heute und morgen findet im Auswärtigen Amt in Berlin wieder der Petersberger Klimadialog mit Vertretern aus etwa 40 Staaten statt. Da wird viel debattiert, aber die spannendsten Fragen werden vor allem informell verhandelt – und welche das sind, hat Bernhard Pötter zusammengetragen. Hochspannung herrscht aber noch woanders im politischen Berlin: CDU-Klimaexperte Thomas Heilmann, der schon das Heizungsgesetz per Gericht stoppte, hat gegen das neue Klimaschutzgesetz einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, wie Malte Kreutzfeldt beschreibt.
In der EU steht unterdessen hinter dem Green Deal ein großes Fragezeichen. Lukas Scheid liefert eine Bilanz der letzten fünf Jahren samt Ausblick. Und Nico Beckert blickt darauf, welche Länder beim Ausstieg aus Öl und Erdgas vorangehen sollten. Vor dem G7-Treffen in Turin müssen sich unterdessen die Industriestaaten der Frage stellen, wieso sie ihre Klimaziele für 2030 deutlich verfehlen.
In Brüssel ist unterdessen der Ausstieg der EU aus dem Energiecharta-Vertrag so gut wie sicher. Und zur Europawahl empfehlen wir einen Klimawahlcheck mit 22 Fragen – und unseren Schwerpunkt mit Texten aus allen Table.Briefings.
Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre!

Für die zwei Tage des 15. “Petersberger Klimadialogs” ist das Auswärtige Amt in Berlin der Mittelpunkt der globalen Klimadiplomatie. Vor und hinter verschlossenen Türen sondieren Vertreter aus den 40 wichtigsten Staaten die Chancen für Fortschritte bei der COP29 in Aserbaidschan und darüber hinaus.
Das Programm sieht offizielle Reden und Diskussionsrunden vor: Gastgeberin Außenministerin Annalena Baerbock und der designierte COP29-Präsident Mukhtar Babayew sprechen zur Eröffnung am Donnerstag. Bundeskanzler Olaf Scholz und der Präsident von Aserbaidschan, Ilham Aliyew, werden am Freitag reden. Die Minister für Wirtschaft und Klima, Robert Habeck und für Zusammenarbeit, Svenja Schulze, sind prominent auf Podien vertreten.
Doch viele spannende Themen werden nicht öffentlich verhandelt. In informellen Kreisen, unter vier Augen oder auf den weitläufigen Fluren des Außenministeriums tauchen Fragen auf, die oft noch nicht beantwortet werden, aber Entscheidungen in der Zukunft vorzeichnen. Dazu gehören diese Themen:

Es war das große Projekt von Ursula von der Leyen in dieser Legislatur: Mit dem Green Deal sollte Europa auf den Weg zur Klimaneutralität 2050 gebracht werden. 2019 kündigte die Kommissionspräsidentin ihren Plan an und brachte 2021 gleich eine ganze Reihe an Gesetzen auf den Weg. Wie weit ist die EU gekommen?
Eine Bilanz am Ende der Sitzungsperiode des Europa-Parlaments zeigt: Die ersten Jahre des Green Deals standen im Zeichen umfassender Reformen, beispielsweise durch den Emissionshandel, den Erneuerbaren-Ausbau und die Erhöhung der Klimaziele. Sie legen die Basis für weitere Fortschritte in Richtung der ehrgeizigen Klimazielen.
Zum Ende der Zeit und unter dem Druck von Corona-Pandemie, Inflation und Ukrainekrieg ging allerdings der Schwung verloren: Das europäische Klima- und Umweltschutzprojekt geriet zuletzt immer stärker in die Schusslinie.
Vor allem seit die wesentlichen Klimaschutzgesetze – bekannt als Fit-for-55-Paket – abgeschlossen wurden, fiel der Zuspruch für weitere Maßnahmen des Green Deals massiv ab. Insbesondere die christdemokratische EVP, von der Leyens politische Basis, baute enormen Druck auf die Kommission auf, die Anzahl weiterer Green-Deal-Gesetze möglichst gering zu halten.
Einige Vorhaben gerieten dadurch in Gefahr:
All diese Gesetze sind Teil des Green Deals. Eine Gruppe von Umweltschutzorganisationen bezeichnete die EVP als “Prehistoric Thinkers”, da sie in vielen Fällen gegen mehr Klimaschutz stimmten. Christian Ehler von der EVP will diese Zahl allein nicht gelten lassen. Wichtig sei, worüber man abgestimmt habe – und nicht, ob mit Ja oder Nein. Die EVP begründet ihre Ablehnung weiterer Gesetze mit dem Ziel, Industrie und Bauern vor neuen Vorgaben zu schützen.

Ehler ist Berichterstatter für das große industriepolitische Projekt des Green Deals, den Net-Zero Industry Act (NZIA), der am Donnerstag final im Europaparlament abgestimmt wurde. Das Gesetz soll die Antwort auf die massiven chinesischen Industriesubventionen und den US-amerikanischen Inflation Reduction Act sein. Es geht um die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren beim Ausbau grüner Technologien, um mehr Resilienz weltweiter Lieferengpässe sowie mehr Unabhängigkeit von ausländischen Lieferanten.
Der NZIA sieht jedoch kaum neue Finanzmittel zur Industrieförderung vor; auch deshalb sehen die Grünen das Gesetz kritisch. Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen, bezeichnet es als verpasste Chance. Bei einem Rededuell von Table.Briefings entgegnete Christian Ehler, man werde es mit öffentlichen Mitteln nicht schaffen, Transformationsprozesse zu finanzieren. “Nur wenn wir in Europa den Energiebinnenmarkt vertiefen und es auf dem Kapitalmarkt endlich gleiche Verhältnisse gibt, sodass es für internationale Kapitalgeber attraktiv ist, wird es funktionieren.”
Wie geht es mit dem Green Deal weiter? Konkrete Aussagen dazu finden sich in den Parteiprogrammen zur Wahl kaum. Auf dem Zettel steht allerdings das neue EU-Klimaziel für 2040, das die Kommission vorgeschlagen hat: Minus 90 Prozent. Das dazugehörige Gesetzespaket wird die wesentliche klimapolitische Aufgabe der nächsten Kommission und des nächsten Parlaments sein. Es soll nach bisherigen Planungen frühestens im ersten Halbjahr 2025 unter der polnischen Ratspräsidentschaft vorgelegt werden.
Michael Bloss setzt sich für einen Green Industrial Deal in der nächsten Legislatur ein, mit dem der Wirtschaftsstandort Europa geschützt wird und auch die Klimaziele für 2030, 2040 und 2050 erreichbar bleiben. Christian Ehler von der EVP wünscht sich von der neuen Kommission weniger Regulierungsvorhaben und stattdessen mehr Steuerung über marktwirtschaftliche Instrumente wie den europäischen Emissionshandel.
Für die Zukunft will der grüne Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold das Zurückdrehen des Green Deal mit einem neuen Gesetzespaket verhindern. “Wir brauchen ein Fit-for-Near-Zero Package“, sagte er Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Jacques Delors Centres und der Stiftung KlimaWirtschaft in Berlin.
“Der Green Deal ist noch nicht vollendet und er muss weiter Priorität haben“, so der ehemalige EU-Abgeordnete weiter. Alles andere würde “nicht nur dem Klima, sondern auch unserer Wirtschaft schaden”.
