ab Ende des Jahres verpflichtet eine EU-Verordnung Unternehmen nachzuweisen, dass ihre Produkte ohne Abholzung von Wäldern auskommen. Was nach einem sinnvollen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz klingt, ist in der Praxis jedoch schwer umzusetzen – zumal die EU-Kommission versprochene Details zur Regulierung noch nicht geliefert hat. Warum die Debatte neu entfacht worden ist, das erklärt Leonie Düngefeld.
Am Montag beginnt das High Level Political Forum (HLPF), das jährliche Zusammentreffen aller politischen Akteure, die an der Umsetzung der Agenda 2030 arbeiten. Wegweisende Entscheidungen sind von der UN-Konferenz nicht zu erwarten. Aus drei aktuellen Gründen unterscheidet sich das HLPF in diesem Jahr trotzdem von vorigen Summits. Mehr dazu in meiner Analyse.
Außerdem starten wir heute unsere neue Serie “Top of the Table”. In den kommenden Wochen stellen wir Ihnen die 100 entscheidenden Köpfen der ESG-Community vor – und beginnen mit der Kategorie Verbände.
Vor der Sommerpause in Brüssel hat die Debatte um die Anti-Entwaldungs-Verordnung nochmal Fahrt aufgenommen. Die EVP-Fraktion hat vergangene Woche in Portugal unter anderem auch über ihre Position zu dem Gesetz beraten, das in wenigen Monaten umgesetzt werden soll. Im 5-Punkte-Plan, den die Abgeordneten am Ende beschlossen, ist nun die Rede davon, die Anwendung der Verordnung zu verschieben und “die Probleme im Zusammenhang mit ihrer Umsetzung zu lösen”. Die S&D-Fraktion hingegen hat ihren Forderungskatalog für die nächste Kommission während der letzten Abstimmungen ergänzt und erwähnt nun explizit, die Verordnung müsse bestehen bleiben.
Gemäß der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, so der volle Titel, müssen Unternehmen die Vorschriften ab dem 30. Dezember anwenden, kleinere Unternehmen ab Ende Juni 2025. Dann dürfen sie Einfuhren bestimmter Produkte – unter anderem Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz – nur in der EU verkaufen, wenn die Lieferanten eine Sorgfaltserklärung eingereicht haben. Diese bestätigt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt, und dass bei seiner Herstellung die lokale Gesetzgebung eingehalten wurde.
Viele kritisieren, dass die Kommission wichtige Grundlagen für die Umsetzung noch nicht vorgelegt habe, etwa bestimmte Leitlinien und das Länder-Benchmarking. Mit diesem will die Kommission jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweisen. Auf dieser Basis gelten dann bestimmte Kontrollquoten für die einzelnen Produktgruppen: Die nationalen Behörden müssen pro Produktgruppe jeweils ein Prozent der Marktteilnehmer kontrollieren, die aus Ländern mit niedrigem Risiko importieren, drei Prozent bei Ländern mit Standardrisiko und neun Prozent bei Ländern mit hohem Risiko.
Bei der Abstimmung im EU-Parlament im April 2023 hatten die meisten Abgeordneten der EVP das Gesetz unterstützt. Der Luxemburger EVPler Christophe Hansen hatte als Berichterstatter die Verhandlungen mit Rat und Kommission geführt. Er äußert sich gelassen: “Wenn die Kommission in den nächsten Wochen den versprochenen Leitfaden und die Benchmarking-Methode vorlegt, gibt es keinen Grund für einen Aufschub.” Ein Aufschub verlängere möglicherweise auch die Zeit der Unsicherheit für die Unternehmen.
Der CDU-Abgeordnete Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion (der sich damals enthielt), ist der wohl lauteste Verfechter eines Aufschubs. In einem Pressegespräch Anfang der Woche nannte er das Jahr 2027 als seine Wunschfrist. “Wir können die Verschiebung kurzfristig im Dringlichkeitsverfahren annehmen, sodass alle Seiten erst mal Luft zum Atmen haben und dann in Ruhe über Änderungen am Text beraten, die weniger Bürokratie, aber trotzdem Schutz vor Entwaldung bedeuten”, sagte er. Er unterstütze die Ziele der Verordnung, bezichtigt aber Grüne, Sozialdemokraten, Linke und französische Liberale, ein “bürokratisches Monstrum” geschaffen zu haben.
“Wir stehen regelmäßig mit der EU-Kommission im Austausch und wissen, dass dort mit Hochdruck an der Umsetzung gearbeitet wird und alles nach Plan verläuft”, sagte Anna Cavazzini (Grüne), die ebenfalls an den Verhandlungen beteiligt war. “Nun den Forderungen nach einer Verschiebung nachzukommen, würde zu weniger Planungssicherheit für die Wirtschaft führen und die vorausschauenden Unternehmen bestrafen.” Für den Fall, dass die Kommission mit dem Länder-Benchmarking nicht fertig sein sollte, gebe es Vorkehrungen im Gesetz, so Cavazzini.
Liegt am 30. Dezember noch kein Benchmarking vor, gelten erst einmal alle Länder als “Standardrisiko”. Das bedeutet: Auch Länder mit einem niedrigen Risiko für Entwaldung – wie Deutschland – werden zunächst höher eingestuft.
“Es kann nicht sein, dass wir wie ein Hochrisikoland behandelt werden”, hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) beim Agrarrat im April gesagt. “Das wird die letzten Wohlmeinenden im wahrsten Sinne des Wortes auf die Bäume treiben und die Akzeptanz für das Gesetz kaputt machen.” Im Ziel unterstütze die Bundesregierung die EU-Kommission, jedoch brauche es auf dem Weg dringend mehr Flexibilität.
Gemeinsam mit Ministern aus weiteren Mitgliedstaaten forderte Özdemir im Mai die EU-Kommission auf, schnell die noch fehlenden Grundlagen für das Inkrafttreten zu schaffen – oder die Umsetzung zu verschieben. Sie befürchten unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand für Verwaltung und Marktteilnehmer. Das IT-System und das Länder-Benchmarking seien zentrale Voraussetzungen für die Umsetzung.
Wann das Benchmarking fertig sein wird, dazu äußert sich die Kommission nicht. Nach Informationen von Table.Briefings liegt bereits ein Vorschlag vor; diesem muss jedoch noch auf höchster Ebene zugestimmt werden. “Die Arbeit der Kommission am Benchmarking ist noch nicht abgeschlossen“, sagte ein Sprecher zu Table.Briefings. Sie werde sich die nötige Zeit dafür nehmen, damit die Bewertung “auf der Grundlage einer wissenschaftlich und fachlich fundierten Methodik” geschehe. Sobald die vorläufigen Ergebnisse vorliegen, werde die Kommission einen Dialog mit den Ländern aufnehmen, die (ganz oder teilweise) als besonders risikoreich eingestuft wurden.
Eine Schnittstelle im IT-System “Traces” hat die Kommission in der Zwischenzeit eingerichtet. Über diese sollen Handelssysteme der Wirtschaft direkt an das System angebunden werden, um den Einzelnachweis für Entwaldungsfreiheit zu erbringen. Ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) sagte zu Table.Briefings, die Kommission hätte außerdem zugesichert, die Abgabe der Sorgfaltserklärung zu vereinfachen. Diese solle “mit nur wenigen Mausklicks” möglich sein. “Damit ist ein großer Schritt hin zu einer praktikablen Anwendung der Verordnung erfolgt”, so der Sprecher.
Auch Handelspartner der EU melden sich inzwischen zu Wort. Kürzlich berichtete die “Financial Times” über ein Schreiben von Ende Mai, in dem auch die US-Regierung die EU-Kommission zum Verschieben der Umsetzung auffordert. Die Vorgaben und Strafen würden vor allem die US-amerikanische Holz-, Papier- und Zellstoffindustrie hart treffen, heißt es demnach in dem Schreiben. Der dortige Wald- und Papierindustrie-Verband (AF&PA) halte es für unmöglich, das EU-Gesetz zu befolgen, da Papier und Zellstoff teilweise aus gemischten Abfällen hergestellt würden.
Am Montag beginnt in New York das High Level Political Forum (HLPF). Das ist einerseits ein Routinetermin. Das UN-Gremium, das für die Umsetzung der 17 Sustainable Development Goals (SDG) zuständig ist, trifft sich jedes Jahr im Sommer, um Erfahrungen und Empfehlungen auszutauschen und einzelne SDG-Ziele zu evaluieren. Fünf stehen diesmal im Fokus:
Andererseits weicht die Konferenz aus drei Gründen doch von der Routine ab:
Die Forscherin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) verfolgt die Prozesse genau. Zum HLPF sagt sie: “Die Kombination der SDG-Ziele, die besprochen werden, könnte kaum aktueller sein. Es wird spannend zu sehen sein, ob und wie die aktuellen multiplen Krisen thematisiert werden.” Jens Martens, Geschäftsführer des Global Policy Forum Europe, einem Watchdog zur internationalen Entwicklungspolitik, sieht das ähnlich. “Jedes globale Forum derzeit ist ein Lackmustest für den Multilateralismus und die Frage, wo die Konfliktlinien verlaufen und welchen Konsens man erzielen kann”, sagt er. Von der Ministererklärung am Ende erwartet er wenig Neues. “Es geht vor allem um die nochmalige Bestätigung vorheriger Aussagen und Abkommen.”
