ein mehrjähriger Prozess gewesen, in dem sich die Bundesregierung frühzeitig habe einbringen können. “Zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem sie die rechtzeitige Umsetzung versäumt hat, halte ich das für unangemessen.”

Habeck habe eher auf der Bremse gestanden

Bassen räumt ein, dass es diskussionswürdige Aspekte in der CSRD gäbe. Aber: “Das alles hätte aber viel früher erfolgen müssen.” Für vielsagend hält er zudem, “dass das Schreiben nicht von der Hausleitung des Bundesumweltministeriums unterschrieben wurde”.

Das Haus von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte dem Vernehmen nach Vorbehalte geäußert in der Bundesregierung, der interne Abstimmungsprozess des Papiers zog sich deshalb hin. Vor allem Bundesfinanzminister Jörg Kukies und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (beide SPD) hatten demnach auf die Initiative gedrängt.

Wirtschaftsminister Robert Habeck habe eher auf der Bremse gestanden, hieß es, trotz seiner früheren Ankündigung, bei den Berichtspflichten die “Kettensäge anzuwerfen”. Er zeichnete das Schreiben letztlich aber mit. SPD und Grüne wollen sich im Wahlkampf offenbar nicht nachsagen lassen, nichts gegen die vielfach als fesselnd empfundenen Green-Deal-Regulierungen zu unternehmen.

Willkürlich wirkende Entscheidung

Katharina Beck, CSRD-Berichterstatterin der Grünen, warnt davor, zu weit zu gehen: “Auch wenn eine Entschlackung und Priorisierung auf jeden Fall angebracht ist: Pauschal einfach eine eher willkürlich wirkende Zahl wie 50 Prozent der Berichtspunkte zu reduzieren, ist weniger zielführend.” Stattdessen sollte man die Abschwächung anhand vom jeweiligen Informationsgehalt und der Wirkung angehen, so die Abgeordnete.

Ursprünglich hätte die CSRD bis Anfang Juli in allen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Das ist vielfach noch nicht geschehen, und angesichts der jetzigen weiteren Verzögerung weist Karina Sopp auf die hohe Rechtsunsicherheit für die Wirtschaft und die uneinheitliche Rechtslage im EU-Raum hin. “Bestraft werden des Weiteren solche Unternehmen, die sich frühzeitig auf die neuen Vorgaben vorbereitet haben, im Vertrauen darauf, dass die Staaten sich an ihre auf EU-Ebene getroffenen Entscheidung gebunden fühlen”, sagt die Professorin für Entrepreneurship und betriebswirtschaftliche Steuerlehre der TU Bergakademie Freiberg. “Für diese Unternehmen entsteht ein mehrfacher Umstellungsaufwand.”

“Moment der Wahrheit”

Ob europäische Partner dem Brief aus Berlin zustimmen, ist offen. Frankreich hat die CSRD früh in ein nationales Gesetz überführt. In der kurzlebigen Regierung von Premier Michel Barnier gab es zuletzt trotzdem Stimmen, die die CSRD rückgängig machen und sich dafür unter anderem von der Bundesregierung Rückendeckung holen wollten. Wie sich die kommende Regierung unter Premier François Bayrou positionieren wird, ist noch nicht ausgemacht. 

Matt Christensen, Global Head of Sustainable and Impact Investing des Vermögensverwalters Allianz Global Investors, glaubt, dass 2025 ein äußerst wichtiges Jahr sein wird. “Angesichts der weltweiten Aufmerksamkeit auf Europa müssen die Regulierungsbehörden vermeiden, Verwirrung zu stiften“, sagt er. Stattdessen sollten sie sicherstellen, dass mögliche Änderungen eine Finanzierung nachhaltiger Firmen fördern. Dieser “Moment der Wahrheit” werde entscheiden, ob die Änderungen als Belastungen oder als Treiber betrachtet werden. 

  • BDA
  • Berichtspflichten
  • CSRD
  • Daten
  • Transformation
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Nachhaltigkeit bei den großen Fachmessen 2025

13. bis 17. Januar 2025, München
Messe BAU – Weltleitmesse für Architektur, Materialien, Systeme
Auf der BAU 2025 werden auch in diesem Jahr über 2.000 Aussteller erwartet. Umrahmt wird sie von vielfältigen Veranstaltungen im Innovation Hub, der Start-up Area und Fachvorträgen in den Foren. Schwerpunktthemen sind in diesem Jahr klimagerechtes Bauen und Ressourceneffizienz. INFOS

17. bis 26. Januar 2025, Berlin
Messe Grüne Woche – International wichtigste Messe im Bereich Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau
Den Auftakt der Grünen Woche bildet das Global Forum for Agriculture, gefolgt von Fachseminaren und Kongressveranstaltungen. Themen sind unter anderem die globale Ernährungssicherung, die Anpassung an den Klimawandel und die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft. INFOS

11. bis 13. Februar 2025, Essen
Messe E-World Energy & Water – Europas größte Energiefachmesse
Das Programm der E-World umfasst eine Reihe von Foren, die sich mit der Transformation der Energiewirtschaft beschäftigen. Hier werden Themen wie “Renewables in Europe” oder Nachhaltigkeitsbewertungen als Grundlage für Investitionsentscheidungen diskutiert. INFOS

4. bis 6. März 2025, Berlin
Messe ITB 2025 – Die weltgrößte Tourismusmesse
Das Ausstellungsprogramm der ITB wird von einem Kongress und dem Transition Lab begleitet, wo Fachvorträge von über 400 internationalen Experten geplant sind. Zu den zentralen Themen gehört neben dem Einsatz neuer Technologien wie KI auch die Nachhaltigkeit. Mit dem Responsible Tourism Track gibt es dafür ein eigenes Format auf dem Kongress. INFOS

17. bis 21. März 2025, Frankfurt
Messe ISH – Weltleitmesse für Wasser, Wärme & Luft
Die ISH steht im kommenden Jahr unter dem Motto “Lösungen für eine nachhaltige Zukunft”. Acht Themenfelder stehen dabei im Mittelpunkt, darunter die Wärmeerzeugung der Zukunft mit regenerativen Heizsystemen, Wärmespeichern, Systemen für die Nah- und Fernwärmeversorgung sowie Smart-Home-Lösungen. In das Messekonzept integriert ist auch die zweitägige “Value of Water Conference“. INFOS

31. März bis 4. April 2025, Hannover
Messe Hannover Messe – Die Weltleitmesse der Industrie
Die Hannover Messe steht in diesem Jahr unter dem Motto “Energizing a sustainable Industry”. Technologische Innovationen im Bereich Klimawandel, Nachhaltigkeit und Transformation stehen hier ebenso auf der Agenda wie aktuelle Fragen des Recyclings und der Kreislaufwirtschaft. INFOS

7. bis 13. April 2025, München
Messe Bauma – Die Weltleitmesse für Baumaschinen, Baustoffmaschinen, Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte
Die Bauma 2025 steht ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Leitthemen der Messe und des Rahmenprogramms sind unter anderem “Klimaneutralität – Strategie, Investition, Fahrplan”, “Nachhaltiges Bauen – Carbon Footprint, Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft” und “Mining Challenge – Sicherung der Rohstoffversorgung, Automation, ESG”. INFOS

20. bis 23. Mai 2025, Köln
Messe Interzum 2025 – Weltleitmesse für Möbelfertigung und Innenausbau
Unter dem Leitthema “Rethinking Resources: Circular and Biobased Solutions” widmet sich die Interzum im kommenden Jahr der nachhaltigen Möbelfertigung. Das Motto soll laut Veranstalter auf der Messe in all seinen Facetten sichtbar und erlebbar werden – von einem abwechslungsreichen Eventprogramm bis hin zu biozirkulären Innovationen der Aussteller. INFOS