In einem entscheidenden Punkt richtet sich Giegold mit seinem Vorstoß gegen die französische Regierung und ihre Verbündeten im Rat: “Für Deutschland ist klar, dass das nächste Gesetzespaket auch wieder Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz enthalten muss. Beide werden einen Großteil der Treibhausgas-Minderung übernehmen”, sagte der Staatssekretär.
Paris strebt dagegen nur noch ein Ziel für “dekarbonisierte Energie” an, die auch Kernenergie umfassen würde. Zum Treffen der Energieminister im vergangenen Dezember hatte Frankreich zusammen mit zehn weiteren EU-Staaten ein entsprechendes Papier verfasst, um Einfluss auf die Klimagesetze für 2040 zu nehmen.

Der Beschluss der COP28 in Dubai zur Abkehr von fossilen Energien (“transitioning away from fossil fuels”) war nicht das Ende, sondern der Anfang der Debatte um den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. Das wird sich auch beim diesjährigen Petersberger Klimadialog in Berlin zeigen. Denn die COP-Formulierung war bewusst unscharf formuliert, um widerstreitende Interessen unter einen Hut zu bringen.
Unklar ist aber auch, wie dieser “Übergang weg von den Fossilen” umzusetzen ist. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) reicht es nicht, wenn die Nachfrage-Seite weniger fossile Brennstoffe verbrennt – auch die Förderstaaten müssten ihre Produktion in den nächsten Jahren und Jahrzehnten drosseln.
Als Reaktion darauf sammeln die Öl- und Gasproduzenten schon heute ökologische und ökonomische Argumente, um den Ausstieg herauszuzögern: Norwegen argumentiert beispielsweise damit, Öl und Gas müsse besonders emissionsarm gefördert werden. Saudi-Arabien hingegen bewirbt seine Förderung mit niedrigen Kosten. Doch die Importeure haben ihrerseits auch Instrumente, um den Ausstieg zu beschleunigen und die negativen Folgen für Produzentenländer abzufedern.
Doch wer darf wie lange noch Öl und Gas produzieren und verkaufen? Die Antwort darauf hängt von den Kriterien ab, die dafür in dieser politisch-ökonomischen Debatte angelegt werden. In der Diskussion zeichnen sich drei Gruppen ab:
Zu den “saubersten” Produzenten gehören Norwegen und viele Golfstaaten wie Saudi-Arabien, Kuwait, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Norwegen hat strikte Regeln, um Methan-Lecks in der Produktion zu vermeiden und das klimaschädliche Treibhausgas aufzufangen. Die Golfstaaten hingegen können relativ sauber produzieren, weil ihre Vorkommen nahe an der Oberfläche liegen, sodass weniger Energie benötigt wird, um sie zu fördern.
Die Golfstaaten gehören auch zur zweiten Kategorie: den Förderstaaten mit besonders geringen Kosten. Weil ihre Vorkommen nahe an der Oberfläche liegen, ist die Produktion vergleichsweise günstig und energiesparend. Zudem befinden sich die Vorhaben meist in großen Lagerstätten – anders als beispielsweise beim Fracking sind die Explorationskosten also viel geringer. Auch Transportkosten und Steuern sind in Saudi-Arabien sehr gering.

Besonders abhängig von den fossilen Einnahmen sind hingegen Entwicklungs- und Schwellenländer mit Öl- und Gasproduktion. Diese Staaten würden durch den Wegfall von Staatseinnahmen bei einem Förderausstieg am meisten verlieren. Zu diesen Produzenten gehören Nigeria, Venezuela, Angola, Republik Kongo, Tschad, Gabun, Äquatorial-Guinea und Ost-Timor (siehe Grafik unten).
Aber auch die Golfstaaten sowie Algerien und Aserbaidschan gehören zu den Ländern, die viel zu verlieren haben. Der bevorstehende “Höhepunkt der Öl- und Gasnachfrage sollte die Petrostaaten dazu veranlassen, Investitionen in neue Förderung zu hinterfragen”, schreiben die Analysten von Carbon Tracker.

Andere Stimmen wie die zivilgesellschaftliche Koalition hinter dem Civil Society Equity Review argumentieren mit der historischen Verantwortung, die sich nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch beim Ausstieg aus den Fossilen zeigen müsse. Denn schließlich, so das Argument, profitieren viele Staaten schon lange Zeit von Öl- und Gaseinnahmen. Je wohlhabender ein Staat und je geringer die Abhängigkeit von fossilen Einnahmen, desto früher müsste er aussteigen, fordern die Autoren des Equity Review.
“Die Vereinigten Staaten, Norwegen, Australien und das Vereinigte Königreich müssen die Förderung fossiler Brennstoffe bis Anfang der 2030er-Jahre beenden”, schreiben die Autoren dieser Studie. Reiche Staaten und historische Verschmutzer müssten die weniger wohlhabenden Aussteiger finanziell unterstützen, meinen die Vertreter der Zivilgesellschaft. Denn: “Länder, die in hohem Maße von der Förderung abhängig sind, werden Zeit brauchen, um ihre Gesellschaften von fossilen Brennstoffen zu lösen und neue Volkswirtschaften aufzubauen”, so das Argument.
Laut IEA könnten – logischerweise – nicht alle Produzenten zu den “letzten Überlebenden” gehören, die möglichst lange Öl und Gas fördern. Werde die Entscheidung den Marktkräften überlassen, würde das günstigste Öl und Gas bis zuletzt produziert. Würden Importeure hingegen die Förderung in Entwicklungs- und Schwellenländern bevorzugt behandeln, könnte das für diese Produzentenstaaten nicht sehr rentabel sein: Die weltweit abnehmende Nachfrage würde die Preise so stark sinken lassen, dass die hohen Förderkosten nicht mehr gedeckt werden könnten, so die IEA.
Die öl- und gasfördernden Entwicklungs- und Schwellenländer gehören in jeder Konstellation zu den ersten und großen Verlierern des Ausstiegs aus fossilen Energien. Der Thinktank Carbon Tracker schlägt daher vor, “die Just Energy Transition Partnerships (JETP) zum Ausstieg aus der Kohleverstromung auch auf Öl- und Gasförderer auszuweiten, um die notwendige Veränderung” der Wirtschaftsstrukturen der von Öl und Gas abhängigen Staaten zu finanzieren. Mit ausländischer Unterstützung könnten die Ökonomien diversifiziert werden, damit die negativen Folgen des fossilen Ausstiegs für die Staatsfinanzen abgefedert werden.
Laut IEA könnten auch andere Wirtschaftspotenziale der von Öl und Gas abhängigen Staaten aktiviert werden. Viele der Staaten hätten auch große Potenziale für die Produktion von erneuerbaren Energien. Mit finanzieller Unterstützung könnten sie sich in Wertschöpfungsketten für saubere Energien wie grünen Wasserstoff und emissionsarme Industrieproduktion etablieren.
Die Importstaaten haben zudem mehrere Instrumente, um zu einer “saubereren” Förderung von Öl und Gas beizutragen. Immerhin verursachen Produktion, Transport und Weiterverarbeitung von Öl und Gas laut IEA fast 15 Prozent der weltweiten energiebezogenen Treibhausgasemissionen.
