wir erholen uns immer noch mit Mühe von einer Wahlnacht, die an die Nerven ging. Schon bald war allerdings klar, dass das große Thema Klimakrise bei diesen Wahlen kaum eine Rolle gespielt hat. Heute lassen wir deshalb die Klimaszene mit ihren “Do’s” und “Dont’s” zu Wort kommen: Von Klima-Union und BDI bis Fridays for Future listen wir die Klimaforderungen der Engagierten und Informierten an den künftigen Kanzler Friedrich Merz auf. Dazu liefern wir eine Liste, welche Klima-Expertinnen und -Experten der potenziellen Regierungsfraktionen es in den neuen Bundestag geschafft haben. Und wir zeigen exklusiv eine Grafik, die einen besorgniserregenden Trend zeigt: Dass auch in Deutschland Klimaschutz inzwischen zu einer Aufgabe des linken politischen Spektrums geworden ist – und Konservative damit wenig zu tun haben wollen.
Sorgen gibt es auch aus Hangzhou in China zu berichten. Da tagt der IPCC und muss sich nun final auf einen Zeitplan für den 7. Sachstandsbericht im Jahr 2028/29 einigen. Lange hin, könnte man denken, aber wenn sich das verzögert, wie es manche Staaten wollen, kann es mögliche Maßnahmen im internationalen Klimaschutz weit zurückwerfen – und die Rolle der Wissenschaft in diesem Prozess weiter beschädigen.
Noch ein Wort in eigener Sache: Mit diesem 225. Climate.Table endet die Tradition des regelmäßigen Editorials. Ab der nächsten Ausgabe schalten wir auf ein anderes Layout mit mehr Übersicht und direktem Zugang zu den Texten um. Da geht es dann direkt zu unseren News und Analysen, ohne Vorbemerkungen in diesem “Edi”. Wir freuen uns auf den Schritt und bleiben natürlich für Sie da – nur nicht mehr mit einführenden Worten, sondern in der Arbeit an den Texten. Melden Sie sich trotzdem weiterhin gern mit Fragen, Anregungen und Tipps bei uns!
Und auch ohne “Edi” und mit neuer Regierung: Wir bleiben für Sie dran!
Die nächste Bundesregierung steht im Klimaschutz vor großen Aufgaben. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob Deutschland auf einen Pfad kommt, um seine ehrgeizigen Pläne für 2030 zu erreichen: unter anderem eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 und den Ausbau der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs.
Auch international sind die kommenden fünf Jahre zentral. Laut dem IPCC müssen die globalen Emissionen bis 2030 um rund die Hälfe reduziert werden, um noch eine Chance zu erhalten, die Erderhitzung bis 2100 bei 1,5 Grad Celsius zu stoppen. Deutschland muss in diesem Zusammenhang als führende Wirtschaftsnation in Europa eine zentrale Rolle spielen.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen hat Table.Briefings wichtige Stakeholder der deutschen Klimapolitik nach ihren zentralen Forderungen an eine neue Bundesregierung gefragt. Nach der Konzentration auf die politischen Parteien im Wahlkampf waren nun besonders Thinktanks, Unternehmensverbände und NGOs im Fokus. Was sind die drei wichtigsten Punkte, die aus ihrer Sicht die Regierung unbedingt und schnell angehen muss – und welche Fehler gilt es auf jeden Fall zu vermeiden? Hier die Übersicht:
Was sollte die nächste Regierung möglichst schnell umsetzen?
Was sollte die nächste Regierung unbedingt vermeiden?
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
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Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
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Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Bernhard Pötter, Nico Beckert, Alexandra Endres, Lukas Knigge
Die Rolle der Wissenschaft in der internationalen Klimapolitik gerät immer stärker unter Druck. Dem zentralen Verbindungsgremium von Politik und Wissenschaft, dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), droht ein Verlust an Bedeutung und Einfluss. Die Plenumssitzung, die vom 24. bis 28. Februar im chinesischen Hangzhou stattfindet, ist die letzte Chance, einen Zeitplan zu verabschieden, mit dem der IPCC auch in Zukunft die politischen Entscheider rechtzeitig mit relevanten Informationen versorgen kann.
Bei den zwei vorigen Plenarsitzungen gab es dazu bereits keine Einigung. Die AOSIS-Staaten und die LDC-Länder drängen nun auf eine Einigung, ebenso wie die “High Ambition Coalition” aus fortschrittlichen Industrie- und Entwicklungsländern. Für sie ist die “Verfügbarkeit des letzten Stands der Wissenschaft zur Unterrichtung des Global Stocktakes ein fundamentales Element des Pariser Abkommens. Ginge sie verloren, würde das die Glaubwürdigkeit und Integrität des Abkommens untergraben.”
Rund um diese technische Frage des Zeitrahmens bedrohen Interessengegensätze unter den Delegationen und der Druck von “Bremserländern” den Ruf des Gremiums. Dazu kommen massive Angriffe der neuen US-Regierung auf die Arbeit und die Finanzierung des Gremiums. Kurz vor der Sitzung hat die Trump-Administration der US-Delegation die Reise zur Konferenz untersagt und die Unterstützung für die Geschäftsstelle ihrer Arbeitsgruppe (TSU) gestrichen.
In Hangzhou treffen sich die Delegationen aus 195 IPCC-Ländern zu einer fünftägigen Sitzung mit einem extrem vollen Programm, um den Siebten Sachstandsbericht (AR7) vorzubereiten. Dieser soll nach bisherigen Plänen 2028/29 erscheinen. Das Plenum von Hangzhou soll folgende Dinge beschließen:
Besonders umstritten ist der Zeitplan für die Verabschiedung der Berichte aus den WG I (Mai 2028), WG II (Juni 2028) und WG III (Juli 2028). Vor allem der politisch brisante Bericht der WG III (Minderung/Mitigation) käme damit nur wenige Monate vor der COP33, die im November 2028 wahrscheinlich in Indien stattfinden soll. Auf dieser COP wird das zweite “Global Stocktake” (GST) als Bestandsaufnahme der weltweiten Bemühungen zum Klimaschutz Bilanz ziehen und Maßnahmen beschließen, um das Pariser Abkommen zu erfüllen. Und besonders die Schlussfolgerungen der WG III zu konkreten Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels (wie Ausbau der Erneuerbaren, Ausstieg aus den Fossilen oder technische Lösungen wie CCS) werden die erwarteten harten politischen Debatten auf der COP33 prägen.
