Table.Briefing: ESG

Alert: EU-Lieferkettengesetz – „Nachverhandlungen unrealistisch“

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie der Name schon sagt, handelt es sich beim EU-Lieferkettengesetz um eine europäische Angelegenheit. Und deswegen macht es Sinn, über Deutschland hinauszuschauen, wie sich die Staaten und Wirtschaftsakteure in der Sache positionieren.

Fest steht: Die Länder brauchen Zeit, um die mehrere hundert Seiten starke Richtlinie zu bewerten. Und die Materie ist zu komplex, als dass Nachverhandlungen noch möglich wären. Damit beschäftigen sich Leonie Düngefeld und Till Hoppe.

Welche Evidenz gibt es für die Argumente von FDP und großen Wirtschaftsverbänden, welche das europäische Lieferkettengesetz in seiner jetzigen Form ablehnen? Dazu haben sich Wissenschaftler zu Wort gemeldet. Damit beschäftige ich mich, genauso wie mit den Positionen von Wirtschaftsverbänden in anderen Ländern in dieser Angelegenheit.

Ihr
Caspar Dohmen
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  • Lieferkettengesetz

News

SPD und Grüne halten Nachverhandlungen für unrealistisch

Unklar ist derzeit, ob der Rat der CSDDD zustimmen wird.

Die von SPD und Grünen geführten Bundesministerien halten es für unrealistisch, so spät noch inhaltliche Änderungen an der EU-Lieferkettenrichtlinie zu verhandeln. Entweder das Gesetz werde jetzt verabschiedet, oder es wandere in die nächste Legislaturperiode, heißt es in Berlin. Bei den Koalitionspartnern herrscht der Eindruck vor, dass die FDP das Vorhaben verhindern will, und nicht nachbessern, wie es im Präsidiumsbeschluss heißt. Ob die Liberalen im Rat eine Sperrminorität organisieren können, ist noch offen. Es hänge am Abstimmungsverhalten von Deutschland und Italien, heißt es.

“Die FDP darf nicht zur Anti-Europa-Partei werden”, kommentierte Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten. “Auch die Liberalen werden als Pro-Europäer in der Regierung gebraucht. Schon wieder droht aber wegen der deutschen Liberalen aktuell das Platzen einer europäischen Vereinbarung unter 27 EU-Staaten.” Bereits beim Verbrenner-Aus hatte die FDP sich gegen die Trilogeinigung eingesetzt.

AStV-Treffen für den 9. Februar geplant

Das Ergebnis der Abstimmung im Rat wird voraussichtlich Mitte Februar feststehen. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) werde höchstwahrscheinlich am 9. Februar zusammenkommen, sagte ein Sprecher Table.Media.

Neben Deutschland und Italien ist auch bei weiteren Mitgliedstaaten unklar, ob sie dem Trilogergebnis zustimmen werden. Die Mitgliedstaaten hätten erst kürzlich den finalen Text der Trilog-Einigung erhalten, erklärte die Sprecherin der tschechischen Vertretung. Um eine finale Position festzulegen, müsse man nun zunächst die Hunderten von Seiten durchgehen, die das Dokument enthält. Auch die schwedische Vertretung erklärte, die Regierung habe sich noch nicht auf ihre Position festgelegt.

Sollte die Richtlinie im Rat keine qualifizierte Mehrheit erhalten, ist ohnehin fraglich, ob noch Zeit für Nachverhandlungen bliebe. Der 9. Februar ist die offizielle Frist für Verhandlungen, damit Rat und Parlament die entsprechende Einigung noch in dieser Legislaturperiode formell annehmen können. leo, tho

  • Lieferkettengesetz

Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit: Rat nimmt Position an

Der Rat hat am Freitag sein Verhandlungsmandat zur Verordnung über das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit angenommen. Das Gesetz soll Produkte auf dem EU-Binnenmarkt verbieten, die in Zwangsarbeit gemäß der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt wurden. Die Mitgliedstaaten nehmen in dem Mandat mehrere Veränderungen an dem Kommissionsentwurf vor.

Generell will der Rat die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der Kommission bei der Anwendung der Verordnung stärken. Das Mandat sieht unter anderem vor, dass ein Netz aus der Kommission und Behörden in den Mitgliedstaaten gegen Zwangsarbeitsprodukte aufgebaut wird, um die Anwendung der Verordnung besser zu koordinieren. Dieses soll aktiv an allen Phasen des Verfahrens beteiligt sein, das zum Verbot eines Produkts führt.

Zudem soll ein einheitliches Portal für Zwangsarbeit eingerichtet werden. Dieses soll zum einen für das Einreichen von Informationen, für eine Datenbank und für Leitlinien zuständig sein, und zum anderen Informationen über getroffene Entscheidungen bereitstellen. Die Mitgliedstaaten wollen zudem auch Produkte einbeziehen, die im Fernabsatz angeboten werden.

