wir haben es fast geschafft! Das Jahr geht zu Ende, die Ampel auch und wir schicken Ihnen heute den letzten Climate.Table für 2024. Was für ein Jahr liegt hinter uns – Extremwetter mit Hitzerekorden und Waldbränden, Extrem-Wahlergebnisse wie in den USA, Höchststände beim Ausbau der Erneuerbaren, Tiefpunkte in der Klimadiplomatie in Baku und so vieles mehr.
Wir schauen trotzdem nicht zurück, sondern konzentrieren uns auf die Gegenwart, die die Zukunft bestimmen wird: Wir bieten Ihnen heute eine kleinteilige Auflistung der klimapolitischen Vorstellungen, mit denen die wichtigsten Parteien zur Bundestagswahl antreten. Denn der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail. Wie nah oder fern von der Realität diese Forderungen sind, darum kümmern wir uns ab Januar mit einer Reihe von Faktenchecks, versprochen.
Zu Weihnachten bieten wir Ihnen noch einen anderen Service: Falls Sie unterm Weihnachtsbaum auf Klimawandel-Leugnerinnen und -leugner treffen, haben wir ein paar Tipps, wie man mit Menschen sprechen kann, die anders denken und fühlen und ihre eigenen Fakten glauben wollen. Das könnte die Stimmung beim Fest des Friedens vielleicht etwas entschärfen.
Außerdem haben wir von Table.Briefings noch ein Geschenk für Sie: Ab kommendem Samstag, dem 21. Dezember, erscheint unser neuer CEO.Table mit Informationen und Geschichten aus der Welt der Wirtschaft, die natürlich auch laufend die Klimakrise abbilden werden. Informationen über unser neues Angebot erhalten Sie hier. Und falls Sie den CEO.Table nicht erhalten möchten, können Sie sich hier abmelden.
Wir jedenfalls gönnen jetzt Ihnen und uns eine kleine Pause. Wir danken für Anregung und Aufregung im vergangenen Jahr und für Ihre Zeit und Aufmerksamkeit. Es war für uns manchmal ein wilder Ritt, aber dafür beklagt sich auch niemand über Langeweile. Wir freuen uns darauf, im Januar mit voller Kraft weiterzumachen. Am 2. Januar sind wir pünktlich wieder da, mit den Ausblicken ins Klimajahr 2025.
Ihnen eine friedliche Weihnachtszeit und einen gesunden Jahreswechsel
Eines der heiß debattierten Themen im Bundestagswahlkampf wird der Bereich Energie und Klima sein. Aber anders als bei der letzten Wahl 2019, als Deutschland unter dem Einfluss der “Fridays for Future”-Demonstrationen und der Unwetterkatastrophe im Ahrtal stand, zeigt sich bisher im beginnenden Wahlkampf wenig Wettstreit um die anspruchsvollste Klimapolitik – sondern in vielen Fällen eher eine Abwehr von ehrgeizigen Plänen und Maßnahmen. Teilweise propagieren die Parteien unter dem Eindruck von Inflation, Wirtschaftskrise und Populismus auch einen Stopp oder ein Zurückdrehen der klimapolitischen Entscheidungen der letzten Jahre.
Ein Vergleich der Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, wie sie bis Redaktionsschluss vorlagen, orientiert sich an den zentralen Themen der Klimapolitik. Die anderen Parteien wurden hier nicht berücksichtigt, weil ihre Programme noch nicht ausführlich vorliegen, sie wegen fehlender Koalitionsmöglichkeiten kaum Einfluss auf die nächste Regierung haben werden – oder aber wie die AfD die Relevanz der Klimakrise schlichtweg leugnen.
Ein erster Vergleich zeigt diesen Überblick zu den jeweiligen Themen:
Weihnachten ist das Fest der Familie. Dabei kommt es vor dem Weihnachtsbaum aber möglicherweise auch zu Gesprächen, die nicht immer angenehm sind. Wie kann oder soll man also reagieren, wenn Onkel, Tanten oder andere Menschen das Lied von der großen Klimaverschwörung singen? Gibt es Möglichkeiten, Fakten erfolgreich zu verteidigen, Unwahrheiten zu entlarven und womöglich die Klimaleugner in der Verwandtschaft von der überaus unangenehmen Wahrheit der globalen Erwärmung zu überzeugen?
Eine Handreichung auf der Website Klimafakten.de für den gelassenen Umgang mit Klimaleugnern in der Familie kann da weiterhelfen. Allerdings: Ein Patentrezept existiert leider nicht. Jedoch besteht die Möglichkeit, einige Fehler zu vermeiden, Fallstricke zu bedenken und die Erwiderungen an die Verwandtschaft geschickter zu verpacken.
Die selbstgestellte Falle schnappt immer wieder zu: Wann immer möglich, klatscht man dem Gegenüber gern mit Verve die – aus der eigenen Sicht – ultimative Studie zum Thema vor den Latz. Die aber prallt möglicherweise an den inneren Sperrwerken des anderen ab, sie interessiert ihn gar nicht, er erzählt seinerseits von irgendwelchen Studien, die ihm in den Kram passen.
Lange Zeit glaubten viele an das sogenannte Informations-Defizit-Modell: Demzufolge glauben Menschen an Unwahrheiten oder sträuben sich gegen Fakten, weil sie einfach nicht über alle relevanten Informationen verfügen. Nach und nach aber mussten Psychologen einsehen, dass es Meinungen von Menschen nicht maßgeblich beeinträchtigt, wenn man sie mit Fakten versorgt. Informationsdefizite aufzufüllen, änderte in Studien die Haltung der Teilnehmer zu umstrittenen Themen so gut wie gar nicht.
Ähnlich wie etwa in der Migrationsfrage ändern korrekte Zahlen kaum Ängste. Diese speisen sich aus Gefühlen, aus Emotionen – nicht aus Fakten. Da haust also irgendwo ein Unbehagen, das von Fakten und Informationen unbeeinträchtigt bleibt. Dasselbe gilt im Fall der Klimathematik. Es sind diese Emotionen, dieses Unbehagen, mit dem man es zu tun hat. An diese Gefühle muss man als motivierter Debattenteilnehmer heran, wenn man etwas erreichen möchte.
Fazit: Nur Fakten aufzuzählen, wird die Meinung der klimaleugnenden Verwandtschaft nicht drehen. Man muss an die Emotionen rühren. Trotzdem bleiben Fakten relevant: Es ist natürlich wichtig, sich selbst halbwegs auszukennen, weil die lauten Onkel und Tanten sonst triumphierend über einen herfallen werden und jede Lücke genüsslich zerpflücken.
Das Buffett ist fast leer, zwei letzte Speisen liegen dort noch: ein Grünkernbratling und ein fluffiger Pfannkuchen mit Ahornsirup. Wozu greifen die meisten Menschen? Was für eine Frage! Der Bratling ist vernünftig, aber eine geschmackliche Zumutung, der süße Pfannkuchen nicht vernünftig, dafür eine absolute Verführung.
Vielleicht ist es hilfreich, sich Informationen ähnlich vorzustellen. Es gibt Aussagen, denen will man gern glauben, die sind lecker. Und dann sind da Informationen, bei denen man sich fragt: Muss ich das wirklich glauben? Der Klimawandel ist in diesem Fall der Bratling: eine wirklich unangenehme, beängstigende, schreckliche Wahrheit. Die Apokalypse steht vor der Tür, und dafür soll man verzichten – auf Autos, auf Reisen, auf Fleisch und zig andere Dinge, die das Leben bequem und angenehm machen.
Die Gegenerzählung schmeckt hingegen süß wie ein Pfannkuchen mit Ahornsirup: Stimmt ja gar nicht! Alles Panikmache! Kein Grund, Angst zu haben! Ich kann weitermachen wie bisher! Mit anderen Worten: Menschen haben oft ein Motiv, den Klimawandel zu leugnen: die eigene Angst. Wer die Existenz einer Bedrohung negiert, nimmt ihr den gefühlten Schrecken, wenn auch nur für den Moment.
Fazit: Klimaleugner haben in der Regel ein (unbewusstes) Motiv für ihre Haltung. Das sollte einem bewusst sein, wenn man mit lauten Onkels und Tanten debattiert. Statt apokalyptischer Endzeitvisionen sollte man deshalb versuchen, die Herausforderung Klimawandel als Chance zu verkaufen – also die bittere Wahrheit sprichwörtlich mit etwas süßer Soße schmackhafter machen.
In den sogenannten sozialen Netzwerken trommelt ein ununterbrochenes Feuer an Beleidigungen und Belehrungen. Als Beobachter ist es da an der Zeit, einige klare Fragen zu stellen: Wie viele Menschen gewinnt man für sich, indem man sie beschimpft? Wie viele Klimaleugner überzeugt man vom Gegenteil, indem man sie Deppen nennt? Die Antwort ist sonnenklar: Selbstverständlich gewinnt man niemanden, wenn man wütend schreit.
Wer wirklich überzeugen möchte, der sucht nach Gemeinsamkeiten. Der versucht, eine Basis des Vertrauens herzustellen und betont zum Beispiel auf bewegende Weise, dass man zusammengehöre, ähnliche Ängste habe und gern helfen wolle, dass das gemeinsame Boot nicht absäuft. So nervig die erweiterte Familie auch sein mag, sie stellt in diesem Szenario eine Basis dar, auf der sich eine fruchtbare Diskussion entwickeln könnte. Schließlich ist man miteinander verwandt und teilt allein dadurch etwas.
Es ist also klug, gelassen und freundlich zu bleiben, wenn man bei einem Familienfest mit klimaleugnenden Onkeln, Tanten oder bei Partys mit entsprechenden Freunden diskutiert. Man kann jedenfalls nicht diskutieren oder jemanden überzeugen, wenn man einander nicht ausstehen kann – und wenig hassen Menschen mehr, als die moralische Verurteilung durch andere.
Fazit: Freundschaft hat die Kraft, Meinungen zu verändern. Deswegen gilt es, stets freundlich und gelassen zu bleiben. So schwer das auch ist. Geschrei jedoch führt nicht ans Ziel, sondern entfernt Menschen und Meinungen noch weiter voneinander.
Gelegentlich bleibt einem die Luft weg, wenn intelligente Menschen die wildesten Behauptungen raushauen. Geschichten über große Verschwörungen – sie sind im Kontext des Klimawandels ja oft zu hören – sind in der Regel bizarre Räuberpistolen. Noch schwerer ist es aber, mit Halbwahrheiten umzugehen, in denen oft sogar mehr als ein Fünkchen Realität enthalten ist. So oder so: Unwahrheiten müssen als solche in einer Diskussion benannt und zurückgewiesen werden.
So weit, so banal. Es folgt das Aber: Damit ist es nicht getan. Es reicht nicht, Fehlinformationen als solche zu kennzeichnen. Denn sie sind dann immer noch da, quasi auf der internen Festplatte der Zuhörer gespeichert, und von dort aus kriechen sie langsam zurück.
Psychologen haben dieses Phänomen “belief perseverance” getauft. Forscher haben festgestellt, dass Menschen zum Beispiel auf Erklärungen zurückgreifen, von denen sie selbst wissen, dass sie falsch sind. Die Quintessenz dieser Studien lautet, dass man alternative Erklärungen bieten muss, um Fehlinformationen nachhaltig zu bekämpfen. Um einen falschen Zusammenhang zu entkräften, muss der tatsächliche Zusammenhang erzählt werden, damit er die Leerstelle der widerlegten Falschinformation füllen kann – und zwar anschaulich und lebendig.
Fazit: “Stimmt nicht” zu brüllen, reicht nicht. Es ist wichtig, eine Gegenversion der Dinge zu schildern und zu entwerfen. Menschen lieben Erklärungen und hassen Ungewissheit. Und eine falsche Erklärung finden sie immer noch besser als gar keine.