Große Importeure könnten demnach:
25. April, 17 Uhr, Berlin
Podiumsdiskussion Wasserextreme als Folge des Klimawandels – Herausforderungen für unsere Gesellschaft
Bei der Podiumsdiskussion in der Landesvertretung von Baden-Württemberg wird über die Auswirkungen von Hoch- und Niedrigwasser-Ereignissen sowie mögliche Anpassungsmaßnahmen diskutiert. Infos
25. und 26. April
Konferenz Petersberger Klimadialog
Beim traditionellen Petersberger Klimadialog sondieren 40 Staaten mögliche Ergebnisse des kommenden Verhandlungsjahres. Bei dem Dialog werden traditionell die diesjährigen Klimaverhandlungen vorbereitet, die im Juni in Bonn und im November bei der COP29 in Baku, Aserbaidschan, stattfinden. Infos
26. April, 8.30 Uhr, Arnstadt
Weiterbildung Neue Energie – Exkursion zur Firma Agrokraft
Die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen bietet diese Exkursion als Auftakt der Seminarreihe “Neue Energie” zusammen mit der Volkshochschule Arnstadt an. Infos
26. bis 27. April, Berlin
Konferenz Bürgerenergie Konvent 2024
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) veranstaltet unter dem Motto “10 Jahre BBEN – so viel Energie wie noch nie!” den Bürgerenergie Konvent mit einer Vielzahl an Programmpunkten. Infos
26. bis 28. April, Lübeck
Messe GO.GRØØN – Messe für Nachhaltiges und Faires
Die Messe in Lübeck bringt Impulsvorträge mit Kulturveranstaltungen zu den Themen Klima und Nachhaltigkeit zusammen. Infos
27. April, online
Aktionstag Tag der Klimademokratie
Ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Akteuren bringt zum “Tag der Klimademokratie” Bürgerinnen und Bürger mit Abgeordneten des Bundestags zusammen, damit über kritische Fragen der Klimakrise diskutiert werden kann. Infos
28. bis 30. April, Turin
Ministertreffen G7 Climate, Energy and Environment ministerial
Ein Treffen der G7-Minister zu Energie und Klima in Turin. Infos
29. April, 19 Uhr, Online
Webinar Rechtspopulistische Parteien in der Umweltpolitik in Europa – was kommt mit der Europawahl auf uns zu?
Der BUND organisiert dieses Webinar, das sich damit beschäftigt, welche Klima- und Umweltagenda rechtspopulistische Parteien in Europa haben. Infos
30. April, 18 Uhr, Berlin
Diskussion Kann die Marktwirtschaft das Klima retten?
Auf der Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung diskutiert Ulrike Herrmann mit Jens Spahn darüber, ob marktwirtschaftliche Ansätze geeignet sind, um den Herausforderungen der Klimakrise zu begegnen. Infos
2. Mai, 11 Uhr, Online
Webinar Welche Reformen braucht das Strommarktdesign?
Der Bundesverband Erneuerbare Energien veranstaltet zur Plattform Klimaneutrales Stromsystem eine Diskussion darüber, welche Reformen im Strommarktdesign nötig sind. Infos
Während die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland seit Jahresbeginn wegen der gestrichenen Kaufprämie im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind, verzeichnet die Branche global weiterhin kräftiges Wachstum. Das geht aus dem “Global EV Outlook 2024” der Internationalen Energieagentur hervor, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Im ersten Quartal dieses Jahres lagen die Verkaufszahlen von E-Autos (inklusive Plug-In-Hybriden) demnach um 25 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Der Marktanteil von Elektroautos unter den Neuzulassungen dürfte den IEA-Zahlen zufolge in diesem Jahr in China auf 45 Prozent steigen; in der EU werden 25 Prozent erwartet und in den USA elf Prozent. Weltweit gesehen liegt der Anteil damit bei 18 Prozent. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern sind die absoluten Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen noch gering, doch teilweise wurden zuletzt starke Steigerungsraten verzeichnet: So hat sich die Zahl der verkauften E-Autos in Thailand von 2021 bis 2023 etwa verzehnfacht, in Indien verfünffacht und in Brasilien verdreifacht.
Um die globalen Zahlen weiter zu steigern, ist dem IEA-Bericht zufolge vor allem eine andere Modellpolitik der Hersteller erforderlich: Um einen echten Massenmarkt zu schaffen, würden günstigere Fahrzeuge gebraucht. Bisher seien zwei Drittel der verfügbaren Modelle große Fahrzeuge, SUVs oder Sportwagen, kritisiert die IEA. Von staatlicher Seite komme es weniger auf die finanzielle Unterstützung von E-Autos an als auf die Schaffung der richtigen Voraussetzungen, vor allem einer guten Lade-Infrastruktur. mkr
Ob das Klimaschutzgesetz wie geplant an diesem Freitag vom Bundestag aufgeweicht werden kann, ist offen: Thomas Heilmann, Jurist, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Klima-Union, hat am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die Verabschiedung beantragt. Er kritisiert, dass zu wenig Zeit bleibe, um über die Änderungen der Koalitionsfraktionen am Regierungsentwurf zu beraten. Der Antrag war am Freitag als Entwurf vorgelegt und erst an diesem Mittwoch offiziell eingereicht worden. Es gehe um zentrale und komplexe Fragen des Klimaschutzes, sagte Heilmann. “Das können wir nicht in dieser Eile machen.” Die Zeitplanung der Koalition sei “schlicht unzumutbar”.
Mit einem ähnlichen Antrag hatte Heilmann im vergangenen Sommer erreicht, dass das Gebäudeenergiegesetz nicht wie geplant vor der Sommerpause verabschiedet werden konnte, sondern erst danach. Er zeigte sich am Mittwoch optimistisch, auch diesmal Erfolg zu haben. “Die Verfahrensfehler beim Klimaschutzgesetz halte ich für noch gravierender, als sie beim Heizungsgesetz waren”, sagte er. Bereits am Dienstag hatte Heilmann gegenüber Table.Briefings eine Klage für den Fall angekündigt, dass die Koalition keine neue Sachverständigenanhörung zulasse. Neben dem Zeitplan kritisiert der CDU-Abgeordnete auch die Inhalte des neuen Gesetzes. Es führe dazu, dass die aktuelle und die nächste Regierung keinerlei Maßnahmen vornehmen müssten, um die Einhaltung der Klimaziele nach 2030 sicherzustellen.
Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, begrüßte die Klage. “Gut, dass sich Thomas Heilmann gegen das Hauruckverfahren bei der Novelle des Klimaschutzgesetzes wehrt und damit sowohl den Klimaschutz als auch die Rechte des Parlaments verteidigt”, erklärte er. Vertreter der Regierungsfraktionen wiesen die Kritik hingegen zurück. “Da im Gesetzentwurf nur marginale Änderungen vorgenommen wurde, gibt es keinen triftigen Grund, die abschließende Abstimmung am Freitag nicht durchzuführen”, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler zu Table.Briefings. Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, erklärte, es handle sich um ein “ganz normales Verfahren”.