Kommission soll “Unionsinteresse” beurteilen

Um den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Zuweisung von Fällen zu vereinfachen, stärkt das Mandat die Rolle der EU-Kommission. Diese soll auf der Grundlage aller relevanten, überprüfbaren und glaubwürdigen Informationen beurteilen, ob die betreffenden Produkte von “Unionsinteresse” sind. Dafür muss mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt sein:

  • Ausmaß und Schwere der mutmaßlichen Zwangsarbeit sind erheblich,
  • die Risiken der mutmaßlichen Zwangsarbeit liegen außerhalb des Gebiets der Union,
  • die betreffenden Produkte haben erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt (das heißt, wenn sie in mindestens drei Mitgliedstaaten vorhanden sind).

Liegt ein solches sogenanntes Unionsinteresse vor, soll die Kommission automatisch die Voruntersuchungsphase übernehmen. Andernfalls wird die Voruntersuchungsphase von einer zuständigen nationalen Behörde durchgeführt.

Das Parlament hatte bereits im November seine Position beschlossen. Für die Trilogverhandlungen bleibt nicht viel Zeit: Laut Informationen von Table.Media sind zwei Treffen auf politischer Ebene geplant. Das erste soll bereits am kommenden Dienstag, 30. Januar, stattfinden, das zweite im Februar. leo

  • Zwangsarbeit

Analyse

Wissenschaft: Kritik am EU-Lieferkettengesetz basiert auf falschem Verständnis der Auswirkungen

Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), auf der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Verbands.

Die Kritik der FDP und von Wirtschaftsverbänden an der Corporate Sustainability Due Dilligence Directive (CSDDD) stößt in der Wissenschaft größtenteils auf Unverständnis. Die Kritik beinhaltet drei Hauptvorwürfe: zu viel Bürokratie, kein Mehrwert für den Schutz der Menschenrechte und eine zu hohe Belastung der Unternehmen, insbesondere der KMU. “Diese Argumente sind wissenschaftlich nicht fundiert und beruhen zum Teil auf falschen Annahmen über das geplante Gesetz“, sagt Christian Scheper, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entwicklung und Frieden an der Universität Duisburg-Essen.

  • Die Befürchtung einer überbordenden Bürokratie sei nicht belegt. Für Unternehmen, die ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten bereits erfüllten, “entsteht kein nennenswerter Mehraufwand“.
  • Das Argument, das Gesetz würde seinen Zweck verfehlen oder gar schaden, “ist empirisch nicht haltbar”. Zwar gebe es derzeit keine starken Lieferkettengesetze, vergleichbar mit der EU-Regulierung. Oder die Gesetze, wie in Deutschland, seien noch neu. Empirischen Aussagen seien deshalb derzeit noch nicht möglich. Aber die Forschung zeige, “dass ohne Lieferkettengesetze Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen durch private Unternehmens und Marktlösungen nicht wirksam verhindert werden und es bei Missständen an effektiven Rechtswegen fehlt”.
  • Die pauschale Annahme, kleine und mittlere Unternehmen würden unverhältnismäßig belastet, “ist falsch”. Gerade das rechtliche Konzept der Sorgfaltspflicht ermögliche eine flexible Anpassung an die Bedürfnisse und Kapazitäten des jeweiligen Unternehmens. Zudem seien KMU nur mittelbar von dem Gesetz betroffen. Ein bloßes Abwälzen der Sorgfaltspflichten von Großunternehmen auf kleinere Lieferanten könne durch entsprechende behördliche Regelungen vermieden werden

Wenig spricht nach Ansicht der Wissenschaft auch für das Argument der Kritiker, Unternehmen könnten sich wegen der CSDDD womöglich aus problematischen Ländern zurückziehen, womit sich die Situation nicht verbessern würde, weil dann etwa europäische Unternehmen durch Firmen aus anderen Regionen ersetzt würden, die womöglich weniger auf Menschen- und Umweltrechte achten.

Es geht um den Wandel bei Zulieferern, keinen Rückzug der Firmen

“Ich denke, dass die Unternehmen vor einem Rückzug aus einem Land zunächst erst mal den Druck auf die Zulieferer erhöhen würden, damit es nicht zu Haftungsfällen kommt“, sagt Sarah Jastram. Sie lehrt Internationale Wirtschafsethik und Nachhaltigkeit sowie Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hamburg School of Business Administration. Und genau darin bestehe ja auch die Hoffnung, “dass hierdurch Wandel in den Zuliefererunternehmen ausgelöst wird”. Zulieferer, die in einer bestimmten Qualität, Menge und Zuverlässigkeit liefern könnten, seien nicht einfach zu finden. “Insofern haben die Unternehmen ein großes Interesse, die Beziehungen zu den Lieferanten zu halten, sofern dies möglich ist“.

Diese Einschätzung teilt auch Torsten Safarik, Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). In einem Interview mit Table.Media unterstrich er jüngst, kein Unternehmen müsse sich wegen des LkSG aus irgendeiner Region zurückziehen.

Den Kritikpunkt Bürokratisierung kann Sarah Jastram angesichts der diversen Regulierungen auf EU-Ebene im Kontext des Green Deals hingegen nachvollziehen. “Ein potenzieller Bürokratie-Burnout ist keine falsche Diagnose”, sagt sie. “Daher muss das Gesamtregulierungspaket Green Deal dringend integriert, harmonisiert und in der Anwendung vereinfacht werden”.