Die Maßeinheit ppm oder das berühmte Zwei-Grad-Limit: Was bedeutet das eigentlich? Wie kann man das fühlen? Und ist das irgendwas Schönes? Die Diskussion über den Klimawandel und über dessen Folgen krankt auch daran, dass es so schrecklich schwer ist, die vielen abstrakten Daten, Fakten und Überlegungen in eine spannende Geschichte zu packen. Das aber muss geschehen, um zweifelnde Onkel, Tanten und andere Leute zu erreichen. Der Mensch ist ein Geschichtenwesen. Seit Anbeginn der Sprache haben sich unsere Vorfahren die Welt in Form von Märchen, Erzählungen, Liedern und Geschichten erklärt. So ist das auch heute, und das steht nüchternen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern oft im Weg.
Anekdoten seien keine Daten, aus Einzelbeobachtungen lasse sich nichts ablesen, sagen sie dann. Zu Recht. Doch um Menschen zu berühren, muss man ihnen Geschichten erzählen – am besten solche, die zu den Daten passen. Daten müssen zu Anekdoten werden. Erzählen wir unseren Onkeln und Tanten Geschichten spannender Einzelschicksale, von gewagten Lösungsansätzen, von großen Ideen und gemeinsamen Visionen, statt auf Dingen wie dem Zwei-Grad-Limit oder Ähnlichem herumzureiten.
Denn auch das muss dem ehrlichen Diskutanten klar sein: Er tritt mit seinen Argumenten gegen Geschichten an, die meist ziemlich eingängig sind. Genau das sind die meisten Verschwörungstheorien und auch die milderen Varianten der Leugnung. Sie verwenden eine der ältesten und wirksamsten Formen von Erzählungen: Ein Bösewicht (die Eliten, irgendeine andere finstere Macht) wirft ein dunkles Netz an Lügen (Klimawandelgeschichte) aus, um die Menschheit zu unterjochen (sie wollen Geld verdienen), aber nur eine kleine Minderheit an besonders schlauen Menschen (klar, da gehöre ich dazu) kommt ihnen auf die Schliche. Dagegen ist mit Zahlen nicht anzukommen, es braucht Geschichten.
Fazit: Wir sollten Geschichten erzählen und auf Anekdoten setzen, um Klimawandelleugner (und auch andere Menschen) zu gewinnen. Idealerweise sind das Geschichten, die zu den Daten passen, und in denen es Bösewichte sowie Helden und ein Happy End gibt.
Wer Kinder hat, kennt die Warum-Fragen, die einen oft an den Rand der Verzweiflung bringen. Diese Verzweiflung speist sich zum einen daraus, dass die Fragen einfach nicht mehr aufhören; viel schmerzhafter aber ist es, dass viele dieser Wissbegierden einen schlicht an die Grenze bringen. “Papa, warum ist der Himmel blau?” Wie erklärt man das nun einem Fünfjährigen und wie war das noch mal genau?
Fragen verfügen oft über mehr Kraft als Antworten – und das nutzen wir für die Diskussion mit unseren mittlerweile bekannten nervigen Verwandten. Statt ihnen nur zu widersprechen, haken wir nach, fragen nach Details, bitten um Erklärungen. Wenn jemand zum Beispiel mal wieder darüber redet, dass die Medien alle gelenkt und bezahlt würden, um die Mär vom Klimawandel zu verbreiten, dann fragen wir mal nach. Wie funktioniert das denn eigentlich? Wer gibt den Auftrag? Wer legt fest, wie die Botschaft genau ausformuliert wird? Wer bezahlt wen, woher stammt das Geld eigentlich, und so als Journalist, wo beantragt man denn diese Gelder? Wie organisiert man eigentlich eine weltweite Verschwörung, so dass die ganze Welt daran glaubt und so gut wie niemand ausschert?
Das Konzept eines Trommelfeuers aus kindlichen Warum-Fragen ist sogar wissenschaftlich überprüft: Wenn Probanden starke Meinungen kundtaten, zum Beispiel zu Steuersystemen oder andere elend komplizierte Angelegenheiten, und sich in der Befragung als sehr kompetent bezeichneten, dann konnte man ihre Gewissheit dadurch erschüttern, dass man sie das Steuersystem etc. genau erklären ließ. Sie merkten dann plötzlich, wie wenig sie tatsächlich wussten. Die Sache hat aber auch einen Haken: Die ständigen Nachfragen schlagen auf die Laune der Gelöcherten, besonders wenn man sie an die Grenzen ihres Wissens führt. Mit anderen Worten: Die Onkel und Tanten werden irgendwann recht wütend sein.
Fazit: Wilde Behauptungen verlangen hartnäckige Rückfragen. Je selbstgewisser jemand eine Haltung zu einem komplexen Zusammenhang äußert, desto penetranter fragen wir nach Details. Aber Achtung: Vielleicht sollte das erst gegen Ende eines Abends geschehen, denn es wird der Laune nicht guttun.
Kann man Betonköpfe überzeugen? Kann man Verschwörungstheoretiker wie den Vegan-Koch Attila Hildmann argumentativ erreichen, der in Corona-Zeiten eine Mischung aus antisemitischen Verschwörungen, Mobilfunkpanik, Impfgegnergeschichten und anderen vollkommen wilden Dingen verbreitete? Ein klares: Nein. Worum es aber geht: Figuren wie Hildmann das Publikum auszuspannen. Dafür zu sorgen, dass Zweifler und Unentschiedene nicht auf seine Seite rutschen und sich ebenfalls in Verschwörungsdenken verschanzen.
Das gilt auch für unser hypothetisches Familientreffen: Sagen wir, Onkel Ludwig und Tante Elisabeth sind unverbesserlich, alle wissen, dass sie so ticken und denken. Nichts kann sie erschüttern. Und doch ist es wichtig, mit den beiden in den argumentativen Ring zu steigen.
Warum? Weil es gar nicht um sie geht, sondern um alle anderen, die ebenfalls am Tisch sitzen und zuhören. Wer sich also auf einem Familienfest mit verbohrten Hardlinern auseinandersetzt, hat nicht deren Überzeugung zum Ziel. Das wäre zu hoch gegriffen. Er kämpft vielmehr dafür, dass die Betonköpfe nicht noch mehr Leute am Tisch auf ihre Seite ziehen. Es geht darum, der Verführungsmacht der Klimaleugnung etwas entgegenzusetzen, um die unsicheren Geister nicht zu verlieren.
Fazit: Wer es mit unverbesserlichen Betonköpfen zu tun hat, diskutiert dennoch, auch wenn er diese niemals von ihrer Version der Wahrheit abbringen wird. Denn er richtet sich in Wahrheit an all jene Zuhörer, die noch unentschieden sind und für Unwahrheiten eventuell empfänglich sein könnten. Wer kommuniziert, sollte sich immer fragen: Mit wem beziehungsweise für wen eigentlich?
Autor: Sebastian Herrmann. Der Text ist die gekürzte Version eines Artikels, der zuerst auf der Seite klimafakten.de veröffentlicht wurde. Dort finden sich auch wissenschaftliche Quellen zum Weiterlesen.
20. Dezember, 11 Uhr, Online
Briefing BWE-Policy Briefing
Der Bundesverband Windenergie informiert zu der energiepolitischen Situation in Deutschland. Infos
14. Januar, 9 Uhr, Online
Webinar Klima kompakt – Das müssen KMU wissen zu Energieeffizienzmaßnahmen und verfügbaren Fördermitteln
Welche Energieeffizienzmaßnahmen sind sinnvoll und welche Fördermittel gibt es dafür? Darum geht es bei diesem Webinar. Die Veranstaltungsreihe “Klima kompakt” der Handelskammer richtet sich an mittelständische Unternehmer, die ihr Unternehmen zukunftsorientiert und klimafreundlich transformieren möchten. Infos
9. Januar, 17.30 Uhr, Berlin
Buchvorstellung Demokratie und Klimaschutz
Sowohl die Klimaaktivistin Luisa Neubauer als auch der Zeit-Journalist Bernd Ulrich und Cameron Abadi vom US-amerikanischen Magazin Foreign Policy haben sich in ihren Büchern mit der Frage auseinandergesetzt, wie Demokratien die Klimakrise bewältigen können. Wie kann das Notwendige politisch möglich gemacht werden? Die Veranstaltung wird von der Heinrich-Böll-Stiftung organisiert. Infos
17. bis 26. Januar, Berlin
Messe Internationale Grüne Woche
Die Grüne Woche ist eine der traditionsreichsten Messen Deutschlands und eine der führenden Veranstaltungen weltweit in den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Die Messe ist zudem Austragungsort für das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) organisierte Global Forum for Food and Agriculture (GFFA). Es gibt auch zahlreiche Protest- und Gegenveranstaltungen zur Grünen Woche, beispielsweise von der Heinrich-Böll-Stiftung. Infos
21. Januar, 18 Uhr, Online
Diskussion Macht Klimaschutz das Wohnen unbezahlbar?
Im Gespräch mit der Klima- und Energieexpertin Elisabeth Staudt soll es um die scheinbaren Widersprüche zwischen Klima- und sozialen Zielen gehen. Die Veranstaltung wird von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert. Infos
21. bis 23. Januar, Berlin
Konferenz Handelsblatt Energiegipfel 2025
Unter dem Motto “Raus aus dem Krisenmodus – Wie die Energiewende zum Erfolg wird” diskutieren verschiedene Akteure auf dem Energiegipfel des Handelsblatts. Infos
22. Januar, 9.45 Uhr, Online
Forum Deutsch-französisches Energieforum: Entwicklungsperspektiven für das europäische Strommarktdesign
Was sind die Kernpunkte der europäischen Strommarktreform und wie soll sie umgesetzt werden? Um diese und ähnliche Fragen geht es bei der Veranstaltung. Das Forum wird vom deutsch-französischen Büro für die Energiewende in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem französischen Ministerium für den ökologischen Wandel, Energie, Klima und Risikoprävention und dem Auswärtigen Amt organisiert. Infos
28. Januar, 12 Uhr, Brüssel
Diskussion Financing the EU Energy Transition and European Competiveness – can the two co-exist?
Auf der Podiumsdiskussion von Euractiv wird darüber diskutiert, wie Wettbewerbsfähigkeit und die Energiewende in Europa gleichzeitig vorangetrieben werden können. Infos
28. Januar, 17 Uhr, Hamburg/Online
Vortragsreihe Zukunft, Klima, Demokratie – Klimaschutz vor Gericht
In der Veranstaltungsreihe “Zukunft. Klima. Demokratie.” diskutiert das Bürgerbegehren Klimaschutz mit Gästen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik verschiedene Mittel und Wege, die sowohl die Demokratie stärken, als auch den Klimaschutz fördern können. In dieser Veranstaltung spricht Luisa Schneider vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen e. V. über Klimaschutz vor Gericht. Infos
Wie viel Steuergeld und private Investitionen in Energiewende und Klimaschutz fließen: das war das große Thema im Jahr 2024. Interessant ist hier auch der Blick darauf, wie sich die privaten Spenden aus Stiftungen und von Privatpersonen entwickeln. In seinem fünften Bericht zu “Klimaschutz-Philantropie” listet der Thinktank climateworks diese Finanzflüsse auf: Insgesamt flossen 2023 zwischen 9,3 und 15,8 Milliarden US-Dollar an Wohltätigkeitsgeldern in Maßnahmen zur CO₂-Reduktion – 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Diese Summe stellt demnach etwa zwei Prozent aller wohltätigen Spenden weltweit dar, die 885 Milliarden US-Dollar ausmachten. Von diesem Klimageld kamen 4,8 Milliarden von Stiftungen, zwischen knapp fünf und elf Milliarden werden den schwieriger zu erfassenden Einzelspenden zugerechnet.