Grundsätzlich kritisiert Martens, dass die UN den SDG nur vergleichsweise selten die Bühne geben. “Der Sicherheitsrat tagt 200 Tage pro Jahr, der Menschenrechtsrat 50 – und das HLPF gerade mal acht. Daran kann man erkennen, welchen politischen Stellenwert die SDGs immer noch nur haben.”
Wertlos sei die Veranstaltung aber keineswegs. Wie in jedem Jahr präsentieren Staaten “Voluntary National Reviews” (VNR), Selbsterklärungen zum Status quo ihrer jeweiligen SDG-Umsetzung. Diese sind freiwillig und werden weder überprüft noch drohen Sanktionen. Trotzdem habe sich ein Gruppendruck entwickelt. “Bis auf die USA, Myanmar und Haiti hat jedes Land schon mindestens einen Report vorgestellt”, sagt Martens. Für zivilgesellschaftliche Organisationen sind VNR ein Hebel, ihre Regierungen zum Handeln zu bewegen. Andere Länder, gerade kleinere, können darauf aufmerksam machen, woran es hakt und wo sie Unterstützung benötigen. Angekündigt sind diesmal 37 Länder-Updates.
Die Reform der globalen Finanzarchitektur, die beim Summit 2023 eine große Rolle spielte, steht diesmal nicht auf der Agenda. “Beim HLPF wird die Debatte darüber allgemeiner bleiben”, sagt die Forscherin Beisheim. Zugleich geht sie davon aus, dass NGOs und die Gruppe der Staaten des globalen Südens (G77) Forderungen dazu formulieren werden. “Mit Entscheidungen ist aber eher 2025 bei der vierten Internationalen Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung zu rechnen.”
Die Abschlusserklärung für den Summit of the Future wird offiziell ebenfalls nicht diskutiert – aber in den “Side Events” und Flurgesprächen aufgrund ihrer Bedeutung sehr wohl ein Thema sein. Wie ambitioniert fällt das Papier am Ende aus? Von dem ersten, sehr allgemein gehaltenen Entwurf Ende Januar waren viele Beobachter enttäuscht. “Auch ich war der Meinung, dass es schwer wird, einen wenig ambitionierten Entwurf nachzuschärfen”, sagt Marianne Beisheim.
Offenbar aber gehört es zur Taktik der verhandlungsführenden UN-Botschafter aus Namibia und Deutschland, Neville Gertze und Antje Leendertse, die Staaten durch ein wenig zukunftsweisendes Papier herauszufordern. Sie sollen die Chance der UN-Bühne nutzen und die für sie relevanten Forderungen einbringen. Und tatsächlich wurde im Frühjahr nachgebessert, weshalb Beisheim jetzt sagt: “Es kann sein, dass dieser Plan aufgeht.” Für den zweiten Entwurf wurden etwa 52 “Actions” in das Papier aufgenommen, die konkretisieren sollen, wie Ziele erreicht werden.
Jens Martens vom Global Policy Forum Europe ist skeptisch. “Das Problem ist, dass hinter vielen ‘Actions’ keine Handlungen stehen. Allzu oft sind sie sehr allgemein formuliert.” RNE-Generalsekretär Marc-Oliver Pahl sagt: “Auch ein Stimulus-Paket zur verbesserten Umsetzung und Finanzierung der SDG, das der Generalsekretär vorgeschlagen hat, ist noch nicht beschlossen.” 500 Milliarden US-Dollar mehr für die nachhaltige Entwicklung pro Jahr, das hatte António Guterres ins Spiel gebracht. Die Reaktionen darauf: verhalten. Aber: “Das Kapitel 1 des Zukunftspakts, in dem es um die Umsetzung der SDG und deren Finanzierung geht, ist aus Sicht der meisten Staaten das wichtigste Kapitel“, so Pahl.
Ein paar Fortschritte gibt es aber, sagt Marianne Beisheim. “Zum Beispiel sollen sich alle zwei Jahre die UN-Mitgliedstaaten auf höchster Ebene mit den Spitzen der internationalen Finanzinstitutionen austauschen. So können sich auch kleinere Staaten einbringen, die nicht in deren Gremien vertreten sind.” Was davon erhalten bleibt, ist aber noch ungewiss. Die finale Fassung wird frühestens im August erwartet, könnte sich aber auch bis zum Summit of the Future hinziehen. Er startet am 22. September.
6. Juli 2024, 10-16 Uhr, Berlin
Workshop Der Fiskus in der (Klima-)Krise? – Klimafinanzierung und die Rolle staatlicher Investitionen (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung) Info & Anmeldung
8. Juli 2024, 12-12:45 Uhr, Online
Diskussion Klimapolitische Mittagspause: Wärmewende (Veranstalter: Friederich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
10. Juli 2024, 12-13 Uhr
Online-Diskussion Was schulden wir der Zukunft? Teil III Digitales Mittagsgespräch zu Zukunftsinvestitionen in Ländern & Kommunen (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung) Info & Anmeldung
8. -12. Juli 2024, Bonn
Seminar Energiewende im Fokus – Herausforderungen und Perspektiven einer nachhaltigen Stromversorgung (Veranstalter: Friederich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
12.-14. Juli 2024, Kochel am See
Seminar Alpen im Klimawandel – zukünftige Herausforderungen (Veranstalter: Georg-von-Vollmar-Akademie) Info & Anmeldung
15. Juli 2024, Online
Seminar Kommunalrichtlinie: klimafreundliche Mobilität (Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik) Info & Anmeldung
Mittwoch, 17. Juli 2024 17-19 Uhr, Berlin
Podiumsdiskussion Internationales Recht zum Schutz der Natur: Notwendig und machbar? (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung) Info & Anmeldung
25. Juli 2024, 10-12:30 Uhr, Online
Schulung Treibhausgasbilanzierung mit Ecocockpit (Veranstalter: Effizienz-Agentur NRW) Info & Anmeldung
Die Bundesregierung hat bislang keine Finanzierungskonzepte für die milliardenteure Dekarbonisierung von zwei Dritteln der deutschen Stahlindustrie. Dies geht aus der Regierungsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, die Table.Briefings vorliegt. Bislang seien den großen Stahlkonzernen für den Umbau knapp sieben Milliarden Euro als Subventionen zur Verfügung gestellt worden. Damit soll ein Drittel der Hochöfen durch strom- und wasserstoffbasierte Produktionsstätten ersetzt werden.
Die restlichen fossilbasierten Stahlkapazitäten sollen bis 2045 dekarbonisiert werden. Dafür veranschlage die Industrie einen weiteren Investitionsbedarf von 20 Milliarden Euro. Hierfür müssten “andere Wege der Finanzierung” gefunden werden, schreibt die Bundesregierung, “beispielsweise auch durch Identifizierung von zusätzlichen (privaten) Finanzierungsinstrumenten“.
“Die Bundesregierung weiß nicht, wie die bestehende Finanzierungslücke geschlossen werden soll”, kommentierte der Linken-Abgeordnete Jörg Cézanne. Er befürchtet, dass ohne staatliche Förderung Produktionskapazitäten abgebaut werden. Daher brauche es “ein klares politisches Bekenntnis zur Stahlproduktion in Deutschland, das auch finanziell unterlegt werden muss”.
Ein staatliches Mitspracherecht bei der Stahltransformation ergibt sich aus den Subventionen nicht. So plant die Stahltochter von Thyssenkrupp trotz hoher staatlicher Förderung einen Abbau von Kapazitäten und Arbeitsplätzen. Für neue Förderprogramme wie “Klimaschutzverträge” müssen Antragsteller nun Selbstverpflichtungen oder Vereinbarungen mit Arbeitnehmervertretern zur Beschäftigungssicherung eingehen.
“Das Konzept für weitere Förderung mit den Klimaschutzverträgen ist richtig und wichtig”, so Tilman von Berlepsch, Referent für Klimaneutrale Industrie bei der NGO Germanwatch. Es brauche jedoch “Kontinuität und Verlässlichkeit” in der Förderung, “damit Unternehmen investieren können und der Fortbestand von Schlüsselindustrien mit guten tariflichen Arbeitsplätzen ermöglicht wird”. av
Am kommenden Montag präsentiert der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) im Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung seine Stellungnahme zum Entwurf für eine überarbeitete Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Table.Briefings liegt das Papier des Expertengremiums, das die Bundesregierung berät, bereits vor.
Positiv ist für den RNE, dass die aktuelle Dialogfassung soziale Dimensionen von Nachhaltigkeit betont. Den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern, sei eine sehr große Herausforderung bei der Transformation.
Großen Nachbesserungsbedarf sieht der RNE hingegen bereits in der Struktur der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Dass sie entlang von sechs Transformationsbereichen geordnet ist, anstatt entlang der Sustainable Development Goals (SDGs), hält der Rat für ein Risiko: Wichtige Themen wie Bildung, Geschlechtergerechtigkeit und Biodiversität seien dadurch unterrepräsentiert.
Außerdem hält der Rat “eine stärkere Aktionsorientierung” für nötig. Die Dialogfassung stelle “in weiten Teilen lediglich den Status quo dar”. Stattdessen brauche es nationale Aktionspläne – wie auf dem SDG-Summit 2023 gefordert. Auch die interministeriellen Transformationsteams, die Vorschläge für die Strategie erarbeiten, hätten sich auf den aktuellen Stand konzentriert. Der RNE empfiehlt, dass künftig Lösungsvorschläge im Fokus stehen. Aktuell bliebe etwa unklar, wie Fortschrittsberichte in der Strategiesetzung berücksichtigt werden.