11. und 12. Juni 2025, Köln
Messe IVT EXPO – Internationale Messe für neue Komponenten und Technologien der Industriefahrzeugindustrie
Auf der IVT Expo präsentieren mehr als 150 internationale Aussteller ihre neuesten Komponenten, Materialien und Technologien, die in Fahrzeugen für die Bauwirtschaft, den Bergbau, die Landwirtschaft und viele andere Branchen zum Einsatz kommen. Eines der Hauptthemen der begleitenden Konferenz mit über 70 Referenten ist “Powering the Future: Electrification, Hybrid Systems, and Alternative Fuels”. INFOS

9. bis 14. September 2025, München
Messe IAA MOBILITY 2025 – “It’s all about Mobility”
Auf der IAA Mobility werden auch 2025 wieder alle führenden Automobilhersteller und Zulieferer ihre neuesten Modelle und Innovationen präsentieren. Außerdem findet auf dem Messegelände der IAA Summit statt. Eines der vier Leitthemen wird laut Veranstalter Sustainability sein, da in diesem Bereich die meisten Innovationen für die Mobilität der Zukunft erwartet werden. INFOS

22. bis 26. September 2025, Hannover
Messe EMO – Weltleitmesse der Produktionstechnologie
“Innovate Manufacturing” lautet das Motto der nächsten EMO, die sich als “the place to be für die internationale Metallbearbeitung” präsentiert. Eine “Start-up Area” richtet sich speziell an junge Unternehmen, die ihre Produkte präsentieren und Netzwerke knüpfen wollen. Neben Automatisierung und Digitalisierung steht auch das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. INFOS

8. bis 15. Oktober 2925, Düsseldorf
Messe K – Die internationale Messe für die Innovationen der Kunststoff- und Kautschukindustrie
Jedes Jahr treffen sich auf der “K” zahlreiche Fachleute aus Produktion, Verarbeitung und verwandten Branchen wie Maschinenbau, Automobilindustrie, Elektronik, Medizintechnik, Verpackung und Bau aus aller Welt. Eines der Leitthemen im kommenden Jahr ist die Kreislaufwirtschaft. INFOS

9. bis 15. November 2025, Hannover
Messe Agritechnica – Weltleitmesse für Landtechnik
Motto der Agritechnica im kommenden Jahr ist “Touch Smart Efficiency”. Im Mittelpunkt stehen innovative, vernetzte Agrarsysteme, die mithilfe digitaler Technologien Effizienz, Nachhaltigkeit und Produktivität steigern, indem sie helfen, Aussaat, Bewässerung, Düngung und Pflanzenschutz zu optimieren. INFOS

News

Energie: Klimaausschuss legt Extraschichten für Gesetzesentwürfe ein

Der Bundestag unternimmt einen letzten Anlauf, um einige Gesetze im Energiebereich noch vor den Neuwahlen zu verabschieden. Nach einer Plenumssitzung wird sich der Energie- und Klimaausschuss dazu ab dem 13. Januar digital zu mehreren Expertenanhörungen treffen. In der letzten vollständigen Sitzungswoche Ende Januar würden dann abschließende Entscheidungen getroffen. Bei einigen Gesetzen sehen Union und Regierungsfraktionen gute Chancen auf eine Einigung. 

Aus dem Regierungslager aus SPD und der Grünen wurden Gesetzesvorschläge eingereicht zu  

Letztere werden am Freitag im Plenum beraten und dann in den Ausschuss überwiesen. Nur zur Gasspeicherumlage wird direkt abgestimmt.

Gasspeicherumlage wird reformiert  

Andreas Jung, Sprecher der Union zum Thema und Mitglied im Ausschuss, kündigte gegenüber Table.Briefings die Zustimmung seiner Fraktion zur Änderung der Gasspeicherumlage an. Dies werde von CDU-Parteichef Friedrich Merz unterstützt, der sich darüber auch mit den Regierungschefs in Österreich und Tschechien ausgetauscht habe. Die Umlage erhöhe die Gaspreise in den Nachbarländern. Die Änderung sei daher “Ausdruck europäischer Partnerschaft”. Ohnehin bezweifelt die Europäische Kommission, dass die Umlage in der jetzt gültigen Form rechtskonform ist und droht mit einem Verfahren.

Beratungsbedarf zu Biogas und Solar 

Weitgehende Einigkeit scheint auch hinsichtlich der Kraft-Wärme-Kopplung zu bestehen. Jung, aber auch die Sprecherin für Klima und Energie der SPD-Fraktion, Nina Scheer, sind optimistisch, dass es nach der betreffenden Anhörung im Januar eine Einigung über einen verlängerten Förderrahmen geben wird. 

Schwieriger wird es bei der Biogasenergie. Hier bestehe noch Verbesserungsbedarf, so Jung. Ähnlich sieht es Nina Scheer: “Bei der Bioenergie sollten die Kapazitäten, die bereits installiert sind, nicht verloren gehen.” Daher seien einzelne Punkte aus dem betreffenden Entwurf der Bundesregierung bereits durch die Regierungsfraktionen nachjustiert worden. Weitere Fragen seien im parlamentarischen Verfahren zu klären. Bei den Neuregelungen zur Solarenergie sind sich die Sprecher der beiden größten Fraktionen weniger sicher, ob es noch zu parlamentarischen Mehrheiten kommen wird.

Auch die Union selbst bringt einen Gesetzesentwurf ein, welcher der “Akzeptanz beim Windenergieausbau” dienen soll. Hintergrund sind Genehmigungsverfahren für neue Windkraftanlagen, die nicht von der Regionalplanung im Rahmen des Wind-an-Land-Gesetzes erfasst werden. Die Union befürchtet einen “Wildwuchs”. In der SPD-Fraktion stößt der Entwurf jedoch auf Kritik. av 

  • Energiewende
  • Europäische Kommission
  • Gas
  • Windkraft

Wahlprogramm: Wie die FDP den Green Deal zurückdrehen will

Nach Union, SPD und Grüne hat auch die FPD ihr Programm zur Bundestagswahl veröffentlicht. Darin finden sich einige Vorschläge zum Abbau der Bürokratie. Dabei geht es zentral um europäische Gesetze im Rahmen des Green Deal, die laut der Partei “nicht für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit, sondern in erster Linie für Frust in den Betrieben” sorgen. Abschaffen wollen die Liberalen daher

  • die EU-Taxonomie, deren Erweiterung um soziale Aspekte zudem “strikt” abgelehnt wird, 
  • die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD, und 
  • die EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD

Auf Bundesebene soll eine Fusion des Entwicklungsministeriums mit dem Auswärtigen Amt zur Verschlankung beitragen. Eine “Abschaffung oder Neuaufstellung” des Umweltbundesamts werde zudem Steuern sparen. Zudem wendet sich die Partei gegen den Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft. Stattdessen setzt die FDP auf “moderne Recyclingmethoden”, “Produktverbote” werden hingegen ausgeschlossen. 

Bei der Energie setzt die FDP ganz auf den EU-Emissionshandel als “Leitinstrument”. Andere Abgaben würden nach diesen Plänen wegfallen: Die EU-Mindestsätze für die Energiesteuer auf Heiz- und Kraftstoffe sollen “sukzessive bis auf null abschmelzen”. Der CO₂-Preis soll auch die Strom- und Energiesteuer sowie die Kfz-Steuer perspektivisch vollständig ersetzen. “Auf diese Weise stärken wir die Rolle des CO₂-Preises, und schaffen mehr Anreize für den Umstieg auf erneuerbare Energien oder klimafreundliche Kraft- und Heizstoffe.”  

Das Ziel der deutschen Klimaneutralität soll nicht 2045, sondern erst 2050 erreicht werden – analog zum EU-Klimaziel. Ferner will die Partei die heimische Erdgasförderung ausbauen, unter anderem durch Fracking. EEG-Subventionen für neue Energieanlagen seien “nicht mehr zu rechtfertigen”, dagegen soll “die Nutzung klimafreundlicher Zukunftstechnologien wie Kernfusion und sicherer Kernkraftwerke ohne Subventionen” möglich werden. Man wolle die Wiederinbetriebnahme der vorhandenen AKW “rechtlich ermöglichen”, andererseits aber die Entscheidung darüber den Betreibern überlassen. 

