Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, heißt es beim Fußball gern. So ähnlich geht es derzeit auch allen, die sich um die Anpassung an den Klimawandel kümmern: Nach einem der nassesten Winter in der Geschichte ist zwar die Dürre aus den letzten fünf Jahren zum Glück gebannt – aber schon warnen die Experten vor der nächsten Trockenheit. Was das für die Klimapolitik bedeutet, haben wir heute aufgeschrieben.
Eine weitere Bilanz: Die Braunkohlekraftwerke, die das Wirtschaftsministerium zähneknirschend ans Netz zurückholte, um in der Gasnotlage die Versorgung zu sichern, werden jetzt endgültig ausgeknipst. Und es zeigt sich: Offenbar war die Maßnahme nicht so klimaschädlich wie befürchtet. Warum, erklären wir ebenfalls hier im Briefing.
Wie stellt man also die Weichen für besseren Klimaschutz? Mit dem Steuerrecht, meint Till Kellerhoff, Programmdirektor des Club of Rome. Er hat ein provokantes Buch geschrieben, in dem er höhere Steuern für Reiche fordert, um Klimaschutz mit sozialem Ausgleich zu verbinden. Sein Standpunkt dazu sorgt sicher für angeregte Debatten.
Wir wünschen spannende Lektüre und erholsame Ostertage
Es war eine bei Klimaschützern umstrittene Entscheidung: Um angesichts der ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland den Einsatz von Gas zur Stromerzeugung zu reduzieren, durften sieben Braunkohlekraftwerke länger laufen als ursprünglich geplant. Am Ende dieser Laufzeitverlängerung zeigt sich jetzt: Der Betrieb der Kraftwerke hat wohl kaum zusätzliche Treibhausgasemissionen verursacht.
Für diese Maßnahme hatte Betreiber Leag in der Lausitz die Blöcke E und F des Kraftwerks Jänschwalde aus der Sicherheitsbereitschaft zurückgeholt, im Rheinland reaktivierte RWE die Blöcke E und F des Kraftwerks Niederaußem und Block C des Kraftwerks Neurath. Zusätzlich wurde in Neurath die für Ende 2022 geplante Stilllegung der Blöcke D und E verschoben.
Mit Ablauf dieser Woche endet die verlängerte Laufzeit nun. Sie war gesetzlich bis zum 31. März 2024 befristet worden. Angesichts der entspannten Versorgungslage hat das Bundeswirtschaftsministerium darauf verzichtet, eine Verlängerung vorzuschlagen. Die installierte Leistung der deutschen Braunkohlekraftwerke sinkt damit um 3,1 Gigawatt auf 14,6 Gigawatt. Die Versorgungssicherheit sei trotzdem “auf hohem Niveau gewährleistet”, teilte ein BMWK-Sprecher auf Anfrage mit. “Durch den deutlichen Zubau erneuerbarer Energien sowie die Stabilisierung der Gasversorgung ist der Weiterbetrieb der Kraftwerksblöcke weder erforderlich noch wirtschaftlich.”
Das Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet die Bundesregierung, die CO₂-Emissionen, die durch den Betrieb der zusätzlichen Braunkohleblöcke entstanden sind, zu ermitteln und bis Ende Juni Vorschläge zu machen, wie diese ausgeglichen werden können. Derzeit gibt es zur Klimawirkung der Reaktivierung noch keine Zahlen, erklärte das BMWK auf Anfrage.
Die Daten zur deutschen Stromerzeugung, die unter anderem auf der Seite energy-charts.info dargestellt werden, legen aber schon jetzt nahe, dass die Auswirkungen der zusätzlichen Kraftwerksblöcke auf die Klimabilanz gering waren. Denn die maximal installierte Braunkohleleistung wurde in den beiden vergangenen Wintern zu fast keinem Zeitpunkt komplett abgerufen; die zusätzlichen Blöcke ersetzten also oft andere Braunkohlekraftwerke und keine Gas- oder Steinkohlekraftwerke, die pro produzierter Kilowattstunde Strom weniger CO₂ ausstoßen.
Auch die Daten zur Auslastung der Kraftwerke legen nahe, dass sie eher selten benötigt wurden: Bei den beiden Blöcken in Niederaußem lag diese im Jahr 2023 nur bei gut 20 Prozent. In Neurath waren es gut 30 Prozent, in Jänschwalde etwa 35 Prozent. Gleichzeitig ging die Auslastung der übrigen Blöcke an diesen Standorten im Vergleich zu den meisten Vorjahren deutlich zurück, sodass insgesamt trotz der zusätzlichen Leistung auch an den betroffenen Standorten weniger Braunkohlestrom produziert wurde als in den Vorjahren.
Mit der Stilllegung der sieben Kraftwerkblöcke kehrt Deutschland zum beschlossenen Fahrplan zum Kohleausstieg zurück. Im Jahr 2020 war ein schrittweiser Ausstieg bis zum Jahr 2038 gesetzlich verankert worden; 2022 wurde für das Rheinland eine Vereinbarung geschlossen, die ihn auf das Jahr 2030 vorzieht; für die Lausitz ist das bisher nicht gelungen. Experten rechnen aber damit, dass die Kohleverstromung durch den steigenden CO₂-Preis auch dort Anfang der 2030er-Jahre unrentabel wird. Um die Versorgungssicherheit sicherzustellen, sind an einigen der bisherigen Kohlekraftwerks-Standorte wasserstofffähige Gaskraftwerke geplant; RWE strebt an seinen Standorten dabei eine Kapazität von mindestens drei Gigawatt an.
Grundlage für die Reaktivierung der Kohlekraftwerke war die im Sommer 2022 aufgrund der Einstellung der Gaslieferungen aus Russland erfolgten Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas. Obwohl das Bundeswirtschaftsministerium die jetzt erfolgte Stilllegung der Kohlekraftwerke mit der “Stabilisierung der Gasversorgung” begründet, soll die Alarmstufe weiter in Kraft bleiben. Das dürfte daran liegen, dass diese die Voraussetzung für den beschleunigten Bau der LNG-Terminals an der deutschen Küste ist. Und an diesen Plänen hält die Bundesregierung bisher fest – trotz Protesten von Umweltschützern und diversen Studien, die die Notwendigkeit bezweifeln.
Am Ende des Winters 2023/24 mit Rekordniederschlägen richtet sich der Blick von Klimaforschern bereits darauf, sich für die nächste Dürre in Deutschland zu wappnen. Denn der Boden hat zwar in weiten Bereichen sein Defizit an Feuchtigkeit wettgemacht, weil im Winter fast 145 Prozent des Niederschlags im langjährigen Mittel fielen. Doch nun laufen schon die Vorbereitungen auf die nächste Trockenperiode. Das Bundesumweltministerium etwa will seine Anpassungsstrategie, die spätestens im September 2025 vorliegen soll, auf 2024 vorziehen und prüft, ob für solche Maßnahmen der Klimaanpassung eine neue Bund-Länder-Mischfinanzierung möglich ist.
Erst einmal aber gibt es eine gute Nachricht: Dank großer Mengen Regen im vergangenen Herbst und Winter in Deutschland ist die mehrjährige extreme Trockenheit in den Böden vorüber. Klimawissenschaftler Andreas Marx warnt trotzdem Politik und Gesellschaft davor, nach der Dürre die Prävention zu vernachlässigen. “Wir müssen damit rechnen, dass ein ähnliches Dürreereignis zukünftig wieder auftaucht”, mahnt er. “Und dann sollten wir besser vorbereitet sein, als wir es 2018 waren.”
Marx leitet den Dürremonitor am Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Dieser hatte fünfeinhalb Jahre lang meist tiefrote Flächen gezeigt. So lange war es viel zu trocken im Land – bis zum vergangenen Winter. In einigen Regionen Ostdeutschlands – in Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern – ist es allerdings noch immer zu trocken. Hinzu kommen Langzeitschäden.
Laut UFZ gibt es Defizite in tiefen Grundwasserkörpern, Schäden in Wäldern, die erst jetzt sichtbar werden, aber auch in den Wasserständen von Seen und Kleingewässern. Die ökologischen und ökonomischen Folgen sind erheblich: Schätzungsweise 35 Milliarden Euro Schäden durch Hitze und Dürre entstanden laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums allein in den Jahren 2018 und 2019.