Regulierung bringt Vorteile für Unternehmen in der EU

Die EU-Lieferkettenregulierung sei dennoch mit einer ganzen Reihe von Vorteilen für die Wirtschaft verbunden, argumentiert Julia Hartmann. Sie lehrt Management und Nachhaltigkeit an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht.

  • Vor allem gebe es Chancen für eine Harmonisierung der unterschiedlichen Lieferkettengesetze, die in EU-Staaten bereits gelten oder in der Diskussion sind, etwa in Deutschland, Frankreich, Belgien, Dänemark und Österreich.
  • Außerdem wären ohne ein Gesetz “insbesondere diejenigen Unternehmen, die sich für nachhaltige Lieferketten engagieren, weiterhin im Nachteil. “Sie gehen Kosten ein, welche ihre Wettbewerber nicht haben und die sie nicht an ihre Kunden weitergeben können.”
  • Einheitliche Anforderungen zumindest aller europäischen Kunden würde auch die Arbeit der Lieferanten erleichtern, die heute oft zahlreiche unterschiedliche Fragebögen ausfüllen und Angaben machen müssen.
  • In der Forschung gebe es zahlreiche Belege dafür, dass Lieferanten Anforderungen eher erfüllten, wenn die Nachfrage stärker ist, “was bei einer einheitlichen EU-Regelung der Fall ist”.

Die Debatte scheine den Chancen von nachhaltigen Lieferketten unzureichend Rechnung zu tragen. Die Wissenschaft könne “klar zahlreiche positive Effekt feststellen”. Dazu zählten Reputation, Resilienz und Effektivitätsgewinne. Darüber hinaus seien Unternehmen mit nachhaltigen Lieferketten in der Pandemie deutlich krisenresilienter gewesen und würden deutlich weniger zum Klimawandel beitragen.

Ablehnung würden deutscher Wirtschaft enorm schaden

Die Kritik der FDP und der Wirtschaftsverbände an der CSDDD “wiederholt im Wesentlichen die Kritik, die vor drei Jahren auch beim Erlass des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) geäußert wurde”, sagt Markus Krajewski, der Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrt. Es sei “äußerst bedenklich”, wenn eine Regierung, deren Vertreter an den Trilog-Verhandlungen beteiligt waren und die einen Kompromiss mit ausgearbeitet hat, “diesen Kompromiss im Rat nun faktisch zu Fall bringt“.

Der deutschen Wirtschaft würde enormer Schaden zugefügt. Während deutsche Unternehmen weiterhin dem LkSG unterworfen wären, müssten sich ihre Wettbewerber im EU-Ausland nicht an vergleichbare Standards halten. Das entspräche keinem “fairen Wettbewerb”. Eine Ablehnung des Gesetzes wäre aber auch ein erheblicher Rückschlag für die Bemühungen um globalen Menschenrechts- und Umweltschutz.

  • Lieferkettengesetz
  • Sorgfaltspflichten

EU-Lieferkettengesetz: Zustimmung bei großen Wirtschaftsverbänden anderer Länder

Der Hafen von Rotterdam: Niederländische Wirtschaftsverbände setzen sich für verantwortungsvolles Unternehmertum ein.

Zahlreiche deutsche Wirtschaftsverbände haben in den vergangenen Tagen harsche Kritik an der geplanten Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) geäußert. So verurteilt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die verhandelte Richtlinie als “verfrüht” und spricht von einer “Schwächung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit”. Der BDI setzt sich wie zahlreiche andere hiesige Verbände dafür ein, dass die Bundesregierung ihre bisherige zustimmende Position zur CSDDD revidiert. Einig wissen sich diese Verbände mit der FDP, die neuerdings die CSDDD in der beim Trilog verhandelten Form ablehnt. In anderen europäischen Ländern haben Wirtschaftsverbände die CSDDD dagegen teils sehr viel positiver aufgenommen, beispielsweise in den Niederlanden, die wirtschaftlich stark mit Deutschland verflochten sind.

Niederlande: Wirtschaft hat sich in vielen Punkten durchgesetzt

Der führenden niederländische Wirtschaftsdachverband VON-NCW begrüßte die Einigung zur CSDDD unmittelbar nach der Verabschiedung. Es sei eine gute Nachricht, dass eine politische Einigung erzielt worden sei. Denn die niederländische Wirtschaft setze sich seit Langem für eine europäische Gesetzgebung zur sozialen Verantwortung der Unternehmen ein. Die Richtlinie sei ein wichtiger Schritt, um in Umwelt- und Menschenrechtsfragen weltweit etwas zu bewegen. Zudem habe sich die Wirtschaft in den Verhandlungen in Brüssel in vielen Punkten durchgesetzt. Der Vorschlag sei ein “Erdrutschsieg für die Unternehmer”. 

Die Einschätzungen des niederländischen Verbands und des BDI decken sich, was die Herausforderung der Aufgabe oder mögliche hohe Aufwendungen anbelangt. Aber anders als die deutschen Spitzenverbände betont der niederländische Verband die Hoffnung und den Ehrgeiz, über diese Regulierung “einen echten Einfluss auf die Welt ausüben zu können”.