An der Schuldenbremse hält die FDP unvermindert fest. Das Verbrenner-Verbot ab 2035, die EU-Flottengrenzwerte und das Heizungsgesetz sollen hingegen abgeschafft werden. maw 

  • Bundestagswahl 2025
  • Erneuerbare Energien
  • Green Deal
  • Kernfusion
  • Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • Transformation

EU-Verpackungsverordnung: Recyclingbranche fordert, Hersteller in die Pflicht zu nehmen

Im Gesetzgebungsprozess der EU-Verpackungsverordnung ist in dieser Woche mit der Abstimmung des Rats die letzte notwendige Formalie erfolgt. Das Gesetz tritt Anfang 2025 in Kraft, ab Juli 2026 müssen die Vorgaben für nachhaltigere Verpackungen umgesetzt werden. Unter anderem sollen Verpackungen dann bis 2030 recycelbar sein, außerdem wird ein EU-weites Pfandsystem eingerichtet. 

Anja Siegesmund, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), bezeichnet das Inkrafttreten als “wichtigen Schritt”. Sie fordert jedoch “klare und praktikable Rahmenbedingungen für die Umsetzung”, etwa europaweit einheitliche Verpackungsstandards. Hersteller müssten zudem “in die Pflicht genommen werden”, damit Recyclingfähigkeit ein verbindlicher Teil der Produktgestaltung werde. Zudem dürfe die Branche bei der Weiterentwicklung von Sammel-, Sortier- und Recyclingtechnologien “nicht allein gelassen werden”.

DUH schlägt finanzielle Anreize zur Förderung von Mehrwegsystemen vor

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte eine wirksame Förderung von abfallarmen Mehrwegsystemen. Die Bundesregierung könne das Einsparungsziel von fünf Prozent weniger Verpackungsabfall – was etwa einer Million Tonnen Verpackungen entspreche – bis 2030 sonst nicht erreichen.

Die Mehrweg-Vorgaben beispielsweise für Getränke- und Takeaway-Verpackungen seien in der EU-Verordnung bei den Verhandlungen stark verwässert worden, sagte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. “In Deutschland werden sie kaum Auswirkungen haben, weil sie teilweise bereits heute erfüllt werden.” Die DUH schlägt deshalb finanzielle Anreize zur Förderung von Mehrwegsystemen vor, etwa eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Getränkeverpackungen. leo 

  • EU-Verpackungsverordnung
  • Kreislaufwirtschaft
  • Nachhaltigkeitsstandards
  • Recycling

Lesetipps: Von Utopien, Wachstumsgrenzen und klimabedingtem Hunger

Timothée Parrique: Wachstum bremsen oder untergehen 

“Stur auf grenzenlosem Wachstum zu behaaren ist keine Entwicklung, sondern Bulimie”, schreibt der Ökonom Timothée Parrique in seinem jüngst erschienenen Buch. Der Franzose fasst die Argumente zusammen, warum nur eine Entkopplung des Wirtschaftens vom Ressourcenverbrauch ein tatsächlich grünes Wachstum auf einem endlichen Planeten ermöglicht. Er argumentiert klug und faktengesättigt, warum auch aus sozialen Gründen weiteres Wachstum keinesfalls wünschenswert wäre.  

Denn auch die fortschreitende Kommerzialisierung “der sozialen Sphäre” sei “nicht nur langfristig unhaltbar”. Es gebe auch eine soziale Grenze des Wachstums. “Bestimmte Dinge können nicht kommerzialisiert werden”, schreibt er, es sei denn, sie sollten verschlechtert werden. Das Nebeneinander eines “buchhalterischen Reichtums” und verbreiteter Beziehungsarmut sei nicht zukunftsfähig. Caspar Dohmen 

Timothée Parrique: Wachstum bremsen oder untergehen. Wie wir mit Degrowth die Welt retten. S. Fischer Verlag, 2024, 368 Seiten, 28 Euro 

Ernest Callenbach: Ökotopia  

Wie lebt es sich in einer Wirtschaft, die ohne permanentes Wachstum auskommt? Ernest Callenbach veröffentlichte “Ökotopia” bereits im Jahr 1975, lange bevor viele seiner Ideen populär wurden. Sein Science-Fiction-Roman spielt an der Nordwestküste Amerikas. Die dortigen Bundesstaaten haben sich vom Rest des Landes abgespalten, um den neuen Staat Ökotopia zu bilden. 

Nun bereist ein Journalist das neue Land. Bass erstaunt ist er über die Organisation der Gesellschaft. Die Esskultur ist regional aufgebaut, die Kreislaufwirtschaft Realität. Am überraschendsten: Die Menschen scheinen ein erfülltes Leben zu führen.  

Der zunächst skeptische Reporter muss sich entscheiden: Lässt er sich auf das Gesellschaftsexperiment ein, oder kehrt er in die Rest-USA zurück? Auch nach einem halben Jahrhundert inspiriert Ernest Callenbachs Utopie. Caspar Dohmen 
 
Ernest Callenbach: Ökotopia. Reclam Verlag, 284 Seiten, 24 Euro

Samuel Moyn: Der Liberalismus gegen sich selbst 

In nahezu allen westlichen Ländern feiern antidemokratische Populisten Erfolge, während liberale Stimmen immer weniger überzeugen können. Woran liegt das? Der in Yale lehrende Samuel Moyn diagnostiziert: Die Krise des Liberalismus habe sich dieser selbst eingebrockt.

Der Ideenhistoriker setzt für sein Argument früh an und gräbt tief. Die “Cold-War-Liberals” wie Karl Popper und Isaiah Berlin hätten nach den Erfahrungen von Weltkriegen und Diktaturen zu sehr auf die Abwehr von Bedrohungen des Rechtsstaats, der Demokratie und des Markts gesetzt. Wie nebenbei räumte ihr “negativer Liberalismus” positive Freiheitskonzeptionen wie das Streben nach Glück und Selbstverwirklichung dabei ab. So habe der Liberalismus seinen utopischen Gehalt verloren. Sein Punkt: Wer überall nur Gefahren sieht, sich nur auf Verteidigung konzentriert, der verliert die eigene Weiterentwicklung aus dem Blick. Lukas Franke 

Samuel Moyn, “Der Liberalismus gegen sich selbst. Intellektuelle im Kalten Krieg und die Entstehung der Gegenwart”, Suhrkamp Verlag, 2024, 303 Seiten, 30 Euro 

Navid Kermani: In die andere Richtung jetzt 

2021 führten die Vereinten Nationen zum ersten Mal eine Hungersnot auf die Klimakrise zurück – im Süden des Inselstaats Madagaskar. Für den Schriftsteller Navid Kermani der Impuls, durch mehrere Länder Ostafrikas zu reisen und den Zusammenhängen von Klimaveränderung, ökologischen Krisen, geopolitischen Interessen und kolonialen Zerstörungen nachzugehen.  

Von Madagaskar aus reiste er durch Ostafrika. Überall trifft er auf die Spätfolgen kolonialer Unterdrückung, geht den komplexen Ursachen des Hungers nach und der Arbeit der Hilfsorganisationen. Er beschreibt, wie sich der dschihadistische Islam ausbreitet, China seinen Einfluss ausdehnt, und westliche Energiekonzerne ökonomische und soziale Strukturen zerstören. Kermanis einfühlsame Aufzeichnungen zeichnen ein differenziertes Bild einer Region, die weder der Klimakrise noch globalen Machtverschiebungen viel entgegensetzen kann. Lukas Franke 

Navid Kermani, “In die andere Richtung jetzt”, Verlag C.H.Beck, 2024, 272 Seiten, 26 Euro 

  • Kreislaufwirtschaft
  • Nachhaltige Wirtschaft
  • Vereinte Nationen

Dessert

Das Geschäft mit Schoko-Weihnachtsmännern & Co. schmilzt in der Wirtschaftskrise.