Mit Blick auf die Indikatoren für das Monitoring sieht der RNE “bedeutende Lücken”. “Ein bloßes ‘Weiter so mit kleinen Korrekturen'” hält das Expertengremium für “nicht ausreichend”. Dafür hätten sich die Indikatoren zu schlecht entwickelt und würden eine zu geringe Rolle bei politischen Entscheidungen spielen. Insbesondere “neue Herausforderungen” wie Biodiversität sollten daher “konsequent im Indikatorenset abgebildet werden”.
Kritik übt das Beratungsgremium auch daran, dass die Stärkung der internationalen Dimension im Indikatorenset “leider ausgeblieben” sei. Durch den Fokus auf die Transformationsbereiche werde sie in der Strategie “sogar schwächer abgebildet” als zuvor.
Zudem fordert der RNE:
“Dringend” brauche es darüber hinaus Vorschläge zur Finanzierung der Transformation.
Noch bis zum 26. Juli läuft die Konsultation zum Entwurf der Nachhaltigkeitsstrategie. Verabschieden will das Bundeskabinett die überarbeitete Fassung bis Ende dieses Jahres. nh
Der deutsche Batteriemarkt ist 2023 stark gewachsen. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel auf rund 23 Milliarden Euro. Wachstumstreiber war laut dem Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) mit knapp 19 Milliarden Euro der Absatz von Lithium-Ionen-Batterien, ein Plus von 58 Prozent. Sie gelten als wichtige Säule der Dekarbonisierung im Energie- und Verkehrssektor und werden zum Beispiel in Fahrzeugen und als Zwischenspeicher für die allgemeine Stromversorgung eingesetzt.
Deutschlands steigender Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien konnte nur zu einem geringen Teil aus heimischer Produktion gedeckt werden. Trotz einer Steigerungsrate von 16 Prozent lag ihr Wert nur bei knapp vier Milliarden Euro.
Deutlich stärker legten laut ZVEI dagegen die Importe zu. Sie stiegen um fast die Hälfte des Vorjahreswerts. Mit Abstand wichtigstes Lieferland war China.
“Die deutsche und europäische Batterieindustrie steht im scharfen internationalen Wettbewerb”, sagte Christian Rosenkranz, Vorsitzender des ZVEI-Fachverbands Batterien. Die Rahmenbedingungen für die Branche sollten daher verbessert werden durch:
Nach Angaben des ZVEI beschäftigte die deutsche Batteriebranche im Jahr 2023 rund 17.500 Mitarbeiter, neun Prozent mehr als im Vorjahr. ch
Die Monopolkommission hat am Montag ihr Hauptgutachten “Wettbewerb 2024” vorgestellt. Sie kritisiert darin insbesondere “signifikante Machtverschiebungen innerhalb der Lebensmittelversorgungsketten” seit 2007. Bereits im Februar hatte die Kommission in einem Papier Anzeichen für unfaire Wettbewerbsbedingungen zulasten der Erzeuger festgestellt. Das aktuelle Gutachten würde nun bestätigen, dass die gesetzlichen Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsposition der Erzeuger “ohne nachhaltige Wirkung” geblieben seien.
Dennoch rät die Monopolkommission von Eingriffen “ohne tiefergehende Analyse” ab – etwa durch die geplante Novellierung des Agrarorganisations- und Lieferkettengesetzes (AgrarOLKG). Diese könnten “potenziell unwirksam und sogar schädlich” sein. Stattdessen will die Kommission die Ursachen für die Wettbewerbsverzerrung nun genauer untersuchen und zielgerichtete Eingriffsmöglichkeiten prüfen.
Dieses Jahr widmeten sich die Experten der Kommission außerdem der Deutschen Bahn. Sie kritisierten insbesondere die mangelnde Pünktlichkeit und die fehlende Kundenorientierung. “Die Verlagerung auf die Schiene wird nur bei einer konsequenten Kundenorientierung gelingen”, betonte der Präsident der Monopolkommission, Jürgen Kühling. Hierfür müsse das Gemeinwohl als Ziel gesetzlich definiert werden. Zudem bemängelte die Monopolkommission die Auszahlung von Boni in Millionenhöhe an Bahnvorstände.
Auch mit dem Fernwärmesektor hat sich die Kommission befasst. Um zu vermeiden, dass sich die Monopolstellungen der Versorger “noch ausweiten und zu überhöhten Preisen” führen, schlägt sie eine Preisobergrenze für Fernwärme vor.
Das unabhängige Expertengremium, das dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiert, berät die Bundesregierung und legt alle zwei Jahre Handlungsvorschläge zur Stärkung des Wettbewerbs vor. ag
Seit dieser Woche gilt für einen Teil der 4.000 Beschäftigten bei Viessmann in Allendorf Kurzarbeit. Betroffen sind vor allem die Produktion und der Vertrieb von Wärmepumpen. Die Maßnahme gilt zunächst für die Monate Juli und August. Das Unternehmen reagiert damit auf einbrechende Absatzzahlen. Auch andere deutsche Heizungshersteller wie Vaillant und Stiebel-Eltron haben bereits Kurzarbeit eingeführt.
“Was rund um die Wärmepumpe passiert ist, ist an Dramatik nicht zu überbieten”, beklagte Firmen-Chef Max Viessmann kürzlich gegenüber der Wirtschaftswoche. “Eine Technologie, die nachweislich effizienter ist und Vorteile hat, wurde kaputt geredet.”
Laut aktueller Branchenstatistik ist der Markt für Wärmepumpen im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent eingebrochen. Für 2024 rechnet der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie mit einem Gesamtabsatz von weniger als 200.000 Wärmepumpen – statt der im Rahmen der Wärmewende von der Bundesregierung angestrebten 500.000 Geräte pro Jahr.
Eine Sprecherin des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) teilte auf Anfrage mit, dass man von der Regierung erwarte, verstärkt über die bestehenden Fördermöglichkeiten zu informieren. Auch müsse sich die Politik bei der kommunalen Wärmeplanung und dem Ausbau der Fernwärme “ehrlich machen”. Denn schon heute sei in den meisten Versorgungsgebieten klar, “dass sich die Gebäudeeigentümer um eine dezentrale Form der klimaneutralen Beheizung werden kümmern müssen”. ch
Das “grüne Jobwunder” bleibt aus – FAZ
Bundeskanzler Scholz hatte “wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz” Wachstumsraten wie vor 60 Jahren in Aussicht gestellt. Doch die Transformation wirke aktuell nicht wie ein Wachstums- und Jobwunder, sondern eher wie ein Jobkiller, schreibt Julia Löhr. Zum Artikel
Weit weg von Klimazielen: KI ließ Googles CO₂-Ausstoß um fast 50 Prozent steigen – Standard
Google hat sich ehrgeizige Ziele für seine Treibhausgasbilanz gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seinen Strombedarf vollständig aus erneuerbaren Energien decken, schreibt Georg Pichler. Doch in den vergangenen fünf Jahren ist Googles CO₂-Fußabdruck nicht kleiner, sondern deutlich größer geworden. Er liege heute fast um die Hälfte höher als 2019. Zum Artikel
Can the climate survive the insatiable energy demands of the AI arms race? – Guardian
Dan Milmo, Alex Hern und Jillian Ambrose fragen, wie der Energiehunger von KI-Zentren – der bis 2030 4,5 Prozent des weltweiten Verbrauchs erreichen könnte – künftig gedeckt werden kann. Das Problem: Führende Tech-Firmen investieren trotz steigender Strompreise weiter in energieintensive KI. Effizienzsteigerungen senken den Energieverbrauch nicht, sondern verbessern bei gleichbleibendem Strombedarf nur die KI-Modelle. Zum Artikel
Market forces are not enough to halt climate change – Financial Times
Kolumnist Martin Wolf ist ernüchtert über die Dekarbonisierung der Stromproduktion: Obwohl erneuerbare Quellen stark wachsen, wurden niemals zuvor mehr fossile Brennstoffe für Elektrizität verbrannt. Von der Marktwirtschaft erwartet er nicht länger, dass sie eine schnelle Dekarbonisierung ermöglicht. Stattdessen sollten Regierungen Investitionen lenken. Zum Artikel
Neben Entsorgung von Atommüll nun die Rente – taz
Ziemlich erfolgreich legt der “Fonds für die Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung” (Kenfo) das Kapital an, mit dem irgendwann einmal ein Endlager bezahlt werden soll: 11 Prozent Rendite im letzten Jahr! Allerdings, so Björn Hartmann, investierte Kenfo auch in die Ölindustrie. Ab Herbst verwaltet der Fonds dann auch das Generationenkapital für die Rentenversicherung. Zum Artikel
Elektrische Nutzfahrzeuge: Bund beginnt Aufbau von Lkw-Schnellladenetz – Automobil Industrie
Knapp drei Gigawatt Netzleistung und rund 350 Ladepunkte: Das sind die Eckdaten des Ladenetzes für schwere Elektro-Nutzfahrzeuge, das der Bund ab sofort aufbaut. Es ist Teil des sogenannten Ladeinfrastrukturplans II. Dessen Ziel ist es, dass Lkw ausschließlich mit Ökostrom fahren, berichtet Thomas Günnel. Zum Artikel
A Seismic Supreme Court Decision – New York Times
Bislang mussten sich US-Gerichte bei strittigen Fragen auf die Expertise der zuständigen Bundesbehörden verlassen. Der Oberste Gerichtshof kippte diese Regel nun mit dem sogenannten Chevron-Urteil. David Gelles und Manuela Andreoni haben mit Experten von Naturschutzorganisationen über die Konsequenzen besprochen. Befürchtet wird eine noch größere Klagewelle gegen Bestimmungen für den Umweltschutz. Zum Artikel
Hydrologe nach den Unwettern: “Angesichts der drohenden Gefahren müssen wir den Alpenraum neu denken” – Neue Zürcher Zeitung
Hochwasser-Experte Rolf Weingartner warnt im Gespräch mit David Vonplon, dass mit der Klimaveränderung plötzlich Siedlungen und Weiler gefährdet seien, die zuvor über Jahrhunderte sicher waren. Als Ursache vermutet er, dass ein Klima-Kipppunkt überschritten wurde. Möglicherweise müssten nun einzelne Orte in den Schweizer Alpen aufgegeben werden. Zum Artikel
Christiane Benner – Erste Vorsitzende, IG Metall
Christiane Benner spielt eine zentrale Rolle bei der Transformation der deutschen Wirtschaft – vor allem in der deutschen Automobilindustrie. Benner sitzt im Aufsichtsrat von BMW und Continental und bald wohl bei VW. Seit Oktober 2023 steht sie als erste Frau an der Spitze der IG Metall und kümmert sich unter anderem um die Bereiche Organisationspolitik und Betriebs- und Mitbestimmungspolitik. Benner startete ihre Gewerkschaftstätigkeit 1997 in der Jugendarbeit und Betreuung von ITK-Betrieben. 2011 wurde sie erstmals in den Vorstand gewählt, vier Jahre später zur Zweiten Vorsitzenden. 2023 schaffte sie dann den Sprung an die Spitze.