Schuld an der langen Trockenheit war der Klimawandel. Untersuchungen der UFZ-Forschenden zufolge führten Hitzesommer und die im Mittel steigenden Temperaturen dazu, dass sich die extreme Dürre nicht schneller aufgelöst hat. “Über fünfeinhalb Jahre hat die nassere Phase im Winter nicht ausgereicht, um die im Sommer ausgetrockneten Böden wieder aufzufüllen. Das ist ein Klima-Effekt, der unseren Prognosen nach zukünftig häufiger auftreten wird”, sagt Marx.
Der Hydrologe fordert daher, mehr Vorkehrungen für Dürrephasen zu treffen. Die 2023 vom Bund beschlossene Nationale Wasserstrategie (NWS) liefere den Rahmen dafür. Die Kommunen müssten nach Marx’ Auffassung in Krisensituationen aber auch verbindliche Regeln festlegen, wer wann wie viel entnehmen darf – und die Entnahmemengen tagesgenau überprüfen. Die unteren Wasserbehörden hätten heute schon die Möglichkeiten, genau das zu machen.
Das Bundesumweltministerium teilt auf Anfrage dazu mit, dass es “angesichts in Zukunft drohender, realer regionaler Wasserknappheit” gemeinsam mit den Ländern verlässliche Leitplanken entwickle, die es ermöglichen, bei Bedarf die Wassernutzungen regional und lokal individuell zu priorisieren. Es gehe vor allem darum, die öffentliche Trinkwasserversorgung auch in Zeiten von Wasserknappheit jederzeit sicherzustellen, sagte ein Ministeriumssprecher.
Im vergangenen November hat der Bundestag zudem ein Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Darin werden die Länder per Gesetz verpflichtet, auf der Grundlage von Klimarisikoanalysen eigene Klimaanpassungsstrategien vorzulegen und umzusetzen – was etwa in Brandenburg oder in Niedersachsen schon der Fall ist.
“Im Klimaanpassungsgesetz ist vorgegeben, dass im Bereich Wasser messbare Maßnahmen und Ziele entwickelt werden müssen, um sich für zukünftige Dürreperioden zu wappnen”, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Die Ermittlung, ob ein Risiko von Trockenheit und Dürre vorliegt, sowie die Benennung geeigneter Gegenmaßnahmen, seien Bestandteile dieses Vorgehens.
Der Knackpunkt: Konkrete Maßnahmen legt das Gesetz nicht fest. Dafür soll erst die vorsorgende Anpassungsstrategie des Bundes sorgen – und die steht noch aus. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte nun an, sie in diesem Jahr vorzustellen. Laut Gesetz muss die Strategie spätestens am 30. September 2025 vorliegen, also etwa zur Zeit der nächsten Bundestagswahl.
Umstritten ist auch die Finanzierung. Im Sofortprogramm Klimaanpassung stellt das Umweltministerium bisher 60 Millionen Euro zusätzlich bis 2026 für die Kommunen bereit. Die neuen Anpassungskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen, wird die Kommunen aber Milliardensummen kosten. Daher prüft das Umweltministerium derzeit, ob eine gemeinsame Bund-Länder-Mischfinanzierung infrage kommt, um den Gemeinden ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Nötig dafür wäre, Klimaanpassung als eine neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen im Grundgesetz zu verankern.
Forscher Marx fürchtet: Direkt nach der Krise sei das Bewusstsein für Anpassungsmaßnahmen gegen Dürre und ihre Kosten hoch – aber je mehr Zeit vergehe, desto weniger konsequent würden sie angegangen.
Immerhin scheint die Gefahr einer neuen Dürre vorerst gering. Nach den überdurchschnittlichen Winterniederschlägen können zumindest die Wald-, Forst- und Wasserwirtschaft aufatmen: Zu Beginn der Vegetationsperiode ist in diesen Bereichen so viel Wasser im Boden, dass extreme Trockenheit im Frühjahr laut Marx unwahrscheinlich ist. Eine kurze Verschnaufpause im Kampf gegen die Trockenheit.
28. März, 15 Uhr, Online
Webinar Greenhouse gas-neutral administrations: Motivation campaigns
Im Rahmen der “International Academy – Transformations for Environment and Sustainability” organisiert das Umweltbundesamt zwei Best-Practice-Vorträge zu Klimaneutralität in der öffentlichen Verwaltung. Infos
28. März, 18 Uhr, Online
Webinar Food Matters: Why climate change may hinge on what we eat and how we grow it
Das Wissenschaftsnetzwerk Project Drawdown organisiert dieses Webinar zur Frage, wie sich die Art unserer Ernährung durch den Klimawandel verändern wird. Infos
2. bis 4. April, Wien
Tagung Österreichischer Klimatag
Das Climate Change Centre Austria (CCCA) veranstaltet gemeinsam mit der TU Wien den 24. Österreichischen Klimatag. Er steht unter dem Motto “Stadt und Land im Fluss”. Infos
3. April, 14.30 Uhr, Online
Webinar Innovation for strong sustainability trajectories
Die Agence Française de Développement und das Stockholm Environment Institute veranstalten dieses Webinar. Sie präsentieren eine Studie zu Beziehungen zwischen makroökonomischen Variablen im Zusammenhang mit der Innovation in Entwicklungs- und Schwellenländern. Infos
3. April, 17 Uhr, Online
Webinar Versammlungs- und Strafrecht für klimaaktive Menschen
Die NGO Green Legal Impact lädt zu einem Webinar zum Thema Versammlungs- und Strafrecht für klimaaktive Menschen ein. Die Rechtsanwältin Anna Luczak klärt darin zum Thema auf. Infos
4. und 5. April, Brasília
Arbeitsgruppentreffen G20 Global Mobilization against Climate Change Task Force
Im G20-Zyklus trifft sich die Klimawandel-Task-Force in Brasília. Anfang des Monats findet ein Treffen der Arbeitsgruppe zu Sustainable Finance statt. Infos
Warum sind die Temperaturen in den Weltmeeren seit einem Jahr so rasant gestiegen? Für das größte aktuelle Rätsel in der Klimawissenschaft zeichnen sich nun neue Erklärungen ab: Offenbar liegt es an einer Kombination von Faktoren: Weniger Wärme gelangt in die Tiefsee und die Erde nimmt grundsätzlich mehr Sonnenenergie auf.
Die mittlere Temperatur in den Ozeanen liegt seit Frühjahr 2023 konstant weit über den bisherigen Durchschnitts- und Extremwerten. Grundsätzlich sind die immer höheren Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre auch die Ursachen der Ozeanhitze. Denn die Meere speichern etwa 90 Prozent der zusätzlichen Erwärmung. Dazu kommt das aktuelle Wetterphänomen El Niño, das rund um den Globus die Temperaturen nach oben treibt.
Die aktuelle Hitzewelle lässt sich nach verschiedenen Berichten vor allem damit erklären, dass die oberste, wärmere Schicht der Ozeane sich weniger mit den kälteren Tiefenschichten mischt – und damit das Wasser an der Oberfläche immer wärmer wird. Das liegt auch an schwächeren Winden, die das Wasser weniger aufwühlen. Auch transportieren sie offenbar weniger Saharastaub, was Wolkenbildung und damit Abkühlung verringert.
Auch andere Faktoren tragen zur Erwärmung bei: Neue Regeln reduzieren den Ausstoß von Rußpartikeln aus der Schifffahrt, die als Aerosole Wolkenbildung anregen und für Kühlung sorgen. Ein Ende der ungewöhnlichen Hitzewelle ist allerdings in Sicht: Daten aus den Ozeanen deuten darauf hin, dass sich das El Niño-Phänomen im Laufe des Jahres abschwächen wird – gefolgt vom nächsten “La Niña”-System, das die Temperaturen unter die aktuellen Extremwerte herunterkühlen könnte. bpo
Das Grünen-geführte Bundeswirtschaftsministerium hat am Mittwoch bestätigt, dass der sogenannte Resilienzbonus für die Solarindustrie vom Tisch ist. Das sei “sehr bedauerlich” schrieb Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) auf dem Kurznachrichtendienst Bluesky. Die Regierung setze sich aber weiter für Fördermöglichkeiten für die Solarindustrie ein.