Die Süßwarenindustrie ist besorgt, denn die Krise der deutschen Wirtschaft macht auch vor den beliebten Schoko-Nikoläusen und -Weihnachtsmännern nicht halt. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) ging die Produktion im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent zurück. Die Hersteller fabrizierten demnach statt 167 Millionen in diesem Jahr nur noch 164 Millionen der “Hohlfiguren”.  

Als Hauptgrund nennt BDSI-Hauptgeschäftsführer Carsten Bernoth den zunehmenden Druck auf das Exportgeschäft, das trotz wachsender Märkte rückläufig sei. “Die Unternehmen in Deutschland ächzen unter Kostenbelastungen bei wichtigen Rohstoffen, Personal, Energie und Bürokratie”, so Bernoth. Der Verband gibt an, dass rund ein Drittel der hierzulande produzierten Nikoläuse und Weihnachtsmänner für den Verkauf ins Ausland bestimmt ist. 

Aber es gibt auch eine positive Nachricht: Laut BDSI ist inzwischen ein Großteil des in Deutschland verarbeiteten Kakaos nach Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert, nämlich 81 Prozent im Jahr 2023. Um welche Nachhaltigkeitssiegel es sich handelte, wurde nicht mitgeteilt. Unerwähnt blieb auch, dass die Lebenssituation vieler Kakao-Bauern weiterhin prekär ist, wie die aktuelle Studie “2024: State of Play – Living Income” des Forums Nachhaltiger Kakao zeigt. ch

  • Lebensmittelindustrie
  • Nachhaltigkeitsstandards

ESG.Table Redaktion

ESG.TABLE REDAKTION

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    Chefvolkswirt der Triodos Bank: Der Finanzsektor kann die Transformation der Wirtschaft anführen

    Bevor Hans Stegeman 2017 bei der Triodos Bank anfing, arbeitete er fast zehn Jahre für die Rabobank.

    Herr Stegeman, wie lautet Ihr Fazit am Ende dieses Jahres aus der Sicht einer nachhaltigen Bank? 
    Es war ein ziemlich turbulentes Jahr. Grundsätzlich sehen wir, dass die Nachhaltigkeit einige Jahre lang boomte, mehr oder weniger von 2016 bis zur Covid-Pandemie. Jetzt ist es ganz anders. Große Teile des Bankensektors sind sehr damit beschäftigt, alle möglichen gesetzlichen Vorschriften zur Nachhaltigkeit umzusetzen. Sie sind mehr mit der Einhaltung von Regulatorik und dem Risikomanagement beschäftigt als mit der Frage, welche Art von Investitionen und Finanzierungen erforderlich sind, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Zugleich gibt es erste Belege dafür, dass Nachhaltigkeit für Banken zu einem Risikofaktor im Portfolio wird. 

    Ist die Regulierung ein Hindernis für die Nachhaltigkeit, oder kann sie die Transformation beschleunigen? 
    Es ist schwer abzuschätzen, welche Effekte die Sustainable-Finance-Regulierung der EU haben wird. Die aktuellen Regeln liegen in der Mitte zwischen guter und schlechter Regulierung. Sie helfen gegen Greenwashing, bei der Transparenz, aber sie sind definitiv nicht ausreichend. Denn die EU hat etwas sehr Wichtiges vergessen: auch den braunen Teil der Bilanzen der Banken zu regulieren. Eine andere Frage ist, ob die Regulierung zu komplex ist. Für den Moment ist es gut, dass es Regeln gibt. Denn ohne Regulierung hat es auch nicht funktioniert. Es ist wichtig, sie nach einer ersten Implementierungsrunde zu bewerten und dann zu verbessern. 

    Kann der Finanzsektor die Nachhaltigkeitstransformation tatsächlich voranbringen? 
    Das hängt davon ab, wie man es betrachtet. Folgt der Finanzsektor nur dem, was in der Realwirtschaft passiert, oder kann er die Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit leiten? Ich denke, er kann eine Führungsrolle spielen. Das setzt aber voraus, dass die Banken eine normative Haltung dazu einnehmen, was sie finanzieren. Ich gebe zu, dass dies angesichts der Probleme von Kapitalmärkten – unter anderem deren Kurzfristigkeit und fehlende Berücksichtigung von Externalitäten – schwierig ist. Aber es ist wichtig, dass die Finanzinstitute explizit normative Entscheidungen treffen. 

    Was würde mehr Banken in die Lage versetzen, eine normative Haltung einzunehmen? 
    Die offensichtliche Antwort wäre: Wir brauchen mehr Regulierung – aber anders gestaltet. Zum Beispiel müssen die Kapitalkosten für unsaubere und verbotene Aktivitäten erhöht werden. Denn ohne normative Haltung reagieren Bänker nur auf Gewinne, Risiko und Rendite. Man muss also die Gleichung ändern. Dahinter verbirgt sich aber ein Dilemma: Wenn die Politik die Finanzierung schädlicher Aktivitäten nicht verbietet, warum sollte dann der Sektor selbst diese Entscheidung treffen? Zugleich ist es für die Politik einfacher, die Verantwortung den Banken zu überlassen. 

    Die EU-Taxonomie soll Investitionen in nachhaltige Aktivitäten lenken. Funktioniert sie? 
    Die Idee hinter der Taxonomie ist: Wenn ein Fonds nicht so grün ist, wie die Anleger dachten, dann werden sie ihr Geld in einen Fonds umleiten, der ihren Präferenzen besser entspricht. Das geschieht aber nicht, weil die Taxonomie viel zu komplex ist, als dass die Kunden die gegebenen Informationen verstehen. Die Transparenz zu erhöhen ist der billigste, aber auch unwirksamste Weg, um eine Transformation in Gang zu bringen. Denn sie zwingt die Akteure im System nicht, ihr Verhalten zu ändern. Zudem bleiben relative Preise außen vor. Es mag in zehn oder 20 Jahren funktionieren, aber nicht in den kommenden Jahren. Wir brauchen aber schnelle Veränderungen, um innerhalb der planetaren Grenzen zu bleiben. 

    Dann lassen Sie uns über die Gegenwart sprechen. Die Triodos Bank wurde 1980 gegründet und ist heute die größte Nachhaltigkeitsbank in Europa. Wie gehen Sie an nachhaltiges Investieren heran? 
    Wir wenden ein sehr strenges Vorsorgeprinzip an. Wenn wir glauben, dass etwas schiefgehen kann, lassen wir es bleiben – sowohl auf der sozialen als auch auf der ökologischen Seite. Wir schließen zum Beispiel fossile Brennstoffe strikt aus, weil wir wissen, dass sie auslaufen müssen. In der Wirtschaft spielen sie derzeit zwar noch eine Rolle, aber dadurch vermeiden wir das Risiko, dass Investitionen in diesem Feld zu gestrandeten Vermögenswerten werden. 

    Es gibt viele Leute, die sagen, dass Unternehmen, die noch “braun” sind, Investitionen brauchen, um die Transformation erfolgreich zu bewältigen. 
    Unsere Aufgabe ist es zu zeigen, dass alternative Bankmodelle funktionieren und man Dinge anders machen kann als die Main Street, indem man andere und einschränkende Entscheidungen trifft. Man braucht Vorreiter, um etwas zu erreichen. Wir gehen nicht zu den Unternehmen für fossile Brennstoffe und sagen: Hallo, wie könnt ihr euch am besten transformieren? Das tun wir nicht, weil es auch wirtschaftlich keinen Sinn macht. Die Gewinner von neuen Transformationen sind nie die Gewinner von alten Transformationen. Aber natürlich müssen wir auch auf mögliche positive Gewinner des Übergangs zur Nachhaltigkeit wetten. So funktionieren die Finanzmärkte. 