Claas Oehlmann – Geschäftsführer, BDI-Initiative Circular Economy
Claas Oehlmann ist eine wichtige Stimme im Diskurs um Kreislaufwirtschaft. Er leitet seit 2021 die Circular Economy-Initiative des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) mit rund 60 Mitgliedern, die zirkuläres Wirtschaften hierzulande voranbringen wollen. Oehlmann selbst ist Experte in dem Feld. Der Jurist arbeitete zu dem Thema im Bundesumweltministerium, machte einen MBA-Abschluss in Sustainability Management und war Referent für Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeitspolitik beim BDI. Seit April 2022 ist er auch Lehrbeauftragter an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin.
Frank Werneke – Gewerkschafter, Vorsitzender ver.di
Für Frank Werneke ist die sozial-ökologische Transformation Tagesgeschäft. Als Vorsitzender von ver.di mit rund 1,9 Millionen Mitgliedern vermittelt er den eigenen Leuten die Notwendigkeit des Wandels und ringt mit Politik und Arbeitgebern darum, dass es dabei gerecht zugeht. Ein Ort dafür ist der Aufsichtsrat von E.ON, dessen stellvertretender Vorsitzender er ist. Ein anderer ist die Allianz für Transformation, in der die Bundesregierung mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft über die Transformation diskutiert. Werneke scheut aber auch nicht die Straße. Beim Klimastreiktag 2023 etwa protestierte seine Gewerkschaft bundesweit gemeinsam mit Fridays for Future.
Katharina Reuter – Geschäftsführerin, Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V.
Der nachhaltigen Wirtschaft eine Stimme geben – das ist das erklärte Ziel von Katharina Reuter. Seit zehn Jahren führt sie den Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, dem mittlerweile mehr als 700 Unternehmen angehören. Zwischen 2010 und 2013 war sie Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland, einem Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen, und hat sich davor intensiv mit Agrarmarketing, dem ökologischen Landbau und der Tierzucht befasst, unter anderem als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Für ihre Arbeit wurde sie 2023 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Annette Niederfranke – Direktorin, International Labour Organization Deutschland
Gute Arbeit für alle, gerade auch entlang der globalen Wertschöpfungsketten – dafür setzt sich Annette Niederfranke ein. 2014 hat sie den Posten der Direktorin des deutschen Büros der International Labour Organization übernommen und spricht und publiziert zum demographischen Wandel, zur Migration und zu geschlechtsspezifischen Fragen. Die Dekarbonisierung und Transformation der Wirtschaft kann nur gelingen, wenn auch die soziale Abfederung klappt, sagt sie. Vor ihrer Tätigkeit bei der ILO war Niederfranke unter anderem Staatssekretärin im BMAS. Sie ist promovierte Psychologin und war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg.
Yvonne Zwick – Vorsitzende, B.A.U.M. e.V.
Seit 2021 leitet Yvonne Zwick den Bundesdeutschen Arbeitskreis für umweltbewusstes Management (B.A.U.M.), das Unternehmensnetzwerk für Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen. Zwicks Einsatz reicht weit zurück: 16 Jahre lang gehörte sie dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) an. Zusätzlich ist die studierte Theologin auch Mitglied der KMU-Arbeitsgruppe “European Financial Reporting Advisory Group” (EFRAG), Beisitzerin im Vorstand der “Charta digitale Vernetzung” und Sprecherin des Fachbeirats Nachhaltigkeit der Evangelischen Bank.
Anna-Maija Mertens – Vorständin, Deutsches Institut für Compliance (DICO)
Anna-Maija Mertens ist seit diesem Jahr Vorständin beim Deutschen Institut für Compliance (DICO), dem Verband für gute Unternehmensführung. Die 1975 in Helsinki geborene Politikwissenschaftlerin lebt seit 1995 in Deutschland, wo sie sich in einer Promotion mit dem Verfassungsentwurf der Europäischen Union befasste – eine gute Grundlage für ihre bald anstehende Aufgabe als desiginierte Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland. Von 2014 bis 2024 war Mertens Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland. Dort trat sie für Transparenz im Lobbyismus ein, sah aber auch die Notwendigkeit von Lobbyismus als Teil der Demokratie.
Tanja Gönner – Hauptgeschäftsführerin, BDI
Tanja Gönner ist seit November 2022 Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und wurde kurz darauf in den Rat für Nachhaltige Entwicklung berufen. Die engagierte Juristin bringt dort ihre vielfältige Erfahrung aus über zwanzig Jahren ein: als Landtags- und Bundestagsabgeordnete, als Sozial-, Umwelt- und Verkehrsministerin Baden-Württembergs sowie als langjährige Vorstandssprecherin der GIZ.
Helmy Abouleish – Präsident, Demeter International
Der Sozialunternehmer Helmy Abouleish ist seit 2018 Präsident von Demeter International und leitet damit den vierköpfigen Vorstand des Verbands. Abouleish wurde 1961 in Österreich geboren und lebt seit seinem 16. Lebensjahr in Ägypten. Dort übernahm er 2017 den Vorstandsvorsitz der von seinem Vater gegründeten Sekem Holding, eine besondere Farm mit angeschlossener Universität in der Wüste. Auf erfinderische Art und Weise bringt Abouleish seitdem die biologisch-dynamische Landwirtschaft in Ägypten voran.
Paul Noll – Stellvertretender Abteilungsleiter für Volkswirtschaft und Internationales, Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
Für den BDA erklärt Paul Noll in internationalen Foren das deutsche Tarifvertrags-System und setzt sich dafür ein, dass die Anliegen der deutschen Arbeitgeber in internationalen Organisationen gehört werden. Gut zu tun hatte Noll in den letzten Jahren mit der europäischen Mindestlohn-Richtlinie und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Für ihn stehen zunächst Staaten in der Pflicht, grundlegende Standards umzusetzen, auch wenn Unternehmen durchaus gewillt seien, Nachhaltigkeit in ihren Lieferketten zu gewährleisten. Im Beirat zum LkSG des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vertritt er ebenso die Belange der Wirtschaftsverbände.
Europe.Table – Wie die Industrie für niedrigere Energiepreise kämpft: Europas größter Industrieverband fordert zusätzliche Maßnahmen gegen hohe Energiepreise. Änderungen will Business Europe außerdem im Umweltrecht und bei der Anerkennung von blauem Wasserstoff aus Erdgas. Zum Artikel
Climate.Table – Neuseeland: So baut die neue Regierung die Klimapolitik ab: Die neue Mitte-Rechts-Regierung in Neuseeland dreht die Klimapolitik ihrer Vorgängerin zurück: Erst wurde das Budget für Klimaschutz gestrichen. Jetzt soll die Suche nach Gas und Öl wieder leichter werden und die Landwirtschaft wird von Klima-Auflagen befreit. Zum Artikel
China.Table – EU-Zusatzzölle auf E-Fahrzeuge: Was die chinesischen Hersteller jetzt erwartet: Am Donnerstag veröffentlichte die EU die Verordnung zu den umstrittenen Zöllen auf chinesische E-Autos. Während Brüssel Entschlossenheit demonstriert, schwanken die Mitgliedsstaaten noch. Deutschland hofft auf Verhandlungen, andere lehnen die Konfrontation mit Peking ab. Zum Artikel
ab Ende des Jahres verpflichtet eine EU-Verordnung Unternehmen nachzuweisen, dass ihre Produkte ohne Abholzung von Wäldern auskommen. Was nach einem sinnvollen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz klingt, ist in der Praxis jedoch schwer umzusetzen – zumal die EU-Kommission versprochene Details zur Regulierung noch nicht geliefert hat. Warum die Debatte neu entfacht worden ist, das erklärt Leonie Düngefeld.