Zunächst gab es die Sorge, dass ein Erfolg Heilmanns beim KSG auch Auswirkungen auf ein weiteres Gesetz haben könnte: Denn neben dem Klimaschutzgesetz steht am Freitag auch die Verabschiedung des Solarpakets 1 auf der Tagesordnung des Bundestags. Die FDP-Fraktion hatte ihre Zustimmung zum Solarpaket intern an die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes geknüpft, die zuvor von den Grünen blockiert worden war. Beim Solarpaket gibt es aber großen Zeitdruck, denn in dessen Entwurf wurde auch ein Absatz aufgenommen, mit dem bisher ausgewiesene Windgebiete zu Vorranggebieten im Sinne der EU-REDD III-Richtline erklärt werden, was für die Windbranche extrem wichtig ist. Dafür gibt es eine Frist bis Mitte Mai, die wegen der notwendigen Zustimmung des Bundesrats nur gehalten werden kann, wenn das Gesetz noch diese Woche verabschiedet wird.
Heilmann wies die Verantwortung für ein mögliches Scheitern des Solarpakets am Dienstag zurück. Falls Karlsruhe die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes stoppe, “wären ja nicht die Grünen vertragsbrüchig, sondern es wäre so etwas wie höhere Gewalt”, sagte er. “Darum wäre es unverantwortlich, deswegen auch das Solarpaket scheitern zu lassen.” Das sieht offenbar auch die FDP so: Aus Koalitionskreisen hieß es am Abend, dass das Solarpaket unabhängig von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am Freitag verabschiedet werden soll. mkr
Vor dem G7-Treffen der Klima-, Energie- und Umweltminister vom 28. bis 30. April in Turin zeigt ein neuer Bericht des Forschungsinstituts Climate Analytics: Die reichsten Industriestaaten erreichen bis 2030 voraussichtlich gerade einmal die Hälfte der Treibhausgasreduktion, die für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze nötig wäre. Kein Land der G7-Gruppe, zu der auch Deutschland, Frankreich, die USA und Italien gehören, würde seine Reduktionsziele für 2030 schaffen.
Bestehende Maßnahmen könnten die Emissionen demnach bis 2030 lediglich um 19 bis 33 Prozent verringern. Doch als Ziel hatten sich die G7 eine Reduktion von 40 bis 42 Prozent gesetzt. Für das 1,5-Grad-Ziel sei gar eine Reduktion von 58 Prozent notwendig, verglichen mit dem Basisjahr 2019. “Ein solcher Mangel an Ehrgeiz ist nicht das notwendige Führungssignal der reichsten Länder der Welt, die rund 38 Prozent der Weltwirtschaft ausmachen und für 21 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen im Jahr 2021 verantwortlich waren”, kritisieren die Experten im Bericht.
Angesichts dessen fordern sie die G7-Länder auf, ihre jeweiligen Ziele für 2030 zu überprüfen, um sie mit der 1,5-Grad-Grenze in Einklang zu bringen. Mit Blick auf die für das Jahr 2035 zu bestimmenden Klimaziele sei zudem der ideale Zeitpunkt für Änderungen, darunter:
Das EU-Parlament hat in seiner letzten Sitzungswoche vor den Europawahlen für den Austritt der Staatengemeinschaft aus dem Energiecharta-Vertrag gestimmt. “Endlich haben internationale fossile Investoren keine Möglichkeiten mehr, ordentliche Gerichte zu übergehen und Klimapolitik mit außergerichtlichen Klagen anzugreifen”, sagte die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini.
Als letzter Schritt müssen die Mitgliedstaaten den Austritt noch mit qualifizierter Mehrheit beschließen. Die Abstimmung findet voraussichtlich im Mai statt. Mit einer Annahme wird gerechnet, denn schon im März hatte sich der Rat für den Ausstieg ausgesprochen.
Ein Jahr nach der Notifizierung wird der Ausstieg in Kraft treten, der Investorenschutz bleibt dann jedoch noch weitere 20 Jahre bestehen. Die EU verhandelt derzeit nach Angaben der NGO PowerShift ein Abkommen, um diese Möglichkeit einzuschränken. Der EU-Beschluss sieht aber auch vor, dass Mitgliedstaaten weiter über einen Verbleib in dem Vertrag entscheiden können. Deutschland ist bereits ausgetreten.
Die internationale Energiecharta schützt die Interessen von Investoren in anderen Staaten, die Vertragspartner der Charta sind. Derzeit laufen laut PowerShift noch Verfahren, etwa gegen die Besteuerung von Übergewinnen von Kraftwerken und gegen den deutschen Steinkohleausstieg. ber
Nach Ansicht der Umweltorganisation Urgewald ließe sich der ökonomische Druck auf Russland deutlich erhöhen, wenn die EU den Import und Handel mit russischem LNG verbieten würde. Nach einer solchen Maßnahme stünde das wichtigste russische Exportterminal Sabetta vor massiven logistischen Problemen.
“Fielen die nahegelegenen EU-Häfen und -Gewässer als Ziele und Umschlagplätze aus, würden die Transportwege für russisches Gas aus der Arktis deutlich länger und teurer. Aufgrund der sehr begrenzten Anzahl an verfügbaren Schiffen wäre Russland darüber hinaus nicht mehr in der Lage, die aktuellen Mengen zu exportieren“, schreibt Energie-Campaigner Sebastian Rötters in einem neuen Briefing von Urgewald.
Nach einer Urgewald-Auswertung von Schiffsdaten sind die Anlandungen von russischem LNG in der EU von 23 auf 31 Millionen Tonnen gestiegen, seit Russland vor zwei Jahren die Ukraine überfallen hat. Ohne Eisbrecher-Tanker der Arc7-Klasse seien weder das Terminal Sabetta auf der Yamal-Halbinsel noch das Ausbauprojekt Arctic LNG2 wirtschaftlich zu betreiben. Zudem würden 20 Prozent des in die EU verschifften LNGs in der Staatengemeinschaft umgeladen und vor allem nach China exportiert.
Urgewald fordert deshalb verschärfte Sanktionen der EU:
Die USA hätten den Exporteur Novatek mit Sanktionen gegen Arctic LNG2 bereits in die Defensive gezwungen. Allerdings ist unklar, ob EU-Sanktionen die Exporte wirklich komplett unterbinden würden. Laut einem Reuters-Bericht gibt es für Novatek ein alternatives Exportterminal in der Region Murmansk, die im Winter eisfrei bleibt. ber
Soll der Strom in der EU bis 2040 vollständig aus erneuerbaren Energien kommen? Soll Fliegen teurer werden? Sollen Kommunen und Regionen mehr finanzielle Förderung bekommen, um klimaneutral zu werden und sich an Klimafolgen anzupassen?
Das sind drei von insgesamt 22 Fragen auf der Webseite klimawahlcheck.eu, die deutsche Klima- und Naturschutzverbände für die Europawahl am 9. Juni erstellt haben. Damit können interessierte Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen klimapolitischen Positionen mit den Wahlprogrammen von CDU, SPD, FDP, Grünen, Linkspartei und AfD vergleichen.