Die Idee hinter dem Resilienzbonus war, den Einsatz von Komponenten aus Deutschland oder Europa mit einer höheren Vergütung des eingespeisten Stroms zu belohnen. Die Grünen wollten eine solche Regelung ins sogenannte Solarpaket 1 aufnehmen. Der Entwurf für dieses Gesetz, das viele Vereinfachungen für Betreiber von Solaranlagen bringen soll, hängt unter anderem deswegen seit Monaten im Bundestag fest. Die FDP hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass sie dem Bonus nicht zustimmen werde.
Das Solarunternehmen Meyer Burger hatte deshalb bereits am Dienstag verkündet, dass es sein Solarwerk in Freiberg endgültig schließen werde. Die rund 400 Mitarbeitenden hätten ihre Kündigung erhalten. Das Unternehmen hatte den Fortbestand des Werks ganz offen von neuen staatlichen Subventionen abhängig gemacht. rtr/kul
Die vier größten europäischen Schifffahrtsunternehmen Maersk, MSC, CMA CGM und Hapag-Lloyd geben den CO₂-Preis in höherem Umfang an ihre Kunden weiter, als die Reedereien selbst dafür zahlen müssen. Das geht aus einer Untersuchung des Brüsseler Umweltdachverbandes Transport and Environment (T&E) hervor.
Durch die Aufnahme des Maritim-Sektors in das EU-Emissionshandelssystem (ETS) müssen Reedereien seit Jahresbeginn für ihre Fahrten von Hochsee- und Binnenschiffen ab 5000 Bruttoregistertonnen europäische Emissionszertifikate einkaufen. Bei den mehr als 500 von T&E untersuchten Fahrten mit Start oder Ziel in europäischen Häfen haben die Reedereien in fast 90 Prozent der Fälle ihren Kunden mehr als die tatsächlichen Kosten des ETS (aktuell rund 60 Euro pro Tonne CO₂) in Rechnung gestellt.
“Die Schifffahrtsriesen scheinen die Kunden abzuzocken, indem sie Umweltmaßnahmen als Mittel nutzen, um mehr Geld zu verlangen“, sagt T&E-Schifffahrtsexperte Jacob Armstrong. Südeuropäische Regierungen hätten davor gewarnt, dass das ETS die Schiffe aus ihren Häfen in naheliegende Drittstaaten verdrängen würde. “Aber warum sollten sie das tun, wenn sie damit Geld verdienen?”, fragt Armstrong.
T&E schätzt, dass Maersk mit durchschnittlich 60.000 Euro pro Reise die höchsten Gewinne aus den Zuschlägen erzielt, gefolgt von MSC (25.000 Euro), Hapag-Lloyd (23.000) und CMA CGM (14.000). Zwar seien die einzelnen Gewinne für jede Reise oft nicht sonderlich hoch, doch für Schifffahrtsunternehmen mit Hunderten Schiffen bedeute dies jedes Jahr Gewinne in Millionenhöhe durch die Zuschläge, erklären die Autoren der Untersuchung.
Die Experten halten die Tatsache, dass Reedereien am CO₂-Preis mitverdienen, nicht zwingend für falsch. Vielmehr halten sie die Kritik aus der Branche an marktwirtschaftlichen Umweltmaßnahmen für ungerechtfertigt. “Kosten sind kein Hindernis für die Dekarbonisierung des Seeverkehrs, wenn die ehrgeizigsten umweltfreundlichen Maßnahmen die meisten Verbrauchsgüter nur um wenige Cent verteuern würden”, so Armstrong.
Aktuell müssen Reedereien nur für 40 Prozent ihrer Emissionen ETS-Zertifikate einkaufen, ab 2025 steigt der Anteil auf 70 Prozent, 2026 schließlich auf 100 Prozent. luk
Indien hat sein vor einigen Jahren ausgerufenes Ziel erreicht und im Geschäftsjahr 2023/24 mehr als eine Milliarde Tonnen an Stein- und Braunkohle produziert, schreibt The Hindu Business Line. Der Kohle-Output war damit um 6,7 Prozent höher als im Jahr zuvor.
Indien ist nach China der zweitgrößte Kohleproduzent. Kohle deckt dort rund die Hälfte der Energieversorgung. Mit der “Mission 1 Billion Tonnes”, wie Indiens Kohleminister Pralhad Joshi den rasanten Produktionsausbau der letzten Jahre nennt, soll sichergestellt werden, dass “in allen Häusern das Licht an bleibt, während der Kohlesektor die Wirtschaft weiter antreibt”, so Joshi. Noch vor zehn Jahren hatte ein Drittel von Indiens Bevölkerung keinen Zugang zu Strom – mittlerweile fehlt nur noch das letzte Prozent, wie Daten der Weltbank zeigen.
Dem aktuellen Kohlebericht der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge könnte Indiens Kohleverbrauch bis 2026 jährlich um 3,5 Prozent steigen. Während weltweit der Kohleverbrauch bis 2030 den Peak erreichen könnte, erwartet die IEA für Indien, China, Indonesien, Vietnam und die Philippinen einen weiter steigenden Verbrauch. Gemeinsam verbrennen diese Länder 70 Prozent der weltweit produzierten Kohle. lb
Eine Milliarde Euro sollen in die Amazonas-Region in Brasilien und in Französisch-Guyana investiert werden. Einen grünen Investitionsplan dafür stellten der französische Präsident Emmanuel Macron und der brasilianische Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva am Dienstag im brasilianischen Belém vor. In der Stadt im Amazonas-Gebiet soll im kommenden Jahr die COP30 stattfinden. Mit dem Geld sollen Abholzungen und die Folgen des Klimawandels bekämpft werden.
Laut Plan soll in den kommenden vier Jahren von den staatlichen brasilianischen Banken in Zusammenarbeit mit der französischen Investitionsagentur sowie privaten Investitionen eine Milliarde Euro aufgebracht werden. Brasilien hat in diesem Jahr auch die G20-Präsidentschaft inne und will in diesem Kontext um Investitionen werben. Zusätzlich sollen Partnerschaften zwischen Universitäten der beiden Länder ausgebaut werden. Es ist das erste Mal seit elf Jahren, dass ein französischer Präsident Brasilien besucht. Frankreich und Brasilien wollen die Beziehungen zwischen den beiden Ländern wieder vertiefen, nachdem es unter der Regierung von Ex-Präsident Jair Bolsonaro zu Reibereien gekommen war.
Zum Regenwaldschutz in Brasilien gibt es aktuell verhalten positive Signale. Im letzten Jahr war die Entwaldung im Amazonas um 50 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig stieg sie aber in der Savannenregion Cerrado an, und in der Amazonas-Region soll weiter Öl gefördert werden. kul
Halbiert sich der globale Konsum von rotem Fleisch und Zucker und verdoppelt sich zugleich der Konsum von gesunden Produkten wie Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse, würde das helfen, das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Lebensmittel und Energiepreise wären so vergleichsweise günstiger und die Abhängigkeit von CO₂-Entnahmetechnologien würde sinken. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer neuen Studie, die am Mittwoch im Fachmagazine “Science Advances” veröffentlicht wurde.
Die sogenannte Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission würde “das globale CO₂-Budget für das 1,5-Grad-Ziel von aktuell 500 Gigatonnen um 125 Gigatonnen erweitern”, so Leitautor Florian Humpenöder, der am PIK zu Transformationspfaden forscht. Durch den geringeren Fleischkonsum und einer weniger intensiven Landwirtschaft werde weniger Methan und Lachgas emittiert, heißt es in der Studie. Beide sind vielfach klimaschädlicher als CO₂ und werden entsprechend ihrer Klimawirksamkeit im CO₂-Budget erfasst.