Auf positive Resonanz stößt bei den Niederländern auch eine stärkere Anlehnung der CSDDD an die OECD-Leitlinien für Unternehmen und Menschenrechte, unter anderem durch eine klare Unterscheidung zwischen der Haftung für das eigene Handeln und der Verantwortung, das Handeln anderer zu verbessern. Als richtig erachtet wird auch, dass die Unternehmen nicht alles auf einmal in Angriff nehmen könnten und stattdessen auf Grundlage einer Risikoanalyse Prioritäten setzen sollten. Das Ganze sei ein Prozess von Versuch und Irrtum, dem Raum gegeben werden müsse.

Dänemark: CSDDD als entscheidender Schritt für Wandel

In Dänemark begrüßte der Verband Etisk Handel Danmark, welcher neben Unternehmen wie Lego, Ikea, Lidl, H&M, Novo Nordisk und Nestlé auch Teile des nationalen Wirtschaftsdachverbands vertritt, die CSDDD: Die Richtlinie sei ein entscheidender Schritt für den Wandel, “den der Planet braucht”, aber auch entscheidend für die Bemühungen der Unternehmen um verantwortungsvolle und nachhaltige Wertschöpfungsketten. Die Rechtsvorschrift habe das Potenzial, “sich auf Akteure in der ganzen Welt auszuwirken”.

Der Verband sieht Vorteile für die Wirtschaft durch die CSDDD, etwa durch eine bessere Angleichung an die internationalen Standards, auf die verantwortungsbewusste Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte aufbauen, den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitlinien für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. Dänische Dachverbände wie Dansk Erhverv setzen auf eine frühzeitige Umsetzung, der dänische Wirtschaftsdachverband DI begann bereits vor einem Jahr seine Mitglieder für die Umsetzung der CSDDD zu schulen.

Große Wirtschaftsakteure haben sich für die CSDDD starkgemacht

Bereits im Vorfeld der Einigung über die CSDDD am 14. Dezember 2023 haben sich im Gegensatz zu den großen deutschen Wirtschaftsverbänden andere große Wirtschaftsakteure für ein EU-Lieferkettengesetz starkgemacht. Dazu zählten große Unternehmen wie Ikea, Unilever, Aldi oder Hapag-Lloyd sowie Verbände wie der AIM (vertritt rund 2.500 wichtige Marken), die Vertretung der Ernährungsindustrie Food Drink Europe, die 500 Elektronikunternehmen vertretene RBA, der Halbleiterverband ESIA und GNI, zu dessen Mitgliedern Google und Microsoft gehören. Business Europe, der Dachverband der europäischen Wirtschaftsverbände, habe sich konstruktiv für punktuelle Anpassungen eingesetzt und haben einige Änderungen im Sinne der Wirtschaft erreicht, heißt es aus Verhandlungskreisen. In Deutschland haben sich vor allem kleinere progressive Verbände und einzelne Unternehmen für die CSDDD stark gemacht.

  • Lieferketten
  • Nestlé
  • Sorgfaltspflichten
  • Unternehmensverantwortung

Presseschau

EU-Lieferkettenrichtlinie scheitert wahrscheinlich am Widerstand der FDP – Handelsblatt
Die EU will Unternehmen zur Verantwortung ziehen, wenn sie von Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Doch nach Recherchen von Olga Scheer, Julian Olk, Moritz Koch, Heike Anger und Frank Specht kommt die Neuregelung wohl nicht zustande. Zum Artikel

EU-Lieferkettengesetz vor dem Aus: FDP und Wirtschaftslobby attackieren Kompromissentwurf – Correctiv
Kurz vor der finalen Abstimmung nehmen die Kampagnen der Lobbyverbände gegen das Gesetz scharfe Töne an – dies zeigen unveröffentlichte Briefe, die Correctiv vorliegen. Zugleich stellt sich die FDP plötzlich gegen den Entwurf und sorgt in Brüssel für Befremden, berichtet Gabriela Keller. Zum Artikel

Unternehmerin widerspricht FDP und Verbänden: Überfordert das EU-Lieferkettengesetz den Mittelstand? – Tagesspiegel
Die FDP will das EU-Lieferkettengesetz wegen angeblicher bürokratischer Mehrbelastungen verhindern. Die Chefin des Outdoorausrüsters Vaude widerspricht. Sie plädiert für mehr Fairness. Felix Kiefer hat mit ihr gesprochen. Zum Artikel

Streit um die EU-Lieferkettenrichtlinie: Die Lieferung steht aus – taz
Auf ihren jeweiligen Europaparteitagen möchte die FDP gegen eine Verschärfung der Lieferkettenrichtlinie werben – und die SPD dafür. Cem-Odos Güler hat sich das vor dem Hintergrund noch laufender Abstimmungsprozesse in der Bundesregierung genauer angeschaut. Zum Artikel

Streit über schärfere EU-Regeln für Unternehmen: Ausgeliefert – Der Spiegel
Wenn ihre Zulieferer Menschen- und Umweltrechte verletzen, müssen Unternehmen dafür geradestehen: Auch in der EU soll dies Standard werden. Lobbyisten warnen, die FDP blockiert. Dabei sind viele Firmen längst weiter. Simon Book, Kristina Gnirke, Martin Hesse, Michael Sauga, Stefan Schultz und Gerald Traufetter haben dazu einen Report erstellt. Zum Artikel

ESG.Table Redaktion

ESG.TABLE REDAKTION

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    Liebe Leserin, lieber Leser,

    wie der Name schon sagt, handelt es sich beim EU-Lieferkettengesetz um eine europäische Angelegenheit. Und deswegen macht es Sinn, über Deutschland hinauszuschauen, wie sich die Staaten und Wirtschaftsakteure in der Sache positionieren.