Selbst wenn es in Hangzhou zu einer Einigung auf den Zeitplan käme, sehen viele Experten eine Gefahr: Bei nur geringen Verzögerungen könnte die Diskussion der traditionell brisanten WG-III-Ergebnisse so weit verschoben werden, dass sie die GST-Debatten auf der COP33 nicht mehr beeinflussen. Das würde den Druck senken, auf der COP33 zu schärferen Beschlüssen etwa bei der Senkung von Treibhausgas-Emissionen oder beim Ausstieg aus den Fossilen zu kommen – etwas, das zwischen Vorreiterdelegationen und klassischen Bremserstaaten schon immer umstritten ist.
Damit erreicht das Tauziehen um mehr oder weniger ambitionierte Klimabeschlüsse endgültig auch das Expertengremium IPCC. Hier verständigen sich normalerweise Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Regierungsdelegationen der UN-Staaten über die grundlegenden Fakten in der Klimakrise. Aus Verhandlungsprotokollen und Berichten von Teilnehmern lassen sich die internen Debatten im IPCC nachvollziehen. Sie zeigen über die letzten Jahre immer deutlicher eine Polarisierung zwischen “Vorreitern” wie der EU und anderen Europäern, karibischen und lateinamerikanischen und manchen afrikanischen Ländern und “Bremsern” wie Indien, China, Saudi-Arabien, Südafrika, Kenia und Ägypten – und neuerdings unter Trump auch den USA.
Was sich auf der politischen Bühne der COPs schon lange abzeichnet, erreicht nun auch abgeschwächt den IPCC. Und anders als bei den COPs fehlt im IPCC zu großen Teilen die öffentliche Aufmerksamkeit, wenn etwa Bremserstaaten verhindern, dass bestimmte wissenschaftliche Fakten in Dokumente einfließen. Der IPCC-Vorsitzende Jim Skea und das Sekretariat wollten sich auf Anfrage von Table.Briefings vor der Konferenz nicht zu diesen Debatten äußern.
In der konkreten Debatte um den AR7-Zeitrahmen argumentieren Delegationen etwa aus Indien, China, Saudi-Arabien und Südafrika damit, man solle “die Wissenschaft nicht kompromittieren“. Bei einem straffen Zeitplan würden Entwicklungsländer benachteiligt: Ihnen bliebe nicht genug Zeit für wissenschaftliche Veröffentlichungen, Auswahl der Autoren, zusätzliche Sitzungen der Wissenschaftler und Rückmeldungen von den Regierungen. Ähnlich argumentieren diese Länder auch immer bei den UNFCCC-Verhandlungen. In Baku etwa stellten sie teilweise die Rolle des IPCC im Klimaprozess infrage oder schlugen vor, Entscheidungen auch auf “nicht-IPCC-Quellen” zu stützen – was viele Experten als grundsätzlichen Angriff auf die Wissenschaft sehen.
Demgegenüber drängen die “Vorreiter” im IPCC auf eine schnelle Behandlung der Themen. Die Menge an wissenschaftlicher Literatur wachse so schnell, dass eine Bewertung schwierig werde. Dabei sei es umso wichtiger, im GST die aktuellen Warnungen der Wissenschaft zu berücksichtigen. Ein Schreiben von 40 IPCC-Verhandlern aus Entwicklungsländern aus dem letzten Jahr etwa drängt darauf, vor dem GST fertig zu sein, um “die Integrität der internationalen Klima-Kooperation” aufrechtzuerhalten. Fehlende Inklusion von Stimmen aus Entwicklungsländern ließe sich eher über direkte Hilfen als über Verzögerung sicherstellen. Komme der AR7-Bericht zu spät für das GST, würden “wichtige südliche Perspektiven fehlen” und man würde “riskieren, dass der IPCC für das GST irrelevant würde”.
Bisher waren die IPCC-Berichte hochrelevant für zentrale Entscheidungen der COPs. Beispielsweise:
Diese wichtige Rolle des IPCC gerät nun vor allem auch durch die Trump-Administration stärker unter Druck. Neben dem angekündigten Ausstieg aus dem Pariser Abkommen, den Kürzungen quer durch alle US-Behörden im Bereich Klimaschutz und in der internationalen Klimafinanzierung hat die Anti-Klimaschutz-Politik nun auch die Wissenschaft erreicht: Die US-Delegation bekam Ende vergangener Woche nach internen Informationen eine “Stop Working”-Anordnung. Die NASA-Chefwissenschaftlerin Katherine Calvin, Co-Vorsitzende der WG III des AR7, reiste deshalb nicht zur Konferenz. Ebenso liegt die Arbeit der Geschäftsstelle (TSU) für ihre WG III damit brach, deren Finanzierung von etwa 1,5 Millionen US-Dollar gestrichen wurde. Insgesamt fehlt dem IPCC durch den Rückzug der USA etwa ein Drittel seines Budgets von 2024.
Die harten und oft polemisch geführten Debatten rund um Energiewende und Klimaschutz im Wahlkampf und in der sonstigen politischen Debatte hinterlassen offenbar ihre Spuren: Die Bevölkerung in Deutschland teilt sich auch bei der Frage nach mehr oder weniger Klimaschutz immer stärker entlang grundsätzlich politischer Überzeugungen: Anhängerinnen und Anhänger der Grünen, SPD und Linken sprechen sich klar für eine ambitioniertere Klimapolitik aus, während Wählerinnen und Wähler von CDU/CSU, FDP, AfD und BSW Klimaschutzmaßnehmen eher kritisch sehen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag der EON-Stiftung. Die Ergebnisse zeigten, dass sich “das Ringen um Klimaschutz zunehmend entlang ideologischer Grenzen verhärtet”, sagt Stephan Muschick, Geschäftsführer der EON-Stiftung.