Am Montag beginnt das High Level Political Forum (HLPF), das jährliche Zusammentreffen aller politischen Akteure, die an der Umsetzung der Agenda 2030 arbeiten. Wegweisende Entscheidungen sind von der UN-Konferenz nicht zu erwarten. Aus drei aktuellen Gründen unterscheidet sich das HLPF in diesem Jahr trotzdem von vorigen Summits. Mehr dazu in meiner Analyse.
Außerdem starten wir heute unsere neue Serie “Top of the Table”. In den kommenden Wochen stellen wir Ihnen die 100 entscheidenden Köpfen der ESG-Community vor – und beginnen mit der Kategorie Verbände.
Vor der Sommerpause in Brüssel hat die Debatte um die Anti-Entwaldungs-Verordnung nochmal Fahrt aufgenommen. Die EVP-Fraktion hat vergangene Woche in Portugal unter anderem auch über ihre Position zu dem Gesetz beraten, das in wenigen Monaten umgesetzt werden soll. Im 5-Punkte-Plan, den die Abgeordneten am Ende beschlossen, ist nun die Rede davon, die Anwendung der Verordnung zu verschieben und “die Probleme im Zusammenhang mit ihrer Umsetzung zu lösen”. Die S&D-Fraktion hingegen hat ihren Forderungskatalog für die nächste Kommission während der letzten Abstimmungen ergänzt und erwähnt nun explizit, die Verordnung müsse bestehen bleiben.
Gemäß der Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten, so der volle Titel, müssen Unternehmen die Vorschriften ab dem 30. Dezember anwenden, kleinere Unternehmen ab Ende Juni 2025. Dann dürfen sie Einfuhren bestimmter Produkte – unter anderem Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz – nur in der EU verkaufen, wenn die Lieferanten eine Sorgfaltserklärung eingereicht haben. Diese bestätigt, dass ein Produkt nicht von einer nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzten Fläche stammt, und dass bei seiner Herstellung die lokale Gesetzgebung eingehalten wurde.
Viele kritisieren, dass die Kommission wichtige Grundlagen für die Umsetzung noch nicht vorgelegt habe, etwa bestimmte Leitlinien und das Länder-Benchmarking. Mit diesem will die Kommission jedem Land eine bestimmte Risikostufe für Entwaldung zuweisen. Auf dieser Basis gelten dann bestimmte Kontrollquoten für die einzelnen Produktgruppen: Die nationalen Behörden müssen pro Produktgruppe jeweils ein Prozent der Marktteilnehmer kontrollieren, die aus Ländern mit niedrigem Risiko importieren, drei Prozent bei Ländern mit Standardrisiko und neun Prozent bei Ländern mit hohem Risiko.
Bei der Abstimmung im EU-Parlament im April 2023 hatten die meisten Abgeordneten der EVP das Gesetz unterstützt. Der Luxemburger EVPler Christophe Hansen hatte als Berichterstatter die Verhandlungen mit Rat und Kommission geführt. Er äußert sich gelassen: “Wenn die Kommission in den nächsten Wochen den versprochenen Leitfaden und die Benchmarking-Methode vorlegt, gibt es keinen Grund für einen Aufschub.” Ein Aufschub verlängere möglicherweise auch die Zeit der Unsicherheit für die Unternehmen.
Der CDU-Abgeordnete Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion (der sich damals enthielt), ist der wohl lauteste Verfechter eines Aufschubs. In einem Pressegespräch Anfang der Woche nannte er das Jahr 2027 als seine Wunschfrist. “Wir können die Verschiebung kurzfristig im Dringlichkeitsverfahren annehmen, sodass alle Seiten erst mal Luft zum Atmen haben und dann in Ruhe über Änderungen am Text beraten, die weniger Bürokratie, aber trotzdem Schutz vor Entwaldung bedeuten”, sagte er. Er unterstütze die Ziele der Verordnung, bezichtigt aber Grüne, Sozialdemokraten, Linke und französische Liberale, ein “bürokratisches Monstrum” geschaffen zu haben.
“Wir stehen regelmäßig mit der EU-Kommission im Austausch und wissen, dass dort mit Hochdruck an der Umsetzung gearbeitet wird und alles nach Plan verläuft”, sagte Anna Cavazzini (Grüne), die ebenfalls an den Verhandlungen beteiligt war. “Nun den Forderungen nach einer Verschiebung nachzukommen, würde zu weniger Planungssicherheit für die Wirtschaft führen und die vorausschauenden Unternehmen bestrafen.” Für den Fall, dass die Kommission mit dem Länder-Benchmarking nicht fertig sein sollte, gebe es Vorkehrungen im Gesetz, so Cavazzini.
Liegt am 30. Dezember noch kein Benchmarking vor, gelten erst einmal alle Länder als “Standardrisiko”. Das bedeutet: Auch Länder mit einem niedrigen Risiko für Entwaldung – wie Deutschland – werden zunächst höher eingestuft.
“Es kann nicht sein, dass wir wie ein Hochrisikoland behandelt werden”, hatte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) beim Agrarrat im April gesagt. “Das wird die letzten Wohlmeinenden im wahrsten Sinne des Wortes auf die Bäume treiben und die Akzeptanz für das Gesetz kaputt machen.” Im Ziel unterstütze die Bundesregierung die EU-Kommission, jedoch brauche es auf dem Weg dringend mehr Flexibilität.
Gemeinsam mit Ministern aus weiteren Mitgliedstaaten forderte Özdemir im Mai die EU-Kommission auf, schnell die noch fehlenden Grundlagen für das Inkrafttreten zu schaffen – oder die Umsetzung zu verschieben. Sie befürchten unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand für Verwaltung und Marktteilnehmer. Das IT-System und das Länder-Benchmarking seien zentrale Voraussetzungen für die Umsetzung.
Wann das Benchmarking fertig sein wird, dazu äußert sich die Kommission nicht. Nach Informationen von Table.Briefings liegt bereits ein Vorschlag vor; diesem muss jedoch noch auf höchster Ebene zugestimmt werden. “Die Arbeit der Kommission am Benchmarking ist noch nicht abgeschlossen“, sagte ein Sprecher zu Table.Briefings. Sie werde sich die nötige Zeit dafür nehmen, damit die Bewertung “auf der Grundlage einer wissenschaftlich und fachlich fundierten Methodik” geschehe. Sobald die vorläufigen Ergebnisse vorliegen, werde die Kommission einen Dialog mit den Ländern aufnehmen, die (ganz oder teilweise) als besonders risikoreich eingestuft wurden.
Eine Schnittstelle im IT-System “Traces” hat die Kommission in der Zwischenzeit eingerichtet. Über diese sollen Handelssysteme der Wirtschaft direkt an das System angebunden werden, um den Einzelnachweis für Entwaldungsfreiheit zu erbringen. Ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) sagte zu Table.Briefings, die Kommission hätte außerdem zugesichert, die Abgabe der Sorgfaltserklärung zu vereinfachen. Diese solle “mit nur wenigen Mausklicks” möglich sein. “Damit ist ein großer Schritt hin zu einer praktikablen Anwendung der Verordnung erfolgt”, so der Sprecher.
Auch Handelspartner der EU melden sich inzwischen zu Wort. Kürzlich berichtete die “Financial Times” über ein Schreiben von Ende Mai, in dem auch die US-Regierung die EU-Kommission zum Verschieben der Umsetzung auffordert. Die Vorgaben und Strafen würden vor allem die US-amerikanische Holz-, Papier- und Zellstoffindustrie hart treffen, heißt es demnach in dem Schreiben. Der dortige Wald- und Papierindustrie-Verband (AF&PA) halte es für unmöglich, das EU-Gesetz zu befolgen, da Papier und Zellstoff teilweise aus gemischten Abfällen hergestellt würden.
Am Montag beginnt in New York das High Level Political Forum (HLPF). Das ist einerseits ein Routinetermin. Das UN-Gremium, das für die Umsetzung der 17 Sustainable Development Goals (SDG) zuständig ist, trifft sich jedes Jahr im Sommer, um Erfahrungen und Empfehlungen auszutauschen und einzelne SDG-Ziele zu evaluieren. Fünf stehen diesmal im Fokus:
Andererseits weicht die Konferenz aus drei Gründen doch von der Routine ab:
Die Forscherin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) verfolgt die Prozesse genau. Zum HLPF sagt sie: “Die Kombination der SDG-Ziele, die besprochen werden, könnte kaum aktueller sein. Es wird spannend zu sehen sein, ob und wie die aktuellen multiplen Krisen thematisiert werden.” Jens Martens, Geschäftsführer des Global Policy Forum Europe, einem Watchdog zur internationalen Entwicklungspolitik, sieht das ähnlich. “Jedes globale Forum derzeit ist ein Lackmustest für den Multilateralismus und die Frage, wo die Konfliktlinien verlaufen und welchen Konsens man erzielen kann”, sagt er. Von der Ministererklärung am Ende erwartet er wenig Neues. “Es geht vor allem um die nochmalige Bestätigung vorheriger Aussagen und Abkommen.”