    Fest steht: Die Länder brauchen Zeit, um die mehrere hundert Seiten starke Richtlinie zu bewerten. Und die Materie ist zu komplex, als dass Nachverhandlungen noch möglich wären. Damit beschäftigen sich Leonie Düngefeld und Till Hoppe.

    Welche Evidenz gibt es für die Argumente von FDP und großen Wirtschaftsverbänden, welche das europäische Lieferkettengesetz in seiner jetzigen Form ablehnen? Dazu haben sich Wissenschaftler zu Wort gemeldet. Damit beschäftige ich mich, genauso wie mit den Positionen von Wirtschaftsverbänden in anderen Ländern in dieser Angelegenheit.

    Ihr
    Caspar Dohmen
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    SPD und Grüne halten Nachverhandlungen für unrealistisch

    Unklar ist derzeit, ob der Rat der CSDDD zustimmen wird.

    Die von SPD und Grünen geführten Bundesministerien halten es für unrealistisch, so spät noch inhaltliche Änderungen an der EU-Lieferkettenrichtlinie zu verhandeln. Entweder das Gesetz werde jetzt verabschiedet, oder es wandere in die nächste Legislaturperiode, heißt es in Berlin. Bei den Koalitionspartnern herrscht der Eindruck vor, dass die FDP das Vorhaben verhindern will, und nicht nachbessern, wie es im Präsidiumsbeschluss heißt. Ob die Liberalen im Rat eine Sperrminorität organisieren können, ist noch offen. Es hänge am Abstimmungsverhalten von Deutschland und Italien, heißt es.

    “Die FDP darf nicht zur Anti-Europa-Partei werden”, kommentierte Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten. “Auch die Liberalen werden als Pro-Europäer in der Regierung gebraucht. Schon wieder droht aber wegen der deutschen Liberalen aktuell das Platzen einer europäischen Vereinbarung unter 27 EU-Staaten.” Bereits beim Verbrenner-Aus hatte die FDP sich gegen die Trilogeinigung eingesetzt.

    AStV-Treffen für den 9. Februar geplant

    Das Ergebnis der Abstimmung im Rat wird voraussichtlich Mitte Februar feststehen. Der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) werde höchstwahrscheinlich am 9. Februar zusammenkommen, sagte ein Sprecher Table.Media.

    Neben Deutschland und Italien ist auch bei weiteren Mitgliedstaaten unklar, ob sie dem Trilogergebnis zustimmen werden. Die Mitgliedstaaten hätten erst kürzlich den finalen Text der Trilog-Einigung erhalten, erklärte die Sprecherin der tschechischen Vertretung. Um eine finale Position festzulegen, müsse man nun zunächst die Hunderten von Seiten durchgehen, die das Dokument enthält. Auch die schwedische Vertretung erklärte, die Regierung habe sich noch nicht auf ihre Position festgelegt.

    Sollte die Richtlinie im Rat keine qualifizierte Mehrheit erhalten, ist ohnehin fraglich, ob noch Zeit für Nachverhandlungen bliebe. Der 9. Februar ist die offizielle Frist für Verhandlungen, damit Rat und Parlament die entsprechende Einigung noch in dieser Legislaturperiode formell annehmen können. leo, tho

    • Lieferkettengesetz

    Importverbot für Produkte aus Zwangsarbeit: Rat nimmt Position an

    Der Rat hat am Freitag sein Verhandlungsmandat zur Verordnung über das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit angenommen. Das Gesetz soll Produkte auf dem EU-Binnenmarkt verbieten, die in Zwangsarbeit gemäß der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt wurden. Die Mitgliedstaaten nehmen in dem Mandat mehrere Veränderungen an dem Kommissionsentwurf vor.

    Generell will der Rat die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und der Kommission bei der Anwendung der Verordnung stärken. Das Mandat sieht unter anderem vor, dass ein Netz aus der Kommission und Behörden in den Mitgliedstaaten gegen Zwangsarbeitsprodukte aufgebaut wird, um die Anwendung der Verordnung besser zu koordinieren. Dieses soll aktiv an allen Phasen des Verfahrens beteiligt sein, das zum Verbot eines Produkts führt.

    Zudem soll ein einheitliches Portal für Zwangsarbeit eingerichtet werden. Dieses soll zum einen für das Einreichen von Informationen, für eine Datenbank und für Leitlinien zuständig sein, und zum anderen Informationen über getroffene Entscheidungen bereitstellen. Die Mitgliedstaaten wollen zudem auch Produkte einbeziehen, die im Fernabsatz angeboten werden.