Auch eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung war im vergangenen Jahr schon zu dem Ergebnis gekommen, dass unter anderem beim Thema “Klima” die Polarisierung zunimmt. Damit folgt die Entwicklung auch in Deutschland einer Tendenz wie in anderen Ländern, etwa den USA. Dort werden Umwelt- und Klimaschutz weniger als gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, sondern als parteipolitisch linke Projekte angesehen. Damit wächst die Gefahr, dass sie zwischen die Fronten von politisch instrumentalisierten “Kulturkämpfen” geraten. kul
Bisher waren die Themen Klima, Energie und Umwelt in der deutschen Politik klar mit den Grünen verknüpft. Doch weil diese der neuen Bundesregierung voraussichtlich nicht angehören werden, rücken nun die Klimapolitiker von Union und SPD in den Fokus. Offiziell schweigen die Parteien dazu, wer in möglichen Koalitionsverhandlungen welches Thema betreut. Doch weil das Personaltableau der Parteien bei diesem Thema nicht gerade üppig ist, ist naheliegend, wer bei den Sondierungen und Verhandlungen zu diesem Themenbereich auftauchen dürfte.
Die Unionsfraktion hat mit Thomas Heilmann einen profilierten Klimapolitiker verloren: Der Vorsitzende der Klimaunion, der mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verschiebung der Entscheidung über das Gebäudeenergiegesetz erzwungen hatte, hat nicht erneut für den Bundestag kandidiert. Als Klimaexperte erhalten bleiben der Fraktion Parteivize Andreas Jung, der seinen Wahlkreis in Konstanz erneut direkt gewonnen hat. Weiterhin für die CDU im Bundestag vertreten sind auch:
Auch bei der SPD ist die Zahl der Klimapolitikerinnen und -politiker übersichtlich:
Nicht wiedergewählt wurden die bisherige Vorsitzende des Klima- und Energieausschusses, Katrin Zschau, und der Energiepolitiker Robin Masarosch, der zuletzt mit scharfen Angriffen gegen die Atompolitik der Union aufgefallen war.
Mit Svenja Schulze hat die SPD eine ehemalige Umweltministerin in der Fraktion; allerdings war sie zuletzt Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und dürfte in den Koalitionsverhandlungen eher dieses Thema betreuen. Als weithin anerkannter Klimaexperte gilt auch ihr Staatssekretär Jochen Flasbarth, der aber über kein Bundestagsmandat und keine Hausmacht innerhalb der Partei verfügt. Ähnliches gilt für den DNR-Präsidenten Kai Niebert, der in der Klima- und Umweltszene gut vernetzt ist und als SPD-Mitglied seine Partei regelmäßig zu diesen Themen berät. mkr
Die Abgaben des europäischen CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) sollen erst im Februar 2027 eingeführt werden, statt wie ursprünglich geplant Anfang 2026. Das geht aus dem Entwurf zur Überarbeitung des CBAM der EU-Kommission hervor, der Table.Briefings vorliegt und am Mittwoch (26. Februar) vorgestellt werden soll.
Derzeit läuft die Testphase des CBAM, in der Importeure von CBAM-pflichtigen Produkten die Emissionen bei der Herstellung zwar berichten müssen, aber noch keine Abgabe zahlen müssen. Die Kommission will vor allem kleine und mittelständische Unternehmen bei der Bürokratie entlasten und schlägt daher zahlreiche Änderungen am CBAM vor.
Der Entwurf sieht vor:
Damit die Unternehmen ausreichend Zeit haben, um die Änderungen umzusetzen, soll der verpflichtende Kauf von CBAM-Zertifikaten beim Import in den EU-Binnenmarkt um ein Jahr verschoben werden. EU-Parlament und Rat müssen den Vorschlägen noch zustimmen. Die turnusmäßige Überprüfung und die potenzielle Erweiterung des CBAM auf weitere Sektoren soll weiterhin wie geplant 2026 stattfinden. luk
Die grüne Wirtschaft wächst in Großbritannien laut einem neuen Bericht des britischen Industrieverbands dreimal schneller als der Rest der Wirtschaft. Die von der Confederation of British Industry in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die britische Netto-Null-Wirtschaft im vergangenen Jahr um zehn Prozent gewachsen ist. Im Vorjahr lag das Wachstum noch bei neun Prozent, wie der Guardian berichtet. Die Studienautoren haben folgende Sektoren untersucht: Erneuerbare Energien, E-Autos, Wärmepumpen, Energiespeicher, grüne Finanzanlagen und Abfallwirtschaft und Recycling.
In diesen grünen Wirtschaftssektoren:
Die Chefökonomin des britischen Industrieverbands CBI, Louise Hellem, sagt zu den Ergebnissen: “Es ist klar, dass es kein Wachstum ohne Klimaschutz geben kann – 2025 ist das Jahr, in dem es wirklich darauf ankommt”. nib
Nach einem Misserfolg im vergangenen Jahr geht die Weltnaturkonferenz in die Verlängerung: Vier Monate nach dem Scheitern in Kolumbien kommen Vertreter aus annähernd 200 Ländern am Dienstag in Rom erneut zusammen. Im November hatte sich die 16. UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt (COP16) nicht einigen können. Insbesondere um Finanzierung und Umsetzung früherer Beschlüsse gab es bis zuletzt Streit.
Für den neuen Anlauf haben die Delegierten nun bis Donnerstagabend Zeit – drei Tage also. Das Treffen in der kolumbianischen Stadt Cali war nach zwei Wochen auch daran gescheitert, dass nach einer Verlängerung nicht mehr ausreichend Delegierte anwesend waren, um einen Beschluss zu fassen: Viele hatten sich schon auf den Heimweg gemacht. Umweltschützer sprachen von einer “Blamage”.
Zu den Teilnehmern in Rom gehört auch Deutschland – die USA als eines von wenigen UN-Mitgliedsländern aber nicht. Bereits vor der Rückkehr von Donald Trump als Präsident ins Weiße Haus waren sie in Kolumbien nur als Beobachter vertreten, denn sie sind dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) von 1992 nicht beigetreten. Dessen Mitglieder hatten sich im Grundsatz 2021 auf einen “Weltnaturvertrag” mit Zielen verständigt, die bis 2030 erreicht werden sollen. Beispielsweise wurde vereinbart, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.