Die Studie zeigt auch weitere Vorteile einer gesünderen Ernährung:
Schon jetzt treibt der Klimawandel die Inflation an, wie eine weitere Studie des PIK zeigt. Um 2035 herum könnten die Lebensmittelpreise durch die höheren Temperaturen um bis zu 3,2 Prozentpunkte pro Jahr steigen.
Wie die Ernährungswende tatsächlich gelingen kann, war nicht Gegenstand der neuen Studie. Die Forschenden merken aber an, dass die Besteuerung von Lamm- und Rindfleisch inklusive sozialer Ausgleichsregelungen, ein gesünderes Angebot in Kantinen und Werbeverbote von gesundheitsschädlichen Produkten hilfreich sein könnten. Ein Hindernis sei, dass die Entscheidungskompetenzen auf verschiedene Institutionen und Ministerien verteilt seien. lb
Unsere Gesellschaft steckt in einer doppelten Krise, verursacht durch den fortschreitenden Klimawandel und die wachsenden sozialen Spannungen. Beides ließe sich bewältigen – vorausgesetzt, die nötigen Investitionen werden fair finanziert und die entstehenden Kosten gerecht verteilt.
Besonders hohe Einkommen und Vermögen stärker zu besteuern, ist dafür unabdingbar. Anderenfalls werden genau jene ärmeren Bevölkerungsgruppen durch die ökologische Transformation besonders stark belastet, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben. Das birgt großes Konfliktpotenzial, insbesondere in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Ökologie und Soziales gemeinsam zu bedenken und in der Steuerpolitik zu berücksichtigen, wirkt dem entgegen.
Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden. Dafür müssen Kohle, Öl und Gas komplett durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Der Wandel braucht keine Wundertechnologien, sondern einen möglichst schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien, Netzen, Speichern, Ladesäulen und eine möglichst konsequente Einsparung von Energie.
Massive Investitionen sind vonnöten, geschätzt auf 70 bis 80 Milliarden Euro jährlich – etwa zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Um sie zu ermöglichen, kommt dem Staat eine entscheidende Rolle zu. Bisher sind die notwendigen Maßnahmen für Investoren nicht rentabel. Das heißt, dass Arbeit und Kapital zu langsam in die entsprechenden Sektoren fließt. Um das zu ändern, sind Subventionen notwendig.
Eine Steuerung der Transformation nur über höhere Preise wird nicht ausreichend sein. Sie wirken regressiv, belasten also Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen besonders stark. Außerdem werden sie zu schnell zum Spielball politischer Ideologien, wie wir es beim Tankrabatt gesehen haben.
In Deutschland besitzen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung rund 60 Prozent des Gesamtvermögens, während die ärmere Hälfte praktisch über kein Vermögen verfügt. Und während die untere Hälfte der Bevölkerung einen durchschnittlichen CO₂-Fußabdruck von 5,9 Tonnen pro Jahr hat, emittiert das reichste Prozent 117,9 Tonnen.
Die politischen Folgeschäden sind enorm, wenn ausgerechnet die Bevölkerungsgruppen, die durch ihre relativ geringen Emissionen vergleichsweise wenig zum Klimawandel beitragen, einen überproportionalen Teil der Kosten der ökologischen Transformation zu tragen haben. Das kann, insbesondere in Krisenzeiten, einen fruchtbaren Nährboden für populistische Bewegungen entstehen lassen.
Um den sozialen Zusammenhalt während der Klimatransformation zu gewährleisten, ist es deshalb unerlässlich, die soziale Frage stärker in den öffentlichen Diskurs einzubeziehen. Die wirtschaftliche Transformation muss unter dem Gesichtspunkt der Verteilungspolitik betrachtet werden.
Eine stärkere Besteuerung der Spitzenverdiener und Vermögenden würde dabei gleichzeitig die Finanzierung der grünen Transformation stärken und der Ungleichheit in Deutschland entgegenwirken – was wiederum dazu beitragen würde, die gesellschaftliche Spaltung zu verringern.
Doch eine konstruktive Diskussion über Steuern wird oft von Mythen verhindert, wie dem Mythos, Deutschland sei ein Hochsteuerland. Zwar stimmt dies in Bezug auf Einkommen, schauen wir uns aber Vermögen an, ist Deutschland ein Niedrigsteuerland. Eine ausgesetzte Vermögenssteuer und eine löchrige Erbschaftssteuer voller Ausnahmeregelungen tragen dazu bei.
Eine höhere Besteuerung von Vermögen, von der nur ein kleiner Teil der Bevölkerung betroffen wäre, würde bei einer entsprechenden Ausgestaltung mit Freibeträgen und Stundungsmöglichkeiten Investitionen nicht abwürgen. Stattdessen würde sie bessere Möglichkeiten aktiver Industriepolitik eröffnen und so dafür sorgen, dass diese Investitionen in die für die ökologische Transformation notwendigen Bereiche fließen.
Ein weiterer Mythos betrifft die wirtschaftlichen Schäden einer stärkeren Besteuerung. Zwar ist es notwendig, darauf zu achten, nicht die Substanz von Unternehmen anzugreifen. Tatsächlich führen aber hohe Geldansammlungen nicht zwangsläufig zu mehr Investitionen in die Realwirtschaft.
Je nach Ausgestaltung könnte eine Kombination aus
Dutzende Milliarden Euro einbringen. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit schätzt die Gerechtigkeitslücke im deutschen Steuersystem auf 75 bis 100 Milliarden Euro.
Der Dreiklang aus notwendigen Investitionen in die Zukunft, der Ablehnung neuer Schulden, sowie der Ablehnung von Steuererhöhungen für die Reichsten wird nicht funktionieren.
Um den sozialen Frieden nicht noch weiter zu gefährden, ist eine stärkere Besteuerung derjenigen, die in den vergangenen Jahren am meisten von unserem Wirtschaftssystem profitiert haben, unabdingbar – nicht aufgrund von Neid oder moralischer Verteufelung von Reichtum, sondern weil eine gerechtere Verteilung der Lasten und Chancen in unserer Gesellschaft notwendig ist, um langfristige Stabilität und Prosperität für alle zu gewährleisten.
Till Kellerhoff ist Programmdirektor des Club of Rome und ist seit 2021 als globaler Koordinator der internationalen Initiative Earth4All tätig. Am 26. März 2024 ist im oekom Verlag das Buch “Tax the Rich. Warum die Reichen zahlen müssen, wenn wir die Welt retten sollen” erschienen, das Kellerhoff gemeinsam mit dem Nachhaltigkeitsforscher Jørgen Randers geschrieben hat.
Auch aufgrund des Klimawandels sind Schoko-Osterhasen in diesem Jahr teurer. Der Grund: Wetterextreme in Westafrika, der wichtigsten Erzeugerregion für Schokolade, führten zu schlechten Ernten. Die Importpreise für Kakao sind deshalb im Januar um 73,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen.
Eine Analyse von Ben Clarke vom Imperial College London kommt zu dem Schluss, dass die Klimakrise für diese Wetterextreme verantwortlich ist. Der Starkregen in der Region sei durch den Klimawandel zehnmal wahrscheinlicher geworden. Der so immer häufiger auftretende Starkregen im Wechsel mit Dürreperioden führt demnach in Kombination mit “El Niño” zu mageren Ernten und der Verbreitung von Pilzerkrankungen. Eine Gefahr sei die sogenannte “Cocoa Swollen Shooting Virus Disease”, schreibt die NGO WWF. Die Krankheit breite sich in den Kakao-Monokulturen schnell aus. Bei Befall müsse die ganze Plantage zerstört werden. Um dem entgegenzuwirken, sei es nötig, auf nachhaltigere Anbausysteme, beispielsweise Agroforstsysteme, zu setzen.
Der Zahlungsdienstleister Sumup hatte analysiert, dass Schokohasen in diesem Jahr bis zu 20 Prozent teurer sind als im Vorjahr. Die Preissteigerung lässt sich demnach aber nicht ausschließlich auf den Klimawandel zurückführen. Denn der Kakao für die Hasen, die nun verkauft werden, wurde schon im vergangenen Jahr zu niedrigeren Preisen produziert. kul
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, heißt es beim Fußball gern. So ähnlich geht es derzeit auch allen, die sich um die Anpassung an den Klimawandel kümmern: Nach einem der nassesten Winter in der Geschichte ist zwar die Dürre aus den letzten fünf Jahren zum Glück gebannt – aber schon warnen die Experten vor der nächsten Trockenheit. Was das für die Klimapolitik bedeutet, haben wir heute aufgeschrieben.