    Kommission soll “Unionsinteresse” beurteilen

    Um den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Zuweisung von Fällen zu vereinfachen, stärkt das Mandat die Rolle der EU-Kommission. Diese soll auf der Grundlage aller relevanten, überprüfbaren und glaubwürdigen Informationen beurteilen, ob die betreffenden Produkte von “Unionsinteresse” sind. Dafür muss mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt sein:

    • Ausmaß und Schwere der mutmaßlichen Zwangsarbeit sind erheblich,
    • die Risiken der mutmaßlichen Zwangsarbeit liegen außerhalb des Gebiets der Union,
    • die betreffenden Produkte haben erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt (das heißt, wenn sie in mindestens drei Mitgliedstaaten vorhanden sind).

    Liegt ein solches sogenanntes Unionsinteresse vor, soll die Kommission automatisch die Voruntersuchungsphase übernehmen. Andernfalls wird die Voruntersuchungsphase von einer zuständigen nationalen Behörde durchgeführt.

    Das Parlament hatte bereits im November seine Position beschlossen. Für die Trilogverhandlungen bleibt nicht viel Zeit: Laut Informationen von Table.Media sind zwei Treffen auf politischer Ebene geplant. Das erste soll bereits am kommenden Dienstag, 30. Januar, stattfinden, das zweite im Februar. leo

    • Zwangsarbeit

    Analyse

    Wissenschaft: Kritik am EU-Lieferkettengesetz basiert auf falschem Verständnis der Auswirkungen

    Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), auf der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Verbands.

    Die Kritik der FDP und von Wirtschaftsverbänden an der Corporate Sustainability Due Dilligence Directive (CSDDD) stößt in der Wissenschaft größtenteils auf Unverständnis. Die Kritik beinhaltet drei Hauptvorwürfe: zu viel Bürokratie, kein Mehrwert für den Schutz der Menschenrechte und eine zu hohe Belastung der Unternehmen, insbesondere der KMU. “Diese Argumente sind wissenschaftlich nicht fundiert und beruhen zum Teil auf falschen Annahmen über das geplante Gesetz“, sagt Christian Scheper, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Entwicklung und Frieden an der Universität Duisburg-Essen.

    • Die Befürchtung einer überbordenden Bürokratie sei nicht belegt. Für Unternehmen, die ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten bereits erfüllten, “entsteht kein nennenswerter Mehraufwand“.
    • Das Argument, das Gesetz würde seinen Zweck verfehlen oder gar schaden, “ist empirisch nicht haltbar”. Zwar gebe es derzeit keine starken Lieferkettengesetze, vergleichbar mit der EU-Regulierung. Oder die Gesetze, wie in Deutschland, seien noch neu. Empirischen Aussagen seien deshalb derzeit noch nicht möglich. Aber die Forschung zeige, “dass ohne Lieferkettengesetze Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen durch private Unternehmens und Marktlösungen nicht wirksam verhindert werden und es bei Missständen an effektiven Rechtswegen fehlt”.
    • Die pauschale Annahme, kleine und mittlere Unternehmen würden unverhältnismäßig belastet, “ist falsch”. Gerade das rechtliche Konzept der Sorgfaltspflicht ermögliche eine flexible Anpassung an die Bedürfnisse und Kapazitäten des jeweiligen Unternehmens. Zudem seien KMU nur mittelbar von dem Gesetz betroffen. Ein bloßes Abwälzen der Sorgfaltspflichten von Großunternehmen auf kleinere Lieferanten könne durch entsprechende behördliche Regelungen vermieden werden

    Wenig spricht nach Ansicht der Wissenschaft auch für das Argument der Kritiker, Unternehmen könnten sich wegen der CSDDD womöglich aus problematischen Ländern zurückziehen, womit sich die Situation nicht verbessern würde, weil dann etwa europäische Unternehmen durch Firmen aus anderen Regionen ersetzt würden, die womöglich weniger auf Menschen- und Umweltrechte achten.

    Es geht um den Wandel bei Zulieferern, keinen Rückzug der Firmen

    “Ich denke, dass die Unternehmen vor einem Rückzug aus einem Land zunächst erst mal den Druck auf die Zulieferer erhöhen würden, damit es nicht zu Haftungsfällen kommt“, sagt Sarah Jastram. Sie lehrt Internationale Wirtschafsethik und Nachhaltigkeit sowie Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Hamburg School of Business Administration. Und genau darin bestehe ja auch die Hoffnung, “dass hierdurch Wandel in den Zuliefererunternehmen ausgelöst wird”. Zulieferer, die in einer bestimmten Qualität, Menge und Zuverlässigkeit liefern könnten, seien nicht einfach zu finden. “Insofern haben die Unternehmen ein großes Interesse, die Beziehungen zu den Lieferanten zu halten, sofern dies möglich ist“.

    Diese Einschätzung teilt auch Torsten Safarik, Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). In einem Interview mit Table.Media unterstrich er jüngst, kein Unternehmen müsse sich wegen des LkSG aus irgendeiner Region zurückziehen.

    Den Kritikpunkt Bürokratisierung kann Sarah Jastram angesichts der diversen Regulierungen auf EU-Ebene im Kontext des Green Deals hingegen nachvollziehen. “Ein potenzieller Bürokratie-Burnout ist keine falsche Diagnose”, sagt sie. “Daher muss das Gesamtregulierungspaket Green Deal dringend integriert, harmonisiert und in der Anwendung vereinfacht werden”.