Grundlage für die Bewertung der Parteipositionen war ein Kriterienkatalog, der auf den klimapolitischen Forderungen der Klima-Allianz Deutschland, zu der 150 NGOs gehören, und dem NABU basiert. Mitgewirkt haben zudem die Umweltorganisation Protect the Planet und der Dachverband Deutscher Naturschutzring (DNR). ae
heute und morgen findet im Auswärtigen Amt in Berlin wieder der Petersberger Klimadialog mit Vertretern aus etwa 40 Staaten statt. Da wird viel debattiert, aber die spannendsten Fragen werden vor allem informell verhandelt – und welche das sind, hat Bernhard Pötter zusammengetragen. Hochspannung herrscht aber noch woanders im politischen Berlin: CDU-Klimaexperte Thomas Heilmann, der schon das Heizungsgesetz per Gericht stoppte, hat gegen das neue Klimaschutzgesetz einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, wie Malte Kreutzfeldt beschreibt.
In der EU steht unterdessen hinter dem Green Deal ein großes Fragezeichen. Lukas Scheid liefert eine Bilanz der letzten fünf Jahren samt Ausblick. Und Nico Beckert blickt darauf, welche Länder beim Ausstieg aus Öl und Erdgas vorangehen sollten. Vor dem G7-Treffen in Turin müssen sich unterdessen die Industriestaaten der Frage stellen, wieso sie ihre Klimaziele für 2030 deutlich verfehlen.
In Brüssel ist unterdessen der Ausstieg der EU aus dem Energiecharta-Vertrag so gut wie sicher. Und zur Europawahl empfehlen wir einen Klimawahlcheck mit 22 Fragen – und unseren Schwerpunkt mit Texten aus allen Table.Briefings.
Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre!

Für die zwei Tage des 15. “Petersberger Klimadialogs” ist das Auswärtige Amt in Berlin der Mittelpunkt der globalen Klimadiplomatie. Vor und hinter verschlossenen Türen sondieren Vertreter aus den 40 wichtigsten Staaten die Chancen für Fortschritte bei der COP29 in Aserbaidschan und darüber hinaus.
Das Programm sieht offizielle Reden und Diskussionsrunden vor: Gastgeberin Außenministerin Annalena Baerbock und der designierte COP29-Präsident Mukhtar Babayew sprechen zur Eröffnung am Donnerstag. Bundeskanzler Olaf Scholz und der Präsident von Aserbaidschan, Ilham Aliyew, werden am Freitag reden. Die Minister für Wirtschaft und Klima, Robert Habeck und für Zusammenarbeit, Svenja Schulze, sind prominent auf Podien vertreten.
Doch viele spannende Themen werden nicht öffentlich verhandelt. In informellen Kreisen, unter vier Augen oder auf den weitläufigen Fluren des Außenministeriums tauchen Fragen auf, die oft noch nicht beantwortet werden, aber Entscheidungen in der Zukunft vorzeichnen. Dazu gehören diese Themen:

Es war das große Projekt von Ursula von der Leyen in dieser Legislatur: Mit dem Green Deal sollte Europa auf den Weg zur Klimaneutralität 2050 gebracht werden. 2019 kündigte die Kommissionspräsidentin ihren Plan an und brachte 2021 gleich eine ganze Reihe an Gesetzen auf den Weg. Wie weit ist die EU gekommen?
Eine Bilanz am Ende der Sitzungsperiode des Europa-Parlaments zeigt: Die ersten Jahre des Green Deals standen im Zeichen umfassender Reformen, beispielsweise durch den Emissionshandel, den Erneuerbaren-Ausbau und die Erhöhung der Klimaziele. Sie legen die Basis für weitere Fortschritte in Richtung der ehrgeizigen Klimazielen.
Zum Ende der Zeit und unter dem Druck von Corona-Pandemie, Inflation und Ukrainekrieg ging allerdings der Schwung verloren: Das europäische Klima- und Umweltschutzprojekt geriet zuletzt immer stärker in die Schusslinie.
Vor allem seit die wesentlichen Klimaschutzgesetze – bekannt als Fit-for-55-Paket – abgeschlossen wurden, fiel der Zuspruch für weitere Maßnahmen des Green Deals massiv ab. Insbesondere die christdemokratische EVP, von der Leyens politische Basis, baute enormen Druck auf die Kommission auf, die Anzahl weiterer Green-Deal-Gesetze möglichst gering zu halten.
Einige Vorhaben gerieten dadurch in Gefahr:
All diese Gesetze sind Teil des Green Deals. Eine Gruppe von Umweltschutzorganisationen bezeichnete die EVP als “Prehistoric Thinkers”, da sie in vielen Fällen gegen mehr Klimaschutz stimmten. Christian Ehler von der EVP will diese Zahl allein nicht gelten lassen. Wichtig sei, worüber man abgestimmt habe – und nicht, ob mit Ja oder Nein. Die EVP begründet ihre Ablehnung weiterer Gesetze mit dem Ziel, Industrie und Bauern vor neuen Vorgaben zu schützen.

Ehler ist Berichterstatter für das große industriepolitische Projekt des Green Deals, den Net-Zero Industry Act (NZIA), der am Donnerstag final im Europaparlament abgestimmt wurde. Das Gesetz soll die Antwort auf die massiven chinesischen Industriesubventionen und den US-amerikanischen Inflation Reduction Act sein. Es geht um die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren beim Ausbau grüner Technologien, um mehr Resilienz weltweiter Lieferengpässe sowie mehr Unabhängigkeit von ausländischen Lieferanten.
Der NZIA sieht jedoch kaum neue Finanzmittel zur Industrieförderung vor; auch deshalb sehen die Grünen das Gesetz kritisch. Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen, bezeichnet es als verpasste Chance. Bei einem Rededuell von Table.Briefings entgegnete Christian Ehler, man werde es mit öffentlichen Mitteln nicht schaffen, Transformationsprozesse zu finanzieren. “Nur wenn wir in Europa den Energiebinnenmarkt vertiefen und es auf dem Kapitalmarkt endlich gleiche Verhältnisse gibt, sodass es für internationale Kapitalgeber attraktiv ist, wird es funktionieren.”
Wie geht es mit dem Green Deal weiter? Konkrete Aussagen dazu finden sich in den Parteiprogrammen zur Wahl kaum. Auf dem Zettel steht allerdings das neue EU-Klimaziel für 2040, das die Kommission vorgeschlagen hat: Minus 90 Prozent. Das dazugehörige Gesetzespaket wird die wesentliche klimapolitische Aufgabe der nächsten Kommission und des nächsten Parlaments sein. Es soll nach bisherigen Planungen frühestens im ersten Halbjahr 2025 unter der polnischen Ratspräsidentschaft vorgelegt werden.
Michael Bloss setzt sich für einen Green Industrial Deal in der nächsten Legislatur ein, mit dem der Wirtschaftsstandort Europa geschützt wird und auch die Klimaziele für 2030, 2040 und 2050 erreichbar bleiben. Christian Ehler von der EVP wünscht sich von der neuen Kommission weniger Regulierungsvorhaben und stattdessen mehr Steuerung über marktwirtschaftliche Instrumente wie den europäischen Emissionshandel.
Für die Zukunft will der grüne Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold das Zurückdrehen des Green Deal mit einem neuen Gesetzespaket verhindern. “Wir brauchen ein Fit-for-Near-Zero Package“, sagte er Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Jacques Delors Centres und der Stiftung KlimaWirtschaft in Berlin.
“Der Green Deal ist noch nicht vollendet und er muss weiter Priorität haben“, so der ehemalige EU-Abgeordnete weiter. Alles andere würde “nicht nur dem Klima, sondern auch unserer Wirtschaft schaden”.