Eine weitere Bilanz: Die Braunkohlekraftwerke, die das Wirtschaftsministerium zähneknirschend ans Netz zurückholte, um in der Gasnotlage die Versorgung zu sichern, werden jetzt endgültig ausgeknipst. Und es zeigt sich: Offenbar war die Maßnahme nicht so klimaschädlich wie befürchtet. Warum, erklären wir ebenfalls hier im Briefing.
Wie stellt man also die Weichen für besseren Klimaschutz? Mit dem Steuerrecht, meint Till Kellerhoff, Programmdirektor des Club of Rome. Er hat ein provokantes Buch geschrieben, in dem er höhere Steuern für Reiche fordert, um Klimaschutz mit sozialem Ausgleich zu verbinden. Sein Standpunkt dazu sorgt sicher für angeregte Debatten.
Wir wünschen spannende Lektüre und erholsame Ostertage
Es war eine bei Klimaschützern umstrittene Entscheidung: Um angesichts der ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland den Einsatz von Gas zur Stromerzeugung zu reduzieren, durften sieben Braunkohlekraftwerke länger laufen als ursprünglich geplant. Am Ende dieser Laufzeitverlängerung zeigt sich jetzt: Der Betrieb der Kraftwerke hat wohl kaum zusätzliche Treibhausgasemissionen verursacht.
Für diese Maßnahme hatte Betreiber Leag in der Lausitz die Blöcke E und F des Kraftwerks Jänschwalde aus der Sicherheitsbereitschaft zurückgeholt, im Rheinland reaktivierte RWE die Blöcke E und F des Kraftwerks Niederaußem und Block C des Kraftwerks Neurath. Zusätzlich wurde in Neurath die für Ende 2022 geplante Stilllegung der Blöcke D und E verschoben.
Mit Ablauf dieser Woche endet die verlängerte Laufzeit nun. Sie war gesetzlich bis zum 31. März 2024 befristet worden. Angesichts der entspannten Versorgungslage hat das Bundeswirtschaftsministerium darauf verzichtet, eine Verlängerung vorzuschlagen. Die installierte Leistung der deutschen Braunkohlekraftwerke sinkt damit um 3,1 Gigawatt auf 14,6 Gigawatt. Die Versorgungssicherheit sei trotzdem “auf hohem Niveau gewährleistet”, teilte ein BMWK-Sprecher auf Anfrage mit. “Durch den deutlichen Zubau erneuerbarer Energien sowie die Stabilisierung der Gasversorgung ist der Weiterbetrieb der Kraftwerksblöcke weder erforderlich noch wirtschaftlich.”
Das Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet die Bundesregierung, die CO₂-Emissionen, die durch den Betrieb der zusätzlichen Braunkohleblöcke entstanden sind, zu ermitteln und bis Ende Juni Vorschläge zu machen, wie diese ausgeglichen werden können. Derzeit gibt es zur Klimawirkung der Reaktivierung noch keine Zahlen, erklärte das BMWK auf Anfrage.
Die Daten zur deutschen Stromerzeugung, die unter anderem auf der Seite energy-charts.info dargestellt werden, legen aber schon jetzt nahe, dass die Auswirkungen der zusätzlichen Kraftwerksblöcke auf die Klimabilanz gering waren. Denn die maximal installierte Braunkohleleistung wurde in den beiden vergangenen Wintern zu fast keinem Zeitpunkt komplett abgerufen; die zusätzlichen Blöcke ersetzten also oft andere Braunkohlekraftwerke und keine Gas- oder Steinkohlekraftwerke, die pro produzierter Kilowattstunde Strom weniger CO₂ ausstoßen.
Auch die Daten zur Auslastung der Kraftwerke legen nahe, dass sie eher selten benötigt wurden: Bei den beiden Blöcken in Niederaußem lag diese im Jahr 2023 nur bei gut 20 Prozent. In Neurath waren es gut 30 Prozent, in Jänschwalde etwa 35 Prozent. Gleichzeitig ging die Auslastung der übrigen Blöcke an diesen Standorten im Vergleich zu den meisten Vorjahren deutlich zurück, sodass insgesamt trotz der zusätzlichen Leistung auch an den betroffenen Standorten weniger Braunkohlestrom produziert wurde als in den Vorjahren.
Mit der Stilllegung der sieben Kraftwerkblöcke kehrt Deutschland zum beschlossenen Fahrplan zum Kohleausstieg zurück. Im Jahr 2020 war ein schrittweiser Ausstieg bis zum Jahr 2038 gesetzlich verankert worden; 2022 wurde für das Rheinland eine Vereinbarung geschlossen, die ihn auf das Jahr 2030 vorzieht; für die Lausitz ist das bisher nicht gelungen. Experten rechnen aber damit, dass die Kohleverstromung durch den steigenden CO₂-Preis auch dort Anfang der 2030er-Jahre unrentabel wird. Um die Versorgungssicherheit sicherzustellen, sind an einigen der bisherigen Kohlekraftwerks-Standorte wasserstofffähige Gaskraftwerke geplant; RWE strebt an seinen Standorten dabei eine Kapazität von mindestens drei Gigawatt an.
Grundlage für die Reaktivierung der Kohlekraftwerke war die im Sommer 2022 aufgrund der Einstellung der Gaslieferungen aus Russland erfolgten Ausrufung der Alarmstufe des Notfallplans Gas. Obwohl das Bundeswirtschaftsministerium die jetzt erfolgte Stilllegung der Kohlekraftwerke mit der “Stabilisierung der Gasversorgung” begründet, soll die Alarmstufe weiter in Kraft bleiben. Das dürfte daran liegen, dass diese die Voraussetzung für den beschleunigten Bau der LNG-Terminals an der deutschen Küste ist. Und an diesen Plänen hält die Bundesregierung bisher fest – trotz Protesten von Umweltschützern und diversen Studien, die die Notwendigkeit bezweifeln.
Am Ende des Winters 2023/24 mit Rekordniederschlägen richtet sich der Blick von Klimaforschern bereits darauf, sich für die nächste Dürre in Deutschland zu wappnen. Denn der Boden hat zwar in weiten Bereichen sein Defizit an Feuchtigkeit wettgemacht, weil im Winter fast 145 Prozent des Niederschlags im langjährigen Mittel fielen. Doch nun laufen schon die Vorbereitungen auf die nächste Trockenperiode. Das Bundesumweltministerium etwa will seine Anpassungsstrategie, die spätestens im September 2025 vorliegen soll, auf 2024 vorziehen und prüft, ob für solche Maßnahmen der Klimaanpassung eine neue Bund-Länder-Mischfinanzierung möglich ist.
Erst einmal aber gibt es eine gute Nachricht: Dank großer Mengen Regen im vergangenen Herbst und Winter in Deutschland ist die mehrjährige extreme Trockenheit in den Böden vorüber. Klimawissenschaftler Andreas Marx warnt trotzdem Politik und Gesellschaft davor, nach der Dürre die Prävention zu vernachlässigen. “Wir müssen damit rechnen, dass ein ähnliches Dürreereignis zukünftig wieder auftaucht”, mahnt er. “Und dann sollten wir besser vorbereitet sein, als wir es 2018 waren.”
Marx leitet den Dürremonitor am Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Dieser hatte fünfeinhalb Jahre lang meist tiefrote Flächen gezeigt. So lange war es viel zu trocken im Land – bis zum vergangenen Winter. In einigen Regionen Ostdeutschlands – in Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern – ist es allerdings noch immer zu trocken. Hinzu kommen Langzeitschäden.
Laut UFZ gibt es Defizite in tiefen Grundwasserkörpern, Schäden in Wäldern, die erst jetzt sichtbar werden, aber auch in den Wasserständen von Seen und Kleingewässern. Die ökologischen und ökonomischen Folgen sind erheblich: Schätzungsweise 35 Milliarden Euro Schäden durch Hitze und Dürre entstanden laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums allein in den Jahren 2018 und 2019.