Zudem sollten die beteiligten Industrieländer eigentlich jetzt schon jedes Jahr 20 Milliarden US-Dollar (etwa 19 Milliarden Euro) für den Schutz der Artenvielfalt bereitstellen. 2030 sollen es dann 30 Milliarden sein. Die konkrete Umsetzung ist jedoch bis heute nicht geklärt. An der Aufforderung von UN-Generalsekretär António Guterres hat sich also nichts geändert: “Ihre Aufgabe auf dieser COP ist es, den Worten Taten folgen zu lassen.” Aus Sicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind die Gräben zwischen Industriestaaten und deutlich weniger entwickelten Ländern inzwischen allerdings tiefer geworden.
Geleitet wird das Treffen von Kolumbiens Umweltministerin Susana Muhamad, die kürzlich ihren Rücktritt als Ministerin eingereicht hat, aber vorläufig noch im Amt ist. Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigte zuletzt der “Living Planet Report 2024” der Umweltstiftung WWF und der Zoologischen Gesellschaft London. Demnach gingen weltweit die Populationen von insgesamt 35.000 Wildtierarten im vergangenen halben Jahrhundert um durchschnittlich 73 Prozent zurück. Der WWF warnte vor einem abermaligen Scheitern der Konferenz. dpa
Die Klimaschäden durch den Ukraine-Krieg erreichen laut einer Studie neue Höchststände. In den vergangenen zwölf Monaten stiegen die CO₂-Emissionen um 31 Prozent – insgesamt wurden in den vergangenen drei Kriegsjahren 230 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente durch Russlands Überfall auf die Ukraine emittiert. Dies entspricht den jährlichen Emissionen von Österreich, Ungarn, der Tschechischen Republik und der Slowakei zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt die halbjährlich erscheinende Studie “Climate Damage Caused by Russia’s War in Ukraine” von der gemeinnützigen internationalen Forschungsgruppe “Initiative on GHG Accounting of War”.
Zum ersten Mal in drei Jahren machen die Kampfhandlungen mit 82 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente den größten Teil der gemessenen klimarelevanten Emissionen des Krieges aus – und übertrafen damit die Emissionen aus dem Wiederaufbau beschädigter Gebäude und Infrastruktur (62,2 Millionen Tonnen). Das Jahr 2024 prägten zudem durch den Krieg bedingte Waldbrände. Es brannte doppelt so viel Wald wie in den Vorjahren. Die gesamten daraus entstandenen Emissionen belaufen sich auf 48,7 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Verstärkte Angriffe auf die Energieinfrastruktur, besonders auf Ölanlagen, führten im vergangenen Jahr zu einem Anstieg der Emissionen in dieser Kategorie um 16 Prozent (19 Millionen Tonnen).
Die Autorinnen und Autoren der Studie fordern, Russland für diese Emissionen und die klimabedingten Schäden haftbar zu machen. Wende man die “sozialen Kosten von CO₂” in Höhe von 185 US-Dollar pro Tonne CO₂-Äquivalent an, belaufe sich Russlands Haftung nach drei Kriegsjahren auf über 42 Milliarden US-Dollar. Nicht nur die Klima-, sondern auch die Umweltdelikte Russlands sind signifikant. Seit Februar 2022 dokumentierte die ukrainische zivilgesellschaftliche Organisation Ecoaction insgesamt 2.026 Umweltdelikte. 2024 waren es insgesamt 450 Fälle. asc
Süddeutsche: Sinnlose Zertifikate. Fluggesellschaften setzen CO₂-Zertifikate ein, um ein umweltfreundliches Image zu pflegen. Programme wie TREES führen jedoch zu keiner nennenswerten Reduktion – sie sparen buchstäblich keine einzige Tonne CO₂ ein. Experten rechnen zudem damit, dass Zertifikate aus Guyana lediglich etwa 16 Prozent der versprochenen CO₂-Einsparungen erzielen. Zum Artikel
Spiegel: In Kreuzfahrtschiffen gegen den Klimawandel. Zum ersten Mal wird eine COP am Rande eines tropischen Regenwaldes abgehalten – einem Gebiet, das für das Klima der Erde von enormer Bedeutung ist. Die am Wasser gelegene Stadt Belém fungiert als Tor zum Amazonas, einem der größten und artenreichsten Regenwaldgebiete weltweit. Allerdings widerspricht der Vorschlag der brasilianischen Regierung, während der Konferenz Luxuskreuzfahrtschiffe als Unterkünfte einzusetzen, um möglichst vielen Besucherinnen und Besuchern eine komfortable Unterkunft zu bieten, den Zielen des Treffens. Zum Artikel
Climate Home News: Abholzung in Kolumbien steigt wieder. Trotz des Anstiegs der Abholzung betonte die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad, dass das Jahr 2024 die zweitniedrigste Abholzungsrate der letzten zwei Jahrzehnte aufweise. Im vergangenen Jahr lag die Abholzung bei 1.070 Quadratkilometer, nachdem sie von etwa 1.235 Quadratkilometern im Jahr 2022 auf knapp über 792 Quadratkilometer im Jahr 2023 gesunken war. Zum Artikel
NZZ: Die Nachteile des Geoengineering. Die künstliche Verdunkelung der Sonne zur Abkühlung des Klimas ist ein umstrittenes Vorhaben. Aufgrund der hohen Risiken wird diese Technologie lediglich als letzte Notlösung im Klimaschutz betrachtet. Der britische Geograf Duncan McLaren betont zudem, dass die Reduzierung von Emissionen zusätzliche positive Effekte mit sich bringt, die solares Geoengineering nicht bieten kann – etwa die Verringerung der durch Luftverschmutzung verursachten Todesfälle. Zum Artikel
Deutsche Welle: Religiöses Fest sorgt für Umweltprobleme. Die Maha Kumbh Mela, das bedeutendste Fest für Hindus im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh, zählt zu den größten religiösen Veranstaltungen der Welt. Rund ein Drittel der über 1,4 Milliarden Inder nimmt an der sechswöchigen Feier an den Ufern von Ganges und Yamuna teil. Doch ein Ereignis dieser Größenordnung bringt erhebliche Umweltprobleme mit sich. Der massive Zustrom von Millionen Pilgern belastet die lokalen Wasserressourcen und Ökosysteme und führt zur Entstehung großer Mengen an Abfall, darunter auch nicht biologisch abbaubare Materialien. Zum Artikel
wir erholen uns immer noch mit Mühe von einer Wahlnacht, die an die Nerven ging. Schon bald war allerdings klar, dass das große Thema Klimakrise bei diesen Wahlen kaum eine Rolle gespielt hat. Heute lassen wir deshalb die Klimaszene mit ihren “Do’s” und “Dont’s” zu Wort kommen: Von Klima-Union und BDI bis Fridays for Future listen wir die Klimaforderungen der Engagierten und Informierten an den künftigen Kanzler Friedrich Merz auf. Dazu liefern wir eine Liste, welche Klima-Expertinnen und -Experten der potenziellen Regierungsfraktionen es in den neuen Bundestag geschafft haben. Und wir zeigen exklusiv eine Grafik, die einen besorgniserregenden Trend zeigt: Dass auch in Deutschland Klimaschutz inzwischen zu einer Aufgabe des linken politischen Spektrums geworden ist – und Konservative damit wenig zu tun haben wollen.