Grundsätzlich kritisiert Martens, dass die UN den SDG nur vergleichsweise selten die Bühne geben. “Der Sicherheitsrat tagt 200 Tage pro Jahr, der Menschenrechtsrat 50 – und das HLPF gerade mal acht. Daran kann man erkennen, welchen politischen Stellenwert die SDGs immer noch nur haben.”
Wertlos sei die Veranstaltung aber keineswegs. Wie in jedem Jahr präsentieren Staaten “Voluntary National Reviews” (VNR), Selbsterklärungen zum Status quo ihrer jeweiligen SDG-Umsetzung. Diese sind freiwillig und werden weder überprüft noch drohen Sanktionen. Trotzdem habe sich ein Gruppendruck entwickelt. “Bis auf die USA, Myanmar und Haiti hat jedes Land schon mindestens einen Report vorgestellt”, sagt Martens. Für zivilgesellschaftliche Organisationen sind VNR ein Hebel, ihre Regierungen zum Handeln zu bewegen. Andere Länder, gerade kleinere, können darauf aufmerksam machen, woran es hakt und wo sie Unterstützung benötigen. Angekündigt sind diesmal 37 Länder-Updates.
Die Reform der globalen Finanzarchitektur, die beim Summit 2023 eine große Rolle spielte, steht diesmal nicht auf der Agenda. “Beim HLPF wird die Debatte darüber allgemeiner bleiben”, sagt die Forscherin Beisheim. Zugleich geht sie davon aus, dass NGOs und die Gruppe der Staaten des globalen Südens (G77) Forderungen dazu formulieren werden. “Mit Entscheidungen ist aber eher 2025 bei der vierten Internationalen Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung zu rechnen.”
Die Abschlusserklärung für den Summit of the Future wird offiziell ebenfalls nicht diskutiert – aber in den “Side Events” und Flurgesprächen aufgrund ihrer Bedeutung sehr wohl ein Thema sein. Wie ambitioniert fällt das Papier am Ende aus? Von dem ersten, sehr allgemein gehaltenen Entwurf Ende Januar waren viele Beobachter enttäuscht. “Auch ich war der Meinung, dass es schwer wird, einen wenig ambitionierten Entwurf nachzuschärfen”, sagt Marianne Beisheim.
Offenbar aber gehört es zur Taktik der verhandlungsführenden UN-Botschafter aus Namibia und Deutschland, Neville Gertze und Antje Leendertse, die Staaten durch ein wenig zukunftsweisendes Papier herauszufordern. Sie sollen die Chance der UN-Bühne nutzen und die für sie relevanten Forderungen einbringen. Und tatsächlich wurde im Frühjahr nachgebessert, weshalb Beisheim jetzt sagt: “Es kann sein, dass dieser Plan aufgeht.” Für den zweiten Entwurf wurden etwa 52 “Actions” in das Papier aufgenommen, die konkretisieren sollen, wie Ziele erreicht werden.
Jens Martens vom Global Policy Forum Europe ist skeptisch. “Das Problem ist, dass hinter vielen ‘Actions’ keine Handlungen stehen. Allzu oft sind sie sehr allgemein formuliert.” RNE-Generalsekretär Marc-Oliver Pahl sagt: “Auch ein Stimulus-Paket zur verbesserten Umsetzung und Finanzierung der SDG, das der Generalsekretär vorgeschlagen hat, ist noch nicht beschlossen.” 500 Milliarden US-Dollar mehr für die nachhaltige Entwicklung pro Jahr, das hatte António Guterres ins Spiel gebracht. Die Reaktionen darauf: verhalten. Aber: “Das Kapitel 1 des Zukunftspakts, in dem es um die Umsetzung der SDG und deren Finanzierung geht, ist aus Sicht der meisten Staaten das wichtigste Kapitel“, so Pahl.
Ein paar Fortschritte gibt es aber, sagt Marianne Beisheim. “Zum Beispiel sollen sich alle zwei Jahre die UN-Mitgliedstaaten auf höchster Ebene mit den Spitzen der internationalen Finanzinstitutionen austauschen. So können sich auch kleinere Staaten einbringen, die nicht in deren Gremien vertreten sind.” Was davon erhalten bleibt, ist aber noch ungewiss. Die finale Fassung wird frühestens im August erwartet, könnte sich aber auch bis zum Summit of the Future hinziehen. Er startet am 22. September.
6. Juli 2024, 10-16 Uhr, Berlin
Workshop Der Fiskus in der (Klima-)Krise? – Klimafinanzierung und die Rolle staatlicher Investitionen (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung) Info & Anmeldung
8. Juli 2024, 12-12:45 Uhr, Online
Diskussion Klimapolitische Mittagspause: Wärmewende (Veranstalter: Friederich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
10. Juli 2024, 12-13 Uhr
Online-Diskussion Was schulden wir der Zukunft? Teil III Digitales Mittagsgespräch zu Zukunftsinvestitionen in Ländern & Kommunen (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung) Info & Anmeldung
8. -12. Juli 2024, Bonn
Seminar Energiewende im Fokus – Herausforderungen und Perspektiven einer nachhaltigen Stromversorgung (Veranstalter: Friederich-Ebert-Stiftung) Info & Anmeldung
12.-14. Juli 2024, Kochel am See
Seminar Alpen im Klimawandel – zukünftige Herausforderungen (Veranstalter: Georg-von-Vollmar-Akademie) Info & Anmeldung
15. Juli 2024, Online
Seminar Kommunalrichtlinie: klimafreundliche Mobilität (Veranstalter: Deutsches Institut für Urbanistik) Info & Anmeldung
Mittwoch, 17. Juli 2024 17-19 Uhr, Berlin
Podiumsdiskussion Internationales Recht zum Schutz der Natur: Notwendig und machbar? (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung) Info & Anmeldung
25. Juli 2024, 10-12:30 Uhr, Online
Schulung Treibhausgasbilanzierung mit Ecocockpit (Veranstalter: Effizienz-Agentur NRW) Info & Anmeldung
Die Bundesregierung hat bislang keine Finanzierungskonzepte für die milliardenteure Dekarbonisierung von zwei Dritteln der deutschen Stahlindustrie. Dies geht aus der Regierungsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor, die Table.Briefings vorliegt. Bislang seien den großen Stahlkonzernen für den Umbau knapp sieben Milliarden Euro als Subventionen zur Verfügung gestellt worden. Damit soll ein Drittel der Hochöfen durch strom- und wasserstoffbasierte Produktionsstätten ersetzt werden.
Die restlichen fossilbasierten Stahlkapazitäten sollen bis 2045 dekarbonisiert werden. Dafür veranschlage die Industrie einen weiteren Investitionsbedarf von 20 Milliarden Euro. Hierfür müssten “andere Wege der Finanzierung” gefunden werden, schreibt die Bundesregierung, “beispielsweise auch durch Identifizierung von zusätzlichen (privaten) Finanzierungsinstrumenten“.
“Die Bundesregierung weiß nicht, wie die bestehende Finanzierungslücke geschlossen werden soll”, kommentierte der Linken-Abgeordnete Jörg Cézanne. Er befürchtet, dass ohne staatliche Förderung Produktionskapazitäten abgebaut werden. Daher brauche es “ein klares politisches Bekenntnis zur Stahlproduktion in Deutschland, das auch finanziell unterlegt werden muss”.
Ein staatliches Mitspracherecht bei der Stahltransformation ergibt sich aus den Subventionen nicht. So plant die Stahltochter von Thyssenkrupp trotz hoher staatlicher Förderung einen Abbau von Kapazitäten und Arbeitsplätzen. Für neue Förderprogramme wie “Klimaschutzverträge” müssen Antragsteller nun Selbstverpflichtungen oder Vereinbarungen mit Arbeitnehmervertretern zur Beschäftigungssicherung eingehen.
“Das Konzept für weitere Förderung mit den Klimaschutzverträgen ist richtig und wichtig”, so Tilman von Berlepsch, Referent für Klimaneutrale Industrie bei der NGO Germanwatch. Es brauche jedoch “Kontinuität und Verlässlichkeit” in der Förderung, “damit Unternehmen investieren können und der Fortbestand von Schlüsselindustrien mit guten tariflichen Arbeitsplätzen ermöglicht wird”. av
Am kommenden Montag präsentiert der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) im Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung seine Stellungnahme zum Entwurf für eine überarbeitete Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Table.Briefings liegt das Papier des Expertengremiums, das die Bundesregierung berät, bereits vor.
Positiv ist für den RNE, dass die aktuelle Dialogfassung soziale Dimensionen von Nachhaltigkeit betont. Den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern, sei eine sehr große Herausforderung bei der Transformation.
Großen Nachbesserungsbedarf sieht der RNE hingegen bereits in der Struktur der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Dass sie entlang von sechs Transformationsbereichen geordnet ist, anstatt entlang der Sustainable Development Goals (SDGs), hält der Rat für ein Risiko: Wichtige Themen wie Bildung, Geschlechtergerechtigkeit und Biodiversität seien dadurch unterrepräsentiert.
Außerdem hält der Rat “eine stärkere Aktionsorientierung” für nötig. Die Dialogfassung stelle “in weiten Teilen lediglich den Status quo dar”. Stattdessen brauche es nationale Aktionspläne – wie auf dem SDG-Summit 2023 gefordert. Auch die interministeriellen Transformationsteams, die Vorschläge für die Strategie erarbeiten, hätten sich auf den aktuellen Stand konzentriert. Der RNE empfiehlt, dass künftig Lösungsvorschläge im Fokus stehen. Aktuell bliebe etwa unklar, wie Fortschrittsberichte in der Strategiesetzung berücksichtigt werden.