Schuld an der langen Trockenheit war der Klimawandel. Untersuchungen der UFZ-Forschenden zufolge führten Hitzesommer und die im Mittel steigenden Temperaturen dazu, dass sich die extreme Dürre nicht schneller aufgelöst hat. “Über fünfeinhalb Jahre hat die nassere Phase im Winter nicht ausgereicht, um die im Sommer ausgetrockneten Böden wieder aufzufüllen. Das ist ein Klima-Effekt, der unseren Prognosen nach zukünftig häufiger auftreten wird”, sagt Marx.
Der Hydrologe fordert daher, mehr Vorkehrungen für Dürrephasen zu treffen. Die 2023 vom Bund beschlossene Nationale Wasserstrategie (NWS) liefere den Rahmen dafür. Die Kommunen müssten nach Marx’ Auffassung in Krisensituationen aber auch verbindliche Regeln festlegen, wer wann wie viel entnehmen darf – und die Entnahmemengen tagesgenau überprüfen. Die unteren Wasserbehörden hätten heute schon die Möglichkeiten, genau das zu machen.
Das Bundesumweltministerium teilt auf Anfrage dazu mit, dass es “angesichts in Zukunft drohender, realer regionaler Wasserknappheit” gemeinsam mit den Ländern verlässliche Leitplanken entwickle, die es ermöglichen, bei Bedarf die Wassernutzungen regional und lokal individuell zu priorisieren. Es gehe vor allem darum, die öffentliche Trinkwasserversorgung auch in Zeiten von Wasserknappheit jederzeit sicherzustellen, sagte ein Ministeriumssprecher.
Im vergangenen November hat der Bundestag zudem ein Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Darin werden die Länder per Gesetz verpflichtet, auf der Grundlage von Klimarisikoanalysen eigene Klimaanpassungsstrategien vorzulegen und umzusetzen – was etwa in Brandenburg oder in Niedersachsen schon der Fall ist.
“Im Klimaanpassungsgesetz ist vorgegeben, dass im Bereich Wasser messbare Maßnahmen und Ziele entwickelt werden müssen, um sich für zukünftige Dürreperioden zu wappnen”, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Die Ermittlung, ob ein Risiko von Trockenheit und Dürre vorliegt, sowie die Benennung geeigneter Gegenmaßnahmen, seien Bestandteile dieses Vorgehens.
Der Knackpunkt: Konkrete Maßnahmen legt das Gesetz nicht fest. Dafür soll erst die vorsorgende Anpassungsstrategie des Bundes sorgen – und die steht noch aus. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte nun an, sie in diesem Jahr vorzustellen. Laut Gesetz muss die Strategie spätestens am 30. September 2025 vorliegen, also etwa zur Zeit der nächsten Bundestagswahl.
Umstritten ist auch die Finanzierung. Im Sofortprogramm Klimaanpassung stellt das Umweltministerium bisher 60 Millionen Euro zusätzlich bis 2026 für die Kommunen bereit. Die neuen Anpassungskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen, wird die Kommunen aber Milliardensummen kosten. Daher prüft das Umweltministerium derzeit, ob eine gemeinsame Bund-Länder-Mischfinanzierung infrage kommt, um den Gemeinden ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Nötig dafür wäre, Klimaanpassung als eine neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen im Grundgesetz zu verankern.
Forscher Marx fürchtet: Direkt nach der Krise sei das Bewusstsein für Anpassungsmaßnahmen gegen Dürre und ihre Kosten hoch – aber je mehr Zeit vergehe, desto weniger konsequent würden sie angegangen.
Immerhin scheint die Gefahr einer neuen Dürre vorerst gering. Nach den überdurchschnittlichen Winterniederschlägen können zumindest die Wald-, Forst- und Wasserwirtschaft aufatmen: Zu Beginn der Vegetationsperiode ist in diesen Bereichen so viel Wasser im Boden, dass extreme Trockenheit im Frühjahr laut Marx unwahrscheinlich ist. Eine kurze Verschnaufpause im Kampf gegen die Trockenheit.
28. März, 15 Uhr, Online
Webinar Greenhouse gas-neutral administrations: Motivation campaigns
Im Rahmen der “International Academy – Transformations for Environment and Sustainability” organisiert das Umweltbundesamt zwei Best-Practice-Vorträge zu Klimaneutralität in der öffentlichen Verwaltung. Infos
28. März, 18 Uhr, Online
Webinar Food Matters: Why climate change may hinge on what we eat and how we grow it
Das Wissenschaftsnetzwerk Project Drawdown organisiert dieses Webinar zur Frage, wie sich die Art unserer Ernährung durch den Klimawandel verändern wird. Infos
2. bis 4. April, Wien
Tagung Österreichischer Klimatag
Das Climate Change Centre Austria (CCCA) veranstaltet gemeinsam mit der TU Wien den 24. Österreichischen Klimatag. Er steht unter dem Motto “Stadt und Land im Fluss”. Infos
3. April, 14.30 Uhr, Online
Webinar Innovation for strong sustainability trajectories
Die Agence Française de Développement und das Stockholm Environment Institute veranstalten dieses Webinar. Sie präsentieren eine Studie zu Beziehungen zwischen makroökonomischen Variablen im Zusammenhang mit der Innovation in Entwicklungs- und Schwellenländern. Infos
3. April, 17 Uhr, Online
Webinar Versammlungs- und Strafrecht für klimaaktive Menschen
Die NGO Green Legal Impact lädt zu einem Webinar zum Thema Versammlungs- und Strafrecht für klimaaktive Menschen ein. Die Rechtsanwältin Anna Luczak klärt darin zum Thema auf. Infos
4. und 5. April, Brasília
Arbeitsgruppentreffen G20 Global Mobilization against Climate Change Task Force
Im G20-Zyklus trifft sich die Klimawandel-Task-Force in Brasília. Anfang des Monats findet ein Treffen der Arbeitsgruppe zu Sustainable Finance statt. Infos
Warum sind die Temperaturen in den Weltmeeren seit einem Jahr so rasant gestiegen? Für das größte aktuelle Rätsel in der Klimawissenschaft zeichnen sich nun neue Erklärungen ab: Offenbar liegt es an einer Kombination von Faktoren: Weniger Wärme gelangt in die Tiefsee und die Erde nimmt grundsätzlich mehr Sonnenenergie auf.
Die mittlere Temperatur in den Ozeanen liegt seit Frühjahr 2023 konstant weit über den bisherigen Durchschnitts- und Extremwerten. Grundsätzlich sind die immer höheren Konzentrationen von Treibhausgasen in der Atmosphäre auch die Ursachen der Ozeanhitze. Denn die Meere speichern etwa 90 Prozent der zusätzlichen Erwärmung. Dazu kommt das aktuelle Wetterphänomen El Niño, das rund um den Globus die Temperaturen nach oben treibt.
Die aktuelle Hitzewelle lässt sich nach verschiedenen Berichten vor allem damit erklären, dass die oberste, wärmere Schicht der Ozeane sich weniger mit den kälteren Tiefenschichten mischt – und damit das Wasser an der Oberfläche immer wärmer wird. Das liegt auch an schwächeren Winden, die das Wasser weniger aufwühlen. Auch transportieren sie offenbar weniger Saharastaub, was Wolkenbildung und damit Abkühlung verringert.
Auch andere Faktoren tragen zur Erwärmung bei: Neue Regeln reduzieren den Ausstoß von Rußpartikeln aus der Schifffahrt, die als Aerosole Wolkenbildung anregen und für Kühlung sorgen. Ein Ende der ungewöhnlichen Hitzewelle ist allerdings in Sicht: Daten aus den Ozeanen deuten darauf hin, dass sich das El Niño-Phänomen im Laufe des Jahres abschwächen wird – gefolgt vom nächsten “La Niña”-System, das die Temperaturen unter die aktuellen Extremwerte herunterkühlen könnte. bpo
Das Grünen-geführte Bundeswirtschaftsministerium hat am Mittwoch bestätigt, dass der sogenannte Resilienzbonus für die Solarindustrie vom Tisch ist. Das sei “sehr bedauerlich” schrieb Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) auf dem Kurznachrichtendienst Bluesky. Die Regierung setze sich aber weiter für Fördermöglichkeiten für die Solarindustrie ein.