Sorgen gibt es auch aus Hangzhou in China zu berichten. Da tagt der IPCC und muss sich nun final auf einen Zeitplan für den 7. Sachstandsbericht im Jahr 2028/29 einigen. Lange hin, könnte man denken, aber wenn sich das verzögert, wie es manche Staaten wollen, kann es mögliche Maßnahmen im internationalen Klimaschutz weit zurückwerfen – und die Rolle der Wissenschaft in diesem Prozess weiter beschädigen.
Noch ein Wort in eigener Sache: Mit diesem 225. Climate.Table endet die Tradition des regelmäßigen Editorials. Ab der nächsten Ausgabe schalten wir auf ein anderes Layout mit mehr Übersicht und direktem Zugang zu den Texten um. Da geht es dann direkt zu unseren News und Analysen, ohne Vorbemerkungen in diesem “Edi”. Wir freuen uns auf den Schritt und bleiben natürlich für Sie da – nur nicht mehr mit einführenden Worten, sondern in der Arbeit an den Texten. Melden Sie sich trotzdem weiterhin gern mit Fragen, Anregungen und Tipps bei uns!
Und auch ohne “Edi” und mit neuer Regierung: Wir bleiben für Sie dran!
Die nächste Bundesregierung steht im Klimaschutz vor großen Aufgaben. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, ob Deutschland auf einen Pfad kommt, um seine ehrgeizigen Pläne für 2030 zu erreichen: unter anderem eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 und den Ausbau der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs.
Auch international sind die kommenden fünf Jahre zentral. Laut dem IPCC müssen die globalen Emissionen bis 2030 um rund die Hälfe reduziert werden, um noch eine Chance zu erhalten, die Erderhitzung bis 2100 bei 1,5 Grad Celsius zu stoppen. Deutschland muss in diesem Zusammenhang als führende Wirtschaftsnation in Europa eine zentrale Rolle spielen.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen hat Table.Briefings wichtige Stakeholder der deutschen Klimapolitik nach ihren zentralen Forderungen an eine neue Bundesregierung gefragt. Nach der Konzentration auf die politischen Parteien im Wahlkampf waren nun besonders Thinktanks, Unternehmensverbände und NGOs im Fokus. Was sind die drei wichtigsten Punkte, die aus ihrer Sicht die Regierung unbedingt und schnell angehen muss – und welche Fehler gilt es auf jeden Fall zu vermeiden? Hier die Übersicht:
Was sollte die nächste Regierung möglichst schnell umsetzen?
Was sollte die nächste Regierung unbedingt vermeiden?
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
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Was sollte möglichst schnell umgesetzt werden?
Unbedingt vermeiden:
Bernhard Pötter, Nico Beckert, Alexandra Endres, Lukas Knigge
Die Rolle der Wissenschaft in der internationalen Klimapolitik gerät immer stärker unter Druck. Dem zentralen Verbindungsgremium von Politik und Wissenschaft, dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), droht ein Verlust an Bedeutung und Einfluss. Die Plenumssitzung, die vom 24. bis 28. Februar im chinesischen Hangzhou stattfindet, ist die letzte Chance, einen Zeitplan zu verabschieden, mit dem der IPCC auch in Zukunft die politischen Entscheider rechtzeitig mit relevanten Informationen versorgen kann.
Bei den zwei vorigen Plenarsitzungen gab es dazu bereits keine Einigung. Die AOSIS-Staaten und die LDC-Länder drängen nun auf eine Einigung, ebenso wie die “High Ambition Coalition” aus fortschrittlichen Industrie- und Entwicklungsländern. Für sie ist die “Verfügbarkeit des letzten Stands der Wissenschaft zur Unterrichtung des Global Stocktakes ein fundamentales Element des Pariser Abkommens. Ginge sie verloren, würde das die Glaubwürdigkeit und Integrität des Abkommens untergraben.”
Rund um diese technische Frage des Zeitrahmens bedrohen Interessengegensätze unter den Delegationen und der Druck von “Bremserländern” den Ruf des Gremiums. Dazu kommen massive Angriffe der neuen US-Regierung auf die Arbeit und die Finanzierung des Gremiums. Kurz vor der Sitzung hat die Trump-Administration der US-Delegation die Reise zur Konferenz untersagt und die Unterstützung für die Geschäftsstelle ihrer Arbeitsgruppe (TSU) gestrichen.
In Hangzhou treffen sich die Delegationen aus 195 IPCC-Ländern zu einer fünftägigen Sitzung mit einem extrem vollen Programm, um den Siebten Sachstandsbericht (AR7) vorzubereiten. Dieser soll nach bisherigen Plänen 2028/29 erscheinen. Das Plenum von Hangzhou soll folgende Dinge beschließen:
Besonders umstritten ist der Zeitplan für die Verabschiedung der Berichte aus den WG I (Mai 2028), WG II (Juni 2028) und WG III (Juli 2028). Vor allem der politisch brisante Bericht der WG III (Minderung/Mitigation) käme damit nur wenige Monate vor der COP33, die im November 2028 wahrscheinlich in Indien stattfinden soll. Auf dieser COP wird das zweite “Global Stocktake” (GST) als Bestandsaufnahme der weltweiten Bemühungen zum Klimaschutz Bilanz ziehen und Maßnahmen beschließen, um das Pariser Abkommen zu erfüllen. Und besonders die Schlussfolgerungen der WG III zu konkreten Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels (wie Ausbau der Erneuerbaren, Ausstieg aus den Fossilen oder technische Lösungen wie CCS) werden die erwarteten harten politischen Debatten auf der COP33 prägen.