    Wie machen Sie das? Ist es möglich, zu investieren, ohne dem Planeten zu schaden? 
    Das ist fast unmöglich. Man müsste die planetaren Grenzen von einer globalen Ebene auf ein einzelnes Land oder ein einzelnes Unternehmen übertragen. Stattdessen versuchen wir zumindest zu verstehen, ob ein Unternehmen, das wir finanzieren, in irgendeiner Weise zu einem Wandel beiträgt. Wir fragen: Können wir verstehen, was es macht? Erfüllt es unsere Mindeststandards? Verursacht es keinen Schaden? Und dann investieren wir vielleicht. 

    Aber auch Sie können die Zukunft nicht vorhersagen. Von welchen Prämissen lassen Sie sich leiten? 
    Bei einem Teil unseres Portfolios versuchen wir auch zu verstehen, ob ein Unternehmen zur wirtschaftlichen Transformation beiträgt. Das ist ein qualitatives und komplexes Unterfangen, bei dem man die Dinge ganzheitlich betrachten muss. In den letzten zwei Jahren haben wir versucht, den Prozess zu konzeptualisieren und zu standardisieren. Wir wollten uns bewusster machen, wonach wir suchen. 

    Wir gehen davon aus, dass es ökologische und soziale Kipppunkte gibt, an denen Systeme teilweise oder ganz zusammenbrechen. Deshalb versuchen wir, in positive Entwicklungen zu investieren und die negativen zu vermeiden – von denen einige sehr eindeutig sind, wie zum Beispiel bei den fossilen Brennstoffen und dem Klimawandel. Wir investieren zum Beispiel in naturbasierte Lösungen. 

    Was sind die Herausforderungen für Banken, die nicht speziell auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind? 
    Generell möchte jede Bank im Finanzsektor alle Daten und Antworten haben, um sie in ein herkömmliches Risikomodell einzugeben und ein richtiges oder falsches Ergebnis zu bekommen. Aber so funktioniert das nicht. Wenn Sie bei einer großen Bank arbeiten, haben Sie in der Bilanz einen hohen Anteil an nicht-nachhaltigen Aktivitäten. Es ist eine Herausforderung, diese loszuwerden. Die meisten Banken entwickeln sich nicht weiter, weil diese Altlasten ihnen immer noch einen großen Teil ihrer Gewinne bescheren. Wer wird dann aufhören? 

    Wie müssten die Regeln für Banken geändert werden, um die Nachhaltigkeit in großem Maßstab zu fördern? 
    Ein paar sehr einfache Anpassungen würden ausreichen. Es beginnt damit: Finanziere nur die Realwirtschaft, die du als Bank verstehst. Koppel also den Finanzsektor an die Realwirtschaft. So wäre der Sektor kleiner, aber die Investoren würden verstehen, welcher Wert geschaffen wird. 

    Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Widerstandsfähigkeit und Vielfalt des Finanzsektors. Ohne eine vollständige Bankenunion in der EU können die großen Banken nicht bankrottgehen. Es gibt also eine implizite Subventionierung durch die Regierungen. 

    Alles in allem machen wir immer noch viele Dinge falsch – wir kennen sie seit langem. Aber deswegen dient der Finanzsektor nicht der Nachhaltigkeit. 

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    CSRD: Wie die Reaktionen auf Deutschlands Vorstoß ausfallen

    Jörg Kukies (SPD, links) und Robert Habeck (Grüne, rechts) sind zwei der vier Unterzeichner der Initiative.

    Vor zwei Tagen hatte Table.Briefings exklusiv über einen Brief der Bundesminister für Wirtschaft, Arbeit, Justiz und Finanzen an die EU-Kommission berichtet. Darin fordern sie von der EU-Kommission, die Anwendung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für Firmen der zweiten und dritten Welle um zwei Jahre zu verschieben. In der ersten Phase sind Konzerne erfasst, die bereits früher Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen mussten und für die sich nichts ändern soll. Außerdem sollte, so die Absender, die Zahl der erhobenen Datenpunkte um die Hälfte reduziert und die Definition “großer” Mittelständler so geändert werden, dass weniger Unternehmen in diese Kategorie fallen.  

    In der Wirtschaft wird der Vorstoß der Bundesregierung ausdrücklich begrüßt: “Die Politik muss ihren Ansatz für die ökologische Transformation dringend ändern”, sagte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner zu Table.Briefings. Die neue Bundesregierung müsse Erleichterungen bei der CSRD und den verbundenen Standards in Brüssel vorantreiben: “Der Berichtsumfang muss auf wenige steuerungsrelevante Kennzahlen begrenzt werden.” 

    Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), stimmt zu: “Die EU-Berichtsstandards sind für Unternehmen aller Größen viel zu komplex und bürokratisch.” Um die Wettbewerbsfähigkeit sowie nachhaltige Geschäftsmodelle zu fördern, müsse die Kommission den geltenden delegierten Rechtsakt zurückziehen und neu fassen. In einem neuen Positionspapier kritisiert die BDA die Berichtsanforderungen als “exzessiv”. 

    Entkernung der CSRD befürchtet 

    Fraglich ist allerdings, wie wirksam die CSRD nach Umsetzung der deutschen Vorschläge noch wäre. Maximilian Müller, Professor für Finanzbuchhaltung der Uni Köln, wies bei LinkedIn darauf hin, dass bei einer Umsetzung der deutschen Vorschläge fast 90 Prozent aller bislang betroffenen Firmen aus der Betrachtung fallen würden. Ziel der CSRD ist es, Firmen über die Offenlegung von vergleichbaren Daten zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Investoren sollen zudem nachhaltige Geschäftsmodelle besser von weniger zukunftsfähigen unterscheiden können.

    Alexander Bassen ist Professor für Kapitalmärkte und Unternehmensführung an der Uni Hamburg und zugleich Mitglied des EFRAG-Boards für Nachhaltigkeitsberichterstattung. Er hat die ESRS-Kriterien, nach denen Firmen berichten müssen, mitentwickelt. “Ich finde diesen Brief sehr enttäuschend“, sagte er zu Table.Briefings. Die Entwicklung der CSRD und der ESRS sei ein mehrjähriger Prozess gewesen, in dem sich die Bundesregierung frühzeitig habe einbringen können. “Zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem sie die rechtzeitige Umsetzung versäumt hat, halte ich das für unangemessen.”

    Habeck habe eher auf der Bremse gestanden

    Bassen räumt ein, dass es diskussionswürdige Aspekte in der CSRD gäbe. Aber: “Das alles hätte aber viel früher erfolgen müssen.” Für vielsagend hält er zudem, “dass das Schreiben nicht von der Hausleitung des Bundesumweltministeriums unterschrieben wurde”.

    Das Haus von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte dem Vernehmen nach Vorbehalte geäußert in der Bundesregierung, der interne Abstimmungsprozess des Papiers zog sich deshalb hin. Vor allem Bundesfinanzminister Jörg Kukies und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (beide SPD) hatten demnach auf die Initiative gedrängt.

    Wirtschaftsminister Robert Habeck habe eher auf der Bremse gestanden, hieß es, trotz seiner früheren Ankündigung, bei den Berichtspflichten die “Kettensäge anzuwerfen”. Er zeichnete das Schreiben letztlich aber mit. SPD und Grüne wollen sich im Wahlkampf offenbar nicht nachsagen lassen, nichts gegen die vielfach als fesselnd empfundenen Green-Deal-Regulierungen zu unternehmen.

    Willkürlich wirkende Entscheidung

    Katharina Beck, CSRD-Berichterstatterin der Grünen, warnt davor, zu weit zu gehen: “Auch wenn eine Entschlackung und Priorisierung auf jeden Fall angebracht ist: Pauschal einfach eine eher willkürlich wirkende Zahl wie 50 Prozent der Berichtspunkte zu reduzieren, ist weniger zielführend.” Stattdessen sollte man die Abschwächung anhand vom jeweiligen Informationsgehalt und der Wirkung angehen, so die Abgeordnete.