    Regulierung bringt Vorteile für Unternehmen in der EU

    Die EU-Lieferkettenregulierung sei dennoch mit einer ganzen Reihe von Vorteilen für die Wirtschaft verbunden, argumentiert Julia Hartmann. Sie lehrt Management und Nachhaltigkeit an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht.

    • Vor allem gebe es Chancen für eine Harmonisierung der unterschiedlichen Lieferkettengesetze, die in EU-Staaten bereits gelten oder in der Diskussion sind, etwa in Deutschland, Frankreich, Belgien, Dänemark und Österreich.
    • Außerdem wären ohne ein Gesetz “insbesondere diejenigen Unternehmen, die sich für nachhaltige Lieferketten engagieren, weiterhin im Nachteil. “Sie gehen Kosten ein, welche ihre Wettbewerber nicht haben und die sie nicht an ihre Kunden weitergeben können.”
    • Einheitliche Anforderungen zumindest aller europäischen Kunden würde auch die Arbeit der Lieferanten erleichtern, die heute oft zahlreiche unterschiedliche Fragebögen ausfüllen und Angaben machen müssen.
    • In der Forschung gebe es zahlreiche Belege dafür, dass Lieferanten Anforderungen eher erfüllten, wenn die Nachfrage stärker ist, “was bei einer einheitlichen EU-Regelung der Fall ist”.

    Die Debatte scheine den Chancen von nachhaltigen Lieferketten unzureichend Rechnung zu tragen. Die Wissenschaft könne “klar zahlreiche positive Effekt feststellen”. Dazu zählten Reputation, Resilienz und Effektivitätsgewinne. Darüber hinaus seien Unternehmen mit nachhaltigen Lieferketten in der Pandemie deutlich krisenresilienter gewesen und würden deutlich weniger zum Klimawandel beitragen.

    Ablehnung würden deutscher Wirtschaft enorm schaden

    Die Kritik der FDP und der Wirtschaftsverbände an der CSDDD “wiederholt im Wesentlichen die Kritik, die vor drei Jahren auch beim Erlass des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) geäußert wurde”, sagt Markus Krajewski, der Öffentliches Recht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrt. Es sei “äußerst bedenklich”, wenn eine Regierung, deren Vertreter an den Trilog-Verhandlungen beteiligt waren und die einen Kompromiss mit ausgearbeitet hat, “diesen Kompromiss im Rat nun faktisch zu Fall bringt“.

    Der deutschen Wirtschaft würde enormer Schaden zugefügt. Während deutsche Unternehmen weiterhin dem LkSG unterworfen wären, müssten sich ihre Wettbewerber im EU-Ausland nicht an vergleichbare Standards halten. Das entspräche keinem “fairen Wettbewerb”. Eine Ablehnung des Gesetzes wäre aber auch ein erheblicher Rückschlag für die Bemühungen um globalen Menschenrechts- und Umweltschutz.

    • Lieferkettengesetz
    • Sorgfaltspflichten

    EU-Lieferkettengesetz: Zustimmung bei großen Wirtschaftsverbänden anderer Länder

    Der Hafen von Rotterdam: Niederländische Wirtschaftsverbände setzen sich für verantwortungsvolles Unternehmertum ein.

    Zahlreiche deutsche Wirtschaftsverbände haben in den vergangenen Tagen harsche Kritik an der geplanten Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) geäußert. So verurteilt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die verhandelte Richtlinie als “verfrüht” und spricht von einer “Schwächung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit”. Der BDI setzt sich wie zahlreiche andere hiesige Verbände dafür ein, dass die Bundesregierung ihre bisherige zustimmende Position zur CSDDD revidiert. Einig wissen sich diese Verbände mit der FDP, die neuerdings die CSDDD in der beim Trilog verhandelten Form ablehnt. In anderen europäischen Ländern haben Wirtschaftsverbände die CSDDD dagegen teils sehr viel positiver aufgenommen, beispielsweise in den Niederlanden, die wirtschaftlich stark mit Deutschland verflochten sind.

    Niederlande: Wirtschaft hat sich in vielen Punkten durchgesetzt

    Der führenden niederländische Wirtschaftsdachverband VON-NCW begrüßte die Einigung zur CSDDD unmittelbar nach der Verabschiedung. Es sei eine gute Nachricht, dass eine politische Einigung erzielt worden sei. Denn die niederländische Wirtschaft setze sich seit Langem für eine europäische Gesetzgebung zur sozialen Verantwortung der Unternehmen ein. Die Richtlinie sei ein wichtiger Schritt, um in Umwelt- und Menschenrechtsfragen weltweit etwas zu bewegen. Zudem habe sich die Wirtschaft in den Verhandlungen in Brüssel in vielen Punkten durchgesetzt. Der Vorschlag sei ein “Erdrutschsieg für die Unternehmer”. 

    Die Einschätzungen des niederländischen Verbands und des BDI decken sich, was die Herausforderung der Aufgabe oder mögliche hohe Aufwendungen anbelangt. Aber anders als die deutschen Spitzenverbände betont der niederländische Verband die Hoffnung und den Ehrgeiz, über diese Regulierung “einen echten Einfluss auf die Welt ausüben zu können”.