Selbst wenn es in Hangzhou zu einer Einigung auf den Zeitplan käme, sehen viele Experten eine Gefahr: Bei nur geringen Verzögerungen könnte die Diskussion der traditionell brisanten WG-III-Ergebnisse so weit verschoben werden, dass sie die GST-Debatten auf der COP33 nicht mehr beeinflussen. Das würde den Druck senken, auf der COP33 zu schärferen Beschlüssen etwa bei der Senkung von Treibhausgas-Emissionen oder beim Ausstieg aus den Fossilen zu kommen – etwas, das zwischen Vorreiterdelegationen und klassischen Bremserstaaten schon immer umstritten ist.
Damit erreicht das Tauziehen um mehr oder weniger ambitionierte Klimabeschlüsse endgültig auch das Expertengremium IPCC. Hier verständigen sich normalerweise Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Regierungsdelegationen der UN-Staaten über die grundlegenden Fakten in der Klimakrise. Aus Verhandlungsprotokollen und Berichten von Teilnehmern lassen sich die internen Debatten im IPCC nachvollziehen. Sie zeigen über die letzten Jahre immer deutlicher eine Polarisierung zwischen “Vorreitern” wie der EU und anderen Europäern, karibischen und lateinamerikanischen und manchen afrikanischen Ländern und “Bremsern” wie Indien, China, Saudi-Arabien, Südafrika, Kenia und Ägypten – und neuerdings unter Trump auch den USA.
Was sich auf der politischen Bühne der COPs schon lange abzeichnet, erreicht nun auch abgeschwächt den IPCC. Und anders als bei den COPs fehlt im IPCC zu großen Teilen die öffentliche Aufmerksamkeit, wenn etwa Bremserstaaten verhindern, dass bestimmte wissenschaftliche Fakten in Dokumente einfließen. Der IPCC-Vorsitzende Jim Skea und das Sekretariat wollten sich auf Anfrage von Table.Briefings vor der Konferenz nicht zu diesen Debatten äußern.
In der konkreten Debatte um den AR7-Zeitrahmen argumentieren Delegationen etwa aus Indien, China, Saudi-Arabien und Südafrika damit, man solle “die Wissenschaft nicht kompromittieren“. Bei einem straffen Zeitplan würden Entwicklungsländer benachteiligt: Ihnen bliebe nicht genug Zeit für wissenschaftliche Veröffentlichungen, Auswahl der Autoren, zusätzliche Sitzungen der Wissenschaftler und Rückmeldungen von den Regierungen. Ähnlich argumentieren diese Länder auch immer bei den UNFCCC-Verhandlungen. In Baku etwa stellten sie teilweise die Rolle des IPCC im Klimaprozess infrage oder schlugen vor, Entscheidungen auch auf “nicht-IPCC-Quellen” zu stützen – was viele Experten als grundsätzlichen Angriff auf die Wissenschaft sehen.
Demgegenüber drängen die “Vorreiter” im IPCC auf eine schnelle Behandlung der Themen. Die Menge an wissenschaftlicher Literatur wachse so schnell, dass eine Bewertung schwierig werde. Dabei sei es umso wichtiger, im GST die aktuellen Warnungen der Wissenschaft zu berücksichtigen. Ein Schreiben von 40 IPCC-Verhandlern aus Entwicklungsländern aus dem letzten Jahr etwa drängt darauf, vor dem GST fertig zu sein, um “die Integrität der internationalen Klima-Kooperation” aufrechtzuerhalten. Fehlende Inklusion von Stimmen aus Entwicklungsländern ließe sich eher über direkte Hilfen als über Verzögerung sicherstellen. Komme der AR7-Bericht zu spät für das GST, würden “wichtige südliche Perspektiven fehlen” und man würde “riskieren, dass der IPCC für das GST irrelevant würde”.
Bisher waren die IPCC-Berichte hochrelevant für zentrale Entscheidungen der COPs. Beispielsweise:
Diese wichtige Rolle des IPCC gerät nun vor allem auch durch die Trump-Administration stärker unter Druck. Neben dem angekündigten Ausstieg aus dem Pariser Abkommen, den Kürzungen quer durch alle US-Behörden im Bereich Klimaschutz und in der internationalen Klimafinanzierung hat die Anti-Klimaschutz-Politik nun auch die Wissenschaft erreicht: Die US-Delegation bekam Ende vergangener Woche nach internen Informationen eine “Stop Working”-Anordnung. Die NASA-Chefwissenschaftlerin Katherine Calvin, Co-Vorsitzende der WG III des AR7, reiste deshalb nicht zur Konferenz. Ebenso liegt die Arbeit der Geschäftsstelle (TSU) für ihre WG III damit brach, deren Finanzierung von etwa 1,5 Millionen US-Dollar gestrichen wurde. Insgesamt fehlt dem IPCC durch den Rückzug der USA etwa ein Drittel seines Budgets von 2024.
Die harten und oft polemisch geführten Debatten rund um Energiewende und Klimaschutz im Wahlkampf und in der sonstigen politischen Debatte hinterlassen offenbar ihre Spuren: Die Bevölkerung in Deutschland teilt sich auch bei der Frage nach mehr oder weniger Klimaschutz immer stärker entlang grundsätzlich politischer Überzeugungen: Anhängerinnen und Anhänger der Grünen, SPD und Linken sprechen sich klar für eine ambitioniertere Klimapolitik aus, während Wählerinnen und Wähler von CDU/CSU, FDP, AfD und BSW Klimaschutzmaßnehmen eher kritisch sehen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag der EON-Stiftung. Die Ergebnisse zeigten, dass sich “das Ringen um Klimaschutz zunehmend entlang ideologischer Grenzen verhärtet”, sagt Stephan Muschick, Geschäftsführer der EON-Stiftung.