Seit 2019 haben sich die Klima-Ausgaben der Stiftungen von 1,7 auf 4,8 Milliarden fast verdreifacht. Die Grafik zeigt, wie über die vergangenen fünf Jahre die gesamten Stiftungsmittel von insgesamt etwa 16 Milliarden US-Dollar über die Regionen und Sektoren verteilt wurden. Sie fließen laut Analyse vor allem in die Bereiche saubere Energie, Wälder und Landwirtschaft/Ernährung. Viele Ressourcen werden auch investiert, um die Rahmenbedingungen für Klimaschutz zu verbessern, etwa durch Lobbyarbeit, bessere Diplomatie und Regierungsführung sowie nachhaltige Finanzen. Auch auf die Bekämpfung von einzelnen Treibhausgasen wie Methan wurde viel Aufmerksamkeit gelegt.
Allerdings zeigen sich bei den Investitionen der Stiftungen ähnliche Tendenzen wie bei den Investitionen der Privatwirtschaft: Obwohl sich die Stiftungsmittel für Afrika, Südostasien und Lateinamerika im Schnitt etwa verdoppelten, sind diese Regionen relativ abgehängt. Sie bekommen gemeinsam nur etwa 20 Prozent der Mittel – während 60 Prozent der Finanzierung in die USA und Europa flossen. Und auch bei der Kernfinanzierung von Klima-Aktivitäten wurden Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen mit 14 Prozent der Mittel deutlich weniger bedacht als Aktivitäten in den reichen Ländern Europas oder der USA (etwa ein Drittel). bpo
Der Weltbiodiversitätsrat IPBES fordert in einem neuen Bericht tiefgreifende Veränderungen, um den Biodiversitätsschwund aufzuhalten und umzukehren. Nachhaltige Ansätze könnten bis 2030 weltweit zehn Billionen US-Dollar generieren und 395 Millionen Arbeitsplätze sichern, heißt es in einer “Zusammenfassung für Politikschaffenden“, die am Montag auf der IPBES-Vollversammlung veröffentlicht wurde. Demnach hängen rund 15 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts direkt von der Natur ab – und sind somit gefährdet.
Für Solveig Richter, Professorin für Internationale Beziehungen und transnationale Politik an der Universität Leipzig, betont der Bericht “sehr deutlich die Verknüpfung und gegenseitige Verstärkung der verschiedenen Krisen zum Umweltschutz, insbesondere Klimawandel und Verlust der Biodiversität“. Deshalb sei der geforderte transformative Wandel nur möglich, “wenn sich diese Kopplung auch in umfassenden und ganzheitlichen politischen Maßnahmen wiederfindet”.
Hierfür schlägt der IPBES-Bericht fünf Schlüsselstrategien vor, die vor allem die Umgestaltung der Sektoren Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Infrastruktur und Stadtentwicklung betreffen:
Betont wird zudem das 30×30-Ziel der Biodiversitätskonferenz COP15, wonach bis zum Jahr 2030 rund 30 Prozent der weltweiten Land-, Wasser- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden sollen. Für den Bericht haben mehr als hundert führende Forschende aus 42 Ländern über drei Jahre hinweg etwa 7.000 Studien ausgewertet. Experten kritisieren allerdings, dass darin kausale Mechanismen und konkrete globale Lösungen weitgehend unbehandelt bleiben. lb
90 Prozent Treibhausgasreduktion im Vergleich zu 1990, wie von der EU-Kommission als Klimaziel für 2040 vorgeschlagen, ist für Polen nur “schwer zu akzeptieren”. Das machte Polens Klima- und Umweltministerin Paulina Hennig-Kloska schon vor dem Umweltrat am Mittwoch in Brüssel deutlich. “Wir haben unterschiedliche Ausgangspunkte und historische Gegebenheiten, wir haben unterschiedliche Pro-Kopf-Einkommen – all das sollte bei den Zielen auf dem Weg zur Klimaneutralität berücksichtigt werden.”
Polen übernimmt im Januar den Vorsitz im Rat und wird maßgeblich dafür verantwortlich sein, die Position der Mitgliedstaaten zu verhandeln. Klimakommissar Wopke Hoekstra machte vor den Umweltministern noch einmal klar, dass er schnellstmöglich im kommenden Jahr eine entsprechende Anpassung des EU-Klimagesetzes vorlegen wird. Dies werde ein Emissionsreduktionsziel von 90 Prozent beinhalten.
Polen ist in den vergangenen Jahren zu einem der Treiber der europäischen Clean-Tech-Industrie geworden: 60 Prozent der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien in der EU kommen aus Polen. Das Land ist der zweitgrößte Batterieexporteur weltweit nach China, wie ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht zeigt.
Auch beim Ausbau der Erneuerbaren ist Warschau weit vorne: 2023 wurden rund fünf Milliarden Euro in Offshore-Windkraftanlagen investiert – der zweithöchste Wert in der EU. Wind- und Solarenergie erzeugten vergangenes Jahr 21 Prozent des polnischen Stroms, gegenüber 16 Prozent im Vorjahr. Investitionen in Polens Übergang zu Netto-Null-Technologien lagen 2023 bei 13 Milliarden Euro – ein Drittel mehr als im Vergleich zum Vorjahr und 20 Mal höher als 2017.
Der zweitgrößte polnische Stromversorger Tauron Polska Energia will zudem bis Ende des Jahrzehnts auf Kohlekraft verzichten und bis 2040 klimaneutral werden. Das berichtete Bloomberg am Dienstag. Das Staatsunternehmen will bis 2035 insgesamt 23 Milliarden Euro in die Netzinfrastruktur und erneuerbare Energien investieren. 2023 betrug Kohlestrom noch 86 Prozent im Strommix von Tauron Polska Energia. Polen könnte Analysen zufolge bis 2032 vollständig frei von Kohlestrom sein. luk
Die weltweite Nachfrage nach Kohle ist nach Schätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) in diesem Jahr so hoch wie noch nie. Sie legt demnach um ein Prozent auf 8,77 Milliarden Tonnen zu. In den nächsten drei Jahren wird die Kohlenachfrage laut IEA ein Plateau erreichen und im Jahr 2027 bei etwa 8,87 Milliarden Tonnen liegen.
Bei der Entwicklung der Kohlenachfrage gibt es der Energieagentur zufolge weiterhin große Unterschiede zwischen Industrie- und Schwellenländern. Während die Nachfrage in der EU in diesem Jahr um zwölf Prozent und in den USA um fünf Prozent sinkt, legt sie in China um ein Prozent und in Indien um fünf Prozent zu. Auch in Vietnam und Indonesien legt der Kohleverbrauch stark zu. In China, das 30 Prozent mehr Kohle verbraucht als der Rest der Welt zusammen, wird der Ausbau erneuerbarer Energien und der Bau von Kernkraftwerken dazu beitragen, den Anstieg des Kohleverbrauchs bis 2027 zu begrenzen.
Die IEA räumt allerdings große Unklarheiten bei den Prognosen ein. Allein in China könnte der Kohleverbrauch im Jahr 2027 bis zu 140 Millionen Tonnen über oder unter der Schätzung liegen, weil sich das Wetter nicht genau abschätzen lässt, aber immense Auswirkungen auf die Stromproduktion aus Solar-, Wind- und Wasserkraft hat.
Der Kohlepreis ist nach der russischen Invasion der Ukraine zwar wieder gesunken, befindet sich laut IEA aber immer noch rund 50 Prozent über dem Niveau von 2017 bis 2019. “Kohleexporteure machen immer noch große Gewinne”, so die IEA. dpa/nib
Japan will bis zum Jahr 2040 seinen Strommix zu 40 bis 50 Prozent aus erneuerbaren Energien und zu 20 Prozent aus Kernenergie gewinnen. Dies geht aus einem Entwurf des Industrieministeriums zur Überarbeitung der Energiepolitik hervor. Im Vorjahr lag der Anteil der Erneuerbaren noch bei 22,9 Prozent und der Anteil der Kernkraft bei 8,5 Prozent. 36 bis 38 Prozent Erneuerbare sind einem aktuellen Plan zufolge für das Jahr 2030 geplant.
Thermische Energie, insbesondere aus ineffizienten Kohlekraftwerken, soll von 68,6 Prozent im Jahr 2023 auf 30 bis 40 Prozent im Jahr 2040 sinken, wobei der Entwurf der Energiepolitik keine Angaben zur Aufteilung von Kohle, Gas und Öl macht. Anders als der aktuelle Energieplan bis 2030 enthält der neue Plan keine Zielzahlen zur Mitverbrennung von neuen Brennstoffen wie Wasserstoff oder Ammoniak (“Co-Firing”).
Der neue Energieplan ist allerdings weiterhin nicht mit der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels vereinbar. Laut Analyse von Climate Analytics müsste der Anteil von Kohle und Gas ohne CO₂-Abscheidung (“unabated”) im Jahr 2040 bei null bis zwei Prozent liegen, damit Japan seinen Anteil zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze leistet. Die Erneuerbaren müssten dann rund 80 Prozent zum Strommix beitragen.
Mehrere Befürworter erneuerbarer Energien haben den Entwurf kritisiert und darauf hingewiesen, dass ein Fahrplan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung fehlt. Mika Ohbayashi, Direktor des Instituts für erneuerbare Energien, wies auch auf den geringen Zielanteil für Windenergie hin, der zwischen vier und acht Prozent liegt, verglichen mit 20 Prozent für die Kernkraft. Es wird erwartet, dass der Energieplan Anfang nächsten Jahres fertiggestellt und vom Kabinett genehmigt wird. nib/rtr
Das kürzliche Scheitern des Kraftwerksicherheitsgesetzes könnte den Kohleausstieg wesentlich verzögern, sofern die nächste Bundesregierung nicht schnell eine Neuauflage des Gesetzes verabschiedet. Dies befürchtet Philipp Godron, Programmleiter Strom beim Thinktank Agora Energiewende: “Soll der Kohleausstieg bis 2030 umgesetzt werden bedeutet dies, dass die kommende Bundesregierung innerhalb der ersten Monate nach Amtsantritt eine entsprechende Gesetzesgrundlage schaffen muss”, so Godron gegenüber Table.Briefings.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte den Gesetzentwurf in der vergangenen Woche zurückgezogen, da er keine Mehrheit im Bundestag dafür erwartete. Der Entwurf enthielt unter anderem Finanzierungsregelungen für neue Gaskraftwerke, die später auf “grünen” Wasserstoff umgerüstet werden sollten. Solche Kraftwerke sind laut BMWK nötig, um die erneuerbare Stromversorgung auch während wind- und sonnenarmer Perioden verlässlich zu garantieren. Bislang übernehmen diese Aufgabe zu einem großen Teil CO₂-intensive Kohlekraftwerke.
Habeck selbst äußerte nach dem Ende seines Gesetzes Zweifel, dass der Kohleausstieg 2030 noch ohne Risiken für die Energieversorgung gelingen kann. Die Ampelregierung hatte geplant, die Verstromung von Kohle “idealerweise” im Jahr 2030 zu beenden.
Eine Verzögerung würde laut Godron teuer: “Dadurch sind nicht nur höhere Stromkosten zu befürchten”, so der Energieexperte, “sondern auch höhere CO₂-Emissionen” der Kohlekraftwerke. Der Preis dieser Emissionen wird durch den europäischen CO₂-Handel in den nächsten Jahren voraussichtlich stark steigen. Hinzu kämen staatliche Zuschüsse für die Kraftwerks-Reservehaltung.
Einen anderen Weg schlägt der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vor. Anstatt einer Neuauflage des Kraftwerkssicherheitsgesetzes brauche es in der nächsten Legislatur ein “Flexibilitätspaket”. Statt zentraler Großkraftwerke sollten Anreize für flexiblen Stromverbrauch und dezentrale Stromspeicher helfen. Kleinere Kraftwerke – etwa Biogasanlagen – könnten die notwendige Absicherung eines weiter ausgebauten Wind- und Sonnenstromangebots übernehmen. Die kleineren Anlagen seien “nicht nur wesentlich günstiger, sondern auch klimafreundlich und dezentral verankert”, so BEE-Präsidentin Simone Peter. av
Das Wachstum der Photovoltaik in der EU hat sich nach Branchenangaben in diesem Jahr abgeschwächt und braucht weitere politische Unterstützung, um die europäischen Ausbauziele sicher zu erreichen. Bis Ende des Jahres erwartet SolarPower Europe 65,5 Gigawatt neu installierte PV-Leistung, im Vorjahr waren es noch 62,8 GW und 2022 rund 41 GW. Damit sei das Wachstum von 53 auf gut 4 Prozent zurückgegangen, heißt es im neuen Marktbericht für 2024-2028. Nach Angaben des Verbands kommen damit Sondereffekte durch die hohen Energiepreise während der Energiekrise zum Erliegen.