    Auf positive Resonanz stößt bei den Niederländern auch eine stärkere Anlehnung der CSDDD an die OECD-Leitlinien für Unternehmen und Menschenrechte, unter anderem durch eine klare Unterscheidung zwischen der Haftung für das eigene Handeln und der Verantwortung, das Handeln anderer zu verbessern. Als richtig erachtet wird auch, dass die Unternehmen nicht alles auf einmal in Angriff nehmen könnten und stattdessen auf Grundlage einer Risikoanalyse Prioritäten setzen sollten. Das Ganze sei ein Prozess von Versuch und Irrtum, dem Raum gegeben werden müsse.

    Dänemark: CSDDD als entscheidender Schritt für Wandel

    In Dänemark begrüßte der Verband Etisk Handel Danmark, welcher neben Unternehmen wie Lego, Ikea, Lidl, H&M, Novo Nordisk und Nestlé auch Teile des nationalen Wirtschaftsdachverbands vertritt, die CSDDD: Die Richtlinie sei ein entscheidender Schritt für den Wandel, “den der Planet braucht”, aber auch entscheidend für die Bemühungen der Unternehmen um verantwortungsvolle und nachhaltige Wertschöpfungsketten. Die Rechtsvorschrift habe das Potenzial, “sich auf Akteure in der ganzen Welt auszuwirken”.

    Der Verband sieht Vorteile für die Wirtschaft durch die CSDDD, etwa durch eine bessere Angleichung an die internationalen Standards, auf die verantwortungsbewusste Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte aufbauen, den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitlinien für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln. Dänische Dachverbände wie Dansk Erhverv setzen auf eine frühzeitige Umsetzung, der dänische Wirtschaftsdachverband DI begann bereits vor einem Jahr seine Mitglieder für die Umsetzung der CSDDD zu schulen.

    Große Wirtschaftsakteure haben sich für die CSDDD starkgemacht

    Bereits im Vorfeld der Einigung über die CSDDD am 14. Dezember 2023 haben sich im Gegensatz zu den großen deutschen Wirtschaftsverbänden andere große Wirtschaftsakteure für ein EU-Lieferkettengesetz starkgemacht. Dazu zählten große Unternehmen wie Ikea, Unilever, Aldi oder Hapag-Lloyd sowie Verbände wie der AIM (vertritt rund 2.500 wichtige Marken), die Vertretung der Ernährungsindustrie Food Drink Europe, die 500 Elektronikunternehmen vertretene RBA, der Halbleiterverband ESIA und GNI, zu dessen Mitgliedern Google und Microsoft gehören. Business Europe, der Dachverband der europäischen Wirtschaftsverbände, habe sich konstruktiv für punktuelle Anpassungen eingesetzt und haben einige Änderungen im Sinne der Wirtschaft erreicht, heißt es aus Verhandlungskreisen. In Deutschland haben sich vor allem kleinere progressive Verbände und einzelne Unternehmen für die CSDDD stark gemacht.

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    • Nestlé
    • Sorgfaltspflichten
    • Unternehmensverantwortung

    Presseschau

    EU-Lieferkettenrichtlinie scheitert wahrscheinlich am Widerstand der FDP – Handelsblatt
    Die EU will Unternehmen zur Verantwortung ziehen, wenn sie von Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Doch nach Recherchen von Olga Scheer, Julian Olk, Moritz Koch, Heike Anger und Frank Specht kommt die Neuregelung wohl nicht zustande. Zum Artikel

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    Kurz vor der finalen Abstimmung nehmen die Kampagnen der Lobbyverbände gegen das Gesetz scharfe Töne an – dies zeigen unveröffentlichte Briefe, die Correctiv vorliegen. Zugleich stellt sich die FDP plötzlich gegen den Entwurf und sorgt in Brüssel für Befremden, berichtet Gabriela Keller. Zum Artikel

    Unternehmerin widerspricht FDP und Verbänden: Überfordert das EU-Lieferkettengesetz den Mittelstand? – Tagesspiegel
    Die FDP will das EU-Lieferkettengesetz wegen angeblicher bürokratischer Mehrbelastungen verhindern. Die Chefin des Outdoorausrüsters Vaude widerspricht. Sie plädiert für mehr Fairness. Felix Kiefer hat mit ihr gesprochen. Zum Artikel

    Streit um die EU-Lieferkettenrichtlinie: Die Lieferung steht aus – taz
    Auf ihren jeweiligen Europaparteitagen möchte die FDP gegen eine Verschärfung der Lieferkettenrichtlinie werben – und die SPD dafür. Cem-Odos Güler hat sich das vor dem Hintergrund noch laufender Abstimmungsprozesse in der Bundesregierung genauer angeschaut. Zum Artikel

    Streit über schärfere EU-Regeln für Unternehmen: Ausgeliefert – Der Spiegel
    Wenn ihre Zulieferer Menschen- und Umweltrechte verletzen, müssen Unternehmen dafür geradestehen: Auch in der EU soll dies Standard werden. Lobbyisten warnen, die FDP blockiert. Dabei sind viele Firmen längst weiter. Simon Book, Kristina Gnirke, Martin Hesse, Michael Sauga, Stefan Schultz und Gerald Traufetter haben dazu einen Report erstellt. Zum Artikel

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