    Ursprünglich hätte die CSRD bis Anfang Juli in allen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Das ist vielfach noch nicht geschehen, und angesichts der jetzigen weiteren Verzögerung weist Karina Sopp auf die hohe Rechtsunsicherheit für die Wirtschaft und die uneinheitliche Rechtslage im EU-Raum hin. “Bestraft werden des Weiteren solche Unternehmen, die sich frühzeitig auf die neuen Vorgaben vorbereitet haben, im Vertrauen darauf, dass die Staaten sich an ihre auf EU-Ebene getroffenen Entscheidung gebunden fühlen”, sagt die Professorin für Entrepreneurship und betriebswirtschaftliche Steuerlehre der TU Bergakademie Freiberg. “Für diese Unternehmen entsteht ein mehrfacher Umstellungsaufwand.”

    “Moment der Wahrheit”

    Ob europäische Partner dem Brief aus Berlin zustimmen, ist offen. Frankreich hat die CSRD früh in ein nationales Gesetz überführt. In der kurzlebigen Regierung von Premier Michel Barnier gab es zuletzt trotzdem Stimmen, die die CSRD rückgängig machen und sich dafür unter anderem von der Bundesregierung Rückendeckung holen wollten. Wie sich die kommende Regierung unter Premier François Bayrou positionieren wird, ist noch nicht ausgemacht. 

    Matt Christensen, Global Head of Sustainable and Impact Investing des Vermögensverwalters Allianz Global Investors, glaubt, dass 2025 ein äußerst wichtiges Jahr sein wird. “Angesichts der weltweiten Aufmerksamkeit auf Europa müssen die Regulierungsbehörden vermeiden, Verwirrung zu stiften“, sagt er. Stattdessen sollten sie sicherstellen, dass mögliche Änderungen eine Finanzierung nachhaltiger Firmen fördern. Dieser “Moment der Wahrheit” werde entscheiden, ob die Änderungen als Belastungen oder als Treiber betrachtet werden. 

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    Nachhaltigkeit bei den großen Fachmessen 2025

    13. bis 17. Januar 2025, München
    Messe BAU – Weltleitmesse für Architektur, Materialien, Systeme
    Auf der BAU 2025 werden auch in diesem Jahr über 2.000 Aussteller erwartet. Umrahmt wird sie von vielfältigen Veranstaltungen im Innovation Hub, der Start-up Area und Fachvorträgen in den Foren. Schwerpunktthemen sind in diesem Jahr klimagerechtes Bauen und Ressourceneffizienz. INFOS

    17. bis 26. Januar 2025, Berlin
    Messe Grüne Woche – International wichtigste Messe im Bereich Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau
    Den Auftakt der Grünen Woche bildet das Global Forum for Agriculture, gefolgt von Fachseminaren und Kongressveranstaltungen. Themen sind unter anderem die globale Ernährungssicherung, die Anpassung an den Klimawandel und die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft. INFOS

    11. bis 13. Februar 2025, Essen
    Messe E-World Energy & Water – Europas größte Energiefachmesse
    Das Programm der E-World umfasst eine Reihe von Foren, die sich mit der Transformation der Energiewirtschaft beschäftigen. Hier werden Themen wie “Renewables in Europe” oder Nachhaltigkeitsbewertungen als Grundlage für Investitionsentscheidungen diskutiert. INFOS

    4. bis 6. März 2025, Berlin
    Messe ITB 2025 – Die weltgrößte Tourismusmesse
    Das Ausstellungsprogramm der ITB wird von einem Kongress und dem Transition Lab begleitet, wo Fachvorträge von über 400 internationalen Experten geplant sind. Zu den zentralen Themen gehört neben dem Einsatz neuer Technologien wie KI auch die Nachhaltigkeit. Mit dem Responsible Tourism Track gibt es dafür ein eigenes Format auf dem Kongress. INFOS

    17. bis 21. März 2025, Frankfurt
    Messe ISH – Weltleitmesse für Wasser, Wärme & Luft
    Die ISH steht im kommenden Jahr unter dem Motto “Lösungen für eine nachhaltige Zukunft”. Acht Themenfelder stehen dabei im Mittelpunkt, darunter die Wärmeerzeugung der Zukunft mit regenerativen Heizsystemen, Wärmespeichern, Systemen für die Nah- und Fernwärmeversorgung sowie Smart-Home-Lösungen. In das Messekonzept integriert ist auch die zweitägige “Value of Water Conference“. INFOS

    31. März bis 4. April 2025, Hannover
    Messe Hannover Messe – Die Weltleitmesse der Industrie
    Die Hannover Messe steht in diesem Jahr unter dem Motto “Energizing a sustainable Industry”. Technologische Innovationen im Bereich Klimawandel, Nachhaltigkeit und Transformation stehen hier ebenso auf der Agenda wie aktuelle Fragen des Recyclings und der Kreislaufwirtschaft. INFOS

    7. bis 13. April 2025, München
    Messe Bauma – Die Weltleitmesse für Baumaschinen, Baustoffmaschinen, Bergbaumaschinen, Baufahrzeuge und Baugeräte
    Die Bauma 2025 steht ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Leitthemen der Messe und des Rahmenprogramms sind unter anderem “Klimaneutralität – Strategie, Investition, Fahrplan”, “Nachhaltiges Bauen – Carbon Footprint, Ressourcenschonung, Kreislaufwirtschaft” und “Mining Challenge – Sicherung der Rohstoffversorgung, Automation, ESG”. INFOS

    20. bis 23. Mai 2025, Köln
    Messe Interzum 2025 – Weltleitmesse für Möbelfertigung und Innenausbau
    Unter dem Leitthema “Rethinking Resources: Circular and Biobased Solutions” widmet sich die Interzum im kommenden Jahr der nachhaltigen Möbelfertigung. Das Motto soll laut Veranstalter auf der Messe in all seinen Facetten sichtbar und erlebbar werden – von einem abwechslungsreichen Eventprogramm bis hin zu biozirkulären Innovationen der Aussteller. INFOS

    11. und 12. Juni 2025, Köln
    Messe IVT EXPO – Internationale Messe für neue Komponenten und Technologien der Industriefahrzeugindustrie
    Auf der IVT Expo präsentieren mehr als 150 internationale Aussteller ihre neuesten Komponenten, Materialien und Technologien, die in Fahrzeugen für die Bauwirtschaft, den Bergbau, die Landwirtschaft und viele andere Branchen zum Einsatz kommen. Eines der Hauptthemen der begleitenden Konferenz mit über 70 Referenten ist “Powering the Future: Electrification, Hybrid Systems, and Alternative Fuels”. INFOS

    9. bis 14. September 2025, München
    Messe IAA MOBILITY 2025 – “It’s all about Mobility”
    Auf der IAA Mobility werden auch 2025 wieder alle führenden Automobilhersteller und Zulieferer ihre neuesten Modelle und Innovationen präsentieren. Außerdem findet auf dem Messegelände der IAA Summit statt. Eines der vier Leitthemen wird laut Veranstalter Sustainability sein, da in diesem Bereich die meisten Innovationen für die Mobilität der Zukunft erwartet werden. INFOS

    22. bis 26. September 2025, Hannover
    Messe EMO – Weltleitmesse der Produktionstechnologie
    “Innovate Manufacturing” lautet das Motto der nächsten EMO, die sich als “the place to be für die internationale Metallbearbeitung” präsentiert. Eine “Start-up Area” richtet sich speziell an junge Unternehmen, die ihre Produkte präsentieren und Netzwerke knüpfen wollen. Neben Automatisierung und Digitalisierung steht auch das Thema Nachhaltigkeit im Fokus. INFOS