In einem entscheidenden Punkt richtet sich Giegold mit seinem Vorstoß gegen die französische Regierung und ihre Verbündeten im Rat: “Für Deutschland ist klar, dass das nächste Gesetzespaket auch wieder Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz enthalten muss. Beide werden einen Großteil der Treibhausgas-Minderung übernehmen”, sagte der Staatssekretär.
Paris strebt dagegen nur noch ein Ziel für “dekarbonisierte Energie” an, die auch Kernenergie umfassen würde. Zum Treffen der Energieminister im vergangenen Dezember hatte Frankreich zusammen mit zehn weiteren EU-Staaten ein entsprechendes Papier verfasst, um Einfluss auf die Klimagesetze für 2040 zu nehmen.

Der Beschluss der COP28 in Dubai zur Abkehr von fossilen Energien (“transitioning away from fossil fuels”) war nicht das Ende, sondern der Anfang der Debatte um den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. Das wird sich auch beim diesjährigen Petersberger Klimadialog in Berlin zeigen. Denn die COP-Formulierung war bewusst unscharf formuliert, um widerstreitende Interessen unter einen Hut zu bringen.
Unklar ist aber auch, wie dieser “Übergang weg von den Fossilen” umzusetzen ist. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) reicht es nicht, wenn die Nachfrage-Seite weniger fossile Brennstoffe verbrennt – auch die Förderstaaten müssten ihre Produktion in den nächsten Jahren und Jahrzehnten drosseln.
Als Reaktion darauf sammeln die Öl- und Gasproduzenten schon heute ökologische und ökonomische Argumente, um den Ausstieg herauszuzögern: Norwegen argumentiert beispielsweise damit, Öl und Gas müsse besonders emissionsarm gefördert werden. Saudi-Arabien hingegen bewirbt seine Förderung mit niedrigen Kosten. Doch die Importeure haben ihrerseits auch Instrumente, um den Ausstieg zu beschleunigen und die negativen Folgen für Produzentenländer abzufedern.
Doch wer darf wie lange noch Öl und Gas produzieren und verkaufen? Die Antwort darauf hängt von den Kriterien ab, die dafür in dieser politisch-ökonomischen Debatte angelegt werden. In der Diskussion zeichnen sich drei Gruppen ab:
Zu den “saubersten” Produzenten gehören Norwegen und viele Golfstaaten wie Saudi-Arabien, Kuwait, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Norwegen hat strikte Regeln, um Methan-Lecks in der Produktion zu vermeiden und das klimaschädliche Treibhausgas aufzufangen. Die Golfstaaten hingegen können relativ sauber produzieren, weil ihre Vorkommen nahe an der Oberfläche liegen, sodass weniger Energie benötigt wird, um sie zu fördern.
Die Golfstaaten gehören auch zur zweiten Kategorie: den Förderstaaten mit besonders geringen Kosten. Weil ihre Vorkommen nahe an der Oberfläche liegen, ist die Produktion vergleichsweise günstig und energiesparend. Zudem befinden sich die Vorhaben meist in großen Lagerstätten – anders als beispielsweise beim Fracking sind die Explorationskosten also viel geringer. Auch Transportkosten und Steuern sind in Saudi-Arabien sehr gering.

Besonders abhängig von den fossilen Einnahmen sind hingegen Entwicklungs- und Schwellenländer mit Öl- und Gasproduktion. Diese Staaten würden durch den Wegfall von Staatseinnahmen bei einem Förderausstieg am meisten verlieren. Zu diesen Produzenten gehören Nigeria, Venezuela, Angola, Republik Kongo, Tschad, Gabun, Äquatorial-Guinea und Ost-Timor (siehe Grafik unten).
Aber auch die Golfstaaten sowie Algerien und Aserbaidschan gehören zu den Ländern, die viel zu verlieren haben. Der bevorstehende “Höhepunkt der Öl- und Gasnachfrage sollte die Petrostaaten dazu veranlassen, Investitionen in neue Förderung zu hinterfragen”, schreiben die Analysten von Carbon Tracker.

Andere Stimmen wie die zivilgesellschaftliche Koalition hinter dem Civil Society Equity Review argumentieren mit der historischen Verantwortung, die sich nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch beim Ausstieg aus den Fossilen zeigen müsse. Denn schließlich, so das Argument, profitieren viele Staaten schon lange Zeit von Öl- und Gaseinnahmen. Je wohlhabender ein Staat und je geringer die Abhängigkeit von fossilen Einnahmen, desto früher müsste er aussteigen, fordern die Autoren des Equity Review.
“Die Vereinigten Staaten, Norwegen, Australien und das Vereinigte Königreich müssen die Förderung fossiler Brennstoffe bis Anfang der 2030er-Jahre beenden”, schreiben die Autoren dieser Studie. Reiche Staaten und historische Verschmutzer müssten die weniger wohlhabenden Aussteiger finanziell unterstützen, meinen die Vertreter der Zivilgesellschaft. Denn: “Länder, die in hohem Maße von der Förderung abhängig sind, werden Zeit brauchen, um ihre Gesellschaften von fossilen Brennstoffen zu lösen und neue Volkswirtschaften aufzubauen”, so das Argument.
Laut IEA könnten – logischerweise – nicht alle Produzenten zu den “letzten Überlebenden” gehören, die möglichst lange Öl und Gas fördern. Werde die Entscheidung den Marktkräften überlassen, würde das günstigste Öl und Gas bis zuletzt produziert. Würden Importeure hingegen die Förderung in Entwicklungs- und Schwellenländern bevorzugt behandeln, könnte das für diese Produzentenstaaten nicht sehr rentabel sein: Die weltweit abnehmende Nachfrage würde die Preise so stark sinken lassen, dass die hohen Förderkosten nicht mehr gedeckt werden könnten, so die IEA.
Die öl- und gasfördernden Entwicklungs- und Schwellenländer gehören in jeder Konstellation zu den ersten und großen Verlierern des Ausstiegs aus fossilen Energien. Der Thinktank Carbon Tracker schlägt daher vor, “die Just Energy Transition Partnerships (JETP) zum Ausstieg aus der Kohleverstromung auch auf Öl- und Gasförderer auszuweiten, um die notwendige Veränderung” der Wirtschaftsstrukturen der von Öl und Gas abhängigen Staaten zu finanzieren. Mit ausländischer Unterstützung könnten die Ökonomien diversifiziert werden, damit die negativen Folgen des fossilen Ausstiegs für die Staatsfinanzen abgefedert werden.
Laut IEA könnten auch andere Wirtschaftspotenziale der von Öl und Gas abhängigen Staaten aktiviert werden. Viele der Staaten hätten auch große Potenziale für die Produktion von erneuerbaren Energien. Mit finanzieller Unterstützung könnten sie sich in Wertschöpfungsketten für saubere Energien wie grünen Wasserstoff und emissionsarme Industrieproduktion etablieren.
Die Importstaaten haben zudem mehrere Instrumente, um zu einer “saubereren” Förderung von Öl und Gas beizutragen. Immerhin verursachen Produktion, Transport und Weiterverarbeitung von Öl und Gas laut IEA fast 15 Prozent der weltweiten energiebezogenen Treibhausgasemissionen.