Die Idee hinter dem Resilienzbonus war, den Einsatz von Komponenten aus Deutschland oder Europa mit einer höheren Vergütung des eingespeisten Stroms zu belohnen. Die Grünen wollten eine solche Regelung ins sogenannte Solarpaket 1 aufnehmen. Der Entwurf für dieses Gesetz, das viele Vereinfachungen für Betreiber von Solaranlagen bringen soll, hängt unter anderem deswegen seit Monaten im Bundestag fest. Die FDP hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass sie dem Bonus nicht zustimmen werde.
Das Solarunternehmen Meyer Burger hatte deshalb bereits am Dienstag verkündet, dass es sein Solarwerk in Freiberg endgültig schließen werde. Die rund 400 Mitarbeitenden hätten ihre Kündigung erhalten. Das Unternehmen hatte den Fortbestand des Werks ganz offen von neuen staatlichen Subventionen abhängig gemacht. rtr/kul
Die vier größten europäischen Schifffahrtsunternehmen Maersk, MSC, CMA CGM und Hapag-Lloyd geben den CO₂-Preis in höherem Umfang an ihre Kunden weiter, als die Reedereien selbst dafür zahlen müssen. Das geht aus einer Untersuchung des Brüsseler Umweltdachverbandes Transport and Environment (T&E) hervor.
Durch die Aufnahme des Maritim-Sektors in das EU-Emissionshandelssystem (ETS) müssen Reedereien seit Jahresbeginn für ihre Fahrten von Hochsee- und Binnenschiffen ab 5000 Bruttoregistertonnen europäische Emissionszertifikate einkaufen. Bei den mehr als 500 von T&E untersuchten Fahrten mit Start oder Ziel in europäischen Häfen haben die Reedereien in fast 90 Prozent der Fälle ihren Kunden mehr als die tatsächlichen Kosten des ETS (aktuell rund 60 Euro pro Tonne CO₂) in Rechnung gestellt.
“Die Schifffahrtsriesen scheinen die Kunden abzuzocken, indem sie Umweltmaßnahmen als Mittel nutzen, um mehr Geld zu verlangen“, sagt T&E-Schifffahrtsexperte Jacob Armstrong. Südeuropäische Regierungen hätten davor gewarnt, dass das ETS die Schiffe aus ihren Häfen in naheliegende Drittstaaten verdrängen würde. “Aber warum sollten sie das tun, wenn sie damit Geld verdienen?”, fragt Armstrong.
T&E schätzt, dass Maersk mit durchschnittlich 60.000 Euro pro Reise die höchsten Gewinne aus den Zuschlägen erzielt, gefolgt von MSC (25.000 Euro), Hapag-Lloyd (23.000) und CMA CGM (14.000). Zwar seien die einzelnen Gewinne für jede Reise oft nicht sonderlich hoch, doch für Schifffahrtsunternehmen mit Hunderten Schiffen bedeute dies jedes Jahr Gewinne in Millionenhöhe durch die Zuschläge, erklären die Autoren der Untersuchung.
Die Experten halten die Tatsache, dass Reedereien am CO₂-Preis mitverdienen, nicht zwingend für falsch. Vielmehr halten sie die Kritik aus der Branche an marktwirtschaftlichen Umweltmaßnahmen für ungerechtfertigt. “Kosten sind kein Hindernis für die Dekarbonisierung des Seeverkehrs, wenn die ehrgeizigsten umweltfreundlichen Maßnahmen die meisten Verbrauchsgüter nur um wenige Cent verteuern würden”, so Armstrong.
Aktuell müssen Reedereien nur für 40 Prozent ihrer Emissionen ETS-Zertifikate einkaufen, ab 2025 steigt der Anteil auf 70 Prozent, 2026 schließlich auf 100 Prozent. luk
Indien hat sein vor einigen Jahren ausgerufenes Ziel erreicht und im Geschäftsjahr 2023/24 mehr als eine Milliarde Tonnen an Stein- und Braunkohle produziert, schreibt The Hindu Business Line. Der Kohle-Output war damit um 6,7 Prozent höher als im Jahr zuvor.
Indien ist nach China der zweitgrößte Kohleproduzent. Kohle deckt dort rund die Hälfte der Energieversorgung. Mit der “Mission 1 Billion Tonnes”, wie Indiens Kohleminister Pralhad Joshi den rasanten Produktionsausbau der letzten Jahre nennt, soll sichergestellt werden, dass “in allen Häusern das Licht an bleibt, während der Kohlesektor die Wirtschaft weiter antreibt”, so Joshi. Noch vor zehn Jahren hatte ein Drittel von Indiens Bevölkerung keinen Zugang zu Strom – mittlerweile fehlt nur noch das letzte Prozent, wie Daten der Weltbank zeigen.
Dem aktuellen Kohlebericht der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge könnte Indiens Kohleverbrauch bis 2026 jährlich um 3,5 Prozent steigen. Während weltweit der Kohleverbrauch bis 2030 den Peak erreichen könnte, erwartet die IEA für Indien, China, Indonesien, Vietnam und die Philippinen einen weiter steigenden Verbrauch. Gemeinsam verbrennen diese Länder 70 Prozent der weltweit produzierten Kohle. lb
Eine Milliarde Euro sollen in die Amazonas-Region in Brasilien und in Französisch-Guyana investiert werden. Einen grünen Investitionsplan dafür stellten der französische Präsident Emmanuel Macron und der brasilianische Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva am Dienstag im brasilianischen Belém vor. In der Stadt im Amazonas-Gebiet soll im kommenden Jahr die COP30 stattfinden. Mit dem Geld sollen Abholzungen und die Folgen des Klimawandels bekämpft werden.
Laut Plan soll in den kommenden vier Jahren von den staatlichen brasilianischen Banken in Zusammenarbeit mit der französischen Investitionsagentur sowie privaten Investitionen eine Milliarde Euro aufgebracht werden. Brasilien hat in diesem Jahr auch die G20-Präsidentschaft inne und will in diesem Kontext um Investitionen werben. Zusätzlich sollen Partnerschaften zwischen Universitäten der beiden Länder ausgebaut werden. Es ist das erste Mal seit elf Jahren, dass ein französischer Präsident Brasilien besucht. Frankreich und Brasilien wollen die Beziehungen zwischen den beiden Ländern wieder vertiefen, nachdem es unter der Regierung von Ex-Präsident Jair Bolsonaro zu Reibereien gekommen war.
Zum Regenwaldschutz in Brasilien gibt es aktuell verhalten positive Signale. Im letzten Jahr war die Entwaldung im Amazonas um 50 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig stieg sie aber in der Savannenregion Cerrado an, und in der Amazonas-Region soll weiter Öl gefördert werden. kul
Halbiert sich der globale Konsum von rotem Fleisch und Zucker und verdoppelt sich zugleich der Konsum von gesunden Produkten wie Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse, würde das helfen, das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Lebensmittel und Energiepreise wären so vergleichsweise günstiger und die Abhängigkeit von CO₂-Entnahmetechnologien würde sinken. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer neuen Studie, die am Mittwoch im Fachmagazine “Science Advances” veröffentlicht wurde.
Die sogenannte Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission würde “das globale CO₂-Budget für das 1,5-Grad-Ziel von aktuell 500 Gigatonnen um 125 Gigatonnen erweitern”, so Leitautor Florian Humpenöder, der am PIK zu Transformationspfaden forscht. Durch den geringeren Fleischkonsum und einer weniger intensiven Landwirtschaft werde weniger Methan und Lachgas emittiert, heißt es in der Studie. Beide sind vielfach klimaschädlicher als CO₂ und werden entsprechend ihrer Klimawirksamkeit im CO₂-Budget erfasst.