Mit Blick auf die Indikatoren für das Monitoring sieht der RNE “bedeutende Lücken”. “Ein bloßes ‘Weiter so mit kleinen Korrekturen'” hält das Expertengremium für “nicht ausreichend”. Dafür hätten sich die Indikatoren zu schlecht entwickelt und würden eine zu geringe Rolle bei politischen Entscheidungen spielen. Insbesondere “neue Herausforderungen” wie Biodiversität sollten daher “konsequent im Indikatorenset abgebildet werden”.
Kritik übt das Beratungsgremium auch daran, dass die Stärkung der internationalen Dimension im Indikatorenset “leider ausgeblieben” sei. Durch den Fokus auf die Transformationsbereiche werde sie in der Strategie “sogar schwächer abgebildet” als zuvor.
Zudem fordert der RNE:
“Dringend” brauche es darüber hinaus Vorschläge zur Finanzierung der Transformation.
Noch bis zum 26. Juli läuft die Konsultation zum Entwurf der Nachhaltigkeitsstrategie. Verabschieden will das Bundeskabinett die überarbeitete Fassung bis Ende dieses Jahres. nh
Der deutsche Batteriemarkt ist 2023 stark gewachsen. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel auf rund 23 Milliarden Euro. Wachstumstreiber war laut dem Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) mit knapp 19 Milliarden Euro der Absatz von Lithium-Ionen-Batterien, ein Plus von 58 Prozent. Sie gelten als wichtige Säule der Dekarbonisierung im Energie- und Verkehrssektor und werden zum Beispiel in Fahrzeugen und als Zwischenspeicher für die allgemeine Stromversorgung eingesetzt.
Deutschlands steigender Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien konnte nur zu einem geringen Teil aus heimischer Produktion gedeckt werden. Trotz einer Steigerungsrate von 16 Prozent lag ihr Wert nur bei knapp vier Milliarden Euro.
Deutlich stärker legten laut ZVEI dagegen die Importe zu. Sie stiegen um fast die Hälfte des Vorjahreswerts. Mit Abstand wichtigstes Lieferland war China.
“Die deutsche und europäische Batterieindustrie steht im scharfen internationalen Wettbewerb”, sagte Christian Rosenkranz, Vorsitzender des ZVEI-Fachverbands Batterien. Die Rahmenbedingungen für die Branche sollten daher verbessert werden durch:
Nach Angaben des ZVEI beschäftigte die deutsche Batteriebranche im Jahr 2023 rund 17.500 Mitarbeiter, neun Prozent mehr als im Vorjahr. ch
Die Monopolkommission hat am Montag ihr Hauptgutachten “Wettbewerb 2024” vorgestellt. Sie kritisiert darin insbesondere “signifikante Machtverschiebungen innerhalb der Lebensmittelversorgungsketten” seit 2007. Bereits im Februar hatte die Kommission in einem Papier Anzeichen für unfaire Wettbewerbsbedingungen zulasten der Erzeuger festgestellt. Das aktuelle Gutachten würde nun bestätigen, dass die gesetzlichen Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsposition der Erzeuger “ohne nachhaltige Wirkung” geblieben seien.
Dennoch rät die Monopolkommission von Eingriffen “ohne tiefergehende Analyse” ab – etwa durch die geplante Novellierung des Agrarorganisations- und Lieferkettengesetzes (AgrarOLKG). Diese könnten “potenziell unwirksam und sogar schädlich” sein. Stattdessen will die Kommission die Ursachen für die Wettbewerbsverzerrung nun genauer untersuchen und zielgerichtete Eingriffsmöglichkeiten prüfen.
Dieses Jahr widmeten sich die Experten der Kommission außerdem der Deutschen Bahn. Sie kritisierten insbesondere die mangelnde Pünktlichkeit und die fehlende Kundenorientierung. “Die Verlagerung auf die Schiene wird nur bei einer konsequenten Kundenorientierung gelingen”, betonte der Präsident der Monopolkommission, Jürgen Kühling. Hierfür müsse das Gemeinwohl als Ziel gesetzlich definiert werden. Zudem bemängelte die Monopolkommission die Auszahlung von Boni in Millionenhöhe an Bahnvorstände.
Auch mit dem Fernwärmesektor hat sich die Kommission befasst. Um zu vermeiden, dass sich die Monopolstellungen der Versorger “noch ausweiten und zu überhöhten Preisen” führen, schlägt sie eine Preisobergrenze für Fernwärme vor.
Das unabhängige Expertengremium, das dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiert, berät die Bundesregierung und legt alle zwei Jahre Handlungsvorschläge zur Stärkung des Wettbewerbs vor. ag
Seit dieser Woche gilt für einen Teil der 4.000 Beschäftigten bei Viessmann in Allendorf Kurzarbeit. Betroffen sind vor allem die Produktion und der Vertrieb von Wärmepumpen. Die Maßnahme gilt zunächst für die Monate Juli und August. Das Unternehmen reagiert damit auf einbrechende Absatzzahlen. Auch andere deutsche Heizungshersteller wie Vaillant und Stiebel-Eltron haben bereits Kurzarbeit eingeführt.
“Was rund um die Wärmepumpe passiert ist, ist an Dramatik nicht zu überbieten”, beklagte Firmen-Chef Max Viessmann kürzlich gegenüber der Wirtschaftswoche. “Eine Technologie, die nachweislich effizienter ist und Vorteile hat, wurde kaputt geredet.”
Laut aktueller Branchenstatistik ist der Markt für Wärmepumpen im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 52 Prozent eingebrochen. Für 2024 rechnet der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie mit einem Gesamtabsatz von weniger als 200.000 Wärmepumpen – statt der im Rahmen der Wärmewende von der Bundesregierung angestrebten 500.000 Geräte pro Jahr.
Eine Sprecherin des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) teilte auf Anfrage mit, dass man von der Regierung erwarte, verstärkt über die bestehenden Fördermöglichkeiten zu informieren. Auch müsse sich die Politik bei der kommunalen Wärmeplanung und dem Ausbau der Fernwärme “ehrlich machen”. Denn schon heute sei in den meisten Versorgungsgebieten klar, “dass sich die Gebäudeeigentümer um eine dezentrale Form der klimaneutralen Beheizung werden kümmern müssen”. ch
Das “grüne Jobwunder” bleibt aus – FAZ
Bundeskanzler Scholz hatte “wegen der hohen Investitionen in den Klimaschutz” Wachstumsraten wie vor 60 Jahren in Aussicht gestellt. Doch die Transformation wirke aktuell nicht wie ein Wachstums- und Jobwunder, sondern eher wie ein Jobkiller, schreibt Julia Löhr. Zum Artikel
Weit weg von Klimazielen: KI ließ Googles CO₂-Ausstoß um fast 50 Prozent steigen – Standard
Google hat sich ehrgeizige Ziele für seine Treibhausgasbilanz gesetzt. Bis 2030 will das Unternehmen seinen Strombedarf vollständig aus erneuerbaren Energien decken, schreibt Georg Pichler. Doch in den vergangenen fünf Jahren ist Googles CO₂-Fußabdruck nicht kleiner, sondern deutlich größer geworden. Er liege heute fast um die Hälfte höher als 2019. Zum Artikel
Can the climate survive the insatiable energy demands of the AI arms race? – Guardian
Dan Milmo, Alex Hern und Jillian Ambrose fragen, wie der Energiehunger von KI-Zentren – der bis 2030 4,5 Prozent des weltweiten Verbrauchs erreichen könnte – künftig gedeckt werden kann. Das Problem: Führende Tech-Firmen investieren trotz steigender Strompreise weiter in energieintensive KI. Effizienzsteigerungen senken den Energieverbrauch nicht, sondern verbessern bei gleichbleibendem Strombedarf nur die KI-Modelle. Zum Artikel
Market forces are not enough to halt climate change – Financial Times
Kolumnist Martin Wolf ist ernüchtert über die Dekarbonisierung der Stromproduktion: Obwohl erneuerbare Quellen stark wachsen, wurden niemals zuvor mehr fossile Brennstoffe für Elektrizität verbrannt. Von der Marktwirtschaft erwartet er nicht länger, dass sie eine schnelle Dekarbonisierung ermöglicht. Stattdessen sollten Regierungen Investitionen lenken. Zum Artikel
Neben Entsorgung von Atommüll nun die Rente – taz
Ziemlich erfolgreich legt der “Fonds für die Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung” (Kenfo) das Kapital an, mit dem irgendwann einmal ein Endlager bezahlt werden soll: 11 Prozent Rendite im letzten Jahr! Allerdings, so Björn Hartmann, investierte Kenfo auch in die Ölindustrie. Ab Herbst verwaltet der Fonds dann auch das Generationenkapital für die Rentenversicherung. Zum Artikel
Elektrische Nutzfahrzeuge: Bund beginnt Aufbau von Lkw-Schnellladenetz – Automobil Industrie
Knapp drei Gigawatt Netzleistung und rund 350 Ladepunkte: Das sind die Eckdaten des Ladenetzes für schwere Elektro-Nutzfahrzeuge, das der Bund ab sofort aufbaut. Es ist Teil des sogenannten Ladeinfrastrukturplans II. Dessen Ziel ist es, dass Lkw ausschließlich mit Ökostrom fahren, berichtet Thomas Günnel. Zum Artikel
A Seismic Supreme Court Decision – New York Times
Bislang mussten sich US-Gerichte bei strittigen Fragen auf die Expertise der zuständigen Bundesbehörden verlassen. Der Oberste Gerichtshof kippte diese Regel nun mit dem sogenannten Chevron-Urteil. David Gelles und Manuela Andreoni haben mit Experten von Naturschutzorganisationen über die Konsequenzen besprochen. Befürchtet wird eine noch größere Klagewelle gegen Bestimmungen für den Umweltschutz. Zum Artikel
Hydrologe nach den Unwettern: “Angesichts der drohenden Gefahren müssen wir den Alpenraum neu denken” – Neue Zürcher Zeitung
Hochwasser-Experte Rolf Weingartner warnt im Gespräch mit David Vonplon, dass mit der Klimaveränderung plötzlich Siedlungen und Weiler gefährdet seien, die zuvor über Jahrhunderte sicher waren. Als Ursache vermutet er, dass ein Klima-Kipppunkt überschritten wurde. Möglicherweise müssten nun einzelne Orte in den Schweizer Alpen aufgegeben werden. Zum Artikel
Christiane Benner – Erste Vorsitzende, IG Metall
Christiane Benner spielt eine zentrale Rolle bei der Transformation der deutschen Wirtschaft – vor allem in der deutschen Automobilindustrie. Benner sitzt im Aufsichtsrat von BMW und Continental und bald wohl bei VW. Seit Oktober 2023 steht sie als erste Frau an der Spitze der IG Metall und kümmert sich unter anderem um die Bereiche Organisationspolitik und Betriebs- und Mitbestimmungspolitik. Benner startete ihre Gewerkschaftstätigkeit 1997 in der Jugendarbeit und Betreuung von ITK-Betrieben. 2011 wurde sie erstmals in den Vorstand gewählt, vier Jahre später zur Zweiten Vorsitzenden. 2023 schaffte sie dann den Sprung an die Spitze.