Das Ziel aus REPowerEU von 750 GW installierter Leistung bis zum Ende des Jahrzehnts hält SolarPower Europe immer noch für erreichbar. “Wenn wir unsere Prognosen aber so schnell senken müssen wie zuletzt, könnten wir das Ziel für 2030 um etwa 100 Gigawatt verfehlen“, sagte der Datenexperte des Verbands, Michael Schmela. “Wir können uns für die Energiewende nicht nur auf Marktkräfte verlassen. Wir brauchen einen passenden politischen Rahmen“, sagte der Leiter Politik, Dries Acke.
Von zentraler Bedeutung hält Acke einen EU-Aktionsplan für Batterien, wie ihn auch das Bundeswirtschaftsministerium am Montag beim Energierat gefordert hatte. Bei Ausschreibungen für Systemdienstleistungen etwa seien Batterien immer noch benachteiligt. Ein weiteres Mittel gegen Zwangsabschaltungen sieht der Verband im Elektrifizierungsplan, den die Kommission angekündigt hat. Die stellvertretende Generaldirektorin für Energie, Mechthild Wörsdörfer, dämpfte allerdings die Hoffnungen. Für Technologien wie Speicher und Lastmanagement brauche es zunächst keine neuen Gesetzesvorschläge. ber
Die bisherige Erderwärmung hat den Tropensturm “Chido”, der am Wochenende die französische Inselgruppe Mayotte verwüstete, mehr als 40-mal wahrscheinlicher gemacht und ihn zu einem Sturm der Kategorie 4 anwachsen lassen – ohne den Klimawandel hätte er nur Kategorie 3 erreicht. Hauptgrund dafür seien die erhöhten Ozeantemperaturen, zeigt eine Schnellanalyse des Imperial College London.
Eine weitere Schnellanalyse von Climate Central zu den ungewöhnlich warmen Ozeantemperaturen bestätigt die Ergebnisse: Demnach habe der Klimawandel den Sturm sogar mehr als 50-mal wahrscheinlicher gemacht, weil die Gewässer, aus denen der Sturm seine Energie zieht, 1,1 Grad wärmer waren als ohne Klimawandel. In den letzten Jahren wurden insgesamt drei von vier Extremwetterereignissen aufgrund der menschengetriebenen Erderwärmung intensiver und wahrscheinlicher, zeigte erst kürzlich eine Auswertung von Carbon Brief.
Der Sturm Chido, der am Sonntag über das französische Übersee-Département nahe Madagaskar fegte, erreichte eine Geschwindigkeit von bis zu 225 Kilometern pro Stunde, elf mehr als ohne Klimawandel. Im betroffenen Gebiet leben rund 300.000 Menschen. Genauere Todeszahlen dürften erst in den nächsten Tagen feststehen; es werden hunderte Tote befürchtet. “Die Opfer von Armut sind auf Mayotte zu Opfern des Klimawandels geworden”, sagte Friederike Otto, Mitgründerin der Initiative World Weather Attribution am Imperial College London.
Anfang Oktober hatte eine Studie im Fachmagazin Nature vor den “indirekten Opfern” tropischer Zyklone gewarnt. Während kurz nach Auftreten im Durchschnitt rund 24 Todesopfer von den Behörden gemeldet werden, sterben in den Folgejahren aufgrund eines Zyklons 7.000 bis 11.000 Menschen – vor allem durch Suizid, plötzlichen Kindstod, Diabetes oder als Folge von cardiovaskulären sowie stressbedingten Erkrankungen. lb
DeSmog: Trumps Unterstützer aus der fossilen Lobby. Seit seinem Wahlsieg hat der designierte US-Präsident Donald Trump sein Kabinett mit konservativen Ideologen besetzt, die den Fortschritt im Kampf gegen den Klimawandel und bei der Umstellung auf sauberere Energieformen um Jahrzehnte zurückwerfen könnten. Viele von Trumps Kandidaten werden von Personen und Organisationen unterstützt, die gegen effektiven Klimaschutz auftreten. Dazu gehören Fracking-Milliardäre und mächtige konservative Organisationen wie das America First Policy Institute und die Alliance for Responsible Citizenship. Zum Artikel
New York Times: Bäume auf Ackerflächen können Kaskadeneffekte auslösen. Viele Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität und zum Schutz des Klimas haben keinen ganzheitlichen Ansatz, da die Probleme isoliert betrachtet und angegangen werden. Ein Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES betont die Bedeutung von Maßnahmen, die Kaskadeneffekte auslösen könnten. So trägt beispielsweise eine wohlüberlegte Anordnung von Bäumen auf Ackerland gleichzeitig zur Verbesserung der Biodiversität, des menschlichen Wohlbefindens und zum Klimaschutz bei. Zum Artikel
Euractiv: Tschechien will Beginn des ETS-2 verschieben. Die Tschechische Republik wird sich dafür einsetzen, die Erweiterung des EU-Emissionshandels (ETS-2) bis mindestens 2028 zu verschieben. Nach den aktuellen Plänen soll das System, das den Handel mit CO₂-Zertifikaten auf den Straßenverkehr und die Gebäudeheizung ausweiten soll, ab 2027 gelten. Die tschechische Regierung plant, die Verschiebung zu nutzen, um das System so anzupassen, dass es einen stärkeren Schutz vor steigenden Energiepreisen bietet. Zum Artikel
Frankfurter Rundschau: Klimaschutz als rechtes Feindbild. In einem Gastbeitrag zeigen Vivianne Rau und Lara Möllney auf, dass sich der Rechtspopulismus nicht nur gegen eine Politik wendet, die den Klimawandel bekämpfen will. Die AfD nutze auch das Thema Klimaanpassung, um einen völkischen Natur- und Heimatschutz und einen “neuen Regionalismus” zu propagieren. Den Autorinnen zufolge sei sowohl Klimaschutz als auch Klimaanpassung aber nur im internationalen Rahmen möglich. Zum Artikel
Als zweitgrößter Ölproduzent der Welt sorgt Saudi-Arabien bei Klimaverhandlungen häufig für Konflikte. Das Land, das äußerst diplomatisch vorgeht, verlangsamt und blockiert die Klimaverhandlungen. Gelingen tut dies, indem es komplizierte und weniger bekannte Regeln des Prozesses nutzt, Einwände zu scheinbar trivialen Fragen und Verfahrensregeln erhebt und wissentlich nicht akzeptable Vorschläge vorlegt. Ein Vorgehen, das andere Länder frustriert.
Als Klimabeauftragter ist al-Jubeir Teil des saudischen Verhandlungsteams, führt es aber nicht an. Er könnte als Karrierediplomat und Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten einige neue Perspektiven in das saudische Verhandlungsteam einbringen, das überwiegend aus Mitarbeitern aus dem Energieministerium besteht, welches auch das Verhandlungsmandat innehat.
Al-Jubeir agiert stets höflich und geduldig. Auf die Entscheidung der COP28 angesprochen, sich von fossilen Brennstoffen zu verabschieden, spricht er über die Bedürfnisse der Entwicklungsländer und die Endlichkeit der fossilen Brennstoffe, schweigt aber über die zentrale Rolle von Öl und Gas für die saudische Wirtschaft: “Wir haben seit den 1980er-Jahren argumentiert, dass die Welt alternative Energiequellen finden muss, weil Öl eine endliche Ressource ist. Es ist nur eine bestimmte Menge vorhanden, und man kann nur eine bestimmte Menge fördern. In der Zwischenzeit wird die weltweite Nachfrage nach Energie in dem Maße steigen, wie sich die Länder entwickeln, wie sie versuchen, ihren Lebensstandard zu verbessern, und man kann den Ländern nicht die Möglichkeit verweigern, zu wachsen.”
Wenn man al-Jubeir um eine klare Antwort auf die Frage bittet, ob Saudi-Arabien den 2023 in Dubai geschmiedeten UAE Consensus aufkündigt, weicht er aus: “Fragen Sie den Energieminister”, bevor er hinzufügt: “Natürlich steht Dubai”. Zur Frage, ob Saudi-Arabien den UAE-Consensus auch umsetzen wird, lässt er allerdings alle im Unklaren. Es ist leicht zu verstehen, warum das Haus Saud diesen Mann als Klimabeauftragten des Königreichs ausgewählt hat.
Mit einer Ausbildung, die ihn von Saudi-Arabien über Deutschland bis in die USA führte (er hat einen Master in Internationalen Beziehungen von der Georgetown University), ist al-Jubeir als höchster Diplomat bestens gerüstet. Er trat 1987 in den saudischen diplomatischen Dienst ein und war lange Zeit in den USA tätig, zunächst als Assistent des saudischen Botschafters Prinz Bandar bin Sultan. Im Jahr 2007 wurde al-Jubeir selbst Botschafter in den USA, bis er 2015 von König Salman zum Außenminister ernannt wurde. Damit war er erst die zweite Person in diesem Amt, die nicht aus dem Hause Saud kommt.
Nachdem der saudische Journalist Jamal Khashoggi 2018 auf grausame Weise ermordet wurde, wurde al-Jubeir als Außenminister abgesetzt. Ein Schritt, der weithin als Degradierung angesehen wird. Diese Sicht erwies sich jedoch als übertrieben. Jene, die mit der saudischen Politik vertraut sind, sagen, dass al-Jubeir durch seine Absetzung keineswegs an Einfluss verloren hat.
Im Jahr 2022 wurde al-Jubeir dann per königlichem Dekret zum Klimabeauftragten ernannt. Für Saudi-Arabien ist Klimapolitik zu einer Schlüsselkomponente der Außenpolitik geworden. Denn während das saudische Verhandlungsteam überwiegend aus dem Energieministerium stammt, ist der Klimabeauftragte al-Jubeir Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten und somit weiterhin Teil des Außenministeriums.
Mit seiner Erfahrung und seinem Geschick, turbulente und schwierige Situationen zu meistern, ist al-Jubeir eine passende Wahl als Klimabeauftragter. Für ihn ist es nicht das erste Mal, dass er mit schwierigen Sachverhalten konfrontiert wird. Nach den Anschlägen vom 11. September war es al-Jubeir, der eingesetzt wurde, um sich mit Fragen zu und Kritik an Saudi-Arabien auseinanderzusetzen. In zahllosen Fernsehauftritten, Interviews, Vorträgen an Universitäten und in Gesprächen mit Organisationen der Zivilgesellschaft und Unternehmen reagierte er beispielsweise auf Fragen, warum so viele der Attentäter aus Saudi-Arabien stammten.
Al-Jubeir ist ein wesentlicher Bestandteil des internationalen Engagements des saudischen Königreichs, insbesondere im Hinblick auf die USA. So war er maßgeblich am Aufbau des strategischen Dialogs zwischen den USA und Saudi-Arabien sowie an vielen wegweisenden diplomatischen Bemühungen und Initiativen beteiligt – zum Beispiel an der Operation Restore Hope, den multilateralen Rüstungskontrollgesprächen und der Madrider Friedenskonferenz. Er verfügt über enge Beziehungen zu Gesetzgebern in wichtigen Ländern und zu Medien und Thinktanks, auf die Saudi-Arabien bei den Verhandlungen in der umstrittenen Arena multilateraler Umweltregelungen setzt. Urmi Goswami
wir haben es fast geschafft! Das Jahr geht zu Ende, die Ampel auch und wir schicken Ihnen heute den letzten Climate.Table für 2024. Was für ein Jahr liegt hinter uns – Extremwetter mit Hitzerekorden und Waldbränden, Extrem-Wahlergebnisse wie in den USA, Höchststände beim Ausbau der Erneuerbaren, Tiefpunkte in der Klimadiplomatie in Baku und so vieles mehr.