Die Studie zeigt auch weitere Vorteile einer gesünderen Ernährung:
Schon jetzt treibt der Klimawandel die Inflation an, wie eine weitere Studie des PIK zeigt. Um 2035 herum könnten die Lebensmittelpreise durch die höheren Temperaturen um bis zu 3,2 Prozentpunkte pro Jahr steigen.
Wie die Ernährungswende tatsächlich gelingen kann, war nicht Gegenstand der neuen Studie. Die Forschenden merken aber an, dass die Besteuerung von Lamm- und Rindfleisch inklusive sozialer Ausgleichsregelungen, ein gesünderes Angebot in Kantinen und Werbeverbote von gesundheitsschädlichen Produkten hilfreich sein könnten. Ein Hindernis sei, dass die Entscheidungskompetenzen auf verschiedene Institutionen und Ministerien verteilt seien. lb
Unsere Gesellschaft steckt in einer doppelten Krise, verursacht durch den fortschreitenden Klimawandel und die wachsenden sozialen Spannungen. Beides ließe sich bewältigen – vorausgesetzt, die nötigen Investitionen werden fair finanziert und die entstehenden Kosten gerecht verteilt.
Besonders hohe Einkommen und Vermögen stärker zu besteuern, ist dafür unabdingbar. Anderenfalls werden genau jene ärmeren Bevölkerungsgruppen durch die ökologische Transformation besonders stark belastet, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben. Das birgt großes Konfliktpotenzial, insbesondere in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Ökologie und Soziales gemeinsam zu bedenken und in der Steuerpolitik zu berücksichtigen, wirkt dem entgegen.
Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden. Dafür müssen Kohle, Öl und Gas komplett durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Der Wandel braucht keine Wundertechnologien, sondern einen möglichst schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien, Netzen, Speichern, Ladesäulen und eine möglichst konsequente Einsparung von Energie.
Massive Investitionen sind vonnöten, geschätzt auf 70 bis 80 Milliarden Euro jährlich – etwa zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Um sie zu ermöglichen, kommt dem Staat eine entscheidende Rolle zu. Bisher sind die notwendigen Maßnahmen für Investoren nicht rentabel. Das heißt, dass Arbeit und Kapital zu langsam in die entsprechenden Sektoren fließt. Um das zu ändern, sind Subventionen notwendig.
Eine Steuerung der Transformation nur über höhere Preise wird nicht ausreichend sein. Sie wirken regressiv, belasten also Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen besonders stark. Außerdem werden sie zu schnell zum Spielball politischer Ideologien, wie wir es beim Tankrabatt gesehen haben.
In Deutschland besitzen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung rund 60 Prozent des Gesamtvermögens, während die ärmere Hälfte praktisch über kein Vermögen verfügt. Und während die untere Hälfte der Bevölkerung einen durchschnittlichen CO₂-Fußabdruck von 5,9 Tonnen pro Jahr hat, emittiert das reichste Prozent 117,9 Tonnen.
Die politischen Folgeschäden sind enorm, wenn ausgerechnet die Bevölkerungsgruppen, die durch ihre relativ geringen Emissionen vergleichsweise wenig zum Klimawandel beitragen, einen überproportionalen Teil der Kosten der ökologischen Transformation zu tragen haben. Das kann, insbesondere in Krisenzeiten, einen fruchtbaren Nährboden für populistische Bewegungen entstehen lassen.
Um den sozialen Zusammenhalt während der Klimatransformation zu gewährleisten, ist es deshalb unerlässlich, die soziale Frage stärker in den öffentlichen Diskurs einzubeziehen. Die wirtschaftliche Transformation muss unter dem Gesichtspunkt der Verteilungspolitik betrachtet werden.
Eine stärkere Besteuerung der Spitzenverdiener und Vermögenden würde dabei gleichzeitig die Finanzierung der grünen Transformation stärken und der Ungleichheit in Deutschland entgegenwirken – was wiederum dazu beitragen würde, die gesellschaftliche Spaltung zu verringern.
Doch eine konstruktive Diskussion über Steuern wird oft von Mythen verhindert, wie dem Mythos, Deutschland sei ein Hochsteuerland. Zwar stimmt dies in Bezug auf Einkommen, schauen wir uns aber Vermögen an, ist Deutschland ein Niedrigsteuerland. Eine ausgesetzte Vermögenssteuer und eine löchrige Erbschaftssteuer voller Ausnahmeregelungen tragen dazu bei.
Eine höhere Besteuerung von Vermögen, von der nur ein kleiner Teil der Bevölkerung betroffen wäre, würde bei einer entsprechenden Ausgestaltung mit Freibeträgen und Stundungsmöglichkeiten Investitionen nicht abwürgen. Stattdessen würde sie bessere Möglichkeiten aktiver Industriepolitik eröffnen und so dafür sorgen, dass diese Investitionen in die für die ökologische Transformation notwendigen Bereiche fließen.
Ein weiterer Mythos betrifft die wirtschaftlichen Schäden einer stärkeren Besteuerung. Zwar ist es notwendig, darauf zu achten, nicht die Substanz von Unternehmen anzugreifen. Tatsächlich führen aber hohe Geldansammlungen nicht zwangsläufig zu mehr Investitionen in die Realwirtschaft.
Je nach Ausgestaltung könnte eine Kombination aus
Dutzende Milliarden Euro einbringen. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit schätzt die Gerechtigkeitslücke im deutschen Steuersystem auf 75 bis 100 Milliarden Euro.
Der Dreiklang aus notwendigen Investitionen in die Zukunft, der Ablehnung neuer Schulden, sowie der Ablehnung von Steuererhöhungen für die Reichsten wird nicht funktionieren.
Um den sozialen Frieden nicht noch weiter zu gefährden, ist eine stärkere Besteuerung derjenigen, die in den vergangenen Jahren am meisten von unserem Wirtschaftssystem profitiert haben, unabdingbar – nicht aufgrund von Neid oder moralischer Verteufelung von Reichtum, sondern weil eine gerechtere Verteilung der Lasten und Chancen in unserer Gesellschaft notwendig ist, um langfristige Stabilität und Prosperität für alle zu gewährleisten.
Till Kellerhoff ist Programmdirektor des Club of Rome und ist seit 2021 als globaler Koordinator der internationalen Initiative Earth4All tätig. Am 26. März 2024 ist im oekom Verlag das Buch “Tax the Rich. Warum die Reichen zahlen müssen, wenn wir die Welt retten sollen” erschienen, das Kellerhoff gemeinsam mit dem Nachhaltigkeitsforscher Jørgen Randers geschrieben hat.
Auch aufgrund des Klimawandels sind Schoko-Osterhasen in diesem Jahr teurer. Der Grund: Wetterextreme in Westafrika, der wichtigsten Erzeugerregion für Schokolade, führten zu schlechten Ernten. Die Importpreise für Kakao sind deshalb im Januar um 73,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen.
Eine Analyse von Ben Clarke vom Imperial College London kommt zu dem Schluss, dass die Klimakrise für diese Wetterextreme verantwortlich ist. Der Starkregen in der Region sei durch den Klimawandel zehnmal wahrscheinlicher geworden. Der so immer häufiger auftretende Starkregen im Wechsel mit Dürreperioden führt demnach in Kombination mit “El Niño” zu mageren Ernten und der Verbreitung von Pilzerkrankungen. Eine Gefahr sei die sogenannte “Cocoa Swollen Shooting Virus Disease”, schreibt die NGO WWF. Die Krankheit breite sich in den Kakao-Monokulturen schnell aus. Bei Befall müsse die ganze Plantage zerstört werden. Um dem entgegenzuwirken, sei es nötig, auf nachhaltigere Anbausysteme, beispielsweise Agroforstsysteme, zu setzen.
Der Zahlungsdienstleister Sumup hatte analysiert, dass Schokohasen in diesem Jahr bis zu 20 Prozent teurer sind als im Vorjahr. Die Preissteigerung lässt sich demnach aber nicht ausschließlich auf den Klimawandel zurückführen. Denn der Kakao für die Hasen, die nun verkauft werden, wurde schon im vergangenen Jahr zu niedrigeren Preisen produziert. kul