    8. bis 15. Oktober 2925, Düsseldorf
    Messe K – Die internationale Messe für die Innovationen der Kunststoff- und Kautschukindustrie
    Jedes Jahr treffen sich auf der “K” zahlreiche Fachleute aus Produktion, Verarbeitung und verwandten Branchen wie Maschinenbau, Automobilindustrie, Elektronik, Medizintechnik, Verpackung und Bau aus aller Welt. Eines der Leitthemen im kommenden Jahr ist die Kreislaufwirtschaft. INFOS

    9. bis 15. November 2025, Hannover
    Messe Agritechnica – Weltleitmesse für Landtechnik
    Motto der Agritechnica im kommenden Jahr ist “Touch Smart Efficiency”. Im Mittelpunkt stehen innovative, vernetzte Agrarsysteme, die mithilfe digitaler Technologien Effizienz, Nachhaltigkeit und Produktivität steigern, indem sie helfen, Aussaat, Bewässerung, Düngung und Pflanzenschutz zu optimieren. INFOS

    News

    Energie: Klimaausschuss legt Extraschichten für Gesetzesentwürfe ein

    Der Bundestag unternimmt einen letzten Anlauf, um einige Gesetze im Energiebereich noch vor den Neuwahlen zu verabschieden. Nach einer Plenumssitzung wird sich der Energie- und Klimaausschuss dazu ab dem 13. Januar digital zu mehreren Expertenanhörungen treffen. In der letzten vollständigen Sitzungswoche Ende Januar würden dann abschließende Entscheidungen getroffen. Bei einigen Gesetzen sehen Union und Regierungsfraktionen gute Chancen auf eine Einigung. 

    Aus dem Regierungslager aus SPD und der Grünen wurden Gesetzesvorschläge eingereicht zu  

    Letztere werden am Freitag im Plenum beraten und dann in den Ausschuss überwiesen. Nur zur Gasspeicherumlage wird direkt abgestimmt.

    Gasspeicherumlage wird reformiert  

    Andreas Jung, Sprecher der Union zum Thema und Mitglied im Ausschuss, kündigte gegenüber Table.Briefings die Zustimmung seiner Fraktion zur Änderung der Gasspeicherumlage an. Dies werde von CDU-Parteichef Friedrich Merz unterstützt, der sich darüber auch mit den Regierungschefs in Österreich und Tschechien ausgetauscht habe. Die Umlage erhöhe die Gaspreise in den Nachbarländern. Die Änderung sei daher “Ausdruck europäischer Partnerschaft”. Ohnehin bezweifelt die Europäische Kommission, dass die Umlage in der jetzt gültigen Form rechtskonform ist und droht mit einem Verfahren.

    Beratungsbedarf zu Biogas und Solar 

    Weitgehende Einigkeit scheint auch hinsichtlich der Kraft-Wärme-Kopplung zu bestehen. Jung, aber auch die Sprecherin für Klima und Energie der SPD-Fraktion, Nina Scheer, sind optimistisch, dass es nach der betreffenden Anhörung im Januar eine Einigung über einen verlängerten Förderrahmen geben wird. 

    Schwieriger wird es bei der Biogasenergie. Hier bestehe noch Verbesserungsbedarf, so Jung. Ähnlich sieht es Nina Scheer: “Bei der Bioenergie sollten die Kapazitäten, die bereits installiert sind, nicht verloren gehen.” Daher seien einzelne Punkte aus dem betreffenden Entwurf der Bundesregierung bereits durch die Regierungsfraktionen nachjustiert worden. Weitere Fragen seien im parlamentarischen Verfahren zu klären. Bei den Neuregelungen zur Solarenergie sind sich die Sprecher der beiden größten Fraktionen weniger sicher, ob es noch zu parlamentarischen Mehrheiten kommen wird.

    Auch die Union selbst bringt einen Gesetzesentwurf ein, welcher der “Akzeptanz beim Windenergieausbau” dienen soll. Hintergrund sind Genehmigungsverfahren für neue Windkraftanlagen, die nicht von der Regionalplanung im Rahmen des Wind-an-Land-Gesetzes erfasst werden. Die Union befürchtet einen “Wildwuchs”. In der SPD-Fraktion stößt der Entwurf jedoch auf Kritik. av 

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    • Gas
    • Windkraft

    Wahlprogramm: Wie die FDP den Green Deal zurückdrehen will

    Nach Union, SPD und Grüne hat auch die FPD ihr Programm zur Bundestagswahl veröffentlicht. Darin finden sich einige Vorschläge zum Abbau der Bürokratie. Dabei geht es zentral um europäische Gesetze im Rahmen des Green Deal, die laut der Partei “nicht für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit, sondern in erster Linie für Frust in den Betrieben” sorgen. Abschaffen wollen die Liberalen daher

    • die EU-Taxonomie, deren Erweiterung um soziale Aspekte zudem “strikt” abgelehnt wird, 
    • die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD, und 
    • die EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD

    Auf Bundesebene soll eine Fusion des Entwicklungsministeriums mit dem Auswärtigen Amt zur Verschlankung beitragen. Eine “Abschaffung oder Neuaufstellung” des Umweltbundesamts werde zudem Steuern sparen. Zudem wendet sich die Partei gegen den Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft. Stattdessen setzt die FDP auf “moderne Recyclingmethoden”, “Produktverbote” werden hingegen ausgeschlossen. 

    Bei der Energie setzt die FDP ganz auf den EU-Emissionshandel als “Leitinstrument”. Andere Abgaben würden nach diesen Plänen wegfallen: Die EU-Mindestsätze für die Energiesteuer auf Heiz- und Kraftstoffe sollen “sukzessive bis auf null abschmelzen”. Der CO₂-Preis soll auch die Strom- und Energiesteuer sowie die Kfz-Steuer perspektivisch vollständig ersetzen. “Auf diese Weise stärken wir die Rolle des CO₂-Preises, und schaffen mehr Anreize für den Umstieg auf erneuerbare Energien oder klimafreundliche Kraft- und Heizstoffe.”  

    Das Ziel der deutschen Klimaneutralität soll nicht 2045, sondern erst 2050 erreicht werden – analog zum EU-Klimaziel. Ferner will die Partei die heimische Erdgasförderung ausbauen, unter anderem durch Fracking. EEG-Subventionen für neue Energieanlagen seien “nicht mehr zu rechtfertigen”, dagegen soll “die Nutzung klimafreundlicher Zukunftstechnologien wie Kernfusion und sicherer Kernkraftwerke ohne Subventionen” möglich werden. Man wolle die Wiederinbetriebnahme der vorhandenen AKW “rechtlich ermöglichen”, andererseits aber die Entscheidung darüber den Betreibern überlassen. 

    An der Schuldenbremse hält die FDP unvermindert fest. Das Verbrenner-Verbot ab 2035, die EU-Flottengrenzwerte und das Heizungsgesetz sollen hingegen abgeschafft werden. maw 

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    EU-Verpackungsverordnung: Recyclingbranche fordert, Hersteller in die Pflicht zu nehmen

    Im Gesetzgebungsprozess der EU-Verpackungsverordnung ist in dieser Woche mit der Abstimmung des Rats die letzte notwendige Formalie erfolgt. Das Gesetz tritt Anfang 2025 in Kraft, ab Juli 2026 müssen die Vorgaben für nachhaltigere Verpackungen umgesetzt werden. Unter anderem sollen Verpackungen dann bis 2030 recycelbar sein, außerdem wird ein EU-weites Pfandsystem eingerichtet. 

    Anja Siegesmund, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), bezeichnet das Inkrafttreten als “wichtigen Schritt”. Sie fordert jedoch “klare und praktikable Rahmenbedingungen für die Umsetzung”, etwa europaweit einheitliche Verpackungsstandards. Hersteller müssten zudem “in die Pflicht genommen werden”, damit Recyclingfähigkeit ein verbindlicher Teil der Produktgestaltung werde. Zudem dürfe die Branche bei der Weiterentwicklung von Sammel-, Sortier- und Recyclingtechnologien “nicht allein gelassen werden”.