Große Importeure könnten demnach:
25. April, 17 Uhr, Berlin
Podiumsdiskussion Wasserextreme als Folge des Klimawandels – Herausforderungen für unsere Gesellschaft
Bei der Podiumsdiskussion in der Landesvertretung von Baden-Württemberg wird über die Auswirkungen von Hoch- und Niedrigwasser-Ereignissen sowie mögliche Anpassungsmaßnahmen diskutiert. Infos
25. und 26. April
Konferenz Petersberger Klimadialog
Beim traditionellen Petersberger Klimadialog sondieren 40 Staaten mögliche Ergebnisse des kommenden Verhandlungsjahres. Bei dem Dialog werden traditionell die diesjährigen Klimaverhandlungen vorbereitet, die im Juni in Bonn und im November bei der COP29 in Baku, Aserbaidschan, stattfinden. Infos
26. April, 8.30 Uhr, Arnstadt
Weiterbildung Neue Energie – Exkursion zur Firma Agrokraft
Die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen bietet diese Exkursion als Auftakt der Seminarreihe “Neue Energie” zusammen mit der Volkshochschule Arnstadt an. Infos
26. bis 27. April, Berlin
Konferenz Bürgerenergie Konvent 2024
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) veranstaltet unter dem Motto “10 Jahre BBEN – so viel Energie wie noch nie!” den Bürgerenergie Konvent mit einer Vielzahl an Programmpunkten. Infos
26. bis 28. April, Lübeck
Messe GO.GRØØN – Messe für Nachhaltiges und Faires
Die Messe in Lübeck bringt Impulsvorträge mit Kulturveranstaltungen zu den Themen Klima und Nachhaltigkeit zusammen. Infos
27. April, online
Aktionstag Tag der Klimademokratie
Ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Akteuren bringt zum “Tag der Klimademokratie” Bürgerinnen und Bürger mit Abgeordneten des Bundestags zusammen, damit über kritische Fragen der Klimakrise diskutiert werden kann. Infos
28. bis 30. April, Turin
Ministertreffen G7 Climate, Energy and Environment ministerial
Ein Treffen der G7-Minister zu Energie und Klima in Turin. Infos
29. April, 19 Uhr, Online
Webinar Rechtspopulistische Parteien in der Umweltpolitik in Europa – was kommt mit der Europawahl auf uns zu?
Der BUND organisiert dieses Webinar, das sich damit beschäftigt, welche Klima- und Umweltagenda rechtspopulistische Parteien in Europa haben. Infos
30. April, 18 Uhr, Berlin
Diskussion Kann die Marktwirtschaft das Klima retten?
Auf der Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung diskutiert Ulrike Herrmann mit Jens Spahn darüber, ob marktwirtschaftliche Ansätze geeignet sind, um den Herausforderungen der Klimakrise zu begegnen. Infos
2. Mai, 11 Uhr, Online
Webinar Welche Reformen braucht das Strommarktdesign?
Der Bundesverband Erneuerbare Energien veranstaltet zur Plattform Klimaneutrales Stromsystem eine Diskussion darüber, welche Reformen im Strommarktdesign nötig sind. Infos
Während die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland seit Jahresbeginn wegen der gestrichenen Kaufprämie im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind, verzeichnet die Branche global weiterhin kräftiges Wachstum. Das geht aus dem “Global EV Outlook 2024” der Internationalen Energieagentur hervor, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Im ersten Quartal dieses Jahres lagen die Verkaufszahlen von E-Autos (inklusive Plug-In-Hybriden) demnach um 25 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Der Marktanteil von Elektroautos unter den Neuzulassungen dürfte den IEA-Zahlen zufolge in diesem Jahr in China auf 45 Prozent steigen; in der EU werden 25 Prozent erwartet und in den USA elf Prozent. Weltweit gesehen liegt der Anteil damit bei 18 Prozent. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern sind die absoluten Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen noch gering, doch teilweise wurden zuletzt starke Steigerungsraten verzeichnet: So hat sich die Zahl der verkauften E-Autos in Thailand von 2021 bis 2023 etwa verzehnfacht, in Indien verfünffacht und in Brasilien verdreifacht.
Um die globalen Zahlen weiter zu steigern, ist dem IEA-Bericht zufolge vor allem eine andere Modellpolitik der Hersteller erforderlich: Um einen echten Massenmarkt zu schaffen, würden günstigere Fahrzeuge gebraucht. Bisher seien zwei Drittel der verfügbaren Modelle große Fahrzeuge, SUVs oder Sportwagen, kritisiert die IEA. Von staatlicher Seite komme es weniger auf die finanzielle Unterstützung von E-Autos an als auf die Schaffung der richtigen Voraussetzungen, vor allem einer guten Lade-Infrastruktur. mkr
Ob das Klimaschutzgesetz wie geplant an diesem Freitag vom Bundestag aufgeweicht werden kann, ist offen: Thomas Heilmann, Jurist, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Klima-Union, hat am Mittwoch vor dem Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die Verabschiedung beantragt. Er kritisiert, dass zu wenig Zeit bleibe, um über die Änderungen der Koalitionsfraktionen am Regierungsentwurf zu beraten. Der Antrag war am Freitag als Entwurf vorgelegt und erst an diesem Mittwoch offiziell eingereicht worden. Es gehe um zentrale und komplexe Fragen des Klimaschutzes, sagte Heilmann. “Das können wir nicht in dieser Eile machen.” Die Zeitplanung der Koalition sei “schlicht unzumutbar”.
Mit einem ähnlichen Antrag hatte Heilmann im vergangenen Sommer erreicht, dass das Gebäudeenergiegesetz nicht wie geplant vor der Sommerpause verabschiedet werden konnte, sondern erst danach. Er zeigte sich am Mittwoch optimistisch, auch diesmal Erfolg zu haben. “Die Verfahrensfehler beim Klimaschutzgesetz halte ich für noch gravierender, als sie beim Heizungsgesetz waren”, sagte er. Bereits am Dienstag hatte Heilmann gegenüber Table.Briefings eine Klage für den Fall angekündigt, dass die Koalition keine neue Sachverständigenanhörung zulasse. Neben dem Zeitplan kritisiert der CDU-Abgeordnete auch die Inhalte des neuen Gesetzes. Es führe dazu, dass die aktuelle und die nächste Regierung keinerlei Maßnahmen vornehmen müssten, um die Einhaltung der Klimaziele nach 2030 sicherzustellen.
Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, begrüßte die Klage. “Gut, dass sich Thomas Heilmann gegen das Hauruckverfahren bei der Novelle des Klimaschutzgesetzes wehrt und damit sowohl den Klimaschutz als auch die Rechte des Parlaments verteidigt”, erklärte er. Vertreter der Regierungsfraktionen wiesen die Kritik hingegen zurück. “Da im Gesetzentwurf nur marginale Änderungen vorgenommen wurde, gibt es keinen triftigen Grund, die abschließende Abstimmung am Freitag nicht durchzuführen”, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler zu Table.Briefings. Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, erklärte, es handle sich um ein “ganz normales Verfahren”.