Wir schauen trotzdem nicht zurück, sondern konzentrieren uns auf die Gegenwart, die die Zukunft bestimmen wird: Wir bieten Ihnen heute eine kleinteilige Auflistung der klimapolitischen Vorstellungen, mit denen die wichtigsten Parteien zur Bundestagswahl antreten. Denn der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail. Wie nah oder fern von der Realität diese Forderungen sind, darum kümmern wir uns ab Januar mit einer Reihe von Faktenchecks, versprochen.
Zu Weihnachten bieten wir Ihnen noch einen anderen Service: Falls Sie unterm Weihnachtsbaum auf Klimawandel-Leugnerinnen und -leugner treffen, haben wir ein paar Tipps, wie man mit Menschen sprechen kann, die anders denken und fühlen und ihre eigenen Fakten glauben wollen. Das könnte die Stimmung beim Fest des Friedens vielleicht etwas entschärfen.
Außerdem haben wir von Table.Briefings noch ein Geschenk für Sie: Ab kommendem Samstag, dem 21. Dezember, erscheint unser neuer CEO.Table mit Informationen und Geschichten aus der Welt der Wirtschaft, die natürlich auch laufend die Klimakrise abbilden werden. Informationen über unser neues Angebot erhalten Sie hier. Und falls Sie den CEO.Table nicht erhalten möchten, können Sie sich hier abmelden.
Wir jedenfalls gönnen jetzt Ihnen und uns eine kleine Pause. Wir danken für Anregung und Aufregung im vergangenen Jahr und für Ihre Zeit und Aufmerksamkeit. Es war für uns manchmal ein wilder Ritt, aber dafür beklagt sich auch niemand über Langeweile. Wir freuen uns darauf, im Januar mit voller Kraft weiterzumachen. Am 2. Januar sind wir pünktlich wieder da, mit den Ausblicken ins Klimajahr 2025.
Ihnen eine friedliche Weihnachtszeit und einen gesunden Jahreswechsel
Eines der heiß debattierten Themen im Bundestagswahlkampf wird der Bereich Energie und Klima sein. Aber anders als bei der letzten Wahl 2019, als Deutschland unter dem Einfluss der “Fridays for Future”-Demonstrationen und der Unwetterkatastrophe im Ahrtal stand, zeigt sich bisher im beginnenden Wahlkampf wenig Wettstreit um die anspruchsvollste Klimapolitik – sondern in vielen Fällen eher eine Abwehr von ehrgeizigen Plänen und Maßnahmen. Teilweise propagieren die Parteien unter dem Eindruck von Inflation, Wirtschaftskrise und Populismus auch einen Stopp oder ein Zurückdrehen der klimapolitischen Entscheidungen der letzten Jahre.
Ein Vergleich der Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP, wie sie bis Redaktionsschluss vorlagen, orientiert sich an den zentralen Themen der Klimapolitik. Die anderen Parteien wurden hier nicht berücksichtigt, weil ihre Programme noch nicht ausführlich vorliegen, sie wegen fehlender Koalitionsmöglichkeiten kaum Einfluss auf die nächste Regierung haben werden – oder aber wie die AfD die Relevanz der Klimakrise schlichtweg leugnen.
Ein erster Vergleich zeigt diesen Überblick zu den jeweiligen Themen:
Weihnachten ist das Fest der Familie. Dabei kommt es vor dem Weihnachtsbaum aber möglicherweise auch zu Gesprächen, die nicht immer angenehm sind. Wie kann oder soll man also reagieren, wenn Onkel, Tanten oder andere Menschen das Lied von der großen Klimaverschwörung singen? Gibt es Möglichkeiten, Fakten erfolgreich zu verteidigen, Unwahrheiten zu entlarven und womöglich die Klimaleugner in der Verwandtschaft von der überaus unangenehmen Wahrheit der globalen Erwärmung zu überzeugen?
Eine Handreichung auf der Website Klimafakten.de für den gelassenen Umgang mit Klimaleugnern in der Familie kann da weiterhelfen. Allerdings: Ein Patentrezept existiert leider nicht. Jedoch besteht die Möglichkeit, einige Fehler zu vermeiden, Fallstricke zu bedenken und die Erwiderungen an die Verwandtschaft geschickter zu verpacken.
Die selbstgestellte Falle schnappt immer wieder zu: Wann immer möglich, klatscht man dem Gegenüber gern mit Verve die – aus der eigenen Sicht – ultimative Studie zum Thema vor den Latz. Die aber prallt möglicherweise an den inneren Sperrwerken des anderen ab, sie interessiert ihn gar nicht, er erzählt seinerseits von irgendwelchen Studien, die ihm in den Kram passen.
Lange Zeit glaubten viele an das sogenannte Informations-Defizit-Modell: Demzufolge glauben Menschen an Unwahrheiten oder sträuben sich gegen Fakten, weil sie einfach nicht über alle relevanten Informationen verfügen. Nach und nach aber mussten Psychologen einsehen, dass es Meinungen von Menschen nicht maßgeblich beeinträchtigt, wenn man sie mit Fakten versorgt. Informationsdefizite aufzufüllen, änderte in Studien die Haltung der Teilnehmer zu umstrittenen Themen so gut wie gar nicht.
Ähnlich wie etwa in der Migrationsfrage ändern korrekte Zahlen kaum Ängste. Diese speisen sich aus Gefühlen, aus Emotionen – nicht aus Fakten. Da haust also irgendwo ein Unbehagen, das von Fakten und Informationen unbeeinträchtigt bleibt. Dasselbe gilt im Fall der Klimathematik. Es sind diese Emotionen, dieses Unbehagen, mit dem man es zu tun hat. An diese Gefühle muss man als motivierter Debattenteilnehmer heran, wenn man etwas erreichen möchte.
Fazit: Nur Fakten aufzuzählen, wird die Meinung der klimaleugnenden Verwandtschaft nicht drehen. Man muss an die Emotionen rühren. Trotzdem bleiben Fakten relevant: Es ist natürlich wichtig, sich selbst halbwegs auszukennen, weil die lauten Onkel und Tanten sonst triumphierend über einen herfallen werden und jede Lücke genüsslich zerpflücken.
Das Buffett ist fast leer, zwei letzte Speisen liegen dort noch: ein Grünkernbratling und ein fluffiger Pfannkuchen mit Ahornsirup. Wozu greifen die meisten Menschen? Was für eine Frage! Der Bratling ist vernünftig, aber eine geschmackliche Zumutung, der süße Pfannkuchen nicht vernünftig, dafür eine absolute Verführung.
Vielleicht ist es hilfreich, sich Informationen ähnlich vorzustellen. Es gibt Aussagen, denen will man gern glauben, die sind lecker. Und dann sind da Informationen, bei denen man sich fragt: Muss ich das wirklich glauben? Der Klimawandel ist in diesem Fall der Bratling: eine wirklich unangenehme, beängstigende, schreckliche Wahrheit. Die Apokalypse steht vor der Tür, und dafür soll man verzichten – auf Autos, auf Reisen, auf Fleisch und zig andere Dinge, die das Leben bequem und angenehm machen.
Die Gegenerzählung schmeckt hingegen süß wie ein Pfannkuchen mit Ahornsirup: Stimmt ja gar nicht! Alles Panikmache! Kein Grund, Angst zu haben! Ich kann weitermachen wie bisher! Mit anderen Worten: Menschen haben oft ein Motiv, den Klimawandel zu leugnen: die eigene Angst. Wer die Existenz einer Bedrohung negiert, nimmt ihr den gefühlten Schrecken, wenn auch nur für den Moment.
Fazit: Klimaleugner haben in der Regel ein (unbewusstes) Motiv für ihre Haltung. Das sollte einem bewusst sein, wenn man mit lauten Onkels und Tanten debattiert. Statt apokalyptischer Endzeitvisionen sollte man deshalb versuchen, die Herausforderung Klimawandel als Chance zu verkaufen – also die bittere Wahrheit sprichwörtlich mit etwas süßer Soße schmackhafter machen.
In den sogenannten sozialen Netzwerken trommelt ein ununterbrochenes Feuer an Beleidigungen und Belehrungen. Als Beobachter ist es da an der Zeit, einige klare Fragen zu stellen: Wie viele Menschen gewinnt man für sich, indem man sie beschimpft? Wie viele Klimaleugner überzeugt man vom Gegenteil, indem man sie Deppen nennt? Die Antwort ist sonnenklar: Selbstverständlich gewinnt man niemanden, wenn man wütend schreit.
Wer wirklich überzeugen möchte, der sucht nach Gemeinsamkeiten. Der versucht, eine Basis des Vertrauens herzustellen und betont zum Beispiel auf bewegende Weise, dass man zusammengehöre, ähnliche Ängste habe und gern helfen wolle, dass das gemeinsame Boot nicht absäuft. So nervig die erweiterte Familie auch sein mag, sie stellt in diesem Szenario eine Basis dar, auf der sich eine fruchtbare Diskussion entwickeln könnte. Schließlich ist man miteinander verwandt und teilt allein dadurch etwas.
Es ist also klug, gelassen und freundlich zu bleiben, wenn man bei einem Familienfest mit klimaleugnenden Onkeln, Tanten oder bei Partys mit entsprechenden Freunden diskutiert. Man kann jedenfalls nicht diskutieren oder jemanden überzeugen, wenn man einander nicht ausstehen kann – und wenig hassen Menschen mehr, als die moralische Verurteilung durch andere.
Fazit: Freundschaft hat die Kraft, Meinungen zu verändern. Deswegen gilt es, stets freundlich und gelassen zu bleiben. So schwer das auch ist. Geschrei jedoch führt nicht ans Ziel, sondern entfernt Menschen und Meinungen noch weiter voneinander.
Gelegentlich bleibt einem die Luft weg, wenn intelligente Menschen die wildesten Behauptungen raushauen. Geschichten über große Verschwörungen – sie sind im Kontext des Klimawandels ja oft zu hören – sind in der Regel bizarre Räuberpistolen. Noch schwerer ist es aber, mit Halbwahrheiten umzugehen, in denen oft sogar mehr als ein Fünkchen Realität enthalten ist. So oder so: Unwahrheiten müssen als solche in einer Diskussion benannt und zurückgewiesen werden.
So weit, so banal. Es folgt das Aber: Damit ist es nicht getan. Es reicht nicht, Fehlinformationen als solche zu kennzeichnen. Denn sie sind dann immer noch da, quasi auf der internen Festplatte der Zuhörer gespeichert, und von dort aus kriechen sie langsam zurück.
Psychologen haben dieses Phänomen “belief perseverance” getauft. Forscher haben festgestellt, dass Menschen zum Beispiel auf Erklärungen zurückgreifen, von denen sie selbst wissen, dass sie falsch sind. Die Quintessenz dieser Studien lautet, dass man alternative Erklärungen bieten muss, um Fehlinformationen nachhaltig zu bekämpfen. Um einen falschen Zusammenhang zu entkräften, muss der tatsächliche Zusammenhang erzählt werden, damit er die Leerstelle der widerlegten Falschinformation füllen kann – und zwar anschaulich und lebendig.
Fazit: “Stimmt nicht” zu brüllen, reicht nicht. Es ist wichtig, eine Gegenversion der Dinge zu schildern und zu entwerfen. Menschen lieben Erklärungen und hassen Ungewissheit. Und eine falsche Erklärung finden sie immer noch besser als gar keine.