    DUH schlägt finanzielle Anreize zur Förderung von Mehrwegsystemen vor

    Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte eine wirksame Förderung von abfallarmen Mehrwegsystemen. Die Bundesregierung könne das Einsparungsziel von fünf Prozent weniger Verpackungsabfall – was etwa einer Million Tonnen Verpackungen entspreche – bis 2030 sonst nicht erreichen.

    Die Mehrweg-Vorgaben beispielsweise für Getränke- und Takeaway-Verpackungen seien in der EU-Verordnung bei den Verhandlungen stark verwässert worden, sagte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. “In Deutschland werden sie kaum Auswirkungen haben, weil sie teilweise bereits heute erfüllt werden.” Die DUH schlägt deshalb finanzielle Anreize zur Förderung von Mehrwegsystemen vor, etwa eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Getränkeverpackungen. leo 

    • EU-Verpackungsverordnung
    • Kreislaufwirtschaft
    • Nachhaltigkeitsstandards
    • Recycling

    Lesetipps: Von Utopien, Wachstumsgrenzen und klimabedingtem Hunger

    Timothée Parrique: Wachstum bremsen oder untergehen 

    “Stur auf grenzenlosem Wachstum zu behaaren ist keine Entwicklung, sondern Bulimie”, schreibt der Ökonom Timothée Parrique in seinem jüngst erschienenen Buch. Der Franzose fasst die Argumente zusammen, warum nur eine Entkopplung des Wirtschaftens vom Ressourcenverbrauch ein tatsächlich grünes Wachstum auf einem endlichen Planeten ermöglicht. Er argumentiert klug und faktengesättigt, warum auch aus sozialen Gründen weiteres Wachstum keinesfalls wünschenswert wäre.  

    Denn auch die fortschreitende Kommerzialisierung “der sozialen Sphäre” sei “nicht nur langfristig unhaltbar”. Es gebe auch eine soziale Grenze des Wachstums. “Bestimmte Dinge können nicht kommerzialisiert werden”, schreibt er, es sei denn, sie sollten verschlechtert werden. Das Nebeneinander eines “buchhalterischen Reichtums” und verbreiteter Beziehungsarmut sei nicht zukunftsfähig. Caspar Dohmen 

    Timothée Parrique: Wachstum bremsen oder untergehen. Wie wir mit Degrowth die Welt retten. S. Fischer Verlag, 2024, 368 Seiten, 28 Euro 

    Ernest Callenbach: Ökotopia  

    Wie lebt es sich in einer Wirtschaft, die ohne permanentes Wachstum auskommt? Ernest Callenbach veröffentlichte “Ökotopia” bereits im Jahr 1975, lange bevor viele seiner Ideen populär wurden. Sein Science-Fiction-Roman spielt an der Nordwestküste Amerikas. Die dortigen Bundesstaaten haben sich vom Rest des Landes abgespalten, um den neuen Staat Ökotopia zu bilden. 

    Nun bereist ein Journalist das neue Land. Bass erstaunt ist er über die Organisation der Gesellschaft. Die Esskultur ist regional aufgebaut, die Kreislaufwirtschaft Realität. Am überraschendsten: Die Menschen scheinen ein erfülltes Leben zu führen.  

    Der zunächst skeptische Reporter muss sich entscheiden: Lässt er sich auf das Gesellschaftsexperiment ein, oder kehrt er in die Rest-USA zurück? Auch nach einem halben Jahrhundert inspiriert Ernest Callenbachs Utopie. Caspar Dohmen 
     
    Ernest Callenbach: Ökotopia. Reclam Verlag, 284 Seiten, 24 Euro

    Samuel Moyn: Der Liberalismus gegen sich selbst 

    In nahezu allen westlichen Ländern feiern antidemokratische Populisten Erfolge, während liberale Stimmen immer weniger überzeugen können. Woran liegt das? Der in Yale lehrende Samuel Moyn diagnostiziert: Die Krise des Liberalismus habe sich dieser selbst eingebrockt.

    Der Ideenhistoriker setzt für sein Argument früh an und gräbt tief. Die “Cold-War-Liberals” wie Karl Popper und Isaiah Berlin hätten nach den Erfahrungen von Weltkriegen und Diktaturen zu sehr auf die Abwehr von Bedrohungen des Rechtsstaats, der Demokratie und des Markts gesetzt. Wie nebenbei räumte ihr “negativer Liberalismus” positive Freiheitskonzeptionen wie das Streben nach Glück und Selbstverwirklichung dabei ab. So habe der Liberalismus seinen utopischen Gehalt verloren. Sein Punkt: Wer überall nur Gefahren sieht, sich nur auf Verteidigung konzentriert, der verliert die eigene Weiterentwicklung aus dem Blick. Lukas Franke 

    Samuel Moyn, “Der Liberalismus gegen sich selbst. Intellektuelle im Kalten Krieg und die Entstehung der Gegenwart”, Suhrkamp Verlag, 2024, 303 Seiten, 30 Euro 

    Navid Kermani: In die andere Richtung jetzt 

    2021 führten die Vereinten Nationen zum ersten Mal eine Hungersnot auf die Klimakrise zurück – im Süden des Inselstaats Madagaskar. Für den Schriftsteller Navid Kermani der Impuls, durch mehrere Länder Ostafrikas zu reisen und den Zusammenhängen von Klimaveränderung, ökologischen Krisen, geopolitischen Interessen und kolonialen Zerstörungen nachzugehen.  

    Von Madagaskar aus reiste er durch Ostafrika. Überall trifft er auf die Spätfolgen kolonialer Unterdrückung, geht den komplexen Ursachen des Hungers nach und der Arbeit der Hilfsorganisationen. Er beschreibt, wie sich der dschihadistische Islam ausbreitet, China seinen Einfluss ausdehnt, und westliche Energiekonzerne ökonomische und soziale Strukturen zerstören. Kermanis einfühlsame Aufzeichnungen zeichnen ein differenziertes Bild einer Region, die weder der Klimakrise noch globalen Machtverschiebungen viel entgegensetzen kann. Lukas Franke 

    Navid Kermani, “In die andere Richtung jetzt”, Verlag C.H.Beck, 2024, 272 Seiten, 26 Euro 

    • Kreislaufwirtschaft
    • Nachhaltige Wirtschaft
    • Vereinte Nationen

    Dessert

    Das Geschäft mit Schoko-Weihnachtsmännern & Co. schmilzt in der Wirtschaftskrise.

    Die Süßwarenindustrie ist besorgt, denn die Krise der deutschen Wirtschaft macht auch vor den beliebten Schoko-Nikoläusen und -Weihnachtsmännern nicht halt. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) ging die Produktion im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent zurück. Die Hersteller fabrizierten demnach statt 167 Millionen in diesem Jahr nur noch 164 Millionen der “Hohlfiguren”.  

    Als Hauptgrund nennt BDSI-Hauptgeschäftsführer Carsten Bernoth den zunehmenden Druck auf das Exportgeschäft, das trotz wachsender Märkte rückläufig sei. “Die Unternehmen in Deutschland ächzen unter Kostenbelastungen bei wichtigen Rohstoffen, Personal, Energie und Bürokratie”, so Bernoth. Der Verband gibt an, dass rund ein Drittel der hierzulande produzierten Nikoläuse und Weihnachtsmänner für den Verkauf ins Ausland bestimmt ist. 

    Aber es gibt auch eine positive Nachricht: Laut BDSI ist inzwischen ein Großteil des in Deutschland verarbeiteten Kakaos nach Nachhaltigkeitsstandards zertifiziert, nämlich 81 Prozent im Jahr 2023. Um welche Nachhaltigkeitssiegel es sich handelte, wurde nicht mitgeteilt. Unerwähnt blieb auch, dass die Lebenssituation vieler Kakao-Bauern weiterhin prekär ist, wie die aktuelle Studie “2024: State of Play – Living Income” des Forums Nachhaltiger Kakao zeigt. ch

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    • Nachhaltigkeitsstandards

    ESG.Table Redaktion

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