Auch eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung war im vergangenen Jahr schon zu dem Ergebnis gekommen, dass unter anderem beim Thema “Klima” die Polarisierung zunimmt. Damit folgt die Entwicklung auch in Deutschland einer Tendenz wie in anderen Ländern, etwa den USA. Dort werden Umwelt- und Klimaschutz weniger als gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, sondern als parteipolitisch linke Projekte angesehen. Damit wächst die Gefahr, dass sie zwischen die Fronten von politisch instrumentalisierten “Kulturkämpfen” geraten. kul
Bisher waren die Themen Klima, Energie und Umwelt in der deutschen Politik klar mit den Grünen verknüpft. Doch weil diese der neuen Bundesregierung voraussichtlich nicht angehören werden, rücken nun die Klimapolitiker von Union und SPD in den Fokus. Offiziell schweigen die Parteien dazu, wer in möglichen Koalitionsverhandlungen welches Thema betreut. Doch weil das Personaltableau der Parteien bei diesem Thema nicht gerade üppig ist, ist naheliegend, wer bei den Sondierungen und Verhandlungen zu diesem Themenbereich auftauchen dürfte.
Die Unionsfraktion hat mit Thomas Heilmann einen profilierten Klimapolitiker verloren: Der Vorsitzende der Klimaunion, der mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verschiebung der Entscheidung über das Gebäudeenergiegesetz erzwungen hatte, hat nicht erneut für den Bundestag kandidiert. Als Klimaexperte erhalten bleiben der Fraktion Parteivize Andreas Jung, der seinen Wahlkreis in Konstanz erneut direkt gewonnen hat. Weiterhin für die CDU im Bundestag vertreten sind auch:
Auch bei der SPD ist die Zahl der Klimapolitikerinnen und -politiker übersichtlich:
Nicht wiedergewählt wurden die bisherige Vorsitzende des Klima- und Energieausschusses, Katrin Zschau, und der Energiepolitiker Robin Masarosch, der zuletzt mit scharfen Angriffen gegen die Atompolitik der Union aufgefallen war.
Mit Svenja Schulze hat die SPD eine ehemalige Umweltministerin in der Fraktion; allerdings war sie zuletzt Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und dürfte in den Koalitionsverhandlungen eher dieses Thema betreuen. Als weithin anerkannter Klimaexperte gilt auch ihr Staatssekretär Jochen Flasbarth, der aber über kein Bundestagsmandat und keine Hausmacht innerhalb der Partei verfügt. Ähnliches gilt für den DNR-Präsidenten Kai Niebert, der in der Klima- und Umweltszene gut vernetzt ist und als SPD-Mitglied seine Partei regelmäßig zu diesen Themen berät. mkr
Die Abgaben des europäischen CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) sollen erst im Februar 2027 eingeführt werden, statt wie ursprünglich geplant Anfang 2026. Das geht aus dem Entwurf zur Überarbeitung des CBAM der EU-Kommission hervor, der Table.Briefings vorliegt und am Mittwoch (26. Februar) vorgestellt werden soll.
Derzeit läuft die Testphase des CBAM, in der Importeure von CBAM-pflichtigen Produkten die Emissionen bei der Herstellung zwar berichten müssen, aber noch keine Abgabe zahlen müssen. Die Kommission will vor allem kleine und mittelständische Unternehmen bei der Bürokratie entlasten und schlägt daher zahlreiche Änderungen am CBAM vor.
Der Entwurf sieht vor:
Damit die Unternehmen ausreichend Zeit haben, um die Änderungen umzusetzen, soll der verpflichtende Kauf von CBAM-Zertifikaten beim Import in den EU-Binnenmarkt um ein Jahr verschoben werden. EU-Parlament und Rat müssen den Vorschlägen noch zustimmen. Die turnusmäßige Überprüfung und die potenzielle Erweiterung des CBAM auf weitere Sektoren soll weiterhin wie geplant 2026 stattfinden. luk
Die grüne Wirtschaft wächst in Großbritannien laut einem neuen Bericht des britischen Industrieverbands dreimal schneller als der Rest der Wirtschaft. Die von der Confederation of British Industry in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die britische Netto-Null-Wirtschaft im vergangenen Jahr um zehn Prozent gewachsen ist. Im Vorjahr lag das Wachstum noch bei neun Prozent, wie der Guardian berichtet. Die Studienautoren haben folgende Sektoren untersucht: Erneuerbare Energien, E-Autos, Wärmepumpen, Energiespeicher, grüne Finanzanlagen und Abfallwirtschaft und Recycling.
In diesen grünen Wirtschaftssektoren:
Die Chefökonomin des britischen Industrieverbands CBI, Louise Hellem, sagt zu den Ergebnissen: “Es ist klar, dass es kein Wachstum ohne Klimaschutz geben kann – 2025 ist das Jahr, in dem es wirklich darauf ankommt”. nib
Nach einem Misserfolg im vergangenen Jahr geht die Weltnaturkonferenz in die Verlängerung: Vier Monate nach dem Scheitern in Kolumbien kommen Vertreter aus annähernd 200 Ländern am Dienstag in Rom erneut zusammen. Im November hatte sich die 16. UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt (COP16) nicht einigen können. Insbesondere um Finanzierung und Umsetzung früherer Beschlüsse gab es bis zuletzt Streit.
Für den neuen Anlauf haben die Delegierten nun bis Donnerstagabend Zeit – drei Tage also. Das Treffen in der kolumbianischen Stadt Cali war nach zwei Wochen auch daran gescheitert, dass nach einer Verlängerung nicht mehr ausreichend Delegierte anwesend waren, um einen Beschluss zu fassen: Viele hatten sich schon auf den Heimweg gemacht. Umweltschützer sprachen von einer “Blamage”.
Zu den Teilnehmern in Rom gehört auch Deutschland – die USA als eines von wenigen UN-Mitgliedsländern aber nicht. Bereits vor der Rückkehr von Donald Trump als Präsident ins Weiße Haus waren sie in Kolumbien nur als Beobachter vertreten, denn sie sind dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) von 1992 nicht beigetreten. Dessen Mitglieder hatten sich im Grundsatz 2021 auf einen “Weltnaturvertrag” mit Zielen verständigt, die bis 2030 erreicht werden sollen. Beispielsweise wurde vereinbart, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.