Die Maßeinheit ppm oder das berühmte Zwei-Grad-Limit: Was bedeutet das eigentlich? Wie kann man das fühlen? Und ist das irgendwas Schönes? Die Diskussion über den Klimawandel und über dessen Folgen krankt auch daran, dass es so schrecklich schwer ist, die vielen abstrakten Daten, Fakten und Überlegungen in eine spannende Geschichte zu packen. Das aber muss geschehen, um zweifelnde Onkel, Tanten und andere Leute zu erreichen. Der Mensch ist ein Geschichtenwesen. Seit Anbeginn der Sprache haben sich unsere Vorfahren die Welt in Form von Märchen, Erzählungen, Liedern und Geschichten erklärt. So ist das auch heute, und das steht nüchternen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern oft im Weg.
Anekdoten seien keine Daten, aus Einzelbeobachtungen lasse sich nichts ablesen, sagen sie dann. Zu Recht. Doch um Menschen zu berühren, muss man ihnen Geschichten erzählen – am besten solche, die zu den Daten passen. Daten müssen zu Anekdoten werden. Erzählen wir unseren Onkeln und Tanten Geschichten spannender Einzelschicksale, von gewagten Lösungsansätzen, von großen Ideen und gemeinsamen Visionen, statt auf Dingen wie dem Zwei-Grad-Limit oder Ähnlichem herumzureiten.
Denn auch das muss dem ehrlichen Diskutanten klar sein: Er tritt mit seinen Argumenten gegen Geschichten an, die meist ziemlich eingängig sind. Genau das sind die meisten Verschwörungstheorien und auch die milderen Varianten der Leugnung. Sie verwenden eine der ältesten und wirksamsten Formen von Erzählungen: Ein Bösewicht (die Eliten, irgendeine andere finstere Macht) wirft ein dunkles Netz an Lügen (Klimawandelgeschichte) aus, um die Menschheit zu unterjochen (sie wollen Geld verdienen), aber nur eine kleine Minderheit an besonders schlauen Menschen (klar, da gehöre ich dazu) kommt ihnen auf die Schliche. Dagegen ist mit Zahlen nicht anzukommen, es braucht Geschichten.
Fazit: Wir sollten Geschichten erzählen und auf Anekdoten setzen, um Klimawandelleugner (und auch andere Menschen) zu gewinnen. Idealerweise sind das Geschichten, die zu den Daten passen, und in denen es Bösewichte sowie Helden und ein Happy End gibt.
Wer Kinder hat, kennt die Warum-Fragen, die einen oft an den Rand der Verzweiflung bringen. Diese Verzweiflung speist sich zum einen daraus, dass die Fragen einfach nicht mehr aufhören; viel schmerzhafter aber ist es, dass viele dieser Wissbegierden einen schlicht an die Grenze bringen. “Papa, warum ist der Himmel blau?” Wie erklärt man das nun einem Fünfjährigen und wie war das noch mal genau?
Fragen verfügen oft über mehr Kraft als Antworten – und das nutzen wir für die Diskussion mit unseren mittlerweile bekannten nervigen Verwandten. Statt ihnen nur zu widersprechen, haken wir nach, fragen nach Details, bitten um Erklärungen. Wenn jemand zum Beispiel mal wieder darüber redet, dass die Medien alle gelenkt und bezahlt würden, um die Mär vom Klimawandel zu verbreiten, dann fragen wir mal nach. Wie funktioniert das denn eigentlich? Wer gibt den Auftrag? Wer legt fest, wie die Botschaft genau ausformuliert wird? Wer bezahlt wen, woher stammt das Geld eigentlich, und so als Journalist, wo beantragt man denn diese Gelder? Wie organisiert man eigentlich eine weltweite Verschwörung, so dass die ganze Welt daran glaubt und so gut wie niemand ausschert?
Das Konzept eines Trommelfeuers aus kindlichen Warum-Fragen ist sogar wissenschaftlich überprüft: Wenn Probanden starke Meinungen kundtaten, zum Beispiel zu Steuersystemen oder andere elend komplizierte Angelegenheiten, und sich in der Befragung als sehr kompetent bezeichneten, dann konnte man ihre Gewissheit dadurch erschüttern, dass man sie das Steuersystem etc. genau erklären ließ. Sie merkten dann plötzlich, wie wenig sie tatsächlich wussten. Die Sache hat aber auch einen Haken: Die ständigen Nachfragen schlagen auf die Laune der Gelöcherten, besonders wenn man sie an die Grenzen ihres Wissens führt. Mit anderen Worten: Die Onkel und Tanten werden irgendwann recht wütend sein.
Fazit: Wilde Behauptungen verlangen hartnäckige Rückfragen. Je selbstgewisser jemand eine Haltung zu einem komplexen Zusammenhang äußert, desto penetranter fragen wir nach Details. Aber Achtung: Vielleicht sollte das erst gegen Ende eines Abends geschehen, denn es wird der Laune nicht guttun.
Kann man Betonköpfe überzeugen? Kann man Verschwörungstheoretiker wie den Vegan-Koch Attila Hildmann argumentativ erreichen, der in Corona-Zeiten eine Mischung aus antisemitischen Verschwörungen, Mobilfunkpanik, Impfgegnergeschichten und anderen vollkommen wilden Dingen verbreitete? Ein klares: Nein. Worum es aber geht: Figuren wie Hildmann das Publikum auszuspannen. Dafür zu sorgen, dass Zweifler und Unentschiedene nicht auf seine Seite rutschen und sich ebenfalls in Verschwörungsdenken verschanzen.
Das gilt auch für unser hypothetisches Familientreffen: Sagen wir, Onkel Ludwig und Tante Elisabeth sind unverbesserlich, alle wissen, dass sie so ticken und denken. Nichts kann sie erschüttern. Und doch ist es wichtig, mit den beiden in den argumentativen Ring zu steigen.
Warum? Weil es gar nicht um sie geht, sondern um alle anderen, die ebenfalls am Tisch sitzen und zuhören. Wer sich also auf einem Familienfest mit verbohrten Hardlinern auseinandersetzt, hat nicht deren Überzeugung zum Ziel. Das wäre zu hoch gegriffen. Er kämpft vielmehr dafür, dass die Betonköpfe nicht noch mehr Leute am Tisch auf ihre Seite ziehen. Es geht darum, der Verführungsmacht der Klimaleugnung etwas entgegenzusetzen, um die unsicheren Geister nicht zu verlieren.
Fazit: Wer es mit unverbesserlichen Betonköpfen zu tun hat, diskutiert dennoch, auch wenn er diese niemals von ihrer Version der Wahrheit abbringen wird. Denn er richtet sich in Wahrheit an all jene Zuhörer, die noch unentschieden sind und für Unwahrheiten eventuell empfänglich sein könnten. Wer kommuniziert, sollte sich immer fragen: Mit wem beziehungsweise für wen eigentlich?
Autor: Sebastian Herrmann. Der Text ist die gekürzte Version eines Artikels, der zuerst auf der Seite klimafakten.de veröffentlicht wurde. Dort finden sich auch wissenschaftliche Quellen zum Weiterlesen.
20. Dezember, 11 Uhr, Online
Briefing BWE-Policy Briefing
Der Bundesverband Windenergie informiert zu der energiepolitischen Situation in Deutschland. Infos
14. Januar, 9 Uhr, Online
Webinar Klima kompakt – Das müssen KMU wissen zu Energieeffizienzmaßnahmen und verfügbaren Fördermitteln
Welche Energieeffizienzmaßnahmen sind sinnvoll und welche Fördermittel gibt es dafür? Darum geht es bei diesem Webinar. Die Veranstaltungsreihe “Klima kompakt” der Handelskammer richtet sich an mittelständische Unternehmer, die ihr Unternehmen zukunftsorientiert und klimafreundlich transformieren möchten. Infos
9. Januar, 17.30 Uhr, Berlin
Buchvorstellung Demokratie und Klimaschutz
Sowohl die Klimaaktivistin Luisa Neubauer als auch der Zeit-Journalist Bernd Ulrich und Cameron Abadi vom US-amerikanischen Magazin Foreign Policy haben sich in ihren Büchern mit der Frage auseinandergesetzt, wie Demokratien die Klimakrise bewältigen können. Wie kann das Notwendige politisch möglich gemacht werden? Die Veranstaltung wird von der Heinrich-Böll-Stiftung organisiert. Infos
17. bis 26. Januar, Berlin
Messe Internationale Grüne Woche
Die Grüne Woche ist eine der traditionsreichsten Messen Deutschlands und eine der führenden Veranstaltungen weltweit in den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Die Messe ist zudem Austragungsort für das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) organisierte Global Forum for Food and Agriculture (GFFA). Es gibt auch zahlreiche Protest- und Gegenveranstaltungen zur Grünen Woche, beispielsweise von der Heinrich-Böll-Stiftung. Infos
21. Januar, 18 Uhr, Online
Diskussion Macht Klimaschutz das Wohnen unbezahlbar?
Im Gespräch mit der Klima- und Energieexpertin Elisabeth Staudt soll es um die scheinbaren Widersprüche zwischen Klima- und sozialen Zielen gehen. Die Veranstaltung wird von der Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert. Infos
21. bis 23. Januar, Berlin
Konferenz Handelsblatt Energiegipfel 2025
Unter dem Motto “Raus aus dem Krisenmodus – Wie die Energiewende zum Erfolg wird” diskutieren verschiedene Akteure auf dem Energiegipfel des Handelsblatts. Infos
22. Januar, 9.45 Uhr, Online
Forum Deutsch-französisches Energieforum: Entwicklungsperspektiven für das europäische Strommarktdesign
Was sind die Kernpunkte der europäischen Strommarktreform und wie soll sie umgesetzt werden? Um diese und ähnliche Fragen geht es bei der Veranstaltung. Das Forum wird vom deutsch-französischen Büro für die Energiewende in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, dem französischen Ministerium für den ökologischen Wandel, Energie, Klima und Risikoprävention und dem Auswärtigen Amt organisiert. Infos
28. Januar, 12 Uhr, Brüssel
Diskussion Financing the EU Energy Transition and European Competiveness – can the two co-exist?
Auf der Podiumsdiskussion von Euractiv wird darüber diskutiert, wie Wettbewerbsfähigkeit und die Energiewende in Europa gleichzeitig vorangetrieben werden können. Infos
28. Januar, 17 Uhr, Hamburg/Online
Vortragsreihe Zukunft, Klima, Demokratie – Klimaschutz vor Gericht
In der Veranstaltungsreihe “Zukunft. Klima. Demokratie.” diskutiert das Bürgerbegehren Klimaschutz mit Gästen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik verschiedene Mittel und Wege, die sowohl die Demokratie stärken, als auch den Klimaschutz fördern können. In dieser Veranstaltung spricht Luisa Schneider vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen e. V. über Klimaschutz vor Gericht. Infos
Wie viel Steuergeld und private Investitionen in Energiewende und Klimaschutz fließen: das war das große Thema im Jahr 2024. Interessant ist hier auch der Blick darauf, wie sich die privaten Spenden aus Stiftungen und von Privatpersonen entwickeln. In seinem fünften Bericht zu “Klimaschutz-Philantropie” listet der Thinktank climateworks diese Finanzflüsse auf: Insgesamt flossen 2023 zwischen 9,3 und 15,8 Milliarden US-Dollar an Wohltätigkeitsgeldern in Maßnahmen zur CO₂-Reduktion – 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Diese Summe stellt demnach etwa zwei Prozent aller wohltätigen Spenden weltweit dar, die 885 Milliarden US-Dollar ausmachten. Von diesem Klimageld kamen 4,8 Milliarden von Stiftungen, zwischen knapp fünf und elf Milliarden werden den schwieriger zu erfassenden Einzelspenden zugerechnet.