Zunächst gab es die Sorge, dass ein Erfolg Heilmanns beim KSG auch Auswirkungen auf ein weiteres Gesetz haben könnte: Denn neben dem Klimaschutzgesetz steht am Freitag auch die Verabschiedung des Solarpakets 1 auf der Tagesordnung des Bundestags. Die FDP-Fraktion hatte ihre Zustimmung zum Solarpaket intern an die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes geknüpft, die zuvor von den Grünen blockiert worden war. Beim Solarpaket gibt es aber großen Zeitdruck, denn in dessen Entwurf wurde auch ein Absatz aufgenommen, mit dem bisher ausgewiesene Windgebiete zu Vorranggebieten im Sinne der EU-REDD III-Richtline erklärt werden, was für die Windbranche extrem wichtig ist. Dafür gibt es eine Frist bis Mitte Mai, die wegen der notwendigen Zustimmung des Bundesrats nur gehalten werden kann, wenn das Gesetz noch diese Woche verabschiedet wird.
Heilmann wies die Verantwortung für ein mögliches Scheitern des Solarpakets am Dienstag zurück. Falls Karlsruhe die Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes stoppe, “wären ja nicht die Grünen vertragsbrüchig, sondern es wäre so etwas wie höhere Gewalt”, sagte er. “Darum wäre es unverantwortlich, deswegen auch das Solarpaket scheitern zu lassen.” Das sieht offenbar auch die FDP so: Aus Koalitionskreisen hieß es am Abend, dass das Solarpaket unabhängig von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am Freitag verabschiedet werden soll. mkr
Vor dem G7-Treffen der Klima-, Energie- und Umweltminister vom 28. bis 30. April in Turin zeigt ein neuer Bericht des Forschungsinstituts Climate Analytics: Die reichsten Industriestaaten erreichen bis 2030 voraussichtlich gerade einmal die Hälfte der Treibhausgasreduktion, die für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze nötig wäre. Kein Land der G7-Gruppe, zu der auch Deutschland, Frankreich, die USA und Italien gehören, würde seine Reduktionsziele für 2030 schaffen.
Bestehende Maßnahmen könnten die Emissionen demnach bis 2030 lediglich um 19 bis 33 Prozent verringern. Doch als Ziel hatten sich die G7 eine Reduktion von 40 bis 42 Prozent gesetzt. Für das 1,5-Grad-Ziel sei gar eine Reduktion von 58 Prozent notwendig, verglichen mit dem Basisjahr 2019. “Ein solcher Mangel an Ehrgeiz ist nicht das notwendige Führungssignal der reichsten Länder der Welt, die rund 38 Prozent der Weltwirtschaft ausmachen und für 21 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen im Jahr 2021 verantwortlich waren”, kritisieren die Experten im Bericht.
Angesichts dessen fordern sie die G7-Länder auf, ihre jeweiligen Ziele für 2030 zu überprüfen, um sie mit der 1,5-Grad-Grenze in Einklang zu bringen. Mit Blick auf die für das Jahr 2035 zu bestimmenden Klimaziele sei zudem der ideale Zeitpunkt für Änderungen, darunter:
Das EU-Parlament hat in seiner letzten Sitzungswoche vor den Europawahlen für den Austritt der Staatengemeinschaft aus dem Energiecharta-Vertrag gestimmt. “Endlich haben internationale fossile Investoren keine Möglichkeiten mehr, ordentliche Gerichte zu übergehen und Klimapolitik mit außergerichtlichen Klagen anzugreifen”, sagte die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini.
Als letzter Schritt müssen die Mitgliedstaaten den Austritt noch mit qualifizierter Mehrheit beschließen. Die Abstimmung findet voraussichtlich im Mai statt. Mit einer Annahme wird gerechnet, denn schon im März hatte sich der Rat für den Ausstieg ausgesprochen.
Ein Jahr nach der Notifizierung wird der Ausstieg in Kraft treten, der Investorenschutz bleibt dann jedoch noch weitere 20 Jahre bestehen. Die EU verhandelt derzeit nach Angaben der NGO PowerShift ein Abkommen, um diese Möglichkeit einzuschränken. Der EU-Beschluss sieht aber auch vor, dass Mitgliedstaaten weiter über einen Verbleib in dem Vertrag entscheiden können. Deutschland ist bereits ausgetreten.
Die internationale Energiecharta schützt die Interessen von Investoren in anderen Staaten, die Vertragspartner der Charta sind. Derzeit laufen laut PowerShift noch Verfahren, etwa gegen die Besteuerung von Übergewinnen von Kraftwerken und gegen den deutschen Steinkohleausstieg. ber
Nach Ansicht der Umweltorganisation Urgewald ließe sich der ökonomische Druck auf Russland deutlich erhöhen, wenn die EU den Import und Handel mit russischem LNG verbieten würde. Nach einer solchen Maßnahme stünde das wichtigste russische Exportterminal Sabetta vor massiven logistischen Problemen.
“Fielen die nahegelegenen EU-Häfen und -Gewässer als Ziele und Umschlagplätze aus, würden die Transportwege für russisches Gas aus der Arktis deutlich länger und teurer. Aufgrund der sehr begrenzten Anzahl an verfügbaren Schiffen wäre Russland darüber hinaus nicht mehr in der Lage, die aktuellen Mengen zu exportieren“, schreibt Energie-Campaigner Sebastian Rötters in einem neuen Briefing von Urgewald.
Nach einer Urgewald-Auswertung von Schiffsdaten sind die Anlandungen von russischem LNG in der EU von 23 auf 31 Millionen Tonnen gestiegen, seit Russland vor zwei Jahren die Ukraine überfallen hat. Ohne Eisbrecher-Tanker der Arc7-Klasse seien weder das Terminal Sabetta auf der Yamal-Halbinsel noch das Ausbauprojekt Arctic LNG2 wirtschaftlich zu betreiben. Zudem würden 20 Prozent des in die EU verschifften LNGs in der Staatengemeinschaft umgeladen und vor allem nach China exportiert.
Urgewald fordert deshalb verschärfte Sanktionen der EU:
Die USA hätten den Exporteur Novatek mit Sanktionen gegen Arctic LNG2 bereits in die Defensive gezwungen. Allerdings ist unklar, ob EU-Sanktionen die Exporte wirklich komplett unterbinden würden. Laut einem Reuters-Bericht gibt es für Novatek ein alternatives Exportterminal in der Region Murmansk, die im Winter eisfrei bleibt. ber
Soll der Strom in der EU bis 2040 vollständig aus erneuerbaren Energien kommen? Soll Fliegen teurer werden? Sollen Kommunen und Regionen mehr finanzielle Förderung bekommen, um klimaneutral zu werden und sich an Klimafolgen anzupassen?
Das sind drei von insgesamt 22 Fragen auf der Webseite klimawahlcheck.eu, die deutsche Klima- und Naturschutzverbände für die Europawahl am 9. Juni erstellt haben. Damit können interessierte Bürgerinnen und Bürger ihre eigenen klimapolitischen Positionen mit den Wahlprogrammen von CDU, SPD, FDP, Grünen, Linkspartei und AfD vergleichen.
Grundlage für die Bewertung der Parteipositionen war ein Kriterienkatalog, der auf den klimapolitischen Forderungen der Klima-Allianz Deutschland, zu der 150 NGOs gehören, und dem NABU basiert. Mitgewirkt haben zudem die Umweltorganisation Protect the Planet und der Dachverband Deutscher Naturschutzring (DNR). ae