Claas Oehlmann – Geschäftsführer, BDI-Initiative Circular Economy
Claas Oehlmann ist eine wichtige Stimme im Diskurs um Kreislaufwirtschaft. Er leitet seit 2021 die Circular Economy-Initiative des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) mit rund 60 Mitgliedern, die zirkuläres Wirtschaften hierzulande voranbringen wollen. Oehlmann selbst ist Experte in dem Feld. Der Jurist arbeitete zu dem Thema im Bundesumweltministerium, machte einen MBA-Abschluss in Sustainability Management und war Referent für Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeitspolitik beim BDI. Seit April 2022 ist er auch Lehrbeauftragter an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin.
Frank Werneke – Gewerkschafter, Vorsitzender ver.di
Für Frank Werneke ist die sozial-ökologische Transformation Tagesgeschäft. Als Vorsitzender von ver.di mit rund 1,9 Millionen Mitgliedern vermittelt er den eigenen Leuten die Notwendigkeit des Wandels und ringt mit Politik und Arbeitgebern darum, dass es dabei gerecht zugeht. Ein Ort dafür ist der Aufsichtsrat von E.ON, dessen stellvertretender Vorsitzender er ist. Ein anderer ist die Allianz für Transformation, in der die Bundesregierung mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft über die Transformation diskutiert. Werneke scheut aber auch nicht die Straße. Beim Klimastreiktag 2023 etwa protestierte seine Gewerkschaft bundesweit gemeinsam mit Fridays for Future.
Katharina Reuter – Geschäftsführerin, Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V.
Der nachhaltigen Wirtschaft eine Stimme geben – das ist das erklärte Ziel von Katharina Reuter. Seit zehn Jahren führt sie den Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, dem mittlerweile mehr als 700 Unternehmen angehören. Zwischen 2010 und 2013 war sie Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland, einem Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen, und hat sich davor intensiv mit Agrarmarketing, dem ökologischen Landbau und der Tierzucht befasst, unter anderem als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Für ihre Arbeit wurde sie 2023 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Annette Niederfranke – Direktorin, International Labour Organization Deutschland
Gute Arbeit für alle, gerade auch entlang der globalen Wertschöpfungsketten – dafür setzt sich Annette Niederfranke ein. 2014 hat sie den Posten der Direktorin des deutschen Büros der International Labour Organization übernommen und spricht und publiziert zum demographischen Wandel, zur Migration und zu geschlechtsspezifischen Fragen. Die Dekarbonisierung und Transformation der Wirtschaft kann nur gelingen, wenn auch die soziale Abfederung klappt, sagt sie. Vor ihrer Tätigkeit bei der ILO war Niederfranke unter anderem Staatssekretärin im BMAS. Sie ist promovierte Psychologin und war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg.
Yvonne Zwick – Vorsitzende, B.A.U.M. e.V.
Seit 2021 leitet Yvonne Zwick den Bundesdeutschen Arbeitskreis für umweltbewusstes Management (B.A.U.M.), das Unternehmensnetzwerk für Wirtschaften innerhalb der planetaren Grenzen. Zwicks Einsatz reicht weit zurück: 16 Jahre lang gehörte sie dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) an. Zusätzlich ist die studierte Theologin auch Mitglied der KMU-Arbeitsgruppe “European Financial Reporting Advisory Group” (EFRAG), Beisitzerin im Vorstand der “Charta digitale Vernetzung” und Sprecherin des Fachbeirats Nachhaltigkeit der Evangelischen Bank.
Anna-Maija Mertens – Vorständin, Deutsches Institut für Compliance (DICO)
Anna-Maija Mertens ist seit diesem Jahr Vorständin beim Deutschen Institut für Compliance (DICO), dem Verband für gute Unternehmensführung. Die 1975 in Helsinki geborene Politikwissenschaftlerin lebt seit 1995 in Deutschland, wo sie sich in einer Promotion mit dem Verfassungsentwurf der Europäischen Union befasste – eine gute Grundlage für ihre bald anstehende Aufgabe als desiginierte Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland. Von 2014 bis 2024 war Mertens Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland. Dort trat sie für Transparenz im Lobbyismus ein, sah aber auch die Notwendigkeit von Lobbyismus als Teil der Demokratie.
Tanja Gönner – Hauptgeschäftsführerin, BDI
Tanja Gönner ist seit November 2022 Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und wurde kurz darauf in den Rat für Nachhaltige Entwicklung berufen. Die engagierte Juristin bringt dort ihre vielfältige Erfahrung aus über zwanzig Jahren ein: als Landtags- und Bundestagsabgeordnete, als Sozial-, Umwelt- und Verkehrsministerin Baden-Württembergs sowie als langjährige Vorstandssprecherin der GIZ.
Helmy Abouleish – Präsident, Demeter International
Der Sozialunternehmer Helmy Abouleish ist seit 2018 Präsident von Demeter International und leitet damit den vierköpfigen Vorstand des Verbands. Abouleish wurde 1961 in Österreich geboren und lebt seit seinem 16. Lebensjahr in Ägypten. Dort übernahm er 2017 den Vorstandsvorsitz der von seinem Vater gegründeten Sekem Holding, eine besondere Farm mit angeschlossener Universität in der Wüste. Auf erfinderische Art und Weise bringt Abouleish seitdem die biologisch-dynamische Landwirtschaft in Ägypten voran.
Paul Noll – Stellvertretender Abteilungsleiter für Volkswirtschaft und Internationales, Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
Für den BDA erklärt Paul Noll in internationalen Foren das deutsche Tarifvertrags-System und setzt sich dafür ein, dass die Anliegen der deutschen Arbeitgeber in internationalen Organisationen gehört werden. Gut zu tun hatte Noll in den letzten Jahren mit der europäischen Mindestlohn-Richtlinie und dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Für ihn stehen zunächst Staaten in der Pflicht, grundlegende Standards umzusetzen, auch wenn Unternehmen durchaus gewillt seien, Nachhaltigkeit in ihren Lieferketten zu gewährleisten. Im Beirat zum LkSG des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle vertritt er ebenso die Belange der Wirtschaftsverbände.
Europe.Table – Wie die Industrie für niedrigere Energiepreise kämpft: Europas größter Industrieverband fordert zusätzliche Maßnahmen gegen hohe Energiepreise. Änderungen will Business Europe außerdem im Umweltrecht und bei der Anerkennung von blauem Wasserstoff aus Erdgas. Zum Artikel
Climate.Table – Neuseeland: So baut die neue Regierung die Klimapolitik ab: Die neue Mitte-Rechts-Regierung in Neuseeland dreht die Klimapolitik ihrer Vorgängerin zurück: Erst wurde das Budget für Klimaschutz gestrichen. Jetzt soll die Suche nach Gas und Öl wieder leichter werden und die Landwirtschaft wird von Klima-Auflagen befreit. Zum Artikel
China.Table – EU-Zusatzzölle auf E-Fahrzeuge: Was die chinesischen Hersteller jetzt erwartet: Am Donnerstag veröffentlichte die EU die Verordnung zu den umstrittenen Zöllen auf chinesische E-Autos. Während Brüssel Entschlossenheit demonstriert, schwanken die Mitgliedsstaaten noch. Deutschland hofft auf Verhandlungen, andere lehnen die Konfrontation mit Peking ab. Zum Artikel