Seit 2019 haben sich die Klima-Ausgaben der Stiftungen von 1,7 auf 4,8 Milliarden fast verdreifacht. Die Grafik zeigt, wie über die vergangenen fünf Jahre die gesamten Stiftungsmittel von insgesamt etwa 16 Milliarden US-Dollar über die Regionen und Sektoren verteilt wurden. Sie fließen laut Analyse vor allem in die Bereiche saubere Energie, Wälder und Landwirtschaft/Ernährung. Viele Ressourcen werden auch investiert, um die Rahmenbedingungen für Klimaschutz zu verbessern, etwa durch Lobbyarbeit, bessere Diplomatie und Regierungsführung sowie nachhaltige Finanzen. Auch auf die Bekämpfung von einzelnen Treibhausgasen wie Methan wurde viel Aufmerksamkeit gelegt.
Allerdings zeigen sich bei den Investitionen der Stiftungen ähnliche Tendenzen wie bei den Investitionen der Privatwirtschaft: Obwohl sich die Stiftungsmittel für Afrika, Südostasien und Lateinamerika im Schnitt etwa verdoppelten, sind diese Regionen relativ abgehängt. Sie bekommen gemeinsam nur etwa 20 Prozent der Mittel – während 60 Prozent der Finanzierung in die USA und Europa flossen. Und auch bei der Kernfinanzierung von Klima-Aktivitäten wurden Länder mit mittlerem und niedrigem Einkommen mit 14 Prozent der Mittel deutlich weniger bedacht als Aktivitäten in den reichen Ländern Europas oder der USA (etwa ein Drittel). bpo
Der Weltbiodiversitätsrat IPBES fordert in einem neuen Bericht tiefgreifende Veränderungen, um den Biodiversitätsschwund aufzuhalten und umzukehren. Nachhaltige Ansätze könnten bis 2030 weltweit zehn Billionen US-Dollar generieren und 395 Millionen Arbeitsplätze sichern, heißt es in einer “Zusammenfassung für Politikschaffenden“, die am Montag auf der IPBES-Vollversammlung veröffentlicht wurde. Demnach hängen rund 15 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts direkt von der Natur ab – und sind somit gefährdet.
Für Solveig Richter, Professorin für Internationale Beziehungen und transnationale Politik an der Universität Leipzig, betont der Bericht “sehr deutlich die Verknüpfung und gegenseitige Verstärkung der verschiedenen Krisen zum Umweltschutz, insbesondere Klimawandel und Verlust der Biodiversität“. Deshalb sei der geforderte transformative Wandel nur möglich, “wenn sich diese Kopplung auch in umfassenden und ganzheitlichen politischen Maßnahmen wiederfindet”.
Hierfür schlägt der IPBES-Bericht fünf Schlüsselstrategien vor, die vor allem die Umgestaltung der Sektoren Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Infrastruktur und Stadtentwicklung betreffen:
Betont wird zudem das 30×30-Ziel der Biodiversitätskonferenz COP15, wonach bis zum Jahr 2030 rund 30 Prozent der weltweiten Land-, Wasser- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden sollen. Für den Bericht haben mehr als hundert führende Forschende aus 42 Ländern über drei Jahre hinweg etwa 7.000 Studien ausgewertet. Experten kritisieren allerdings, dass darin kausale Mechanismen und konkrete globale Lösungen weitgehend unbehandelt bleiben. lb
90 Prozent Treibhausgasreduktion im Vergleich zu 1990, wie von der EU-Kommission als Klimaziel für 2040 vorgeschlagen, ist für Polen nur “schwer zu akzeptieren”. Das machte Polens Klima- und Umweltministerin Paulina Hennig-Kloska schon vor dem Umweltrat am Mittwoch in Brüssel deutlich. “Wir haben unterschiedliche Ausgangspunkte und historische Gegebenheiten, wir haben unterschiedliche Pro-Kopf-Einkommen – all das sollte bei den Zielen auf dem Weg zur Klimaneutralität berücksichtigt werden.”
Polen übernimmt im Januar den Vorsitz im Rat und wird maßgeblich dafür verantwortlich sein, die Position der Mitgliedstaaten zu verhandeln. Klimakommissar Wopke Hoekstra machte vor den Umweltministern noch einmal klar, dass er schnellstmöglich im kommenden Jahr eine entsprechende Anpassung des EU-Klimagesetzes vorlegen wird. Dies werde ein Emissionsreduktionsziel von 90 Prozent beinhalten.
Polen ist in den vergangenen Jahren zu einem der Treiber der europäischen Clean-Tech-Industrie geworden: 60 Prozent der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien in der EU kommen aus Polen. Das Land ist der zweitgrößte Batterieexporteur weltweit nach China, wie ein am Mittwoch veröffentlichter Bericht zeigt.
Auch beim Ausbau der Erneuerbaren ist Warschau weit vorne: 2023 wurden rund fünf Milliarden Euro in Offshore-Windkraftanlagen investiert – der zweithöchste Wert in der EU. Wind- und Solarenergie erzeugten vergangenes Jahr 21 Prozent des polnischen Stroms, gegenüber 16 Prozent im Vorjahr. Investitionen in Polens Übergang zu Netto-Null-Technologien lagen 2023 bei 13 Milliarden Euro – ein Drittel mehr als im Vergleich zum Vorjahr und 20 Mal höher als 2017.
Der zweitgrößte polnische Stromversorger Tauron Polska Energia will zudem bis Ende des Jahrzehnts auf Kohlekraft verzichten und bis 2040 klimaneutral werden. Das berichtete Bloomberg am Dienstag. Das Staatsunternehmen will bis 2035 insgesamt 23 Milliarden Euro in die Netzinfrastruktur und erneuerbare Energien investieren. 2023 betrug Kohlestrom noch 86 Prozent im Strommix von Tauron Polska Energia. Polen könnte Analysen zufolge bis 2032 vollständig frei von Kohlestrom sein. luk
Die weltweite Nachfrage nach Kohle ist nach Schätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) in diesem Jahr so hoch wie noch nie. Sie legt demnach um ein Prozent auf 8,77 Milliarden Tonnen zu. In den nächsten drei Jahren wird die Kohlenachfrage laut IEA ein Plateau erreichen und im Jahr 2027 bei etwa 8,87 Milliarden Tonnen liegen.
Bei der Entwicklung der Kohlenachfrage gibt es der Energieagentur zufolge weiterhin große Unterschiede zwischen Industrie- und Schwellenländern. Während die Nachfrage in der EU in diesem Jahr um zwölf Prozent und in den USA um fünf Prozent sinkt, legt sie in China um ein Prozent und in Indien um fünf Prozent zu. Auch in Vietnam und Indonesien legt der Kohleverbrauch stark zu. In China, das 30 Prozent mehr Kohle verbraucht als der Rest der Welt zusammen, wird der Ausbau erneuerbarer Energien und der Bau von Kernkraftwerken dazu beitragen, den Anstieg des Kohleverbrauchs bis 2027 zu begrenzen.
Die IEA räumt allerdings große Unklarheiten bei den Prognosen ein. Allein in China könnte der Kohleverbrauch im Jahr 2027 bis zu 140 Millionen Tonnen über oder unter der Schätzung liegen, weil sich das Wetter nicht genau abschätzen lässt, aber immense Auswirkungen auf die Stromproduktion aus Solar-, Wind- und Wasserkraft hat.
Der Kohlepreis ist nach der russischen Invasion der Ukraine zwar wieder gesunken, befindet sich laut IEA aber immer noch rund 50 Prozent über dem Niveau von 2017 bis 2019. “Kohleexporteure machen immer noch große Gewinne”, so die IEA. dpa/nib
Japan will bis zum Jahr 2040 seinen Strommix zu 40 bis 50 Prozent aus erneuerbaren Energien und zu 20 Prozent aus Kernenergie gewinnen. Dies geht aus einem Entwurf des Industrieministeriums zur Überarbeitung der Energiepolitik hervor. Im Vorjahr lag der Anteil der Erneuerbaren noch bei 22,9 Prozent und der Anteil der Kernkraft bei 8,5 Prozent. 36 bis 38 Prozent Erneuerbare sind einem aktuellen Plan zufolge für das Jahr 2030 geplant.
Thermische Energie, insbesondere aus ineffizienten Kohlekraftwerken, soll von 68,6 Prozent im Jahr 2023 auf 30 bis 40 Prozent im Jahr 2040 sinken, wobei der Entwurf der Energiepolitik keine Angaben zur Aufteilung von Kohle, Gas und Öl macht. Anders als der aktuelle Energieplan bis 2030 enthält der neue Plan keine Zielzahlen zur Mitverbrennung von neuen Brennstoffen wie Wasserstoff oder Ammoniak (“Co-Firing”).
Der neue Energieplan ist allerdings weiterhin nicht mit der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels vereinbar. Laut Analyse von Climate Analytics müsste der Anteil von Kohle und Gas ohne CO₂-Abscheidung (“unabated”) im Jahr 2040 bei null bis zwei Prozent liegen, damit Japan seinen Anteil zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze leistet. Die Erneuerbaren müssten dann rund 80 Prozent zum Strommix beitragen.
Mehrere Befürworter erneuerbarer Energien haben den Entwurf kritisiert und darauf hingewiesen, dass ein Fahrplan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung fehlt. Mika Ohbayashi, Direktor des Instituts für erneuerbare Energien, wies auch auf den geringen Zielanteil für Windenergie hin, der zwischen vier und acht Prozent liegt, verglichen mit 20 Prozent für die Kernkraft. Es wird erwartet, dass der Energieplan Anfang nächsten Jahres fertiggestellt und vom Kabinett genehmigt wird. nib/rtr
Das kürzliche Scheitern des Kraftwerksicherheitsgesetzes könnte den Kohleausstieg wesentlich verzögern, sofern die nächste Bundesregierung nicht schnell eine Neuauflage des Gesetzes verabschiedet. Dies befürchtet Philipp Godron, Programmleiter Strom beim Thinktank Agora Energiewende: “Soll der Kohleausstieg bis 2030 umgesetzt werden bedeutet dies, dass die kommende Bundesregierung innerhalb der ersten Monate nach Amtsantritt eine entsprechende Gesetzesgrundlage schaffen muss”, so Godron gegenüber Table.Briefings.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte den Gesetzentwurf in der vergangenen Woche zurückgezogen, da er keine Mehrheit im Bundestag dafür erwartete. Der Entwurf enthielt unter anderem Finanzierungsregelungen für neue Gaskraftwerke, die später auf “grünen” Wasserstoff umgerüstet werden sollten. Solche Kraftwerke sind laut BMWK nötig, um die erneuerbare Stromversorgung auch während wind- und sonnenarmer Perioden verlässlich zu garantieren. Bislang übernehmen diese Aufgabe zu einem großen Teil CO₂-intensive Kohlekraftwerke.
Habeck selbst äußerte nach dem Ende seines Gesetzes Zweifel, dass der Kohleausstieg 2030 noch ohne Risiken für die Energieversorgung gelingen kann. Die Ampelregierung hatte geplant, die Verstromung von Kohle “idealerweise” im Jahr 2030 zu beenden.
Eine Verzögerung würde laut Godron teuer: “Dadurch sind nicht nur höhere Stromkosten zu befürchten”, so der Energieexperte, “sondern auch höhere CO₂-Emissionen” der Kohlekraftwerke. Der Preis dieser Emissionen wird durch den europäischen CO₂-Handel in den nächsten Jahren voraussichtlich stark steigen. Hinzu kämen staatliche Zuschüsse für die Kraftwerks-Reservehaltung.