Zudem sollten die beteiligten Industrieländer eigentlich jetzt schon jedes Jahr 20 Milliarden US-Dollar (etwa 19 Milliarden Euro) für den Schutz der Artenvielfalt bereitstellen. 2030 sollen es dann 30 Milliarden sein. Die konkrete Umsetzung ist jedoch bis heute nicht geklärt. An der Aufforderung von UN-Generalsekretär António Guterres hat sich also nichts geändert: “Ihre Aufgabe auf dieser COP ist es, den Worten Taten folgen zu lassen.” Aus Sicht der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind die Gräben zwischen Industriestaaten und deutlich weniger entwickelten Ländern inzwischen allerdings tiefer geworden.
Geleitet wird das Treffen von Kolumbiens Umweltministerin Susana Muhamad, die kürzlich ihren Rücktritt als Ministerin eingereicht hat, aber vorläufig noch im Amt ist. Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigte zuletzt der “Living Planet Report 2024” der Umweltstiftung WWF und der Zoologischen Gesellschaft London. Demnach gingen weltweit die Populationen von insgesamt 35.000 Wildtierarten im vergangenen halben Jahrhundert um durchschnittlich 73 Prozent zurück. Der WWF warnte vor einem abermaligen Scheitern der Konferenz. dpa
Die Klimaschäden durch den Ukraine-Krieg erreichen laut einer Studie neue Höchststände. In den vergangenen zwölf Monaten stiegen die CO₂-Emissionen um 31 Prozent – insgesamt wurden in den vergangenen drei Kriegsjahren 230 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente durch Russlands Überfall auf die Ukraine emittiert. Dies entspricht den jährlichen Emissionen von Österreich, Ungarn, der Tschechischen Republik und der Slowakei zusammen. Zu diesem Ergebnis kommt die halbjährlich erscheinende Studie “Climate Damage Caused by Russia’s War in Ukraine” von der gemeinnützigen internationalen Forschungsgruppe “Initiative on GHG Accounting of War”.
Zum ersten Mal in drei Jahren machen die Kampfhandlungen mit 82 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente den größten Teil der gemessenen klimarelevanten Emissionen des Krieges aus – und übertrafen damit die Emissionen aus dem Wiederaufbau beschädigter Gebäude und Infrastruktur (62,2 Millionen Tonnen). Das Jahr 2024 prägten zudem durch den Krieg bedingte Waldbrände. Es brannte doppelt so viel Wald wie in den Vorjahren. Die gesamten daraus entstandenen Emissionen belaufen sich auf 48,7 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Verstärkte Angriffe auf die Energieinfrastruktur, besonders auf Ölanlagen, führten im vergangenen Jahr zu einem Anstieg der Emissionen in dieser Kategorie um 16 Prozent (19 Millionen Tonnen).
Die Autorinnen und Autoren der Studie fordern, Russland für diese Emissionen und die klimabedingten Schäden haftbar zu machen. Wende man die “sozialen Kosten von CO₂” in Höhe von 185 US-Dollar pro Tonne CO₂-Äquivalent an, belaufe sich Russlands Haftung nach drei Kriegsjahren auf über 42 Milliarden US-Dollar. Nicht nur die Klima-, sondern auch die Umweltdelikte Russlands sind signifikant. Seit Februar 2022 dokumentierte die ukrainische zivilgesellschaftliche Organisation Ecoaction insgesamt 2.026 Umweltdelikte. 2024 waren es insgesamt 450 Fälle. asc
Süddeutsche: Sinnlose Zertifikate. Fluggesellschaften setzen CO₂-Zertifikate ein, um ein umweltfreundliches Image zu pflegen. Programme wie TREES führen jedoch zu keiner nennenswerten Reduktion – sie sparen buchstäblich keine einzige Tonne CO₂ ein. Experten rechnen zudem damit, dass Zertifikate aus Guyana lediglich etwa 16 Prozent der versprochenen CO₂-Einsparungen erzielen. Zum Artikel
Spiegel: In Kreuzfahrtschiffen gegen den Klimawandel. Zum ersten Mal wird eine COP am Rande eines tropischen Regenwaldes abgehalten – einem Gebiet, das für das Klima der Erde von enormer Bedeutung ist. Die am Wasser gelegene Stadt Belém fungiert als Tor zum Amazonas, einem der größten und artenreichsten Regenwaldgebiete weltweit. Allerdings widerspricht der Vorschlag der brasilianischen Regierung, während der Konferenz Luxuskreuzfahrtschiffe als Unterkünfte einzusetzen, um möglichst vielen Besucherinnen und Besuchern eine komfortable Unterkunft zu bieten, den Zielen des Treffens. Zum Artikel
Climate Home News: Abholzung in Kolumbien steigt wieder. Trotz des Anstiegs der Abholzung betonte die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad, dass das Jahr 2024 die zweitniedrigste Abholzungsrate der letzten zwei Jahrzehnte aufweise. Im vergangenen Jahr lag die Abholzung bei 1.070 Quadratkilometer, nachdem sie von etwa 1.235 Quadratkilometern im Jahr 2022 auf knapp über 792 Quadratkilometer im Jahr 2023 gesunken war. Zum Artikel
NZZ: Die Nachteile des Geoengineering. Die künstliche Verdunkelung der Sonne zur Abkühlung des Klimas ist ein umstrittenes Vorhaben. Aufgrund der hohen Risiken wird diese Technologie lediglich als letzte Notlösung im Klimaschutz betrachtet. Der britische Geograf Duncan McLaren betont zudem, dass die Reduzierung von Emissionen zusätzliche positive Effekte mit sich bringt, die solares Geoengineering nicht bieten kann – etwa die Verringerung der durch Luftverschmutzung verursachten Todesfälle. Zum Artikel
Deutsche Welle: Religiöses Fest sorgt für Umweltprobleme. Die Maha Kumbh Mela, das bedeutendste Fest für Hindus im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh, zählt zu den größten religiösen Veranstaltungen der Welt. Rund ein Drittel der über 1,4 Milliarden Inder nimmt an der sechswöchigen Feier an den Ufern von Ganges und Yamuna teil. Doch ein Ereignis dieser Größenordnung bringt erhebliche Umweltprobleme mit sich. Der massive Zustrom von Millionen Pilgern belastet die lokalen Wasserressourcen und Ökosysteme und führt zur Entstehung großer Mengen an Abfall, darunter auch nicht biologisch abbaubare Materialien. Zum Artikel