Einen anderen Weg schlägt der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vor. Anstatt einer Neuauflage des Kraftwerkssicherheitsgesetzes brauche es in der nächsten Legislatur ein “Flexibilitätspaket”. Statt zentraler Großkraftwerke sollten Anreize für flexiblen Stromverbrauch und dezentrale Stromspeicher helfen. Kleinere Kraftwerke – etwa Biogasanlagen – könnten die notwendige Absicherung eines weiter ausgebauten Wind- und Sonnenstromangebots übernehmen. Die kleineren Anlagen seien “nicht nur wesentlich günstiger, sondern auch klimafreundlich und dezentral verankert”, so BEE-Präsidentin Simone Peter. av
Das Wachstum der Photovoltaik in der EU hat sich nach Branchenangaben in diesem Jahr abgeschwächt und braucht weitere politische Unterstützung, um die europäischen Ausbauziele sicher zu erreichen. Bis Ende des Jahres erwartet SolarPower Europe 65,5 Gigawatt neu installierte PV-Leistung, im Vorjahr waren es noch 62,8 GW und 2022 rund 41 GW. Damit sei das Wachstum von 53 auf gut 4 Prozent zurückgegangen, heißt es im neuen Marktbericht für 2024-2028. Nach Angaben des Verbands kommen damit Sondereffekte durch die hohen Energiepreise während der Energiekrise zum Erliegen.
Das Ziel aus REPowerEU von 750 GW installierter Leistung bis zum Ende des Jahrzehnts hält SolarPower Europe immer noch für erreichbar. “Wenn wir unsere Prognosen aber so schnell senken müssen wie zuletzt, könnten wir das Ziel für 2030 um etwa 100 Gigawatt verfehlen“, sagte der Datenexperte des Verbands, Michael Schmela. “Wir können uns für die Energiewende nicht nur auf Marktkräfte verlassen. Wir brauchen einen passenden politischen Rahmen“, sagte der Leiter Politik, Dries Acke.
Von zentraler Bedeutung hält Acke einen EU-Aktionsplan für Batterien, wie ihn auch das Bundeswirtschaftsministerium am Montag beim Energierat gefordert hatte. Bei Ausschreibungen für Systemdienstleistungen etwa seien Batterien immer noch benachteiligt. Ein weiteres Mittel gegen Zwangsabschaltungen sieht der Verband im Elektrifizierungsplan, den die Kommission angekündigt hat. Die stellvertretende Generaldirektorin für Energie, Mechthild Wörsdörfer, dämpfte allerdings die Hoffnungen. Für Technologien wie Speicher und Lastmanagement brauche es zunächst keine neuen Gesetzesvorschläge. ber
Die bisherige Erderwärmung hat den Tropensturm “Chido”, der am Wochenende die französische Inselgruppe Mayotte verwüstete, mehr als 40-mal wahrscheinlicher gemacht und ihn zu einem Sturm der Kategorie 4 anwachsen lassen – ohne den Klimawandel hätte er nur Kategorie 3 erreicht. Hauptgrund dafür seien die erhöhten Ozeantemperaturen, zeigt eine Schnellanalyse des Imperial College London.
Eine weitere Schnellanalyse von Climate Central zu den ungewöhnlich warmen Ozeantemperaturen bestätigt die Ergebnisse: Demnach habe der Klimawandel den Sturm sogar mehr als 50-mal wahrscheinlicher gemacht, weil die Gewässer, aus denen der Sturm seine Energie zieht, 1,1 Grad wärmer waren als ohne Klimawandel. In den letzten Jahren wurden insgesamt drei von vier Extremwetterereignissen aufgrund der menschengetriebenen Erderwärmung intensiver und wahrscheinlicher, zeigte erst kürzlich eine Auswertung von Carbon Brief.
Der Sturm Chido, der am Sonntag über das französische Übersee-Département nahe Madagaskar fegte, erreichte eine Geschwindigkeit von bis zu 225 Kilometern pro Stunde, elf mehr als ohne Klimawandel. Im betroffenen Gebiet leben rund 300.000 Menschen. Genauere Todeszahlen dürften erst in den nächsten Tagen feststehen; es werden hunderte Tote befürchtet. “Die Opfer von Armut sind auf Mayotte zu Opfern des Klimawandels geworden”, sagte Friederike Otto, Mitgründerin der Initiative World Weather Attribution am Imperial College London.
Anfang Oktober hatte eine Studie im Fachmagazin Nature vor den “indirekten Opfern” tropischer Zyklone gewarnt. Während kurz nach Auftreten im Durchschnitt rund 24 Todesopfer von den Behörden gemeldet werden, sterben in den Folgejahren aufgrund eines Zyklons 7.000 bis 11.000 Menschen – vor allem durch Suizid, plötzlichen Kindstod, Diabetes oder als Folge von cardiovaskulären sowie stressbedingten Erkrankungen. lb
DeSmog: Trumps Unterstützer aus der fossilen Lobby. Seit seinem Wahlsieg hat der designierte US-Präsident Donald Trump sein Kabinett mit konservativen Ideologen besetzt, die den Fortschritt im Kampf gegen den Klimawandel und bei der Umstellung auf sauberere Energieformen um Jahrzehnte zurückwerfen könnten. Viele von Trumps Kandidaten werden von Personen und Organisationen unterstützt, die gegen effektiven Klimaschutz auftreten. Dazu gehören Fracking-Milliardäre und mächtige konservative Organisationen wie das America First Policy Institute und die Alliance for Responsible Citizenship. Zum Artikel
New York Times: Bäume auf Ackerflächen können Kaskadeneffekte auslösen. Viele Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität und zum Schutz des Klimas haben keinen ganzheitlichen Ansatz, da die Probleme isoliert betrachtet und angegangen werden. Ein Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES betont die Bedeutung von Maßnahmen, die Kaskadeneffekte auslösen könnten. So trägt beispielsweise eine wohlüberlegte Anordnung von Bäumen auf Ackerland gleichzeitig zur Verbesserung der Biodiversität, des menschlichen Wohlbefindens und zum Klimaschutz bei. Zum Artikel
Euractiv: Tschechien will Beginn des ETS-2 verschieben. Die Tschechische Republik wird sich dafür einsetzen, die Erweiterung des EU-Emissionshandels (ETS-2) bis mindestens 2028 zu verschieben. Nach den aktuellen Plänen soll das System, das den Handel mit CO₂-Zertifikaten auf den Straßenverkehr und die Gebäudeheizung ausweiten soll, ab 2027 gelten. Die tschechische Regierung plant, die Verschiebung zu nutzen, um das System so anzupassen, dass es einen stärkeren Schutz vor steigenden Energiepreisen bietet. Zum Artikel
Frankfurter Rundschau: Klimaschutz als rechtes Feindbild. In einem Gastbeitrag zeigen Vivianne Rau und Lara Möllney auf, dass sich der Rechtspopulismus nicht nur gegen eine Politik wendet, die den Klimawandel bekämpfen will. Die AfD nutze auch das Thema Klimaanpassung, um einen völkischen Natur- und Heimatschutz und einen “neuen Regionalismus” zu propagieren. Den Autorinnen zufolge sei sowohl Klimaschutz als auch Klimaanpassung aber nur im internationalen Rahmen möglich. Zum Artikel
Als zweitgrößter Ölproduzent der Welt sorgt Saudi-Arabien bei Klimaverhandlungen häufig für Konflikte. Das Land, das äußerst diplomatisch vorgeht, verlangsamt und blockiert die Klimaverhandlungen. Gelingen tut dies, indem es komplizierte und weniger bekannte Regeln des Prozesses nutzt, Einwände zu scheinbar trivialen Fragen und Verfahrensregeln erhebt und wissentlich nicht akzeptable Vorschläge vorlegt. Ein Vorgehen, das andere Länder frustriert.
Als Klimabeauftragter ist al-Jubeir Teil des saudischen Verhandlungsteams, führt es aber nicht an. Er könnte als Karrierediplomat und Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten einige neue Perspektiven in das saudische Verhandlungsteam einbringen, das überwiegend aus Mitarbeitern aus dem Energieministerium besteht, welches auch das Verhandlungsmandat innehat.
Al-Jubeir agiert stets höflich und geduldig. Auf die Entscheidung der COP28 angesprochen, sich von fossilen Brennstoffen zu verabschieden, spricht er über die Bedürfnisse der Entwicklungsländer und die Endlichkeit der fossilen Brennstoffe, schweigt aber über die zentrale Rolle von Öl und Gas für die saudische Wirtschaft: “Wir haben seit den 1980er-Jahren argumentiert, dass die Welt alternative Energiequellen finden muss, weil Öl eine endliche Ressource ist. Es ist nur eine bestimmte Menge vorhanden, und man kann nur eine bestimmte Menge fördern. In der Zwischenzeit wird die weltweite Nachfrage nach Energie in dem Maße steigen, wie sich die Länder entwickeln, wie sie versuchen, ihren Lebensstandard zu verbessern, und man kann den Ländern nicht die Möglichkeit verweigern, zu wachsen.”
Wenn man al-Jubeir um eine klare Antwort auf die Frage bittet, ob Saudi-Arabien den 2023 in Dubai geschmiedeten UAE Consensus aufkündigt, weicht er aus: “Fragen Sie den Energieminister”, bevor er hinzufügt: “Natürlich steht Dubai”. Zur Frage, ob Saudi-Arabien den UAE-Consensus auch umsetzen wird, lässt er allerdings alle im Unklaren. Es ist leicht zu verstehen, warum das Haus Saud diesen Mann als Klimabeauftragten des Königreichs ausgewählt hat.
Mit einer Ausbildung, die ihn von Saudi-Arabien über Deutschland bis in die USA führte (er hat einen Master in Internationalen Beziehungen von der Georgetown University), ist al-Jubeir als höchster Diplomat bestens gerüstet. Er trat 1987 in den saudischen diplomatischen Dienst ein und war lange Zeit in den USA tätig, zunächst als Assistent des saudischen Botschafters Prinz Bandar bin Sultan. Im Jahr 2007 wurde al-Jubeir selbst Botschafter in den USA, bis er 2015 von König Salman zum Außenminister ernannt wurde. Damit war er erst die zweite Person in diesem Amt, die nicht aus dem Hause Saud kommt.
Nachdem der saudische Journalist Jamal Khashoggi 2018 auf grausame Weise ermordet wurde, wurde al-Jubeir als Außenminister abgesetzt. Ein Schritt, der weithin als Degradierung angesehen wird. Diese Sicht erwies sich jedoch als übertrieben. Jene, die mit der saudischen Politik vertraut sind, sagen, dass al-Jubeir durch seine Absetzung keineswegs an Einfluss verloren hat.
Im Jahr 2022 wurde al-Jubeir dann per königlichem Dekret zum Klimabeauftragten ernannt. Für Saudi-Arabien ist Klimapolitik zu einer Schlüsselkomponente der Außenpolitik geworden. Denn während das saudische Verhandlungsteam überwiegend aus dem Energieministerium stammt, ist der Klimabeauftragte al-Jubeir Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten und somit weiterhin Teil des Außenministeriums.
Mit seiner Erfahrung und seinem Geschick, turbulente und schwierige Situationen zu meistern, ist al-Jubeir eine passende Wahl als Klimabeauftragter. Für ihn ist es nicht das erste Mal, dass er mit schwierigen Sachverhalten konfrontiert wird. Nach den Anschlägen vom 11. September war es al-Jubeir, der eingesetzt wurde, um sich mit Fragen zu und Kritik an Saudi-Arabien auseinanderzusetzen. In zahllosen Fernsehauftritten, Interviews, Vorträgen an Universitäten und in Gesprächen mit Organisationen der Zivilgesellschaft und Unternehmen reagierte er beispielsweise auf Fragen, warum so viele der Attentäter aus Saudi-Arabien stammten.
Al-Jubeir ist ein wesentlicher Bestandteil des internationalen Engagements des saudischen Königreichs, insbesondere im Hinblick auf die USA. So war er maßgeblich am Aufbau des strategischen Dialogs zwischen den USA und Saudi-Arabien sowie an vielen wegweisenden diplomatischen Bemühungen und Initiativen beteiligt – zum Beispiel an der Operation Restore Hope, den multilateralen Rüstungskontrollgesprächen und der Madrider Friedenskonferenz. Er verfügt über enge Beziehungen zu Gesetzgebern in wichtigen Ländern und zu Medien und Thinktanks, auf die Saudi-Arabien bei den Verhandlungen in der umstrittenen Arena multilateraler Umweltregelungen setzt. Urmi Goswami